RCMAWNS
Fördermaschinen, elektr. u. Dampf
Seilscheiben
Haspel
Kalben-Kompressoren
Dampfmaschinen
Rohrleitungen
Hochdruckschieber
Behälter für Gas und Flüssigkeiten
Saarbrücker
Bergmannskalender
für das Jahr
1942
»
JAHRGANG 70
Herausgegeben von der
Saargruben-Aktiengesellschaft in Saarbrücken
1 51- «MQ :
l/nrversitätsb ibliöAhe k
Saarbrücken
* —r-^7S
Der Saarbrücker Bergmannskalender 1942 wurde herausgegeben von der Saargruben-Aktien-
gesellschaft in Saarbrücken 2, Trierer Straße 1. Verlag, Satz und Druck übernahmen die Saar-
deutsche Verlagsanstalt G.m.b.H., Saarbrücken 3, Königin-Luisen-Straße 1 (vormals Saarbrücker
Druckerei und Verlag AG. in Saarbrücken 3, MdRdA. u. ABG. Nr. L. 468/36.) G. 27. 9. 41.
Bearbeitung, Zusammenstellung und verantwortlich für Text und Bilder: Hauptschriftleiter
August Schmidt, Saarbrücken 3. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Wilhelm Ziegler, Saar-
brücken 2.
Das Umschlagbild wurde von dem Maler Karl Hussong aus Neunkirchen geschaffen, die
Illustrationen zum Textteil zeichnete Jakob Schug, Saarbrücken 1. Die Bilder zum Kalendarium
sind dem Bildarchiv der Saargruben-AG. entnommen und zeigen Werksanlagen der Saargruben
vor mehr als 50 Jahren, aufgenommen durch das Atelier Louis Gänsch in St. Johann-Saar.
Mindestauflage: 62 000 Stück. — Preis im Buchhandel RM. 1.—. Anzeigenpreisliste Nr. 2
1/1 Seite kostet RM. 600.—, die Umschlagseite RM. 750.—, die Kartonseite RM. 975.—.
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We
enn wir diesen letzten Feldzug über-
blicken, dann wird uns erst wieder so recht
bewußt, welche Bedeutung der besten
Ausbildung des Soldaten, aber auch
ihrer besten Ausrüstung zukorpmt.
Es ist soviel Blut gespart worden, nur weil
vorher sehr viel Schweiß geopfert wurde.
Auch der beste Soldat muß scheitern, wenn
ihm eine schlechte oder ungenügende
Waffe in die Hand gegeben wird. Das
Leben vieler unserer Söhne liegt deshalb
in den Händen der Heimat. Auch
ihr Schweiß kann das Blut unserer Soldaten
ersparen. Es ist daher die höchste Pflicht
des deutschen Volkes, im Blick auf unsere
kämpfende Front alles zu tun, um ihr die
Waffen zu geben, die sie benötigt.
DER FÜHRER AM 4. MAI 1941
I
JANUAR
FEBRUA
R
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31
Donnerstag Freitag W Samstag Äeujahr 1834 Beseitigung d. innerdeutschen Zollgrenzen 1777 Christian Rauch, Bildhauer, geb. 1912 Felix Dahn. Schristffeller, gest.
Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstags 1785Jakob Grimm, Sprachforscher, geb. 1919 Gründung der Deutschen Arbeiterpartei 1831 Generalpostmeifler Stephan geb. 1794 Zustus Möser, Geschichtsschreiber, gest. 1927 H. St. Chamberlain, Gchriststeller. gest. 1920 Inkrasttreten des Versailler Diktates
Sonntag Montag Dienstag M ttwoch Donnerstag Freitag -W Samstag Eintopfsonntag 1923 Ruhreinbruch der Franzosen u. Belgier >893 steim. Göring u. '2>lsr. stosenberg geb. 1935 Saarabstimmung 1930 Mordanschiag aut Horst Wessel 1933 Wahlsieg der NSDAP. in Lippe >901 Arnold Böcklin, Maler, gest. 1318 Erwin v. Gteinbach, Baumeister, gest.
Sonntag Moniaq Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag 3 1871 Relchsgründungstag 1576 Hans Sachs, Dichter, gest. 1934 Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit 1872 Franz Grillparzer, Dichter, gest. 1729 Gottb. Ephr.Lefsing, Dichter, geb. 193c« Nationalsozialist. Regierung i. Thüringen 1712 Fried. d. Gr. geb. 1932H.Norkus ermord.
Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag 1077 Kaiser Heinrich IV in Canossa 1756 Wolfg. Amad. Mozart, Komponist, geb. 1923 Erster Parteitag d. NSDAP. i. München 1860 Ernst Moritz Arndt, Dichter, gest. 1933 Adolf Hitler wird Reichskanzler
2. 3an. 1941: Grubenunglück auf Grube Frankenholz.
1». Jan. 1925: Das Saargebiet wird ganz in das franz. Zollgebiet
eingegliedert. — 15. Jan. 1935: Verkündung des Ergebnisses der
VolksabiOmmung an der Saar: 99,75 proz. der Stimmen sind
für Deutschland. — 18. Jan. 1920: Uebergang der Saargrubcn in
de" Besitz Frankreichs. — 28. Jan. 1997: Schlagwetter- und
Kohlenstaubexplosion auf Grube Reden. 150 Tote.
1 Sonntag T 1933 Erster Dieriahrrsplan
2 Montag 1829 Alfi ed Brehm, Naturforscher, geb.
3 Dienstag 1721 General v. Seydlih geb.
4 Mittwoch 1936 Ermordung Wilhelm Gustloffs
6 Donnerstag 1685 Ioh. Fr.Böttger, Erf. d. Porzellans, geb.
6 Freitag 1813 Aufruf isorcks an die ostpreuß. Stünde
7 Samstag 1915 Winterschlachl ln Masuren
8 Sonntag (£ Eintopfsonntag 1871 Moritz v. Schwind, Maler, gest.
9 Montag 1905 Adolf v. Menzel. Maler. gest.
10 Dienstag 1920 Abstimmung in Nordschleswig
11 Mittwoch 1927 Saalschlacht i. d.pharuesülen zu Berlin
12 Donnerstag 1804 Immanuel Kam, Philosoph, gest.
13 Freitag 1883 Richard Wagner, Komponist, gest.
14 Samstag 1468 Gutenberg, Erf. d. Buchdruckerkunst, gest.
15 Sonntag D 1763 Friede von Hubertusburg
16 Montag 1620 Friede. Wilhelm d. Große Kurfürst geb.
17 Dienstag 1827 Job. Heinr. Pestalozzi, Pädagoge, gest.
18 Mittwoch 1546 Martin Luther gest. sFastnachi
19 Donnerstag 1473 Nikolaus Kopernikus, Astronom, geb.
20 Freitag 1810 Andreas Hofer v. d. Franzosen erschossen
21 Samstag 1916 Beginn der Schlacht bei Verdun
22 Sonntag 1788 Arthur Schopenhauer, Philosoph, geb.
23 Montag 3 1930 Horst Wessel seinen Verletzungen erlegen
24 Dienstag 1920 Verkünd d.parteiprogr. d. Adolf Hitler
25 Mittwoch 1916 Erstürmung von Fort Douaumont
26 Donnerstag 1924 Beginn des Hitler-Prozesses
27 Freitag 1925 Wiederbegründunq der NSDAP.
28 Samstag 1833 Generalstabschef Graf v. Schliessen geb.
1. Febr. 1921: Errichtung eines Knappschastsversicherungsamtes
für das Saargebiet.
5. Febr. 1923: 72000 Gaarbergleute treten in den Abwehrstreil,
der 100 Tage dauert.
9. Febr. >936: Die Ledrknappen u. Bergjungleutc der Saargruben
nebmen zum l. Mal am Reichsberufsweitkampf teil.
10. Febr. 1933: Gasometer-Explosion in Neunkirchen fordert
68 Todesopfer. - 15. Febr. 1935: Ueberleitung de> Saarknapp-
schaff in die Reichsknappschast. — 15. Febr. 1888: Schlagwetter-
explosion auf Grube Kreuzqräben(Brefeld) 41Tote. —28. Febr. 1924:
Regierungskonrmifsion verbietet für das Saargebiet die NSDAP.
4
J
Teil der
Grube Kohlwald
mit Zechenhaus
MÄRZ
1 2 3 4 5 6 7 Sonntag Montag OienstaaZ) Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag 1935 Rückkehr des Gaarlandes 1689 Die Franzosen verwüsten Heidelberg 1918 Friede von Brest-Litowsk 1935 Hans Schemm gest. 1930 Großadmiral v. Tirpltz gest. 1936 Wiedcrherstell. der Wehrhoheil!. Rhein!
8 Sonntag Eintopfsonntag 1912 Graf Zeppelin gest.
9 Montag C 1888 Kaiser Wilyrlm I aest.
10 Dienstag 1813 Stiftung des Eisernen Kreuzes
11 Mittwoch 1888 Raiffeisen sländl. Oarlehnslassen) gest.
12 Donnerstag 1822 Wilhelm Frick geb.
13 Freitag 1938 Wicdervereiniq. Oesterreichs mii d. Reich
14 Samstag 1803 Friedr. Goitl. Klopstock, Dichter, gest.
15 Sonntag tzeldengedenktag 933 Giea Heinrichs I ln der Ungarnschlacht
16 Montag Dienstag 1935 Wicbereinführuna d. allgem. Wehrpflicht
17 1939 Errichtung des Protektorats Böhmen und 1813 Aufrut „Än mein Volk" sMähren
18 Mittwoch 1813 Friedrich Hebbel, Dichter, geb.
19 Donnerstag 1823 Max Reger, Komponist, geb.
20 Freitag 1220 Friedlich Hölterlein, Dichter, geb.
21 Samstag 1933 Tag von Poisdam
22 Sonntag Tag der „Verpflichtung der Fugend"
1939 Rückgliederung des Memellandes
23 Montag 1868 Dietrich Eckart, Dichter, geb.
24 25 Dienstag Mittwoch 3 1902 Ernst v. Bergmann, Chirurg, gest.
26 Donnerstag 1822 Ludw. van Bee'hovcn, Komponist, gest.
27 Freitaa 1845 Wilh.Conr. Röntgen, Physiker, geb.
28 Samstag >884 Gründ, der Kolonialges. von Karl Peters
29 Sonntag 1934 Landjahrgeseh
30 Momag 1559 Adam Riese, Rechenmeister, gest.
31 Dienstag 1923 Franzosen erschießen in Essen 13 Arbeiter
l.Dldrj 1935: Rückkehr der Saargruben in den Besch des Reiches.
Adolf Hitler ln Saarbrücken. — Goulei'er Bürckel Reichskommissar
für das Saarland — 9. März 1936: Einweihung des Ehrenmals
für die im Weltkriege getollenen Saarbergleute in der Hauptver-
waltung in Saarbrücken. — 15. März 1902: Seilbruch auf dem
Mawildeschach . 22 Tote. — 18 März 1885: Schlagwetterexplosion
auf Grube Camphaujen. 180 Tote.
APRIL
1 2 3 4 Mittwochs Donnerstag Freitag Samstag 1232 Foseph Haydn, Komponist, aev. 1815 Reichskanzler Otto v. Bismarck aeb. 242 Karl der Große geb. fKarfreitag 1892 Foh. Brahms, Komponist, gest. 1823 Wilhelm o. Siemens, Fng., geb.
5 6 7 8 9 10 11 Sonntag Montag Dienstag Mittwoch C Donnerstag Freitag Samstag Ostersonntag 1223 Foh. Fischer v. Erlach, Baumeister, gest. 1528 A. Dürer, Maler, gest. Ostermontag 1348 Gründ. d. ersten deutsch. Universität Prag 1835 Wilh. v Humboldt, Sprachforscher, gest. 1940 Besetzung Dänemarks und Norwegens 1933 Herm. Göring Prevß. Ministerprästdent 1814 Napoleon I. n. d. Fnsel Elba verbannt
12 13 14 15 16 17 18 Sonntag Montag Dienstag Mittwoch D Donnerstag Freitag Samstag 1809 Andreas Hofer erstürmt den Berg Fsel 1284 Generalfeldmai schall Grat Wrangcl geb. 1259 Georg Friedr. Händel, Komponist, geil. 1832 Wild. Busch, Dichter u. Zeichner, geb. 1916 Angriff deutsch. Luftschiffe aus engl. Küste 1521 Luther auf dem Reichstag zu Worms 1864 Erstürmung der Oüppeler Schanzen 1941 Kapitulaiiön der jugoslawischen Webr- machi
19 20 21 22 23 24 25 Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag [j Samstag 1916 Generalfcldmarschall v d.Golh gest. 1889 Geburtstag Adolf Hitlers 1918 Kampfflieger Frhr v. Richthofen gefallen 1866 Generaloberst v. Seeckt geb. 1891 Generalfeldmarschall v Moltke gest. 1918 Schlacht am Kemmelbcrg
26 27 28 29 30 Sonntag Montag Dienstag Mittwoch T Donnerstag 1941 Einmarsch in Athen 1809 Erhebung Schills 1933 Reichslustschuhbund gegründet 1803 Generalseldmarschall v. Roon geb.
7. April 1919: Kriegsgerichtliche Verurteilung streikender Saar-
bergleute mit zwei bis fünf Jahren Gefängnis, über 400
werden ausgewiesen.
10. April 1938: Mit 99,25 Prozent aller Stimmen bejaht Deutsch-
Oesterreichs Volk den Wiederaitschluß an das Reich.
5
Der Eisenbahn-
schacht der
Grube Luisenthal
M A I
1 Freitag Rat. Feiertag des deutschen Volkes
2 Samstag 1892 K mpffl-eger Frhr v. Richthofen geb.
3 Sonntag 1849 Max Schmckenburger, Dich er, gest.
4 Momag 1911 Ad. Woermann, Kolonlalpo iti'er, gest.
5 Dienstag 1892 Aug. Wilh. v Hofmann, Chemiker, gest.
6 Mittwoch 1904 Franz v. Lenboch, Maler, gest.
7 Donnerstag 1833 Johannes Brahms, Komponist, geb.
8 Freitag [C
9 isamstag 1805 'Vredrich v. Schiller, Dichter, gest.
10 Sonntag 1940 Deutsch T An r>ff über die Westgrenze
11 Montag 1686 Oito v. G er cke, Physiker, gest.
12 Dienstag 1803 Fast io v Lieb'g, Chemiker, geb.
13 Mittwoch 1785 Friede. Cbr. Dablma n, Historiker, geb.
14 Donnerstag 1940 Kapitulation der bolländischen Armee
15 Freirag <W sHimmelfahrt Christi
16 Samstag 1788 Friedrich Rückert, Dicht, r, geb.
Muttertag
17 Sonntag >933 Adolf H tlers erste Reichstagsrede
18 Montag 1940 Wiedervereinigung v. Gupen--Malmedy
19 Dienstag fund Moresnet mit dem Reich
20 Mit.woch 1846 General v. Kluck geb.
21 Donnerstag 1471 Albrecht Dürer, Maler, geb.
22 Freitag 1939 Militärpakt Oeu>schlond-Fralim
23 SamsmgA 1848 O Lil enihal, Fng. u. Flugtechniker, geb.
Pfingstsonntag
24 Sonntag 1848 A. v. Droste-Hülshoff, Dichterin, gest.
25 Montag 1932 Adm v. Hipper, gest. Pfingstmont.
26 Di'Nskag 1923 Albert Leo Gchlareter erschossen
27 Mittwoch 1910 Rob rt Koch, Mediziner, gest.
28 Donnerstag 1936 G nera' Lihmann aest.
29 Freitag 1940 Kapitulation der belgischen Arme;
30 «amstagW '714 Andreas Schlüter, Bildhauer, gest.
31 Sonntag 1916 Skagerrakschloch
1.3Hai 1936: Gin i^rung von Perfrauensrä’fen auf den Saar-
gruben, die erstmalig im Rahmen von Betnebsappellen vereid'gt
werden. — 14. Mai ¡923: Nach hunderttäaiger £Vuer wirb der
große Soarbergarve>ter-Sireik beendet. 15. Mai 1922: Die erste
Lanbesratswahl endet mit einem großen Sieg der demschcn paneun.
JUNI
1 Montag 1780 General v. Clausewih geb.
2 Dienstag 1941 Siegreicher Asschluß d. Kämpfe um Kreta
3 Mittwoch 1871 Glsaß-Loihringrn Reichsland
4 Donnerstag 1745 Schlacht bei Hohenfriedberg Fron-
5 Freitag C 1826 K. M. v. Weber gest. sleichuam
6 Samstag
7 Sonntag 1826 F'seph v. Frau 'Hofer, Physiker, gest.
8 Montag 1810 Robert Schumann, Komponist, geb.
9 Dienstag 1525 Flor. (Acyer, Fübrer i. Bauernkrieg, aest.
10 Mittwoch 1940 Siegreicher Aoschluß d. Kampf, u. Narvik
11 Donnerstag 1923 Blutbad in Dortmund
12 Freitag 1815 Gründung br deutschen Burschenschaft
13 Samstag G 1878 B gi n des Beil.ne Kongresses
14 Sonntag 1940 Ginmarsch deutscher Truppen in Paris
15 Montag 1905 H. v. Wißmann, Kolonialpionier, gest.
16 Dienstag
17 M.tiwoch
18 Donnerstag 1815 Schlacht bei Waterloo
19 Freitag 1933 Verbot der NSDAP, in Österreich
20 Samstag 1895 Gröffnung des Kaiier-W'chelm-Kanals
1919 Admiral v. Reuter versenk' die deutsche
21 Sonntag 2) Floite i > der Bucht von Scava Flow
22 Montag 1940 Deutsch-franz. Waffenstiilstanbsoertrag
23 Dienstag 1941 Beginn des Kampfes gegen die Sowjet--
24 Mittwoch 1916 Beginn der Schlacht an der Somme
25 Donnerstag 1940 Waff nruhe mit Frankreich
26 Freirag 1935 Ginfürung der Arbeii,dienstpflicht
27 Samstag 1789 Friedrich Sischer, Komponist, oeb.
1914 Mord oon Saraj vo
28 Sonntag Z) 19'9 Unterzeichnung d. Diktats v. Versa-lles
29 Montag 1831 Freiherr v. Stein, Staatsmann, gest.
30 Di nstag
1. Juni 1923: Restlose Abtrennung der saarländischen Sozialver-
sicherung von der dis R iches.
9. Fun 1930: Schlagwetlerexvlosion auf Grube Klarenthal. 9 Tote.
18.—21. Funi 1923: Fahrt«-sendfeier im Saargebiet.
24. Funi 1889: Gesetz über Ginfübrung der Invaliden-und A'ters-
versicherung. — 26. F^ni 1885: Schlagwetterexplosion auf Gmbe
Dudwuler. 18 Toie.
6
Die
Camphausen
Schächte
JULI
1 Mittwoch 1646 Gottfr.Wilh. v. Leibniz Philofopb, geb.
2 Dsnneostag 1714 Christ. Willib. v. Gluck, Komponist, geb.
3 Freitag 1926 Gründg. d. HI. a. d. Parteitag z. Weimar
4 Samstag 1888 Theodor Siorm, Dichter, gest.
5 Sonntag (£ 1884 Togo deutsch
6 Montag 1887 Waller Flex, Dichter, geb.
7 Dienstag 1331 Tilm.R emcnschi eider, Bildhauer, gest.
8 Mittwoch 1838 Graf Zeppelin geb.
9 Donnerstag 1807 Diklal von Tilsit
10 11 Freitag Samstag 1941 Abschluß der Doppelschlacht von Bialy- stock und Vlinsk 1920 Abstimn ungssiea in Ost- u. Westpreußen
12 Sonntag 1874 Frist Reuler, plaildeulscher Dichter, gest.
13 Montag G 1816 Gustav Freyiag, D chtcr, geb.
14 Dienstag 1933 Erbgesundheilsgeseh
15 Mittwoch 1918 Demsche Angriff«schlackt an der Marne
16 Donnerstag 1890 Go'tfricd Keller, D'chtrr, arst.
17 Freit.,« 1842 G.v.Sckönerrr, völk. Vorkämpfer, geb.
18 Samstag 1753 Balthasar Reumann, Baumeister, gest.
19 Sonntag 1810 Königin Luise g'st. 1940 Reichstag« rede d. Führers: Letzter Appel!
20 Montag 1934 K selbst. Glied. d.RSDAP tan England
21 Dienstags 1762 Gcrlacht bei Burkersdorf
22 Mittwoch 1822 Gregor Mendel, Vererbungsforscher, geb.
23 Donnerstag 1777 Philipp Otio Runge, Maler, geb.
24 Freitag
25 Samstag 1848 Ottckar Kernstock, Dichter, geb.
26 Sonntag 1932 Schubschiff „Riobe" gesunken
27 Montag (g) 1808 Freiseh nq d. Domänenbauern >. Ost- u.
28 Dienstag 1751' 3, S.Bacd, Komp., gest. sWestpreup.
29 Mittwoch 1921 Adolf Hitler Führer de, RSDAP.
30 Donnerstaa 1896 Reichskanzler Otio v. Bismarck gest.
31 Freitag 1886 Franz Liszt, Komponist, gest.
10. 3u1i 19«8: ß Öffnung des neuen großen Zechenhauses der Grube
Reden und Weihe des Ehrenmals für die im Weltkrieg gefallenen
Gaarbeigleute durch Generaldirekio« Dr. Waechter.
14. Juli 1933: Zusammenschluß aller nich.marxistischer Parteien des
Saaigerietes zur Deutschen Arom. — ln. Juli 1941: Unglück aus
Grube Luisenthal. — 26. Füll 1889: Gründung des Rechtsschuh-
vereins der Saarbergleute in Bildstock.
AUGUST
1 Samstag 1914 Beginn des Weltkriegs
2 Sonntag 1934 Reichspräsident v. Hindenburg, gest.
3 Montag 1921 Gründung der SA.
4 Dienstag C 1929 4. Reichsparteitag in Nürnberg
5 Mittwoch 1914 Erneuerung des Eisernen Kreuzes
6 Donnerstag 1195 Heinrich der Löwe gest.
7 Freitag 1914 Einnahme von Lüttich
8 Samstag 1929 Erster Zcppclinweltflug
9 Sonntag 1890 Helgoland kommt zum Deutschen Reich
10 Montag 955 Sieg über die Ungarn auf tem Lechfeld
11 Dienstag 1778 Turnvater Falm geb.
12 Mittwoch G 1894 Albert Leo Schlage er oeb.
13 Donnerstag 1802 Rikolaus Lenau, D chter, geb.
14 Freitag 1921 G. v. Schönerer, völk. Vorkämpfer, gest.
15 Samstag 1740 Mattbias Claudius, Dichter, geb.
16 Sonntag 1717 Sieg Prinz Eugens über die Türken bei
17 Montag 1786 Friedrich der Große gest. ^Belgrad
18 Dienstag 1866 Gründung des Norddeutschen Bundes
19 Mittwochs
20 Donnerstag 1528 G.v.Frundsberg, Landsknecktführer, gest.
21 Freitag 1927 3. Reicksparteitag der RSDAP. in
22 Samstag 1880 Gorch Fock, Dichter, geb. sRürnberg
23 Sonntag 1831 Reidhardt v. Gneisenau gest.
24 Montag 1936 Einfüh. d. 2fähr. Orenstpflickt
25 Dienstag 1900 Frirdrick Nietzsche, Philosoph, gest.
26 Mittwoch O 1806 Buchhändler F. Palm erschossen
27 Donnerstag 1914 Schlachr bei T nnenberg
28 Freitag 1749 Foh. Wolfg. v. Goethe, Dichter, geb.
29 Samstag 1866 Hermann Löns, Dichter, geb.
30 Sonntag 526 Theoderich der Große gest.
31 Montag - 1821 Herm. v. Heimholst, Raturforscher, geb.
10. August 1908: Schlagwetterexplosion auf Grube Oudweiler,
18 Tote. - 10. Aua. 1934: 2>er Gaulei er der Pfalz, Fofef Bürckel,
wird vom Führer zum Gaarbeausiragien der Reichsieg, ernannt. —
23 Aug. 1936: Erstes Spoistest d. Berqjungleute d. Eaargruben. —
31. Aag. 1909: Sturz einer Schwebebübne in Eamphaafen, 8 Toie.
7
Josephaschacht
der
Grube Gerhard
SEPTEMBER
Dienstag 18/0 Sieg bei Sedan
1 1919 Deutscher G genanzriff in Polen
2 Mittwochs 1933 Parteitag des Sieges
3 Oonnekslag 1919 Kriegserklärung Englands u. Frankreichs
4 Fi-eirag 1824 Anton Bruck rer, Komponist, geb.
5 Samstag 11/4 Caspar David Friedrich, Maler, geb.
6 Sonntag 1914 Marneschlacht
7 Momag 1914 Fall der Festung Maubeuge
8 Dienstag 1831 Wilhelm Niabe, Dichter, geb.
9 Mittwoch 1855 H. St. Chamberlain, Schriftsteller, geb.
10 Donnerstag 1919 Diktat von St. Germain
11 Freitag [ & liln C. Zeiß, Begr. d. opt. Werke i. Zena, geb.
12 ivamstag 1819 Generalfeldmarschall v. Blücher gest.
13 Sonntag 1936 8. Neichsparteitag d. NSDAP. „Partei-
tag der Ehre"
14 Montag 1769 Alexand. v. Humboldt, Naturforsch., geb.
15 Dienstag 1935 Hakenkreuzfahne Neichsflaqqe
16 Mittwoch ^Nürnberger Gesetze
17 Donnerstag 1631 Sieg Gustav Adolfs bei Breitenfeld
18 Freitag [3 1783 Leonhard Euler, Mathematiker, gest.
19 Sanlsiag 1925 Georg Gchweinfurth, Afrikaforscher, gest.
20 Sonntag 1863 Jakob Grimm, Sprachforscher, gest. - 1898 Theodor Fontane, Dichter, gest.
21 Montag 1860 Arthur Schopenhauer, pdilosoph, gest.
22 Dienstag 1826 Johann Peter Hebel, Dichter, gest.
23 Mittwoch 1885 Karl Spitzweg, Maler, gest.
24 Donnerstag 1583 Wallenstein, Herzog von Friedland, geb.
25 Freitag [$ 191LH>erbstschlacht bei Arras
26 Samsiag 1555 Augsburger Neligionsfriede
27 Sonntag 1939 Warschau ergibt sich bedingungslos 1940 Dreimächtepakt Deutsch!.-Flalien-Fapan
28 Montag 1858 Gust.Kossinna.Vorgeschichtsforscher, geb.
29 Dienstag 1933 Neichserbhofgeseh
30 Mittwoch 1681 Raub Straßburgs durch Ludwig XIV.
1. Sept. 1924: Oer als Bergbeamter getarnte franz. Major Nicheri wird als Leiter des französischen Spionage- und Spitzeldienstes an
der Saar entlarvt. — 2. Sept. 1935: Reichsorganisationsleiter
Dt. Ley, Öfter der DAF., besucht die Goargruben und fährt auf
Grube Krankendotz ein. — 15. Sept. 1890: Schlagwetter- und
Kohlenstaubexplosion auf Grube Maybach, 25 Tote.
50. Sept. 1955: Einweihung der ersten Berglehrwerkstatt der
Saargruben auf Grube Alkenwald.
OKTOBER
1 Donnerstag 1938 Befreiung der sudetendeutschen Gebiete
2 Freitag C ] 1847 Nelchsprästdent v. Hindenburg geb.
3 Samstag 1813 Sieg gorcks bei Wartenburg
Sonntag Erntedanklag
4 1‘15 Lucas Cranach d.F., Maler, geb.
5 Montag '609 Paul Flemming, Dichter, geb.
6 Dienstag 1891 Hans Gchemm aeb.
7 Mittwoch 1916 Deutscher Sieg von Kronstadt
8 Oonnerstaa 1585 Heinrich Schütz, Komvonist, geb.
9 Freitag 1907 Horst Wrsfel in Bielefeld geb.
10 Samstag W 1920 Abstimmungssieg in Kämten
11 Sonntag Einiopfsonntag
1825 Conrad Ferdinand Meyer, Dichter, geb.
12 Montag 1924 Ente Zeppelinfabrt nach Amerika 1939 Zurückweisung d. deutschen Friedensanqe-
13 14 Dienstag Mittwoch sbots durch Cyamberläin 1922 Adolf Hitlers Zug nach Coburg 1933 Deutschland verläßt den Völkerbund
15 Oonnerstaa
16 Freitag Q) 16.—18.1813 Völkerschlacht bei Leipzig
17 Samstag 1815 Emanuel Geibel, Dichter, geb.
18 Sonntag 1777 Heinrich v. Kleist, Dichter, geb.
19 Montag 1863 Gustav Frenffen, Dichter, geb.
20 Dienstag
21 Mittwoch 1923 Beginn d. Separatistenputsche !. Nheinl.
22 Donnerstag 1811 Franz Liszt, Komponist, geb.
23 Freitag 1801 Albert Lortzina, Komponist, geb.
24 Samstag T 1648 Westfälischer Frieden
25 Sonntag 1861 Friede. K. v. Gavigny, Nechkslehrer, gest.
26 Montag 1800 Generalfeldmarschall v. Moltke geb.
27 Dienstag 1/60 General Neidhardt v. Gneisenau geb.
28 Mittwoch 1916 Kampfflieger Boelcke gefallen
29 Donnerstag 1897 Fofef Goebbels geb.
30 Freitag 1864 Schleswig-Holstein wieder deutsch
31 Samstag 1517 Luther schlägt die 95 Thesen an
8. Okt. 1919: Französisches Militär erschießt in Saarbrücken bei
Unruhen fünf Personen. — 15. Okt. 1920: Schlagwetterexplosion
auf Grube Frankenholz, 5 Tote. — 23. Okt. 1864: Schlagwetter-
explosion auf Grube Mieden, 34 Lote. — 25. Okt. 1930: Schlagwetter-
uho Kohlenstaubexplosion auf Grube Maybach, 98 Loie.
8
Der
Albertschacht
von Grube Serlo
NOVEMBER
' 1 Sonntag (Q 1914 Sieg bei Evronet unter Gras Epee
2 Montan 1821 Paul de Tagerve, Politiker, geb.
3 Dienstag
4 Mittwoch 1921 Feuertaufe der GA. in München
5 Donnerstag 1151 Sieg bei Roßbach
6 Freitag 1612 Heinrich Schütz, Komponist, gest.
7 Samstag 1938 Mordenschlag aus Ernst vom Rath
8 Sonntag D Eintopssonntag 1301 Scbwur aus dem Rütli
9 Montag Gedenktag für die Gefallenen d. Be-
10 11 Dienstag Mittwoch 1923 Maisch zur Feldheirnhalle (rvegung 1463 Martin Luther geb.
12 Donnerstag 1155 General v. Scharnhorst geb.
13 Freitag 1862 Ludwig Uhland, Dichtet, gest.
14 Samstag 1918 Beendigung des Kampfes in Ostafrika
15 Sonntag 3 1630 Feharnes Kepler, Astronom, gest.
16 Montag 1831 General v. Claus-wch gest.
17 Dienstag 1624 Facob Böt me, D vstikcr, gest. sBnh'
18 Mittwoch 1922 NSDAP, i. Pr. verbot, und Betlag
19 Donnerstag 1828 Frorz Ectuberi, Komponist, gest.
20 Freitag 1911 TonlschlacN bei Ce mbrai
21 Samstag 1168 Friede. Eclleieimccher, Philosoph, geb.
22 Sonntag (§) 1161 Andr. Hofer, Thol. Freiheitskämpf., geb.
23 Montag 1914 Du-cbbtvlb bei Brzeziny
24 Dienstag i>m 144V Veit Stoß, Bildhauer, geb.
25 Mittwoch 1844 Kerl Benz, Eistnd. d. K'ostwaqens, geb.
26 Donnerstag 1857 Joseph v.Ciä cndorff, Dia ter, gest.
27 Freitag 1933 Stundung k ei NS.-Gtmeir.schast „KdF"
28 Samstag 1194 Ecneta! v Sieuben gest.
29 Sonntag 1180 Kaiserin Mario Theresia gest.
30 Montag 1846 Frirdricb List, Na'icnalökonem, gest.
3. Nov. 1935: D imstcrpräi. ietm. C itine itiudl die Saaigruben
und fäbrt mi< <Fauleiter Zurcid cts Brute Rcdcn ein
21. Nov 1854: Ceilsohriunglück auf dtm Ltniischccht der Giube
Sulzbach, io Lote, 5 Säuetrerlehtc. — 23. Jict, 1918: Besetzung
dee Eaargckleies dutch stanz. B ililär. — Besitzt ng der Beiaveiks-
dneliion dt ich die Zianzofcn,' Enickitng emee fianzkssü en Gruben-
konvolldienstes und Citpühiung einet sä ciftn Jtriut über alles, was
die foz.alen Vuihäliniste der Eauitergleute buitifst.
DEZEMBER
1 Dienstags 1931 HI- wird Glaatsjugend
2 Mittwoch 1491 Hans Holbein, Maler, geb.
3 Donnerstag 1851 Et ristion Rauch. Bildhauer, gest.
4 Freitag 1409 Gründung der Universität Leipzig
5 Samstag 1191 Wolfg. Amad. Mozart, Komponist, gest.
6 Sonntag 1849 Generalleldmarfcball v. Mackensen aeb.s
7 Diontag 1835 Eiöffnung d. 1. Eisenbahn Nürnb.»Fürth
8 Dienstag (D 1914 Seeschlacht bei den Falklandinseln
9 Mittwoch 1111 3.3. Minckelmann, Alteriumsforsch., geb.
10 Donnerstag 1520 Luther verbrennt die Bannbulle
11 Freitag 1183 Max v. Schenkendorf, Dichter, geb.
12 Samstag 1916 Friedensangebot der Mittelmächte
13 Sonntag Eintopfsonntag
1250 Kaiser Friedrich li. gest.
14 Montag 3 1120 Fustus Möser, Geschichtsschreiber, geb.
15 Dienstag 1145 Schlacht von Kesselsdorf
16 Mittwoch 1110 Ludw. van Beethoven, Komponist, geb.
17 Donnerstag 1920 „Völk. Beob." amtl. Ztg. der NSDAP.
18 Freitag 1803 3oh. G. Herder, Denker u. Dichter, gest.
19 Samstag 1508 Adam Kraft, Bildhauer, gest.
20 Sonntag 1924 Der Führer aus d. Festungshaft entlassen 1931 General Ludendoiff gest.
21 Montag
22 Dienstag H
23 Mittwoch 1591 Martin Opitz, Dichter, geb.
24 Donnerstag 1911 Fliegerangriff auf Mannheim
25 Freitag 1. Weihnachtstag
26 Samstag 1923 Dietr.Eckart, Dichter,gest. 2.Weihn.
27 Sonntag
28 Montag
29 Dienstag 1836 Georg Schweinfurth, Afrikaforscher, geb.
30 Mittwoch C 1812 Konvention von Tauroggen
31 Donnerstag 1141 Gottfr. Bürger, Dichter, geb. Silvester
1. Dez. 1891: S chleoweiterexplosion auf Gr. Frankenholz, 44 Tote.
3. Dez. 1934: Saorverhandlüngen in Rum führen zu weitgehender
Einigung zwischen Deutscht, u. Franke. — 11. Dez. 1934: Völkerbund
beschließt im Einverständnis mit Deu'schland zur Ueberwacbuna der
Volksabstimmung 3300 Mann ausländ. Truppen ins Gaargebiet zu
schicken. — 19.—23. Dez. 1934: Einmarsch j>er Abstimmungspolizei
9
Der Führer an der Ostfront
Foto: Presse-Hoffmann
GroßÖeutschUnÖe Entfcheifcungelumpf
Das deutsche Schwert schrieb die Geschichte des Kriegsjahres 1940/41.
Von Gerhard Wiedemeyer, Berlin
Als am 22. Juni 1940 im Walde von Com-
piègne der deutsch-französische Waffenstillstands-
vertrag unterzeichnet und am 25. Juni in Kraft
trat, war der Krieg in Frankreich zu Ende und der
größte Sieg aller Zeiten erfochten. Die zweitgrößte
Militärmacht der Welt hatte aufgehört zu be-
stehen. Der Abschluß des siegreichen Feldzuges
in Frankreich hatte nicht nur eine entscheidende
militärische Bedeutung. Er ist vielmehr auch ein
epochales Ereignis in der Geschichte Europas
und bildet so den Höhepunkt im reichen Geschehen
des Jahres 1940. Seit Richelieu und seit
dem Abschluß des Westfälischen Friedens im
Jahre 1648 war Frankreichs Politik ununter-
brochen darauf abgestellt, das Deutsche Reich zu
schwächen und zu zersplittern, um sich dadurch
selbst die Vormachtstellung in Europa zu sichern.
Viel deutsches Leid ist durch diese Politik Frank-
reichs immer von neuem verursacht worden. Nach
dreihundertjährigem Kampf um die deutsche
Volks- und Rcichseinheit, die von den Besten
unserer Nation stets mit heißem Herzen ersehnt
worden ist, hat Adolf Hitler als erster diese Ein-
heit verwirklicht und damit den Traum aller
Deutschen zur Tatsache werden lassen. Nach der
Vernichtung der französischen Militärmacht war
dieses Werk des Führers auch nach außen hin
für alle Zeiten gesichert; denn nun ist die geschicht-
liche Epoche der antideutschen Hegemonie-Politik
Frankreichs abgcschlosien und das Deutsche Reich
und das deutsche Volk haben auf unserem Kon-
tinent jenen Platz eingenommen, der ihnen kraft
ihrer Stärke und kraft ihrer kulturellen und gei-
stigen Leistungen im Dienste der gesamten
Menschheit gebührt. Dies ist der tiefe und große
Sinn der Ereignisse des Sommers 1940, die
einen neuen Abschnitt in der Geschichte Europas
einleiteten.
Letzter Appell der Vernunft an England.
Am 19. Juli gab der Führer vor dem Deut-
schen Reichstag den stolzen Rechenschaftsbericht
über den Feldzug in Frankreich. Hermann Göring
wurde zum Rcichsmarschall ernannt, 12 der
verdientesten Heerführer zu Gcneralfeldmar-
schällen befördert. Im Rahmen dieser großen
Reichstagsrcde richtete der Führer im Bewußt-
sein seiner Verantwortung für die Geschicke und
die Zukunft Europas einen letzten Appell der
Vernunft an England. In London aber, wo am
IO. Mai Chamberlain durch den Kriegsver-
brecher Nr. 1 Winston Churchill ersetzt
worden war, begegnete man diesem ernsten Ruf
mit Hohngelächter. Churchill, der am 15. Juli
noch erklärt hatte: „Wir ziehen vor, London in
Asche zu sehen", ließ am 20. bereits dse englische
Presie gegen das großzügige Angebot des Füh-
rers schreiben. LordHalifax, damals bri-
tischer Außenminister, lehnte am 23. Juli offiziell
den Führerappcll mit höhnischen Erklärungen ab.
Auch auf einem anderen Gebiet zeigte sich
immer mehr, daß es keinen Zweck hat, mit Eng-
land über Vernunft zu reden. Trotz aller ener-
gischen deutschen Warnungen bombardierten
britische Nachtflieger die friedliche deutsche Zivil-
bevölkerung und zerstörten Wohnviertel deut-
scher Städte. Als in den Spätsommertagcn 1940
sich die englischen Nachtangriffe auf Wohnviertel
in Berlin und anderen Städten häuften, mußte
mit dem furchtbaren Strafgericht begonnen
werden. In der Nacht zum 7. September er-
schienen zum erstenmal Hunderte von deutschen
Flugzeugen über London und anderen enalischen
Städten und warfen mehr als eine Million
Kilo Bomben auf kriegswichtige Anlagen ab.
Eine neue und noch wirkungsvollere Form nah-
men diese deutschen Vergcltungsangriffe Mitte
November an. In der Nacht zum 15. November
wurde Coventry, eines der großen Rü-
stungszentren in den Midlands, durch den
Großangriff von hunderten deutscher Flugzeuge
heimgesucht. Auf Coventry folgten die anderen
großen Industriestädte, Birmingham und
Liverpol, Bristol, Davenkry und
Sheffield sowie die großen Hafenstädte
Southampton und Portsmouth.
Totale Blockade und U-Boot-Krieg.
Gleichzeitig mit diesen Angriffen zur Luft setzte
auch eine verstärkte Tätigkeit unserer Kriegs-
marine, besonders der U-Boote, ein. Die Wir-
kung der am 18. August 1940 von Deutschland
erklärten totalen Blockade Englands wurde
immer größer, die Zahl der versenkten Schiffe
wuchs von Woche zu Woche und dabei wurden
die Angriffe immer weiter in den Ozean hinaus-
getragen. Der Erfolg wurde immer stärker
ii
t.vJ
Reichsmarschall Hermann Goring
Foto: Presse-Hoffmann
sichtbar. Am 6. November gab das Oberkom-
mando der Kriegsmarine bekannt, daß allein
durch die Kriegsmarine seit Kriegsbeginn
7,1 Millionen Bruttoregistertonnen versenkt
worden seien.
Der Dreimächtepakt.
Die militärischen Ereignisse stehen im Krieg
natürlich im Vordergrund, und die Geschichte
wird vom Schwert geschrieben. Aber in diesem
Krieg hat wie wohl in keinem zweiten der Welt-
geschichte die deutsche Führung, die in Adolf
Hitler einen großen Feldherrn und einen genialen
Staatsmann zugleich besitzt, keinen Augenblick
auf die politische Initiative verzichtet. Das be-
stimmende politische Ereignis des Jahres 1940
war die am 27. September in Gegenwart des
Führers in Berlin erfolgte Unterzeich-
nung des Dreimächtepaktes zwi-
schen Deutschland, Italien und
Iapan, in dem Japan die Führung Deutsch-
lands und Italiens in Europa, die beiden
Achsenmächte aber die Führung Japans im
großostasiatischen Raum anerkennen und glerch-
zeitig ein militärisches Bündnis für den Fall
schließen, daß irgendeine Macht sich in die gegen-
wärtig in Europa und im Fernen Osten voll-
ziehenden militärischen Auseinandersetzungen
einschalten sollte. Die Welt erkannte in diesem
Dreierpakt den Zusammenschluß der jungen und
starken Völker, die gezwungen sind, sich den
nötigen Lebensraum zu erkämpfen, die Bildung
einer politischen Macht, die in der Weltgeschichte
ohne Beispiel dasteht. In den Tagen vom
20. bis 24. November 1940 traten Ungarn,
Rumänien und die Slowakei dem
Dreierpakt bei, inzwischen unterzeichneten Bul-
garien und Kroatien das Beitritts-
protokoll.
Europäischer Neuordnungsprozeß.
Im Südosten erfolgten einschneidende Ver-
änderungen. Am 1. Juli trat Rumänien in einem
friedlichen Abkommen B e s s a r a b i e n und
die N o r d b u k o w i n a an die Sowjet-Union
ab. Rumänien entschloß sich, am 7. August die
Süddobrudscha an Bulgarien abzutreten, wo-
mit eine alte Forderung des bulgarischen Volkes
erfüllt wurde. Schwieriger gestaltete sich die
Lösung der Siebenbürgen-Frage; als Verhand-
lungen zwischen Rumänien und Ungarn ergeb-
nislos abgebrochen werden mußten, ersuchten die
beiden Staaten die Achsenmächte um einen
Schiedsspruch, der am 30. August von Reichs-
außenminister von Ribbentrop und Graf Ciano
in Wien gefällt wurde und einen wesentlichen
Teil Siebenbürgens Ungarn zusprach. In die-
sem Umwandlungsprozeß ging das morsche und
korrupte System König Carols unter. Am
5. September mußte Carol zu Gunsten seines
Sohnes Michael auf den Thron verzichten, wo-
bei gleichzeitig General Antonescu als
Conducator die Regierung übernahm.
