Analyse und Synthese.
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Besitzer analytisch ist — übrigens eine praktisch-psycho¬
logische und keine logische Frage, denn der Logiker hat
angesichts eines vorliegenden Urteiles immer nur zu fra¬
gen, wie Subjekt und Prädikat hier definiert wurden
und danach allein über sein Wesen zu entscheiden.
Auch wenn von „synthetischer Chemie“ die Rede ist,
weiß jeder, was gemeint ist: es handelt sich um Versuche,
neue Stoffe aus der „Zusammensetzung“ oder doch dem
„Zusammen“bringen bekannter Stoffe zu gewinnen.
Man redet aber neuestens auch von „synthetischer Bio¬
logie“ und „synthetischer Psychologie“ im Gegensatz zu
den analytischen Formen dieser Wissenschaft. Man meint
damit eine Biologie und Psychologie, welche den Ganz-
heitsbegriff als unzerlegbaren Begriff einführen und ge¬
wisse kausale Faktoren, die eben darum als Kausalfak¬
toren nicht weiter auflösbar sind, diesem Begriff zuordnen.
Man meint also die vitalistische Biologie und die so¬
genannte Ganzheitspsychologie, anders gesagt, die dyna¬
misch-teleologischen Formen dieser Wissenschaften.
Hier von „Synthese“ als einem Gegensatz zur „Ana¬
lyse“ zu reden, ist nun aber ganz und gar abwegig, wie
im folgenden gezeigt werden soll.
Logik (im üblichen engen Sinne des Wortes), Relations¬
theorie, Mathematik und Geometrie schaffen sich zu¬
sammengesetzte Gebilde durch „Konstruktion“, der em¬
pirische Forscher aber findet zusammengesetzte Gebilde
(vielleicht neben einfachen, wovon zu reden sein wird)
vor.
Die Vorgefundenen zusammengesetzten Gegenstände
können unmittelbare Erlebtheiten, Gefühle, Gedanken
usw. oder Naturgegenstände, Gebirge, Pflanzen, Tiere
usw. sein, wobei der Begriff des „gleichsam selbständigen“
Naturgegenstandes als geklärt vorausgesetzt wird, ebenso
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