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und können. Mit der Erhöhung der Löhne gehe die Leistung zurück, wird aus-
gejührt. Ebenso soll jede Verkürzung der Arbeitszeit einen Rückgang der Lei
stungen im Gefolge haben. Besonders deutlich wird diesen Ansichten von dem
Königlichen Berginspektor E. Müller Ausdruck gegeben in dem VI. TeilS. 72 des
Werkes: ,,Der Steinkohlenbergbau des Preußischen Staates in der Umgebung
von Saarbrücken“. Er behauptet hier, daß mit der Aufwärtsbewegung der
Löhne nach dem Jahre 1888 ein gleichzeitiger Rückgang der Leistungen der
Arbeiter ,,infolge ihrer unbotmäßigen Haltung und der Verkürzung der Schicht
dauer“ eingetreten sei. Nach der Herabsetzung der Löhne in den Jahren 1892/93
und nach dem der zur Abwendung dieser Verschlechterung unternommene Streik
verloren gegangen sei, habe ,,sich bei der Belegschaft allmählich eine größere
Arbeitswilligkeit“ eingestellt, ,,die in einer anhaltenden Steigerung der Leistung
bis zum Jahre 1898 zum Ausdruck kam, der dann allerdings ivieder mit den
besseren Löhnen der Jahre 1899 bis 1902 ein Nachlassen der Arbeitsleistung
folgteGanz allgemein wird dann festgestellt:
,,Die graphischen Darstellungen auf Tafel 2 sind ein beredtes Bild davon, wie sich auf
den Steinkohlenbergwerken des Saarreviers Arbeitsleistung und Lohnhöhe bezw. Kohlen
preise ergänzen und wie jedesmal, von geringfügigen Abweichungen abgesehen, mit dem
Steigen der Kohlenpreise ein Herabgehen in der Arbeitsleistung verknüpft ist. Es soll dies
hier besonders betont werden, weil anderweitige außerhalb des Wirkungskreises der Arbeiter
liegende Momente auf die Höhe der Arbeitsleistung keinen oder nur unmerklichen Einfluß
gehabt haben. , .
Mit der Erhöhung der Löhne ist, so behauptet Müller klipp und- klar,
jedesmal ein Herabgehen in der Arbeitsleistung verknüpft. Zur Begründung
seiner Behauptung verweist er auf die im Durchschnitt auf den Kopf der Beleg
schaft entfallende Fördermenge, die er — ebenso wie es auch in der amtlichen
Statistik bis zum Jahre 1908 geschah — als Leistung pro Kopf bezeichnet.
Es ist jedoch irreführend, wenn die Förderung pro Kopf als Leistung
pro Kopf bezeichnet wird, weil ja die Förderung nicht allein von der aufge
wendeten Arbeitskraft, sondern auch von den, natürlichen Verhältnissen und
vielen anderen Umständen abhängt. Deshalb ist auch in der amtlichen Statistik
die alte irreführende Bezeichnung verlassen 'und bemerkt die amtliche ,,Zeit
schrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen“ (Jahrgang 1910, 1. statistische
Lieferung S. 47) zu den mitgeteilten Übersichten über die Jahresförderung auf
den Kopf der Belegschaft,
,,daß die in ihnen mitgeteilten Zahlern keineswegs ohne weiteres einen Maßstab
bilden für die von dem einzelnen Arbeiter aufgewendete Arbeit. Vielmehr müssen bei der
Beurteilung dieser Zahlen neben der persönlichen Leistungsfähigkeit und Arbeitswilligkeit
der Arbeiter auch die — außerhalb des Wirkungskreises der Arbeiter liegenden — natürlichen
und betrieblichen Verhältnisse in Betracht gezogen werden. In letzterer Beziehung mag
namentlich auf den Einfluß hingewiesen werden, den die Inangriffnahme einer größeren
oder geringeren Zahl neuer Gruben, stärkere oder schwächere Belegung der Aus- und Vor
richtungsarbeiten gegenüber den eigentlichen Gewinnungsarbeiten, stärkere oder schwächere
Belegung von mächtigen gegenüber weniger mächtigen Lagerstätten, Änderung der Abbau
methoden, Änderung der Betriebsmittel (vor allem der Ersatz menschlicher Arbeitskraft
durch tierische oder maschinelle Arbeitskräfte) verschärfte Vorsichtsmaßregeln gegenüber
den dem Bergbau eigenen Gefahren u. a. m. auf die Höhe der Förderung und damit auch
auf die auf einen Arbeiter berechnete Förderziffer haben müssen
Welchen Einfluß die natürlichen Verhältnisse auf die Durchschnitts
tonnenförderung pro Kopf ausüben, zeigt ein Vergleich der im preußischen
Steinkohlenbergbau in den verschiedenen Bergbaubezirken auf den Kopf der
Gesamtbelegschaft entfallenen Fördermenge. Es wurden auf den Kopf der Ge
samtbelegschaft pro Jahr gefördert in Tonnen:
Bezeichnung der
F örderung pro
Kopf als Lei
stung pro Kopf
ist falsch.
F örderziffern der
einzelnen Berg
baureviere zeigen
Einfluß der
natürlichen
Verhältnisse.