Der große Treck.
2m Rahmen der großen vom Führer ange-
ordneten Aktion zur Wiedererstarkung des deut-
schen Volkstums wurden zunächst die Balten-
deutschen sowie die Wolhynien- und Galizien-
deutschen in das Reich heimgeholt, wo ihnen
eine neue Heimat geboten wurde. Diese gewal-
tige Aktion fand in den ersten Monaten des
Jahres 1940 ihren Abschluß, es folgten dann
nach der Abtretung Bessarabiens und der Nord-
bukowina an Rußland mehr als 130 000 Volks-
deutsche aus diesen Gebieten. Auch die in der
D o b r u d s ch a ansässigen Deutschen wurden.
in diesen gewaltigen Rückwanderungsprozeß ein-
bezogen, der unter der Führung des Reichs-
führers H trotz des Krieges dank einer meister-
haften Organisation in kürzester Zeit durchge-
führt werden konnte.
Ereignisse in der außereuropäischen Welt.
In den Vereinigten Staaten war die am
5. November 1940 erfolgte Wiederwahl
R o o s e v e l t s der Mittelpunkt und Brenn-
punkt aller Ereigniffe. Eine gewisse Machtver-
stärkung brachte den Vereinigten Staaten ein
Tauschgeschäft, das Churchill in höchster Not ab-
schloß und mit dem er den Ausverkauf des
britischen Empires einleitete; gegen die Abgabe
von'50 alten Zerstörern erwarb Roosevelt wich-
tige Stutzpunkte auf einer Reihe britischer Be-
sitzungen an der amerikanischen Küste und am
Atlantik. Ein Versuch, ähnliche Stützpunkte
für die Vereinigten Staaten auch in Süd-
amerika zu erwerben, scheiterte bisher allerdings
am entschlossenen Widerstand der südamerikani-
schen Republiken.
2m Fernen Osten wird die Lage nach wie vor
durch die chinesisch-japanische Auseinandersetzung
bestimmt, die im Jahre 1940 die am 30. No-
vember erfolgte Anerkennung der in Nanking
gebildeten chinesischen Nationalregierung Wang-
tschinwei's durch Japan brachte. Den Kampf
in Südchina selbst sicherte Japan durch den rm
Einvernehmen mit Frankreich erfolgten Em-
13
Generalfeldmarschall von Brauchitsch
marsch einiger Truppenteile in Jndochina, wäh-
rend England kurze Zeit später die Burmastraße
wieder öffnete, um auf diesem Wege der Regie-
rung Tschiangkaischeks die Zubringung von
Kriegsmitteln zu ermöglichen.
Die Front kämpft — die Heimat arbeitet
und opfert.
Im Gegensatz zum Weltkrieg hat in diesem
Krieg die Front eine Heimat hinter sich, die
ständig bemüht ist, ihrer würdig zu sein. Der
beste Beweis für diese Opferbercitschaft des deut-
schen Volkes sind die großen freiwilligen sozialen
Hilfswerke. Allein im ersten Kriegssahr 1939/40
konnten das Winterhilfs-
werk, das Hilfswerk für
das deutsche Rote Kreuz
und die freiwilligen Bei-
träge für die NSV einen
Ertrag von 1026500000
RM. als Spenden des
Volkes aufweisen.
Die großen sozialen
Reformwerke, an ihrer
Spitze das Alters-
versorgungswerk,
haben auch im Kriegsjahr
1940 wesentliche Fort-
schritte gemacht. Schon
aber künden sich neue
große Aufgaben an, die
nach dem Kriege zu lösen
sein werden. Sinnbild für
den Geist dieser Lösungen
mag das gewaltige so-
ziale Wohnungsbau-Pro-
gramm sein, das der Füh-
rer am 15. November ver-
kündete und das allein für
das erste Nachkriegsjaht
den Neubau von 300 000
Wohnungen vorsieht.
In der Ostmark und
im Sudetenland,
sowie in den neuen Ost-
provinzen wurden mit der
Ernennung der Reichs-
statthalter und der Durch-
führung der übrigen Be-
stimmungen des Reichs-
statthalter - Gesetzes die
Grundsteine zum gewal-
tigen Werk der kom-
menden Reichsreform gelegt. Im
Westen sind die Gebiete von Eupen-Malmedy
am 20. Mai wieder endgültig mit dem Reiche
vereinigt worden und am 7. August wurde im
Elsaß, in Lothringen und in Luxemburg die ge-
samte Verwaltung im zivilen Bereich durch
einen Erlaß des Führers an Chefs der Zivil-
verwaltung übergeben, die dem Führer unmittel-
bar unterstehen.
Die Partei hat im Kriege ihre große Be-
währungsprobe abgelegt. Sie war die Trägerin
der Gemeinschaftsarbeit auf den verschiedensten
Gebieten, sie war die Helferin für alle Volks-
genossen und stellte die Verbindung her zwischen
Front und Heimat.
Foto: Presse-Hoffmann
14
Zum neuen Iugendführer des Deutschen
Reiches und Rcichsjugendführer der NSDAP
wurde Obergebietsführer Axmann ernannt,
nachdem Baldur von S ch i r a ch vom Führer
als Reichsstatthalter und Gauleiter nach Wien
und besten bisheriger Stabsführer Lauterbacher
einige Zeit später als Gauleiter nach Hannover-
Süd berufen worden waren.
Reichsmarschall Göring wurde am 26. Ok-
tober 1940 vom Führer mit der Fortführung des
Vier-Iahres-Planes für weitere vier Jahre be-
traut.
Die Schlacht im Atlantik.
In den ersten Monaten des Kriegsjahres
1941 hat die deutsche Wehrmacht unter Führung
ihres Obersten Befehlshabers im Kampfe gegen
England auf der Erde, zur See und in der Luft
neue große Siege errungen. Sie reihen sich
würdig den weltgeschichtlichen Erfolgen des
Jahres 1940 an.
Unterseeboote griffen im atlantischen Raum
von den Küsten Großbritanniens bis hinunter
;ur Westküste Afrikas 19 Gclcitzüge an, zer-
sprengten sie in oft mehrtägiger zäher Verfol-
gung und rieben sie zum Teil bis auf wenige
Schiffe auf. Dabei wurde das britische Schlacht-
schiff „Malaya", das einen Geleitzug im mitt-
leren Atlantik zu sichern suchte, durch Torpedo-
treffer schwer beschädigt. Schlachtschiffe und
Kreuzer führten in denselben Seegcbieten er-
folgreiche Unternehmungen gegen stark gesicherte
Geleitzüge durch. Schnellboote versenkten in
kühnen Vorstößen vor der englischen Ostküste
und im Kanal feindliche bewaffnete Handels-
schiffe, Hilfskreuzer trugen den Handelskrieg
bis in die entferntesten überseeischen Gewäster.
Insgesamt wurden in den ersten vier Monaten
des Jahres 1941 durch Unterseeboote 978 000
BRT., durch Uberwaster-Strcitkräfte 493 000
BRT., im ganzen mithin 1 471 000 BRT.
durch die Kriegsmarine versenkt. Hinzu kom-
men die beträchtlichen, im einzelnen noch nicht
feststellbaren Verluste, die der Feind durch
Mineneinsatz in nahen und fernen Gewässern
erlitt. Ferner konnte eine größere Zahl wert-
voller Prisen von Seestrcitkräftcn in deutsche
Stützpunkte eingebracht werden. 71 feindliche
Flugzeuge wurden von der Kriegsmarine abge-
schossen.
Nicht weniger erfolgreich war der Luftkrieg
gegen die britische Kriegsmarine und Handels-
schiffahrt in den ersten 4 Monaten des Jahres
1941. In Tag- und Nachtangriffen wurden um
Großbritannien und im Atlantik 8 englische
Kriegsschiffe versenkt, weitere 24, darunter
2 Kreuzer und 3 Zerstörer, beschädigt. 2n un-
ermüdlichem Einsatz gegen Geleitzüge und ein-
zeln fahrende bewaffnete Handelsschiffe ver-
senkten Fernkampfflugzeuge, Kampf- und Sturz-
kampfflieger im gleichen Seegebiet 170 Schiffe
mit nahezu 746 000 BRT. Insgesamt verlor
England vom Jahresbeginn bis Ende April auf
diesem Kriegsschauplatz an eigenen oder ihm
nutzbaren Handelsschiffsraum durch Kampf-
handlungen der deutschen Kriegsmarine und
Luftwaffe 2 235 000 BRT., während über
1200 000 BRT. Schiffsraum beschädigt
wurden.
Bis zum 15. Juni 1941 hat die von unseren
Unterseebooten, unseren Uberwasserstreitkräften
und unserer Luftwaffe versenkte britische oder
dem Feind dienstbare Handelsschiffstonnage die
12-Millioncn-Grenze überschritten. 12 Millio-
nen BRT. britischer oder im Dienste Groß-
britanniens fahrender Handelsschiffsraum ruhen
auf dem Grund der Meere!
Der Kampf gegen die britische Insel.
Mit größter Heftigkeit setzte die Luftwaffe
daneben den Kampf gegen die britische Insel
fort. 38 in ihrem Ausmaß sich dauernd stei-
gernde Vergeltungsangriffe richteten sich in den
ersten vier Monaten des Kriegsjahres 1941
gegen englische Verkehrszentren, Häfen und
Industriegebiete. Die Hauptstadt London war
das Ziel von 38 Luftangriffen, darunter 12 Ver-
geltungsgroßangriffen. Der Schwerpunkt der
Vergeltungsangriffe der Luftwaffe lag aber auf
den kriegswichtigen britischen Häfen mit ihren
Werftanlagen. Besonders stark wurden auch
die Schlüsselpunkte der britischen Kriegswirt-
schaft getroffen. Die britische Rüstungsindustrie
ist damit in ihrer Leistungsfähigkeit weiter her-
abgesetzt. Eine Reihe von erfolgreichen An-
griffen auf die Einsatzhäfen der britischen Luft-
waffe minderte deren Schlagkraft. Immer
wieder muß festgestellt werden, daß England es
war, das mit den Nachtangriffen auf deutsche
Städte und dadurch mit dem meist ungezielten
Bombenwurf auf Wohnviertel trotz aller War-
nungen begonnen hatte. Dennoch versuchte die
deutsche Luftwaffe solange als möglich den Ver-
geltungsangriff auf die englische Zivilbevöl-
kerung zu vermeiden, bis sie aber endlich durch
den sich steigernden skrupellosen Bombenabwurf
britischer Flugzeuge gezwungen wurde, nunmehr
auch selbst ähnlich vorzugehen.
15
Großadmiral Raeder Foto: Presse-Hoffmann
Deutsche Jagd- und Flakverbände wehrten
die Angriffe des Gegners auf das Reichsgebiet
und die besetzten Gebiete mit steigenden Erfolgen
ab. 2m übrigen verhinderte die vorbildliche Hal-
tung der Zivilbevölkerung und aller Organi-
sationen des Luftschutzes, daß der Heimat grö-
ßerer Schaden an Gut und Blut zugefügt wurde.
Durch deutsche Fliegerabwehrartillerie wurden
bis Ende April 97 feindliche Flugzeuge abge-
schossen. Die Zahl der in Luftkämpfen über
Großbritannien und dem Festland abgeschossenen
englischen Flugzeuge beläuft sich auf 271.
Weitere 73 britische Flugzeuge wurden am
Boden zerstört. Mithin verlor die britische Luft-
waffe allein auf diesem Kriegsschauplatz während
der ersten vier Monate
des Jahres 441 Flug-
zeuge. Demgegenüber la-
gen die Verluste der deut-
schen Luftwaffe noch we-
sentlich unter 50 Prozent.
Der siegreiche Feldzug
in Jugoslawien und
Griechenland.
Die Entwicklung der
Verhältnisse auf dem
Balkan hatte im Früh-
jahr 1941 eine Richtung
genommen, die das Ein-
greifen der deutschen
Wehrmacht dort notwen-
dig zu machen schien.
Deutsche Truppen unter
dem Oberbefehl von Gene-
ralfeldmarschall List mar-
schierten daher im März
unter Zustimmung der
bulgarischen Regierung in
Bulgarien ein. Von hier
aus konnten sie — wenn
notwendig — rechtzeitig
gegen die in Bildung be-
griffene britische Opera-
tionsgruppe in Nordgrie-
chenland eingreifen. Am
25. März trat jedoch
Jugoslawien dem Drei-
mächtepakt bei und so
wäre dem Balkan der
Krieg erspart geblieben,
wenn nicht zwei Tage spä-
ter der Staatsstreich ser-
bischer Verschwörer diese
friedliche Politik zunichte
gemacht hätte. (Wir be-
richten über den Krieg auf dem Balkan in einem
besonderen Aufsatz aus der Feder unseres mili-
tärischen Mitarbeiters. Schriftltg.)
Der Krieg im Mittelmeerraum und Afrika.
Mit dem Eintritt Italiens in den Befreiungs-
kampf für Europa trat auch der Mittelmeerraum
in den Bereich der kriegerischen Auseinander-
setzungen. Der Kampf um das Mittelmcer ist
ein Teil des Kampfes der Achsenmächte zur
Niederringung Großbritanniens. Die Probleme
des Mittelmeeres sind für unseren Bundes-
genossen Italien von vitalster Bedeutung. Tat-
sächlich hat bisher das raumfremde England die
Vormachtstellung im Mittelmeer. England
16
kann die beiden Tore die-
ses Meeres — Gibral-
tar und Suez — sperren,
und es hält die Türme
dieser Tore besetzt. Malta,
Aden, Perim, Zypern sind
Stützpunkte der britischen
Zwingherrschaft im Mit-
telmeer und des Seeweges
nach Indien.
Der Kampf um das
Mittelmeer ist nun in
voller Schärfe entbrannt.
Auf der einen Seite kämpft
Großbritannien — völlig
in die Defensive gedrängt
— auf der anderen Seue
aber stehen die jungen
Völker. Italien, durch ein
unbedingtes Bündnis mit
dem Großdeutschen Reich
verbunden, ist nicht länger
gewillt, im „Mittelmeer
wie in einem Sack zu
stecken". Schon 1936 hat
der Duce in seiner Mai-
länder Rede erklärt: „Ita-
lien ist eine Insel, die aus
dem Mittelmeer aufsteht.
Dieses Meer ist für Groß-
britannien eine Route,
eine unter vielen Routen,
ich möchte sagen, eine Ab-
kürzung, durch die es seine
fernen Territorien schneller
zu erreichen vermag. Aber
wenn für andere das
Mittelmeer eine Route ist, Generalfeldmarschall Keitel
für uns ist es das "
Leben". Italien, mit der
gesamten Küstenlinie seines Mutterlandes, und
seiner Inseln, reiner Mittelmeerstaat, kann
und will als aufsteigende Großmacht Europas
nicht länger Gefangener in seinem eigenen
Raum bleiben und ist fest entschlossen, den
Gefängniswärter England aus diesem Raum
zu vertreiben. Befreiung des Mittelmeeres
von der englischen Zwingherrschaft lautet das
große Ziel der führenden Mittelmeermacht
Italien. Gemeinsam mit Italien ist Deutsch-
land in treuer Waffenkameradschaft zum
Kampf für dieses Hochziel seines Bundesgcnosien
angetreten — und zwar nicht nur, weil die
Probleme und Forderungen seines Freundes auch
seine Probleme und Forderungen sind, sondern in
roto: Presse-Hofïmann
vollem Bewußtsein der Tatsache, daß das Mittel-
meer die Schlagader des hier raumfremden bri-
tischen Empires ist, daß der gemeinsame Feind
hier an einem der empfindlichsten Punkte seiner
Weltherrschaft geschlagen, daß hier einem Sy-
stem der tödliche Streich versetzt werden muß,
das mit Gibraltar, Malta, Port Said, Haifa
und Zypern Aus- und Eingang des Mittel-
meers unter alleiniger britischer Kontrolle halten
und durch den Besitz strategischer Stützpunkte
und Zwingburgen die Sceherrschaft über diesen
Raum aufrechterhalten will. So hat nun der
Kampf um die Befreiung des Mittelmeeres von
der britischen Zwingherrschaft begonnen. An
seinem Ende wird der Sieg der Achsenmächte
2
17
Erste Originalaufnahme von der Südostfront.
An brennenden Häusern vorbei ging der unaufhaltsame Vormarsch unserer motorisierten Truppen schon
am ersten Tage. Foto: PK-Bauer (Weltbild)
stehen. Dieser Sieg wird das Lcbcnsrecht des
römischen Imperiums verwirklichen, er wird den
organischen Aufbau einer gerechten Neuordnung,
den Beginn einer neuen Epoche für alle Mittel-
meervolker bringen; die Schiffe des dann wieder
zur Kolonialmacht gewordenen Großdcutschcn
Reiches werden das Mitkclmeer als wichtige
Durchgangsstraße zu Deutschlands Kolonien
befahren. Mehr als bisher wird dann das
Mittelmeer Brennpunkt des Welthandels wer-
den — der von englischer Vorherrschaft befreite
Verbindungsweg Europas nach dem Osten und
nach Afrika. 2m neuen, von den Achsenmächten
gestalteten Europa wird das Mittelmeer nicht
mehr die Straße der Macht Großbritanniens
sein, sondern eine Straße des Lebens für Italien
und eine Straße der Wohlfahrt für Europa.
Der deutschen See- und Luftkriegführung gegen
England kam es in den ersten vier Monaten des
Kriegsjahres 1941 zugute, daß durch Italien
starke britische See- und Luftstreitkräfte gebun-
den wurden. Diese bedrohten anderseits in zu-
nehmendem Maße die italienischen Seeverbin-
dungen nach Libyen und erschwerten damit den
Abwehrkampf der dort stehenden italienischen
Heeresverbände gegen zahlenmäßig und tech-
nisch weit überlegene, aus allen Teilen des Em-
pire herangeholte britische Kräfte. Um die Lage
im Mittclmeer zu erleichtern, wurde Anfang
Januar zunächst ein deutsches Fliegerkorps unter
General der Flieger Geislcr in Unteritalien ein-
gesetzt. In Tag- und Nachtangriffen wurde
Malta angegriffen, eine beträchtliche Anzahl
feindlicher Schiffe versenkt und die britischen
Flughäfen in Ägypten und in der Cyrenaika be-
kämpft.
Wenig später entschloß sich der Führer und
Oberste Befehlshaber der Wehrmacht, ent-
sprechend einer Vereinbarung mit dem Duce, an
der Seite der italienischen Wehrmacht in Nord-
afrika mit deutschen Truppen unmittelbar einzu-
greifen. Zusammen mit den bereits in Libyen
stehenden italienischen schnellen Verbänden bil-
deten sie im Rahmen der italienischen Armee in
Libyen unter dem Befehl des Generals Gariboldi
das deutsche Afrikakorps, mit desien Führung
der im Feldzug gegen Frankreich als Komman-
deur einer Panzerdivision hervorragend bewährte
General Rommel betraut wurde. (Hierüber be-
richten wir ebenfalls in einem besonderen Aufsatz.
Schriftltg.)
18
Europas Schicksalskampf im Osten.
Zur Abwehr der drohenden Gefahr aus dem
Osten ist die deutsche Wehrmacht am 22. Juni,
morgens um drei Uhr, mitten in den gewaltigen
Aufmarsch der Bolschewisten hineingestoßen. Die
Geschwader der deutschen Luftwaffe stürzten sich
noch in der Frühe des gleichen Tages auf den
sowjetruffischen Feind und erkämpften in kürzester
Frist die Luftherrschaft über den gewaltigen
Raum. Auf einer Front von über 2400 km
Länge mußte der Angriff, vom Nördlichen Eis-
meer bis zum Schwarzen Meer reichend, vorge-
tragen werden. Die Erfolge schon der ersten Tage
übertrafen die kühnsten Erwartungen der deut-
schen Heerführung, sie sind inzwischen so erweitert
worden, daß an der Vernichtung der sowjetischen
Macht nicht mehr gezweifelt werden kann. —
Mit Deutschland traten zum Kampf gegen die
bolschewistische Gefahr Finnland, Rumänien, die
Slowakei, Ungarn und Italien an; zu ihnen
traten die Formationen der Freiwilligen aus
Spanien, Dänemark, Norwegen und Frankreich.
Unter der Führung Großdeutschlands hat Europa
jetzt seinen Schicksalskampf begonnen. Mit sei-
nem siegreichen Ende kann die Neuordnung be-
ginnen, die allen aufbauwilligen Völkern des
Kontinents Segen und Wohlfahrt bringen wird.
England hat also nicht vermocht, durch dieses
Bündnis mit dem Erzfeind der europäischen Kul-
tur, den Bolschewisten, den Siegeszug der deut-
schen Waffen aufzuhalten. Wie sehr sich die
Plutokratien auch mühen werden, durch Auswei-
tung des gigantischen Kampfes ihren Niedergang
aufzuhalten, es wird ihnen nicht mehr gelingen.
Mit Sowjetrußland ist der letzte Feind der Neu-
ordnung auf dem Kontinent niedergerungen und
niemand wird England mehr vor dem Zugriff der
deutschen Waffen schützen können, auch keine noch
so große Hilfe der demokratischen Freunde jen-
seits des Ozeans.
Noch ein Wort über Frankreich. Sein ehe-
maliger englischer Verbündeter raubte ihm mit
brutaler Gewalt seine überseeischen Besitzungen
Syrien und den Libanon. Und weil seinem indo-
chinesischen Kolonialreich ebenfalls Gefahr drohte,
vereinbarte es mit Japan, der Achsenmachk des
Fernen Ostens, daß dies den Schutz seiner Be-
sitzung Indochina übernahm. Damit hat die Re-
gierung von Vichy unter Marschall Petain einen
weiteren Beitrag des guten Willens zur Einord-
nung in die neuen politischen Kräfteverhältniffe
gegeben.
Wir aber wiffen heute schon, daß das Jahr
1941 mit goldenen Lettern in die (beschichte Eu-
ropas eingetragen wird, denn wenn es uns auch
noch nicht den Frieden bringt, so doch die Ent-
scheidung, die Gültigkeit für die kommenden Jahr-
hunderte haben wird.
^as deutsche Soldatentum hat sich den Lorbcerkranz,
der ihm 1918 hinterlistig geraubt morden war, nunmehr
wieder fest um das Haupt gelegt. DJir alle stehen in tief
ergriffener Dankbarkeit vor den vielen unbekannten,
namenlosen, tapferen Männern unseres deutschen DolkeS.
Sie sind zum erstenmal angetreten aus allen Gauen
Großdeutschlands. Das gemeinsam vergossene Blut aber
wird sie noch stärker aneinander binden als jede staats-
rechtliche Konstruktion.
Der Führer vvr dem Deutschen Reichstag um 6. Dktober 4939
19
Von Major W. Ritgen
Der Krieg auf dem Balkan
Auf allen Kriegsschauplätzen war England
Ende 1940 geschlagen — in Polen, Skandi-
navien und im Westen. Nun setzte es um die
Jahreswende seine Hoffnung auf den Balkan.
Hier sollte eine neue Front entstehen, von der aus
man neue Verbündete gegen die Achse vor-
schicken zu können hoffte, nachdem seit längerer
Zeit schon die von England unterstützte grie-
chische Armee in Albanien gegen die Italiener
kämpfte. Deutschland, das dieser Entwicklung
nicht tatenlos zusehen konnte, hatte seine Vor-
bereitungen getroffen. Nachdem die deutsche
Luftwaffe schon seit längerer Zeit den Schutz der
rumänischen Olfelder über-
nommen hatte, rückten
nunmehr unter Zustim-
mung der bulgarischen Re-
gierung Verbände des
Heeres und der Luftwaffe
unter Führung des Gene-
rals der Flieger v.Richt-
hofen in diesem Lande
ein.
Während die Englän-
der damit beschäftigt wa-
ren, Truppen in Nord-
griechenland zu landen,
marschierte die Armee L i st
im Süden Bulgariens an
der griechischen Grenze auf.
In der letzten Märzwoche
kam es dann zu dem poli-
tischen Zwischenspiel in
Belgrad, wo die Regie-
rung, die am 25. März
feierlich den Beitritt des
Landes zum Dreimächte-
pakt erklärt hatte, durch
einen Staatsstreich besei-
tigt wurde. Damit stellte
sich Jugoslawien in die
Reihe der Feinde der Neu-
ordnung Europas, und
die der deutschen Wehr-
macht auf dem Balkan
gestellte Aufgabe der Ver-
treibung der Engländer
aus Griechenland erwei-
terte sich durch die Not-
wendigkeit, gleichzeitig
Jugoslawien niederzuwer-
fen. Innerhalb der erstaunlich kurzen Zeit von
10 Tagen gelang es, die militärischen Voraus-
setzungen für die erweiterte Aufgabe zu schaffen,
sodaß der Führer den Beginn der Operationen
auf den 6. April 1941 festsetzen konnte.
England und seine serbischen Trabanten hat-
ten wohl mit Sicherheit damit gerechnet, daß die
von Deutschland in den bisherigen Feldzügen
mit entscheidendem Erfolg eingesetzten schnellen
Panzerverbände in dem gebirgigen Gelände des
Balkans nur in beschränktem Umfang verwend-
bar sein würden. Sie wurden in kürzester Zeit
eines anderen belehrt!
20
Die Kapitulation der serbischen Armee. Foto: Weltbild
In Belgrad erschien am 16. 4. 1941 bei Generaloberst Welchs der Oberquartiermeister der serbischen Armee
und bat im Auftrag seiner Regierung um Waffenruhe. Die Übergabe der deutschen Forderungen erfolgte
durch Generaloberst Welchs tm Beiseln des italienischen und ungarischen Militärattaches. — General-
oberst Welchs (links) hört die einzelnen Bitten des serbischen Generals Michai Bodi (2. von rechts).
Während in den Morgenstunden des 6. April
starke Einheiten der Luftwaffe die Festung Bel-
grad und die Plätze der jugoslawischen Luft-
waffe angriffen, traten zwei Gruppen der Ar-
mee List zum Angriff an. Die erste bezwang
in dreitägigem harten Kampf die von den Grie-
chen zäh verteidigte Metaras-Linie längs der
bulgarischen Grenze und erreichte am 9. Ä p r i l
Saloniki, worauf die abgeschnittene, östlich
des Vardar kämpfende griechische Armee, kapi-
tulierte. Die zweite Angriffsgruppe hatte die
Aufgabe, aus dem Raume südlich Sofia in west-
licher Richtung vorzugehen, um Griechenland
von Jugoslawien zu trennen und eine Verbin-
dung mit den in Albanien kämpfenden italie-
nischen Truppen herzustellen. Auch diese Aufgabe
wurde in überraschend kurzer Zeit gelöst. Unter-
dessen war am 8. April eine dritte Angriffs-
gruppe von der Westgrenze Bulgariens her
gegen Risch vorgestoßen.
Inzwischen beendete in Kärnten, Steiermark
und Westungarn die Armee des Generalobersten
v. Weiche ihren Aufmarsch. Ihr war die
Aufgabe zugedacht, in den Nordwestteil Jugo-
slawiens einzubrechen und von dort auf Belgrad
und Serajewo vorzugehen. Teile dieser Armee
erreichten am 10. April Agram, die Haupt-
stadt Kroatiens, das nach dem jubelnden Emp-
fang seiner Befreier sich von Jugoslawien los-
sagte. Bald darauf war auch das Schicksal
Belgrads, auf das von allen Seiten deutsche
Verbände vorstießen, besiegelt. Am Abend des
12. April drang eine kleine Gruppe vonWaffen-
^-Männern als erste in die Stadt ein. In der
Nacht folgten schnelle Verbände und in den
Morgenstunden des 13. April hielt Generaloberst
v. Kleist, besten von Nisch nordwärts vor-
dringende Panzertruppen am Vortage die Bel-
grad beherrschenden Höhen genommen hatten,
seinen Einzug in die Festung.
Praktisch hatte die jugoslawische Armee schon
jetzt aufgehört zu bestehen; nur einzelne Verbände
leisteten noch Widerstand, der schnell gebrochen
werden konnte. Nachdem am 15. April Serajewo
besetzt worden war,kapitulierte zwei Tage später
die gesamte jugoslawische Armee bedingungslos.
In 12 Tagen war also Iugo-
slawienniedergeworfenworden!
21
Neben der Kunst der Führung und dem Kampf-
geist der eingesetzten Divisionen ist dieser schnelle
Erfolg der tatkräftigen Unterstützung zu ver-
danken, die die Luftwaffe den Verbänden
des Heeres zuteil werden ließ. D i e v e r n i ch -
tenden Schläge unserer Kampf-
staffeln gegen die Nachschubwege
desGegners haben ganz wesent-
lich zu dem raschen Zusammen-
bruch seines Widerstandes bei-
getragen.
Währenddessen hatten sich die Operationen
gegen Griechenland weiter entwickelt. Nachdem
am 10. April bei F l o r i n a zum ersten Male
Gefechtsberührung mit britischen Truppen er-
folgt war, waren diese in mehrtägigen Kämpfen
über den A ! i a k m o n zurückgeworfen worden.
Von Saloniki westlich längs der Küste vor-
gehende Truppen gelangten in schnellem Vor-
stoß bis auf die Höbe des O l y m p , zu besten
beiden Seiten britische Nachhuten im zähen
Kampf versuchten, die bereits wieder beginnende
Flucht auf die rettenden Schiffe zu decken.
Während die Kämpfe hier im Gange waren,
ging auch die italienische Armee in Albanien
zum Angriff über, und am 18. April konnte der
Gegner dem wachsenden Druck der deutschen und
italienischen Truppen nicht mehr standhalten. Die
über das unwegsame Pindosgebirge
westwärts vordringende Leibstandarte
Adolf Hitler stieß bei I a n i n a in dev
Rücken der vor den Italienern aus Albanien
weichenden griechischen Armee, die angesichts
ihrer hoffnungslosen Lage kapitulierte. Südlich
des Olymp erreichten zu gleicher Zeit Panzer-
kräfte Larissa, T r i k k a l a und Lama
sowie den H a f e n V o l o s. Noch einmal ent-
spannen sich an den Thermopylen erbitterte
Kämpfe gegen die britischen Nachhuten, die das
Schicksal nicht aufhalten konnten. Am 27. April
wehte die Hakcnkrcuzfahne über der Akro-
polis, nachdem schon am vorhergehenden
Tage Stadt und Enge von Korinth durch
Fallschirmjäger besetzt worden waren. Die west-
lich des Pindos südwärts vorgehenden Waffen-
^-Verbände erzwangen den Übergang über die
Meerengevon Padras. 2n wenigen Tagen
wurde dann der Peloponnes von den letz-
ten feindlichen Soldaten, denen durch rasches
Vordringen motorisierter Verbände die Flucht
auf die Schiffe abgeschnitten werden konnte, ge-
säubert. Schon während dieser Operationen
besetzten deutsche Truppen die griechischen Inseln
in der Ägäis, unter ihnen L e m n o s und
Deutsche motorisierte Truppen ziehen am Olymp vorbei. Foto: PK-Haber-weitbild
22
Ein Dolmetscher liest dem unterzeichnungsberechtigten griechischen Befehlshaber die in der
Vorverhandlung ausgearbeiteten Kapitulationsbedingungen vor.
Foto: PK-Röder-Presse-Hoffmann
Mythilene. Weiter südlich landeten vom
Dodekanes her die Italiener auf den Ioni-
schen Inseln und den C y k! a d e n.
Die Reste der vom griechischen Festland ver-
jagten Briten hatten sich auf die Insel
Kreta gerettet, auf die auch der griechische
König geflüchtet war. Die zu einem starken
Luft- und Flottenstützpunkt ausgebaute Insel
war für die weiteren Operationen im östlichen
Mittelmcer von großer Bedeutung. Der Führer
übertrug darum der Luftwaffe den Auftrag, die
Insel in Besitz zu nehmen. Der unter Führung
des Generalobersten Löhr stehenden
Luftflotte wurden zur Durchführung dieser Auf-
gabe starke Fallschirm-, Luftlande- und Gcbirgs-
truppen unter Führung des Generals der Flieger
Student und das durch zahlreiche Trans-
portgruppen verstärkte Fliegerkorps des Gene-
rals der Flieger R i ch t h o f e n zur Verfügung
gestellt. Vorbereitet durch schwere Bomben- und
Tiefangriffe der Kampfgeschwader, wurden am
Morgen des 20. Mai zahlreiche Fallschirm- und
Luftlandetruppen an drei Plätzen im Westteil
der Insel abgesetzt. Am Nachmittage des glei-
chen Tages erfolgten weitere Absprünge und
Landungen. Nachdem es den über alles Lob
erhabenen Fallschirmjägern im ersten
Anlauf gelungen war, den Flugplatz M a l e -
m e s in Besitz zu nehmen, landeten auf diesem
die Transportstaffeln mitten im feindlichen
Artilleriefeuer planmäßig Gebirgstruppen, die
sofort zum Angriff übergingen. Die Engländer
freilich hielten das Gelingen der deutschen
Operation für ausgeschlossen, solange sie einen
Nachschub zur See verhindern konnten. Aus
diesem Grunde erschien unmittelbar nach Beginn
der Kämpfe auf Kreta fast die ganze in Alexan-
dria stationierte englische Flotte, die überdies den
britischen Truppen auf Kreta Verstärkungen
brachte, ihnen aber gleichzeitig nach bewährtem
Dünkirchcner Muster das beruhigende Gefühl
einer Rückzugsmöglichkeit verschaffen sollte, für
den Fall, daß die Deutschen, denen alles zuzu-
trauen war, doch die Überhand gewinnen sollten.
Und sie gewannen sie! Zwar konnten
die Engländer einen Versuch, deutsche Ver-
stärkungen mit Motorseglern auf die Insel zu
bringen, im wesentlichen verhindern. Doch nahm
der Kampf zwischen den deutschen Fliegern und
der englischen Flotte für diese ein böses Ende.
23 englische Kriegsschiffe, dar-
unter mehrere Kreuzer, wurden
23
während dieser Kämpfe an der
Küste Kretas von deutschen Flie-
gerbomben versenkt. Eine große An-
zahl weiterer Schiffe trug schwere Beschädi-
gungen davon. Währenddessen hatten die auf
Kreta gelandeten Truppen im Westteil der Insel
soviel Boden gewonnen, daß sie den Gegner
allmählich in die Verteidigung drängen konnten.
Am 27. Mai wurde C h a n i a , die Hauptstadt
der Insel genommen. Zwei Tage später gelang
es, Verbindung mit zwei Kampfgruppen aufzu-
nehmen, die bei Rethymnon und Ira -
k l i o n vom ersten Tage an auf sich selbst ge-
stellt, im Kampf gegen überlegene feindliche
Kräfte ausgehalten hatten. Damit war das
Schicksal der Insel besiegelt. Was an Englän-
dern noch auf der Insel war, versuchte südwärts
an die Küste zu gelangen, um vielleicht doch noch
ein rettendes Schiff zu erreichen. Scharf nach-
drängenden Gebirgstruppen gelang es, diese Ab-
sicht zu vereiteln und die Reste des Gegners zu
vernichten bzw. gefangen zu nehmen. Am
28. Mai waren vom Dodekanes her auch
italienische Truppen auf dem Ostteil der
Insel gelandet, den sie von den Resten des Fein-
des säuberten.
Voller Stolz nennt der Abschlußbericht des
Oberkommandos der Wehrmacht die siegreichen
Kämpfe auf Kreta ein Ruhmesblatt in der
Geschichte der deutschen Wehrmacht.
Das Führerwort, daß „dem deutschen Soldaten
nichts unmöglich sei", hatte sich glänzend be-
währt. Neben den Kriegsschiffverlusten der
englischen Flotte hatte der Feind im Balkan,
feldzug weitere schwere Verluste erlitten. Wäh.
rend dieses Feldzuges, einschließlich der Kämpfe
um Kreta verlor der Gegner 592 Flugzeuge,
mehr als das Doppelte der deutschen Verluste.!
Außer den schweren Kriegsschiffverlusten verlor
England im Mittelmeer durch Kampfhandlungen
unserer Luftwaffe zahlreiche Handelsschiffe. 2n
den ersten fünf Monaten des Jahres stellten sich
diese Verluste auf 520 000 Tonnen. Dem.
gegenüber waren auch im Balkanfeldzug die
Verluste der deutschen Wehrmacht erfreulich
geringe: sie betrugen 1206 Tote, 548 Vermißte
und 3901 Verwundete. Schwerer waren die
Verluste der auf Kreta eingesetzten Einheiten, die
1353 Tote verloren, während 2621 Soldaten
vermißt blieben und 1919 verwundet wurden.
Dagegen verloren ungeachtet der auf See zu.
grundegegangenen Soldaten, Engländer und
Griechen zusammen mehr als 5000 Tote, wäh.
rend mehr als 18 000 Mann in deutsche Ge.
fangenschaft fielen.
Mit der Inbesitznahme der Insel Kreta auf
dem Luftwege wurde ein neues Kapitel in de:
Geschichte des Krieges begonnen. Was der
Gegner für unmöglich gehalten hatte, schaffn
Führungskunst und Wagemut deutscher Sol.
datcn. Angesichts solcher Leistungen ist es wohl
zu verstehen, daß das deutsche Volk mit Stolz,
der Führer aber mit unerschütterlichem Vev
trauen auf diese Wehrmacht blickt, mit deren
Hilfe er das neue Europa aufbaut.
Die Herren mögen zur Kenntnis nehmen:
Die Generation, die heute in Deutschland führt, ist nicht die Generation eines
Bethmann-Ilollweg. Heute haben sie ein friderizianisches
Deutschland vor sich! Und das deutsche Volk wird durch diesen Kampf
nicht irgendwie aufgesplittert, sondern es wird fester und fester werden! Wenn
sich etwas aufsplittert, dann werden es die Staaten sein, die selbst so unhomogen
zusammengesetzt sind, wie unsere plutokratischen Weltdemokratien, diese soge-
nannten Weltimperien, die selber nur auf Völkerunterdrückung und Völker-
beherrschung aufgebaut sind. Wir kämpfen hier nur für unser nacktes Dasein!
Wir lassen uns nicht von irgend einem solchen Propagandafatzken vorlügen,
daß es sich etwa um unser Regime handelt.
Adolf Hitler am 19. September 1939.
24
General der Gebirgstruppen vieil Foto: Presse-Hoffmann
wurde als erstem Offizier das Eichenlaub zum Ritterkreuz verliehen.
Dip deutsche Mtroaffe über knsland C
2n den ersten Tagen des Jahres 1941 gab
das Oberkommando der Wehrmacht einen Ge-
neralbericht über die Kampfergebnisse des vor-
angegangenen Halbjahres heraus, der erstmalig
gesammelte Angaben über den Angriff der deut-
schen Luftwaffe gegen die britische Insel enthielt.
— Seit Mai 1940 hatte die britische Luftwaffe,
in Nachtflügen, deutsche Städte angegriffen und
dabei in der Mehrzahl der Falle nichtmilitärische
Ziele getroffen. Wochen- ja monatelang hatte
die deutsche Führung gezögert, die starken Mittel
unserer Luftwaffe in ähnlicher Weise einzusetzen.
Da die englischen Angriffe nicht aufhörten, be-
gann schließlich am 8. August 1340 die deutscht
Vergeltung. Bis zum Ende des Jahres 1940
hatten deutsche Kampffliegerverbände in mehr als
130 Groß-Einsätzen jeweils zwischen 100 000
und 700 000 Kilogramm Bomben über England
abgeworfen. Am 6. September 1940 führte un-
sere Luftwaffe den ersten Vergeltungsschlag gegen
die englische Hauptstadt, die bis zum Jahresende
bei rund 450 Alarmen mehr als 100 deutsche
Luftangriffe erlebte. Ganz
gewaltig waren schon da-
mals die Zerstörungen, die
diese Angriffe in den Ha-
fcnanlagen, den Docks und
den Vorratslagern der
britischen Hauptstadt an-
richteten. Mitte November
begann dann unsere Luft-
waffe, ihre Angriffe plan-
mäßig auch auf andere
Zentren der britischen
Kriegswirtschaft auszu-
dehnen. Über 400 schwere
und schwerste Angriffe
richteten sich innerhalb von
sechs Wochen gegen wich-
tigste Rüstungswerkstät-
tcn, insbesondere im mit-
telenglischen Industriege-
biet. Fast ebenso groß war
die Zahl der Angriffe
gegen verschiedene Häfen.
Der Produktionsausfall
der Rüstungsindustrie traf
die englische Kriegswirt-
schaft ebenso schwer wie
die Versorgungsschwierig-
keiten, die sich aus den
schweren Zerstörungen an
den Hafenanlagen erga-
ben. Neben diesen großen
Aktionen flog unsere Luft-
waffe in der gleichen Zeit
noch über 1000 kleine An-
griffe gegen Einzelziele
wie Flugplätze und Flak-
stellungen, Truppenlagern
und Kasernen. Aber auch
gegen kriegswichtige Ver-
Generalfeldmarschall Milch Foto: Presse-Hoffmann
26
sorgungsanlagen, Brennstoff- und Lebensmittel-
lager sowie Speicher, gegen Kraftwerke und
Eisenbahnanlagcn richteten sich unablässige An-
griffe unserer Geschwader. Jagd- und Zerstörer-
verbände der deutschen Luftwaffe, die den Schutz
der Kampfverbände übernahmen, brachten der
britischen Luftwaffe schwere Verluste bei. Ge-
meinsam mit Kam'eraden der italienischen Luft-
waffe, die im Oktober 1940 im Kampf gegen
England eingesetzt worden waren, fügten unsere
Flieger dem Engländer Verluste zu, die etwa
das Dreifache unserer eigenen Verluste aus-
machten.
Eine genauere Durchsicht der Berichte aus
jener Zeit läßt ganz klar zwei Schwerpunkte in
der Wahl der Ziele erkennen. Unsere Luftwaffe
richtete ihre Angriffe in erster Linie gegen die
britischen Rüstungsanlagen, wo-
bei sie sich besonders stark für die Flugzeugindu-
strie in England interesiierte. Das zweite Haupt-
objekt ihrer Angriffe waren die überseeischen
Zufuhren der britischen Insel, die teils durch
Versenkung der Schiffe in den Geleitzügen, teils
durch Zerstörung der Häfen getroffen wurden.
Die Masse der englischen Flugzeugindustrie
liegt in Süd- und Mittel-England, den Gebie-
ten, die zu den bevorzugten Zielen unserer Flie-
der gehörten. Diese Flugzeugindustrie der Eng-
länder war und ist fieberhaft damit beschäftigt,
die Lücken auszufüllen, die der Luftkrieg in die
Reihen der brit. Luftwaffe reißt. Wir wissen selbst
am besten, wieviel Hände nötig sind, um ein Flug-
zeug fertigzustellen. Zahlreiche Spezialfabrikcn
sind neben dem eigentlichen Flugzeugwerk nötig,
um die verschiedensten Einzelteile wie optische
Geräte, Funkeinrichtung und nicht zuletzt die
Bordwaffen zu bauen. Fällt eines der vielen
Werke aus, sei es nun das Flugzeugwerk selbst
oder die Motorenfabrik bzw. eines der Zubehör-
werke, so ist die gesamte Serienproduktion un-
terbrochen, denn das Fehlen eines einzigen Ein-
zelteiles kann die Indienststellung ganzer Se-
rien von Flugzeugen wochenlang aufhalten.
