Einleitung.
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Sophie rundweg alles, was sie geleistet hatten, mit ihrem
„Visum“ versehen würde.
Denn die Philosophie nahm nur allzu bereitwillig alle
„bestehenden Wissenschaften“, soweit sie Mode waren,
an. Sie lief ihnen oft geradezu nach, sie „glaubte“ ihnen,
wie das zum Beispiel angesichts der Relativitätstheorie
von einigen Seiten geschehen ist, einer Lehre, die eine
unmögliche, weil gegen ontologische Schau verstoßende
Wissenschaft ist, sobald sie mehr sein will als bloße
schemenhafte mathematische Formulierung, ruhend auf
einer gewissen menschlichen Beschränktheit angesichts
gewisser empirischer Feststeilbarkeiten, wie absolute
Bewegung, Gleichzeitigkeit u. a.1).
Was freilich nicht Mode war, das hatte es schlimm.
Astrologie — abgetan. „Psychische“ Forschung — auch
abgetan. Biologie — als selbständige Wissenschaft des¬
gleichen. Denn die „Moderne“ hatte ja ein für allemal
gesagt — „gesagt“ hatte sie es allerdings! — daß die
Physik, sei es als echte Mechanik, als Elektrodynamik
oder als was sonst, hinsichtlich aller Erscheinungen der
sogenannten Natur, d. h. der raumhaften empirischen
Wirklichkeit, das letzte Wort haben müsse. Die Physik
war die Bibel, die Physiker die Evangelisten und Apostel.
Hier Kritik zu üben war Ketzerei. Dixit — und wenn es
auch, wie die „vielen Zeiten“ und der „gekrümmte Raum“,
als empirische Realia und nicht nur als Mathematica ge¬
nommen, jeder unmittelbar evidenten Ratio widersprach.
Hier war die Philosophie die ancilla, ganz ebenso wie
früher einmal einer anderen Herrin gegenüber. Sie führte
nicht.
Aber sie soll führen.
*) Vgl. meine kleine Schrift Relat. Theorie u. Weltanschaung. 2. AufL
1929.
1*