hören, da ich doch einen Leib habe? Wie könnte ich in mir wohnen
und mir gehören, solange mein Leib ein Leben lebt, das sich mir
entzieht, und dessen Herr ich nicht bin? Ich sage: ich will, und er
gehorcht mir nicht und lebt sein eigenes Leben, anstatt daß es mir,
die ich seine Seele bin, zustünde, ihm meinen Willen vorzuschrei¬
ben und ihn ganz und gar zu durchdringen. So wandle ich mich mit
meinem Leib, wandle mich mit den Lebensaltern, wandle mich mit
den Orten und Zeiten, wandle mich mit den Krankheiten und
Gebrechen des Fleisches.
Und wenn ich meinen Leib fliehe, der sich wandelt, und mich in
mich selbst zurückziehe, was kann ich dort finden, das dauert?
Meine Gedanken wandeln sich, wenden sich bald diesem, bald
jenem Gegenstand zu. Kaum habe ich sie gefaßt, scheinen sie mich
zu verlassen. Ich denke und glaube, ich sehe mich mein Denken
denken, aber schon bald ist es nicht mehr und vergebens versuche
ich es zurückzurufen. Ich liebe und schon bald entflieht mir, was
ich geliebt habe, und ich, die es liebte, habe aufgehört zu sein.
Bald will ich, bald will ich nicht mehr. Bald weiß ich, bald weiß
ich nicht. Bald erinnere ich mich und bald vergesse ich. Wo also
haust es, dieses Ich, das sein Sein weiß? Ist es nicht bald hier, bald da?
War es nicht gestern und wird es nicht morgen sein, ohne daß ich
es je, im Augenblick, da es vorübergeht, anhalten könnte, auf daß
es bleibe, und je zu ihm sagen: du bist?
Wie dann könnte ich glücklich sein, da ich nicht bin? Wie könnte
ich glücklich, sein, die ich leben will, da doch das Leben, das in mir
lebt — ja mein Inneres ist und das ich liebe —, in mir vorübergeht
und stirbt? — Darum also bist du unglücklich, die du glücklich sein
willst und anderes nicht wollen kannst. Ist der Grund nicht, daß
du der Veränderung und der Verderbnis unterworfen bist? Was
suchst du anderes als das, was nicht vorübergeht, das Da-Sein ohne
Fort-Sein, die Einheit ohne Vielheit, das Wissen ohne Vergessen,
das Sein ohne Nichtsein, das Leben ohne Tod, das Leben des
Lebens selbst? Nichts anderes wird dich also zufriedenstellen, o
meine Seele, als was vom Leben lebt, welches nicht stirbt. Du liebst
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