Das Wesen der Psychologie.
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ger), bald geradezu als abgeschafft angesehen (Litt).
Sie soll durch die „verstehende“, als die eigentlich
geisteswissenschaftliche Auffassung der Sachbestände
ersetzt werden.
Nun kann es sicherlich eine „verstehende“ Psychologie
geben; sie „fühlt sich ein“ in den „Andern“ (sei dieser
Begriff gefaßt wie er wolle, Seite 37ff.); sie erfaßt, daß die
andere Seele dein Wesen nach „dasselbe“ ist wie meine
Seele. Nur soweit „dasselbe“ vorliegt, kann sie sich wahr¬
haft einfühlen; angesichts der Tiere nur sehr teilweise,
angesichts des „Vitalen“ nur ganz schemenhaft)1. Dieses
Einfühlen bietet ein gewisses „Verstehen“ — aber doch
nur in dem Sinne, daß erfaßt wird, es liege eben nichts
Neues, es liege ein „Fall“ einer bekannten „Klasse“ vor.
Das ist gute psychologische Vorarbeit, notwendige
Vorarbeit, aber mehr nicht. Das Objekt der eigentlichen
Psychologie ist nämlich die Frage nach dem Ordnungs-
typus der Abfolge der Erlebnisse, zunächst nur
„meiner“.
Es ist mir nun völlig unbegreiflich, wie da gesagt
werden konnte, hier passe das kausale, das sogenannte
„naturwissenschaftliche“ Schema nicht. Welches Schema
soll denn passen, wenn nicht das Schema des kausalen
Gesetzes — (vielleicht an gewissen Stellen gebrochen
durch eine echt freie Seite des „Ich“)? Wir kennen
doch geradezu psychische Kausalgesetze und finden sie
immer wieder bewährt.
Wie wollen sich die akausalen Psychologen, z. B. Litt,
denn zum Seelenleben des „Andern“ stellen ? Dessen
Seelenleben ist ja doch nur indirekt erfaßbar, auf Grund
des Studiums seines behavior. Das ist ein körperliches
Phänomen; für körperliche Phänomene gilt auch nach
*) Vgl. Mensch und Weh, 1928, Seite 48ff.