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Das Geistige und seine Formen
Auch wer an einen persönlichen allwissenden Gott glaubt,
für den „weiß“ Gott in dieser Form: S weiß 0; und auch
Instinktwesen, Hellseher und was man will, wissen stets
in dieser und keiner anderen Form. Was nicht diese Form
hätte, würden wir gar nicht „Wissen“ nennen!
Wollen wir nun diesen Grundzug alles Wirklichen, den
wir Wissen nennen, unserem Verständnis etwas näher
bringen, so dürfen wir wohl dieses sagen:
Jedes Subjekt im Wirklichen hat zunächst einmal sei¬
nen unmittelbaren bedeutungsdurchtränkten Erlebnis¬
inhalt. Es ist aber ferner mit jedem Element derjenigen
Seite des Wirklichen, welche ich in seiner Erscheinungs¬
form „Materie“ nenne, und mit jedem anderen wissenden
Subjekt im Rahmen des Wirklichen durch die Beziehung
„mögliches („potentielles“) Wissen“ verknüpft, d. h.
jedes Subjekt kann der Möglichkeit nach um alle Materie
und um alle anderen Subjekte nebst ihren Erlebnisinhalten
wissen. Um das mögliche Wissen zu wirklichem („ak¬
tuellem“) Wissen zu machen, muß freilich etwas hinzu -
kommen; denn selbst wenn es Wesen gäbe, welche, ohne
Erfahrung machen zu brauchen, um „alles“ wüßten, so
ist das doch jedenfalls bei uns selbst und bei den Wesen,
welche wir kennen, nicht der Fall.
Bildlich gesprochen, können wir sagen: Es ist so, als sei
jedes wissensfähige Subjekt mit jedem Materienelemente
und mit jedem anderen wissenden Subjekt durch ein
lockeres Band verknüpft: wird das Band gespannt,
so weiß das Subjekt in Wirklichkeit („aktuell“) um ein
Materienelement oder ein anderes Subjekt und seinen
Wissensinhalt.
b) Wie wird Wissen „erworben“?
Wer oder was „spannt“ das Band?
Wenn wir nun diese Frage, also die Frage nach den
Formen des Wissenserwerbs, zu beantworten uns
anschicken, so müssen wir wieder von „unserem“ Wissen
ausgehen und das uns ja recht dunkle Wissen anderer