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scheint schon sehr früh ein besonderes Augen
merk aui die Erziehung seiner beiden Univer
salerben gerichtet zu haben, wenn er den beiden
eine eigene Wohnung im Schloß einräunUe.
Außerdem befand sich bei den Räumlichkeiten
Graf Johanns ein besonderes Gemach, die
„Schule“ genannt, zu der die Kammer des Prä
zeptors (Lehrers) gehörte. So finden wir in die
sem Inventarverzeichnis also auch die ersten
Spuren einer Schule, die die Stadt Homburg
aufzuweisen hat, eine Fürstenschule, wenn auch
im kleinsten Format zur Erziehung der nassau-
weilburgischen Erbprinzen. Graf Johann IV. hat
als Christ in kaiserlichen Diensten nicht nur
eine Erfahrung im Kriegsdienst gesammelt. Wir
wissen, daß er in dieser Eigenschaft am kaiser
lichen Hofe auch mit diplomatischen Aufgaben
betraut wurde. Aber darüber hinaus hat er an
den geistigen Auseinandersetzungen seines Jahr
hunderts regen Anteil genommen. Das Schloß
besaß keine Bibliothek, dafür hatte er sein Schlaf
zimmer, in welchem sein eingelegtes Bett mit
rotem Umhang stand, zu einer Bibliothek ge
macht. Für ihre Zeit w j ar die erste Homburger
Bibliothek sehr ansehnlich und gereicht dem Be
sitzer zur Ehre. E ( s dürften wohl an hundert
Bände in deutscher, lateinischer und französi
scher Sprache gewesen sein. Unter den Schriften
befinden sich in überwiegender Zahl Auslegun
gen und Predigten zur heiligen Schrift. So wer
den unter anderm zehn Postillen des Mainzer
Dompredigers Wilhelm Wild genannt, der Kate
chismus des Bischofs von Meersburg, bei wel
chem Graf Johann einige Zeit weilte, als Moritz
von Sachsen gegen den Kaiser losbrach und er
selbst als Befehlshaber eines Regiments Lands
knechte in der Nähe des Bodensees weilte. Zwei
Bücher über die Anrufung von Heiligen tragen
den Vermerk, daß sie ein Geschenk des Kon-
stanzer Bischofs, der damals in Meersburg resi
dierte, an den Grafen sind. Die Werke Luthers
sind nicht vollständig vorhanden, es werden nur
der 2., 3., 5. und 6. Teil aufgeführt. Graf Johann
IV. hat die Reformation in seinen Landen noch
nicht eingeführt, war aber tolerant in Hinsicht
der mancherorts eingeführten Reformversuche.
Von Sebastian Franck (1499 — 1543), der für
seine Zeit eine uneingeschränkte Glaubensfrei
heit vertrat, stand das Werk „Chronika“ Welt
geschichte doppelt in der Bücherei. Ein Bruder
Johanns, Graf Philipp, der 1554 starb, pflegte
abwechselnd seine Wohnung in Homburg und
Saarbrücken zu halten. Dieser Graf Philipp be
rief auch den ehemaligen Kanonikus und Arzt
Hieronymus Bock als Leibarzt nach Saarbrücken.
In Dankbarkeit widmete Hieronymus Bock sein
berühmtes botanisches Werk „Neues Kräuter
buch“ in der dritten mit Holzschnitten versehe
nen Auflage dem Bruder Johanns. Ein Exem
plar dieses Werkes enthielt auch die Homburger
Bibliothek.
Eine weitere Stube, die für Graf Johann vor-
Schloß Homburg mit Tiergarten nach Andreae
Die Mode der zweiten Hälfte des 16. Jahrh.