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1952 (0007)

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Bibliographic data

fullscreen: 1952 (0007)

Periodical

Persistent identifier:
824454855
URN:
urn:nbn:de:bsz:291-sulbdigital-83393
Title:
Die Arbeit
Sub title:
Organ der Einheitsgewerkschaften der Arbeiter, Angestellten und Beamten
ZDB-ID:
ZDB Icon2819805-0
Place of publication:
Saarbrücken
Publisher:
[s.n.]
Document type:
Periodical
Collection:
Periodicals
Economy
Year of publication:
1946
1954
Copyright:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
Language:
ger

Volume

Persistent identifier:
824454855_0007
URN:
urn:nbn:de:bsz:291-sulbdigital-447840
Title:
1952
Volume count:
0007
Publisher:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
Document type:
Volume
Collection:
Periodicals
Year of publication:
1952
Copyright:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
Language:
ger
Digitised pages:
84

Part

Title:
Nummer 9: August 1952
Document type:
Periodical
Structure type:
Part
Digitised pages:
8

Contents

Table of contents

  • Die Arbeit
  • 1952 (0007)
  • Cover
  • Nummer 1: Januar 1952
  • Nummer 2: Januar 1952
  • Nummer 3: Februar 1952
  • Nummer 4: März 1952
  • Nummer 5: April 1952
  • Nummer 6: Mai 1952
  • Nummer 7: Juni 1952
  • Nummer 8: Juli 1952
  • Nummer 9: August 1952
  • Nummer 10: September 1952
  • Nummer 11: Oktober 1952
  • Nummer 12/ 13: November 1952
  • Nummer 14/ 1: Dezember/ Januar 1952/ 1953
  • Cover