Nehmen wir nur zwei Städte heraus: C o -
v e n t r y und Birmingham, die beide
in einer knappen Flugstunde von der französi-
schen Kanalküste zu erreichen sind. In jeder
dieser Städte sind — oder richtiger waren —
annähernd zwanzig Werke mit der Herstellung
wichtigster Flugzeugteile und Zubehörteile be-
schäftigt. Diese Fabriken sind wie die ganzen
Städte des englischen Industrierevieres auf eng-
stem Raume zusammengedrängt, und man kann
sich unschwer die verheerende Wirkung der
schweren Schläge vorstellen, die die deutsche
Luftwaffe in kurzen Abständen gegen sie führte.
Die nach derartigen Angriffen durchgeführte
Bild-Erkundung hat denn auch das gewaltige
Ausmaß der Zerstörungen bestätigt.
Die Frage, ob Flugzeuglieferungen der Ver-
einigten Staaten von Amerika diese Ausfälle
wettmachen können, führt uns schon zu dem
zweiten Angriffsziel unserer Flieger, den über-
seeischen Zufuhren. Diese stehen und fallen mit
Oberstleutnant Galland,
der erfolgreiche Jagdflieger und Ritterkreuzträger
mit Eichenlaub und Schwertern.
Foto: PK. Speck-Weltbild
der Bereitstellung des benötigten Schiffsrau-
mes, gegen den sich der gemeinsam von der
Kriegsmarine und der Luftwaffe geführte Kampf
richtet. Auf viele Hunderte von Seemeilen be-
wacht die deutsche Luftwaffe die Seewege rings
um die Insel. Wo sich englische Schiffe im
Bereich eines unserer Flugzeuge sehen lassen,
werden sie mit Bomben und Bordwaffen an-
gegriffen. Unermüdlich sind darüber hinaus an-
dere Flugzeuge damit beschäftigt, die Gewäster
rings um England, insbesondere die Hafenein-
fahrten, zu verminen. Die Zahl der Opfer, die
durch diese Minen vernichtet werden, wird natür-
lich nie bekannt, da die Engländer sie aus nahe-
liegenden Gründen sorgfältig geheimhalten. Die
Major Wiek,
Kommodore des Richthofen-Geschwaders und Träger des Ritterkreuzes mit
Eichenlaub, Ist am 28. November 1940 von einem Feindslug, auf dem er sei-
nen 56. Gegner abschoß, nicht zurückgekehrt und wird seitdem vermißt.
Foto: PK-Fischer-Weltbild
Schiffe aber, die unbeschädigt an die englische
Küste gelangen, laufen zur Löschung ihrer La-
dung Häfen an, die fast alle mehr oder weniger
schwere Schäden durch deutsche Luftangriffe er-
litten haben. Fast nie ist es möglich, die Ladung
eines eingelaufenen Schiffes unmittelbar auf die
Bahn umzuladen. Meist muffen die Güter vor-
übergehend in Lagerschuppen usw. untergebracht
werden. Zum Löschen der verschiedenen Güter
benötigt man im übrigen vielfach spezialisierte
Entladungsvorrichtungen. So ist man in Eng-
land im Laufe der Jahr-
zehnte allmählich dazu ge-
langt, daß sich die Hafer
auf bestimmte Güter spe-
zialisiert haben. Dient dei
eine bevorzugt der Ver-
ladung von Kohle, der an-
dere der Entladung vor
Lebensmitteln, so könnet
die eingebauten Gerät!
ebenso wie die Baulich-
keiten meist nicht für am
dere Arten von Ladungen
benutzt werden. Ist als:
ein Hauptkohlenhafen zer-
schlagen, so können bie
Kohlenschiffe nicht kurzer-
Hand nach irgend einem
anderen Hafen umdirigier!
werden. Das ist Lei bei
großen Abhängigkeit dei
englischen Versorgung vor
den Zufuhren ein schwere!
Nachteil. Denn nicht nui
Flugzeuge möchten bu
Engländer gern von Ame-
rika haben, sondern auch
andere Waffen, vor allem
Artillerie und die dazu-i
gehörige Munition. Eben-
so dringend nötig ist aber
die Zufuhr an allen mög-
lichen Rohstoffen wie
Kupfer, Aluminium und
Schrott, Baumwolle und
ganz besonders auch Nah-
rungsmitteln, die England
nicht in ausreichender
Menge selbst erzeuge«
kann.
Unter diesen Gesichts-
punkten sind die Folger
der deutschen Luftangriffe
gegen die englischen Hä-
fen geradezu verheerend. Die Zerstörungen ar
den Kais und an den Schuppen und Ent-
ladevorrichtungen haben zur Folge, daß die her-
einkommenden Schiffe — wenn überhaupt —
dann nur nach längerer Wartezeit entladen wer-
den können. Es liegt aber auf der Hand, daß
eine solche Wartezeit bei der ständig fortschrei-
tenden Verknappung des Tonnageraumes eine
weitere Einengung der Versorgungsmöglichkei-
ten bedeutet. Zu dieser Erschwerung der Ab-
wicklung der Versorgungszufuhren kommt noch
28
hinzu, daß mit den durch Bombenabwurf zer-
störten Lagerschuppen und Silos riesige Men-
gen an Vorräten in Flammen aufgingen, die
neue Lücken in die Versorgung der Insel rissen.
Und noch eines ist zu berücksichtigen: dicht bei
allen diesen Lade- bzw. Entlade-Einrichtungen
der Häfen liegen die Werften und Docks, die
dem Neubau und der Wiederausbesierung des
Schiffsraumes dienen. Längst sind alle diese
Betriebe infolge des unerbittlichen deutschen
Kampfes gegen den britischen Schiffsraum über-
lastet. Immer wieder aber wurden sie im Laufe
des Kampfes unserer Flieger gegen die Insel
selbst zum Ziel schwerer Bombenangriffe, und
es war schon seit geraumer Zeit ein typisches
Zeichen für die britischen Schwierigkeiten, daß
Werften an allen Ecken und Enden der Welt
mit der Reparatur beschädigten englischen
Schiffsraumes beschäftigt waren. —
Die Angriffstätigkeit unserer Luftwaffe hat
dann auch im Jahre 1941 angehalten. London
allein war beispielsweise schon im Verlauf des
ersten Vierteljahres drcißigmal das Ziel von
deutschen Luftangriffen, von denen das Ober-
kommando der Wehrmacht zwölf als „Vergel-
tungsgroßangriffe" bezeichnete. Auch im neuen
Jahr lag der Schwerpunkt der Luftangriffe auf
den kriegswichtigen britischen Häfen und ihren
Werftanlagen, wodurch der Neubau und die
Wiederherstellung von Kriegs- wie Handels-
schiffen weitgehend gestört wurde. Gleichzeitig
führten unsere Flieger den Kampf gegen die
britische Rüstungsindustrie fort. Weitere Angriffe
richteten sich gegen die Einsatzhäfen der brit. Luft-
waffe, deren Schlagkraft dadurch auf das emp-
findlichste getroffen wurde. Diese „Königliche
Luft-Flotte" ist es gewesen, die damit begonnen
hat, durch nächtliche Angriffe auf deutsche
Focke-Wulf FW 189 — der modernste Nahaufklärer der Welt! I
Der neue Naherkunder Focke-Wulf FW 189 im Fluge!
Dieses erste Doppelrumpfflugzeug der deutschen Luftwaffe, das nach den neuesten flugtechnischen Erfah-
rungen entwickelt wurde, ist ein weiterer wesentlicher Beitrag zur deutschen Luftüberlegenheit; die für
die Gesamtführung der Wehrmacht wichtige Aufklärungstätigkett der Luftwaffe hat eine entscheidende
Waffe ln die Hand bekommen. Die Eigenart der Konstruktion gewährleistet dem neuen Focke-Wulf-Nah-
aufklärer eine bisher unerreichte Einsatzmöglichkeit. Die für einen Aufklärer unvorstellbar hohe Ge-
schwindigkeit, eine allen Jagdflugzeugen überlegene Wendigkeit sowie starke Angriffs- und Abwehrwaffen,
Kanonen und Maschinengewehre neuester Konstruktion, machen dieses Flugzeug zu einer gefährlichen
Waffe. Durch die Teilung des Rumpfes in zwei Leitwerkträger und die dadurch ermöglichte Unter-
bringung der Besatzung in einer abgeschlossenen Vollglaskanzel ist unbehinderte Sicht nach allen Seiten
geschaffen. Die FW 189 ist mit zwei Argus-Flugmotoren ausgerüstet. Ebenso wie der erfolgreiche vier-
motorige Langstreckenbomber Focke-Wulf FW 200 C „Condor" Ist auch dieser neue Nahaufklärer eine
Schöpfung des technischen Leiters der Focke-Wulf-Flugzeugwerke, Wehrwirtschaftsführer Dipl.-Ins Kurt
Tank. Foto; Weltbild
¿221 28
Ein Geschwader Heinkel-Kampfflugzeuge
He 111 im Anflug gegen England. In geordneter Formation, wie über dem Heimathafen, fliegen sie das
Ziel an, um dann ihre todbringende Last abzuwerten. Weltbild-Heinkel
Städte die Wohnstätten friedlicher Bürger zu
gefährden. Erst nach langem Zögern ging die
deutsche Luftwaffe dazu über, ähnlich vorzu-
gehen, wobei sie auch dann noch nach allen
Kräften bemüht blieb, unnötige Angriffe auf
die Zivilbevölkerung der britischen Insel zu ver-
meiden.
Bei Tag und bei Nacht, sei es Sonnenschein
oder stürmendes Wetter — ununterbrochen star-
ten unsere Flieger im Kampf gegen die Insel.
Wie schnell gewöhnt sich der Leser der OKW-
Berichte an die fast täglich wiederkommende
Meldung von der Fortsetzung des Kampfes ge-
gen England! Er denkt wohl nur selten daran,
welche Arbeit die Vorbereitung dieser Angriffe
macht und welches Ausmaß von Einsatzbereit-
schaft dazu gehört, immer und immer wieder
allen Abwehrmaßnahmen zum Trotz den Flug
über das Wasier anzutreten und das befohlene
Ziel anzufliegen. Ganze Männer gehören dazu,
um nach stundenlangem Flug inmitten des Ab-
wehrfeuers in kaltblütiger Entschlossenheit das
Ziel genauestens auszumachen und die Bomben
— oft in mehrmaligem Anflug — genauestens
in's Ziel zu bringen. Hin und wieder wird eine
besonders schneidige Leistung einzelner Be-
satzungen zum Anlaß genommen, ihre Namen
lobend im OKW-Bericht zu erwähnen. Die
Masse der Männer tut — genau wie das zu
den Staffeln gehörende Bodenpersonal — still
und namenlos ihre Pflicht. Erst einer späteren
Zeit bleibt es vorbehalten, dezi Ruhm ihrer
Tapferkeit zu verkünden. Sie selbst kennen nur
das eine Ziel: Kampf gegen England
biszurVernichtung!
das Vaterland auf dem Spiele steht, gibt cs für niemand mehr
Rechte, sondern nur noch Pflichten. W i l o c,, b r » ch
30
Jagdgeschwader Mölders greift an
in 4 Tagen 190 Sowjetflugzeuge, darunter 177 Bomber, abgeschossen
Von Kriegsberichter Eugen Press
Unübersehbar groß sind die Verluste des
Gegners an Flugzeugen, die, in Luftkämpfen
abgeschossen oder am Boden vernichtet, einen
großen Teil der Sowjetluftmacht überhaupt
darstellen. Ein einziges Jagdgeschwader, das
an einem wichtigen Frontabschnitt im Osten
eingesetzt ist, hat allein in den ersten vier
Tagen im Angriff gegen Jagd- und Kampfver-
bände Erfolge erzielt,
wie sie in der modernen
Luftkriegsführung bis-
her überhaupt noch
nicht bekannt wurden.
Es ist das Jagdgeschwa-
der von Oberstleutnant
Mölders. In nur vier Ta-
gen schoß das Geschwa-
der 190 Sowjetflugzeuge
im Luftkampf ab, wäh-
rend durch Beschuß mit
Bordwaffen am Boden
etwa 150 Maschinen ver-
» nichtet und eine weitere
Zahl beschädigt wurde.
Während in der Haupt-
sache So wj et - Jagdma-
schinen auf ihren Feld-
flugplätzen ein schnelles
Ende fanden, war es dem
Geschwader vergönnt, in
der fraglichen Zeit 177
Kampfflugzeuge, Mar-
tinbomber, abzuschießen
und damit den deutschen
Panzerspitzen, Kolonnen
und rückwärtigen Ver-
bindungen die Möglich-
keit einer ungestörten
Entfaltung zu bieten. In
den meisten Fällen konn-
ten die bolschewistischen Kampfflieger noch vor
dem Bombenwurf über eigenem Gebiet abge-
schossen werden, so daß die brennend auf-
schlagenden Flugzeuge oder die im Notwurf
ausgelösten Bomben starke Verwirrung unter
den feindlichen Truppen hervorriefen. Die
Staffeln des Geschwaders stellten somit die
anfliegenden Bomberkräfte rechtzeitig und in
den meisten Fällen gelang es, die Verbände
völlig aufzureiben. Am ersten Tag wurde ein
Kampfverband von 35 Martinbombern nörd-
lich Brest bis auf vier Maschinen vernichtet.
Am Nachmittag dieses Tages fielen bei Ter-
sespol alle neun Maschinen eines Verbandes
vom Himmel, einen Tag später räumten die
Bordwaffen von nur sechs Me’s einen wei-
teren, im Angriff auf deutsche Panzer befind-
lichen Verband mit 15
Abschüssen auf.
Den Abschußrekord bei
einem Angriff holte sich
der Oberfeldwebel H.,
der in Spanien bei der
Legion Condor als erster
Wart seine Pflicht er-
füllte und nunmehr als
Flugzeugführer in der
Morgenfrühe des 22. Juni
trotz hierbei erlittener
Verwundung vier Mar-
tinbomber hintereinan-
der erledigte. Weitere
hervorragende Leistun-
gen zeigte Oberleutnant
Sch. mit sieben Abschüs-
sen an einem Tage, ge-
folgt von dem jungen
Leutnant M., der mit 6
abgeschossenen Martin-
bombern zugleich seine
ersten Abschüsse über-
haupt tätigte, und Ober-
leutnant K., der mit 5 Ab-
schüssen an einem Tage
ebenfalls eine hervor-
ragende Leistung voll-
brachte.
Die Luftkämpfe mit
den Sowjet-Jägern ent-
schieden sich trotz verzweifelter Gegenwehr der
Ratas und Curtiß stets zugunsten der Messer-
schmitt-Maschinen. In diesen Tagen konnte
der Kommodore selbst noch drei moderne
feindliche Bomber herunterschießen, so daß
Oberstleutnant Mölders nunmehr 75 Ab-
schüsse seit Kriegsbeginn, ungerechnet die
14 Abschüsse in Spanien, hat. — Inzwischen
hat sich die Abschußzahl auf über 100 erhöht
Oberst Mölders, / ^
Träger des Ritterkreuzes mit Eichenlaub und
Schwertern mit Brillanten, ist der erfolg-
reichste deutsche Jagdflieger
Foto: PK.-Jütte (Weltbild)
Deutsche Soldaten Kämpfen in Mika
Während sich die deutsche Wehrmacht in den
ersten Monaten des Jahres mit voller Wucht
gegen England wandte und dem Briten zur See
und in der Luft einen harten Schlag nach dem
anderen versetzte, kam es ihr besonders zugute,
daß das verbündete Italien im Mittelmeer stän-
dig starke Kräfte des Feindes band. England
hatte große Teile seiner Flotte wie seiner Luft-
waffe eingesetzt, um den Kampf seiner Divisionen
in Nord- und Ostafrika gegen Italien zu unter-
stützen. Allmählich war die zahlenmäßige und
technische Überlegenheit der britischen Truppen,
die aus allen Teilen des Empire herangefahren
worden waren, so groß, daß der Nachschub und
damit die Kampfkraft der in Nordafrika kämp-
fenden italienischen Truppen gefährdet schien.
Auf Grund einer Vereinbarung mit dem Duce
wurde zunächst ein deutsches Fliegerkorps ent-
sandt, das in Unteritalien eingesetzt wurde und
von dort aus gemeinsam mit Verbänden der
italienischen Luftwaffe dem Engländer durch
schwere Angriffe gegen den F l o t t e n st ü tz p u n k t
Malta u. die brit.Flug-
häfen in Ägypten und
im besetzten Teil der C y -
r e n a i k a hart zusetzte.
Auch die britische Mittel-
meerflotte sowie ihre Han-
delsschiffahrt erlitt durch
die Bombenangriffe un-
serer Flieger fortlaufend
schwerste Verluste. Doch
war dies nur der erste
Teil der deutschen Waffen-
hilfe im Mittelmeer. Dem
im Januar nach Süden
verlegten Fliegerkorps
folgten Mitte Februar die
ersten Transporte von
Einheiten des deutschen
Heeres, die im Geleit ita-
lienischer Kriegsschiffe und
gesichert durch Flugzeuge
der verbündeten Streit-
kräfte die Reise über das
Mittelmeer nach der afri-
kanischen Küste antraten.
Sie stießen zu der unter
Befehl des Generals G a -
r i b o l d i stehenden ita-
lienischen Libyen-Armee,
in deren Verband sie das
Deutsche Afrikakorps bil-
deten, zu dessen Befehls-
haber der Führer General
Rommel ernannte, der
für seine Verdienste als
Kommandeur einer Pan-
zerdivision im Frankreich-
feldzuge bereits mit dem
Ritterkreuz des Eiser-
nen Kreuzes ausgezeichnet
worden war.
Oeneral Rommel,
Chef des deutschen Afrikakorps, Träger des Eichenlaubes zum Ritterkreuz.
Foto: Presse-Hoffmann
32
Das Eintreffen der deutschen Regimenter und
der ungestüme Angriffsgeist ihres Befehlshabers
führte sehr bald zu einer Wendung der Lage in
Libyen. Kaum hatten die ersten Bataillone in
Tripolis die Schiffe verlassen, da unternahmen
am 22. Februar deutsche Aufklärungskräfte
einen Vorstoß, der sie bis nach El A g h e i l a
führte und damit dem deutschen Afrikakorps für
seinen späteren Angriff eine besonders günstige
Ausgangsstellung sicherte. Die nächsten Wochen
vergingen mit dem Antransport weiterer Trup-
pen, die jeweils sofort nach Eintreffen zur Ver-
stärkung der anfänglich dünnen Front nach vorn
gezogen wurden. War der linke Flügel des
Korps an die Küste des Mittelmeeres angelehnt,
so mußte der rechte Flügel gegen die Gefahr
einer Flankenbedrohung von Süden her geschützt
werden. Bis tief in die Wüste hinein mußten
zu diesem Zweck Sicherungen vorgeschoben
werden.
Um die Leistungen unserer Soldaten in Nord-
afrika einigermaßen beurteilen zu können, ist es
wichtig, sich ein Bild von dem dortigen Kriegs-
schauplatz zu machen, der von dem in europä-
ischen Ländern grundverschieden ist. Dieses Nord-
afrika hat aber auch nichts gemein mit dem,
was man sich bei uns im allgemeinen unter
Afrika vorstellt. Die italienische Provinz Libyen,
in der das Deutsche Afrika-Korps zum Kampf
antrat, ist ein großes Wüstengebiet meist step-
penartigen Charakters, mit vereinzelten Oasen.
Soweit es menschliche Siedlungen gibt, so be-
schränken sie sich mit wenigen Ausnahmen auf
den schmalen Küstenstreifen längs des Mittel-
meeres, der durch einen breiten Steppengürtel
von der Sahara-Wüste getrennt ist. Die grö-
ßeren Städte liegen ausnahmslos an dieser
Küste; im Innern des Landes gibt es nur
Nomadensiedlungen. Diese Küstenstädte zeigen
ein buntes Durcheinander europäischen und
afrikanischen Lebens. Kamele und Esel als
Reittiere der Eingeborenen teilen sich mit den
Autos der Europäer in die Straßen.
Wurden die Erwartungen unserer Soldaten,
wenn sie nach der Überfahrt über das blaue
Mittelmeer afrikanischen Boden betraten, in
mancher Beziehung vielleicht enttäuscht, in einem
Punkt erfüllte Afrika ihre Erwartungen, i n
d e r H i tz e. In den ersten Wochen — es war
in Deutschland damals noch bitterkalt — ging
es noch an. Immerhin waren unsere Männer
froh, daß die Führung vorausschauend eine be-
sondere Uniform für das Afrikakorps bereit-
gestellt hatte, die auf das Klima zugeschnitten
war. Die schneeweiße Tracht eines unter Pal-
men wirkenden Filmhelden freilich eignet sich
nicht für das harte Handwerk der Soldaten.
Darum wurde die Uniform aus olivfarbenem
Baumwolltuch hergestellt. Ähnlich wie bei der
Uniform unserer Luftwaffe wird zu der Feld-
bluse ein gleichfarbiges Hemd mit entsprechen-
dem Schlips getragen. Statt der gleichfalls
vorhandenen langen Hose wird meist eine kurze
kniefreie Hose getragen. Besonders kräftig ist
Oberstleutnant Harlinghausen,
Chef des Stabes des in Afrika eingesetzten Flieger-
korps, wurde vom Führer mit dem Eichenlaub zum
Ritterkreuz ausgezeichnet.
Foto: PK-Boecker (Weltbild)
das Schuhwerk, teils aus Leder, teils aus
festem Segeltuch gefertigt. Zum Schutz gegen
die gefährlichen Sonnenstrahlen gehört neben
der Feldmütze mit großem Schirm ein Tropen-
helm mit Kork zu der Ausrüstung. — So aus-
gestattet konnten unsere Männer den Kampf
gegen den doppelten Feind — die Engländer
und das Klima — aufnehmen. Das in Nord-
afrika herrschende Klima, subtropisch genannt,
zeichnet sich durch große Hitze und durch Regen-
armut aus. Bei einer Durchschnittstemperatur
von 30 Grad fallen im Sommer kaum Nieder-
3
33
Bomben auf Tobruk!
Stukas suchen sich über dieser eingekreisten englischen Festung in Nordafrika ihre Hafen- und Schiffs-
ziele. Die zahlreichen Sprengwolken beweisen das rasende Abwehrfeuer der Flak.
Foto: FK-Dillhardt-Weltbild
schlüge. Im Winter unterschreitet das Queck-
silber kaum die Grenze von 10 Grad, während
allerdings um die Jahreswende in der Küsten-
zone reichliche Niederschläge fallen. Im größten
Teil des Jahres muffen die von den italienischen
Kolonisten angelegten Kulturen mühsam durch
ein künstliches Bewäfferungssystem und mit
Hilfe zahlreicher Brunnen bewäffert werden.
Eine der größten italienischen Leistungen in
diesem Gebiet, die auch jetzt für die Kriegführung
von größter Wichtigkeit ist, ist der Bau der
berühmten Küstenstraße, Littoranea genannt, die
rund 1800 Kilometer lang von der libysch-
tunesischen Grenze bis an die östliche Grenze der
Provinz gegen Ägypten führt. Im Jahre 1935
wurde der Beschluß gefaßt, die damals be-
stehenden Einzelabschnitte der Straße schnell-
stens zu einem zusammenhängenden Ganzen aus-
zubauen. 12 000 eingeborene Arbeiter schaff-
ten unter Leitung italienischer Vorarbeiter
fieberhaft ein Jahr lang; dann war die Straße
fertiggestellt, die heute als Nachschublinie für
die kämpfende Truppe von unvorstellbarem Wert
ist. Viele Hunderte von Kilometern führt diese
„Littoranea" durch fast menschenleere Gebiete,
und es ist ein eigenartiges Bild, wenn man
diese Straße entlangfliegt und auf ihr inmitten
der endlosen Weiten der Wüste die Kolonnen
von Kraftwagen sieht, die von den Häfen kom- ;
mend, der Truppe den Nachschub zuführen.
Noch bevor die für das Afrikakorps be-
stimmten Truppen restlos den Weg über das
Mittelmeer zurückgelegt hatten, trat General
Rommel a m 24. März zumAngriff
a n, in deffen Erwartung der Engländer ost-
wärts El A g h e i l a feste Verteidigungs-
stellungen angelegt hatte, die er zäh verteidigte.
Nachdrücklichst unterstützt durch deutsche und
italienische Flieger durchbrachen deutsche Panzer-
truppen diese Stellungen des Gegners, der sich
nun in voller Flucht nach Norden längs der
Küste zurückzog. Unsere Panzer, die den Briten
hart auf den Fersen blieben, erreichten am
2. April A g e d a b i a und besetzten — stür-
misch begrüßt von der befreiten Bevölkerung — '
am 4. April den Hafen B e n g a s i, deffen Be-
sitz für die weiteren Operationen als Nachschub-
basis besonders wichtig war. Aus dem Raume
von Bengasi heraus wurde der deutsche Angriff
in doppelter Richtung vorgetragen. Während
34
eine Gruppe den Gegner längs der Küste zurück-
drückte, war eine zweite Gruppe quer durch die
Wüste vorgegangen. Nach einem für den Geg-
ner außerordentlich verlustreichen Gefecht bei
El Mechilf, bei dem neben 2000 Mann
mehrere britische Generäle in deutsche Gefangen-
schaft fielen, vereinten sich beide Gruppen am
9. April in der Hafenstadt D e r n a. Einen
Tag später war T o b r u k erreicht, wo starke,
frisch herangeführte britische Kräfte am 11. April
fest eingeschlossen wurden. Bei diesen Kämpfen
fiel bei einer Erkundung in vorderster Linie der
Generalleutnant v. Prittwitz und Gaf -
fron, einer der schneidigen Führer des Afrika-
korps. Während in den nächsten Tagen der
Ring um Tobruk fester zugezogen wurde, been-
deten andere Teile des Afrikakorps gemeinsam
mit italienischen Truppen die Säuberung der
italienischen Provinz. Am 12. April wurde das
an der Grenze gelegene Fort C a p u z z o
nach mehrstündigem Kampf genommen und
ägyptischer Boden erreicht. Bei S o l l u m
wurde dann der Vormarsch des Afrikakorps
angehalten, der in wenigen Wochen unter
schwersten Bedingungen über 1800 Kilometer
vorwärtsgeführt hatte. Mit Ausnahme des fest
eingeschlossenen Tobruk war die ganze Cyre-
naika, die die Engländer schon vereinnahmt zu
haben glaubten, zurückerobert. Mehrfache Ver-
suche der Briten, den Ring um Tobruk zu
sprengen bzw. die deutsch-italienischen Stel-
lungen bei Sollum einzudrücken, mißlangen.
Dieser stolze Erfolg ist dem Können der
deutschen Führung ebenso zu verdanken wie den
unvergleichlichen Leistungen unserer Truppe.
Schulter an Schulter mit ihr kämpften ita-
lienische Regimenter, die an dem stolzen Erfolg
teilhaben. Wie auf allen anderen Kriegsschau-
plätzen hat die Luftwaffe — auch hier deutsche
und italienische Staffeln in kameradschaftlicher
Zusammenarbeit — den Kampf der Heeres-
truppen durch unermüdliche Aufklärung wie
durch wirkungsvolles Eingreifen in den Erd-
kampf mit großem Erfolg unterstützt. Wie in
Schnee und Eis Nordnorwegens so bewährte
sich auch hier in Sand und Hitze Afrikas deut-
sches Soldatentum in Erfüllung der vom Führer
gestellten Aufgabe: den Engländer zu schlagen,
wo wir ihn treffen!
Die Befreiung Bengasis.
Mit unbeschreiblicher Begeisterung werden die deutschen Panzertruppen von der italienischen Bevölkerung
in Bengasi als Befreier begrüßt. Foto: PK-Borchert-Weltbild
3*
35
Die Einnahme von El Brega.
Deutsche und italienische Truppen haben nach Überwindung feindlichen Widerstandes Marsa El Brega,
eine Ortschaft in der Cyrenaika, besetzt. Foto: PK-Borchert-Weltbild
Truppen des deutschen Afrikakorps in Libyen.
Deutsche Panzer in einer libyschen Kaserne in der Wüste. Foto: PK-Borchert-Presse-Hoffmann
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❖
f!
/ hi
rbeiter, Bauern, Soldaten,
Kameraden der Pflicht,
haltet die Fahne der Taten,
dal) euer Werk nicht zerbricht.
Mögen die andern noch warten -
Sklaven dienen der Zeit, -
Ihr aber bei den Standarten
seid für das hetzte bereit.
Arbeiter, Bauern, Soldaten,
haltet die Geißel der Zucht,
Je ein Volk, das mißraten,
ward vom Fichte verflucht.
Mögen die andern noch prallen,
Sklaven der Fitelkeit,
nicht von einander lallen
dürft ihr in dieser Zeit.
Arbeiter, Bauern, Soldaten,
schürt eure Feuer im Herö,
mit Hämmern schmiedet die Taten
in Pflug und Meißel und Schwert,
Altäre stehen in Hallen
des Werkes, Vater und Sohn,
und Deutschlands Mütter wallen
in eurem Glauben: Nation.
Herbert Böhme
37
»4-^4 *"4 »*+ 4£4 4^4 4-^-4 ♦!* *£• 4-^4 4*4 ►% 4^4 4^4 4^4 ♦!*4*4 4*-4 4*4 4^4 4^4 *|* 4"*4 4^4 4^44^4 *£* 4*4 4^4 4^4 4-*4 4»*4 4^4 4J44J* *^4 4*4 »% **4 «-J4 4^4 4^4 4*4 <
Von Dr. Hermann Wanderscheck
Die GPU. ist, wie die Bolschewisten sie selbst benennen,
das „Schwert der Weltrevolution", eine Organisation,
die die Aufgabe hat, die Feinde des Bolschewismus zu
beseitigen. Aus verschiedenen sowjetischen Quellen ergibt
sich heute ein klares Bild von diesem M o r d i n st r u -
ment der Moskauer Zentrale. Der Grund-
gedanke der GPU. ist die Unterstützung des Klaffenkampfes
des Proletariats im internationalen Maßstab mit allen
zur Verfügung stehenden Mitteln zur Errichtung eines
jüdischen Weltreiches und Sowjet-Weltstaates. „Der bol-
schewistischen Revolution haben sich 90 Prozent Juden an-
gesaugt", stellte schon Lenin fest. Analog der Organisation
der Sowjet-Armee durch den Juden Leiba Bronstein-
Trotzki in der Zeit des Bürgerkrieges haben der Pole
Djerschinski und der Jude Moses Uritzki die GPU., die
damals noch Tscheka genannt wurde, ausgebaut. Auch
Stalin war leitender Kommiffar der Tscheka und ver-
hängte gegen die Gegenrevolutionäre 1921 in Tiflis Tau-
sende von Todesurteilen. JnderZeitdesBürger-
krieges fielen der Tscheka allein mehr
alsanderthalbMillionenBürger,Sol-
daten, Bauern, Frauen und Kinder zum
Opfer.
Die GPU. begann aber erst nach dem Bürgerkrieg rich-'
tig zu wüten. Bei Empörung, Hungerrevolten, Bauern-j
ausständen und Meutereien raste die Mordmaschine aujl
Befehl Moskaus unabläffig. Überall, wo sich auch nun
die Spur eines Widerstandes gegen die bolschewistisch
Diktatur zeigte, wurde die GPU. hinkommandiert unt?
vollzog Todesurteile und Hinrichtungen, so im Kaukasus,!
in den Hungcrgebieten an der Wolga, in Sibirien und ir
der Ukraine. Nach dem Tode Djerschinskis übernahm betf
Jude Menschinski, einer der eifrigsten Tschekisten.
die Leitung der GPU. Ihm folgte der Jude I a g o d a
und später A k u l o f f.
Neben den offiziellen GPU.-Truppen werden zum Zweck
von Strafetpeditionen gegen aufständische Bauern, meu-
ternde Truppenteile und unzufriedene Bürger Sonder-
formationen der P8U. eingesetzt. Für die Be-
wachung der zahlreichen Konzentrations- und Zwangs-
arbeitslager in der Sowjetunion sind die Wachtmann-^
schäften der GPU. abkommandiert. Auch ihre Taktik be-
ruht in einer rücksichtslosen Brutalität gegenüber den In-
ternierten. Militarisiert wie die offiziellen GPU.-Truppen
sind vor allem die Jndusirieschutztruppen der GPU., die
zum Schutz der Fabriken, Werften, Schächte, der Bauern-?
Vorbei an einem erledigten sowjetischen Panzerspähwagen bleibt die Vorausabteilung dem
Feinde auf den Fersen. Foto: pk.-Schmidt-Weltbild
38
wirtschaft und Felder eingesetzt sind. Überall ist die Füh-
rung dieser GPU.-Leute jüdisch.
Neben diesen Industrie- und Schuhtruppen der GPU.
spielen die geheimen Abteilungen in der Sowjetunion eine
Sonderrolle. In dieser Bespitzelungsmaschinerie nimmt
die Heeres-GPU.-Informationsabteilung eine besondere
Stellung ein. Sie berichtet der GPU.-Zentrale über alle
Vorkommnisse des Heeres, über die Stimmung der Trup-
pen, über die Meinungen der Generale und der bolsche-
wistischen Soldaten. Verrat, Denunziation und
Korruption sind die Mittel und Wege dieser Agen-
ten. Den größten Terror übt die Werk- und kollektive
Information der GPU. aus. In jeder sowjetischen Fabrik
sind solche Agenten untergebracht, die gegen eine gewisse
Belohnung die Stimmung der Belegschaft und der Bauern
an die Zentrale melden. Sie arbeiten mit den raffinier-
testen Mitteln und schrecken vor gemeinen Provokationen
nicht zurück. Aus einem Bericht Sakharows geht hervor,
daß diese Agenten konterrevolutionäre und nationale Flug-
blätter verteilen, die gegen das Sowjetregime aufrufen,
um alle die Bauern und Arbeiter, die solche Flugblätter
weiter verteilen, zu verhaften und zu erschießen. Diese
Agenten gründen auch geheime nationalrevolutionäre Or-
ganisationen, die man monatelang bestehen läßt, um mög-
lichst viele staatsfeindliche Elemente heranzuziehen. Die
Opfer werden zum Tode verurteilt. Aus vielen Erlebnis-
berichten geflüchteter Arbeiter ging schon früher hervor,
daß die GPU.-Leute rücksichtslos mit allen Mitteln des
Terrors und Sadismus gegen die Verhafteten
vorgehen.
Es wurden GPU.-Schulen gegründet, die völlig unter
jüdischer Aufsicht stehen. Auch die meisten Schüler dieser
Schulen sind zu einem großen Prozentsatz Juden. Sie
werden nun durch politische, militärische und sogenannte
kommunistische Erziehung zu willenlosen und brutalen
Werkzeugen der Kreml-Machthaber gemacht.
Entsprechend dem weltrevolutionären Programm des
Bolschewismus wurden die GPU.-Organisationen auch
im Ausland eingesetzt. Die Direktiven aus Moskau be-
stimmen die Au s l a n d s s p i o n a g e. Die Fäden füh-
ren bis in die einzelnen Sowjet-Botschaften. Unzählige
Komplotte im Zusammenhang mit dem Spionagedienst
der GPU. wurden im Laufe der letzten Jahre in fast allen
europäischen Ländern aufgedeckt.
Seit Bestehen der bolschewistischen Regierung in Mos-
kau war die GPU. der Schrecken des Landes, ein Phan-
tom für die übrige Welt. Die Grausamkeiten und Bruta-
litäten, die auf das Konto dieser jüdischen Organisation
„zum Fortschritt der Zivilisation und Menschheitskultur"
gehen, sind millionenfache. Allein von Beginn der Ok-
toberrevolution 1917 bis zum Ende des Bürgerkrieges
1923 wurden von der GPU. über 1 760 000 Menschen
hingerichtet, darunter 260 000 Soldaten, 815 000
Bauern, 344 000 Intellektuelle, 192 000 Arbeiter und
100 000 Geistliche, Ärzte, Offiziere und Professoren. Es
ist unbekannt, wie hoch die Zahl derer ist, die nach dieser
Periode dem Terror zum Opfer fielen. Sie wird auf
8 Millionen Menschen geschätzt. Der schärfste Terror
durch die GPU. setzte nach der Proklamation des ersten
Fünfjahresplans ein. Die Bauern, die sich weigerten, in
die Kollektive einzutreten, und ihre Getreuen, Freunde
und Familien wurden erbarmungslos der Sabotage be-
schuldigt und durch die Straferpeditionen der GPU.-
Truppen mit Gas, Artillerie und anderen Vernichtungs-
mitteln erschossen, bestialisch ermordet oder
hingerichtet. Alle diese Bluttaten wurden auf Be-
fehl Stalins vollzogen, der seit 1923 im Massenmord
„geschult" war, als er in Georgien 12 000 Menschen hin-
richten ließ, 30 000 in die Verbannung nach Sibirien
schickte und nach Moskau ging, um Lenins Erbe anzu-
treten, das „Sowjetparadies" zu schaffen, die Geißel der
Welt, die tödliche Bedrohung des Abendlandes, die
jüdische Weltherrschaft mit Terror und Gewalt.
Deutsche Schlachtschiffe im Atlantik.
Schlachtschiff in schwerer See.
Foto: PK-Augst-Weltbild
39
O VV*ll
Kapitän zur See Rieve erzählt vom 9. April 1940
Um 0.30 Uhr nachts mußte der am Morgen aufge-
löste Verband abgeblendet dicht unter der dänischen
Küste gesammelt und geschlossen an das Angriffsziel
geführt werden. Im Laufe des Abends und der Nacht
wurde die Sicht nicht besser, sondern ganz langsam,
aber stetig schlechter. Es war so eine richtige dicke Milch-
suppe, in der man nachts die Entfernung kaum schätzen
kann. Diese Stunden kosten dem Kommandanten
graue Haare, es hilft aber nichts. Der Befehl lautet:
„Bei Nebel die Aufgabe durchführen!"
U-Bootführer Kapitänleutnant Schepke,-
blieb nach tapfersten und erfolgreichsten Fahrten
mit seiner Besatzung vor dem Feind. Er war mit
dem Eichenlaub zum Ritterkreuz ausgezeichnet.
Foto: Weltbild
Also fanden wir zur festgesetzten Zeit und am befoh-
lenen Ort die anderen zu uns gehörigen Gruppen und
konnten nun mit dem geschlossenen Verbände nach der
norwegischen Südküste vorstoßen. Schwerer noch als
das Führer- und Spitzenschiff haben es die angehängten
Schiffe, Torpedoboote und Schnellboote, die den kaum
sichtbaren Vordermann im Nebel nicht verlieren dür-
fen, zumal wenn der Verband aus ganz verschiedenen
Schiffstypen zusammengesetzt ist. Der unbeugsame Wille t
der Kommandanten, unter allen Umständen am Verbände
zu bleiben, führte zur erfolgreichen Durchführung des:
schwierigen Rachtmarsches. Gegen 1 Uhr wurde plan- j
mäßig ein Torpedoboot vom Verbände nach A r e n d a I I
zur Erledigung seiner getrennt gestellten Aufgabe ent- j
lassen. Der Nebel hielt an und wurde höchstens noch !
dicker. Die Kriegswach- und Ausguckposten starrten in
die fast undurchdringliche Dunkelheit. Gegen 2 Uhr er-
hielten wir die Nachricht, daß am Südausgang Oslofj- |
ord Geschützdonner zu hören sei und daß die norwegische
Regierung sämtliche Küstenfeuer gelöscht hätte. Letzteres
stellte eine weitere wesentliche Erschwerung der Aufgabe
bei der felsigen Gestaltung der Küste und der Enge der
Einfahrten nach Kristiansand dar. Wenn aber jetzt der
Nebel hochging, konnte die Ueberraschung noch gelingen.
Gegen 4.15 Uhr stand die Kampfgruppe planmäßig
nahe vor der Einfahrt des Kristiansandfjordes. Es blieb
aber leider dick, so daß die V* sm breite Einfahrt zwischen
den Leuchttürmen Oksöy und Grönningen nicht ange- j
steuert werden konnte. Schweren Herzens wurde der Ver- >
band mit geringer Fahrt vor der Küste hin und her ge-
führt. Das Ueberraschungsmoment, das für die Durch-
führung der ganzen Aufgabe von ausschlaggebender Be-
deutung war, mußte aufgegeben werden, wenn der Nebel
erst mit Hellwerden verschwand.
Beinahe zwei Stunden langen Wartens vergingen,
ehe gegen 6 Uhr der Nebel sich in Schwaden in Bewe-
gung setzte. Nun fing es aber auch schon an zu dämmern.
Bald kamen die Umrisse der Felsenküste und auch eine
Tonne in Sicht, die uns bestätigte, daß wir in der Nähe
der Einfahrt standen. Gegen 5.30 Uhr war Klarschiff
zum Gefecht angeschlagen und mit Hornsignal die ganze
Besatzung auf Gefechtsstation gerufen worden. Nun ging
es mit vermehrter Fahrt dem Ziele entgegen. Langsam
hob sich der Nebel vom Wasser, und ein Boot nach dem
andern wurde achteraus gesichtet. Der ganze Verband
war zur Stelle. Wahrlich, eine glänzende navigatorische
und seemännische Leistung der jungen Kommandanten der
Schnellboote. „Schwimmerflugzeug steuerbord voraus in
den Nebelschwaden, Entfernung 1500 m", wurde gemel-
det, und bald als norwegisches Flugzeug ausgemacht.
Wir durften den ersten Schuß nicht lösen, da zunächst
eine friedliche Besetzung Norwegens befehlsgemäß ver-
sucht werden sollte. Es war uns nun klar, daß wir vom
Flugzeug, das schnell über der Küste wieder verschwand,
gemeldet wurden. Mit einer Ueberraschung war nicht
mehr zu rechnen. Der Verband, an der Spitze die
„K a r l s r u h e", lief nun in die enge Einfahrt ein. Die
Spannung stieg zusehends. Gerade vor uns erhob sich
der hohe Felsen von Odderö, auf dem 14 mittlere und
schwere Geschütze standen. Wir waren klar zum Feuern,
jedoch standen alle Geschütze in der Friedenszurrstellung,
40
die Geschützbedienungen hinter den Schutzschildern und in
den Türmen, unsere Heerestruppen unter Deck. „Karls-
ruhe" hatte die beiden Leuchttürme gerade einlaufend
passiert, als vor Odderö ein roter Stern leuchtend wie
ein Kometenschweif seine Bahn zog und gleich darauf
die Landbatterien ihr Feuer auf uns eröffneten. Nun
endlich war es so weit, und alle Unklarheiten waren be-
seitigt.
Norwegen wollte keine friedliche Besetzung und keinen
Schutz durch Deutschland, sondern den Kampf. Wenige
Sekunden später donnerte die erste Salve aus dem vor-
deren 15-Zentimeter-Drillingsturm auf etwa 8000 Meter
gegen die hohe Felsenburg, und gleichzeitig fielen die
Batterien der Torpedoboote und schweren Flak mit ein.
Es war das erste gefechtsmäßige Kaliberschießen der
jungen Besatzung. Nach kaum sieben Sekunden brüllte
der Turm A wieder auf und sandte seine eisernen Grüße
gegen den Feind! Kurz vor der „Karlsruhe" wurde ein
Sehrohr gesichtet und Unterseebootsalarm gegeben. Das
Unterseeboot konnte aus der Stellung aber nicht auf uns
schießen. Nun sahen wir unsere eigenen Kampf- und
Bombenstaffeln anfliegen, und bald krachte es oben auf
der norwegischen Felsenburg ganz erheblich. Hohe,
schwarzbraune Rauchsäulen zeigten uns die Treffer-
wirkung der Bomben. Es schien ein Pulvermagazin ge-
troffen zu sein. Auf 6500 Meter war nun der Verband
herangelaufen und lag gut eingedeckt in feindlichen Auf-
schlägen, ohne jedoch bisher getroffen zu sein. Die feind-
lichen Batterien waren noch nicht niedergekämpft. Nur
drei Rohre von neun Geschützen konnten bei der Lage
eingesetzt werden. Ein näheres Herangehen mußte zu
starken eigenen Verlusten führen ohne Aussicht auf siche-
ren Erfolg. Der Verband wurde durch eine Gefechts-
kchrtwendung auf Gegenkurs geworfen, und während des
Drehens feuerten nun auch die beiden achteren Türme mit.
