56.1928 (0056)

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Description

Persistent identifier:
86316854X
Title:
Saarbrücker Bergmannskalender
Place of publication:
Saarbrücken
Publisher:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
Structure type:
Periodical
Collection:
Saarlandica
Copyright:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek

Description

Persistent identifier:
86316854X_0056
URN:
urn:nbn:de:bsz:291-sulbdigital-387446
Title:
56.1928
Volume count:
0056
Place of publication:
Saarbrücken
Publisher:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
Structure type:
Volume
Collection:
Saarlandica
Copyright:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
Language:
ger
Digitised pages:
374

Description

Title:
Gemischte Beiträge
Structure type:
Chapter
Collection:
Saarlandica
Digitised pages:
195

Table of contents

Table of contents

  • Saarbrücker Bergmannskalender
  • 56.1928 (0056)
  • Cover
  • Inserate I
  • Title page
  • Start page
  • Kalendarium
  • Gemischte Beiträge
  • Inseratenverzeichnis
  • Inserate II
  • Cover

Full text

76 
Er war also seit einigen Stunden weg, und der 
kleine Fortunata lag ruhig in der Sonne ausgestreckt, 
indem er die blauen Berge betrachtete und daran 
dachte, daß er den nächsten Sonntag bei seinem Onkel, 
dem Korporal*), in der Stadt zu Mittag speisen 
würde, als er in seinen Betrachtungen durch den 
Knall einer Feuerwaffe gestört wurde. Er stand aus 
und wandte sich der Richtung der Ebene zu, woher der 
Schall kam. Andere Schüsse folgten immer näher 
und näher in ungleichen Zeiträumen; schließlich er¬ 
schien auf dem Pfad, der von der Ebene zum Hause 
Mateos führte, ein Mann, der eine spitze Kappe, wie 
man sie bei den Bergbewohnern findet, trug; er war 
bärtig, in Lumpen gehüllt und schleppte sich mit Mühe 
vorwärts, indem er sich auf sein Gewehr stützte. Er 
hatte soeben einen Schuß in die Hüfte erhalten. 
Dieser Mann war ein Bandit, der nachts aufge¬ 
brochen war, um Pulver in der Stadt zu kaufen, wo¬ 
bei er unterwegs in einen Hinterhalt korsischer Vol¬ 
tigeure fiel. Nach kräftiger Verteidigung war es ihm 
gelungen, feinen Rückzug zu bewerkstelligen, bei dem 
er lebhaft verfolgt wurde und selber von Fels zu 
Fels zurückschoß. Aber er hatte wenig Vorsprung 
vor den Soldaten, und seine Wunde setzte ihn außer¬ 
stande, das Maquis zu gewinnen, ohne eingeholt zu 
werden. 
Er näherte sich Fortunato und sagte ihm: „Du bist 
der Sohn von Mateo Falcone?" 
„Ja." 
„Ich bin Gianetto Sanpiero. Ich werde von den 
Gelbkragen verfolgt. Verbirg mich, denn ich kann 
nicht mehr weit laufen." 
„Und was wird der Vater dazu sagen, wenn ich 
dich ohne Erlaubnis verstecke?" 
„Er wird sagen, daß du recht getan hast." 
„Wer weiß?" 
„Verbirg mich schnell; sie kommen." 
„Wart', bis mein Vater zurück ist." 
„Warten! Verflucht! Sie sind in fünf Minuten 
hier. Vorwärts, verbirg mich, oder ich töte dich." 
Fortunato antwortete mit der größten Kaltblütig¬ 
keit: „Dein Gewehr ist entladen, und es sind keine 
Patronen mehr in deiner Charchera" (eine Art Leder¬ 
gürtel, der als Patronentasche dient). 
„Ich hab' noch mein Stilett." 
„Aber wirst du auch so schnell laufen als ich?" Er 
machte einen Sprung und befand sich außer Greif¬ 
weite. 
„Du scheinst kein echter Sohn von Mateo Falcone! 
Willst du mich vor seinem Haus verhaften lassen?" 
Das Kind schien gerührt. „Was gibst du mir, wenn 
ich dich verstecke?" 
Der Bandit wühlte in einer ledernen Tasche, die an 
seinem Gürtel hing, und zog ein Fünffrankstück 
heraus, das er ohne Zweifel zurückbehalten hatte, 
um Pulver zu kaufen. Fortunato lächelte freudig bei 
