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Der Mensch und die Welt
Aber schon der normale Mensch ist ein sehr reiches
Glied der Welt. Denn in ihm eben hat das Wirkliche sich
ein Werkzeug geschaffen zur Selbsterkenntnis und zur
Selbstwandlung im Rahmen des auf Wissen gegründeten
sittlichen Wollens.
Es gibt viele Menschen; alle sind im letzten Grunde
von gleichem Wesen. Und es gibt auch Wirklichkeitsteile,
welche zwar nicht gleichen Wesens mit dem Menschen,
aber ihm doch wesensverwandt sind. Das sind die Tiere,
ja, wohl alle Organismen. Das wissen wir; ob es reichere
Wirklichkeitsteile gänzlich anderen Wesens gibt, das, es
sei nochmals gesagt, wissen wir nicht. Wenn es sie gäbe,
würden es aber auch wohl wissende (und wollende) Wesen
sein, und insofern wären auch sie schließlich doch mit dem
Menschen im allerallgemeinsten Sinne wesensverwandt.
Nicht mit dem Menschen wesensverwandt ist das, was
nicht lebt, also das, was wir im Rahmen der Erfahrung
Materie nennen.
Um diesen Dualismus, der, wie wir wissen, letzthin
der Zwiespalt zwischen ganz und nicht-ganz ist, kommt
man nicht herum; selbst dann nicht, wenn man sagt, daß
Materie „an sich“ etwas ganz anderes als ein raumhaftes
bewegliches Etwas sein möchte.
Der Mensch als ganzer und wissender ist selbst an Ma¬
terie gebannt, solange er lebt. Wie es ist, wenn er nicht
mehr „lebt“, und wie es war, als er noch nicht „lebte“,
wissen wir nicht. „Leben“ heißt eben: als ganzes und
wissendes Wesen in Materie gebannt sein.
Der Leib, als des Menschen materielles Gefängnis, ist
sein Unglück und sein Glück. Er ist sein Unglück, in¬
sofern als dieses Gefängnis seine Wissensmöglichkeiten,
ja, auch seine Handlungsmöglichkeiten und dazu die
Äußerungen seiner sittlichen Anlage hemmt. Sind doch
schon seine „Sinne“ recht unvollkommene Instrumente;
und er ist, für einen Teil wenigstens seines Wissens, so gar
eng an sie gebunden. Auch vieles Böse kommt dem
Menschen von seinem Leibe, also von der Materie.
Und als lebender Mensch ist er stets den Gefahren, die