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Gipsbergbau im18.Jat|ttiuntiert
Ein Kapitel aus der Frühzeit der Industrie im Bliestal
Von Plärrer K. Fischer, Breitlurt/Saar
D as Bliestal südlich Webenheim-Blieskastel
gehört nach seiner Bodenbeschaffenheit zu
dem nördlichen Ausläufer der Lothringer
Muschelkalkplatte. So wichtig wie die Kohle für
unsere Industrie ist, so wichtig ist auch der Kalk
und es ist darum verständlich, daß der Mensch
auch die Bodenschätze unseres südlichen Blies-
tals zu nutzen bestrebt gewesen ist. Die Kalk
steinbrüche in den Lagern des Trochitenkalkes
sind heute noch die wichtigsten Faktoren der
Industrie im Bliestal. An vielen Orten erinnert
allerdings nur noch der Flurnamen am „Alten
Kalkofen“ an die Gewinnung des Kalks in
früheren Zeiten. Ein weiteres Produkt des
Muschelkalkgebietes ist der Gips in den mitt
leren Schichten des Muschalkalks, die im Blies
tal südlich der Linie Mittelbach — Breitfurt —
Biesingen — Ensheim beginnen. Hier finden wir
linsenförmige Lager von Gips, aber auch Bänder
und Schnüre von 10—15 cm Mächtigkeit. Ent
sprechend den großen europäischen Fürsten
höfen des 18. Jahrhunderts waren auch die
Kleinstaaten um Hebung und Selbständigkeit
des wirtschaftlichen Lebens ihres Landes be
müht. In jener Zeit gehörten weite Landstriche
des Bliestals zum Herzogtum Zweibrücken. So
versuchen im Jahre 1726 zwei Bliesransbacher
Einwohner — Nickel Bauer und Peter Lampert
— von der herzoglichen Kanzlei in Zweibrücken
die Genehmigung zu erhalten, auf einem Blies
ransbacher Berg in der Nähe der Blies Gips
schürfen zu dürfen. Die Zweibrücker Regierung
hatte ein Interesse an diesem Bergbau, da der
Herzog Gustav Samuel Leopold zu dieser Zeit
gerade den neuen Zweibrücker Schloßbau be
gonnen hatte. Nach Empfang des Gesuches der
Bliesransbacher forderte die herzogliche Kanzlei
eine Probe des Bliesransbacher Gipsfundes
zum Zwecke der Untersuchung an. Das Gut
achten fiel allerdings niederschmetternd aus,
denn die Probe enthielt gar keinen Gips, und
die beiden Einwohner von Bliesransbach nahmen
von ihrem Vorhaben Abstand.
Zu einem regelrechten Gipsbergbau sollte es
erst unter dem Nachfolger Herzog Samuels
kommen, nämlich unter der Regierung des auf
vielen Gebieten reformfreudigen Herzogs
Christian IV. von 1742—1775. Auf Veranlassung
des Zweibrücker Baudirektors suchte der Gips
stoßer Christian Spieß nach Gipsablagerungen
im Bereich des Bliestals und 1753 gelang es
ihm, auf der Höhe des Kahlenbergs zwischen
dem Kahlenberger und Freishauser Hof eine
abbaufähige Gipsgrube zu entdecken. Aber
Spieß mußte der fürstlichen Rentkammer unter
Bitten und Flehen klar machen, daß jeder
Arbeiter seines Lohnes wert ist. In den Bitt
schriften um seinen Lohn schildert er, wie er
bereits schon lange Zeit für die zweibrückische
Herrschaft Gips geklopft und gebrannt habe.
Dann sei er auf den „bärtmännischen" Gedanken
gekommen, daß im Herzogtum selbst Gips vor
handen sein müsse. Er unternahm daher gemein
sam mit seinem Sohn Untersuchungen und fand
glücklich den guten Gips „mit schwerer Arbeit
und viel Gefährlichkeit" bei Breitfurt an dem
Kahlenberg. Bereits sechs Wagenladungen Gips
waren nach Zweibrücken gebracht worden und
die angestellten Untersuchungen ergaben, daß
der „einheimische Gips" dem „ausländischen"
in nichts nachstand und in üblicher Weise ver
wendet werden konnte. Wie versprochen sollte
nun der Zweibrücker Frohn-Schaffner dem Gips
bergmann für den gelieferten Wagen Gips
12 Batzen bezahlen. Wiederholt mußte Spieß
dem Schaffner Exter in Zweibrücken klarmachen,
daß er in dem Berg Leib und Leben daran ge
wagt habe, bis er an den Gips gekommen sei.
Um welchen Lohn mußte nun Spieß kämpfen
und ringen? Wir wollen es uns klarmachen
durch den entsprechenden Naturalwert da
maliger Zeit. Ein Paar Zugochsen kosteten
100 Gulden. Dafür wollen wir heute 150 000,—
Franken annehmen. Ein Gulden hatte 15 Batzen.
Für die Wagenladung Gips erhielt Spieß für sich
und seinen Sohn also 1200,— Franken. Ein
wohl verdienter, aber doch recht karger Lohn.
Nachdem die fürstliche Rentkammer von dem
Erfolg, den Spieß hatte, vollkommen überzeugt
war, ergriff sie umgehend Maßnahmen zur ord
nungsgemäßen Ausbeutung der Grube und be
gann den staatlichen Gipsabbau auf dem
Kahlenberg. Mit den Untertanen, die das Land
an der Gipsgrube bebauten, wurde man einig
durch Zahlung einer Entschädigungssumme und
mit den Grafen von der Leyen, die ebenfalls bei
der Gipsgrube Land besaßen, wurde ein Ge
bietstausch vorgenommen. Das herzogliche Bau
amt, unter der Leitung des Kammerjunkers
Bernstein und Baudirektors Haut, nahm den
Abbau des Gipses in seine Regie. Hinsichtlich
der Verarbeitung des Gipses, der bis dahin
handmäßig zerkleinert wurde, dachte man nun
an eine maschinelle Zerstoßung und verwandelte