„Karlsruhe" legte dann eine Nebelwand zum Schutze der
Torpedo- und Schnellboote und deckte damit das feind-
liche Feuer bald ab.
Nach 15 Minuten begann der zweite Angriff, nachdem
vorher das eigene Bordflugzeug gestartet war. Es hatte
Befehl, mit Bomben und Maschinengewehren die feind-
lichen Batterien anzugreifen. Auch beim zweiten Angriff
spie das norwegische Felsennest weiter seine mittleren und
schweren Granaten gegen unseren Verband. Die Artillerie
unserer beiden Torpedoboote und die schwere Flak des
Kreuzers fielen ebenfalls ein.
Auch dieser zweite Angriff wurde auf etwa 6800 Meter
abgebrochen, ohne einen sichrbaren Erfolg zunächst zu
hinterlassen. Der vordere Turm, der die Hauptlast des
Kampfes bisher zu tragen hatte, meldete, daß sein Be-
stand an Sprenggranaten stark gelichtet sei. Neue Ent-
schlüsse mußten jetzt von der Kampfgruppenführung ge-
troffen werden, um den Widerstand des Feindes zu
brechen. Der Verband wurde quer zur Einfahrt dicht
unter den beiden Leuchttürmen mit geringer Fahrt vor-
beigeführt, so daß alle Drillingstürme zum Einsatz ge-
bracht werden konnten. Der vordere Turm wurde mit
Munition der achteren Türme aufgefüllt. Nun zeigten die
jungen Männer in den Türmen erst, was sie leisten konn-
ten. Vollsalve auf Vollsalve von drei Drillingen verließ
die Rohre, und deutlich konnte die gute Lage am Ziel
vom Artillerieoffizier aus dem Vormarsstand beobach-
tet werden. Keine Störung, kein Versager trat in den
Türmen auf. „Bravo, ,Karlsruhe'!" hörte man.
Schweiß rann von Gesicht und Körper. Es war ihr erstes
Kaliberschießen, das sie auf dem Kreuzer durchführten.
Der Feind erwiderte dieses konzentrische Feuer nicht
mehr. War er niedergekämpft oder war vielleicht eine
Panik ausgebrochen? Vor der Einfahrt konnte die
Kampfgruppe wegen der Unterseebootgefahr nicht blei-
ben. Die Zeit rückte immer weiter vor. Um 5.15 Uhr sollte
Korvettenkapitän Kretschmer,
einer der erfolgreichsten und heldenmütigsten U-
Bootführer, geriet in Gefangenschaft. Er trägt das
Eichenlaub zum Ritterkreuz. Foto: Weltbild
Kristiansand genommen sein und nun zeigte die Uhr auf
7.30 Uhr. An all den anderen Angriffssiellen waren
sicher schon deutsche Truppen an Land. Sollten wir etwa
als letzte Kampfgruppe die Durchführung der Aufgabe
melden? Wir wußten, daß jede Stunde wichtig war und
daß unsere höheren Führer auf Meldungen sehnsüchtig ^
warteten. Der Befehl lautete eindeutig und klar:
„Widerstand ist mit allen Mitteln unter vollem Ein-
satz zu brechen."
Nun mußte in den Hafen, der unmittelbar unter den
feindlichen Batterien lag, eingebrochen werden, gleich-
gültig, was es kostete. Mit hoher Fahrt liefen die
beiden Torpedoboote, gefolgt von „Karlsruhe", in die
enge Einfahrt zum dritten Male ein, als plötzlich in
kaum zwei bis drei Minuten eine neue dicke Nebelwand
alles in -eine dicke Milchsuppe einhüllte. Einige harte
41
deutsche Seemannsausdrücke fielen auf der Brücke, Es
halt aber nichts, ein weiteres Eindringen brachte die
Schiffe in unmittelbare Gefahr, auf Felsen zu laufen
und damit die ganze Aufgabe in Frage zu stellen.
Das eigene Bordflugzeug kehrte gerade nach erfolg-
reichem Angriff zurück, verschwand in Sekunden in den
alles eindeckenden Nebelschwaden und mußte sich selbst
überlasten werden. Über zwei Stunden hielt der Nebel
an und stellte uns alle auf eine harte Nervenprobe. Mit
Mühe gelang es der Berbandsführung, alle Einheiten
in der Nähe zu halten. Verbittert und über den Wetter«
gott schimpfend, standen wir nun schon 30 Stunden auf
der Brücke und waren zum
weiteren Warten verdammt.
Endlich kurz nach 10 Uhr,
kam Bewegung in die mil-
chige Brühe. Bald konnten
wir die Umriste der Küste
ausmachen und den genauen
Schiffsort bestimmen. Zu un-
serer Freude kam ein Boot
nach dem anderen aus den
abziehenden Schwaden her-
aus, nicht ein einziges Schnell-
boot fehlte.
Unsere tapferen Marineartilleristen und Heeresstoßtcupps
unter Führung des Kapitänleutnants M i ch a e l s e a
waren überraschend von rückwärts in die Festungswerke
eingedrungen und hatten sie im Sturm genommen. Ge-
fangene und verwundete norwegische Soldaten sah man
in einzelnen Trupps den Berg herunterkommen, bewacht
von wenigen deutschen Stoßtruppmännern.
Zu unserer großen Freude kam kurz nach dem An-
kern auch unser Bordflugzeug zurück. Es hatte seine
Bomben gut gedroppt und die Batterien mit Ma-
schinengewehrfeuer beschosten. Während des plötzlichen
Nebeleinbruchs war der Flugzeugführer an einer Felsen-
Der Führer der Torpedo-
boote hatte inzwischen die
Stoßtrupps auf drei Schnell-
boote umsteigen lasten. Neue
Befehle zum Angriff mußten
übermittelt werden. Nun
mußte koste es was es wolle,
der Einbruch durchgeführt wer-
den. Torpedo- und Schnell-
boote jagten dem Hafen ent-
gegen, „Karlsruhe" und das
Begleitschiff folgten. Zum so-
fortigen Einsatz alle Waffen
klar, um unsere leichten, mit
Stoßtrupps dicht besetzten
Seestreitkräfte zu decken. Die
Spannung war auf das
äußerste gestiegen, als wir der
Felsenburg immer näher ka-
men. Sollte der Feind den
Widerstand aufgegeben haben?
Da meldete auch schon das
vornstehende Führerboot:„Kein
feindlicher Widerstand mehr!"
Kurze Zeit später setzten die
Torpedoboote und Schnell-
boote ihre Stoßtrupps an den
vorher befohlenen Landungs-
stellen ab, ohne Feuer zu er-
halten. „Karlsruhe" ging un-
terhalb der Felsenburg Odderö
zu Anker, und ehe der Anker
aus der Klüse rutschte, stieg
die deutsche Hakenkreuzflagge
siegreich auf der Bergkuppe
von Odderö am Maste empor.
Korvettenkapitän l?rien.
Das von Korvettenkapitän Günther Prien geführte Unterseeboot ist auf
Feindfahrt geblieben. Der Heid von Scapa Flow und vieler erfolgreicher
Feindfahrten und seine tapferen Männer werden im Herzen aller Deutschen
weiterleben. Günther Prien war mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz des
Eisernen Kreuzes ausgezeichnet. Aufnahme: Weltbild
42
insel gewasiert und hatte dort die weitere Entwicklung
abgewartet.
Aus der Stadt drang Maschinengewehrfeuer an unsere
Ohren. Wir wußten aber, wo deutsche Infanteristen erst
einmal an Land gesetzt sind, wird aller Widerstand
schnell gebrochen. Eine deutsche Kampfstaffel erschien
über der Stadt, um nötigenfalls noch einzugreifen. Nach-
dem die Torpedo- und Schnellboote ihre eingeschifften
Soldaten an Land gesetzt hatten, kamen sie bei „Karls-
ruhe" längsseit, um nun auch vom Kreuzer die Heeres-
einheitcn abzuholen.
Die Besetzung der Stadt und des in der Nähe lie-
genden Fliegerhorstes vollzieht sich planmäßig. Bald
laufen die ersten Nachschubdampfer mit weiterer Ver-
stärkung an Personal und Material in den Hafen ein
und ankern dicht neben der „Karlsruhe". Ein Prisen-
kommando besetzt zwei an der Pier liegende norwegische
Unterseeboote und macht sie zunächst fahr- und gefechts-
unklar. Eins dieser Boote war am Morgen in der Ein-
fahrt und gab Anlaß zu unserem Unterseebootalarm.
Der norwegische Kommandant erklärte bei der Übergabe
des Bootes, daß er von nichts gewußt und auch gar
keine Gefcchtstorpedoköpfe in den Rohren gehabt hätte.
Was für ein Dusel für uns!
2m Laufe des Nachmittags lief auch das letzte
Torpedoboot in Kristiansand wohlbehalten ein. Es hatte
seine Radfahrkompanie in Arendal überraschend an
Land gesetzt und dadurch einen weiteren wichtigen Orl
an der Südküste in deutsche Hand gebracht. Am Nach-
mittag bellen unsere schweren und leichten Flaks auf.
Englische Aufklärungsflugzeuge überzeugen sich von der
deutschen Besetzung von Kristiansand. Nicht lange, dann
werden wir mit Bombenangriffen in dem tief einge-
betteten engen Hafen zu rechnen haben. Die Zeit drängt,
neue Aufgaben sind dem Kreuzer gestellt. Erst jetzt
kommt jedem Soldaten an Bord allmählich zum Be-
wußtsein, daß die kühne Aufgabe gelöst ist und sich die
geschichtlich einmalige Tat erst später klarer heraus-
schälen wird. Wir stehen den Ereignissen noch zu nah.
Gegen 17 Uhr trifft die Meldung von dem Re-
gimentskommandeur aus der Stadt ein, daß die Stadt
besetzt und die nächste Umgebung gesichert ist. Der an
Bord befindliche Marinebefehlshaber begibt sich darauf-
hin mit seinem Stab an Land, um den Abschnitt zu
übernehmen.
Um 19 Uhr lief die „Karlsruhe" befehlsgemäß aus
Kristiansand mit drei Torpedobooten zur Erfüllung neuer
Aufgaben aus. Die See war ruhig, ein leichter nord-
östlicher Wind kräuselte die Oberfläche des Skager-
raks. Wir wußten, daß wir uns in einem stark durch
Unterseeboote gefährdeten Seegebiet befanden und liefen
mit hoher Fahrt und Zickzackkursen unter dem Untersee-
bootschutz von drei Torpedobooten in südlicher Kurs-
richtung. Verstärkter Ausguck gegen Flieger und Unter-
Unter See
Von Oberleutnant z. S. G ü h 1 e r.
Vier lange Wochen Tag und Nacht / Im Lederzeug geschlafen, gewacht, / Vierzig
Mann, die ein starker Geist / Auf Tod und Leben zusammenschweißt. / Wißt
ihr, was das heißt?
Tag und Nacht und Nacht und Tag / Maschinengerassel, Motorenschlag. / Rast-
los rasend die Kurbel kreist, / öldunst in Lunge und Augen beißt, / Wißt ihr,
was das heißt?
Wenn tosend die Gischt das Boot umtollt, / Wenn es schlingert und stampft
und zittert und rollt. / Wenn der Sturm die See auseinanderreißt. / Wenn die
Kalte der Wache den Atem vereist. / Wißt ihr, was das heißt?
Geleitzug, Zerstörer und Kreuzer vereint / Zum Schutze der Dampfer, und dann
ran an den Feind, / Der wütend Bombe auf Bombe schmeißt, / Bis hell
krachend Ihn der Torpedo zerreißt. / Wißt ihr, was das heißt?
Und nun bei euch: Wenn da ein Zeitungsblatt hängt: / Vierzigtausend Brutto-
registertonnen versenkt. / Denkt einmal nach, was es schweigend spricht.
Freilich, wir tun nur unsere Pflicht, / Ihr ahnt,.was es heißt, doch ihr wißt es nicht.
seeboote war neben der Kriegswache aufgezogen. Kurz
vor 20 Uhr machte das an Steuerbord querab stehende
Torpedoboot U-Boot-Alarm. Wenige Sekunden später
sahen wir vier Torpedolaufbahnen auf unseren Kreuzer
zulaufen. „Hart Backbord" und „Beide Maschinen alle
Kraft voraus" wurde sofort befohlen. Sekunden wurden
zu Ewigkeiten. Dreht das Schiff schon, gehen die Tor-
pedos doch noch achtern vorbei, sind Gedanken, die blitz-
schnell einem durch den Kopf jagen. Gespannt schauen wir
auf die Laufbahnen und wisien, durch Hunderte von
Friedenstorpedoschießübungen geschult, daß der Torpedo
der sichtbaren Laufbahn weit vorauseilt.
Jetzt mußte der Torpedo am Schiff sein, und plötzlich
erzitterte das ganze Schiff. Steuerbord achtern stieg
eine wohl 60 bis 80 Meter hohe Master- und Spreng-
säule empor. Todwund getroffen legte sich der stolze
Kreuzer nach Steuerbord über und blieb bewegungs-
unfähig liegen. Einzelne Soldaten wurden durch die ge-
waltige Explosion durch die Luft ins Master geschleu-
dert. Ein Torpedoboot fischte sie alle auf. Fast friedens-
mäßig kamen die Meldungen über die eingetretenen
Beschädigungen, Maschinenstörungen und vollgelaufene
Abteilungen an die Schiffsführung. Der Erste Offizier,
der Leitende Ingenieur, die Leckwehr arbeiteten wie bei
einer Klarschiffübung. Verwundete und Verletzte wurden
ins Lazarett gebracht, um durch die Ärzte und das
Sanitätspersonal verbunden zu werden. Der Pumpen-
meister meldete, daß alle Lenzmittel, der Leitende In-
genieur, oaß beide Maschinen und das Ruder ausgefallen
seien. Das schöne Schiff begann weiter nach Steuer-
bord achtern zu sinken.
Plötzlich neuer Unterseebootalarm an Backbord. Die
leichten Flaks schosten in rasender Feuergeschwindigkeit
auf das beobachtete Sehrohr und deckten die Wasser-
fläche völlig ein. Unsere braven Torpedoboote droppken
Wasserbomben und fielen auch ihrerseits mit den Ge-
schützen ein. Der Angriff wurde abgewehrt.
Nach etwa einer Stunde mußte alle Hoffnung auf
Erhaltung des Schiffes aufgegeben werden. Der
schwere Entschluß, das Schiff zu verlassen, wurde ge-
faßt. Zwei Boote kamen längsseits. Der Befehl für
das Antreten aller Mannschaften an Deck wurde durchs
Schiff gepfiffen.
Mustergültig verhielt sich die junge Besatzung. Ruhig
und nach den Befehlen ihrer Vorgesetzten stiegen die
Männer von ihrem stolzen, liebgewonnenen Schiff auf
die Torpedoboote über. Zuerst brachten die Männer ihre
verwundeten und verletzten Kameraden hinüber. Lang-
sam, aber leider stetig sank unsere „Karlsruhe" weiter
und ging kurz vor dem Dunkelwerden auf über 400 Meter
Wassertiefe in den Fluten des Skagerraks mit elf
unvergessenen Kameraden unter.
So schwer uns allen ums Herz um diese Stunde war,
so hatten wir doch wenigstens die eine Genugtuung, daß
wir die von unserem Obersten Befehlshaber gestellte Auf-
gabe erfüllt hatten und wissen, daß aus der dritten
„Karlsruhe" eine neue, stolze und größere vierte
„Karlsruhe" einst nach siegreichem Kriege entstehen wird.
Haubitzen -^lakkampf mit 8owjet-kanrern
Von Kriegsberichter Dr. Friedrich Wagner
Es war am Mittag dieses heißen Juli-Kampftages
über den Feldern von Radziechow ein Klirren und Bersten
in der Luft, wie in den sagenhaften Schmieden der Unter-
welt vielleicht. Eisen prallte auf Eisen, verderbenbringende
Geschosse auf stählerne Platten. Uber den Äckern hallte
es wider, als kämpften eisengepanzerte Ritter und schlügen
mit ihren Schwertern auf wehrhafte Rüstungen ein.
Das war, als bolschewistische Panzer von Süden her
zum Flankenstoß anrannten gegen den Schutzwall, den
Infanterie und Artillerie für die Panzerstraße nach Osten
bildeten, das war der stolzeste Tag der Kanoniere, als
ihre Rohre zwei Stunden Tod und Vernichtung aus-
streuten und ihre Standhaftigkeit einen herrlichen Sieg
ertrotzte. Das war der Tag des Gefreiten R e i s e r, der
als Richtkanonier mehr als zehn Panzer zur Strecke
brachte.
Wenn freilich die Männer dieser Artillerieabteilung
versuchen, die Bilder der großen Schlacht zwischen Feld-
haubitzen und Panzern zu überdenken, dann haben sie nur
gewaltige, unvergeßliche Eindrücke in Erinnerung, die sich
wie zu einer grandiosen Vision einer Entfesselung unge-
ahnter Kräfte zusammenfügen.
„Feindliche Panzer im Anmarsch!" In den Morgen-
stunden dieses siegreichen Tages ist die Meldung gekommen.
Mit einer seltsamen Gespanntheit gehen die Kanoniere in
Stellung, mit jenem Gefühl der gelassenen Erregung, das
alle überfällt, die zum ersten Male gegen den Feind ein-
gesetzt werden. Je zwei Geschütze einer Batterie und zwei
in verdeckter Feuerstellung, so lautet der Befehl.
Panzer im Anmarsch! Werden es die leichten Feld-
haubitzen schaffen? Die Männer kommen nicht viel zur
Überlegung, schon jagen sie aus der verdeckten Feuer-
stellung die erste Salve dorthin, wo sich die feindlichen
Panzer bereitstellen. Schon sind die graubraunen Kampf-
wagen in der Ferne zu sehen. Jetzt Ruhe behalten, nicht
schießen! Noch sind sie zu weit entfernt. Die Richt-
kanoniere pressen das Auge fest an das Rundblickfenster.
Munition liegt bereit, die Rohre zeigen gegen den heran-
rollenden Feind.
Noch zweihundert Meter. Warten? Noch hundert! Die
Panzer, die sich am Hang gesammelt haben, stoßen hervor.
Wieviele sind es? 40 oder 50 wohl, so schätzen die Kano-
niere, aber sie haben nicht viel Zeit dazu. Es ist soweit,
die Haubitzen jagen ihre Panzergranaten gegen die stahl-
bewehrten Wagen, Geschoß um Geschoß fliegt heraus,
alles schleppt Munition herbei, hilft die Geschütze schwenken.
Vorne der schwere, dick gepanzerte Kampfwagen —
muß er nicht schon einen Treffer haben? Doch er fährt
weiter, direkt auf den Gefechtsstand der Abteilung zu.
Alles springt in die Panzerdeckungslöcher, der Koloß rollt
44
Ein Volltreffer riß den ganzen Geschützturm von dem roten Ungetüm. Foto: PK./K.-Weltbild
über sie hinweg, seine Raupen schippen Dreck auf die
Stahlhelme, gerade über dem Loch des Adjutanten erhält
er wieder einen Treffer. Der spürt den Luftdruck. Kaum
ist der Panzer über die Löcher hinweg, springen die Kano-
niere blitzschnell heraus, schießen wieder. 50 Meter weiter
reißt ein Volltreffer den Panzer in einer riesigen Flamme
auseinander, seine Teile fliegen in gewaltiger Bahn in
die Luft.
Von allen Seiten sind sie jetzt da. Die Geschütze müffen
immer wieder Stellungswechsel machen, da greift alles zu,
vom Major bis zum letzten Munitionsschützen. Besonders
eine Haubitze nimmt sich Kampfwagen um Kampfwagen
vor. Da steht der Gefreite Reiser am Rundblickfernrohr.
Mit unerschütterlicher Kaltblütigkeit richtet er ein, nach
einer kurzen Feuerpause hat er sogar eine Zigarette im
Mund. Einen Panzer nach dem anderen schießt sein Ge-
schütz ab, viele Männer springen herbei, um die Munition
rechtzeitig nachzuschaffen.
Aber bald wird die Munition knapp. Wenn sie aus-
geht, können die Panzer durch. Munition muß her! Wie
soll sie jetzt mitten im berstenden Eisenhagel nach vorn? Da
springt ein Unteroffizier im Feuer der Panzer zurück, holt
Pferde und prescht mit den Munitionen zwischen die Ge-
schütze. Zwei andere hasten zu einem Lastkraftwagen und
fahren mit ihm ebenfalls die Geschosie heran. Heil bringen
sie das Fahrzeug heran.
Zwei Männer der Batterie liegen im Deckungsloch.
Mit feuernden Rohren rollt ein Panzer heran. „Auf-
pasien, Herr Leutnant, da kommt einer!" „Ach, mach dir
nur keine Sorgen um mich", sagt der Leutnant, „ich paffe
schon auf." Doch da trifft ihn die Kugel in die Stirn,
und als ihm der Kanonier den Kopf bettet, da spricht er
leise: „Ja, tapfer wollen wir sein!" Und am Abend nach
der Schlacht haben sie den Leutnant im Park des Guts-
hofes begraben.
Ein bolschewistischer Panzer rollt auf ein Geschütz zu,
prallt auf, fährt zurück, kaum ist er einige Meter entfernt,
da springen die Kanoniere an ihre Plätze, jagen ihm eine
Granate auf kürzeste Entfernung in den gepanzerten Leib.
Eine Stichflamme stößt heraus, und in der Explosion fal-
len die Männer der Geschützbedienung.
Zwei Stunden und mehr tobt der Kampf. Zwei Stun-
den brennt die Sonne über den Feldern, die Luft ist grau
vom Rauch und klirrt von Einschlägen. Die Männer
haben jedes Gefühl für ihre Umwelt verloren, sie laden,
schießen, schleppen Munition. Sie kämpfen verbiffen und
siegen. In ihrer Abwehr bricht der Angriff der sow-
jetischen Panzer zusammen. Was wirklich durchgekommen
ist, wird hinten von Panzerjägern kampfunfähig gemacht.
Als die Nacht kommt, reißen in einem schweren Ge-
witter zuckende Blitze die schwarzen Wolken rund am
Horizont auf. Die Kanoniere kriechen neben ihren Hau-
bitzen in die Löcher, und die gewaltigen Eindrücke des
Kampfes gehen in die Traumbilder über. Sie haben im
stolzen Ruhmesbuch der Kanoniere mit stählernen Lettern
eine neue Seite beschrieben.
45
i
Deutsche Truppen rollen über den Grenzpaß nach Serbien hinein. Foto: PK-Antonowitz-Weitbild
Alles was wir haben, muh stehen im Dienst
Von Mathias Ludwig Schröder.
Wenn die Sonne den neuen Tag macht, dann
steht der Landmann im Dienst. Wenn der Weck-
ruf wirbelt, steht der Soldat im Dienst. Wenn
Feuerkessel glühen, wenn Förderkörbe unter
Zechentürmen pendeln, wenn die Schalter offen
sind und Verkehr durch die Straßen wimmelt,
steht der Werktätige im Dienst. Und alles was
wir tun, um eine Aufgabe zu erfüllen, ist Dienst.
— Ist Dienst an der Sache, Dienst am Werk —
Dienst am Volk!
Ich habe einen Arbeiter gekannt, der stand im
Dienst. Er ging morgens müde hin, kehrte
abends froh zurück, und wartete die ganze Woche
hindurch nur auf den Lohntag. Also steckte er
nichts in seinen Dienst hinein, als seine Zeit, die
er einfach gab, wie ein Kalenderblatt. Selbst-
verständlich war er bei der nächsten Personal-
einschränkung als erster bei den Entlassenen. Und
das mit Recht. Denn genau so gut wie der Ge-
schäftsmann, der nicht alles was er hat, in seinen
Dienst stellt, bald von selbst Pleite macht, — und
zu dem Arzt, für den man kein Vertrauen mehr
hat, nicht mehr hin geht, — so richtet sich auch
der Lohn- und Gehaltsempfänger selbst.
Und hören wir nur in unserer Nähe herum,
in den Bauernstuben, an den Werkbänken oder
auf der Straßenbahn, wird man immer Worte
erlauschen, die von anderen Leuten sagen: „Ja,
das war wenigstens noch ein Kerl, den konnte
man gebrauchen! Was der anfaßte, das klappte!"
Dieses Lob hört man sehr oft, und obwohl
man selbst den betreffenden Menschen nicht kennt,
ist unsere Sympathie sofort bei ihm. Wir möchten
um seine Freundschaft werben. — Denn das sind
Männer, die alles was sie haben, in den Dienst
stellen!
Und von einem solchen Kerl wollen wir hören:
Ein Mann hieß Strobel und führte seit Jah-
ren einen Fernlastwagen mit Anhänger über die
deutschen Landstraßen. Eines Tages fuhr er eine
lange Steilstrecke hinab und merkte, daß sein
Unsere Zerstörer Äle 110 üder Jugoslawien. Foto: PK-Kappe (Weltbild)
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schwerbeladener Wagen immer schneller wurde.
Die Bremse konnte er bis auf das Fußbrett
durchdrücken. „Spring raus!" schrie er dem
Kameraden ins Ohr. Der Beifahrer wollte nicht.
Strobel warf den Wagen in die Kurve, scharf an
die Bäume; der Zugwagen schwenkte herum, der
Anhänger folgte schleudernd. — „Raus! Ich
komme nach!" Er ließ eine Hand vom Steuerrad
los, drückte die Türe neben dem Beifahrer auf.
Da schwang dieser sich auf das Trittbrett und
Hauptmann Oesau,
einer der erfolgreichsten deutschen Flieger, trägt
das Eichenlaub zum Ritterkreuz. Foto: Weltbild
sprang ab. Strobel zog die Türe wieder zu und
umklammerte das Steuerrad mit beiden Händen.
Er dachte gar nicht daran, abzuspringen. —
Zweihundert Meter vor ihm war noch eine scharfe
Rechtskurve, daneben stand ein Fachwerkhaus.
Dort sauste er drauf zu. Er wußte: den Lastzug
würde er bei dieser Geschwindigkeit niemals durch
die ziemlich spitze Straßenkrümmung steuern kön-
nen. Aber er konnte ihn wenigstens an dem Haus
vorbeidrücken, das jetzt verflucht schnell auf ihn
zukam. Seine Wagen gingen kaputt dabei, das
stand fest. Er selbst jedoch brauchte noch nicht zu
sterben, er konnte ja rausspringen, höchstens, daß
er dabei auf die Nase fiel und die Knochen zer-
brach. Doch nichts von alledem erwägte er. — I
Und jetzt war er nur noch zwanzig Meter von der
Kurve ab. Sein Lastzug rüttelte über die linke
Straßenseite und hupte in einem fort, jeden zu
warnen, der ihm von unten entgegen kam. Er-
schreckte Gesichter erschienen an den Fenstern des
Hauses. Nun riß Strobel sein Steuerrad her-|
um, zog den Wagen rechts hinein. Der schwere j
Anhänger drückte nach und bäumte den vorderen
Wagen auf zwei Räder. Strobel merkte es,
schlug das Steuerrad blißschnell nach links ein;
der Wagen fiel wieder auf alle vier Reifen nie-
der. Da riß er das Rad wieder nach rechts. — I
Und noch einmal dieses Manöver! Jetzt war er |
tatsächlich am Kurvenende, allerdings auch wie-
der auf der linken Straßenseite. Der Anhänger
plakte schleudernd gegen einen Baum, flatterte!
aber, weil Strobel im gleichen Augenblick Voll- !
gas gab und auf die Straßenmitte kutschierte, s
brav dem Zugwagen nach. Eine Frau flüchtete >
hinter die dicken Chausseebäume, fuchtelte mit den
Händen und schimpfte. Strobel hörte nichts, das j
Wagengerappel verschluckte alles, und er sah nur j
geradeaus. Unten im Tal lief die Landstraße i
wieder einen Berg hinan. — Und was er vor j
Sekunden noch für unmöglich gehalten, hatte er
fertig gebracht. Es gelang nur, weil er alles
was er besaß, in den Dienst stellte. Mut, Willen, >
Erfahrung, jeden Nerv, jeden Millimeter seines
Steuerrades, und das ganze Männerherz. Und
jetzt, wo er den Wagen zum Halten brachte, der
Beifahrer atemlos bei ihm anlangte und ihm
um den Hals fiel, da möchte ich denjenigen sehen,
der ihn nicht neben sich an seinem Tische sitzen
haben möchte.
Noch etwas ähnliches: 2m vergangenen Jahre
verbrachte ich meine Ferien auf dem Motorrad !
und knatterte gegen Hamburg. Da tauchte vor |
mir eine dunkle Wolkenwand auf. Blitze zuckten j
unaufhörlich, es knallte, daß die Bäume zu '
Stahlsäulen erstarrten. Angst habe ich nie ge-
habt. Aber hier näherte sich das Grauen, vor j
dem ich zögerte. Dazu jappte die schwarze
Wolkendecke drohend mit offenem Rachen, daß '
sie mich sofort verschlingen würde, wenn ich
wagte, weiterzufahren. Ein einsames Gasthaus
lag am Wege. Ich stellte mein Rad an die
Hauswand und sah dem Höllenspiel zu. Auf den
Feldern ringsherum hasteten Bauern, um die
Kornbündel aufzuladen Die Pferde schlugen
unruhig mit den Schweifen und legten die Ohren
nach vorne. — Ob die Landleute die Frucht vor
dem langsam heranziehenden Gewitter noch
retten konnten? Unmöglich! — Aber sie hielten
nicht inne. Immerfort stießen ihre Gabeln in die
48
Garben, steckten sie hoch, auf die Wagen, wäh-
rend die Pferde bereits zu den nächsten Hocken
stampften- Die Frauen stapelten auf den Wagen,
den Männern lief der Schweiß über die Backen.
Auf der Straße hielten alle Autos an. 2m brei-
ten Gastflur stauten sich die Schutzsuchenden.
Der Himmel brannte schaurig, der Donner
bibberte im Trommelfell. Die Bauern wühlten.
Schäumende Pferde zogen die ersten Erntewagen
vom Feld, durch den Chausteegraben auf die
Straße. Bäuerinnen nahmen die Zügel und
liefen fuchtelnd neben den Gäulen her, dem Dorfe
zu, während die Männer und Burschen Kehrt
machten, um den Nachbarn zu helfen. Immer
mehr wurde der schwarze Himmel von glühenden
Strähnen zerfetzt. Die Donner trafen sich an
allen Ecken. Doch die Bauern ließen nicht locker.
Sie warfen die Beine, trieben die Pferde von
Hocke zu Hocke, schwangen die Gabeln — und
wir!? Wir standen da und guckten zu, bis einer
den Anfang machte, seine Zacke in die Wirts-
stube hineinwarf und übers Feld rannte. Da
wurden wir wach. Denn gewiß gingen uns die
Felder etwas an! Das Korn war unser Brot für
den Winter. Wir mußten es sichern. Ein
Schweinehund, der da nicht mithalf, der zusah,
wie die Bauern sich schindeten, daß sogar ihre
Nasenflügel sich blähten. — Und wie ein Ge-
spann beladen und auf der Straße war, ging es
aufs Kornfeld zurück, zum nächsten. — Das Un-
wetter war nur Lärm, Getöse, und konnte keinem
Beherzten drohen. Aber der Einsatz schlug dem
Teufelswetter ein Schnippchen. Die Felder
wurden leer, die Ernte rollte in die Scheunen.
Gleichzeitig brauste ein Sturm auf, Wasser und
Hagel fiel. Von den Bauern kamen einige in
die Wirtsstube, um für das ganze Dorf zu dan-
ken. Sie konnten kaum noch stehen, Regenwasier
quackte aus ihren Stiefeln. Wir dankten aber
ihnen, weil sie uns das Brot erkämpften. Sie
brauchten es vielleicht auch nicht, waren gegen
Unwetter und Hagel versichert, aber vom Geld
allein wird ein Volk nicht satt. Aber diese Män-
ner und Frauen stellten alles was sie hatten, in
den Dienst!
Und das mästen auch wir tun! — du und ich!
— ganz gleich, wo wir gerade stehen. Dann
wird man uns zu den Höchsten reihen, die sich
für alle Zeit die Worte eingeprägt haben:
Alles was wir haben, muß stehen im Dienst!
Lin General führt seine Division in die Gefangenschaft.
Der letzte Transport der serbischen Division „Adria" ist im Bahnhof Jejze eingetroffen. Nun werden
Offiziere und Mannschaften gruppenweise in die Sammelstellen geführt.
Foto: FK-Gofferje-Presse-Hoffmann
4
49
Der Bergmann
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X Zu Berge fuhr mein Urahn schon,
4» Der Vater folgte und dann ich, des alten Bergmannshauses Sohn.
4*
4*
X So an die zwanzig Jahre fahre ich nun ein,
4* Zur selben Zeit, tagaus, tagein,
f
X Prüf an der Kaue des Geleuchtes Schein,
% Sprech' mein Gebet und mein Glück Auf,
❖
4* Bevor sich neues noch des Tages Lauf.
4*
4*
4> Mich schrecken Nacht und Dunkel nicht;
4 Denn durch die Stollen trage ich mein Licht.
f
^ Wenn auch das Schicksal täglich mich zur Teufe stößt,
4*
4* Draus meine Sehnsucht zu den Sternen strebt,
4*
4 So werd’ ich dennoch täglich neu erlöst,
X Wenn sich der Korb mit mir empor zur Sonne hebt.
4*
4*
Das ist mein Los,
T
Daß ich, aus tiefer Erde Schoß,
4* Der Urzeit eingefang’ne Sonnenkraft zur Sonne hebe, neu hinauf,
A Und dessen klingt mein Gruß Glück Auf, |
* Daß ich durch Sprüng’ und Klüfte treib’ das Ort, 4
4. 4
4 Ob auch der Berg im Grimme grollet, da und dort, t,
T a
X Ob seine steinernen Gewalten, 4
4» 4
4» Die schwarzen Schätze fest umklammert halten, 4
4- J
4 Ob auch mein Kamerad dem Bergmannstode jäh erliegt: |
% Ich fahre ein, bis daß der Berg erliegt! 4
4 4
♦{- 4
X Zu Berge fuhr vor mir mein Urahn schon, |
T 4
4. Und so's der Ew’ge will, so folgt mir auch mein Sohn. 4
4 f
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4 Hans Adolf Groß, Göttelborn. %
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50
ScUnett&aottoCuUt JUt Sawfä - Cytwa^s^m
2 Zerstörer und 1 Torpedoboot vernichtet / Von Kriegsberichter Paul Reymann
Ja, ja, die kleinen Boote! Mein Kommandant hatte es
irgendwo einmal gelesen, und seitdem ist es nun zum ge-
flügelten Wort bei ihm geworden.
Eigentlich hatten wir etwas ganz anderes vor, als wir
im Kommandantenkreis, ausgestreckt auf der Back des
Führerbootes lagen, den Kopf in die Hände gestützt und
dem Ärger Karl (ältester Kommandant) zusahen, wie er
mit dem Zirkel die Seekarte abgriff. Ein russischer Geleit-
zugwar gemeldet worden, und den wollten sich die Schnell-
boote doch auch einmal ansehen. So etwas hat es bisher
noch nicht gegeben. Da die Sowjets im Augenblick ja
nichts in westlicher Richtung auszuführen haben, mußten
das schon Truppen- oder Munitionstransportc sein.
Sauber in Kiellinie schieben sich die vier Schnellboote
durch die blanke See, wechseln immer wieder ihr Er-
kennungssignal mit argwöhnischen deutschen Fliegern, die
so weit vorgeschoben natürlich kein deutsches Kriegsschiff
vermuten. Und wir auf den Booten bewundern die
Iu's 88, wenn sie an der nahen Küste aus schwindelnder
Höhe herabstürzen und ihre Bombenlast auf den Gegner
werfen. Aber bald wird die See einsam. Vier deutsche
Schnellboote, eine Handvoll verwegener Männer, sind
allein auf sich gestellt, wie sie es in diesem Krieg so oft
waren.
Früher als in den hellen Rächten der letzten Zeit zieht
ein Dunst- und Wolkenschleier an der Kimm hoch und läßt
uns, gegen Westen gut gedeckt, unseren Kurs halten. End-
los erscheint diesmal der Anmarschweg. Stunde um
Stunde fahren wir in das Dämmern der hier nie ganz
dunklen Rächte, kämmen wir die See nach den Bolsche-
wisten durch. Wieder einmal kommt Sophie-Toni vom
Führerboot herüber; jäh verstummen die Maschinen,
lauernd verharren die Schnellboote. Jetzt machen auch
wir voraus den Schatten aus, der von Backbord herüber-
wechselt. Ein Zerstörer? Der Aufbau scheint so, aber
nein. Der Bruder da drüben ist viel zu klein, scheint
irgendein Bewacherfahrzeug darzustellen. „Richt schießen
ohne Befehl", gibt das Führerboot herüber. Selbstver-
ständlich nicht, wenn uns auch das Iagdfieber nicht los-
lassen will. Wahrscheinlich führt der da drüben den ge-
meldeten Geleitzug heran. Aber während wir uns fast die
Augen aus dem Kopf suchen, wandert der Bewacher aus
unseren Gläsern. Rur das letzte Boot hat noch eine Schuß-
chance und bittet um Feuererlaubnis. Der Aal läuft schon,
Die totale Blockade schließt ihren Ring um England.
Deutsche U-Boote in französischen Häfen, von denen aus sie immer wieder ihre Fahrten rund um die
britische Insel unternehmen. Foto: PK-Mannewitz (Weltbild)
4*
51
als die da drüben jäh eine Wendung machen. Eine Blink-
laterne blitzt auf. Paula, Paula, Paula rufen sie uns an.
Ärgerlich über den verlorenen Torpedo wird beschlossen,
den Gegner trotz seiner überlegenen Bestückung anzu-
greifen. Hochauf spritzt der Gischt, als wir mit äußerster
Kraft in weitem Bogen um den Ausreißer herumjagcn.
Wir sind das vordere Boot und wollen gerade abschwen-
ken, als die Stimme des Kommandanten die rasende
Fahrt abstoppt. Biele Schatten voraus. Drei, nein vier
gegen den Bewacher. Riesig wirkende Schatten stehen an
der Kimm. Zuerst tippen wir auf den erwarteten Geleit-
zug, dann verbessern sich die Sichtverhältnisse. Bier Zer-
störer modernster Bauart liegen vor uns.
Innerlich frohlocken wir, daß der Aal bei dem Kleinen
vorhin vorbeisegelte. Wie hätte er uns sonst brav und
treu hierhergesührt? Aber nun Ruhe und Vorsicht. Dort
drüben, aus dem verschwommenen Hintergrund, müssen
wir herauskommen. Sorgsam wird die neue Position an-
gegeben, werden die Rollen verteilt. Den vorderen Zer-
störer nehmen die beiden Backbordboote, den zweiten wir.
Alle Faktoren für die Schußunterlagen sind ermittelt.
Ganz langsam schwenkt unser Boot in den Vorhalte-
winkel ein. Dann zischen unsere Aale kurz hintereinander
in den Bach. Die Stoppuhr in der Hand, gibt der Kom-
mandant den Befehl, auf Gegenkurs zu gehen. Mit hoher
Fahrtstuse rauschen wir ab.
Genau habe ich den Zerstörer im Glas, unbeirrt zieht er
seinen Kurs. Rur hinter dem, auf den wir abgekommen
sind, schiebt sich die Silhouette eines Torpedobootes vor.
Wohl nie ist bei einem Torpedo der Schütze frei von
Zweifel und Bedenken gewesen. Längst scheinen es fünf
Minuten, was die Stoppuhr immer noch als eine Minute
und etwas erkennen läßt. Wenn auch jeder einzelne seinen
Sektor zu betreuen hat, innerlich lauscht er doch auf das,
was da drüben auf den Zerstörern passiert.
Da gellt ein vielstimmiger Iubelschrei los. Vergessen
sind die harten ermüdenden Stunden, vergessen die Ge-
fahr. Schon bevor uns der dumpfe Krach erreicht, steht
da drüben ein dunkelroter, von hellgrünen Flammen um-
brandeter Feuerball, im nächsten Moment ein zweiter,
kleinerer. Grell beleuchtet hängen die berstenden Teile des
Zerstörers im Feuerschein. Auch das Torpedoboot zer-
brach. Und dann, ein paar Augenblicke später, ein ähn-
liches unvergeßliches Bild. Auch die Aale des Nachbar-
bootes haben ihr Opfer gefunden. Zwei moderne Zer-
störer und ein Torpedoboot sind ein in sich zusammen-
brechender Trümmerhaufen. Zischend löst sich, steil gegen
den Himmel gerichtet, noch ein Schuß aus einem der
sinkenden Rohre.
Hart faßt uns der Fahrtwind an. Mit äußerster Kraft
geht es in den grauenden Morgen. Steuerbord wie Back-
bord achteraus stehen die Verfolger. Wie vor Wut schäu-
mend scheint der sich heranwälzende mächtige Bug. Sind
es Minuten, Stunden? Endlich ist die Luft rein. Wir
sehen uns in die Augen, die umschattet sind vom an-
strengenden Wachen, aber glücklich leuchtend über den
Erfolg.
Wieder liegen die Boote beisammen, weggewischt ist
die Müdigkeit, es geht heimwärts. Aber so groß der Er-
folg, so berechtigt die Freude, noch sind wir weit drin im
feindlichen Gebiet. Wieder verrinnt Stunde um Stunde,
gellt Alarm über das Deck, wenn ein Flugzeug in Sicht
kommt, hasten die Männer an ihre Waffen. Und wieder
ist es so weit. Aber nicht der Luft gilt die Gefahr, die
das vorderste Boot herübermeldet. Schwarze, hüpfende
Punkte voraus, mit von gewaltiger Fahrt zeugender Bug-
welle, brausen heran. Sowjetrussische Schnellboote wollen
uns den Rückweg abschneiden. Nun, sind wir mit den
Großen fertiggeworden, mit denen, wie die da, allemal.
Der wütende Kugelregen, der uns entgegenpeitscht, geht
bald im Prasseln und Donnern unserer Mgs unter. Vor
uns her fliehen die schnellen kleinen Boote der Sowjets
in die weite See.
Und nun haben wir festgemacht. Hundemüde wird das
längst kalt gewordene Essen eingenommen. Nur einer, der
Kommandant, steht noch draußen an Deck. Bekümmert
zählt er die Einschüsse in seinem Schlauchboot: 78!
Gestern Nacht waren es über 200, wo soll das hinführen?
