7.1929 (0007)

Bibliographic data

Bibliographic data

Description

Persistent identifier:
1671265963
Title:
Der Saarkalender
Sub title:
ein Volksbuch für heimatliche Geschichtsforschung, Kunst, Naturwissenschaft, für saarländische Literatur, Statistik und Volkshumor
Place of publication:
Saarbrücken
Publisher:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
Structure type:
Periodical
Collection:
Saarlandica
Copyright:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek

Description

Persistent identifier:
1671265963_0007
URN:
urn:nbn:de:bsz:291-sulbdigital-510277
Title:
7.1929
Volume count:
0007
Place of publication:
Saarbrücken
Publisher:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
Structure type:
Volume
Collection:
Saarlandica
Copyright:
Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek
Language:
ger
Digitised pages:
201

Description

Title:
Gemischte Beiträge
Structure type:
Chapter
Collection:
Saarlandica
Digitised pages:
141

Table of contents

Table of contents

  • Der Saarkalender
  • 7.1929 (0007)
  • Cover
  • Title page
  • Zum Geleit
  • Preface
  • Kalendarium
  • Gemischte Beiträge
  • Start page
  • Inserate
  • Cover

Full text

Saarkalender für das Jahr 1929 
  
Der Zug lief programmäßig in Ueberdingen ein, einem verödeten, vom Schnee- 
treiben verdunkelten Bahnſteig mit einem engen Wartesaal, der die Beſchreibungen 
meines Detters an Menſchenüberfülle und einer Luft nach alten Kleidern, Tabak 
und Bier noch bei weitem übertraf. Ich erkundigte mich vorsichtshalber noch einmal 
nach meinem Zug und erfuhr, daß mein Fahrplan genau ſtimmte, ich hatte andert- 
halb Stunden Aufenthalt. Ich gah am Büfett meine kleine Handtaſche ab und ging 
hinüber nach der Badeanſtalt. Schon von weitem leuchtete mir freundlich eine grüne 
Laterne entgegen, ich ſah erhellte Fenster, die von warmem Dampf beſchlagen 
waren, wogende Dämpfe empfingen mich in dem Hausgang. Das Fräulein mit dem 
roten Haar an der Kaſſe hieß mich im Wartezimmer Platz nehmen und ſchritt mir 
voran, um das Bad zu richten. Heute war niemand von dem Perſonal anweſend, 
niemand schien zu baden, denn alle Zellen waren leer. Als ich den kleinen, halb- 
dunklen Warteſaal betrat, ſtolperte ich über etwas Weiches an der Erde, es war 
ein junger Hund, der zuſammengekauert neben dem Ofen lag. Heulend sprang 
das Tier mit einem Satz an meinem Knie herauf, und, ritſch, ratſch, biß es mir 
in die Hoſe. Mütend fuhr ich mit dem Stock auf dieſen Tiger los, der ſich mit Gebell 
und heulend immer wieder auf mich ſtürzte. Das rote Fräulein kam gelaufen. Ich 
zeigte ihr, was der Foxterrier angerichtet hatte. Ein Fetzen meines neuen Bein- 
Kleides hing herunter. Sie rang die Hände. „Ach Gott, es iſt ein ſo edles, feuriges 
junges Tier, ein Raſſehund, wir haben ihn da eingeſchloſſen. ich hatte ihn ganz 
vergeſſen, das Zimmer war dunkel, Sie haben ihn jedenfalls auf den Schwanz 
getreten.“ Auf den Schwanz getreten hatte ich ihn, das konnte ich nicht beſtreiten, 
aber wußte ich denn, was in der Dunkelheit in diesem Warteraum auf mich lauerte? 
„Es iſt mir gleichgültig, ob es ein Raſſehund iſt“, rief ich, „ich werde mich beſchweren, 
wo iſt das Buch, wo iſt der Dorſtand, iſt das hier ein Wartezimmer oder ein 
Hundeſtall ? “ 
Das Fräulein ſuchte zu beruhigen, „wir flicken's Ihnen zu, mein Herr, gleich 
nebenan wohnt ein Schneider, der Schaden iſt ja raſch repariert, ich trag's ihm sofort 
hinüber. Gehen Sie derweil nur in Ihr Bad . . .Û 
Was blieb mir übrig? Das Badezimmer ſah einladend aus, erwärmt und hell, 
mit freundlichen weißen Kacheln, ein dampfendes, warmes Bad wartete auf mich. 
In ſtummer Empörung ſchloß ich mich in meine Zelle ein und reichte der wartenden 
Dame das beſchädigte Kleidungsstück heraus, ſie verſchwand damit. Das Bad war 
angenehm, aber etwas warm, in der Aufregung hatte das Fräulein jedenfalls zu 
viel heißes Waſſer laufen lassen, gleichviel, ich ſtieg hinein. Aber ich blieb nicht 
lange darin, es war, als würde man gekocht, ich ſprang bald wieder heraus und 
kleidete mich an bis auf das bewußte Stück. Das rote Fräulein kam nicht wieder. ... 
Der heiße Dampf wurde mir unerträglich, es wurde heißer und heißer in der engen 
Zelle. Die Dämpfe ſtiegen wolkenartig geballt in die Höhe, man saß wie in einem 
Brutofen . . . Ich läutete. Das Gebimmel hallte in den leeren Gängen, aber niemand 
rührte ſich. Ich horchte an der Tür, alles blieb ſtill. Die Dame hatte die Haustür 
hinter ſich offen gelaſſen, ein kalter Zugwind wehte mir entgegen, ein Weihnachts- 
lied ward hörbar, das in einem Nachbarhaus angeſtimmt wurde . . . Stille Nacht . . . 
Eine etwas verfrühte Beſcherung. Ich ſchloß die Tür wieder, die Hite wurde immer 
toller, ich kurbelte an der Heizung, ich wollte abſtellen, doch es wurde immer 
heißer . . . Mein Kopf ſah rot wie ein Krebs in dem angelaufenen Spiegel aus, 
ich ſchüttelte die Fäuſte und lief in der Zelle auf und ab wie ein Gefangener, ich 
40 
 
	        

Cite and reuse

Cite and reuse

Here you will find download options and citation links to the record and current page.

Volume

METS METS (entire work) MARC XML Dublin Core RIS IIIF manifest Mirador ALTO TEI FULLEXT PDF DFG-Viewer OPAC

Chapter

PDF RIS

Image

PDF JPEG Master (TIF) ALTO TEI FULLEXT

Image fragment

Link to the viewer page with highlighted frame Link to a IIIF image fragment

Citation links

Citation link to work Citation link to page

Image manipulation tools

Tools not available

Share image region

Use the mouse to select the image area you want to share.
Please select which information to copy to the clipboard by clicking on the link:
  • Link to the viewer page with highlighted frame
  • Link to a IIIF image fragment
Fullscreen Logo Full screen
  • First image
  • Previous image
  • Next image
  • Last image
  • Show double pages
  • Rotate to the left
  • Rotate to the right
  • Reset image to default view
Use the mouse to select the image area you want to share.
Please select which information to copy to the clipboard by clicking on the link:
  • Link to the viewer page with highlighted frame
  • Link to a IIIF image fragment