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mere, trad. Longhena, p. 551). Fulvius behauptet, Raffaels Zeichnungs¬
stift geleitet zu haben (siehe dessen Antiquitates urbis); größere An¬
sprüche besaß jedenfalls Fabio Calvi von Ravenna (Bd. »Kultur der
Renaissance« dieser Ausgabe, S. 187).
c) Raffael schickte Zeichner durch ganz Italien. Winckelmann (An¬
merkungen über die Baukunst der Alten, S. 3 5 f.) kannte Aufnahmen
des Tempels von Cora, die er dem R. selber zuschrieb und wußte von
einem Band ähnlicher Zeichnungen bei Lord Leicester. Wahrschein¬
lich waren auch die Aufnahmen aus Rom, Neapel, Pozzuoli und der
Campagna, welche Giulio Romano 1544 dem Vasari (X, p. 112, v. di
Giulio) in Mantua vorwies, in Raffeis Auftrag »von Giulio und Andern«
gemacht worden; die Zeichner werden sich in die Aufgabe geteilt und
dann Kopien untereinander ausgetauscht haben.
Mit Serlios Werk beginnen um 1540 Publikationen von dauernder
Bedeutung; in der Widmung des III. Buches behält er sich auch die
Veröffentlichung der ihm noch unbekannten Überreste in Südfrank¬
reich vor.
In den Aufnahmen des jüngern Ant. Sangallo, die sich noch in der
florentinischen Sammlung vorfinden, bemerkt man bereits Projekte
zur Verbesserung einzelner Fehler der Alten, z. B. des Bogens der
Schlußnische im Pantheon (Vasari X, p. 46, im Kommentar zur v. di
Ant. da Sangallo). Das zu Durchschnittsregeln durchgedrungene Stu¬
dium übt seine Kritik an den Denkmälern selbst.
Gegen die Mitte des Jahrhunderts wandten namhafte Architekten
noch immer eine Reihe von Jahren auf die römischen Ruinen, so Bar-
tol. Genga (Vasari XI, p. 96, v. di Genga) und Andrea Palladio.
§ 28
Einfluß des Vitruv
Mit dem 16. Jahrhundert erreicht auch der Einfluß des Baulehrers der
goldenen augusteischen Zeit M. Vitruvius Pollio seinen Höhepunkt.
Fortan glaubte man vor allem das Altertum nach seinen eigenen Aus¬
sagen richten zu können; Vitruv nahm in der Baukunst bald eine ähnliche
Steile ein wie schon vorher Cicero in der Latinität, und es bildete sich
eine höchst eifrige Partei in seinem Namen.
Vitruv war nie ganz vergessen, aber zur Zeit der Frührenaissance
schadete ihm vor der Hand die schlechte Beschaffenheit des Textes,
die schwierige Auslegung und die innere Mangelhaftigkeit, da er z. B.
keine Lehre vom Gewölbebau (oder nur vom falschen, VII, 3) ent¬
hält. Alberti, de re aedificatoria benutzt ihn ohne 'hm irgend eine Ehre
anzutun und überbietet ihn sehr an Vielseitigkeit.
Francesco di Giorgio, der (um 1480?) zuerst die Ruinen mit Vitruv
verglich (§ 26) und in seinem Traktat die Säulenordnungen nach Vi¬
truv behandelte, fügte doch ein Wort bei, welches für die ganze Re-