sondern bald darauf wurden verschiedene
Bahnen gebaut. Der Bauernwälder Schienen¬
weg und die Grubenbahn im Muttental
müssen daher als die ersten Eisenbahnen des
europäischen Kontinents angesehen werden.
Man sollte kaum glauben, daß der moderne
Förderwagen des Bergmanns — der „Gruben¬
hunt“ oder „Hunt“ unserer Altvordern —
eine so interessante Geschichte hinter sich
hat. In der Bergmannssprache hat das Wort
Hunt, das im Gotischen „hunds“, in alt- und
mitteldeutscher Sprache „hunt“, lautet, seine
eigene Bedeutung. Der Grubenhunt ist ein
länglicher, viereckiger, oben offener Kasten.
Er ruht auf einem Gestell mit vier Rädern.
Sein Zweck besteht darin, Erze, Gesteins¬
oder Kohlenmassen, die in der Erde Schoß
gewonnen sind, ans Tageslicht zu fördern.
Im Bergbau hat das Förderwesen von jeher
eine ganz besondere Bedeutung gehabt. In
uralten ägyptischen Goldgruben, in spani¬
schen Silberbergwerken aus grauer Vorzeit
und längst vergessenen cyprischen Kupfer¬
minen bediente man sich als Fördergefäße
geflochtener Säcke oder aus Brettern zu¬
sammengefügter Tröge sowie kleiner Kessel
aus Blech. Sie sind die Vorfahren des Gruben¬
huntes. In den engen Strecken und Stollen
der Alten zogen die Förderleute jene Gefäße
entweder kriechend auf allen Vieren hinter
sich oder trieben sie stoßend vor sich her.
Jahrhundertelang mußte diese Arbeit meist
von ungelernten, jüngeren Knappen ausge¬
führt werden. Sie galt als die niedrigste Ar¬
beit, sogar als Strafe. Hatte sich z. B. ein
Bergmann einer höheren Klasse eines Ver¬
stoßes gegen die Hegeln des Bergbaues oder
Vergehens gegen gute Sitten und Gebräuche
zuschulden kommen lassen, so wurde er zur
Arbeit des „Hunteziehens“ oder „Hunte¬
stoßens“ verurteilt. Er wurde dadurch in die
unterste Klasse der Arbeiter degradiert. Fer¬
ner bekam er den niedrigsten Lohn. Er war
„auf den Hunt“ herabgesetzt, „auf den Hunt
gekommen“. Noch heute gebrauchen wir in
diesem Sinne diese Redensart, wenn zum
Ausdruck gebracht werden soll, daß einer
aus besseren Verhältnissen in schlechtere ge¬
raten oder heruntergekommen ist.
Den „Hunt laufen“ heißt, mit dem Hunte
fördern. Die Schienengleise, auf denen der
Hunt lief, wurden von den alten Bergleuten
mit „Huntslaufe“ bezeichnet.
Jene primitiven Fördermittel bestanden im
alten Laurischen Bergbau aus ledernen
Säcken. Bis auf den heutigen Tag haben sie
sich in kleinasiatischen Silbergruben von
Günüsh-Chane erhalten. Dort bringen För¬
derleute ihr gewonnenes Erz in Ziegenleder¬
säcken wie in einer Jagdtasche zutage. Auch
in Sibirien sind sie bis heute noch in Ge¬
brauch. Aus dem vorgeschichtlichen Hall¬
städter Salzbergbau sind Funde von Förder¬
gerätschaften gemacht worden, die aus Trag¬
säcken von rohen, nicht enthaarten Rinder¬
fellen bestehen. Eine Abart dieser Tragsäcke
sind sogenannte Schlepptröge, die man auf
ebener Sohle rutschend fortbewegte, womit
größere Massen transportiert werden konnten.
Ein in Asturien gefundener Trog besteht aus
einem ovalen Boden, an dem mittels Holz¬
nägel ein niedriger Rand befestigt ist. Ferner
befindet sich an ihm der Rest eines Leder¬
griffes zum Schleppen. Bei der Schachtförde¬
rung, d. h. bei der senkrechten Förderung
nach oben oder unten, geschah der Transport
des Fördergutes durch Handreichung der
Tragsäcke. Sklaven, die auf Spreizen in der
Schachtröhre saßen, reichten sich diese von
Hand zu Hand zu. In flachen oder tonlägigen
Schächten wurden sie auf dem Rücken her¬
ausgetragen, Es ist erfindlich, daß mit diesen
primitiven Fördermitteln die jedesmalige För¬
dermenge nicht sehr erheblich gewesen sein
konnte und nicht viel mehr als höchstens
50 Pfund betragen haben mag. Auch ließen
sich mit dem späteren Grubenhunt, dessen
winzige Räder aus Holz bestanden, und die
auf hölzernen Huntslaufen fortbewegt wur¬
den, nur geringe Mengen erfassen. Als man
später dazu überging, den zu fördernden
Bergsegen an Seilen zutage zu ziehen, und
Pferde und andere Tiere zum Seilziehen ver¬
wandte, mußte an einer Verbesserung der
alten Grubenhunte in all ihren Abarten ge¬
dacht werden. Ebenso wie die Huntslaufe
eine Erfindung deutscher Bergleute war,
wurde auch der moderne Förderwagen von
deutschen Meistern des Bergbaues erdacht.
Vor etwa 150 Jahren wurden sie von dem
deutschen Kunstmeister MencTe und Berg¬
geschworenen Baldauf erstmalig gebaut und
auf einer Kobaltgrube bei Schneeberg ver¬
wandt. Seitdem hat sich diese deutsche Kon¬
struktion auf der ganzen Welt eingebürgert
und so dem Bergmann sein hartes Los we¬
sentlich verbessern helfen.
Wer einen falfchen Begriff oom Glüch hat, hat auch immer
einen falfchen Begriff uon Pflicht. Pflichterfüllung ergibt fleh fo
felbfluerflänölich unö fo leicht, rcenn man nur roeiß, öaß man
nicht zum Nichtstun, fonöern zur Tätigheit geboren rouröe.
Johann Göttlich Fichte
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