Schein-Entia.
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hilft hier doch wahrlich nicht weiter, es verschleiert nur.
Nähme man es platonisch (aber das soll man ja nicht!),
so wäre wenigstens alles klar, wennschon jeder Beurtei¬
lung, wie schon gesagt, entzogen.
Das „Sein“ von Yolksgeist und ähnlichem also be¬
hauptet jedenfalls etwas anderes zu bedeuten als platoni¬
sches oder Geltungs-Sein, eben weil es empirisches Existie¬
ren meinen will. Und gerade ein selbständiges empiri¬
sches Existieren der durch die Worte Yolksgeist, Recht
usw. ausgedrückten Angelegenheiten — um wieder das
farblose Wort zu gebrauchen — gibt es nicht.
Nicolai Hartmann1) ist jüngst dem Begriff des ob¬
jektiven Geistes in besonders scharfsinniger Weise nach¬
gegangen, und zwar gerade in dem Sinne, daß dieses Wort
nicht nur das objektiv von seiten menschlicher Subjekte
sinnhaft, in Büchern usw., Niedergelegte, sondern den an¬
geblichen Volksgeist, Zeitgeist usw. selbst bedeuten soll.
Er wirft Hegel mit Recht vor, daß er den „objektiven
Geist“ substanzialisiere, betont besonders scharf, daß dem
objektiven Geist das bewußte Subjekt, das „Ich“
fehle, will ihn aber doch als ein Ens zulassen. Und
das wäre denn doch wohl eine Form der „Substanzia-
lisierung“.
Mir scheint gerade das von Hart mann so scharf be¬
tonte, von Hegel übrigens auch schon gesehene Fehlen
des Subjekts dem sogenannten „objektiven Geist“ in
Hartmanns Sinne die Natur des selbständigen empiri¬
schen Ens abzusprechen und die nominalistische Auf¬
fassung, wie sie in diesem Aufsatz vertreten wurde, zu
rechtfertigen.
Natürlich darf weiter vom objektiven Geist, der gleich-
A) Kategorien der Geschichte, in Proc. VII th Intern. Congr. of Philos. at
Oxford 1930; 1931, S. 24.
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