Das K önnen
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sein, und nur wenn es anders wäre, wenn hier mein Ja-
oder Neinsagen frei wäre, hätte „das Bewußtsein“ einen
Sinn im Spiele der Welt in Form einer Kraft.
Es möchte nämlich sein, daß die Inhalte meines Wol-
lens, ganz ebenso wie jeder beliebige Gedanke oder jedes
beliebige Phantasiebild, durch das fest determinierte
Kräftespiel der Seele als „Vorstellung“ „vor“ mich hin-
bestellt“ werden, daß aber Ich dann in Freiheit „nein“
sagen kann zu ihrer Verwirklichung. Sage ich nicht
„nein“, so läuft auch die Verwirklichung jedes Willens¬
inhaltes automatisch ab.
Vielleicht haben nur wenige Menschen, und vielleicht
sie nur selten, die Kraft des „Nein“. Daher die immer
wieder so ungefähr zutreffenden Voraussagen der Krimi¬
nalstatistik — und der Prophetie.
Gewiß, das alles „möchte“ sein. Ist es Wirklichkeit?
Ich weiß es nicht, und wenn man mich um eine echte
Wissensentscheidung in der Freiheitsfrage bittet, so
bekenne ich ganz offen, daß ich eine echte Entscheidung
hier mit gutem Gewissen nicht geben kann.
Aber daß das Bewußtsein, wenn man Freiheit ablehnt,
als Weltkraft überflüssig wird, ist gewiß ein starkes Argu¬
ment für Freiheit, und man könnte hier noch hinzufügen,
daß der starke Gefühlston, der allem moralisch zu
Bewertenden anhängt, zumal wenn ich selbst hier als
Handelnder in Frage komme, und der als Folge solcher
Handlungen, welche nicht „hätten sein sollen“, in Form
des „Gewissensbisses“, so besonders stark ist, daß der
ebenfalls ohne Freiheit eine grausame Uberflüssigkeit
wird. Aber ich gebe zu, daß das alles mehr Gefühlsgründe
als wissenschaftliche Gründe sind. Und entgegen steht
ihnen alles, was wir gegen Freiheit ausdrücklich genannt
haben: die posthypnotische Suggestion, die Menschen¬
kenntnis, die Vorahnung.
Wer sich nun wirklich für Freiheit endgültig ent¬
scheiden kann, der bedenke zum Schluß noch dieses: Wer
ist dann da eigentlich frei? Ich,'so sagt man, als Teil
meiner Seele. Und nicht nur Ich, sondern auch Du und