196 Jetzt hätte ich etwas, nein, viel sagen müssen. Es war jedoch zu spät dazu. Sie mußte ins Kino. Wenn sie nicht oft genug ins Kino kommt, macht ihr das Leben keine Freude. Ihre Freude hatte für mich einen bitteren Nachgeschmack. Sie konnte in dieser und den folgenden Nächten nicht mehr schlafen, wenn nicht jemand, zur Not ich, in ihrer unmittelbaren Nähe war. Sie hatte nämlich einen Horrorfilm gesehen, in dem regelmäßig um Mit= ternacht ein Mörder sein Opfer aufsucht. Wenn sie durch die nächtlichen Aufregungen auch nie ganz arbeitsfähig war — sie versicherte es je= denfalls —, so entwickelte sie in den kommenden Tagen doch in der Aufnahme von außerhäuslichen Kontakten eine fieberhafte Tätigkeit. Ich hörte es zuerst an einem schrillen Pfiff, ähnlich denen, wie sie überbelastete Zuschauer im Theater ausstoßen In der Küche sah ich nur noch Beine und Petti= coats. Alles übrige hing zur Freude meiner Nach= barn auf dem Fenster und pfiff — gleichberechtigt, wie wir Frauen heute nun mal sind. Ein Rad= fahrer drehte unten einsame Kurven. Er muß den Anpfiff dankbar begrüßt haben. Denn vom nächsten Einkauf kam sie in seiner Begleitung heim. Sie war fest entschlossen, dem gleichen Club beizutreten, dem auch er angehörte, er, dessen Namen sie allerdings noch nicht wußte. Daß sie für die gesellschaftlichen Verpflichtungen, wie sie solche Vorhaben und der Stadtaufenthalt ohnehin mit sich bringen, nicht ganz ausgerüstet war, hatte ich schon ziemlich schnell gemerkt. Das Ausmaß ihres Nachholbedarfs offenbarte sich je= doch erst später. Anfangs benutzte sie nur meine Taschentücher: „Ich habe bloß zwei bei mir, damit mein Gepäck nicht so schwer ist." Später nahm s:e ohne weitere Hemmungen meine Schals, mei= nen Schirm, meine Tasche; sie benutzte meinen Nagellack, mein Parfüm, meinen Lippenstift. Als sie auch meine Schuhe anzog, fand ich es an der Zeit, zu reklamieren. Sie nahm meine Worte sehr nett auf: „Sie dürfen auch meine Zahnpasta be= nutzen, und — was die Schuhe angeht — Sie haben ja so viele." Nach ihrer Probezeit schickten wir sie wieder heim. Sie weinte sehr. Es gefiel ihr nämlich gut bei uns, und in der Stadt machte man sein Glück eher als auf dem Lande. Mir tat es leid, daß sie weinte. Aber wir hielten sie nicht mehr aus, viel= leicht, weil zu vieles an ihr unangenehm typisch war, vielleicht auch, weil wir uns nicht ganz un= schuldig an so manchem Typischen fühlten. cvtxdx ct PREISWERTE MÖBEL Bettnässen ist keine schlechte Angewohnheit, son dern ein Übel, das der Behandlung bedarf. „Hicoton" ist seit Jahrzenten bestens bewährt gegen das Leiden! Preis DM 2,65. Zu haben in allen Apo theken, wo nicht, dann Rosen-Apotheke, (13b) München 2, Rosenstraße 6 (auch Versand).