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seitigen Dekorators auch für Fassaden, Zimmerdecken, Prachtfahnen,
Laubwerk für kostbare gewirkte Stoffe usw.
Zunächst mußte ein dauerhafterer Stukko wieder erfunden werden,
der nicht mehr stückweise abfiel (§ 173). Das Rezept Vasaris I,p. 124,
Introduc. 4; - Hauptstelle Vasari XI,/). 302 s., v. di Udine; - statt des
Marmorstaubes auch pulverisierte Kiesel, XI,p. 6, v. di Gherardi. Jetzt
erst konnten auch große, reich kassettierte Gewölbe mit Leichtigkeit
hervorgebracht werden.
Die Hauptbedeutung des Stukko war aber, daß er erst das Gewölbe
zu einer freien Prachtform (§55) erheben half, daß er den Einteilungen
Kraft und Leichtigkeit gab und in der Darstellung von Formen jeder
Art mit der Malerei abwechselte und wetteiferte, dann wieder mit ihr
gesetzlich teilte, auch leicht in eigentliche Skulptur überging, und alle
denkbaren Ziermotive auf jeder Stufe des Idealen oder Wirklichen far¬
big, weiß oder golden herzauberte.
Rechnet man hinzu, daß gleichzeitig die dekorative Malerei bald in,
bald außer Verbindung mit dem Stukko ihr Höchstes leistete, und daß
diese ganze Dekoration bald mehr für sich, bald mehr für die wich¬
tigsten Fresken existiert, welchen sie zur Einfassung dient, daß die
größten Meister sich ihrer annahmen, und daß jede Schule, jede Stadt
das Problem anders auffaßte, so ergibt sich ein enormer Reichtum
an Motiven, der das aus dem Altertum Erhaltene unendlich überbie¬
tet. Letzterm verdankt man aber den entscheidenden Anstoß, ohne
welchen diese große Bewegung doch nicht zu denken ist.
§ 175
Raffael und Giovanni da Udine
Es war entscheidend für den neu aufblühenden Kunstzweig, daß Raf¬
fael sich in hohem Grade an demselben beteiligte, ihn durch eigene Werke
auf die volle Höhe hob und seine wichtigsten Schüler dafür gewann.
Das erste bedeutende Werk, welches den Einfluß der »Grotten« zeigt,
Pinturicchios Gewölbe der Libreria im Dom zu Siena (§ 172) muß be¬
reits dem Raffael bekannt gewesen sein, wenn er dem Pinturicchio
Kompositionen zu den dortigen Fresken lieferte.
In Rom, noch nicht unter Julius II., wohl aber unter Leo X. be¬
ginnt, offenbar im Zusammenhang mit seinen Altertums Studien (§ 27),
seine große dekorative Tätigkeit, hauptsächlich mit Hilfe des Gio¬
vanni da Udine, welcher aus Giorgiones Schule zu ihm gekommen
war, und auch in Raffaels Gemälden hie und da für die Nebensachen
gebraucht wurde. Vasari XI, p. 300 j\r., v. di Udine. Außer den Titus¬
thermen dienten auch die damals noch erhaltenen Reste in den Dio¬
kletiansthermen und im Kolosseum als Muster. (Faksimile von Udi-
nes Studien nach letztem in dem Sammelwerke von Basan.)