Full text

Seite 4 
August 1952 
£tfolge durch tinheit 
In fotaemier Zuschrift nimmt ein Mitglied 
de« I. V. Verkehr und Transport temperament 
voll zu den Themen Tarifvertragsrecht und Mit 
bestimmung b. 5. 
Immer wieder ist es notwendig, auf den ge 
werkschaftlichen Zusammenschluß der Arbeit 
nehmerschaft hinzuweisen. Auch diese Stellung 
nahme entspringt der Notwendigkeit. Die Zeit 
epoche, in der wir leben, spiegelt sehr deutlich» 
das Verhältnis zwischen der Arbeitnehmerschaft 
und Unternehmertum wieder. Nicht immer wa 
ren die Verhältnisse so gelagert, wie es heute 
ist. Nicht immer waren die Gewerkschaften öf 
fentlich anerkannt. Die heutige Stellung der 
Gewerkschaften im öffentlichen Leben ist das 
Ergebnis eines unermüdlichen Kampfes der Ar 
beitnehmer mit dem Unternehmertum und, den 
Regierungen, die fast immer, und das gilt auch 
heute noch, das Unternehmertum stützen. 
Der heutige Stand der arbeitsrechtlichen und 
sozialen Verhältnisse war nur zu erreichen durch 
die geballte Kraft der gesamten Arbeitnehmer 
schaft, die ihren Ausdruck in den Gewerkschaf 
ten fand. Nicht der einzelne konnte seinen Ein 
fluß auf die Entwicklung ausüben, sondern im 
mer nur und immer wieder die Gewerkschaften. 
Heute haben wir besondere Aufgaben. Auf 
zwei Dinge sei besonders hingewiesen. Es han 
delt sich hierbei um das Mitbestimraungsrecht 
in Verwaltung und Wirtschaft sowie die Tarif 
vertragsfreiheit für alle Arbeitnehmer. Eis ist 
uns ja allen kein Geheimnis mehr, daß Gesetzes 
vorlagen über das Mitbestimmungsrecht bereits 
über zweieinhalb Jahre im Landtag liegen. Mit 
Empörung muß man feststellen, daß eine Regie 
rung, die soviel Reden von ihrem sozialen Ver-; 
ständnis macht — wir wollen dabei nicht über 
sehen, daß manches geschaffen wurde — es 
nicht fertig bringt, in zweieinhalb Jahren eine 
längst als berechtigt anerkannte Forderung aut 
Mitbestimmung in Verwaltung und Wirtschaft 
in die Tat umzusetzen. Man kommt nicht um 
hin, ein solches Verhalten von Regierung und 
Landtag in dieser Frage als eine üble bewußte 
Verschleppungstaktik zu brandmarken. Es be 
deutet eine glatte Mißachtung des Willens von 
rund 280000 Beschäftigten an der Saar. 
Wir verzichten auf eine öffentliche Belobi 
gung für unsere Arbeit, verzichten aber nicht 
auf die gesetzlich verankerte Anerkennung un 
serer Leistung. Das heißt, wir verzichten nicht 
auf Mitbestimmung. Wir schaffen die Werte 
und verlangen daher auch vollen Einfluß in 
Wirtschaft und Verwaltung. 
Mit der Tarifvertragsfreiheit ist es etwas an 
ders, und zwar deswegen, weil diese für die 
Privatwirtschaft bereits Anwendung findet. Die 
Arbeitnehmerschaft wird aber mit zweierlei Maß 
gemessen, nämlich Arbeiter der Privatwirtschaft 
und solche des öffentlichen Dienstes. 
In diesem Zusammenhang seien di® Erinne 
rungen an die Ereignisse der Vorweihn achtstage 
des vergangenen Jahres noch einmal wachgeru 
fen. Durch die geballte Kraft, di® durch die 
mustergültige Aktion am 13. Dezember 1951 
zum Ausdruck kam, sah sich der Ministerprä 
sident veranlaßt, zu dem Geschehen in einer 
Rundfunkansprache Stellung zu nehmen, um 
dort zu erklären, daß die Regierung sehr wohl 
wisse, daß in dem Lohngeschehen an der Saar 
die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes zu 
kurz gekommen seien. Weiterhin erklärte er, 
daß bereite eine Kommission zur Lösung der 
Lohn- und Gehaltsfragen im öffentlichen Dienst 
ihre Arbeit aufgenormaen habe. 
Allerdings geschah da® ohne Vertreter der 
Einheitsgewerkschaft, denn über sie war man 
damals sehr erbost. Später wurden dennoch die 
Vertreter der Einheitsgewerkschaft zu den Ver 