Tapfere frauen mit dem ktternen Kreuz
Von Gerhard Wiedemeyer
Das Kriegführen ist Sache der Männer. Seit Jahr-
hunderten führt der Mann zum Schutz von Sippe und
Heimat und zur Verteidigung des Vaterlandes die
Waffe. Trotzdem hat es zu allen Zeiten tapfere Frauen
gegeben, die im Kriege den kämpfenden Männern in Not
und Tod zur Seite standen. Von ihrem stillen Heldentum
wird selten berichtet. Und doch ist es des höchsten Lobes
wert. Es liegt in der Natur der Sache, daß das Eiserne
Kreuz nur in ganz vereinzelten Fällen an Frauen ver-
liehen worden ist. Die Geschichte des Eisernen Kreuzes
berichtet von der Mecklenburgerin Auguste Friederike
Krüger, die als Musketier August Lübeck unerkannt in
den Reihen des Kolberger 9. Infanterie-Regiments wäh-
rend der Befreiungskriege focht, bei Dennewitz schwer
verwundet als Mädchen erkannt wurde, nach ihrer
Ausheilung als Unteroffizier weiterkämpfte und als
25jährige am 3. Juni 1814 für ihr tapferes Verhalten
in den Gefechten bei Laon das EK II und den russi-
schen St. Georgen-Orden erhielt. Die Frau des Frei-
korpsführers Major von Lützow, Elisa von Lützow,
Werberin und Begleiterin der schwarzen Husaren, trug
das Eiserne Kreuz 1813 für R^chtkombattanten. In
diesen Tagen zeichnete der Führer und Oberste Befehls-
haber der Wehrmacht Fluqkapitän Hanna Reitsch mit
dem Eisernen Kreuz II. Klasse aus. Und nicht vergessen
sein soll jenes tapfere Telefonfräulein aus M mel, Er.ka
Röstel, das 1915 aus der von den Russen besetzten Stadt
dem deutschen Generalstab einen w.chtigen Beucht über-
mittelte und dem General Ludendorff dafür das Eiserne
Kreuz verschaffen wollte, was jedoch nicht möglich war.
52
Eine Näherin erwirbt das Eiserne Kreuz.
Auguste Friederike Krüger wurde am 4. Oktober 1789
in Friedland in Mecklenburg-Strelitz geboren. Mit 23
Jahren kam sie als Aushilfsnäherin in eine Damen-
schneiderei nach Anklam. Als im März 1813 der König
von Preußen seinen „Aufruf an mein Volk" erließ, ging
Friderike Krüger nachts heimlich in die Werkstatt und
schneiderte sich einen Männeranzug. In Jasenitz an der
Oder meldete sie sich beim Landwehrkommando. Sie
nannte sich „August Lübeck" und wurde sofort als Re-
krut angenommen. Die Ausbildung begann. Niemandem
fiel etwas auf. Mit der Brigade Borstell des Regiments
Kolberg empfing Soldat August Lübeck bei Großbeeren
die Feuertaufe. Neun Stunden kämpfte er in der Schlacht
bei Dennewitz. Hier wurde er verwundet. 2m Feldlazarett
stellte man dann fest, daß August Lübeck eine Frau war.
Trotzdem wurde Friederike Krüger wegen besonderer
Tapferkeit vor dem Feinde zum Unteroffizier befördert
und nach ihrer Ausheilung wieder ins Regiment einge-
stellt. 2m folgenden Jahr wurde sie zum Eisernen Kreuz
vorgeschlagen. 2n der Sommerschlacht bei Belle-Alliance
wurde ihr die Nachricht von der Verleihung durch den
König überbracht. Nach dieser Schlacht wurde sie in
Ehren aus der Armee entlassen, und König Friedrich
Wilhelm III. sehte ihr eine Rente aus. Als am 16. Ja-
nuar 1816 der König die Träger des Eisernen Kreuzes
empfing, war auch Friederike Krüger in dieser aus-
erlesenen Gesellschaft, ausgezeichnet mit dem Eisernen
Kreuz und dem einst von der Zarin Katharina II. ge-
stifteten russischen Militärorden des Heiligen Georg. Bei
dem Festesten, das sich an den Empfang anschloß, lernte
Friederike Krüger den Unteroffizier Karl Koehler ken-
nen, ebenfalls Träger des Eisernen Kreuzes, im Zivil-
beruf Obersteuerkontrolleur in Templin. Der Unter-
offizier Koehler verliebte sich in den „Unteroffizier
Lübeck", und bereits am 5. März 1816 fand in der Ber-
liner Garnisonkirche unter ungeheurer Beteiligung der
Berliner Bevölkerung die Trauung statt. Friederikes Re-
gimentskommandeur, General von Borstell, ließ es sich
nicht nehmen, ein Hochzeitsesten zu geben. Die Ehe war
sehr glücklich. Friederike war Mutter von vier Kindern.
Sie lebte und starb in Templin und liegt gemeinsam mit
ihrem Gatten in einer gemeinsamen Gruft auf dem Fried-
hof in Templin. Preußen errichtete ihnen ein Grab-
denkmal.
Elisa von Lützow wirbt die schwarzen Husaren.
Elisa von Lützow, die Frau des Majors von Lützow, der
Kommandeur des Freikorps, erhielt für ihre aufopfernde
Tätigkeit das Eiserne Kreuz 1813 für Nichtkombattanten,
das am weißen Bande mit schwarzer Einfassung getragen
wurde. Elisa von Lützow warb in Breslau zahlreiche Mit-
glieder des Freikorps Lützow, führte die Akten ihres
Mannes und holte zahlreiche Spenden und Opfergaben
für das Korps zusammen. Sie befand sich oft mitten
unter den Kämpfenden und ritt 7 Monate an der Seite
der schwarzen Jäger. Sie pflegte Kranke und Ver-
wundete.
Die tapfere Telefonistin Erika Röstel aus Memel.
Als am 17. März 1915 die Russen Memel besetzten,
hatte die Telefonistin Erika Röstel Dienst im Postamt.
Plötzlich kommt ein Anruf des Oberkommandos Ost
aus Lötzen; Erika Röstel gibt dem anrufenden General-
stabsoffizier einen schnellen Bericht über die Lage, über
die feindlichen Truppen und ihren Zustand. Um die Zwei-
fel des anrufenden Generalstabsoffiziers zu beseitigen,
Vor der Akropolis wehen die deutsche und die griechische Flagge, Foto: PK-Friedrich-Weltbild
53
Eine Stukakette im Anflug auf eine englische Festung an der nordafrikanischen Küste.
Foto: PK-Dillhardt-Weltbild
stellt Erika Röste! den Fernsprecher an das Fenster und
überträgt so den Kanonendonner in das deutsche Haupt-
quartier. Der anrufende Offizier war niemand anders
als General Ludendorff. Später ruft er nochmals aus
Lötzen an und läßt sich von dem tapferen Telefonfräulein
noch mal Bericht geben. Dann sagt er: „Warten Sie
bitte einen Augenblick, der Herr Generalfeldmarschall
will mit Ihnen sprechen!" Hindenburg spricht ihr seinen
Dank für ihre große Hilfe aus und schließt mit den Wor-
ten: „Sie sind ein tapferes Mädchen!" Mehrere Stun-
den hält Erika Röstel die Fernsprechverbindung mit dem
deutschen Hauptquartier aufrecht, bis die Russen die
Fernsprechanlage zerstört haben. Die Deutschen können
auf Grund der Berichte Erika Röstels noch in der Nacht
zum Gegenangriff ansetzen. Als später Memel wieder
von den deutschen Truppen zurückerobert ist, erhält Erika
Röstel ein persönliches Dankschreiben Hindenburgs und
ein Armband mit ehrender Widmung. In den Kriegs-
erinnerungen Ludendorffs heißt es: „Ich habe mich be-
müht, dem jungen Mädchen, Fräulein Erika Röstel, das
Eiserne Kreuz 2. Klaffe zu verschaffen. Es war nicht
möglich. Sie erhält später eine goldene Uhr vom Staate."
Flugkapitän Hanna Reitsch, die Frau mit dem
Eisernen Kreuz 1939.
Am 28. März 1941 hat der Führer und Oberste
Befehlshaber der Wehrmacht der bekannten Fliegerin,
Flugkapitän Hanna Reitsch, das Eiserne Kreuz II. Klaffe
verliehen, weil sie sich unter fortgesetztem Einsatz ihres
Lebens besondere Verdienste um die Entwicklung von
Luftwaffengerät erworben hat. Bereits am Vortage hatte
Reichsmarschall Göring Hanna Reitsch durch die Ver-
leihung des Goldenen Flugzeugführer-Abzeichens der
Luftwaffe mit Brillanten ausgezeichnet. Der Führer
überreichte der Fliegerin das Eiserne Kreuz in der Neuen
Reichskanzlei persönlich.
Hanna Reitsch ist allen Flugbegeisterten als Pionierin
des motorlosen Flugwesens bekannt. 2n Hirschberg im
Riesengebirge als Tochter eines Arztes geboren, lernte sie
1931 den Leiter der Segelflugschule, Wolf Hirth, kennen.
Im Frühherbst 1932 machte sie zum erstenmal einen Segel-
flug. Später kam der Motorflug hinzu. Sie legte in
kurzer Zeit die A- und B-Prüfung ab. 2m Winter
1932/33 wurde sie Segelfluglehrerin auf dem Hornberg
in Württemberg. Sie blieb einmal 10 Stunden in der
Luft und stellte damit einen Fraucnweltrekord im Dauer-
fliegen auf. 1934 nahm sie an der Segelflug-Eppedition
nach Südamerika teil und erwarb als erste Frau das
Internationale Leistungsabzeichen. Mit einer Höhe von
2200 Metern holte sie einen weiteren Weltrekord. 2n
Deutschland erwarb sie mit einem Streckenslug von
160 Kilometern den dritten Weltrekord. 1936 verbefferte
sie ihn auf 200 Kilometer. 2m Internationalen Segel-
flug-Wettbewerb auf der Wafferkuppe im Juli 1937 mit
einem Flug nach Hamburg auf 351 Kilometer. Seit 1935
war sie im Deutschen Forschungsinstitut in Darmstadt
angestellt. 1934 war sie in Finnland, 1935 in Portugal,
bei der Winterolympiade erregte ihr motorloser Flug
außerordentliches Aufsehen. 2m Juli 1936 machte sie
einen Segelflug von Budapest nach Stockholm. 2n den
letzten Jahren diente ihre Arbeit weniger dem Sport als
der Forschung und der Wiffenschaft. 1937 wurde sie als
erste Frau Deutschlands Flugkapitän. 1938 verlieh ihr
Reichsmarschall Hermann Göring als bisher einziger
Frau das Flugzeugführerabzeichen der deutschen Luft-
waffe. Die Verleihung des Eisernen Kreuzes II. Klaffe
durch den Führer stellt einen besonders beherrschenden
Höhepunkt im Leben dieser deutschen Frau dar.
54
Bergleute /
13on Äugust Schmidt
Ein Volk, das stark sein will, muß neben seiner schlag-
kräftigen Wehrmacht vor allem eine gute Waffenschmiede
haben. Waffen kann aber nur schmieden, wer Kohle, Erz
und die vielen anderen Mineralien in ausreichendem
Maße besitzt, ohne die wir uns keine Zivilisation, keinen
Fortschritt, kurz: keine Kultur denken können.
Wir stehen heute im Schicksalskampf um die Ncu-
ordnung Europas und um eine bessere Ordnung in der
ganzen Welt. Staat und Wirtschaft, Wehrmacht und
Politik mästen genau aufeinander eingespielt sein, um
die vielfältigen Aufgaben dieses Kampfes lösen zu können.
Dabei spielt der deutsche Bergmann eine entscheidende
Rolle. Was wäre, wenn er nicht durch seine Arbeit der
Erde die Rohprodukte abgewönne, die Kriegs- und Hei-
malfront in gleichem Maße stark und unüberwindlich
machen? Und so wird in diesen Tagen und Monaten wie-
der viel vom Wert der bergmännischen Arbeit gesprochen
und geschrieben, von der Bedeutung des Berufes und
Standes für das ganze Volk, für die ganze Kultur.
Jedes Kind weiß, daß wir ohne den Bergmann und
Bauer nicht leben können. Wenn der Bauer bei Saat
und Ernte versagte, hätten wir nichts zu leben und wenn
der Bergmann nicht die Schätze des Bodens der Natur
abtrotzte, müßten wir ebenso elend zu Grunde gehen, denn
alles, was uns in dieser Zeit des Fortschrittes und der
Technik gegeben wird, baut auf auf die bergmännische
Gewinnungsarbeit.
Ohne Kohlen würde uns im Winter kein Ofen wär-
men, keine Dampfmaschine könnte laufen, kein Strom
würde erzeugt werden, die Erzschmelzen wären ganz primi-
tiv und demnach Eisen und Stahl, die Chemie, die aus
der Kohle die vielfältigsten Gebrauchsgüter veredelt, steckte
noch in den Kinderschuhen, und so weiter und so weiter.
Die Arbeit des Erzbergmannes ist nicht minder wichtig
als die des Kohlenbergmannes. Eisen und Stahl begegnen
uns im Leben auf Schritt und Tritt. Unsere Zeit hätte
überhaupt keinen Sinn, wenn wir beides nicht besäßen.
Denken wir nur an unsere Wohnungen, an unsere Fa-
briken und Werke, die Arbeit in der Land- und Forst-
wirtschaft, an unsere Schiffe und Flugzeuge, an Hand-
und Maschinenwaffen.
Der Bergmann gewinnt auch das Erdöl. Man spricht
heute noch von der Weltmacht Erdöl. Und nicht mit Un-
recht. Denn um seinen Besitz ist schon ein Meer von Blut
geflossen.
Das Salz wird schon seit Jahrtausenden im Bergbau
gewonnen. Können wir uns das Leben ohne Salz denken?
Wohl kaum, den es ist gleichermaßen für die Nahrung der
Menschen und der Tiere wie für die Düngung der Erde
notwendig. Abgesehen davon ist es das Ausgangsprodukt
für viele andere von der Chemie geschaffenen neuen Stoffe.
Kohle, Erz, Erdöl und Salz sind die bekanntesten berg-
männischen Produkte. Mit ihrer Gewinnung ist aber die
bergmännische Arbeit noch lange nicht erschöpft. Radium,
das geheimnisvolle, urkräftige Mineral, Flußspat, Schwer-
spat, Wolfram, Aluminium, Magnesit, Quecksilber, Sil-
ber und Gold sind wertere Stoffe, die der Bergmann
durch seine Arbeit der Menschheit dienstbar macht. Dar-
über hinaus kennt der Bergbau noch viele andere Roh-
produkte, deren Gewinnung für unser Leben notwendig ist.
Vor Jahrtausenden schon hat man den Bergbau ge-
kannt und die bergbauliche Arbeit geschätzt. Als der
Mensch nicht mehr von der Jagd und Fischerei leben
konnte und den Acker bestellen lernte, mußte er sich Ar-
beitsgeräte schaffen. Der Boden gab ihm die Urstofse,
die er nach und nach in mühseliger Arbeit zum Hilfsmittel
für seine Arbeit am Boden veredelte.
So wissen wir, daß es zuerst den Feuersteinbergbau
gab. Er ging schon vor 10 000 Jahren aus der deutschen
Erde um. Mit der Hirschhornpicke mußte der Urbergmann
den Feuerstein lösen, um ihn dann zum eigenen Gezähe
umzuformen und als Arbeitsgerät verwenden zu können.
Jahrtausende später erst wird der Stein bergmännisch
gewonnen und aus ihm die Arbeitsgeräte geformt. Wie-
der viel später, etwa um 1600 v. d. Z., wird in Deutsch-
land zum ersten Male Kupfer gebaut. Die Funde aus
dieser Zeit zeigen bereits Stollen von 160 Meter Länge.
Der Hallstatter Salzbergbau kann auf das gleiche Alter
zurückblicken.
Die Kelten erschlossen wieder Jahrhunderte später den
Siegerländer Manganerzbergbau. Gleichzeitig wurde in
Kärnten und Steiermark Eisenerz gebaut. Die Über-
lieferungen berichten, daß damals schon die Bergleute gute
Waffenschmiede waren und daß ihre Stämme es ihrer
Kunst verdankten, wenn sie lange Zeit den Anstürmen
fremder Stämme gewachsen waren. Es galt damals schon
wie heute der Grundsatz, daß nur der stark sein konnte,
der sich gute Waffen geschaffen hatte.
Im Mittelalter blühte in Deutschland der Bergbau
mächtig auf. Und dieses Aufblühen bringt es mit sich, daß
der Bergmann aus der Masse der Handschaffenden her-
auswächst und Rechte erhält, die hinter denen des Ritter-
tumes nicht weit zurückstehen. Er wird Knappe genannt
und darf Waffen tragen, er hat seine eigene Berufstracht
und feiert seine eigenen Feste. Die Berggerichtsbarkeit
sichert ihm und seinem Stande einen weitgehenden Schutz;
sogar die Landesherren unterstellen sich in Sachen des
Bergbaues diesem Gericht. Die Fürsten fördern überhaupt
den Bergbau mit allen Kräften, denn er füllt nicht nur
ihre Kassen, sondern er macht sie auch stark für die Kämpfe
und Auseinandersetzungen mit den Gegnern. Mit einem
Wort: Bergmann sein hieß damals eine große Ehre be-
sitzen.
Vom mittelalterlichen Bergbau bis zum modernen
Großbetrieb mußten verschiedene Entwicklungsstufen durch-
schritten werden. Hier ist nicht der Platz, im einzelnen
darauf einzugehen, wer aber das Zeichen Schlägel und
Eisen trug, der galt etwas.
Erst die Zeit der freien und ungehemmten Entfaltung
der Kräfte brachte auch für den deutschen Bergmann eine
Minderung seines Ansehens. Dafür gab es eine ganze
Reihe Ursachen. Zunächst: Der Staat übte jetzt nicht
mehr wie früher eine unmittelbare Aufsicht über die Berg-
werke aus, um stets nach dem Rechten zu sehen. Dann
waren die Besitzer der Gruben nicht mehr Landesherren
55
oder die Gewerken alten Schlages, sondern große Kapital-
gesellschaften. Die persönliche Bindung der führenden
Männer der Unternehmen zu ihren Gefolgschaften und
umgekehrt ging verloren. Für die einen mußte das Geld
arbeiten und reichen Zins bringen, die anderen fühlten sich
als eine Nummer, die eine bestimmte Arbeitsleistung voll-
bringen mußte, wenn sie ihren Lohn bekommen wollte.
Die Ausweitung der Betriebe zu industriellen Großanlagen
brachte es auch mit sich, daß viele Bergfremde Eingang
in den Beruf fanden. Das wäre noch nicht so schlimm
gewesen, wenn diese nicht auch zugleich landes- und heimat-
fremd gewesen wären. Überhaupt: Das Gewinnstreben
Hauptmann Joppin
ist nach über 70 Luftsiegen nicht mehr vom Feind-
flug zurückgekehrt. Der mit dem Eichenlaub zum
Ritterkreuz ausgezeichnete Jagdflieger war einer
der Besten der deutschen Luftwaffe.
Foto: Presse-Hoffmann
der Unternehmer und das Hin- und Herwandern der Ar-
beitskräfte von Werk zu Werk und Revier zu Revier
waren die größten Gegner des Bergbaues dieser Zeit.
2n ihr erleben wir die großen innerpolitischen Macht-
kämpfe. Dem Liberalismus stellt sich der Marxismus ent-
gegen. Es geht nicht darum, dem Arbeiter besiere Lebens-
bedingungen zu schaffen, wie der Marxismus das immer
wieder behauptet, sondern die ganze Arbeiterschaft ein-
schließlich des Bergmannes wird für politische Zwecke miß-
braucht. Die Folgen sind Lohnkämpfe und Streiks, die
niemand etwas nützen, aber der ganzen Volkswirtschaft
ungeheuer schaden.
Der Weltkrieg bricht aus, geht verloren und der bei-
spiellos wirtschaftliche Niedergang kommt. Es trifft den
deutschen Bergmann besonders hart, denn eine Grube um
die andere muß große Teile ihrer Gefolgschaft nach Hause
schicken. Die Stempelstellen wisien von dieser schweren
Zeit zu erzählen, in der der Bergmann seinem Betrieb
und seinem Berufe fremd wird, in der er in seiner Not
glauben lernt, was ihm die marxistischen Jrrlehrer immer
wieder vorgesagt haben: daß er der ärmste, der bedauerns-
werteste unter den Arbeitern sei; der Proletarier unter den j
Proletariern.
Da kommt der nationale Umbruch. Unter Adolf Hitler's
starker Hand beginnt ein Schaffen und Werken, wie man
es bis dahin nicht für möglich gehalten hat. Das Mil-
lionenheer der Arbeitslosen verschwindet und wenige Jahre
später schon fehlt es an schaffenden Händen. Für den
Tüchtigen gibt es setzt viele Möglichkeiten vorwärts zu
kommen, denn die Produktion braucht in allen ihren Zwei-
gen unendlich viele Kräfte.
Der alte Bergmann hat nicht lange gesucht und ist |
wieder durch die offenen Zechentore hindurchgegangen. Er !
ist froh gewesen, daß er zu seinem Beruf und zu seinem
Werk zurückkonnte. Er hat gewußt, daß die Gruben ihren
Mann ernähren, wenn die Räder auf den Fördertürmen
sich erst einmal wieder im alten Arbeitsrhythmus drehen. !
Kurz: wer Bergmann war, ist mit wenigen Ausnahmen
es wieder geworden.
Sechseinhalb Jahre nach dem Umbruch kam der Krieg.
Wehrmacht und Wirtschaft haben unter Adolf Hitlers j
Führung alles getan, um ihn siegreich bestehen zu können.
Und wenn wir heute nach zweijähriger Dauer auch den s
letzten großen Feind auf dem Kontinent, den Rüsten ge- i
schlagen haben, so ist das nicht zuletzt das Verdienst der !
deutschen Bergleute, die durch ihre Arbeit die deutsche i
Wirtschaft weitestgehend vom Ausland unabhängig ge- ;
macht haben. Freilich: der Bergmann macht kein Wesen .
darum.
Der Nationalsozialismus hat dem deutschen Bergmann ;
wieder ein anderes Gesicht gegeben. Er hat darauf hin-
gewiesen, daß er einstmals ein hochgeachteter Stand ge- j
wesen ist und hat die Forderung erhoben, daß er seine alte, !
in der Zeit des Liberalismus und Marxismus verloren-
gegangene Ehre wiedererhält und zudem der bestbezahl- 1
teste deutsche Arbeiter wird. Reichsmarschall Hermann
Göring hat dafür sein Wort verbürgt.
Jeder deutsche Bergmann fühlt, daß es der Staats- >
führung ernst damit ist und tut in diesen Stunden und
Wochen höchster Anspannung der Kräfte vollauf seine
Pflicht. Er wartet im Vertrauen auf das Wort des
Reichsmarschalls darauf, daß ihm nach siegreich beendeten '
Krieg diese Gerechtigkeit widerfahren wird.
Es muß aber immer wieder gesagt werden, daß dieses
Wort der Führung und das Wollen der Regierung allein
nicht genügen. Der Bergmann selbst muß in erster Linie
mithelfen, seine alte Achtung und sein altes Ansehen
wiederzuerringen. Wenn er weiß, daß ohne seine Arbeit
kein Leben möglich ist, daß Kämpfen, Siegen und Ver-
lieren, Sache seiner Hände und seines Hirnes ist, dann
muß er aber auch vor sich selbst jene Achtung fordern, die
er von anderen verlangt. Dazu gehört, daß er sich wieder
auf sein altes bergmännisches Brauchtum besinnt, daß er
wieder stolz die Knappentracht trägt, daß er seine Sprache
56
und die ihm eigene Lebensgewohnheit pflegt, kurz: daß
er wieder ein Bergmann von altem Schrot und Korn
wird.
Wenn heute so wenig junge Leute den Bergmannsberuf
ergreifen wollen, so muß dem alten Bergmann der Vor-
wurf gemacht werden, daß er mit Schuld hieran ist. Um
seines Ansehens willen hat er schon die Pflicht, gegen alle
die Schwätzer aufzutreten, die heute noch den Bergmanns-
stand herabsetzen wollen. Er selbst weiß es viel bester als
ieder Bergfremde, daß sein Beruf mehr als jede andere
Handarbeit Vielseitigkeit, Intelligenz, Misten und Können
verlangt. Er muß mit dem Holz umgehen können, er muß
das Eisen verstehen, er muß Maschinen und Geräte war-
ten können, er muß die Abbaumcthoden kennen und muß
immer wieder in der Lage sein, aus eigenem Entschluß
schwierige Situationen zu meistern. Seine Arbeit gleicht
am besten dem Einsatz des Soldaten. Ieder Mann ein
ganzer Kerl und jeder Kerl nichts als ein Teil des Gliedes
in einer großen Mannschaft. Hier wie bei der Waffe ent-
scheidet die Leistung der Mannschaft den Erfolg.
Der Jugend das zu sagen, ist jedes alten Bergmannes
Pflicht, ebenso wie der Hinweis, daß der deutsche Berg-
mann wieder die ihm gebührende Ehre erhalten wird.
Wenn dann nach Abschluß dieses Kampfes der Arbeit des
Bergmannes auch die wirtschaftliche Gerechtigkeit wider-
fährt, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß es wie-
der genug Bergleute geben wird. Niemals aber darf jetzt
und in Zukunft vergesten werden, daß der deutsche Berg-
mann in der vordersten Front der Kämpfer um die deutsche
Freiheit gestanden hat.
Hörst du des Vaterlandes Ruf?
Tritt an zu deines Volkes größter Tat!
Die hohe Stunde der Entscheidung naht:
Die Erde will ein neues Antlitz tragen.
Tritt an! Dann soll ein späteres Geschlecht
So dich wie mich mit vollem Fug und Hecht
Nach unser aller Schaffens-Anteil fragen.
Tritt an, der du den Rock des Kämpfers trägst!
Hol aus, daß du des Feindes Wall zerschlägst;
Schlag zu, daß stählern heiß die Funken sprühen!
Tritt an! Auch du daheim, der ohne Schwert
Im Arbeitsreigen unsres Volkes fährt:
In deinem Herzen soll die Flamme glühen!
Tritt an! Hörst du des Vaterlandes Huf?
Es grüßt die Stunde, die ein Gott dir schuf:
Die Stunde deiner deutschesten Bewährung.
Tritt an, damitkeinGliedderKettefehlt,
Wenn unser Schicksal sie jetzt ehrlich zählt.
Du warst dabei, das sei dir Dank und höchste Ehrung!
Arno Thauß.
57
Seit 100 Fahren Bergmannssieölungen an öer Saar
Don Rektor §> chmitt - Heiligenwcild
Das große Siedlungstverk der preußischen
Grubenverwaltung.
Das Jahr 1842 ist für das Siedlungswesen an der
Saar von großer Bedeutung, denn ihm verdanken wir
den Beginn der großzügigen Siedlungspolttik, die die
damalige preußische Bergverwaltung einleitete und die
in der Folgezeit sich nicht nur für die Saargruben un-
gemein segensreich auswirkte. In nachfolgenden Aus-
führungen will ich den Versuch machen, in gedrängter
Form einen Überblick über diese Arbeit zu geben, um zu
zeigen, daß die soziale Betreuung des Saarbergmannes
immer schon ein wesentliches Merkmal der Arbeit der
staatlichen Saargrubenverwaltung gewesen ist.
Mit dem Ausbau der Saargruben zu großen In-
dustrieanlagen und mit dem wirtschaftlichen Aufschwung,
der durch die Eisenbahnbauten um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts eingeleitet wurde, mußten auch Wohn-
gelegenheiten für die von nah und fern herbeigeführten
Arbeitskräfte geschaffen werden. Zu damaliger Zeit war
unser heute so dicht besiedeltes Gebiet noch wenig bewohnt.
Die Saargruben beschäftigten nicht viel mehr als 10 000
Männer.
Siedeln hieß damals schon wie heute, den Menschen
mit dem Boden verwurzeln, ihm eine Heimat geben, kurz:
ein Stück Erde zum bleibenden Aufenthalt gestalten.
Das große Kolonisationswerk der preußischen Saar-
gruben darf man nun nichtnursoverstehen, daß
die mächtig aufstrebenden Gruben ihren von nah und
fern herbeigezogenen Bergleuten nur. eine Heimstätte
schaffen wollten. Gewiß, das lag am nächsten. Aber
darüber hinaus, galt es, hier im Westen des Reiches
durch die Ansiedlung eines gesunden Arbeiterstammes
ein deutsches Bollwerk zu schaffen. Daß das gelungen
ist, zeigt die Haltung der Saarbergleute, die im Deutsch-
tumskampf unserer Heimat in den letzten Jahrzehnten zur
Kerntruppe wurde; das zeigt vor allem das Ab-
stimmungsergebnis vom 13. Januar 1935.
Leopold Sello's Werk.
Schon 1837 beschäftigte sich das Bergamt zu Saar-
brücken unter dem Vorsitz des unvergeßlichen Berg-
werksdirektors Leopold Sello mit der
Ansiedlung von Bergleuten in geschloffenen Kolonien.
Verhandlungen mit dem Forstfiskus zur Erlangung des
nötigen Baugeländes schlugen fehl. 1841 wurden er-
neut Verhandlungen aufgenommen, aber wiederum mit
negativem Erfolg, denn einem Schreiben des Oberberg-
amtes zu Bonn an das Bergamt zu Saarbrücken vom
23. April 1841 ist zu entnehmen, daß die R e g i e r u n g
zu Trier und die Forstverwaltung sehr wenig Ver-
ständnis für diese wichtige Frage zeigten. Das Ober-
bergamt beauftragte nun das Dergamt zu Saarbrücken,
von Privaten und Gemeinden Land zur Ansiedlung von
Bergleuten zu erwerben. Letztere waren aber „gegen
jede Kolonisation von fremden Arbeitern".
Wie beispielsweise die Forstverwaltung ihre
ablehnende Haltung äußerte, ist aus folgendem zu er-
sehen: Nach einer französischen Forstbestim-
mung aus dem Jahre 1669 durfte nur eine
Xltesler Werk88ie61uns8t^p 6er Saar^rude»
58
halbe Meile oder 590 Ruten entfernt von der Waldes-
grenze gebaut werden. Nach einer anderen Verordnung,
und zwar der der Kaiserlich-Österreichischen
undKöniglich-Bayrischengemeinschaft-
lichen L a n d e s a d m i n i st r a t i o n s - Kom-
mt s s i o n zu Kreuznach vom 21. Juni 1815 waren
Bauten mindestens 200 Ruten von der Waldesgrenze
entfernt zu erstellen. War die Entfernung geringer, so
Prämienhaus in Spiesen aus dem Jahre 1890
Gute Pflege und beste Wohnungsunterhaltung zeich-
nen alle Bergmannshäuser an der Saar aus
mußte die forstpolizeiliche Genehmigung eingeholt wer-
den. Der Forstfiskus handhabte diese letztere Bestim-
mung jedoch nnit äußerster Strenge. Was das für die
Verwirklichung des Siedlungswillens der damaligen
Grubenverwaltung bedeutete, weiß jeder, wenn er sich
vergegenwärtigt, daß wir hier ein sehr waldreiches Ge-
biet hatten und daß die neuen Grubenanlagen meist inmit-
ten der Wälder errichtet wurden. Wie sehr die Bergver-
waltung auch versuchte, diese alten Bestimmungen auf ge-
setzlichem Wege außer Kraft zu setzen, es gelang ihr erst im
Jahre 1868/ So kam es öfter vor, daß bereits in An-
griff genommene Bauten wieder eingestellt werden muß-
ten. Am 1. September 1851 wurden z. B. die beiden
Bergleute Nikolaus Zen tz^und Josef Klär gericht-
lich verurteilt, ihre beiden Wohnhäuser im „kleinen
Heiligenwald" wieder abzureißen, weil diese nur 25 bzw.
35 Ruten vom Waldrand entfernt gebaut worden waren.
Und doch mußte gesiedelt werden. Denn die Saar-
gruben brauchten unbedingt Menschen, die mit ihrem
Werk verbunden, in der Nähe der Anlagen wohnen
sollten. Viele Bergleute kamen vom Hochwald, dem
Hunsrück, aus der Pfalz, der Eifel usw. Sie, die also
nicht in der Nähe der Gruben Haus und Hof hatten,
führten ein armseliges Leben. In der Woche kampierten
sie bei Kameraden als Einlieger und Sonntags mußten
sie, je nach Entfernung, oft zehn und mehr Stunden zu
Fuß marschieren, um für einige Stunden zu ihren Fa-
milien zu kommen. Der Rückmarsch am Sonntag abend
war dann gleich schwierig.
Da der Bedarf der Gruben aber nicht ganz durch sie
gedeckt werden konnte, mußten noch Arbeitskräfte aus
anderen Revieren beigezogen werden. Die Werber
brachten sie, meist gelernte Bergleute, aus dem Harz,
dem Mansfeldischen, aus Thüringen, Sachsen, der Graf-
schaft Henneberg und aus der Gegend von Osnabrück
ins Saarland. Es ist klar, daß für die so herbeige-
zogenen Arbeitskräfte ebenfalls Wohngelegenheiten ge-
schaffen werden mußten.
Weitgehendes Verständnis des Oberbergamtes.
Wieder war es Leopold Sello, der durch seine weit-
schauende Politik den Weg zeigte. Er schlug dem Ober-
bergamt zu Bonn vor, von den Gemeinden Land anzu-
kaufen und das Bauen mit Unterstützung der Grube den
Leuten selbst zu überlasten. Das Oberbergamt ging
hierauf ein und wünschte außer der Landabgabe an die
Bergleute die Errichtung von Schlafhäusern, die Ge-
währung von Vorschüsten und Unterstützung sowie Hilfe
bei der Verpflegung. In dieser Anordnung liegt der
Grund zu der bald einsetzenden großzügigen Kolonisation
des Saarbergmannes, der dann seßhaft und ein glühen-
der Verteidiger seiner Heimat wurde. Leopold Sello
haben wir es also zu verdanken, wenn wir heute im
Saarland eine ganze Reihe blühender Bergmannsdörfer
haben.
Am 9. Dezember 1841 wandte sich Leopold Sello er-
neut an das Oberbergamt zu Bonn, man solle jedem
Bergmann, der sich ein Haus bauen wolle, eine Bau--
Prämie von 25 bis 40 Talern aus der Grubenkaste
gewähren. Außerdem solle ein zu 4 Prozent verzins-
liches Darlehn von 100 bis 150 Talern aus der
Knappschaftskasse gegeben werden. Die Sicher-
stellung des Darlehns könne durch Bürgenstellung, hypo-
thekarische Eintragung in das Grundbuch und auf das
zu bauende Haus erfolgen. Die Tilgung der Schuld
könne durch monatliche Rückzahlung von 1—2 Talern
erfolgen. 1842 war es dann endlich so weit, daß den
baulustigen Saarbergleuten neben einer Bauprämie, die
Bergmannshäuser in Merchweiler aus den 70er
Jahren
Über dem Türeingang sieht man das Bergmanns-
wappen, Schlägel und Eisen
ein Geschenk der Grube war, Baudarlehn gewährt wur-
den, die innerhalb von 10 Jahren zurückzuzahlen waren.
Trotz aller Schwierigkeiten und trotz der Teuerung
und des Notstandes im Jahre 1847, in welchem das
Bauen gänzlich eingestellt worden war, gelangten von
59
1842—1852 im Saarland von Bergleuten 454 Wohn-
häuser zur Erbauung, von denen 311 den Bedingungen
zur Erlangung von Bauprämicn entsprachen. Nach einer
weiteren Nachweisung wurden von 1842 bis einschließlich
1856 an 858 Bergleute Darlehen im Betrage von
148 402 Taler und an 733 Bergleute Bauprämien
im Betrage von 38 500 Taler gegeben.
Um den Wert dieser Prämien zu ermessen,
seien die damaligen Schichtlöhne und Normalsätze der
Bergleute auf den Saargruben zum Vergleich heran-
gezogen. Für 8- bzw. 12stündige Schicht erhielt der
Hauer 15 Sgr. (18 Sgr. 7 Pfg.), Zimmerhauer 17 Sgr.
6 Pfq. (21 Sgr.), der Schlepper 1. Klaffe 13 Sgr.
(16 Sgr.), Pferdeförderung 17 Sgr. 6 Pfg. (21 Sgr.).
Die Familie eines Bergmannes brauchte im Jahre etwa
150—200 Taler, um bei aller Sparsamkeit in den Aus-
gaben gut bestehen zu können. (Vgl. Schlechtendahl
S. 145 usf.) Daran gemessen erreichte eine B a u -
prämie einschließlich Darlehn die Höhe
einesIahresverdienstes.
Lin kräniienhaus ans dem Jahre 1910 in Spiesen
Der neue Scheunenanbau wurde 1935/36 errichtet
Erhöhte Prämien und unverzinsliche Vorschüsse.
Von 1842—1870 wurden die Darlehen bis zu
150 Talern nur aus der Knappschaftskasse gegeben.
Außerdem kamen von 1865 bis 1870 schon unver-
zinsliche Vorschüsse aus der Staatskasse
bis zu Beträgen von 400 Talern im Einzelfalle zur Aus-
zahlung. Seit 1870 wurden nur noch zinsfreie
Vorschüsse aus Staatsmitteln gewährt, die 1873
für jedes Haus auf 1500 Mark festgesetzt wurden. Von
der gleichen Zeit ab betrug die gewährte Bauprämie zwi-
schen 750 und 900 Mark. Neben dieser materiellen Hilfe ge-
währte die BergverwaltungUnterstützungdurch Rat undTat
dadurch, daß die Bauwerkmeister gegen eine geringe Ent-
schädigung die Baupläne anfertigten, die Verhandlungen
für die Bauenden mit den Handwerkern führten, für die
Anlieferung des Materials sorgten, die sachgemäße Aus-
führung überwachten und schließlich die Teilbeträge vor-
schlugen, die von den Darlehen an die Handwerker und
Lieferanten ausbezahlt wurden. Die Prämie wurde erst
gewährt, wenn der Bauherr den Nachweis der erfolgten
Feuerversicherung erbracht hatte.
Landtausch mit dem Forstfiskus.
Es wurde schon von den Schwierigkeiten bei der Be-
schaffung des notwendigen Baulandes gesprochen. Mit
diesen hatte die Bergverwaltung fast 20 Jahre lang zu
kämpfen, denn solange dauerte es, bis der Forstfiskus
bereit war, gegen entsprechende Objekte genügend Bau-
land mit den Saargruben einzutauschen. Die Bergver-
waltung hatte mittlerweile zwei Hofgüter erworben, die
wegen ihrer Größe und besonders wegen ihrer Lage für
die Forstverwaltung äußerst wertvoll waren. Einmal
handelte es sich um das Hofgut Neuhaus, das 425 Mor-
gen,- 146 Ruten und 10 Fuß groß war und 30 493 Taler,
21 Sgr. und 3 Pfg. kostete. Das andere Gut war der
Warnetshof im Revier Karlsbrunn, 278 Morgen,
97 Ruten und 10 Fuß groß. Es kostete 16 225 Taler,
17 Sgr. und 5 Pfg. Dazu kamen noch kleinere Wald-
parzellen in den verschiedenenOberförstcreien.Am ^.De-
zember 1855 wurde der Tausch zwischen Forstfiskus und
Bergverwaltung perfekt. Vorher mußten aber noch die
einzelnen Gemeindevertretungen ihre Zustimmung geben,
falls die einzutauschenden Forstflächen etwa in gesetz-
widriger Nähe der Gemeindewaldungen liegen sollten.
Folgende Gruben erb>'elten Waldgelände zur Anlage
von Kolonien: Gr^öe Sulzbach-Altenwald,
40 Morgen im Distrikt Seitersgräben zur Anlage der
Kolonie „Seitersgräben" (Altenwald), Grube Jägers-
frcude-Dudweiler, 110 Morgen im Distrikt
Herrensohr zur Anlage der Kolonien Herrensohr und
Dieselten, Grube Gerhard, 93 Morgen im Distrikt
„alter Kessel" zur Anlage der Kolonie Altenkessel, Grube
o. d. H e y d t, 113 Morgen, im Distrikt Buchenschachen,
zur Anlage der Kolonien Buchenschachen und Pflug-
scheid, Grube Heinitz, 116 Morgen, im Distrikt
Elversberg, zur Anlage der Kolonie Elversberg, Grube
Reden, 91 Morgen, im Walddistrikt „der kleine
Heiligenwald", zur Anlage der Kolonie Klein-
h e i l i g e n w a l d , und 37 Morgen im Distrikt Groß-
heiligenwald, zur Anlage der Kolonie Großheiligenwald.
Da die zur Verfügung gestellten Forstflächen aber kleiner
waren als die beiden Hofgüter, mußte die Forstverwal-
tung noch weitere 100 Morgen im Sulzbachtale ab-
treten. Auf den einzelnen Gruben wurden nun die Bau-
lustigen für die Kolonien festgestellt, damit die Forst-
behörde ihren Abholzungsplan einrichten konnte. Es
waren nach einem Bericht von Sello vom 18. Januar
1856 im ganzen 268 Mann. Das Land für Haus und
Hof sollte an die Baulustigen verkauft, das für Kar-
toffeln und Gemüsebau verpachtet werden. Die Grün-
dung der heute recht ansehnlichen Bergmannsdörfer
Elversberg,Heiligenwald,Altenwald,
Hühnerfeld, Herrensohr, Friedrichs-
thal, Buchenschachen, Altenkessel und
P f l u g s ch e i d erfolgte also im Jahre 1856.
Großzügige Siedlungsbedingungen.
Von besonderer Bedeutung in der Entwicklung der
Kolonien ist der 9. I u l i 1 8 5 6. An diesem Tage
wurden die Bedingungen festgelegt, unter denen den
Bergleuten die Bauplätze überlassen wurden. Diese
lauteten:
60
Prämien-Häuser aus den Jahren 1890—1900 mit kleiner Bauernwirtschaft
Der Dachaufbau wurde später ausgeführt
1. Jeder Bergmann erhält 45 Quadratruten zum
Eigentum und einen Bauvorschuß, auf Verlangen
bis zu 300 Taler, sodann nach Vollendung des Hauses,
wenn dasselbe eine Grundfläche von mindestens
520 Quadratfuß und wenigstens drei Wohnräume hat,
eine B a u p r ä m i e, je nach der Grundfläche, von
120—150 Taler. Hinter dem Hause oder möglichst in
der Nähe erhält er noch ein Viertel Morgen Land
pachtweise auf unbestimmte Zeit. Der Pachtzins
wird auf ein Jahr etwa 4 Taler 6 Sgr. betragen.
2. Der Preis für den Bauplatz beträgt
25 Taler. Er wird von der Bauprämie in Abzug ge-
bracht, oder aber, wenn das Haus nicht so groß angelegt
worden ist, daß der Bauende auf eine Bauprämie An-
spruch machen kann, am Vorschuß abgezogen.
3. Der Bauvorschuß wird mit 4 Prozent ver-
zinst und nebst Zinsen durch monatliche Lohnabzüge von
1—2 Taler zurückgezahlt.
4. Für die Einhaltung dieser Verpflichtung wird der
Bauplatz nebst dem darauf zu erbauenden Hause in erste
Hypothek gestellt. Außerdem muß der Bauende einen
zuverlässigen Bürgen stellen. Den von auswärts
anziehenden Bergleuten wird, wenn sie
sich fleißig und ordentlich hier zeigen, die Bürg-
schaft erlassen. Dies hat der Minister genehmigt,
um die Ansiedlung zu fördern, und weil diese Auswär-
tigen nicht leicht einen Bürgen bekommen. Es ist Aus-
sicht vorhanden, daß auch Einheimischen die Bürgschaft
erlasien werden kann, wozu am 10. August 1856 die
Genehmigung erteilt wurde.
5. Jede Veräußerung des Bauplatzes bzw. des Hauses
an einen dritten außer den Erben, sei es durch Tausch,
Kauf oder Schenkung muß angezeigt und genehmigt
werden. Jede Veräußerung ohne Genehmigung des
Königlichen Bergamtes bewirkt die Auflösung des mit
dem Bauenden abgeschlosienen Bauvertrages derart, daß
der Bauplatz nebst Zubehör an die Knappschaftskasie
zurückfällt, wogegen die Kaffe dem Eigentümer den Kauf-
preis und den zur Errichtung des Hauses gegebenen
Vorschuß, abzüglich deffen, was etwa darauf noch an die
Knappschaftskasse geschuldet wird, zurückzahlt. Die
Prämie verbleibt dem Bauenden für seine beim Bau
aufgewandte Mühe.
