Full text: Unter den Brücken der Metaphysik

nen, und es heißt Gott beleidigen, wenn man die Schwäche des 
eigenen Gehirns nicht anerkennt« (La Démonomanie). Wir wis¬ 
sen, daß Gott alle Dinge regelt, aber er allein kann sich begrei¬ 
fen. »Die Unendlichkeit kann in ihrem Wesen, ihrer Macht, Größe, 
Ewigkeit, Weisheit und Güte nur von dem begriffen werden, der 
unendlich ist.« (La Démonomanie) 
Diesen unbegreiflichen Gott predigen alle Religionen. So kann man 
»in jedem beliebigen Tempel ... den höchsten Gott« anbeten, den 
»im letzten Grunde alle anerkennen« (Heptaplomeres). Alle Reli¬ 
gionen haben ihre Riten, und man soll sie nicht schmälern wollen, 
denn es gibt »keine Opfer, keine religiösen Übungen, keine Zere¬ 
monien, in denen nicht bewundernswerte Geheimnisse der Dinge 
stecken, die in den Schätzen der Natur verborgen sind« (Hepta¬ 
plomeres). Aber wie jedes Ding hienieden, so ist auch jede Religion 
vergänglich; sie hat »ihre Anfänge und ihre Fortschritte, schließlich 
ihr Gleichgewicht und ihr Absinken« (La Méthode de l'Histoire). 
Gott allein ist ewig. 
Aber Gott »teilt sich den Menschen nur durch Visionen und Träume 
mit, und nur einer sehr kleinen Zahl der Erwählten und Vollkom¬ 
mensten« (Les six livres de la République). »Wenn der Mensch 
sich dem Guten hingibt und seine Seele zu Gott, zum Guten, zur 
Tugend erhebt, so wird eine himmlische Gnade seine Seele rein 
machen; wenn er sich in den Tugenden der Moral und dann in den 
Tugenden des Geistes übt, so hat er notwendigerweise eine solche 
Gemeinschaft mit dem Engel Gottes, daß er nicht nur von diesem 
behütet wird, sondern auch seine Gegenwart fühlt und die Dinge 
erkennt, die er ihm befiehlt und verbietet« (La Démonomanie). 
Bodin versichert, er habe »von einem Menschen, der noch am Leben 
ist, gehört, ein Geist stehe ihm ständig bei, er fing an, ihn zu ken¬ 
nen, da er ungefähr siebenunddreißig Jahre alt war« (La Dèmo- 
nomarne). Sollte dieser Mensch nicht Bodin selbst sein? Er hat Gott 
gekannt, seinen eigenen Gott, den Gott aller Religionen, jenen 
Gott, der sich nur »wenigen Menschen« durch »eine besondere 
Gnade und Güte« mitteilt (La Démonomanie). 
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