handlungen zugelassen. Erst in den Maitagen 
kamen die Verhandlungen zum Abschluß, und 
in getrennten Rundschreiben beider Gewerk 
schaften wurde das Ergebnis veröffentlicht, wohl 
mit dem Nachsatz, daß dieses Ergebnis noch der 
Zustimmung der Regierung bedürfe. Hier liegt 
der Hase im Pfeffer, denn hatten wir im öffent 
lichen Dienst die Tarifvertragsfreiheit, so wäre 
an dem erhandelten Ergebnis kein Deut mehr 
zu ändern gewesen. Leider aber sind wir immer 
noch ein Opfer der Tarifordnung. Allein da® 
Wort sagt alles. Man ordnet etwas an, wie der 
Arzt dem Kranken, ob es uns bekommt oder 
nicht. Und was verordnet« man uns? 
Den Angestellten: Keine Grundgehaltserhö 
hung, Bezahlung des Wohnungsgeldes nach fran 
zösischem Muster. Mit dieser Verordnung ist in 
keinem Fall die Forderung der Angestellten de® 
öffentlichen Dienstes erfüllt. Die Angestelltem 
halten ihre Forderung auf Erhöhung der Grund 
gehälter aufrecht. 
Fur die Arbeiterschaft im öffentlichen Dient»! 
tat man nichts zur Gesundung! Dieses Ergebnil 
steht im krassen Widerspruch zu oft beteuert«!» 
Erklärungen von Regierung und Landtag, so 
ziale Härten zn müdem. 
Gegen derartige Volksvertreter müssen wif 
uns als Arbeitnehmer entschieden zur Wehr 
setzen. 
Kollegen i Es genügt nicht, hier an diese» 
Stelle oder anderswo Feststellungen zu treffeo, 
sondern es ist höchste Zeit zum Handeln. Wer 
es nicht glaubt, der unterziehe sich bitte der 
Mühe und gehe in die Betriebe zu den Arbeit 
nehmern. Er wird dort sehr bald belehrt seüu 
Erinnern wir uns an unsere gewerkschaftlichem 
Vorfahren. Eifern wir ihnen nach, handeln wirl 
Helfen wir mit, durch positive Arbeit im ge 
sellschaftlichen Leben, da® Wohl und die Exi 
stenz aller Arbeitnehmer zu verbessern. Schaf 
fen wir eine Aktionseinheit aller Verbände und 
aller Berufsgruppen. Nur gemeinsam können 
wir unsere Ziele erreichen. 
Kollegen! Werbt Mitgliederl Jeder Arbeit 
nehmer an der Saar muß Mitglied unserer Ge 
werkschaft werden. Erfüllen wir künftig unsere 
gewerkschaftliche Pflicht noch besser als bisher 
und lassen wir uns nicht durch Miesmacher be 
irren. Schließen wir dicht unsere Reihen, dann 
werden Erfolge unser® Arbeit krönen. 
W. B-r. 
Einflußnahme auf die Staatspolitik 
Die sfeigende Kraft der Gewerkschaften 
Unter der wissenschaftlichen Leitung 
von Geheimrat Prof. Dr. Alfred Weber 
fand in Recklinghausen ein Europäisches 
Gespräch über das Thema ,,Die Gewerk 
schaften im Staat“ statt. Das Gespräch, 
fand allgemein ßtarke Beachtung, Im fol 
genden bringen wir eine kurze Zusam 
menfassung des gesamten Gesprächs. 
Die Gesprächsteilnehmer waren sich ei 
nig, daß die Gewerkschaften von der 
einfachen Aufgabe ausgegangen waren, 
die Lage der Arbeitnehmer im kapitali- 
schen Staat zu verbessern. Es ist kein 
ausschließlich materieller Ausgangspunkt, 
denn die Forderung nach Menschenrecht 
und Menschenwürde ist letztlich eine 
ethische Forderung. Aus diesem Bewußt 
sein haben die Gewerkschaften ihre 
steigende Kraft gezogen, und das ist 
auch das Besondere an ihnen gegenüber 
allen anderen Verbänden und Organisa 
tionen, 
Das Gespräch zeigte die Ausweitung der 
gewerkschaftlichen Idee, die über die So 
zialpolitik hinaus ein Recht zur Ein 
flußnahme auf die Wirtschaftspolitik 
geltend macht, und es zeigte weiterhin 
die notwendige Entwicklung bis zur Ein 
flußnahme auf die Staatspolitik. Daraus 
und aus der ursprünglichen Aufgabe wird 
das Eindringen der Gewerkschaften in 
das gesamte Leben gerechtfertigt. 
Referate und Diskussionen im Euro 
päischen Gespräch ergaben weiter ein 
