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Es hat in Preußen in den letzten Jahren eine bedeutende Steigerung
des gesamten Volkseinkommens stattgefunden, die die Steigerung der Be
völkerungsziffer weit übertrifft. Die Steigerung der Bevölkerung und des Gesamt
einkommens der 'physischen Personen betrugen nämlich in Preußen:
Steigerung der Bevölkerung: Steigerung des Gesamteinkommens:
1886 1900 1905 1907 1886 1900 1905 1907
100 106 115 119 % 100 119 137 156%
(Aus dem III. Teil des Denkschriftenbandes zur Reichsfinanzreform.)
An der besonders seit dem Jahre 1900 erfolgten bedeutenden Steigerung
des Gesamteinkommens haben die Saarbergleute nicht in entsprechender Weise
teilgenommen. Ihre Löhne sind nicht so erheblich gestiegen und war es ihnen
deshalb nicht möglich, ihre Lebenslage entsprechend zu verbessern und den auch
bei ihnen vorhandenen größeren Bedürfnissen in der im Interesse der Gesamtheit
wünschenswerten Weise Rechnung zu tragen. Eine Aufbesserung der Löhne
ist deshalb notwendig.
Eine lange Begründung zur Rechtfertigung dieser Forderung ist in der
jetzigen Zeit kaum geboten. Es kann ja zur Begründung der Notwendigkeit
einer Lohnerhöhung für die Saarbergleute auf die Erhöhung der Gehälter der
Beamten im Reich, in Staat und Kommune und die hierüber gepflogenen Ver
handlungen hingewiesen werden. Bei den Beratungen über die Vorlagen be
treffend Erhöhung der Beamtengehälter ist ja von allen Seiten auf die Erhöhung
der Preise für die Lebensbedürfnisse hingewiesen worden. Das von einem Mit
glieds der Zentrumsfraktion herausgegebene Werkchen: „Reichsbeamtenbesol
dung 1909“ 1 ) kann deshalb feststellen, daß niemand bestreiten wird, daß in
den letzten zwölf Jahren „die Lebensverhältnisse sich sehr verteuert haben
Auch der Vertreter der Regierung, Herr Staatssekretär des Reichsschatzamts,
Sydoiv, erklärte bei der Beratung des Beamtenbesoldungsgesetzes im deutschen
Reichstage im Jahre 1908:
„Daß seit dem Abschluß der letzten allgemeinen Gehaltsregelung, die von 1889 bis
1897 stattgefunden hatte, die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die Teuerungs
verhältnisse, sich sehr verschoben haben, brauche ich nicht weiter auszuführenA (177.
Sitzung. Amtl. Stenogr. Sp. 5998).
Auch die Begründung der dem preußischen Abgeordnetenhause in der
Session 1908/09 zugegangenen Vorlage betr. Lehrerbesoldung weist darauf hin,
„daß sich seit dem 1. April 1897 die Teuerungsverhältnisse erheblich geändert
haben 1,1 . (S. 10.) Die Begründung zu dem Gesetzentwurf betr. die Bereitstellung
von Mitteln zu Diensteinkommensverbesserungen (Mantelgesetz), das dem hohen
Hause der Abgeordneten in derselben Session zur Beratung zuging, führt eben
falls die „gegenwärtigen Lebens- und Teuerungsverhältnisse^ mit als Grund
für die gemachten Besoldungsvorschläge an und erscheint ihr „die vorgesehene
Erhöhung der Bezüge für unmittelbare Staatsbeamte, Lehrer und Geistliche . . .
in gleichem Maße dringlich“ (S. 6). Auch bei den Beratungen wurde sowohl
in der Kommission wie im Plenum allgemein anerkannt, daß wegen der er
folgten Änderung der Lebens- und Teuerungsverhältnisse eine durchgreifende
Änderung und Erhöhung der Gehälter gerechtfertigt sei. Ohne Widerspruch
zu finden, konnte in der um 7 Mitglieder verstärkten Budgetkommission bei der
Beratung über die Besoldungsordnung in der 2. Lesung ein Kommissionsmitglied
sogar die Feststellung machen: „Keine Partei habe Zweifel gelassen, daß die
Teuerung ebenso wie bei den mittleren und unteren Beamten so auch bei den
1 ) Volksvereinsverlag M.-Gladbach.
Saarbergleute
erhielten nicht
den wünschens
werten Anteil
von der
Steigerung des
Volks
einkommens.
Begründungen
der in den
letzten Jahren
vorgelegten
Besoldungsord
nungen recht-
fertigen die Er
höhung
der Löhne.