Wahrscheinlichkeit und Freiheit.
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scher Art, ihn so umgestalten? Oder auch die Tatsache,
daß er auf eine bestimmte Fläche schon einmal gefallen
ist? Wir haben, sicherlich, praktisch keine Veranlassung,
das anzunehmen; wir „glauben“ das ganz und gar nicht.
Aber wissen, im strengen Sinne des Wortes, tun wir
nicht, daß es nicht geschieht.
Durch einen mit dem Worte „wenn“ gebildeten Satz
mögen wir uns hier helfen: Wenn der Würfel homogen
bleibt, bleibt auch die Wahrscheinlichkeit, mit ihm eine
bestimmte Zahl zu würfeln, 1/6. So wird alles zu einer
reinen Bedeutungsaussage — aber man sollte nicht ver¬
gessen, daß sie sich stets auf empirische Einzelfälle be¬
zieht, und daß daher, trotz aller „Berechnung“, die
Humesche theoretische Unsicherheit bestehen bleibt, und
zwar, wovon alsbald zu reden sein wird, nicht nur für
den einzelnen konkreten Fall, sondern für „die“ Wahr¬
scheinlichkeit überhaupt.
Das eigentlich Kennzeichnende aller mathematischen
Wahrscheinlichkeitsaussagen liegt, wie man schon bemerkt
haben wird, darin, daß die F aktoren, auf welche das als
wahrscheinlich zu beurteilende Endfaktum kausal zurück¬
geht, bekannt sind oder doch jedenfalls als bekannt
gelten, und zwar nach Verteilung und nach Stärke.
Auf Grund dieser vorausgesetzten Bekanntheit der Fak¬
toren hat, subjektiv gesprochen, meine Erwartung, es
möchte wohl eine bestimmte Zahl beim Würfeln erschei¬
nen, einen bestimmten Grad, und kann, objektiv ge¬
sprochen, eine Aussage über die relative Häufigkeit des
Auftretens jener Zahl bei künftigem Würfeln gemacht
werden. Das „Subjektive“ und das „Objektive“ durch¬
dringen sich hier; es sind verschiedene Seiten ein und der¬
selben Sache, nämlich der a priori berechneten, an ein
„Wenn“ gebundenen Wahrscheinlichkeit.