deutig, daß die Gewerkschaften um ihrer 
Idee und um der zukünftigen Entwick 
lung willen in sich und innerhalb der 
Gesamtgesellschaft echte demokratische 
Organisationen bleiben müssen und darü 
ber hinaus verpflichtet sind, diese demo 
kratische Form den sich verändernden 
Zeit- und Gesellschaftsverhältnissen ent 
sprechend weiter zu mitwickeln. Bei aller 
notwendigen und verständlichen Kritik 
an der parlamentarischen Demokratie 
bleibt diese doch letztlich die notwen-, 
dige Grundlage der Entwicklung. Des 
halb auch muß sie von den Gewerk 
schaften gegen jeden Angriff totalitärer 
Bestrebungen mit allen Mitteln — not 
falls auch mit dem Mittel des General 
streiks — geschützt werden. 
Eine wesentliche und entscheidende 
Aufgabe für die Weiterentwicklung der 
Gewerkschaften und damit unserer Ge 
sellschaft — denn beide sind nicht mehr 
voneinander zu trennen — liegt im Be 
reich der Selbstverwaltung. In Zukunft 
muß gerade für sie und für die — wie 
es in einem Diskussionsbeitrag hieß — 
notwendig zu schaffende „Verfassung 
des 20. Jahrhunderts“ konstruktive Phan 
tasie, ja „der Mut zur Utopie“ vorhan 
den sein. 
Die Gewerkschaften haben gezeigt, daß 
sie bereit sind, offen und ehrlich über 
ihre Grundlagen zu diskutieren und ihre 
Aufgaben unter der Verpflichtung für 
das Allgemeinwohl zu sehen. Die Ge 
werkschaften fanden in diesem Ge 
spräch die Bestätigung ihres Anspruchs 
auf politische Wirksamkeit Die Diskus 
sion zeigte aber, daß ihr besonderes An 
liegen nur im Rahmen einer freien Or 
ganisation zu erfüllen ist, einer Orga 
nisation, die auch dem Staat gegenüber, 
gleich wo seine Regierung auch welt 
anschaulich stehen mag, ihre Freiheit 
und Unabhängigkeit bewahrt. 
Diese Freiheit gegenüber dem Staat 
setzt die Freiheit im Innern der eigenen 
Organisation voraus. Die Gewerkschaften 
haben immer danach zu streben, wie 
die Demokratisierung, d, h. die Mobili 
sierung, das Strömen machen der Kräfte 
von unten nach oben, die Ergänzung 
der Führungsschicht aus der Organisa 
tion, zu steigern ist 
Parlamentarismus, Parteien und Verbände 
In einem Spezial ref erat Dr. SternberJ 
gers heißt es: ,,Ea liegt einzig an uns, 
ob die Kris® der parlamentarischen Demokra 
tie eine Verfallskrise oder eine Wachstums 
krise ist oder wird. Parlamentarismus in sei 
ner reinen Form ist Selbstregierung des Vol 
kes mit dem Mittel des gewählten Parlamen 
tes, und es darf weder Schildwache der Re 
volution noch bloße Vertretung des Volkes 
sein. Dann verschwinden auch der latente 
Argwohn gegen eine starke Regierung, die 
Verachtung einer schwachen und die Sucht 
nach andersartiger Autorität, 
Eis ergibt sich, daß Parteiorganisationen in 
ihrem Streben nach Verantwortung und Macht 
sich zeitweilig zu Koalitionen verbinden, so 
daß die Regierungen bei uns nicht von Par 
lamenten, sondern von Parteivorständen ge 
bildet werden. Das führt zum Parteienstaat, 1 
einer Entartung der parlamentarischen De 
mokratie. Jeder Staat, worin die Partei oder 
einige Parteien herrschen, ist ein Parteien*! 
Staat. Wo aber die Parteien dienen, näm 
lich als Werkzeuge der Selbstregierung des 
Volkes, findet man die reine Form des mün 
digen Parlamentarismus. 
Das Bonner Grundgesetz hat in dem Ar 
tikel 21 versucht, die Stellung der Parteien 
zu bestimmen. Eis ignoriert aber di® Stel 
lung der gesellschaftliehen Ver 
bände im Staat und zum Staat. Diese Ver 
bände und Organisationen nun suchen mit ei 
ner Vielfalt von Mitteln direkten und indirek 
ten Einfluß auf die Parteien zu gewinnen, 
und sie schaffen damit eine intensive Ver 
flechtung. Die Parteien sollten eich aber be 