6. Es muß nach dem Ansiedlungsplan gebaut werden.
7. Der Bauvorschuß wird in der Regel durch den
Schichtmeister an die Arbeiter, Stein- und Holz-
lieferanten usw. selbst, in Gegenwart des Bauenden, aus-
bezahlt.
8. Die Häuser müssen in Stein und Mörtel, und sie
dürfen nicht in Lehm ausgeführt werden.
Dem Staat als Arbeitgeber und Werksbesitzer war
besonders daran gelegen, nur gut beleumundete und
gesunde aktive Bergleute anzusiedeln. Darum wurde
die Gewährung von Bauprämien an folgende Bedin-
gungen geknüpft: Der Bewerber mußte sich gut geführt,1
eine Familie — Frau bzw. Kinder —• besitzen, seiner
Militärpflicht genügt, das 25. Lebensjahr bereits er-'
reicht haben und nicht über 40 Jahre alt sein. Sein Ge-
sundheitszustand mußte derart sein, daß der Eintritt
baldiger Invalidität nicht zu erwarten war. Die Wahl
der Bauplätze stand den Bewerbern im allgemeinen frei,
mußte aber auf solche Landflächcn beschränkt bleiben,
die zum eigentlichen Grubenbezirk gehörten oder die durch
günstige Wegeverbindungen als Wohnsitz für Werks-
61
arbeite: in Frage kommen konnten. Von diesem Ge-
sichtspunkt ausgehend, bildete man bestimmt umgrenzte
Baubezirke, in denen die Bauplätze liegen mußten.
Und nun entfaltete sich ein großer Schaffens- und
Gründergeist auf den Siedlerstellen, zumal die günstige
Siedlungsgelegenheit bald in weiten Volkskreisen durch
die Werber der Grube bekannt wurde. Man muß dabei
berücksichtigen, daß die Baugelegenheit besonders ver-
lockend für den war, der schon über etwas Eigenkapital
verfügte. Ohne Hilfe der Grube konnte ein Bergmann
ja überhaupt nicht bauen, denn die privaten Geldgeber
ließen sich oft Wucherzinsen bezahlen und zudem war das
Geld schwer aufzutreiben. Den jungen, unternehmungs-
lustigen Mann lockte jedenfalls diese Gelegenheit, denn
das billige Darlehn, die hohe Prämie und dazu noch
eine lohnende Arbeit, das alles waren Dinge, die man-
chen von ihnen vom ländlichen Arbeitsplatz ins Berg-
werk führte. So wurden viele Kleinbauern und Bauern-
söhne aus der weiteren und engeren Heimat Bergleute.
Sie sind nicht die Schlechtesten gewesen, was schon daraus
zu ersehen ist, daß viele von ihnen neben ihrer Gruben-
arbeit im bescheidenen Maße die Landwirtschaft weiter
betrieben und so sich und ihren Kindern'zusätzliches Ein-
kommen schafften. Freilich: ihr Leben ist Mühe und
Arbeit gewesen. Wenn man einen von ihnen heute noch
frägt, wie es möglich gewesen ist, daß er trotz seines
Kinderreichtums, und kinderreich waren sie fast alle, zu
einem Haus kam, daß er dazu die Kinder noch etwas
lernen lasten konnte, so wird man die Antwort hören:
durch Arbeiten und Sparen.
Unvermeidliche Unzulänglichkeiten.
Selbstverständlich hatte das Siedlungswerk der Saar-
gruben die bei allen Neuerungen auftretenden „Kinder-
krankheiten" ebenfalls zu überstehen. Die Siedler hatten
Nach 1935 in Stand gesetzte alte Grubenhäuser
es wahrhaftig nicht leicht und die Bergverwaltung
mußte oft viel Mühe und Geduld aufwenden, um in
entstandenes Durcheinander wieder Ordnung zu bringen.
So fehlten Zufuhrwege, Trinkwaster, Waster zum Bauen,
die Nahrungsmittel mußten weither beschafft werden und
so weiter. Dazu kam, daß sie sich untereinander noch
ziemlich fremd waren, während man in der alten Hei-
mat jeden kannte und notfalls einmal um Hilfe an-
sprechen konnte. Die Gruben halfen ab, wo sie nur
konnten. So sorgten sie u. a. auch dafür, daß betriebs-
fremde Leute, Handwerker und Kaufmänner Grund und
Boden zum Bauen erhielten, weil diese eben in einer
solchen Siedlung notwendig waren.
Der Oberpräsident der Rheinprovinz besichtigt
die Siedlungen.
Die Unzulänglichkeiten waren auch der gemeindlichen
Aufsichtsbehörde zu Ohren gekommen und veranlaßten
Eigenheim in Mittelbexbach nach 1935 er-
richtet (rechts) als Anbau
Die gefällige Bauform gefällt allgemein
den damaligen Oberpräsidenten der Rheinprovinz, von
Kleist-Retzow, an Ort und Stelle die Verhält-
niste zu studieren. Der Schritt des Oberpräsidenten mag
dadurch mit veranlaßt worden sein, daß die Regierung
zu Trier, gestützt auf die Berichte der Bürgermeister, der
bergmännischen Siedlung immer noch feindlich gesinnt
war. Die Sorge um die starke Abwanderung von jun-
gen Arbeitskräften vom Lande in den Bergbau hat
jedenfalls der Trierer Regierung damals viel Kopfweh
gemacht und sie zu ihrer einseitigen Stellungnahme ver-
anlaßt.
Am 10. Mai 1858 fand eine allgemeine Besichtigung
und anschließend eine Besprechung in Saarbrücken statt.
Die Siedler waren bei der Besichtigung dabei und hatten
Gelegenheit, ihre Sorgen vorzubringen. Die Bergver-
waltung war dabei von Berghauptmann von
Dechen-Bonn, Oberbergrat B r a s s e r t, Berg-
rat F l e ck s e r und Direktor Krause vertreten. Ne-
ben Oberpräsident von Kleist-Retzow waren der
Regierungspräsident von Trier, von Gärtner, der
Landrat von Ottweiler, von Soensfeld, Reg.-
Baurat Hoff, Oberforflmeister Weißerburger
und die Pfarrer Brandt- Dudweiler und P r i n tz -
St. Johann erschienen.
Der ganze umfangreiche Fragenkomplex wurde hierbei
besprochen, sodaß oft die Meinungen der Vertreter der
Bergverwaltung mit denen von der Regierung und der
Gemeinden aufeinanderprallen mußten. Bemerkenswert
war dabei die Forderung des Regierungspräsidenten
von Trier, die neuzuschaffendcn Siedlungen von den
Gemeinden abzutrennen und aus ihnen eigene Selbst-
verwaltungen zu bilden. Hiergegen wandte sich der Berg-
hauptmann mit aller Entschiedenheit. Schon ein Jahr
62
früher hatte die Trierer Regierung die Landräte auf-
gefordert, zur Erschwerung des Zuzuges von den Ge-
meinden Bürger-, Einzugs - und Einkaufs-
gelder erheben zu lassen; diese Beträge wurden für
die Bergleute von der Grubenverwaltung übernommen.
Lediglich der Oberpräfident enthielt sich hierbei jeder
Stellungnahme. Die Bergverwaltung verteidigte durch
den Berghauptmann mit Umsicht, Geschick und Zähigkeit
ihre bisher getroffenen Maßnahmen, versprach Hilfe und
Abänderung wo es noch möglich war und erreichte so
schließlich, daß auch die Staatsvertreter eine andere
Einstellung zu den Siedlungen einnahmen.
Konferenz in Saarbrücken.
2n der anschließenden Konferenz am 11. und 12. Mai
auf dem Landratsamt zu Saarbrücken, die unter dem
Vorsitz des Oberpräsidenten der Rheinprovinz stattfand,
wurden die Verhältnisie in den Bergmannskolonien
noch einmal eingehend besprochen. Folgende Anträge
lagen der Beratung zu Grunde:
1. Das künftige Bauen der Kolonistcnhäuser soll
nicht den Bergleuten überlassen werden, sondern die Berg-
verwaltung soll sie ausführen, die Bergleute als Mieter
in diese Häuser aufnehmen und denselben die Gelegen-
heit eröffnen, durch allmähliche Abtragung des Kauf-
preises der Häuser sich das Eigentum derselben zu er-
werben
2. Seitens des Bergwerks und unter Mitwirkung und
in Übereinstimmung mit der Regierung sollen die zur
Kolonisation geeigneten Flächen ausgewählt und der
Bauplan entworfen werden. Der ganze Walddistrikt
wird auf Staatskosten entholzt, gerodet und geebnet, des-
gleichen der Bau sdwohl der Straßen in der Kolonie als
der Verbindungswege nach den vorbeiführenden Straßen,
sowie auch die Anlage der nötigen Brunnen und Wasser-
leitungen auf Staatskosten.
3. Schon bei der Gründung der Kolonie soll der
rund und Boden für Kirche und Pfarr-
vorgesehen, eine Ortsvorsteherwoh-
nung und ein Schulhaus mit Lehrerwoh-
nung erbaut und ein Kirchhof eingerichtet werden.
4. In den Kolonien sollen Gewerbehallen oder
Häuser für Gewerbetreibende erbaut werden.
5. Für jede Kolonie wird ein Gemeindegut, eine
Allemende, in einer bestimmten Fläche ausgesondert oder
die den Kolonisten verpachteten Ländereien werden ver-
mehrt.
6. In jeder Kolonie wird von vornherein ein tüchtiger
Kern von Siedlern gebildet,' ein Bergbeamter, etwa ein
Steiger, wird als Vorsteher in die Kolonie gesetzt
und demselben ein Knappschaftsältester, nach
Gelegenheit sonst noch erprobte Bergleute, ein Lehrer und
ein P o l i z e i d i e n e r mit auskömmlichem Gehalt zur
Seite gestellt.
7. Der korporative Geist der bergmännischen Gemein-,
den soll durch angemessene Knappschafts-Ordnungen und
Ortsstatuten nach dem Vorbilde älterer Bergmanns-
gemeinden geweckt, belebt.und unterhalten werden, ins-
besondere wird der bergmännische Gruß, die
bergmännische Tracht, die bergmännische
Musik, die bergmännische Beerdigung
Blick auf eine von den Franzosen gebaute Grubensiediung
63
und das bergmännische laute Gebet einge-
führt. Auch sollen Knappschaftsgeistliche an-
gestellt werden.
8. Die Kolonien werden zu selbständigen
bürgerlichen Gemeinden erhoben.
9. Die Häuser sollen nicht vereinzelt, sondern im engen
Zusammenhange, im dorfmäßigen Beringe erbaut werden.
Aus den Verhandlungen ist die Stellungnahme des
/ Oberpräsidenten einerseits und der Grubenbehörde an-
dererseits zu einzelnen Anträgen von Jnteresie. So
führte ersterer zu Antrag 3 aus: „Das Vorhandensein
7. der Schulen fördert die Neigung zur Ansiedlung, deren
Mangel aber und die Notwendigkeit, die Kinder in ent-
fernte Schulen zu schicken, schreckt die besseren und tüch-
tigen Familienväter ab, ihren Wohnsitz in der Kolonie
. ' ' zu nehmen. Es liegt darum im finanziellen Interesse der
Bergbehörde, jede Kolonie nur für die An-
gehörigen derselben Konfession zu be-
aa, J stimmen, darum dahin zu wirken, daß nicht Ange-
. hörige verschiedener Konfessionen sich in derselben Ge-
meinde ansiedeln. Denn vermehrten sich die Kinder beider
It/i . ;/ Konfessionen in derselben Kolonie, dann werde sehr bald
• bei der Erhaltung des konfessionellen Charakters der
Schule, der bei neuen Schuleinrichtungen gewahrt sein
müsse, die Notwendigkeit zum Bau und der Einrichtung
einer zweiten Schule eintreten". — Berghaupt-
mann v. Dechen lehnte es entschieden ab, irgendwie
eine Weisung zu erteilen, wodurch die Bergleute in der
Wahl der Kolonie beschränkt und veranlaßt würden, sich
je nach ihrer Konfession in die eine oder andere Kolonie
zu begeben. Auch war er gegen die Errichtung von Ge-
werbehallen mit der Begründung, daß unter den Sied-
lern schon Krämer seien; das Brot werde vom Berg-
amt geliefert, auch sei schon die Weisung ergangen,
Metzger in die Kolonien zu ziehen. Der Vertreter der
Forstbehörde war gegen den Antrag auf weitere Über-
lassung von Land an Bergleute. Forstpolizeiliche Rück-
' sichten machten es wünschenswert, daß in den Kolonien
kein starker Viehbestand gehalten werde.
Zu Antrag 7 führte v. Dechen aus: „Der bergmän-
nische Gruß „Glück auf!" muß von den Bergbeamten
gebraucht werden. Daß die Bergleute denselben gleicher-
weise erwidern, kann aber nicht vorgeschrieben und er-
zwungen werden. Diese Sitte kann sich nur allmählich
einbürgern. Die Dürftigkeit der Bergarbeiter läßt es
nicht zu, daß man ihnen die bergmännische Tracht vor-
schreibt. Der ständiges Bergmann muß sie dagegen
anschaffen und darf nicht anders als in dieser vor seinem
Vorgesetzten erscheinen. Nur bei der Beerdigung der im
Berufe verunglückten Bergleute spielt die bergmännische
Musik. Die Einführung des gemeinschaftlichen lauten
Gebetes stoße bei der Verschiedenheit der Konfessionen
der Bergleute auf nicht zu beseitigende Hindernisse. Der
evang. Pfarrer B r a n d t-St. Johann schlug vor, das
stille Gebet durch gemeinschaftlichen Gesang
zu ersetzen. Die Liederverse und die Melodie sollten in
den Schulen gründlich eingeübt werden.
Die weiteren Beratungen drehten sich hauptsächlich
um die Frage, ob die Bergarbeiterkolonien
zu selbständigen bürgerlichen Gemein-
den zu erheben seien. Der Reg.-Präsident er-
klärte: „Die Bergarbeiter haben in bedenklicher Weise (!)
das Übergewicht in den Gemeindeangelegenheiten ge-
wonnen, namentlich in den Gemeinden, wohin der Zu-
zug stattfand, wurden zu zwei Drittel der Gemeinde-
verordneten von den Bergarbeitern gewählt. Dagegen
sind sie die am wenigsten Leistungsfähigen, stehen über-
dies nur äußerlich in Verbindung mit den Gemeinden,
und so wird das eigentliche Gemeindeleben immer mehr
und mehr untergraben und seinem Untergang entgegen-
geführt. (?) Schließlich einigte man sich dahin, daß die
Ansiedlungen den Gemeinden, auf deren Bann sie liegen,
inbezug auf bürgerliche, kirchliche und Schulverhältnisse
angegliedert werden sollen. Beschlossen wurde jedoch, die
Kolonie K l e i n h e i l i g e n w a l d zu einer
selbständigenGemeindezu erheben. (Dieser
Beschluß stand aber nur auf dem Papier. Seine Er-
füllung fand er erst nach mehr als 60jährigem Kampfe
im Jahre 1920.)
Bericht an die Staatsregierung.
Im Anschluß an diese Besichtigung und die Konferenz
gab der Oberpräsidcnt einen eingehenden Bericht an die
Staatsregierung, und zwar an Handelsmmister von
der Heydt, den Innenminister und den Minister für
die geistlichen Angelegenheiten. Weitschauend erklärt
darin der Oberpräsident, daß die von der Bergverwal-
tung eingeleiteten sozialen Maßnahmen noch nicht weit
genug gingen. Es handele sich, so erklärte er u. a. weiter,
um einen reich gesegneten Landstrich an den Grenzen der
Monarchie, der den lüsternen Blicken des ausländischen
Nachbars und seinen Beobachtungen ausgesetzt und ein
Gegenstand seiner Wünsche sei. Die Bewohner hätten
sich durch deutsche Art, vaterländische, preußische Ge-
sinnung mehr bewahrt, als solches in Grenzdistrikten sonst
gefunden zu werden pflege. Sie hingen als ein biederes
Geschlecht mit Liebe und Hingebung an dem preußischen
Staate und seien den fremdländischen Einflüssen völlig
abgewendet. — Seine Meinung sei, daß die ansiedelnden
i) In den Berichten der damaligen Zeit ist immer die
Red« von unständigen und ständigen Bergleu en,
eine Unterscheidung, die wir heute nicht mehr kennen.
Rach dem Knappschastsstatut vom 10. 4. 1854 waren die stän-
digen Bergleute die meistderechtigte Klaffe. Dazu gehörten
ohne Unterschied auf Dienst- oder Arbeitszeit die ö> ub n-
deamten und die von der Bergbehörde ihrer besondern Ge-
schicklichkeit wegen herangezogenen fremden Arbeiter, sowie
die Bergleute, die eine 6jährige Beschäftigung als unitün-
dige Arbeiter zurückgelegt hatten, lesen und schreiben kann-
ten, im Besitze der preußischen Staatsangehörigkeit waren
und im Alter zwischen 24 und 45 Fahren standen. Mit die-
sen hätte sich die ansässige Bevölkerung schon abgefunden,
denn sie hatten Anspruch auf Pension und Invalidität--,
Witwen- und Waisenunterstützung, unentgeltliche ärztliche
Behandlung und Medikamente und unen'gelilichen Schul-
unterricht der Kinder, außerdem Anspruch auf 30 bzw.
15 Zentner Kohlen kür Unverheiratete. Die unständigen wa-
ren die minderberechtigte Klasse. Sie wurden nur auf unbe-
stimmte Zeit unter Iwöchentlicher Kündigung zur Bergarbeil
angenommen. Hatten sie nach 5jähr. Tätigkeit als unständiger
Bergmann „Beweise von Gehorsam, Treue, Fleiß. Geschick-
lichkeit und sittlichem Lebenswandel" gegeben, auch ihrer Ver-
pflichtung im stehenden Heer« Genüge geleistet öder waren sie
auf dem vorgeschriebenenn Wege davon entbunden, so konn-
ten sie erst in die Rechte der ständigen Bergleute aufrücken.
64
Prämien-Häuser aus dem Jahre 1910 in Spiesen
Bergleute in ihrer Eigenschaft als Arbeiter auf König-
lichen Bergwerken eine „ausnahmsweise" Be-
handlung erleiden sollten, ohne dem Grundsatz entgegen
zu treten, daß dieselben um dieser Eigenschaft willen
weder in ihren rechtlichen Beziehungen zu den betreffen-
den Gemeindeverbänden, noch sonst schlechter gestellt
werden dürften, als andere neuanziehende Individuen.
Das Siedlungswerk wächst.
In den folgenden Jahren hat die preußische Bergver-j
waltung alles getan, um den beschrittenen Weg fortzu-z
setzen. Sie hat, wie wir eingangs schon gezeigt haben/
die Bauprämien wesentlich erhöht und auch den Berg-
Ubersicht der Hausbauten in den Saarbrückl
leuten höhere und vor allem zinsfreie Darlehn ver-
schaffen können. Es ist klar, daß dies mächtig den
Eigenheimgedanken unter unseren Bergleuten förderte.
Wenn auch die Arbeit oftmals erschwert wurde und
wenn auch mancher, der von weither den Weg ins Saar-
land gefunden hatte, wieder zurückkehrte, so blieb doch
als Ergebnis ein großer Stamm kerniger, guter und
treuer Bergleute, die wesentlich dazu beitrugen, daß
unsere Gruben immer mehr wachsen konnten.
Die bauliche Entwicklung der Kolonien
bis zum Jahre 1866
einschließlich zeigt uns folgende Statistik:
Bergmanns-Kolonien von 1855 bis 1866
Namen der Kolonien Namen der Gemeinden Zahl der Hausbauten in den Jahren
1855 1856 1857 1858:1859 1860 1861 1862 1863 1864 1855 1866 Sa:
1. pflugscheid Guichenbach 18 18
2. Buchenschachen „ — — 13 6 2 2 6 5 1 4 12 10 61
3. Altenkessel Püttlingen - 11 — 1 4 11 3 19 8 17 25 12 111
4. Herrensohr Dudweiler 25 8 7 5 7 10 4 9 22 38 18 153
5. Oieselten „ 5 9 3 - - 6 4 5 12 1 — 45
6. Seitersgräben Sulzbach — 6 21 10 15 7 8 17 18 4 4 — 110
7. Friedrichsthal Friedrichsthal — — — — — — — - — — 21 20 41
8. Orehbrunnen „ - — — - - 5 8 — — 1 — — 14
9. Bildstock „ — 5 14 — 19
10. Elversberg Spiesen — 8 6 15 14 23 62 25 7 1 9 4 174
11. Kleinheiligenw. Schiffweiler — 12 1 3 1 9 3 — 17 23 21 7 97
12. Hühnerfeld Sulzbach —
Summa 18 67 58 45 41 64 106 74 65 89 145 71 843
An gemeinnützigen Anstalten waren in der gleichen
Zeit errichtet worden:
Sonnlagsschulen .... 5
Industrieschulen..............5
Klein-Kinderschulen .... 2
Gemeindeschulen ..... 8
Kirchen.......................1
Zur Abhaltung des evangelischen Gottesdienstes wurde
1865 ein Saal im Schlafhause zu Altenkessel zur Ver-
fügung gestellt, der diesem Zwecke bis zum Einzuge in
die im Jahre 1887 neuerbaute Kirche diente.
Den Schluß mögen noch einige statistische Zahlen
bilden. An Bauprämien wurden von 1842 bis
1903 4 853 280 Mark gewährt. Bauvorschüsse
zahlte die Knappschaftskaffe von 1842 bis 1870 im
Betrage von 2 062 117 Mark, die Staatskaffe von
1865 bis 1903 in Höhe von 5 892 335 Mark. Mit
Hilfe dieser Unterstützungen, deren Gesamtbetrag mehr
als 12K Millionen Mark beträgt, sind in den Jahren
1842 bis 1903 im ganzen 6 465 Bergarbeiter-Wohn-
häuser erstanden, und zwar mit verzinslichen Darlehen
aus der Knappschaftskaffe und mit staatlichen Bau-
prämien 2 063 Häuser, mit unverzinslichen Darlehen
aus der Staatskaffe und mit staatlichen Bauprämien
4 110 Häuser und endlich lediglich mit staatlichen Bau-
prämien 292 Häuser, insgesamt also 6 465 Häuser.
Der Ausbau der Gemeinden nach 1875.
Während bis zur Mitte der siebziger Jahre die Berg-
mannsprämienhäuser häufig ein Bild stereotyper Ein-
fachheit und Bedürfnislosigkeit der Bewohner boten,
beginnt mit diesem Zeitpunkt ein Umschwung in der Bau-
weise. Die Forderungen der Hygiene nach mehr Licht
und nach mehr Raum, die Fortschritte der Technik in
Bezug auf die Anwendung des Eisens und die Vor-
kehrungen gegen die aufsteigende Erdfeuchtigkeit, die Vor-
schriften über die Feuersicherheit der Gebäude und die
sanitätspolizeilichcn Bestimmungen über die Anlage der
Aborte und Dungstätten fangen nach und nach an, ihren
Einfluß auch auf die Bergmannsdörfer geltend zu
machen. Neue Straßen wurden angelegt und ausgebaut,
alte erweitert und verschönert. Kanalisationen sorgten
für Reinlichkeit und Förderung der Gesundheit, die Gas-
leitung und elektrische Lichtanlage für Licht und Be-
quemlichkeit. Das bedeutungsvollste soziale Werk ist
aber die hinreichende Versorgung mit gutem Trinkwaffer
durch Wafferleitungen gewesen. Viele schöne Gebäude
zieren die früheren Bergmannskolonien und geben ihnen
vielfach ein stadtähnliches Gepräge, ihre Einwohnerzahl
stieg weit über die so vieler Städte in Mittel- und
Ostdeutschland. So zählte am 25. Juni 1935 Elvers-
berg 7 539, Altcnkcffel 8 921, Heiligenwald 5 041, Fried-
richsthal 13 830 Einwohner. Die übrigen Kolonien
Werkssieckluns in Oütteldorn sämtl. Bilder: Archiv
Haustyp der preußischen Verwaltung aus den Jahren 1910—14 der Saargruben-AG.
66
sind eingemeindet: Hühnerfeld und Altenwald in Sulz-
bach (21 414 E.), Pflugscheid und Buchenschachen in
Büchenbach (7 220) und Herrensohr in Dudweiler
(24 404 E.). Alle diese Orte haben große Schulsysteme,
die ersten Schulhäuser haben fast überall neuzeitlich ein-
gerichteten Schulgebäuden weichen müssen. Stattliche
Kirchen krönen die Höhen und blicken mit ihren maje-
siätischen Türmen weit ins Land hinein. Mit Recht dür-
fen daher heute die Bewohner der Kolonien mit Be-
friedigung, aber auch mit berechtigtem Stolze auf ihre
blühenden Gemeindewesen zurückschauen. Die Saat, die
der große Organisator Geheimrat Leopold Sello vor
rund einem Jahrhundert säte, ist Dank der fürsorg-
lichen Mitwirkung und sicheren Leitung der Bergbehörde
auf fruchtbaren Boden gefallen.
*
Die Siedlungsarbeit nach 1935.
Es war der Zweck dieser Betrachtung, nur die so-
genannte Eigenheimsiedlung der preußischen Bergver-
waltung herauszustellen, also den Bau derjenigen Häuser
von Bergleuten, die mit materieller und ideeller Hilfe der
Saargrubenverwaltung erstellt wurden. Dieses Bild
erschöpft aber bei weitem nicht die auf dem Sektor Woh-
nungsbau geleistete Arbeit der Saargruben. Darüber
hinaus haben nämlich die einzelnen Steinkohlenberg-
werke zahlreiche werkseigene Häuser gebaut, und zwar
in der Nähe ihrer Schachtanlagen. In ihnen wurden
viele Beamte nud solche Arbeiter untergebracht, die das
Werk für besondere Fälle stets rasch zur Hand haben
muß. Diese Bauten gehen in die Hunderte. Wer sie
sieht und weiß, wie billig darin gewohnt wird, der kann
sich ein Bild von ihrem Segen für einen beachtlichen
Teil der Gefolgschaftsmitglieder und ihre Familie
machen. Schließlich muß auch noch darauf hingewiesen
werden, daß die Saargruben im Laufe der Jahre in den
einzelnen Bergmannsgemeinden eine Vielzahl von Häu-
sern von privater Hand oder ihren Belegschaftsmitglie-
dern gekauft und wiederum zu einem sehr mäßigen Zins
an Bergleute vermietet hat. Mehr als 6000 Häuser sind
heute im Besitz der Saargruben.
Während die französische Saargrubenverwaltung in
den Jahren von 1920 bis 1935 ebenfalls in bescheidenem
Maße siedelte, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß die
Bauten nach französischem Schema errichtet wurden, hat
die Saargruben-Aktiengesellschaft nach 1935 die Sied-
lungsarbeit wieder tatkräftig fortgeführt. Verschiedene
Umstände freilich hinderten sie bis jetzt daran, die Sied-
lung in der von ihr gewünschten umfaffenden Weise
durchzuführen. Immerhin wurden in geschlosienen Sied-
lungen in Dudweiler, Bildstock und Mittelbechach über
80 Häuser erstellt. 84 weitere Häuser in Heiligenwald
und Völklingen waren bei Kriegsausbruch im Bau be-
griffen. Eine weitere Siedlung in Merchweiler, die etwa
60 Häuser umfaßen soll, ist in Planung. Die sicd-
lungswürdigen Gefolgschaftsmitglieder der Saargruben
erhielten bzw. erhallen diese Häuser nach einer gewissen
Zeit zu Eigentum. Darüber hinaus wurden Bauvorhaben
zahlreicher Gefolgschaftsmitglieder in vielen Gemeinden
des Saarlandes durch Finanzierung durch die Saar-
gruben und Betreuung von der Planung bis zum Bezug
unterstützt. Bis jetzt wurden 191 Eigenheime mit 376
Wohnungen fertiggestellt. Im Bau begriffen sind
16 Eigenheime mit 32 Wohnungen und geplant sind zur
Zeit 37 Häuser, deren Ausführungen nur durch den Kriegs-
ausbruch verhindert wurde. Sämtlichen Eigenheimern
wurden außerdem Acbeitgeberdarlehn in Beträgen von
1000 RM. gewährt, die unverzinslich und mit 5 Pro-
zent jährlich zu tilgen sind. Bei von der Saarpfälzische
Heimstätte errichteten Kleinsiedlerstellcn wurden in 607
Fällen an unsere Gefolgschaftsmitglieder Arbeitgeber-
darlehen von 200—750 RM., insgesamt 337 238 RM.
gewährt. Auch diese Darlehen sind unverzinslich. Sie
müssen monatlich mit 1—3 RM. getilgt werden. In
Fällen nachgewiesener Notlage gehen die Tilgungs-
beträge auf die Hälfte der Beleihung zurück.
Dieses hundertjährige Jubiläum berechtigt uns alle,
die wir zu den Saargruben zählen, zu Stolz und An-
erkennung. Was einst in weitschauender Voraussicht be-
gonnen wurde und sich im Laufe der Jahrzehnte als so
segensreich erwiesen hat, soll auch in der kommenden
Zeit fortgeführt werden. Das wünschen wir alle, die wir
wie unsere Väter danach streben, einmal ein eigenes
Heim zu besitzen.
In schwerer Not stand unter uns ein Mann auf, lehrte uns die Größe unseres
Volkes und wies unseren Blick auf die kommende glanzvolle Zukunft unserer
Nation hin. Der Führer hat uns gezeigt, was ein Volk vermag, wenn es einig
und geschlossen ist und einem politischen Willen gehorcht. Er wurde damit
auch der große Lehrmeister der deutschen Nation. In seiner Idee und in seiner
Weltanschauung hat er das deutsche Volk neu aufgerichtet. So steht er mitten
unter uns. Er ist uns allen Vorbild und Richtschnur geworden.
Dr. Goebbels.
ß*
67
Der Bergmann einst und heute
dm Helm eines Bolöaten der Arbeit
Das gehört zum Saarland, zum Kohlen-
revier an unserm Fluß: die Gestänge der För-
dertürme mit den schnurrenden Seilscheiben. Und
zu uns gehören die Männer, die über die Land-
straßen zu bestimmten Stunden wandern,
Schritt vor Schritt, schwer und bedächtig.
Manchmal trifft man sich auch bei einer Wan-
derung im Wald; und dann gehen sie wortlos
schmale Pfade, die Verbindung zwischen ihrer
Wohnstätte und der Grube. Man soll sie nicht
einfach so an sich vorbeigehen lasten, man soll
ihnen einmal ins Gesicht schauen. Es sind harte
Gesichter und es sind auch gute Gesichter. Hart,
weil die Arbeit sie mit dem Stempel prägte wie
Münzen, gut, weil sie nicht wurzellose Arbeiter
sind, die keine Heimat haben.
Wenn in den Zeitungen steht, daß der Stein
Bergleute verschüttet hat, dann meinen viele,
Mitleid empfinden zu mästen. Sie haben da-
für auch schon die Worte bereit: Die armen
Männer, immer im Dunkeln, stets im Grabe.
Das will der Bergmann gar nicht. Er fährt
ein und tut seine Arbeit, eine schwere Arbeit,
ohne Frage. Er will kein gelegentliches Mit-
leid. Er will, daß jeder Volksgenoste sich über-
legt, was der Volksgenoste, besten Berufsbe-
zeichnung „Bergmann" lautet, leistet. Sein
tägliches Werk will er gewürdigt wissen und
nicht seinen Betriebsunfall. Recht hat er da-
bei.
Sicherlich macht der Knappe kein Aufheben
davon, daß er seine Schichten im Dunkel der
Erde verfahren muß. Er jammert darüber nicht
— wer die Bergleute im Saarland kennt, weiß,
daß sie von ganzem Herzen lachen können und
auch dem Nichtbeteiligten niemals vorjammern,
weil ihnen eine kleine Lampe das Tageslicht
ersetzen muß.
Der Laie hat sich einen Begriff von der
Grube gebildet, der nicht zutrifft. Daß die
Berggeister geflohen sind, nun, das weiß er.
Aber daß man da unten schafft mit allen neu-
artigen Mitteln, das muß man dem Laien erst
sagen.
Aber auch wer die Grube kennt oder minde-
stens zu kennen meint, weil er vor mancherlei
Jahren die Gelegenheit hatte, einzufahren, der
wird sich verwundern. Die Dinge haben sich
nicht nur über der Erde, sie haben sich auch im
Berg grundsätzlich verändert.
Gleich bleiben diese ersten Eindrücke, die den
Laien bedrängen. Die Fahrt in die Erde läßt
jeden erschauern. Wie es den Korb hinabreißt,
wie man hinabfällt — man muß schon ein
Bergmann sein, um diesem Erlebnis gegenüber
gleichgültig zu bleiben. Diese Einfahrt in eine
Grube gehört zu den Erlebnissen, die man wirk-
lich nicht vergißt. Aber man darf trotzdem nicht
vergessen: für den Bergmann ist eine solche
Fahrt im Korb Alltag, nichts besonderes.
Für den Laien, der zum ersten Male einfährt,
ist die Fahrt in die Erde erschreckend. Er meint,
den Boden zu verlieren, er glaubt schon ein
Unglück, wenn der Boden unter ihm zu ver-,
schwinden scheint.
Und der Bergmann? Er wandert die langen
Gänge entlang, ohne Aufregung, selbstverständ-
lich. Er kennt das, wenn die Lokomobile Platz
brauchen. Er kennt auch die Hölzer der Ver-
strebungen, wenn er aus dem Hellen ins Dunkel
geht, wenn nur noch das kleine Lichtlein seiner
Lampe leuchtet und seltsame Schatten wirft.
Zehn, fünfzehn Jahre, was ist das schon für
eine Zeit, so meint man hier oben. Es ist eim
lange Zeit, in der sich viel verändert hat. Klei-
nigkeiten mögen es manchem scheinen, aber es
sind Fortschritte. Wer sich an das Damals er-
innert — damals trugen die Knappen allerlei
„Behauptungen", Mützen, abgeschnittene Hüte
Das ist vorbei. Der Bergmann trägt heult
seinen Grubenhelm. Und er weiß, daß das kein
Schmuckstück ist, nicht zur Parade vorgeschrie-
ben. In mancherlei Fährlichkeiten hat er selbst
erprobt, daß ihm dies Leder einen wesentlichen
Schutz bedeutet gegen die Gefahren seines Be-
rufes.
Und das nächste Stück, das dem Laien auf-
fällt, der nach manchen Jahren wieder einmal
einfährt. Es flackert nicht mehr das Flämin-!
chen unter dem runden Glas und dem Schutz-
gitter. Heute speist eine Batterie ein elektrisches
Glühlicht. Welche Gefahrenquellen dadurä
ausgeschaltet sind — braucht man das langt
zu erklären?
Wir kommen weiter und sind vor dem Stoß
Nicht mehr der pickende Pickel schafft da. Ei
ist der Schrämhammer, der laut und rattern!
sich in die Kohle hineinfrißt. Schrumm-peng
und wieder schrumm-peng werfen sich die Schüt-
telrutschen, die eingewölbten Bleche, die der
Knappen gelöste Kohle weiterbefördern bis zu
den Wagen.
Ja, und der Grubengaul, der ist verschwunden.
Der warme, heuduftende Stall in der Tiefe,
viele hundert Meter unter der Erde, ist Garage
für Lokomobile geworden, die jetzt die kleinen
Wagen über die Schienen ziehen.
Wo einstmals Berggeister geisterten, da
herrscht heute die Technik mit allen Vorzügen
und Nachteilen. Die Romantik ist weg. Aber
fragt einen Bergmann, ob er das ernsthaft be-
dauert. Er ist froh über diese neue Zeit. Sein
Beruf ist schwer und wird immer schwer blei-
ben, doch er spürt am eigenen Leib die Erleich-
terungen, die ihm die Technik unserer Tage
schenkt.
Oben schnurren die Seilscheiben. Und unten
fährt die Preßluft durch meilenweite Gänge, tief
unten, Hunderte von Metern tief. Das ist das
Ergebnis der Mühe und der Berechnungen der
Ingenieure. Man darf also auch hier über den
Bergmann nicht den Arbeiter der Stirn ver-
gessen, der sein Gehirn der Grube widmet.
Die Tradition läßt, unsere Saarknappen bei
feierlichen Gelegenheiten die Uniform von ehe-
mals tragen. Das ist richtig so. Aber der Laie
darf über dem weißen Paradebusch über dem
Schachthut niemals vergesien, daß der Berg-
mann täglich unterm Helm arbeitet •— unterm
Helm eines Soldaten der Arbeit.
Und er soll dem Bergmann unserer Saar-
heimat nicht Mitleid widmen, wenn ein Unglück
geschehen ist. Er soll ihm Hochachtung entgegen-
bringen alle Tage. Und er soll ihm jeden Tag
wünschen: „Glück auf!" A. Gräser.
In der Richtstrecke
Die Strecke steht im Scheine meiner treuen Lampe,
Die vor sich her des Stollens Finsternisse scheucht,
Mein Schritt klingt hallend auf des Fahrwegs schmaler Rampe,
Ich bin allein, nur ich und mit mir mein Geleucht.
Die Flamme zittert in des Wetterzuges Strudeln,
Fast wie ein Herz, das man mit bösen Worten schlägt,
In tiefer Rösche brack'ge Wasser schachtwärts sprudeln,
Darüberhin die Lampe ihren Lichtschein trägt.
Die Felsen wuchten auf in grauen Schalenquadern,
So, wie ein Gott vor Urgezeiten sie gesetzt,
Im matten Glanze steh’n der Flöze Kohlenadern,
Da nun der Mensch des Berges Siegel hat verletzt.
Aus weiter Ferne gleißt ein grelles Lichtgefunkel,
Ein Feuerauge, das im Sturme näherfliegt,
Ein Kohlenzug braust an, verschwindet in dem Dunkel,
Und hinter ihm ein Rollen durch die Sohle wiegt.
Hans Adolf Groß, Göttelborn.
69
Unfälle in öer $ötÖecung unter läge
Die starke Belastung, die dem Bergbau aus Unfällen
erwächst, hat ihn von jeher dazu veranlaßt, sich mit der
Verhütung der Unfälle zu befastcn. Eine der be-
sonderen Unfallquellcn ist die Förderung unter
Tage, bei der sich Unfälle ereignen, die zahlenmäßig
oft die durch Stein- oder Kohlenfall hervorgerufenen
übertreffen.
Unfallsichere Beförderung von Maffengütern ist schon
über Tage ein nicht leicht lösbares Problem. Unter Tage
wird es noch schwieriger, da hier als gefahrerhöhende
Momente die Dunkelheit, die Enge der Räume und der
Lärm hinzutreten. Hierdurch wird die Erfüllung der For-
derung für die Massengutbewältigung: Rasche, fließende
Förderung und Vermeidung von unnötigen Standzeiten
der Fördermittel erheblich erschwert, die Unfallmöglich-
keiten werden gesteigert.
Am klarsten lasten sich die verschiedenen Probleme
durch eine Betrachtung der Vcrhältniste im Stein-
kohlenbergbau beleuchten. Denn in diesem sum-
mieren sich die Gefahren, da hier sehr große Masten in
sowohl zeitlich, als auch räumlich engen Grenzen be-
wältigt werden mästen.
Auf älteren Steinkohlenbergwerken, deren Betrieb
noch nicht weitgehend neuzeitlich gestaltet ist, nimmt die
Förderung der gewonnenen Kohle etwa folgenden Lauf:
Non Bergassessor Or. Matthias;, Bonn j
Nach dem Hereingewinnen schaufelt der Hauer im!
Streb die Kohle in die Schüttelrutsche, in der sie zur
Ladestelle am unteren Strebende gefördert wird. An der >
Ladestelle fällt das Gut in Förderwagcn von etwa lOUOlj
Inhalt. Ein Mann an der Ladestelle sorgt für gleich^
mäßiges und volles Beladen der Wagen; ein zweiter |
Mann zieht jeweils den vollen Wagen fort und schieb!
einen leeren Wagen unter das Austragsende. Der volle
Wagen wird über einen Wechsel aus dem Leergleis in
das Vollgleis gedrückt und dann von Schleppern einzeln
zum Stapel gefördert.
An der Ladestelle läuft nun noch die Förderung jurn;
Streckenvortrieb durch, d. h. es werden leere Wägern
hin- und gefüllte Wagen zurückgefördert.
Am Stapel nimmt ein Mann die ankommenden vollen!
in Empfang, zieht vom Stapelgestell den leeren Wagenj
ab und schiebt den vollen auf, worauf der Korb benj
vollen abwärts zur Fördersohle bringt.
Auf der Fördersohle wird der Wagen abgezogen unb|
in das Aufstellgleis gedrückt. Sind genügend Wagen!
zusammen, so werden sie von einer Lokomotive zum
Hauptschachtfüllort gezogen. Dort werden die Wagen
abgekuppelt und auf den Fördcrkorb geschoben, der sm
zutage bringt. Auf der Hängebank werden sie abgezogen«
und rollen den Wippern zu, um entleert zu werden.
70
Der Kohlenförderung entgegen läuft die Leerwagen-
und Materialförderung. Die Materialförderung wird
zwar nach Möglichkeit in die Nachtschicht verlegt, um
Störungen der produktiven Kohlenförderung zu ver-
meiden, doch bleibt noch reichlich „Sperrgut" auch für
die Frühschicht über, zumal manche Güter (Wetterlutten,
Langholz, Rutschen, Schienen u. dergl.) auf Spezial-
wagen zu fördern sind.
Schließlich erfolgt in — allerdings seltenen Fällen —
Ouerförderung, zum Beispiel bei der Versorgung der
Streckenvortriebe, sowie beim Transport von Quer-
schlagsbergen als Versatzgut zu den Kippsiellen ober-
halb von Streben.
Im ganzen ergibt sich demnach das Bild eines über-
aus verwickelten Förderbetriebes mit zahlreichen „Knik-
ken", d. h. Stellen, an denen das Fördermittel, die För-
derrichtung oder Beides wechselt. Jeder solche Knick ist
nun ein Betriebspunkt mit erhöhter Gefahr, weil sich
gerade an diesen Stellen die Beschäftigten befinden
müsien, also dort, wo sich die individuellen Gefahren der
verschiedenen Fördermittel und -verfahren summieren.
Das Studium der sedem einzelnen Fördermittel eigen-
tümlichen Gefahren ist sehr wesentlich, weil es die Grund-
lage für die Bekämpfung der Gefahren liefert.
Bei Schüttelrutschen ereignen sich häufig
schnittartige Verletzungen dadurch, daß ein Bergmann
mit dem Unterschenkel an das scharfe Rutschenblech
stößt. Ferner werden nicht selten Zehen- und Hand-
quetschungen durch die Rutschenrollen beobachtet. Die
Förderung von Holz in der Rutsche führt öfters dadurch
zu Unfällen, daß das Holz über die Rutsche hinausragt
und an Ausbauteile anfaßt, sodaß der Ausbau umge-
risien wird. Die Antriebstcllen der Rutschen sind deshalb
gefährlich, weil hier bei gcwisien Bauarten Antriebsteile
Bewegungen in anderer Richtung ausführen, als die
getriebene Rutsche, sodaß der Unkundige oder Unvor-
sichtige verletzt werden kann.
