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Kein Mensch wird bestreiten, daß der starke Wechsel der Beamten gerade
im Bergbau ein unerwünschter Zustand ist. Hier hängt von einer guten Kenntnis
der Verhältnisse und einer gut überlegten weitsichtigen Disposition der Betriebs
leitungen außerordentlich viel ab. Sie ist aber nicht möglich, wenn häufig mit
den Beamten gewechselt wird. Es fehlt dann nicht nur an der wünschenswerten
eingehenden Kenntnis der Verhältnisse, sondern jeder Beamte wird auch mehr
auf eine gute Förderleistung während seiner Amtszeit als auf eine ziel-
bewußte und planmäßige Verbesserung der Werke, die erst später Früchte tragen
kann, bedacht sein. Mehr wie bisher ist deshalb Sorge zu tragen, daß wirklich
tüchtige Beamte dem Staatsbergbau dauernd erhalten und an dessen Erträgnis
interessiert werden. Wir geben der Hoffnung Ausdruck, daß die Königliche
Staatsregierung unter Zustimmung des Abgeordnetenhauses bald die Mängel in
den Beamtenverhältnissen beseitigt und daß nicht mehr die Arbeiter für die
Folgen dieser Verhältnisse verantwortlich gemacht iverden.
Dann gilt es auch die Gesamtheit der Arbeiter möglichst stark an das
Gedeihen des Bergbaues zu interessieren. Die ganze Intelligenz, die in den Saar
bergleuten steckt, muß ausgenutzt werden, um eine dauernde gute Rentabilität
des Saarbergbaues zu erzielen. Das läßt sich erreichen durch, den Abschluß eines
Tarifvertrages zwischen der Bergwerksverwaltung und der Organisation der
Saarbergleute, dem Gewerkverein christlicher Bergarbeiter Deutschlands. Durch
den Vertrag müssen die Saarbergleute an eine möglichst hohe Rentabilität ihres
Bergbaues interessiert iverden, indem man ihnen einen entsprechenden Anteil
an den Ergebnissen zusichert* Sie werden dann schon alle mitwirken, damit
gute Ergebnisse erzielt werden. Der Charakter der Saarbergleute bürgt dafür.
Mit Recht rühmt ihnen Nieder ,,bäuerlich zähen Erwerbssinn und bürgerlich-
stolzes Geltungsstreben“ nach. Auch Bergassessor Herbig sagt von den Bergleuten,
daß ,,deren bodenständiger Charakter ohnedies im Besitz des eigenen Hauses
das selbstverständliche und auch unter widrigen Umständen zäh verfolgte Ziel
sieht 11 (Glückauf 1910, S. 1386).
Nun wird ja vielfach die Behauptung auf gestellt, im Bergbau seien Tarif
verträge unmöglich und zwar hauptsächlich wegen der in den natürlichen Ver
bal'nissen beruhenden Hindernisse. Diese Ansicht ist irr'g und eine Folge der
Auffassung, daß ein Tarifvertrag unbedingt a 7 les schematisch regeln müsse.
Letz f eres ist aber gar nicht notwendig. Ein solcher Vertrag braucht nicht alles
zu regeln und erst recht nicht alle Einzelheiten schematisch zu regeln. Es würden
für den Anfang im Bergbau ganz w nige Bestimmungen genügen. Man brauchte
nur die wichtigsten Punkte des Arbeitsvertrages vertraglich so weit wie jetzt schon
möglich zu regeln. Nichts würde z. B. die vertragliche Festsetzung der Arbeitszeit
und die Regelung des Überschichtenwesens hindern. Auch der Lohn der im
Schichtlohn beschäftigten Personen könnte ebensogut vertragt ch wie jetzt einseitig
von der Werksverwaltung festgelegt werden. Für die im Gedinge beschäftigten
Personen lassen sich ebenfalls einige den Lohn regelnde Bestimmungen treffen.
So könnte man allgemein einen bestimmtenDurchschnittslohn für diese Arbeiter
klasse vertraglich festlegen, ohne die heutige Art der Gedingesetzung zu ändern.
Nur wenn der das Gedinge setzende Vertreter der Zechenverwaltung und die
Kameradschaften sich über das Gedinge nicht einigen könnten, müßte eine zu
schaffende Instanz — aus einem oder mehreren Vertretern der Zechenverwaltung
und der Arbeiter — sich mit der Angelegenheit beschäftigen und die Sache zur
Entscheidung bringen. Dieser Instanz könnte oder müßte auch das Recht gegeben
werden, in Zweifels fällen durch die Probearbeit zuverlässiger Arbeiter, die von
ihr gewählt werden, Klarheit zu schaffen. Wenn man den Arbeitern vertraglich
Die Arbeiter
sollten durch
Tarifvertrag an
eine hohe llenta-
bilität inter
essiert iverden.