wußt sein, daß sie sich nicht mit partikularen 
Interessen von Verbänden identifizieren dür 
fen, wenn sie gewärtig und willig sein wol 
len, die gesamte Regierungsverantwortung zn 
übernehmen. 
Parlamentarische Selbstregierung des Vol 
kes ist dann die beste Regierungsform, wenn 
sie durch den Wechsel der Mehrheit und 
die „Zirkulation der Eliten“ di« Herrschaft 
selbst aufzulösen vermag. Die Krise des Par 
lamentarismus— in der Auffassung als Wachs 
tumskrise — muß die Gewerkschaften veran- 
Zur Vorrangstellung 
Professor Eugen K 0 g e n behandelte das 
Thema: 
„Die Gewerkschaften in der gegenwärtigen 
gesellschaftlichen Entwicklung.“ 
Professor K 0 g e n führte u. a. folgendes 
ans: Die gegenwärtige Gesellschaft ist eine 
Massengesellschaft mit quantitativen, qualita 
tiven und funktionellen Eigenschaften. Eines 
ihrer Hauptmerkmale ist die fast vollendete 
Internationalität. Die gegenwärtige Gesell 
schaft organisiert sich in Verbänden und In 
teressenvereinigungen die — sich überschnei 
dend — Ordnung zu schaffen suchen. 
Ein wesentliches Merkmal der heutigen de 
mokratischen Staatsform ist die doppelte Sou 
veränität, nämlich die des einzelnen und die 
der jeweiligen Nation. Die Einflußnahme der 
einzelnen and der Organisationen auf die po 
litischen Entscheidungen muß im Sinne des 
Allgemeinwohls getragen werden, denn da 
mR Gewebeschoner 
Seit JaUeen 
ih UöcUstec V&äenduw^ 
• Gründliche Steinigung 
des Gewebes durch Tiefenwirkung 
• Äußerste Schonung 
der Wäsche durch Faserschutz mittel 
das Ist es, was unsere Hausfrauen von 
Hexlm verlangen — und was ihnen 
Hexim seit Jahrzehnten «uch bietet! 
mm - hl süfchttiie Waschmittel te höchster Voileniiunn 
lassen, diese sogenannte liberale Demokratie 
zu verteidigen, zu stärken und fortzuentwick- 
len. 
Dr. Sierhberger schloß mit den Wörtern 
„In diesem Sinne möchte ich in der Tat den 
Gewerkschaftsbund als eine „demokratische 
Reserve“ verstehen, auf die wir uns getrost 
verlassen können und verlassen wollen.“ 
Danach referierte Geheimrat Prof. Dr. 
Alfred Weber über das Thema 
„Staat und gewerkschaftliche Aktien.“ 
Geheimrat Weber zeigte auf, was die Ge 
werkschaften in ihrer Besonderheit darstel- 
lcn und welche Stufungen ihre Aktionen vom 
Standpunkt der Staatsauffassung aus zulässig 
6ind. Weiter führte er u. a. aus: Weder der 
pluralistischen noch der juristischen Staats 
auffassung kann man es fiberlassen, echter 
Ausdruck gesellschaftlicher Wirklichkeit zu 
sein. Die grundlegende Ueberzeugung muß 
revidiert werden, daß der Staat ein Zustand 
ist. Denn inan muß den Staat als einen Pro 
zeß fortschreitender Integration sehen, die 
fortgesetzt vollzogen wird. In vielen Staaten 
wird dieser Integrationsprozeß statuarisch fi 
xiert. Die Statuten selbst aber dürfen nicht 
außerhalb dieses Prozesses stehen, sondern 
müssen durch eine qualifizierte Mehrheit ab 
geändert werden können. 
Es ist grotesk, die Gewerkschaften als oli- 
garchische Kräfte anzusprechen, denn die Ge 
werkschaften sind eindeutig ein demokra 
tischer Integrationsprozeß. Ihre Führungsspitze 
ist lediglich eine „technische“ und nicht we- 
sensbestitumend. 
Die Aufgabe der Gewerkschaften ist der 
Schutz der demokratischen Rechte der Men 
schen, die in ihnen zusainmengeschiossen sind, 
und zwar im materiellen und geistigen Sinne. 
Daraus ergibt sich ihre Forderung auf Mit 
bestimmung. Wenn wir die Gewerk 
schaften so ansehen, dann haben wir in ihrem 
Handeln ein Beispiel, wie es Vorkommen 
kann, daß eine Gruppe in ihrem Streben 
nach demokratischer Integration dem Staat 
voraneilt. Dann klopfen sie an die Tür des 