Der Förderwagen ist eine der ergiebigsten Un-
fallquellen im Bergbau. Am gefährlichsten sind die Wa-
gen ohne Puffer, da Finger- und Handquetschungen leicht
vorkommen können, weil die Wagenkanten dicht aufein-
anderstoßen und naturgemäß die Wagen gerade an den
Kanten angepackt werden. Sodann ist es in dem rauhen
Maffenbetrieb des Bergbaus nicht zu vermeiden, daß
Wagen beschädigt werden. Sind diese nicht so erheblich,
daß der Wagen in die Werkstatt muß, so läßt man ihn
in der Förderung, und dann ergeben sich recht häufig
Verletzungen — Riß- und Schnittwunden — durch die
schadhaften Wagenbleche. Der Förderwagen ist außer-
dem durch ungünstige Gleichgewichtslage gekennzeichnet;
der Schwerpunkt liegt bei ihm verhältnismäßig hoch,
sodaß er leicht kippt. Schließlich ist noch das besondere
Schmerzenskind aller in der Förderung im Bergbau
Tätigen zu erwähnen, die Förderwagenkupplung. Trotz
angestrengter Bemühungen ist es noch immer nicht ge-
lungen, eine einfache, billige und leichte, selbsttätige
Kupplung zu bauen. Nach wie vor ereignen sich viele
Unfälle, oft sehr schwerer Art, dadurch, daß ein Berg-
mann von der Seite, statt von unten kuppelt und dabei
mit der Hand oder gar dem Kopf oder Oberkörper zwi-
schen die zusammenprallenden Wagen gerät.
Zu diesen Gefahren können noch andere hinzutreten,
so bei zu engen Strecken die des Überfahrens der Zehen
oder der Oberkörperquetschung.
Man darf die Gefährlichkeit des Förderwagens schon
deswegen nicht unterschätzen, weil er so zahlreich ein-
gesetzt ist. Es wäre an sich erwünscht, daß der Wagen
überhaupt verschwände, oder doch nur in den geräu-
migen Hauptstrecken der Fördersohle umliefe. Denn
ganz allgemein ist es wirtschaftlich zu bedauern, daß der
gleichmäßig mit der Rutsche zufließende Strom der
Kohle durch das Einfüllen in die Wagen in viele kleine
Teilchen zerlegt wird; der Förderwagen an sich ist ein
Fremdkörper sehr sperriger Natur.
Es ist ohne weiteres klar, daß sich die Einzelgefahren
von Rutsche und Förderwagen erheblich vergrößern,
wenn beide Fördermittel zusammentreffen und wenn, wie
es an allen Ladestellen am Streb der Fall ist, noch För-
derung quer zur Normalrichtung (Vortrieb!) erfolgt.
Werden dann noch die Leerwagen mit Schlepperhaspel
beigezogen, so haben wir noch ein drittes Fördermittel.
Und alles spielt sich auf einem Raum von etwa 30 bis
40 m Länge, etwa 3 m Breite, und bei künstlicher Be-
leuchtung unter erheblichem Lärm ab. Es kann nicht
wundernehmen, daß die Ladestellen Brennpunkte der
Gefahr sind..
Wenn auch nicht in gleichem Maße, so doch auch recht
beachtenswert, summieren sich die Gefahren an den an-
deren „Knickpunktcn der Förderung", am Stapelkopf
und -fuß, im Aufstellgleis und im Hauptschachtfüllort.
Unfälle durch Anfahren und Überfahren sind hier häufig,
weil man das Herankommen des Wagens infolge des
allgemeinen Lärms überhört. Dazu kommen die be-
kannten Verletzungen beim An- und Abkuppeln.
Als neue Fördermittel treten hier der Haspel und die
Lokomotive auf.
Die Gefahren, die die H a s p e l f ö rd e r un g
birgt, sind sattsam bekannt, durch die mannigfaltigen Vor-
schriften der Bergpolizeiverordnung erfaßt und daher hier
nicht noch aufzuzählen.
Gleiches gilt für die Lokomotivförderung.
Bei ihr treten zu den Gefahren, die wir schon vom
Förderwagen he? kennen, noch die des Verbrennungs-
oder Erplosionsmotorbetriebes oder des Starkstroms
hinzu. Eine gewisse Sonderstellung nimmt die För-
derung mit Preßluftlokomotiven ein, die erheblich weniger
gefährlich ist.
Die Hauptschachtförderung ist Gegenstand
ganz besonderer Aufmerksamkeit aller überwachenden
Stellen im Bergbau. Zahlreiche Vorschriften sind für
ihre Erstellung und ihren Betrieb erlassen worden. Man
darf sagen, daß in technischer Beziehung alle erdenk-
liche Vorsorge gegen Unfälle getroffen ist.
Es kann nicht Aufgabe dieser Darstellung sein, sämt-
liche möglichen Unfälle aufzuzählen und im einzelnen zu
erörtern, wie sie vermieden werden könnten. Vielmehr
kommt es hier darauf an, einmal das Grundsätzliche zu
untersuchen, nämlich die Frage: Wie muß eine För-
71
derung unter Tage beschaffen sein, die ein Höchstmaß an
Wirtschaftlichkeit und Sicherheit bietet?
Das — allerdings nur theoretisch erreichbare — Ideal
einer Förderung wäre die Förderung ohne Knick, bei der
die Kohle ohne Umladen vom Stoß bis zur Hängebank
in einem stetigen Strom fließt. Diesem Ideal kommt
aber die neuzeitliche Förderung schon ziemlich nahe.
Man vergegenwärtige sich: Die Lewinnung erfolgt
mit Kohlenpflug, eisernem Bergmann oder dergl., d. h.
durch Vorrichtungen, die weitgehend selbsttätig arbeiten.
Die hcreingewonnene Kohle wird unverzüglich von der
Förderung übernommen und läuft praktisch ohne Förder-
knick bis in die Großraumförderwagen auf der Förder-
sohle. Dies wird durch weitestgehenden Einsatz von
Bändern, Seigerförderern, Wendelrutschen usw. er-
reicht. Menschliche Tätigkeit beschränkt sich auf War-
tung und Pflege der Fördermittel. Die Grubenräume,
die längere Zeit aufgehalten werden müssen, sind ge-
räumig, und für gute Beleuchtung aller' Stellen, an
denen Bergleute tätig sind, ist Sorge getragen. Außer-
dem ist man bemüht, wo irgend angängig, durch Kalk-
anstrich für Aufhellung des Grubengebäudes zu sorgen,
vor allem in allen Bahnhöfen, Aufstellgleisen und an
den Ladestellen. Schließlich ist der Lärm durch Einbau
von Auspufftöpfen an den Preßluftmaschinen und ähn-
liche Maßnahmen auf ein Mindestmaß herabgesetzt
worden.
Ein solcher neuzeitlicher Bergwerksbetrieb, der die drei
Hauptforderungen: Raum! Licht! Ruhe! erfüllt, kann
erwarten, daß die Unfälle in der Förderung wesentlich
zurückgehen. Er darf nunmehr auch von seinen Berg-
leuten verlangen, daß sie selbst aktiv an der Senkung der
Unfallziffer mitarbeiten.
Diese andere Seite — die mcnschengestaltende Ar-
beit — ist nicht weniger wichtig, als die technisch-organi-
satorische. Sie ist erheblich schwieriger zu bewältigen,
muß jedoch in Angriff genommen werden, da sonst nur
die Hälfte des Gesamtgebietes aufgearbeitet wird.
Die Erziehung des Bergmanns in der Förderung zu
unfallsicherem Arbeiten und Handeln hat sich als zwar
lohnende, aber langwierige Arbeit erwiesen. Denn
der deutsche Bergmann, an sich sehr konservativ, hat sich
eine nicht geringe Zahl von Handgriffen angelernt, die
für die heutigen Förderungsverfahren nicht mehr zweck-
mäßig und sicher sind. Man wird also nicht umhin
können, die zweckmäßigen Handreichungen genau zu stu-
dieren und dann allen denjenigen beizubringen, die in
der Förderung tätig sind oder werden. Es ist Brauch,
daß der Berglehrling zunächst
in der Förderung beschäftigt
wird. Zweifellos stammt dieser
Brauch aus der Zeit, da die
Leistungen des Bergbaus noch
nicht hoch waren, da es also
keine Bedenken barg, wenn die
unerfahrenen Leute gleich in die
Förderung gebracht wurden.
Man kann Zweifel hegen, ob
diesen Gedanken heute noch bei-
zupflichten ist, da der heutige
intensive Betrieb der Förderung
Anforderungen stellt, denen
Bergjungleute nicht gewachsen
sind, oder denen sie erst nach
gründlicher Unterweisung ge-
recht werden können.
Man wird daher, wenn man
die Jungen in der Förderung
einzusetzen beabsichtigt, eine
Lehrstrccke einzurichten haben,
in der alles praktisch gezeigt
wird, was bei der Betreuung
und Wartung der verschiedenen
Fördereinrichtungen zu wisien
und können not tut. Tatsächlich
existieren derartige Einrichtun-
gen bereits an verschiedenen
Stellen. Hier wird dem Jun-
gen jeder Handgriff praktisch
gezeigt und solange geübt, bis
er „sitzt". Hier sieht der Junge
aber auch noch etwas anderes,
nämlich eine technisch einwand-
frei laufende Förderung. Es
72
wäre völlig verfehlt, wenn man den angehenden Berg-
leuten mangelhafte Einrichtungen zeigte; sic dürfen viel-
mehr nur Gutes und Richtiges zu sehen bekommen. Die
Beobachtung, daß im Betriebe immer und immer wieder
Mängel auftreten, werden sie noch früh genug machen, es
ist aber unerläßliche Erziehungsgrundlage, daß sie wenig-
stens einmal düs Richtige gesehen haben.
Man läßt die Jungen in diesen Lehrstrecken alle Hand-
reichungen selbst ausführen, beginnend mit dem tadel-
freien Bau eines Geleises, einer Weiche usw. bis zum
unfallsicheren An- und Abkuppeln. Und erst wenn der
Lehrende den sicheren Eindruck hat, daß die rechten Griffe
völlig mechanisch ausgeführt werden, läßt er zu, daß der
Junge im Betrieb eingesetzt wird.
Der Bergbau vollzieht also bewußt eine Umstellung
bezüglich des Einsatzes der Nachwuchskräfte: Der Nach-
wuchs wird erst sorgsam geschult, bevor er in den
Betrwb kommt; früher überließ man die Schulung dem
Dßtrico selbst. Diese neue Art der Menschenerziehung
und -gestaltung wird sich in jeder Beziehung vorteilhaft
auswirken, vor allem darin, daß die Förderunfälle
wesentlich vermindert werden. Sie waren früher recht
häufig und deswegen besonders bedauerlich, weil sie
meistens junge Leute betrafen, die dann für den Rest
ihres Lebens Körperschäden hatten.
Der für den Einsatz in der Förderung geschulte Berg-
juNgmann wird, wenn es die Verhältnisie erlauben, zu-
nächst über Tage eingestellt und erst nach einiger Zeit in
den Untertagebetrieb verlegt. So kann er sich bei besieren
Licht-, Luft- und Raumverhältnissen an die Eigentüm-
lichkeiten der Förderung gewöhnen.
Die Untertageförderung im Erzbergbau hat ge-
wisse eigene Merkmale, auf die hier noch kurz eingegangen
werden soll. Im allgemeinen ist der Betrieb nicht an-
nähernd so lebhaft, wie in der Steinkohle, eine Tatsache,
die ft# vor allem aus dem wesentlich größeren Gewicht
des Erzes und sein c viel schwierigeren Gewinnung her-
leitet. Es sind also in der Schicht vom einzelnen Mann
viel weniger Wagen zu behandeln. Hierdurch wird die
Gefahr weitgehend herabgesetzt. Ferner sind die Be-
leuchtungsverhältnisse günstiger, weil das im allgemeinen
Heller gefärbte Erz und Nebengestein einen erheblichen
Teil des Lichtes der Lampen zurückstrahlt.
Gefahrerhöhend wirkt sich das größere Gewicht des
Erzes aus, und bei der Wegfüllarbeit treten oft Hand-
und Fingerverletzungen durch die scharfen Kanten der
Erzbrocken auf.
Diese kurzen Ausführungen zeigen bereits, daß die
Unfallwahrscheinlichkeit im Erzbergbau verhältnismäßig
gering ist. Entsprechend wenig ist im allgemeinen in
technisch-organisatorischer Hinsicht im Erzbergbau für
die Förderung zu tun.
Bezüglich der Erziehung des Nachwuchses hat der Erz-
bergbau eine ziemlich schwierige Stellung. Denn bei
seinen weit auseinanderliegenden Werken mit verhält-
nismäßig kleiner Belegschaft hält es oft recht schwer,
geeignete Schulungsstätten zu schaffen, zumal man den
Bergjungleuten bei ihren weiten Anmarschwegen zusätz-
liche Wege nur in ganz geringem Maße zumuten kann.
Trotz dieser anerkannten Schwierigkeiten sind an meh-
reren Stellen Schulungseinrichtungen geschaffen worden,
in denen neben anderen Dingen das richtige Verhalten
in der Förderung gelehrt wird. Das wird sich auch für
den Erzbergbau im Sinne einer Senkung der Unfall-
ziffer in der Förderung auswirken.
Zusammenfassend kann demnach gesagt werden, daß
der gesamte Bergbau, in klarer Erkenntnis der Gefähr-
lichkeit des Betriebes der Untcrtageförderung, Maß-
nahmen technischer, organisatorischer und erzieherischer
Natur getroffen hat, um vorhandene oder neu auf-
tretende Mängel rasch beheben zu können. Hierbei treten
die Maßnahmen erzieherischer Art mehr und mehr in den
Vordergrund, da Technik und Organisation einen so hohen
Stand erreicht haben, daß mit ihrer weiteren Verbesse-
rung in merklichem Maße kaum noch zu rechnen ist.
Es ist ein wunderbarer Gemeinschaftsgedanke, der unser Volk beherrscht!
Daß dieser Gedanke in seiner ganzen Kraft uns im kommenden Jahr erhalten
bleibe, das sei der Wunsch des heutigen Tages. Daß wir für diese Gemeinschaft
arbeiten wollen, das sei unser Gelöbnis! Daß wir im Dienst dieser Gemein-
schaft den Sieg erringen, das ist unser Glaube und unsere Zuversicht.
Und daß der Herrgott in diesem Kampf des kommenden Jahres uns nicht ver-
lassen möge, das soll unser Gebet sein!
Adolf Hitler in seiner Rede am 30. Januar 1941.
73
Vas Uuhrgebiet und sein Versbau bis zum Bahre isöo
Wenn wir das Gebiet zwischen Lippe und
Wupper entwicklungsgeschichtlich betrachten, so
müssen wir feststellen, daß es Kohle und Eisen
gewesen sind, die besonders im vergangenen
Jahrhundert die Veränderung von der bäuer-
lich genutzten Bodenfläche zur Industrieland-
schaft hervorgerufen haben.
Eisen ist der ältere der beiden Rohstoffe, doch
konnte es seinen Vorrang nur solange aufrecht-
erhalten, als in den Wäldern des Ruhrlandes
genügend Holz zu seiner Verhüttung vorhanden
war. Damals schenkten die Bewohner an Ruhr,
Emscher und Lippe dem schwarzen Stein noch
wenig Beachtung, und nur gelegentlich wurden
an den Ausbissen der Flöze Kohlen gegraben.
Man kann die erste Kohlengewinnung nicht
anders als mit Kohlengräberei bezeichnen, die
mit den einfachsten Geräten, wie Hacke und
Schaufel vonstatten ging. Sobald Wasser das
Graben erschwerte, stellte man die weitere Ge-
winnung ein und grub in einiger Entfernung
weiter. Auf ebenen Flächen entstanden dadurch
Erdlöcher, die sogenannten „Pütts" (lateinisch
„puteuns", der Brunnen). Im Jahre 1269
wi'd bei Dortmund in einer Urkunde zum ersten
Male eine „colcuhe" urkundlich erwähnt und
Tiefbauzeche in der Gegend bei Essen
später auch in der Nachbarschaft Dortmunds
von der Kohlegewinnung gesprochen. 1447, in
der Soester Fehde, überfiel Kriegsvolk Berg-
leute auf einer Kohlengrube nahe Dortmund und
nahm ihnen das Förderseil ab. Die Erwähnung
des Förderseils ist für uns ein recht bedeutsamer,
Hinweis auf die Art der Gewinnungstechnik.
Es muß also schon eine bestimmte Art von
Seilförderung bestanden haben. Wahrscheinlich
wurde die Kohle einfach mittels L>eil aus dem
Schachte herausgezogen. ' -
Etwas später wird auch in Bochum der Koh-
lenbergbau erwähnt. 2m Jahre 1317 wird in
Essen in einer Stiftungsurkunde des Hospitals
auf einen Winkel für Holz und Kohle in der
Herberge für durchziehende Bettelmönche hin-
gewiesen. Stadtrechnungen weisen Posten für
Holz und Kohlen auf. Kohle wurde.jedoch nur
auf der Wachtstube des Rathauses-gebraucht,
weil sie sehr viel Rauch und Gestank entwickelte,
während in der Ratsstube zur Feuerung Holz
verbraucht wurde, das diese üble Eigenschaft
nicht besaß.
Obwohl der Dreißigjährige Krieg auch sinen
zerstörenden Einfluß auf den Bergbau an der
Ruhr ausübte, erlebte er bald danach seinen
ersten Aufschwung. Er
wird durchweg von den
Bauern als Nebener-
werb zur Winterszeit
betrieben. Ohne beson- j
dere Künste und tech-
nische Hilfsmittel wur-
den die erreichbaren
Kohlen abgebaut.Hatte
man die Stellen aus- ^
gekohlt, verließ man
einfach das Pütt und
suchte in der Nachbar-
schaft günstigeres Ab- j
baugebiet.
Trotz des Nieder-
ganges in dieser Zeit
befand sich der Berg-
bau im Aufschwung,
besonders begünstigt
durch die Kriegsindu-
strie. Die Herstellung
von Waffen, die bei
Esten und Steele in
Schwung war, förderte
Foto: Backhaus, Essen döN BölgbaU. 2n döN
74
Schmieden wird die Holzkohle zuerst ver-
drängt. Mit der Ausbreitung und Hebung der
Kleineisenindustrie in den Tälern der Volme,
Ennepe, Wupper und in den Seitentälern der
Ruhr reichen auch bald die Holzvorräte nicht
mehr aus, und die Steinkohle gewinnt an Bo-
den. Zum ersten Male wird sie sogar Ausfuhr-
gut über das engere Abbaugebiet hinaus. Die
guten Einnahmequellen, die der Bergbau dem
Landesherrn bringt, bewegen ihn, Bergoidnun-
gen zu erlaffen und den Bergbau zu fördern.
Bald zieht denn auch die Technik ein, und mit
Handhaspel, Pferdegöpel und mit Wafferkraft
betriebenem Göpel gelingt es, der Waffer Herr
zu werden und tiefer in den Berg einzudringen.
Ein Umschwung trat ein, besonders in der zu
Preußen gehörenden Mark, als die preußischen
Könige tüchtige Bergleute aus anderen bekannten
und bedeutenden Bergbaugebieten in das Ruhr-
land schickten, um dort zunächst das Bergw sen
gründlich zu untersuchen, die Mißstände festzu-
stellen und dann mit ihnen auch in bezug auf die
technische Art des Abbaues aufzuräumen.
Heinrich Decker, der frühere Bergmeister
am Bergamt zu Wettin, drängte nach ein-
gehenden Untersuchunqen im Steinkohlenberg-
bau bald auf regelmäßiae Grubenbauten und
auf Anlage tieferer Stollen. Am 18. Juli 1787
gab er eine neue Bergordnung heraus, die den
gesamten märkischen Bergbau regelte.
Sein Nachfolger wurde im Jahre 1756 Jo-
hann Friedrich Heintzmann, der auch aus
dem Harz kam und 1766 die Decker'sche Berg-
ordnung revidierte und das Direktionsprinzip
einführte. Von preußischer Seite wurde in der
Mark jetzt ein Bergamt gegründet, das in
Wetter an der Ruhr seine Bleibe fand. Hier
trat im Jahre 1784 auf Veranlaffung des
Ministers Heynitz der spätere Bergamts-
direktor Freiherr vom und zum Stein an die
Spitze des gesamten Bergbaues der preußischen
Mark. Stein, damals erst 25 Jahre alt, machte
sich energisch an die Arbeit. Er nahm vor allen
Dingen auf die Anlage von Tiefbauzechen Be-
dacht, sah er doch die technische Entwicklung im
Ruhrbergbau klar voraus. Die Tiefbauzechen,
wenn man sie gegenüber den bisherigen Zechen
so nennen darf, sollten jetzt auch unter der
Stollensohle arbeiten, was bisher wegen der
Grubenwaffer nicht möglich erschien. Steins
Hauptverdienst besteht jedoch darin, daß er
dringlichst die Einführung der im Ruhrgebiet
noch unbekannten Feuermaschine empfahl und
damit dem späteren Siegeszug der Dampf-
maschine den Weg ebnete.
Zwar diente zur Förderung der Kohle immer
noch der Pferdegöpel, aber trotzdem kam schon
im Effen-Werdenschen Gebiet und in der Mül-
heimer Gegend das Streben nach Tiefbau-
anlagen auf, weil hier das wenig günstige Ge-
lände nur geringe Möglichkeit zur Anlage grö-
ßerer Stollen bot. Man war vor allen Dingen
Maschinenhaus der Saline Königsborn
Foto: Fritz Paykowski
bestrebt, beim Abbau der Kohle unter der
Stollensohle die Waffer mittels Maschinenkraft
zu heben. Da bot die Dampfmaschine die beste
Gelegenheit, diese Arbeit zu verrichten. Kurz vor
der Jahrhundertwende, im Jahre 1798, wurde
in der Nähe des Ruhrgebietes, auf der Saline
Königsborn, die erste Dampfmaschine aufgestellt.
Ihr folgte im Jahre 1799 eine solche auf der
Zeche Vollmond bei Langendreer, die es ermög-
lichte, dort einen Schacht von 46 Meter Teufe
anzulegen. Das war im Ruhrgebiet der An-
fang zum eigentlichen Tiefbau. Bei der Auf-
stellung dieser Dampfmaschine war der Mecha-
nikus Franz D i n n e n d a h l zugegen. Er er-
kannte die großen Möglichkeiten, die in der
Dampfmaschine steckten, und wurde zum Weg-
bereiter ihrer Verbefferung und Einführung im
Ruhrbergbau. Als eine von Dinnendahl ge-
baute Dampfmaschine sich 1802 auf der bei
Effen-Kupferdreh gelegenen Zeche Wohlgemuth
gut bewährte, wurde ihm auf Anregung des
Bergamtes die Herstellung einer Dampfmaschine
für die vor den Toren Effens gelegene Zeche
Sälzer-Neuack übertragen. Dieser Auftrag
75
brachte eine vollkommene Wandlung in der
Kohlenförderung, denn Franz Dinnendahl löste
nicht nur die Hebung der Wasser mittels Dampf-
maschine, sondern gleichzeitig auch die Förderung
der Kohlen, indem er die mit Dampfkraft an-
getriebene Wasierhaltungsmaschine mit einer
Fördermaschine verband.
Mit der Lösung dieses Problems wurde jetzt
die Dampfmaschine nicht etwa überall mit^Freu-
den begrüßt, da eine Beeinträchtigung des ge-
samten Bergbaues infolge steigenden Wett-
bewerbs befürchtet wurde. Um die Mehrförde-
rung in Grenzen zu halten, war die Anlage einer
Dampfmaschine von einer Genehmigung der
Bergbehörde abhängig, die sehr
sparsam in der Erteilung der
Erlaubnis war.
Durch die Einführung der
Dampfmaschine war es mög-
lich geworden, selbst bei
stark wasserhaltigem Gebirge
Schächte in größere Teufen
niederzubringen. Von größter
Bedeutung war jedoch die Tat-
sache, daß es Franz H a n i e l
gelang, einen Schacht durch den
Mergel abzuteufen, denn aus
Bohrungen wußte man, daß
unter dem stark wasserführenden
Mergel unermeßliche Kohlen-
schätze anstanden. Was Franz
Haniel auf der Frintroper Höhe
gelang, führte Ernst Honig-
mann im Emschergebiet durch. Unter seiner her-
vorragenden Leitung werden schwierigste Arbeiten
durchgeführt, wird der Schachtbau und Schacht-
ausbau verbesiert und neugestaltet, entstand ein
vollkommen neuer Zechentyp und nahm der In-
dustriebau auf den Zechen seinen Anfang. An-
fänglich lehnt er sich noch an den Wohnungsbau
an. Die Zeche Graf Beust hat aber schon einen
Schachtturm mit erhöhter Hängebank und Ver-
ladeeinrichtung, ebenso Viktoria Mathias.
Die Entwicklung hatte es mit sich gebracht,
daß der Bauer nicht mehr gleichzeitig Besitzer
und Bergmann sein konnte. Die Anlagekosten
überstiegen die Kapitalkraft des einzelnen. Die
Bergbautreibenden mußten sich zusammen-
schließen und traten allmählich als Gewerken
in den Hintergrund. An ihrer Stelle übernah-
men in wirtschaftlichen Dingen weitschauende
Kaufleute die Planung, Anlage und Führung
der neuen Bergwerke; sie zogen aus allen deut-
schen Bergbaugegenden erfahrene Bergleute
heran.
Nach 1850 vollziehen sich im Bergbau wie-
derum technisch und wirtschaftlich bedeutsame
Wandlungen. Leistungsfähigere Maschinen
wurden konstruiert, und die Kohle wurde aus
größeren Tiefen gefördert. Die Bevormundung
der Zechen durch den Staat hörte mit der Auf-
hebung des Direktionsprinzipes auf. Die Pri-
vatinitiative regte sich mächtig. Das zeigte sich
auch schon äußerlich an den immer mächtiger
werdenden Schachttürmen, die nun schon zum
charakteristischen Merkmal der Zechen wurden.
Breit und hoch überragten sie die anderen Ge-
bäude. Man bezeichnete sie mit dem Namen:
Malakofftürme. Offenbar wurde der Name
dem Fort Malakoff entlehnt,
welches im Krimkrieg von sich
reden machte und wohl ähnlich
ausgesehen haben muß wie
die gewaltigen, festungsartigcn
Türme der Zechen. Je tiefer die
Schächte wurden, um so kräfti-
ger und gewaltiger wurden die
Türme, die die Fördermaschinen
aufnehmen mußten, denn man
kannte noch nicht die Abstützung
der Fördergerüste durch Schrä-
gen und mußte zur Aufnahme
der Kräfte um so stärkeres
Mauerwerk aufführen.
Oft genügte der alte Schacht
nicht mehr den Ansprüchen. Ein
Umbau verursachte zu große
Kosten. Also entschloß man sich,
einen neuen Schacht zu bauen, der an die be-
stehenden Anlagen angebaut wurde. Bei Neu-
anlagen sah man sofort zwei Schachttürme vor
und erhielt ein äußerlich schönes und symme-
trisches Bild.
*
Das ist das Bild unseres Bergbaues an der
Ruhr Mitte des vergangenen Jahrhunderts.
Aus der bäuerlichen Landschaft formte sich die
Industrielandschaft, aber noch stark durchsetzt
mit bäuerlichen Anwesen. Und aus den Bauern
von einst wurden Menschen, die nicht nur mit
dem Boden über Tage, sondern auch mit den
Schätzen im Innern der Erde fertig werden.
Es sind harte Männer, die die Natur zu nutzen
verstehen und immerdar bereit sind, neue Er-
kenntniffe sich anzueignen und für ihre Zwecke
zu nutzen. Sie holen ihre Kraft aus dem Hei-
matboden und wandeln ihre Arbeit in Segen
für Volk und Land.
Franz Dinnendahl
Foto: Archiv Gefa-Düsseldorf
76
Ccicê&itici - fuaçe JioMeitstadt au# Sxvtdmien
Man hat außerhalb Italiens nur sehr bruch-
stückhafte Vorstellungen von Sardinien. Man
weiß vielleicht, daß die Schriftstellerin Grazia
Delcdda oder ein berühmter General Lamarmora
(der Begründer der Bersaglieritruppen), aus
Sardinien stammten, aber man weiß nicht, daß
zahlreiche Italiener in hervorragenden Stellun-
gen, Männer wie General Soddu und der in
Afrika gefallene Fliegeroberst Aramu, Sarden
sind, wie denn überhaupt die Insel, deren schwer-
mütiges Landschaftsbild die wenigen Reisenden
rühmen, die es kennengelernt haben, einen her-
vorragenden Anteil an der führenden Schicht
Italiens in Vergangenheit und Gegenwart ge-
liefert hat.
Erst seitdem Sardinien als ein wichtiges Ge-
biet der faschistischen Wirtschaftspolitik bekannt
wurde, hat es die Aufmerksamkeit eines breiteren
Kreises auf sich gezogen. Von den drei neuen
Städten, die der Faschismus hier gegründet hat,
Carbonia, Fertilia und Mussoli-
ni a , ist Carbonia die bedeutendste. Der Mangel
an Kohle stellt eine schwer zu lösende Aufgabe
für die italienische Politik der Selbstversorgung
dar. Die Kohlenlager, die zur Gründung von
Carbonia geführt haben, waren deshalb von
vornherein des lebhaftesten Interesses der italie-
nischen Wirtschaftspolitik sicher. Sardinien ist
ein Hirtenland, das der Phantasie des Volks-
glaubens einen weiten Spielraum darbietet. Sie
hat sich auch der Vorgeschichte der Kohlenvor-
kommen von Sardinien bemächtigt, von denen
die Sage geht, daß sie von einem in der Nähe
ansäsiigen Priester entdeckt worden seien. In
Wirklichkeit geht die Wiederentdeckung des Koh-
lenvorrates Sardiniens auf den italienischen Se-
nator Angelo Roux zurück, der vor 50 Jahren
die ersten Kohlenlager etwa 10 Kilometer vom
Zentrum des heutigen Carbonia entfernt ent-
deckte.
Bacu Abis und Schisorgiu hießen die beiden
Orte, die früher an der Stelle des heutigen Car-
bonia standen. Schisorgiu heißt im sardischen
Dialekt, der sich in mancher Hinsicht vom Hoch-
italienischen unterscheidet und allerlei spanische
und afrikanische Bestandteile aufweist, soviel
wie „Schatz". Das Bewußtsein vom Vorhan-
densein verborgener Schätze hatte sich also im
Volksbewußtsein erhalten. Im Juni 1935 kam
der Duce auf einer seiner Besichtigungsreisen
Carbonia auf Sardinien
Foto: Scherl-Bilderdienst
nach Bacu Abis. Einen Monat später wurde
die italienische Kohlenqesellschaft gegründet, und
der Aufbau der neuen Stadt begann. Von vorn-
herein waren zwei Abschnitte für den Aufbau
vorgesehen: der erste begann 1937 und wurde
mit faschistischer Pünktlichkeit am 18. Dezember
1938 abgeschlossen. An Stelle der alten Dörfer
Bacu Abis und Schisorgiu war eine neue Stadt
entstanden, die in der Lage war, 20 000 Ein-
wohnern Unterkunft zu gewähren. Der zweite
Abschnitt, der setzt noch läuft, sieht den weiteren
Ausbau in der Weise vor, daß Carbonia in die
Lage versetzt wird, die Höchstzahl von Berg-
arbeitern aufzunehmen, die in den Kohlenlagern
angesetzt werden können.
Die beiden Ingenieure, die im Juli 1937 ihre
Arbeit aufnahmen, fanden nichts weiter vor als
ein Büro der Kohlengesellschaft, in deren Hände
die gesamte Planung der neuen Stadt gelegt
worden ist. Wie in anderen Gegenden Sar-
diniens herrschte auch hier damals noch die Ma-
laria. Wie in den Pontinischen Sümpfen dem
Ackerbau, so mußte hier dem Abbau der Kohle
erst der Kampf gegen das Fieber vorausgehen.
Ein großzügiges Entwässerungssystem wurde an-
gelegt, wobei sich zeigte, daß das aus den Gruben
kommende Wasser wegen seines starken Schwe-
felgehaltes zwar nicht als Trinkwasser, wohl aber
in hervorragender Weise für Zwecke der Bewässe-
rung geeignet ist. Den Architekten waren be-
sondere Aufgaben dadurch gestellt, daß bei dem
Entwurf der Wohnhäuser darauf geachtet wer-
den mußte, die Wirkung des Schirokkos, des
auch in Rom bekannten gesundheitsfeindlichen
Südwindes, abzuschwächen, der die sommerliche
Hitze bis auf 40 Grad ansteigen läßt.
Die Einwohner Carbonias setzen sich vorwie-
gend aus Bergarbeitern, Angestellten und einer
Reihe leitender Persönlichkeiten zusammen. Bei
der Planungsarbeit konnten Erfahrungen berück-
sichtigt werden, die früher in den Pontinischen
Sümpfen gesammelt worden waren. Besonderer
Wert wurde auf den Ausbau der Verkehrswege
gelegt, die eine rasche Verbindung der Sied-
lungen unter sich und der Wohnanlagen mit der
Arbeitsstätte vorsehen. Entsprechend den Grund-
sätzen moderner Siedlungspolitik wurde dafür
gesorgt, daß die Bergarbeitersiedlungen jeweils
mit größeren Gartengrundstücken verbunden sind,
die eine intensive Bewirtschaftung gestatten. Für
die Bauausführung wurden wirtschaftliche Bau-
weise und Berücksichtigung der Autarkiewirt-
schaft gefordert.
Das Gesicht Carbonias ähnelt, abgesehen von
den Verschiedenheiten, die sich aus dem Cha-
rakter der Landschaft ergeben, dem Bild, das im
Laufe der Jahre bei anderen neuen Städtegrün«
düngen des Faschismus entwickelt worden ist.
Den Mittelpunkt bildet das Haus des Fascio,
die Kirche, ein großes Hotel, die Wohnungen der
leitenden Beamten, Schule usw. 2n ihrer mathe-
matischen Klarheit, die sich gleichwohl verständ-
nisvoll in die heimatliche Landschaft einfügt, hat
der Faschismus ein Sinnbild dafür geschaffen,
daß auch die sardinische Insel vom Geist des
Zeitalters Mussolinis geprägt wird.
Ludwig Alwens
en und Kohle sind die Grundrohstoffe, und auf
diesen beiden Grundstoffen baut sich alles andere auf.
Mit ihnen wird sich unsere Wirtschaft in der Welt
zu behaupten wissen.
Hermann Göring
78
Aus öer Geschichte öer Lröe unö öes Lebens
von Dr. phil. nat. h. c. Guthörl, Kustos an der Bergschule zu Saarbrücken
Der alexandrinische Gelehrte Ptolemäus, der im 2. Jahr-
hundert n. d. Zw. lebte, betrachtete die Erde als einen
ruhenden Körper, der von der Sonne umkreist werde. Die
Erde war nach seiner Ansicht der Mittelpunkt des Welt-
alls. Bis zum Anfang der Neuzeit behielt diese An-
schauung Geltung. Kopernikus (1473—1543) und Gali-
lei (1564—1642) vertraten diese jedoch nicht mebr. Sie
erkannten bereits, daß die Erde ein Planet se», wie
Mars, Jupiter, Venus, Merkur, Saturn usw. und mit
diesen zusammen zu einem Sonnensystem gebore. Und
immer wieder gab es Männer, die das „Woher" unserer
Erde zu ergründen suchten, sie als geworden zU begreifen.
Von allen bis jetzt aufgestellten Theorien von der Ent-
stehung der Erde ist diejenige des Köwasberger Philo-
sophen Kant (1724—1804) und des Pariser Natur-
forschers de Luplace (1749—1827) heute noch die ein-
leuchtendste. In weiten Kreisen wird sie heute noch als
die klarste und bestbegründete Vorstellung vom Werden
des Weltalls und insbesondere der Erde angesehen.
Nach ihr entstand die Erde als Nebelball aus dem
gleichen Urnebel, aus dessen Kern sich die Sonne ent-
wickelte. Die fortschreitende Abkühlung und Zusammen-
ziehung veränderte allmählich die Beschaffenheit der
äußeren Teile der Gaskugel. Als glutflüssige Masse um-
kreiste die Erde die Sonne. Mit der Zeit erhielt sie infolge
der immer weiter schreitenden Abkühlung und Erstarrung
eine feste Kruste. Je nach dem Stande der Abkühlung
schieden sich die verschiedenen Stoffe in flüssiger oder
fester Form ab. Schließlich war die Erdtemperatur so
weit gesunken, daß sich auch Wasser kondensieren konnte.
Es sammelte sich in den bereits entstandenen Vertiefungen
der Erdrinde an. So entstanden die Urmeere im Gegensatz
zum Land. Beide waren hinsichtlich ihres Platzes einem
dauernden Wandel unterworfen. Die Lufthülle der Erde
änderte sich ebenso in ihrer stofflichen Zusammensetzung,
bis nur noch ganz schwer zu verflüssigende Gase, wie
Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Kohlensäure u. a.
übrig blieben.
Seit der Zeit der eintretenden Erstarrung hat sich das
Antlitz der Erde stetig geändert, vor allem durch wieder-
holte Faltungen mit Verlagerungen der Festländer und
Meere und durch die vulkanische Tätigkeit des noch glut-
flüssigen Erdinnern. Wesentlichen Anteil an der Um-
formung der Erdrinde nimmt auch die Erosion oder Ab-
tragung der so entstandenen Gebirge durch Frost, Regen
und Sonnenbrand. Die gelockerten und abgetragenen
Gesteinstrülnmer werden durch Flüsse und Bäche auch
teilweise vom Wind verfrachtet und im Meere oder in
Form von dünenartigen Bildungen auf dem Lande wieder
abgelagert. Unter diesen Schlamm-, Sand- und Geröll-
massen wurden, ob lebend oder tot, bereits die ersten Lebe-
wesen begraben. Sofern der Körper widerstandsfähig
genug war, den Versteinerungsvorgang zu überdauern,
werden sie als Versteinerungen heute wiedergefunden. 3m
Laufe der geologischen Zeiten sind unzählige Generationen
v^n Lebewesen entstanden und wieder vergangen. Arten,
Gattungen, Familien starben aus; andere, höher ent-
wickelte traten an deren Stelle neu auf. Auf Grund
dieser Tatsache hat man die verschiedenen Erdzeitalter
nach den in den einzelnen Erdschichten eingeschlossenen
versteinerten Lebewesen festgelegt. Jeder Zeitabschnitt ist
durch eine ganr besondere Tier- oder Pflanzenwelt ge-
kennzeichnet. Man spricht von einer Unendlichkeit im
Weltcnraum. Und welche Zeiten mögen erforderlich ge-
wesen sein, um die Umwandelung der Erde aus dem leuch-
tenden Stern zu dem, was sie jetzt ist, zu vollziehen.
2m Nachstehenden sollen die verschiedenen geologischen
Formationen oder Erdzeitalter, ihre Dauer und ihr Alter
in Jahrmillionen, die jeweils herrschende Tier- und Pflan-
zenwelt und die wichtigsten Vorgänge in ihnen dargestellt
werden. Die Zahlen für die Dauer und das Alter der
einzelnen Erdzeitalter wurden mit Hilfe der Radioaktivität
errechnet. Im Jahre 1907 stellte der Amerikaner B o l t -
w o o d fest, daß beim Zerfall des Grundstoffes Uran
eine bestimmte Sorte von Blei das Endergebnis ist. Je
älter ferner die Formation und die Mineralien aus ihr
sind, desto reichlicher ist das Blei in ihnen nachgewiesen.
Seit einiger Zeit besteht nun ein ständiger Ausschuß für
die Messung der geologischen Zeit, der von dem natio-
nalen Forschungsrat in.Washington eingesetzt worden ist.
Die Sternzeit.
So lange die Erde noch ohne feste Kruste, also noch glut-
flüssig war, zog sie als leuchtender Stern, wie die übrigen
Planeten, die wir heute am nächtlichen Himmel von ihr
aus wahrnehmen, im Weltenraum ihre Bahn. Wie lange
die Sternzeit gewährt hat, konnte bis jetzt noch nicht er-
mittelt werden. Jedenfalls dürfte ihre Dauer die Summe
der auf sie folgenden Zeitalter übertreffen.
Die Urzeit
dauerte nach der angedeuteten Berechnungsart mehr als
1360 Millionen Jahre, und ihr Anfang liegt mehr als
1900 Millionen Jahre zurück. Man bezeichnet die Urzeit
auch als Vorkambrium. Weitaus der größte Teil dieses
Zeitalters war wohl noch ohne jegliches Leben. Die Ent-
stehung der ersten Erstarrungskruste und der beginnende
Kreislauf des Wassers fällt in dieses Zeitalter. Damit
begann gleichzeitig die Bildung der Schicht- oder Absatz-
gesteine. In diesen findet man die ziemlich undeutlichen
Überreste der ersten Lebewesen, wie K a l k a l g e n und
wirbellose Meerestiere. Gewaltiger Vulka-
nismus, aber auch Faltungen der kaum erstarrten Erd-
rinde machten sich in der Urzeit schon bemerkbar und-
hinterließen ihre Spuren als Täler und Höhen im Antlitz,
der Erde.
Die Altzeit
folgt unmittelbar auf die Urzeit und hat 340 Millionen
Jahre gedauert, während ihr Anfang 540 Millionen
Jahre zurückliegt. Sie ist gegliedert in Kambrium, Silur,
Devon, Karbon und Perm.
Das Zeitalter des Kambriums
(so genannt nach der alten Bezeichnung Cambria für die
englische Provinz Wales) nahm 90 Millionen Jahre in
Anspruch. Die wirbellosen Meerestiere erfuhren eine reiche
Entfaltung, ganz besonders die Dreilapper (s. Abb. 1).
Korallen, Muscheln und Wirbeltiere gab es noch nicht.
Die Pflanzenwelt war nur durch Algen, die ausschließlich
im Meere lebten, vertreten.
Abb. 1. Urmeer mit Trilobiten oder Dreilappern.
Die Silurzeit
(so genannt nach dem alten keltischen Volkssiamm der
Silurer in Wales) dauerte 100 Millionen Jahre an.
Auch in dieser Zeit herrschten die Dreilapper noch vor,
zum mindesten in der unteren Stufe, dem Ordovizium
(diese Bezeichnung geht auf den alten Volksstamm der
Ordovicier in Wales zurück). 2n dieser erschienen aber
auch schon die ersten Korallen, Muscheln und Wirbeltiere
in Form von Fischen. Die Kopffüßler und Muschel-
würmer waren schon recht häufig und die Algen immer
noch die einzigen Vertreter der Pflanzenwelt. 2m oberen
Teil des Silurs, dem Gotlandium (genannt nach der
2nsel Gotland in der Ostsee) herrschten die bereits formen-
reich entwickelten, bis zwei Meter langen Riesenkrebse vor.
Das Meer war reich bevölkert durch die Graptholithen,
die zu kolonienbildenden Wassertierchen gehören. Als
Versteinerungen erwecken sie den Eindruck, als seien sie
auf den Stein gezeichnet. Zum ersten Male traten Land-
pflanzen auf. Auch in der Silurzeit bilden Faltungen
weitere Gebirgszüge. Die kaledonische Faltung (nach
Caledonia, der alten Bezeichnung für Schottland) läßt
die Gebirge von Schottland, 2rland und Norwegen ent-
stehen. Der Vulkanismus dauerte weiterhin an.
Die Devonzeit
(so genannt nach der englischen Provinz Devonshire)
währte 40 Millionen Jahre. 2m Devonmeere herrschten
bereits die Fische vor (s. Abb. 2). Der Formenreichtum
der Panzerfische, Haie, Quastenflosier, Lungenfische und
Schmelzschupper war schon verhältnismäßig groß. Als
neue Tierformen erschienen die Goniatiten, Vorläufer der
Ammonshörner, und die Lurche. Die Pflanzenwelt be-
stand aus recht einfach gebauten, blütenlosen Gewächsen.
