Luxusbedürfnisse zurück traten, handelte es sich jetzt für
die Keramik darum, sich der Kaufkraft jener auf den Markte
neu auftretenden breiten Konsumentenschichten anzupassen,
d. h. billig zu produzieren. Wahrend früher künstlerisch-
ästetische Höchstleistung der Leitstern keramischer Produk¬
tion gewesen war, hinter der die Haltbarkeit völlig in den
Hintergrund trat, wurden jetzt neben der Billigkeit Qualität.
Festigkeit und Zweckmässigkeit die ausschlaggebenden Elemente
der keramischen Produktion. Mit anderen Worten: Aus der
äste tisch orientierten, kostspieligen, unökonomischen Luxus¬
industrie des 18. Jahrhunderts war eine qualitativ orientier¬
te, nach ökonomischen Gesichtspunkten operierende, bürger¬
liche Massenindustrie geworden. Und es ist sehr bezeichnend
für die ganze Entwicklung, dass in demselben Grade, in dem
die künstlerisch-ästetischen Elemente aus den angeführten
Gründen hinter den ökonomischen in der Keramik zurücktraten,
die astatischen Franzosen den technisch-ökonomisch überlege¬
nen Engländern weichen mussten, und die stark individuelle
und künstlerisch geartete französische Porzellan-Industrie
der vorwiegend Massengesichtspunkten angepassten, weniger
künstlerisch als ökonomisch orientierten englischen Stein¬
gutindustrie das Feld räumte.
Deutschland stand in dieser Entwicklung gern sser-
massen zwischen England und Frankreich, Eine Steingutindus¬
trie hatte Frankreich zu Beginn des 19. Jahrhunderts recht¬
eigentlich überhaupt nicht. Es konnte schon darum der ge¬
kennzeichneten Entwicklung nicht so schnell nachkommen als
England, das, im genauen Gegensatz zu Frankreich, nur eine
unbedeutende Porzellan-, dagegen eine alte, leistungsfähige
Faience-, bezw. Steingut-Industrie hatte. Deutschland hatte