stählernen Paragraphentums und rütteln mit 
Recht daran. 
Beim Staat liegt normalerweise die Durch 
setzung der durch statuarische Regeln zu 
fixierenden Gestaltung; die Freiheit von Par 
lament und Regierung muß normalerweise 
respektiert werden. Beim Mitbestimmungsrecht 
geht es um etwas, das die ganze Existenz ei 
ner Gruppe von Menschen betrifft, nämlich 
dämm, 00 sie sich als Menschen eingeglie 
dert fühlen oder nicht. Eis gibt eben Fälle, 
in denen ein so demokratischer Integrations 
faktor wie die Gewerkschaften weitergehen 
kann, Fälle, in denen die staatliche Integra 
tion ira Bezug auf den Schutz der Demo 
kratie versagt. Dann kann der gewerkschaft 
liche Integrationsfaktor „vom Widerstands 
recht Gebrauch zu machen“, einem alten 
Recht, das erst vom autoritären Staat gestürzt 
worden ist. 
Außer diesem Widerstandsrecht 
gibt es eine Demonstrationsfreiheit, 
die aufmerksam machen soll. Es ist falsch, zu 
sagen, gewerkschaftliche Aktionen unterhöhl 
ten die Demokratie. Im Gegenteil, diejenigen 
gefährden die Deinokraatie, die ihre Herr 
schaftspositionen benutzen, um die im de 
mokratischen hitegrationsprozeß errungenen 
Fortschritte zuruckzuschrauben. 
der Gewerkschaften 
liegt der Quellbereich dessen, was wir die 
Legitimität der Politik nennen und wonach 
wir in Wahrheit Recht und Unrecht beur 
teilen, gleich ob es formal-legal ist oder 
nicht. 
Weitere Merkmale der gegenwärtigen Staats 
formen sind Konsitutionalität und Gewal 
tenteilung, wobei letztere heute nicht 
nur in Legislative, Exekutive und richterlicher 
Gewalt verfolgt, sondern auch noch die G e~ 
walt der öffentlichen Meinung be 
rücksichtigen muß. UeberschneLdungen der 
einzelnen Gewalten sind gefährlich, vor allem 
die aufkommende Tendenz, politische Entschei 
dungen der richterlichen Instanz zuzuschieben. 
Weitere Schwierigkeiten ergeben sich aus dem 
Fehlen einer systematischen Ausbildung des 
politischen Führungsnachwuchses. 
Zur Regierung und zur Mitbestimmung gibt 
cs zwei Möglichkeiten: die dynamischen Inte 
grationsprozesse und die Klassenherrschaft 
(oder -Vorherrschaft). Die bürgerliche Klasse 
hat sich mit der Postulierung der Gleich 
heit für alle selbst überschritten. Wir leben 
nun in einer Zeit der Klassenschwäche. Die 
alten Schichten haben keine Konzeption, die 
neuen haben zwar die Konzeption, aber noch 
nicht die Positionen, sie zu verwirklichen. 
In diesem Augenblick tritt die Restauration 
als ein etablierter Zwischenzustand ein. Sie 
hält sich als Zünglein an der Waage. Sie 
hat nicht die Kraft, gesellschaftliche und po 
litische Konflikte zu lösen, sondern blockiert 
praktisch den politischen Integrationsproz.ß. 
Entscheidend für die Berechtigung des Füh 
rungsanspruches einer Gese’tsehaftsgrunpc 
sind die gcsellschaftsfeildende Kraft, di« Lei 
stung für die Herstellung der materiellen Gü 
ter und die Kraft, ein gültiges Konzept L.r 
das ganze im Sinne des Allgemeinwohls zu 
entwerfen. Daraus ergibt sieh die Berechti 
gung der Vorrangstellung der Gewerkschalten 
und die Notwendigkeit für sie, po’itis'-h zu 
Bein. 
Wenn in diesem Gespräch erwähnt wurde, 
daß es Situationen gibt, in denen eine le 
gitime Illegalität mit Recht gegen eine ille 
gitime Legalität stehen kann, dann ist das 
eine durchaus richtige Erkenntnis, über deren 
sittliche Berechtigung das Gewissen und die 
Geschichte entscheiden müssen. Es ist eine 
gefährliche Erkenntnis, aber es gibt extreme 
Fälle, in denen ihre Wirklichkeit zur Not 
wendigkeit wird. Das Ja zur Notwendigkeit 
aber ist das Höchstmaß der Freiheit.
	        

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