*) Die „Korporale" waren ehemals die Häupter, die sich die kor¬ 
sischen Gemeinden wählten, wenn sie sich gegen dte Feudalherren er¬ 
hoben. Heute gibt man manchmal diesen Titel einem Mann, der 
durch sein Vermögen, seine Verbindungen und seine Schupgenossen 
einen Einfluß und eine Art faktischer Herrschaft Über eine „Pieve" 
oder einen Bezirk ausübt. Die Korsen scheiden sich nach einer alten 
Gewohnheit in fünf Kasten: die Edelleute (von denen die einen „hoch¬ 
gebietend", die anderen „signori" sind), die Korporale, die Bürger, 
die Plebejer und die Fremden. 
dem Anblick des Geldstückes; er griff danach und sagte j 
zu Gianetto: „Fürchte nichts!" 
Sofort machte er ein großes Loch in einem neben i 
dem Hause liegenden Heuhaufen. Gianetto kroch ) 
hinein, und das Kind deckte ihn derart zu, daß er 1 
etwas Luft zum atmen hatte, ohne daß es aber mög- l 
lich gewesen wäre,. unter dem Heü einen Menschen | 
zu vermuten. Zudem verfiel er auf einen ziemlich 
erfinderischen und eines Wilden würdigen Kniff. Er 
nahm eine Katze und deren Junge und legte sie 
solcherweise auf das Heu, daß man annehmen mußte, ' 
es sei seit einiger Zeit nicht mehr gewendet worden. 
Darauf deckte er die Blutspuren auf dem Pfad nahe 
dem Hause sorgfältig mit Staub zu, worauf er sich 
wieder mit der größten Ruhe in die volle Sonne 
niederlegte. 
Einige Minuten später standen sechs uniformierte 
und in gelben Halskragen steckende Männer, die von 
einem Adjutanten befehligt wurden, vor der Tür 
Mateos. Dieser Adjutant war weitläufig mit Mateo 
verwandt. (Es ist bekannt, daß man auf Korsika die 
Grade der Verwandtschaft viel weiter verfolgt, als 
irgend sonstwo.) Er hieß Tiodoro Gamba; er war 
ein energischer Mann und von den Banditen, deren 
er schon mehrere eingefangen hatte, sehr gefürchtet. 
„Grüß Gott, kleiner Vetter", sagte er zu Fortunato, 
indem er ihn freundlich anredete; „was bist du groß 
geworden! — Hast du nicht eben einen Mann vorbei¬ 
kommen sehen?" 
„O, ich bin noch nicht so groß wie chr, Vetter", 
antwortete das Kind mit einfältiger Miene. 
„Das wird schon kommen. Aber sag' doch, hast du 
nicht einen Menschen vorbeikommen sehen?" 
„Ob ich einen Menschen habe vorbeikommen sehen?" 
„Ja, einen Mann mit einer spitzen schwarzen Samt¬ 
mütze und einer rot und gelb gestickten Weste?" 
„Einen Mann mit einer spitzen Mütze und einer 
rot und gelb gestickten Weste?" 
„Ja, antworte schnell und wiederhole nicht immer 
meine Fragen." 
„Diesen Morgen ist der Herr Pfarrer an unserer 
Tür vorbeigekommen, auf feinem Pferd Piero. Er 
hat mich gefragt, wie's dem Vater ginge, und ich 
hab' ihm geantwortet...." 
Was, du kleiner Schlingel, du spielst den Schelm! 
Los, sog' mir schnell, wo Gianetto hin ist, denn er 
ist's, den wiü suchen; und ich bin sicher, er hat den 
Pfad hierher genommen." 
„Wer weiß?" 
„Wer's weiß? Ich bin's, der es weiß, daß du ihn 
gesehen hast." 
„Sieht man Vorübergehende, wenn man schläft?" 
„Du hast nicht geschlafen, Taugenichts; die Schüsse 
haben dich geweckt." 
„Ihr glaubt also, Vetter, daß eure Gewehre einen 
solchen Lärm machten? Der Stutzen vom Vater 
macht einen viel größeren." 
„Der Teufel hol' dich, verfluchter Strick! Ich bin 
ganz sicher, daß du Gianetto gesehen hast. Vielleicht 
hast du ihn gar versteckt. Vorwärts, Kameraden, geht 
hinein in das Haus und schaut nach, ob der Mensch 
nicht dort ist. Er hinkte nur noch auf einem Bein, 
und der Halunke hat zu viel Verstand, um zu ver¬ 
suchen, das Maquis hinkend zu gewinnen. Übrigens 
enden hier die Blutspuren."
	        

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