bemerken und mich fragen, was ich hier mache und woher ich
komme.
Mein Glück läge dann darin, dem Gesetz treu zu sein. Ich wüßte,
was ich zu tun habe. Ich würde die Aufgabe kennen, die mir zu¬
kommt, und wäre nicht mehr in Unkenntnis darüber, warum ich
hier bin. Und endlich wäre ich von dieser absurden Freiheit erlöst,
die darin besteht, daß man immer weiter und weiter marschiert,
ohne je zu wissen, wohin man geht, und daß man auf seine Un¬
gewißheit stolz ist.
Ich muß also wissen, was ich zu tun habe und warum mir befohlen
ist, es zu tun. Aber sind das Fragen, die man angesichts einer Welt
stellen kann, von der wir weder Anfang noch Ende kennen?
Wir sind wie Reisende, die mitten in einem Tunnel aufwachen. Sie
sehen die Lichter nicht mehr, die den Eingang des Tunnels be¬
leuchten, und nur von Zeit zu Zeit sehen sie die Lichter am Tunnel¬
ausgang, die so ungewiß flackern, daß sie alle Augenblicke ver¬
schwinden. So fragen sie sich, ob all das einen Anfang und ein
Ende hat, und das ganze kommt ihnen wie ein Kaleidoskopspiel vor,
das manchmal entzückend, manchmal langweilig ist und bei dem sie
zu gewissen Augenblicken Ungeheuer vor sich aufs teigen sehen.
Aber wie könnten sie einfach Zuschauer bleiben, ohne sich zu fragen,
was zu tun ist und warum sie da sind?
— Und doch siehst du, wie die andern sich beherzt ans Werk machen
und sich mit geschäftiger Miene hierhin und dorthin begeben.
Warum machst du es nicht wie sie und bleibst am gleichen Fleck,
ohne auch nur einen Schritt voran zu tun?
Weil du nicht verstehst, dich zu verpflichten. Du bleibst draußen,
während dein Platz doch drinnen ist. In der Welt sein, heißt im
Innern der Welt sein. Aber du, der du nirgendwo bist, hast Angst
davor, hier statt anderswo zu sein.
Die Welt ist wie ein Zirkus in einem Zelt. Nur die im Innern des
Zeltes haben ein Recht zu sehen, was in dem Zirkus vorgeht. Aber
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