Rationalität und ihr Gegensatz.
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ist zugunsten des Rationalen — wie weit, kann kein
Mensch wissen.
Etwas an rationaler Erfassung ist ja überall möglich,
treffe es auch nur einen sehr allgemeinen „Gesetzes-Typus.
Das letzte Ziel wäre, wie ich ausgeführt habe1), das „ord¬
nungsmonistische Ideal“, das auch von jedem hic et nunc
rationale Kunde im Rahmen des Begriffs Ganzheit gibt.
Als Gegensatz zu „rational“ gilt „irrational“. Mit die¬
sem Worte muß, seiner schillernden Bedeutung wegen,
aber sehr vorsichtig umgegangen werden.
In Strenge sollte „irrational“ nur das genannt werden,
was aus den soeben ausgeführten Gründen eben nicht
rational, also für die Ratio eine Schranke ist.
Oft nennt man aber auch „irrational“, was sich dem
Ganzheitsbegriff‘ besonders in der Form des „Plan“- oder
„Ziel“- oder „Zweck“-Begriffes entzieht. Daß die leblose
Welt oder die Menschheitsgeschichte „irrational“ sei, heißt
dann, daß sich Plan, Ziel, Zweck in ihr nicht finden lassen.
Ich selbst ziehe es vor, hier von Zufälligkeit zu reden,
und definiere geradezu zufällig als „nicht-ganzheitsbezo-
gen“ oder, populär gesprochen, als nichtplanmäßig (also
nicht als „indeterminiert“). In diesem Sinne sind mir
allerdings Unlebendiges und Geschichtliches „irrational“,
d. h. zufällig — freilich immer mit dem Zusatz „soweit
wir wissen“, und obwohl beide Bezirke des empirischen
Seins gewisse sehr allgemeine Ganzheits-„Züge“* 2) auf¬
weisen.
In einer bestimmten Einengung pflegt heute nun aber
auch, und damit kommen wir zu der dritten Bedeutung
des Wortes, der Begriff des Irrationalen auf das Handeln
des Menschen (und damit auch, aber anders als vorhin,
*) L. c. S. 39 und sonst.
2) Wirklichkeitslehre, 3. Aufl. 1930, S. 194ff.