Full text: Das Bürgertum und die katholische Weltanschauung (1)

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Tod, Gott und Sünde 
Gefühlsweisen zu befreien —, als bewußte theoretisch faßbare 
Entgegensetzungen, Wir haben es mit gewissen gefühlsmäßigen 
Umbildungen und Umwertungen zu tun; die sich oft nicht 
Ohne weiteres in Worte fassen lassen und von denen der Einzelne 
selbst nicht immer‘ zu sagen weiß, wann und wie sie sich voll- 
zogen haben. 
Um diese Wandlungen, die in wesentlichen Punkten die 
Entwicklung des modernen bürgerlichen Bewußtseins bedingt 
haben, in ihrer Sonderheit zu erfassen, muß man zunächst 
in der Entwicklung des religiösen Erlebnisses zwei Momente 
unterscheiden. Einmal handelt es sich um das, was man Minde- 
rung des Glaubens nennen könnte, das heißt um gewisse Ände- 
rungen, die die Art des Erlebens selbst betreffen, zum anderen 
um Umgestaltungen und Neubildungen des Gegenstandes des 
Glaubens, in dem Sinne zunächst, daß gewisse Glaubensartikel; 
an die man nicht mehr zu glauben vermag, immer mehr aus- 
geschieden werden. Die Bedeutung des Glaubenserlebnisses 
wird für den Bürger immer geringer, und zugleich werden 
der Glaubenswelt immer engere Grenzen gezogen; oder anders 
ausgedrückt: der Glaube ändert sich sowohl seinem Umfange 
wie seiner Erlebnisqualität nach. Wenn wir annehmen wollten, 
daß der Gläubige, sofern er sich in allem der Autorität der 
Kirche unterwirft, alles glaubt, ebensogut das, was er beiseite 
läßt, wie das, was er sich zu eigen macht, so ließen sich die 
Änderungen, die sich in dem religiösen Bewußtsein vollziehen, 
etwa dadurch charakterisieren, daß das Gebiet der fides 
implicita einen immer weiteren Umfang einnimmt, während 
der Umfang dessen, was der Einzelne noch explicite zu glauben 
vermag, immer geringer wird, und daß dabei zugleich das, 
was er explicite glaubt, ihm immer weniger bedeutet. 
Beide Momente können zu einer religiösen Emanzipation 
führen. Doch muß man beides wohl von einander unterscheiden. 
Es kann wohl vorkommen, daß das Glaubenserlebnis an Be- 
deutung einbüßt, und dabei doch die Beziehung auf die Totali- 
tät des Geglaubten soweit wie möglich gewahrt bleibt. Anderseits 
ist es aber auch möglich, daß die Glaubenswelt als solche ge- 
wissermaßen immer mehr einschrumpft und dabei doch dem 
Glaubenserlebnis als solchem seine zentrale Stellung innerhalb 
des Lebens gewahrt bleibt. So hat es manche Katholiken ge- 
geben, besonders. unter den Schülern der Jesuiten, für die
	        
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