129
Altar das Wort, sintemal das Sakrament von den Liebesmahlen der
ersten Christen abstamme und erst die spätere Zeit »Alles mit Altären
vollgepropft« habe. Auch seine Lobrede auf nächtliche Beleuchtung
ist vielleicht eine urchristliche Reminiszenz, obgleich er dabei von den
Alten redet, welche »in den Schalen ihrer Kandelaber große wohlduf¬
tende Flammen anzündeten«.
Höchst bezeichnend für die Herrschaft der Bauform ist seine Po¬
lemik gegen Fresken, welche höchstens in die Vorhalle gehören; statt
derselben verlangt er Tafelbilder und noch Heber Statuen für das In¬
nere. Zweimal empfiehlt er die Inkrustation, vielleicht nur um den Fres¬
ken zu entgehen (vgl. § 165).
Die Fenster verlangt er mäßig groß und in der Höhe, so daß man
durch dieselben nur den Himmel erblicke. Ja der Schauer eines ge¬
wissen Dunkels vermehre die Andacht.
(Gleichzeitig, gegen 1450, spricht M. Savonarola sogar von einem
Verhältnis der dunkeln Gassenhallen zur andächtigen Stimmung, und
zwar bei Anlaß von Padua; bei Murat. XXIV, Col. 1179. Dagegen
rühmt Pius II., Comment. L. IX, p. 431, an seiner Kirche zu Pienza die
Helligkeit.)
§ 83
Die Symmetrie des Anblickes
Zu dem beabsichtigten Eindruck gehört vor allem, daß die Symmetrie
des Anbfickes (§ 30) wenigstens im Innern nicht gestört werde. Das
15. und 16. Jahrhundert bringen derselben sowohl in schon bestehenden
Kirchen als auch in Neubauten sehr namhafte Opfer. Die Schwesterkünste
sollen sich zwar einfinden, aber der architektonischen Gesamtwirkung
unterordnen.
Die bisherigen Kirchen waren voller Einbauten, z. B. vor tretender
Grabmäler und Altäre; man »repurgierte« sie und stellte für die Neu¬
bauten strenge Gesetze auf.
Schon 1391 wurde im Dom von Florenz die Errichtung eines Pracht¬
altars am zweiten Pfeiler rechts nur gestattet, wenn der Altar nicht brei¬
ter werde als der Pfeiler und keine Wappen daneben aufgehängt wür¬
den; Gaye, carteggio, I, p. 534.
Im 15. Jahrhundert sind namentHch die Päpste streng hierin. Niko¬
laus V. (1447-1455) verfügte zum voraus für seinen Neubau von
S. Peter, daß keine Gräber, auch nicht von Päpsten und Prälaten, die¬
sen Tempel beflecken sollten; Vitae Papar., bei Murat. III, II, Col. 935.
Pius II. (145 8-1464) ließ zwar den alten Bau stehen, demofierte aber
die sehr ungleichen Kapellen und baute sie nach der Schnur um, wo¬
durch der Anbfick des Innern augustior et patentior wurde. Als er für
den Schädel des hl. Andreas eine große Kapelle anbaute, mußte rings
Alles weichen, auch Papst- und Kardinalsgräber, welche den Raum der
Kirche »willkürlich in Beschlag genommen« hatten; Platina, de vitis
pontiff.,p. 312; - Vitae Papar., l. c. Col. 985.