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Studien über Ganzheit.
aber Geschehen ist, da muß der Begriff der Kausalität
seine Rolle spielen — es sei denn, man wolle den Begriff
des „freien14 Geschehens einführen. Das Wort „ganz“ als
solches bezeichnet stets nur einen Zustand; aber es
handelt sich eben stets um gewordene Zustände, und
ihr Gewordensein kann nur „kausal“ verstanden werden,
wobei dieses Wort natürlich in seinem allgemeinen Sinne
zu nehmen ist als „das, worauf etwas notwendig folgt“.
Was man, aus was immer für einem Grunde, „ganz“
nennt, ist dabei zunächst ganz gleichgültig. In vor¬
läufiger Weise heißt ja alles mögliche „ganz“: ein
Frosch, ein Staat, ein Gebirge, die Lebensgesamtheit,
eine Maschine, ein Markt (Spann) und was noch. Aber
alles das ist geworden, erfordert also „kausale“ Betrach¬
tung im allgemeinen Sinne des Wortes.
Welche Form des Kausalen ihre Rolle zu spielen hat,
die summenhafte oder eine andere, das ist dann die zweite,
allerdings zugleich die wichtigste Frage. Sie muß für jede
einzelne Gruppe der empirischen Geschehnisse gesondert
geprüft werden, und erst das Ergebnis dieser Prüfung
kann lehren, welche der vorläufig und gleichsam populär
sogenannten „Ganzheiten“ in tieferem Sinne Ganzheit
ist. Echte Ganzheit sein heißt alsdann: dem Geworden¬
sein nach unauflösbar sein in Einzelwirkungen zwischen
den in Frage kommenden Teilen und deren Resultanten,
wobei, wenn es sich um Physisches handelt, die letzten
Elemente der Materie, wenn es sich um Psychisches han¬
delt, die personalen Seelen als „Teile“ in Frage kommen.
Daß alles, was in vorläufiger Weise als psychische
(überpersonale) Ganzheit bezeichnet zu werden pflegt,
also „Volk“, „Staat“, „Verein“ usw., in seinem Geworden¬
sein aus der Wirkung der „Teile“, also der psychophysi¬
schen Personen, aufeinander verständlich ist, kann zum