Auch diese Behauptung ist phänomenologisch aus dem
Wesen von Raum und Zeit heraus ganz und gar unmög¬
lich; die bloß mathematische Erwägung, daß x, y, z und /
eben gleichermaßen „Variable“ seien, genügt hier durch¬
aus nicht. Nebeneinander ist nie und nimmer nach¬
einander.
Wem das für die Natur zeit nicht einleuchten sollte,
der möge erwägen, daß Zeit doch auch noch auf einem
anderen Felde des empirischen Seins eine Rolle spielt,
nämlich auf dem Felde des bewußten Erlebens, dessen
wir oben schon einmal ganz kurz im Vorbeigehen gedacht
haben. Auf diesem Felde nun spielt nur „Zeit“ eine
Rolle, und kommt „Raum“ gar nicht in Frage, Denn meine
Erlebnisse sind zwar „nach“-, aber in keiner Weise „neben¬
einander, Raum ist, um mit Kant zu reden, die Form
des „äußeren Sinnes“, Zeit ist die Form des äußeren und
des inneren Sinnes, ganz unmittelbar wohl gar nur des
inneren. Schon das zeigt das völlig verschiedenartige
phänomenologische Wesen von Raum und Zeit.
Manche haben, teilweise im Anschluß an die Philo¬
sophie Bergson’s, für die Lehre Einstein's ins Feld ge¬
führt, daß sie mit Recht vom Begriff der Geschwindigkeit
als dem fundamentalen Begriff ausgehe und sich Raum- und
Zeiteinheiten ganz nach Belieben ersinne. Jede mit be¬
stimmter Geschwindigkeit geschehende Bewegung von ihrem
Anfang bis zu ihrem Ende sei eine untrennbare Einheit,
Möglich, daß ihr metaphysischer Grund, dessen Wesen
„an sich“ wir nicht kennen, das ist. Das geht die ana¬
lytisch-logische Wissenschaft aber gar nichts an. Für
diese sind Strecke und Zeiteinheit einfache Begriffe, aus
denen sich der Begriff der Geschwindigkeit als ein durch¬
aus zusammengesetzter Begriff in bestimmter Weise
aufbaut.
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