Full text: Philosophische Forschungswege

96 Beispiele einzelner philosophischer Fehlgriffe und Gefahren. 
12. Die Worte „rational“ und „relativ“. 
Nun könnten noch die Worte „rational“ und „irratio¬ 
nal“ daran kommen. Ich verzichte hier aber auf eine 
nähere Ausführung. Denn erstens habe ich selbst in mei¬ 
nen Schriften über diese „Worte“ — ich sage nicht 
„Begriffe“ — wiederholt geredet, und zweitens gibt es 
über die Bedeutungen des Wortes „rational“ einen vor¬ 
trefflichen Aufsatz von J. Volkelt1). So sage ich denn 
nur dieses, daß mir Ratio das Vermögen zu ordnungs- 
hafter Erfassung bedeutet. „Irrational“ ist das, was sich 
solcher Erfassung irgendwie widersetzt, vielleicht nur 
„noch“ widersetzt. „Contrarationales“ anzunehmen liegt 
kein Grund vor, weil ja doch die Ratio selbst ein Ausfluß 
des letzten Wirklichen ist, und es sehr seltsam wäre, an¬ 
zunehmen, es habe sich in der Ratio das Wirkliche ein 
gegen es selbst gerichtetes Instrument geschaffen. 
Übrigens meint meist, wer das Wirkliche „irrational“ 
nennt, nur, daß sich in ihm kein objektiver Plan, keine 
Ganzheitsbezogenheit aufdecken lasse, wie das z. B. im 
Historischen wohl der Fall ist. Dann heißt „irrational“ 
also soviel wie zufällig (= nicht ganzheitsbezogen). — 
Und endlich das Wort „relativ“. Darüber schweige 
ich. Denn um anzunehmen, daß meine Leser etwa Ein- 
stein’s Relativitätstheorie mit dem Begriff der historischen 
Relativität durcheinanderwerfen möchten, dazu habe 
ich denn doch eine etwras zu hohe Meinung von denen, 
die ich mir als Leser dieser kleinen Schrift denke. — 
l) Schopenhauer-Jahrb. 1919, S. 68ff.
	        
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