I. Kapitel
WESEN DER DEKORATION DER
RENAISSANCE
§ 13°
Verhältnis %um Altertum und %ur gotischen Dekoration
Die Renaissance wurde von den dekorativen Arbeiten des römischen
Altertums nicht viel weniger angezogen als von dessen Bauten. Auf jenen
beruht die Welt von Zierformen, welche sie teils an monumentalen, teils
an beweglichen Geräten, teils an den Gebäuden selbst zu entwickeln be¬
gann.
Bei dem hohen und kräftigen Sinn der neuen Kunst schadet es nicht
viel, daß man die Werke der guten und der gesunkenen römischen Zeit
anfangs wenig unterschied. Die Hauptvorbilder waren anfangs eine be¬
schränkte Anzahl prächtiger Türeinfassungen, dann Altäre, dreifüßige
Untersätze, Kandelaber, Vasen, Sarkophage usw. Erst spät kamen die
Stukkaturen und Malereien der Titusthermen hinzu.
Die Architektur, mehr als einmal von der Oberherrschaft eines Deko¬
rationsstiles bedroht, behauptete durch das Verdienst der großen Floren¬
tiner den Pfad ihrer hohen Bestimmung (vgl. § 34). Eher konnte sich im
15. Jahrhundert die Skulptur beschweren, daß ihr die Dekoration einen
Teil ihrer Aufgabe vorwegnehme.
Pompon. Gauricus, De sculptura Uber (von 1505), bei Jac. Gronov. the-
saur. graecar. antiquitatum, Tom. IX, Col. 738: die Hauptaufgabe des
Skulptors sei der Mensch, ut hominem ponat, quo tanquam ad scopum tota
eins et mens et manus dirigenda, quanquam satyriscis, hydris, chimaeris, monstris
denique, quae nusquam unquam viderint, fingendis (es sind die figürlichen
Bestandteile der Arabesken und diese überhaupt gemeint) ita praeoccu-
pantur, ut nihil praeterea reliquum esse videatur. DU Deaeque omnes! nemi¬
nem unum esse qui, quo sibiproficiscendum sit, videat! qui adfinem respiciatl etc.
Von der starken Übertreibung abgesehen, hat in der Tat das ein¬
fassende, einrahmende Element einen Grad der Entwicklung erreicht
und Mittel in Anspruch genommen, wie in keiner andern Kunstepoche,