Große Teile des westlichen Deutschlands waren von einem
Meere bedeckt, in dem als Schlamm der heutige Dach-
schiefer des Hunsrücks, als Sand die Sandsteine des
Taunus und als Korallenriffe die Lahnmarmore gebildet
wurden. Der Dachschiefer, der in vielen Gruben des
Hunsrücks und am Rhein gewonnen wird, enthält sehr
schöne Versteinerungen von Fischen, Krebstieren, See-
lilien, Seesternen und Muscheln. Die Grünsteine der
Lahn- und Dillgegend sind Zeugen des devonischen Vulka-
nismus.
2m Karbon (nach dem lateinischen carbo = Kohle)
oder der
Steinkohlenzeit,
die 70 Millionen Jahre andauerte, waren die Lurche schon
reichlicher vertreten. Die ersten Kriechtiere waren in den
Waldsumpfmoorlandschaften anzutreffen, die Insekten
schon sehr formenreich entwickelt. Urlibellen mit 3/i Meter
Flügelspannweite segelten wie kleine Flugzeugmodelle
durch die Luft. Das auf der ganzen Erde fast einheitliche,
etwa subtropische, feuchtwarme Klima gab Veranlasiung
zum Gedeihen der überaus üppigen Wälder mit riesigen
Bäumen und vielerlei krautartigen Gewächsen. Es waren
in der Hauptsache noch blütenlose Pflanzen. Die ersten
nacktsamigen Blütenpflanzen erschienen erst gegen das
Ende der Steinkohlenzeit. Die varistische Faltung (so
genannt nach einem alten Volksstamm im Fichtelgebirge)
bedingte u. a. das Entstehen des rheinischen Schiefer-
gebirges, des Harzes und der Sudeten. Deutschland
wurde Festland. Die Waldsumpfmoore bildeten die Grund-
lagen für die Entstehung der Steinkohlenflöze. Die vulka-
nische Tätigkeit während der Steinkohlenzeit schuf u. a.
die Granite des Odenwaldes, des Schwarzwaldes und
der Vogesen.
Den Schluß der Altzeit bildet das Zeitalter des Perm
(so genannt nach dem russischen Gouvernement Perm) von
einer Dauer von 40 Millionen Jahren. Es ist gegliedert
in Rotliegendes und Zechstein.
Abb. 2. Tierwelt des Devon-Meeres der Eifel. Rechts
Seelilien, oben Panzerfische, unten ein Dreilapper
und ein Seestern, Muscheln und Muschelwürmer.
Das Rotliegende
(von den Mansfelder Kupferbergleuten so genannt, weil
es das „rote Liegende" des bereits zu dem Zechstein ge-
hörigen Kupferschieferflözes darstellt) ist die Blütezeit der
Panzerlurche gewesen. Besonders in Westdeutschland, in
Thüringen und Sachsen nimmt es verhältnismäßig wei-
ten Raum ein. Ebenso ist es in Schlesien anzutreffen.
Die alten Erzgruben im Saarland bei Lebach und an-
deren Orten sind durch die, in den dort zu Verhüttungs-
zwecken gegrabenen Toneisensteine, weltberühmt geworden.
80
Abb. 3. Festländer und Meere In der oberen Triasperiode.
Pazifischer
Ozean
Pazifischer
Ozean
In diesen Erzen waren häufig Tierreste eingeschlossen,
wie Panzerlurche bis zu 1,50 Meter Länge, verschiedene
Arten von Fischen, Insekten, Tausendfüßler und Krebs-
tiere. Die blütenlosen Pflanzen traten in der Rotliegend-
zeit merklich zurück. Deutschland wurde zur Wüste. Ein
starker Vulkanismus herrschte auch im Saar-Nahe-Pfalz-
Gebiet. Die Porphyre und Melaphyre, die in vielen
Steinbrüchen für Wege- und Bahnbaumaterial abgebaut
werden, sind die Zeugen dafür. Der Schaumberg bei
Tholey, der Bosenberg bei St. Wendel, Rotenfels und
Rheingrafenstein bei Münster a. Stein, Donnersberg und
Könisberg in der Pfalz verdanken ihre verhältnismäßige
'Höhe im Landschastsbilde der vulkanischen Tätigkeit im
Erdinnern.
In der Zechsteinzeit
(so genannt nach den auf ihm entstandenen Zechen) herrsch-
ten die nacktsamigen Blütenpflanzen, Nadelbäume vor.
Die Dreilapper sind ausgestorben, ebenso die silurischen
und devonischen Riesenkrebse. Das Meer bedeckte wieder
große Teile Deutschlands. In ihm lagerten sich die mittel-
deutschen Kalisalze ab.
Die Mittelzeit
mit einer Dauer von 140 Millionen Jahren liegt 200
Millionen Jahre zurück. Die Kriechtiere herrschten im
ganzen Zeitalter vor. Dieses setzt sich zusammen aus
Trias-, Jura- und Kreidezeit.
Die Trias
(so genannt wegen ihrer Dreiteilung in Buntsandstein,
Muschelkalk und Keuper) beanspruchte einen Zeitraum
von 25 Millionen Jahren. Die Kriechtiere eroberten be-
reits das Meer. Die Säugetiere in Gestalt von Beutel-
tieren traten erstmalig in Erscheinung. In der Pflanzen-
welt herrschten die nacktsamigen Blütenpflanzen vor.
Innerhalb Deutschlands wechselten Land und Meer ihre
Plätze (s. Abb. 3). Die Buntsandsteinlandschaft hatte
mitunter wüstenartiges Aussehen. Das Pfälzer Berg-
land, große Gebietsteile des Hesiischen und Sächsischen
und des Schwarzwaldes bestehen aus Buntsandstein, der
seinen Namen der bunten Färbung verdankt. Bei Kap-
Abb. 4. Landschaft der Lettenkohlenzeit mit einer
Zitzenzahnechse, Farnen und Schachtelhalmen (n.
Berckhemer).
pel, unweit von Billingen im badischen Schwarzwald,
liegt der berühmte Fundort des Mastodonsaurus-Leichen-
feldes, das von dem badischen Landesgeologen W. Spitz
entdeckt wurde. Mastodonsaurus — Zitzenzahnechse ist
ein Vertreter der Panzerschädellurche, deren Schädel bis
1 Meter lang wurde. Ebenso wie der Buntsandstein
nimmt auch der Muschelkalk weite Gebietsteile West-
deutschlands ein. Er hat seinen Namen von den vielen
6
81
Muscheln, die als Versteinerungen in ihm eingeschlossen
sind. Der Keuper (Lokalbezeichnung für diesen im Ko-
burger Land wegen der bunten Gcsteinsfärbung; vergl.
Kober) hat sein Hauptverbreitungsgebiet von Süden über
Stuttgart, Nürnberg bis beinahe Erfurt. In den Uber-
gangsschichten vom Muschelkalk zum Keuper in der soge-
nannten Lettenkohle sind die Überreste einer üppigen
Pflanzenwelt und von Süßwasiertieren enthalten. Auch
die Panzerschädellurche waren in der Lettenkohlenzeit noch
vorhanden (s. Abb. 4. u. 5).
Abb. 6. Tierwelt des Lias-Meeres (unt. Jura) mit
Fischsauriern.
Die Ölschiefer von Holzmaden in Württemberg, die badi-
schen Doggererze und die lothringische Minette, ferner
der lithographische Schiefer von Solnhofen entstanden in
dieser Zeit. Alle diese Vorkommen bergen wunderbare
Tierversteinerungen in ihren Gesteinsschichten (s. Abb. 6
und 7).
Die Kreidezeit
währte 80 Millionen Jahre. Die Ammonshörner und die
großen Saurier, die Schreckens-, Donner- und Fisch-
echsen, ebenso die Flugechsen starben im Zeitalter der
Kreide aus. Die bedecklsamigen Blutenpflanzen (Laub-
bäume) bekamen die Oberhand in der Pflanzenwelt und
verdrängten die nacktsamigen. Das Meer bedeckte große
Abb. 5. Lebensbild aus der oberen Keuperzeit mit
zweifüßigen Herdensauriern (n. v. Huehne).
Die Jurazeit
mit einer Dauer von 35 M-llionen Jahren ist das Zeit-
alter der reichsten Entfaltung der Ammonshörner, Tinten-
fische (Belemniten) und Kriechtiere. Letztere brachten be-
reits Formen hervor, die auch vogelartig fliegen konnten.
Die ersten Knochenfische stammen aus diesem Zeitalter.
Deutschland war zur Jurazeit weithin vom Meere bedeckt.
Abb. 7. Geflederte Flugsauriere der oberen Jurazeit.
Teile Ost- und Norddeutschlands. Das Rheinisch-West-
fälische Steinkohlengebirge ist zum Teil von Kreideschich-
ten überlagert, die dem Ruhrbergmann unter der Bezeich-
nung Mergel bekannt sind. Eine schöne Kreidelandschaft
stellt die Insel Rügen in der Ostsee dar. Die weiße
Schreibkreide bildet ganze Berge und setzt sich aus den
kalkigen Schalen kleinster Meerestierchen zusammen (siehe
Abbildung 8).
Abb. 8. Riesenflugechsen mit bis zu 8 Metern Flügel-
spanne der Kreidezeit (n. Abel).
Die Neuzeit,
in welche das Vorherrschen der Säugetiere und Vögel,
zuletzt das des Menschen fällt, hat bis jetzt eine Dauer von
etwas über 60 Millionen Jahren erreicht. Bei uns waren
Klima und Pflanzenwelt zu Anfang dieses Zeitalters
82
Abb. 9. Braunkohlenwald der Tertiärzeit (n. Weigelt)
tropisch, wovon die gefundenen Palmenreste zeugen (siehe
Abb. 9). Später waren sie subtropisch und gemäßigt. Die
Entstehung der Braunkohle aus den ehemaligen Braun-
kohlenmooren, ebenso die Kalisalze von Buggingen in
Baden fallen in diese Zeit. Die hohen Kettengebirge von
Westdeutschland ist das Meer letztmalig eingedrungen. Die
Überreste davon sind im Mainzer Tertiärbecken anzutreffen
in Form unzähliger Versteinerungen von Meerestieren.
Ganze Berge setzen sich mitunter nur aus Muschelschalen
und Schneckengehäusen zusammen. Im Gebiet der heutigen
Abb. 10. Böhlenbewohnende Urmenschen (Cro-Mag-
non-Rasse).
den Alpen bis zum Himalaja und die Anden wurden
im Tertiär durch Faltung geschaffen. Ein besonderes
Geschehnis in Westdeutschland stellt die Entstehung des
Rheintalgrabens durch Bruch der Erdkruste in
Schollen dar. Die vulkanische Tätigkeit war verhältnis-
mäßig stark. Die Eifel, das Siebengebirge, die Rhön
und der Kaiserstuhl sind Hauptausbruchsgebiete. 2n Süd-
Osiseeprovinzen gediehen große Wälder, bestehend aus
Nadelbäumen. Ihr Harz erhärtete im Laufe der Zeit
und bildet heute die Grundlage der deutschen Bernstein-
Industrie.
Das Diluvium oder
die Eiszeit
hatte eine Dauer von 600 000 Jahren. In ihr wechselten
Zeiten der Vereisung mit eisfreien oder Zwischeneiszeiten
6*
83
Erdgeschichtliche Uhr
Enlw Dr PQuthorl
Abb. 13. Erdgeschichtliche Uhr.
ab. Während der Vereisung
waren Mammut, Wollnas-
horn, Renntier und Höhlenbär,
in den Zwischenzeiten Edel-
hirsch und Waldelefant anzu-
treffen. Die Pflanzenwelt trug
einen Kältesteppencharakter,
wie im heutigen Sibirien. Zwi-
schendurch gediehen üppige
Wälder und Moore. Es er-
schienen nacheinander der Vor-
mensch, der Neandertal-Ur-
mensch und der heutige Mensch.
Nordeuropa war zur Diluvial-
zeit vom Eis bedeckt. Das In-
landeis drang wiederholt vor
und ließ seine Spuren in Form
von Endmoränen, vom Eise
mitgebrachten Geröllanhäu-
fungen, und erratischen Blök-
ten oder Findlingen zurück, die
im norddeutschen Flachland
häufig sind (siehe Abb. 10-12).
Dem Alluvium oder
der Jetztzeit
gibt man eine Spanne bis
heute von 20 000 Jahren.
Durch die Jungsteinzeit,
Bronzezeit und Eisenzeit bis
zur Gegenwart entwickelte sich
die menschliche Kultur. Viele
Funde von ausgegrabenen
Bauresten, Werkzeuge, Waf-
fen und Schmucksachen legen
ein beredtes Zeugnis von dem
jeweiligen Stande der älteren
menschlichen Kulturen ab.
In Form einer erdgeschichtlichen Uhr ist das ganze
Erdengeschehen auf einem 12-Stundenzifferblatt zeichne-
risch dargestellt, sodaß die einzelnen Erdzeitalter hinsicht-
lich ihrer Dauer in Iahrmillionen sehr gut miteinander
verglichen werden können. Die vorkambrische Zeit, die
Abb. 12. Von Eiszeitmensche» angefertigte Zeichnung
eines Wisents, an der Wand einer Höhle entdeckt.
fast ohne Leben war, nimmt allein annähernd 3/* des
Zifferblattes ein. Sie dauerte etwa 22 mal so lang wie
die Steinkohlenzeit, in der sich die gewaltigen Stein-
kohlenablagerungen gebildet haben. Das dauernde Wer-
den und Vergehen spielte sich fast restlos ohne die Gegen-
wart des Menschen ab. Erst 13 Sekunden vor 12 Uhr
erschienen die ersten Menschen; und bis zum Beginn der
menschlichen Kultur vergingen noch 12 Sekunden (siehe
Abb. 13).
Reiche Funde aus allen Zeitaltern und Kulturstufen
werden in vielen Sammlungen und Museen aufbewahrt
und gaben die Veranlasiung zur Entwickelung der ver-
schiedenartigsten Wisienszweige.
Auch die Bergschule zu Saarbrücken besitzt ausgedehnte
Sammlungen, die in der Hauptsache Funde aus dem
Saarbrücker Steinkohlen-Gebirge und seinen Rand- und
Deckgebirgsschichten enthalten. Daneben sind auch die
übrigen Erdzeitalter durch viele Stücke aus den verschie-
denen Ländern unserer Erde vertreten. Nach dem Kriege
werden diese Sammlungen nach erfolgtem Neuaufbau
weiten Volkskreisen zugänglich gemacht.
84
Die Lröölfelöer des nördlichen Omh
Der Irak hat als Erdölgebiet seit dem Weltkrieg im-
mer wieder die besondere Aufmerksamkeit der gesamten
Fachwelt auf sich gezogen, einmal durch die Größe und
Ausdehnung der ölführenden antiklinalen Strukturen
und zum anderen durch den Bau der großen Ölleitung
von Kirkuk nach Haifa und Tripolis (Syrien. Schrift!.)
an der Küste des Mittelländischen Meeres.
Die bereits vor dem Weltkrieg unter Mitwirkung der
Deutschen Bank begonnenen Vorarbeiten zur Er-
schließung der Ölfelder wurden durch die nach der Aus-
schaltung der deutschen Gruppe neu organisierte Turkish
Petroleum Co. Ltd. in den Jahren 1924, 1925 und 1926
wieder aufgenommen. Nach umfangreichen geologischen
Kartierungen wurde die erste Fündigkeit im Jahre 1926
in der Nähe von Kirkuk erzielt, wo die Bohrung
Barba Gurgur 1 in plötzlicher Eruption die gewaltige
ölmenge von täglich rund 11 000 t eine Woche wild aus-
warf, bis sie unter Kontrolle gebracht werden konnte. 2n
den folgenden Jahren wurde durch eine Reihe Bohrungen
das große Kirkuk-Feld weiter entwickelt. Das Feld er-
zielte in den Jahren nach 1935, also nach Fertigstellung
der Ölleitung zum Meer, eine Jahreserzeugung von
4—4 % Mill. t.
Die bereits erwähnte Turkish Petroleum Co. Ltd. nahm
im Jahre 1929 den Namen Iraq Petroleum Co. Ltd. an.
Nachdem sie nach vorübergehendem Verzicht auf die Ge-
biete westlich des Tigris im Jahre 1936 das Konzessions-
gebiet der British Oil Development Co. Ltd. zurückge-
kauft und ferner im Jahre 1938 die nach Süden an-
schließende sogenannte Basra-Konzession von der ira-
kischen Regierung erworben hat, sind alle ölhöffigen Ge-
biete des irakischen Staates unter der Kontrolle dieser
Gesellschaft. An ihrem Kapital sind beteiligt:
Anglo-Iranian Oil Co............mit 23,75%
Royal Dutsch-Shcll..............„ 23,75%
Comp. Française des Pétroles. . „ 23,75%
Standard Oil of New Jersey . . „ 23,75%
Gulbenkian-Gruppe...............„ 5,00%
Das Land Irak liegt am Nordostrand der großen
arabischen Wüste und erstreckt sich bis zum iranischen
Grenzgebirge, den sogenannten Zagros-Ketten. Sein
westlicher Teil hat Wüsten- bzw. Steppencharakter. Auf
dieses Gebiet folgt nach Osten zunächst das fruchtbare
Stromgebiet der beiden großen Flüsie Euphrat und Ti-
gris, an welches sich weiter nach Osten zu das Hügel- und
Bergland des südwestlichen Kurdistan anschließt. Die
Ostgrenze zum Iran verläuft innerhalb der Zagros-
Ketten.
Die produzierenden Erdölgebiete von Kirkuk und
Oaiyarah liegen im Norden des Landes. Kirkuk liegt
östlich des Tigris, während Oaiyarah etwa 70 km süd-
lich von Mosiul auf dem westlichen Tigrisufcr gelegen ist.
NatürlicheErdölaustritte sind im Irak in
großer Anzahl bekannt. An erster Stelle sind hier die
sogenannten Ewigen Feuer von Kirkuk zu nennen, die seit
mehreren tausend Jahren bekannt sind, und die ihre Ur-
sache in ausströmenden Gasen in der Nähe von Kirkuk
haben; sie werden auch heute noch gegen ein gutes
„Bakschisch" von den Eingeborenen angezündet und vor-
geführt. Weitere Vorkommen sind vor allem im Gebiet
westlich des Tigris.
Das Ölfeld von Kirkuk östlich des Tigris ist
in seiner Ausdehnung und seinem Ölreichtum einzig da-
stehend. Die Struktur, welche in ihrer ganzen Länge
durch etwa 48 Bohrungen ölführend festgelegt worden
ist, hat eine Gesamtlänge von etwa 97 km bei einer
durchschnittlichen Breite der Ölführung von etwa 3 bis
3 % km.
Die Pipe-Linie zum Mittelländischen Meer.
Nachdem die großen Erdölreserven von Kirkuk fest-
gestellt waren, wurde sofort mit der Ausarbeitung des
Projektes des Abtransportes dieser großen Ölmengen zu
den Verarbeitungs- und Verbrauchszentren begonnen.
Um auf möglichst kurzem Wege an das Mittelmeer zu
kommen, wurde für die Rohrleitung der Weg zur Mittel-
meerküste dem Weg nach Basra am Persischen Golf vor-
gezogen. Die Vermesiungsarbeiten für die große Rohr-
leitung quer durch die Syrische Wüste wurden bereits
in den Jahren 1928 und 1929 in Angriff genommen,
während mit. dem eigentlichen Bau der Pipe-Linie im
Jahre 1932 begonnen wurde. Die Pipe-Linie wurde zu-
nächst doppelsträngig von Kirkuk bis Haditha am Euphrat
durchgeführt. In Haditha teilen sich die beiden Stränge,
der nördliche Strang führt durch Syrien nach Tripolis,
während der südliche nach Durchschneidung des nörd-
lichen Zipfels von Transjordanien bei Haifa in Palästina
das Mittelmeer erreicht. Der nördliche Strang nach
Tripolis wurde bereits im Juni 1934 fertig, während der
südliche Haifa-Strang im Januar 1935 vollendet wurde.
Die Kosten für den gesamten Bau betrugen über
10 MA. £. Von den Leitungsrohren entfielen 12%
auf Lieferungen von deutschen Firmen. Beim
Bau der Pipe-Linie wurden nicht weniger als rd. 36 Mill.
km/t Transporte gefahren. Die gesamte Leitung ist elek-
trisch geschweißt. Bei der Druckprobe und Nachprüfung
der insgesamt 177 000 Schweißnähte zeigten sich nur an
drei Stellen leichte Schäden, so daß der Bau dieser Lei-
tung einetechnischeMeisterleistung darstellt.
Insgesamt wurden 7,6 Mill. Arbeitstage benötigt. Die
Länge der Pipe-Linie von Kirkuk bis Haditha beträgt
260 km. Von Haditha nach Tripolis beträgt die Ent-
fernung 612 km. Die gesamte Strecke von Kirkuk nach
Tripolis beträgt also 872 km. Von Haditha nach Haifa
beträgt die Länge der Leitung 747 km. Die Gesamt-
strccke von Kirkuk nach Haifa ist also 1007 km lang.
Wer arbeiten kann und will, ist stets einigermaßen Herr seines Schicksals!
Kalkgruben im Köllertal /
Fürst Wilhelm Heinrich betrachtete die Land-
wirtschaft als die ursprüngliche Quelle des Wohl-
standes und wendet seine ganze Aufmerksamkeit
dem Ackerbau zu. Der plötzliche Aufstieg der
Landwirtschaft im Köllertal ist sein Verdienst.
Mancherlei Neuerungen wurden von ihm ein-
geführt, deren Durchführung von ihm oft unter
Gewaltanwendung durchgedrückt wurde. Der
landwirtschafttreibenden Bevölkerung ließ er jede
Vergünstigung zukommen, denn er war nur auf
den Wohlstand seiner Untertanen bedacht. Be-
züglich der Düngung der Felder bestimmte Fürst
Wilhelm Heinrich, daß die Felder zur ersten
Saat mit Kalk und zu den beiden folgenden mit
Mist oder Asche gedüngt werden sollten. Zur Ge-
winnung des Düngekalks erlaubte er die Anlage
von eigenen Kalköfen und gewährte Steinkohlen-
grieß zum Kalkbrennen aus den herrschaftlichen
Gruben zu billigen Preisen. Es entstanden zahl-
reiche Kalköfen im Köllertal, die aber im Laufe
der Zeit alle wieder eingingen. Als die älteste
Kalkgrube muß das Wiesbacher Kalksteinwerk
bezeichnet werden, das sich im Laufe der Jahr-
zehnte zu einem ansehnlichen Betrieb entwickelte.
Im Bannbuch der Gemeinde Wiesbach vom
Jahre 1772 finden wir auf Flur „Harthumes"
und „Auf dem Wacken" ein größeres Ackerstück
auf den Besitzer „Gnädigste Herrschaft" einge-
tragen mit der Bemerkung „Kalkgrube". Hier
war schon drei Jahrzehnte vorher eine Kalkgrube
in Betrieb, die dem Ort Wiesbach und den um-
liegenden Ortschaften des oberen Köllertals den
nötigen Düngerkalk und Baukalk lieferte. In
einem zur Grubenanlage gehörigen Ofen wurden
die Kalksteine gebrannt und auf schlechten We-
gen zu den Abnehmern in den umliegenden Ort-
schaften gebracht. Daß der Kalk hochwertig und
gesucht war, ist daraus zu schließen, daß sogar
beim Ausbau der Festungswerke Saarlouis
Wiesbacher Kalk verwendet wurde. Die Kalk-
brennerei und besonders die „Grube" waren noch
bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts sehr primi-
tiv eingerichtet. Das sollte anders werden, als
im Jahre 1811 ein Gottleb Erdmenger ausDud-
weiier die ganze Anlage kaufte. Nun begann ein
bergmännischer Ausbau mit verbauten Stollen.
Der Absatz steigerte sich, sodaß sechs, zeitweise
sogar zehn Arbeiter fast dauernd beschäftigt wur-
den. Am 14. April 1821 verkaufte Erdmenger
das ganze „Bergwerk" mit seinen Anlagen und
Gerätschaften an Wilhelm Groß, Gastwirt und
Gutsbesitzer in Scheidt, für 105 Taler. Durch
Kaufvertrag unter Notar Laukhard-Saarbrücken
ging die Anlage 14 Jahre später an H. Jakob
Ohre fast 200-jähr. Ses'chichle seit der Zürsten-Herrschaft
Bickelmann, Ackerer in Bietschied und dessen
minderjährige zukünftige Ehefrau, Karoline Klein
in Berschweiler über. Die Anlage kostete 324
Taler. Bickelmann ließ ein Wohnhaus mit Stal-
lung und Futterraum daneben erbauen für seinen
auswärtigen Betriebsführer. 1861 ließ Bickel-
mann die Anlage in Wiesbach öffentlich ver-
steigern. Anstcigerer waren Pfarrer Valerius,
Müller Peter Blees und Ackerer Matthias Krä-
mer, alle aus Wiesbach. Der Ersteigerungspreis
betrug für Anlage, Ofen, Land, Gerätschaften
und Wohnhaus 610 Taler. Müller Blees trat
seinen Anteil 1872 für 250 Taler ab, nachdem
Matthias Krämer schon vorher abgefunden wor-
den war. Der Wert des Betriebes und der Ab-
satz hatten sich bedeutend gesteigert. Pfarrer Va-
lerius war nun alleiniger Besitzer und Förderer
desselben. Mancher Kleinbauer bezog von ihm
unentgeltlich Kalk. Auch säumige Zahler wurden
von ihm nie hart angetrieben. Kurz vor seinem
Tode, als er schon nicht mehr zum „Kalkofen"
gehen konnte, veräußerte er den ganzen Betrieb
an H. M. Monz, der ihn mit seinen Söbnen auf-
recht erhielt und später an Johann Monz ver-
erbte, der ihn mit dem Steiger Albrecht weiter
ausbaute. Inzwischen waren zwei neue Kalköfen
aus Backsteinen erbaut worden und ein dritter,
Fahrsteiger Diversy, beteiligte sich am Betriebe.
Jedoch diese Neuanlage der Ofen, der Bau eines
neuen Weges, die teuere Fracht und allerlei miß-
liche Umstände hatten zur Folge, daß der „Kalk-
ofen" vor 35 Jahren stillgelegt wurde. Erst im
Juni 1921 wurde er mit der ganzen Anlage von
der Sparkasse Merchweiler und dem Obersteiger
Diversy aus Maybach zur Versteigerung aus-
geboten und für 20 000 Mark dem Obersteiger
Diversy zugeschlagen, der ihn am 20. März 1922
du-ch Kaufakt an die Eheleute Wendel-Krämer
für 70 000 Mark (Inflation) übertrug.
So hat die Kalkgrube Wiesbach eine bewegte
200jährige Geschichte hinter sich. Heute ist die
Versorgung mit dem notwendigenDüngekalk für
Felder und Gärten etwas schwieriger geworden
gegenüber früheren Jahren. Die Gartenbauver-
eine, die immer wieder auf die Notwendigkeit des
Kalkes für den Obst- und Gemüsegarten hin-
weisen, sind bei der Beschaffung desselben jedem
behilflich, indem sie Bestellungen seitens der Mit-
glieder entgegennehmen und den Kalk im großen
beziehen. Denn Kalk ist heute für Garten und
Feld noch genau so notwendig wie vor 200
Jahren und mancher Mißerfolg im Garten sowie
im Obstbau ist auf das Fehlen des Kalks zurück-
zuführen. (—ob)
86
Die Kohlen im deutschen Volksglauben
Eine volkskundliche Plauderei von Konrad Hau mann
Die Kohlen im Volksglauben — ja gibt es das
überhaupt? Kohlen werden verbrannt, damit es ein
wärmendes Feuer gibt und damit basta! Nun, so ist es
nicht, vielmehr ist es erstaunlich, in welch vielfältiger Art
die Kohlen vom Volksglauben umwoben sind!
Im Erzgebirge glaubt man, wenn an e'nem vom
Kohlenfeuer genommenen Topf Kohlen hängen bleiben,
daß Besuch zu erwarten sei! Zn Ostpreußen läßt man
Holzkohlen im Wasier schwimmen als Heiratsorakel;
nähern sich die Kohlen einander, so gibt es eine Ver-
lobung, entfernen sich die Kohlen, so dürfte eine Ent-
fremdung zu erwarten sein! An den weihnachtlichen
Losnächtcn stellen die Mädchen vier Teller auf den Tisch,
darunter verborgen Erde, Blatt, Geld und Kohle: wer
mit verbundenen Augen nach der Kohle greift, so be-
deutet das in Schlesien Unglück oder Krankheit. Weit-
verbreitet ist der Glaube, daß man vom Herd keine
glühenden Kohlen verleihen darf, da sonst die Heren
Gewalt über den Betreffenden erlangen! In Franken
steckt man in die Ecken eines Brautbettes drei Kohlen
und drei Brotstückchen, damit böse Leute dem jungen
Ehepaar nichts anhaben können! Auf der Weide muß
ein ostpreußischer Hirt die Kohlen seines Feuers zu-
sammenscharren, damit sich die Herde nicht zerstreue!
Im gleichen Gau wird bei der Taufe eines Kindes die
Hebamme drei glühende Kohlen auf eine Art legen und
mit dem Kind darüber schreiten, um das Kind vor allerlei
bösem Zauber zu bewahren.
Auch mit den anderen Iahresfesten stehen die Kohlen
in Verbindung. Bei den kirchlichen Osterfeuern am
Karsamstag werden vorher gesegnete Kohlen glühend
gemacht und damit dann die geweihte Osterkerze ange-
zündet. Die Kohlen aus diesen Feuern werden mit nach
Hause genommen und als Gewitterschutz aufbewahrt oder
über die Felder gestreut, um die Flur vor Hagel, Miß-
wachs und Ungeziefer zu bewahren. Zu Peter-Paul
(29. Juni) findet man im Schwarzwald überall Kohlen
in der Erde zur Mitternachtsstunde, weil die beiden
Heiligen unschuldig verbrannt worden seien; diese Kohlen
wehren Krankheit und Gewitter ab. Am Johannistag
finden sich ln der Mittagstunde unter Beifußwurzeln
Kohlen, die sich Glückskindern in Gold verwandeln;
ebenfalls finden sich Kohlen an diesem Tag unter Kletten-
wurzcln, die gegen Krankheiten heilsam sind. Wer die
erste Frühlingsschwalbe im Jahr sieht, findet unter seinem
rechten Fuß Kohle, die das ganze Jahr vor Kopfschmerz
bewahren sollen. Am Tage Jacobi bricht man in
Böhmen einem Ziegenbock das Horn ab und legt es
auf glühende Kohlen, um damit zu räuchern.
Kohlen spielen im alten Zauberwesen eine wichtige
Rolle... Besonders Kohlen von einem durch Blitz
entzündeten Brand. Im Harz wird krankes Federvieh
in einem Sieb über Kohlenfeuer hin- und hergeschwenkt.
Um eben aus dem Ei geschlüpfte Küken gesund zu er-
halten, werden von ihnen Flaumfedern abgeschnitten und
in die Kohlen geworfen, dadurch die Küken gleichsam
geräuchert und geschützt gegen alles Böse. Gegen Rotlauf
hilft Einreiben, Bestreuen oder Einnehmen von Pulver,
das aus den Kohlen vom Blitz eingeäscherter Häuser
gerieben wurde. In Oldenburg hilft die Kohle gegen
Fieber, die man beim Anblick der ersten Schwalbe fand!
(wenn man welche gefunden hat!) Im Oldenburgischen
hilft es auch gegen Epilepsie, wenn man Igel oder Maul-
wurf in einem leeren Topf zu Kohle verbrennen läßt und
das Pulver aus dieser Kohle einnimmt. In Böhmen
will man kranke Kinder heilen, wenn man ihnen drei
Kohlen vom Herd zu verschlucken gibt; in der Pfalz
schüttelt man einem Kind mit Ausschlag drei Schippen
voll glühender Kohlen über den Kopf, dazu einen Bann-
spruch sprechend; beides sind wohl allzu schmerzhafte
Prozeduren, als daß sie allzu häufig angewandt worden
sein mögen! Will man in Böhmen wisien, ob ein Kind
„beschrien" sei, so wirft man Kohlen in gekochtes oder
kaltes Wasier, beim Untersinken der Kohlen ist die Ver-
hexung erfolgt; auch mit Zaubersprüchen beschriebene
Kohle, oder neun Stück Kohle, wirft man zu gleichem
Zweck ins Wasier, bei Erwachsenen. In Mähren streicht
man gewisie Kräuter auf Kohle und hält junge Gänse
über solche Feuer, damit sie gedeihen. In Thüringen
und Süddeutschland sehen Glückskinder vergrabene
Schätze immer als Kesiel voll glühender Kohlen. Vom
geweihten Osterpalm werden in Süddeutschland so viel
Blätter gepflückt als Familienglieder sind; die Blätter
werden auf glühende Kohlen geworfen und wesien Blatt
zuerst verbrennt, der soll dem Volksglauben nach zuerst
sterben.
Geht man den Gründen nach, die den Kohlen im
Volksglauben solche seltsame Wertschätzung einbringen,
so ist es wohl ihre Verbindung zum Feuer, vielleicht
auch zu Teufel und zur Hexe, die ihnen solche zauber-
hafte Kräfte verleihen. Feuer entfaltet im alten Zauber
und Glauben reinigende, darum heilsame Kräfte, die
darum wohl auch den Kohlen zugeschrieben werden, zu-
mal es sich ja oft um glühende Kohlen in diesem
Brauchtum handelt. Im einzelnen sind die Ursachen, die
in den Jahrhunderten, ja vielleicht Jahrtausenden, die
dieser Volksglauben im Ursprung zurückreicht, längst
vergessen, sodaß heute über diesen alten „Aberglauben",
den man aber wohl besser „sinnbildliche Handlungen"
nennt, gelächelt wird, weil man diese Ursachen nicht
mehr kennt. Was freilich nicht hindert, daß die trotzdem
nicht alle werden, die durch solchen Glauben selig werden!
87
Berggeist in Lothringen / V°nOt.° Schmiß
Zwei Bergleute, die im gleichen Ort zu Hause
waren, arbeiteten schon seit Jahren zusammen in
derselben lothringischen Grube. Eines Tages, als
sie vor den Stoß kamen, bemerkten sie, daß sie
nicht genug Öl zu einer Schicht auf ihren Lam-
pen hatten. „Was tun?", sprach der eine zu dem
anderen. „Geht uns die Lampe aus, so müssen
wir im Dunkeln.zu Tag fahren, der Schacht ist
gefährlich, wer weiß, wie es uns da noch erginge.
Fahren wir aber jetzt gleich aus, um Öl auf
unsere Lampen zu holen, so würde der Steiger
uns strafen."
Als sie so dastanden und berieten, was sie tun
sollten, sahen sie ganz fern in der Strecke ein
Licht, das ihnen entgegenkam und sie freuten sich
darüber. Als das Licht aber näher kam, standen
sie vor Schrecken wie versteinert da. Sie sahen
einen riesengroßen Mann, der eine große schwarze
Kappe auf dem Kopfe trug und wie ein Mönch
gekleidet war. In der Hand hielt er ein mäch-
tiges Grubenlicht. Er ging gebückt die Strecke
herauf. Als er bis zu den beiden gekommen war,
die vor Angst und Schrecken noch immer un-
beweglich standen, richtete er sich auf und sprach:
„Fürchtet euch nicht! Ich will euch froh und
glücklich machen." Dann nahm er ihnen ihr Ge-
leucht ab und goß Öl von seiner großen Lampe
darauf.
Dann nahm er ihr Gezähe und machte sich an
die Arbeit. Und er arbeitete so schnell, daß er in
einer Stunde mehr leistete als sie selbst bei groß- .
tem Fleiß in einer ganzen Woche nicht hätten
herausarbeiten können. Nachdem der Berggeist
die Arbeitsgeräte wieder beiseite gelegt batte, bat (
er die beiden, niemandem etwas zu sagen, daß sie
ihn gesehen hätten. Und sie versprachen ihm, dar-
über zu schweigen. Dann schlug er mit der Faust
an eine Seitenwand des Schachtes. Diese öff-
nete sich, und die Bergleute blickten in eine weite
Strecke, die von Gold, Silber und leuchtenden
Edelsteinen funkelte. Der überraschende Glanz
blendete ihre Augen, weshalb sie sich einen
Augenblick abwendeten. Als sie wieder hin-
schauten, war alles verschwunden. Hätten sie
eines ihrer Arbeitsgeräte hineingeworfen, so wäre
die Strecke offen geblieben, und Reichtum und .
Macht wäre ihnen zuteil geworden. So war es '
mit dem Glück vorbei.
Doch eines war ihnen geblieben, das Öl des
Berggeistes, das nicht abnahm und darum noch
immer ein großer Vorteil für sie war. Nach
langer Zeit aber, als sie eines Abends mit ihren
Arbeitskameraden im Wirtshause zechten und
übermütig und ausgelassen waren, erzählten sie
von ihrer Begegnung mit dem Berggeist. Und j
als sie am anderen Morgen anfuhren, nahmen
sie mit Schrecken wahr, daß kein Öl mehr auf
ihrer Lampe war. Sie mußten nun jedesmal
wieder, wie alle anderen Bergleute, Öl auf ihre
Lampen gießen.
Oer groöe Rhythmus Die Esse qualmt, die Förderräder schwingen, Zu Tage strebt, was zäher Fleiß gewann. Frohmut’ges Wagen ließ das Werk gelingen, Das lichtentrückt im tiefen Schacht begann.
Albert Korn Von Klang und Rhythmus ist erfüllt die Halle, Das schüttert, rollt und rattert fort und fort. Doch aus der Melodien buntem Schwalle Tönt wuchtig deutscher Arbeit Grundakkord.
88
VomPastor,der desKönigsFriedrich Wilhelmi.
Erlasse nicht respektieren wollte / «... s,ik «<».
Qu König hatte schlecht geschlafen. Böse
Träume hatten ihn gequält die ganze lange Nacht
hindurch, und das Podagra hatte ihm die Glie-
der gezwickt. Nun dämmerte der Tag. Er lag
mit offenen Augen und schaute in die grauen
Schleier, die vor seinem Blick ineinanderwallten.
Die neuesten Erlasie spukten ihm im Kopf herum,
und die Bosheit und Sündhaftigkeit des Men-
schengeschlechtes wurde ihm in dieser galligen
Morgenstunde bitter bewußt.
Aber Friedrich Wilhelm war kein Freund vom
Träumen und Sinnieren. „Ein ungerad Ding
wird nur gerad, wenn mall es anpackt", pflegte
er zu sagen. Also beschloß er, die unangenehme
Siesta zu beenden und rief mit lauter Stimme
nach Ludwig.
Schon stand der Kammerhusar in der Tür,
bedachte sich nicht lange, sondern half seinem
Herrn aus dem Bett und in die Kleider. Das
war eine schwierige Arbeit, denn Gicht und Po-
dagra machten dem alten Herrn jede kleinste Be-
wegung zur Qual. Doch unter Ludwigs kun-
digen Händen wurde auch dieses Ding zu gutem
Ende gebracht.
In der Kanzlei wartete Görne, der Minister.
Er war betrübten Herzens und erwartete sich
von diesem Tage nichts Gutes, denn es waren
böse Briefe und Berichte aus dem Lande ange-
kommen. Im Magdeburgischen herrschte Un-
ruhe. Die beiden protestantischen Kirchen lagen
sich wieder einmal, wie so oft, in den Haaren. Sie
warfen einander die Schlagworte wie Bälle zu
und schimpften sich gegenseitig Papisten und
Pietisten. Dieser ständige Streit war der Maje-
stät seit Jahren ein Greuel. Ihn auszurotten,
erachtete er für seine Pflicht.
„Bericht Er, Görne", sagte er auch an diesem
Morgen, nachdem Ludwig ihn bequem im Sesiel
verstaut hatte. „Wird wieder etwas Nettes sein,
was Er da hat. Ich seh's Ihm an der Nasen-
spitze an."
Der kleine Herr von Görne zog das Gesicht in
betrübliche Falten.
„Halten zu Gnaden, Majestät", begann er,
„aber Majestät werden die jüngsten Erlasie revi-
dieren müssen. Es ist arge Unruhe im Lande.
Im Magdeburgischen schlagen sie einander die
Schädel ein." Und er blätterte in dem großen
Aktenbande, um dem Herrn die jüngsten Ereig-
nisse vorzutragen.
Der König fingerte an dem Reitstock herum,
den er auch im Sesiel nicht aus der Hand zu
legen pflegte, und sah seinen Minister eher nach-
denklich als böse an. Aber das Grollen seiner
Stimme verriet den unterirdisch schlummernden
Vulkan.
„Sag Er einmal, Görne . . .", der Stock
wippte mit der Spitze vor der ministeriellen Nase
herum, „wofür hält Er mich eigentlich?"
Was sollte der Herr von Görne darauf sagen?
Er wartete zunächst einmal auf weitere Erklä-
rungen. Die ließen denn auch nicht auf
sich warten. Der König ließ keinen Blick von
ihm.
„Hält Er mich für einen Christen?"
Nun, da brauchte man wirklich keine Aus-
flüchte zu machen. Da konnte man aus ehrlicher
Überzeugung heraus, ja, mit stiller Bewunderung
und warmem, von Herzen kommendem Tonfall
sagen: „Ganz gewiß, Majestät."
Des Königs Blick veränderte sich nicht.
„Wenn Er da nur recht hat, mein lieber
Görne."
Ach Gott, man wußte nie, wo das hinauslief,
wenn die Majestät so freundlich redete. Beson-
ders in solchen Morgenstunden. Hatte Ludwig
ihm nicht zugeflüstert, der König habe schlecht
geschlafen und sei ärger denn je vom Podagra
geplagt? — Aber nur immer aufrecht bleiben,
nur nicht schmeicheln, nur nicht klein beigeben:
„Eure Majestät sind der christlichste Mann im
Lande."
Auch aus diesen Worten hörte man die warme,
ehrliche Überzeugung heraus. Der König schüt-
telte den Kopf.
„Na, dann les' Er nur, Görne, was Er da
hat." Ein Anflug von Müdigkeit und Resigna-
tion schwang jetzt in der Stimme des Fürsten.
Da konnte der Minister erst recht kein Hehl
aus seiner Ueberzeugung machen: „Die Pfaffen
sind nicht immer die frommsten Menschen, Maje-
stät. Und das Staatswohl liegt ihnen nicht
immer am Herzen."
Das Staatswohl! Hatte es den König ge-
troffen? Er hob den Kopf, sah seinen Minister
an. Er war jetzt ganz ernst, ganz still, ganz be-
sonnen. So hätten die Menschen ihn sehen sollen,
die ihn für einen dummen, polternden Grobian
hielten.
„Um das Staatswohl muß ich wißen, Görne."
Feste, unerschütterliche Überzeugung sprach aus
diesen Werten. „Die Menschen können es nicht;
mein ist dies Erbe. Ich will es bewahren! Ver-
steht Er, Görne, warum ich manchmal hart sein
muß? Warum ich es hinnehmen und dulden muß,
wenn die Menschen mich einen Schubjack
nennen?"
„Die Pastoren fürchten für die Religion",
wagte der Minister einzuwerfen, dem in dieser
leidigen Sache ein achtbarer Vergleich am Her-
zen lag.
Der König winkte ab: „Laß Er meine Pa-
stores in Ruh!" antwortete er. „Es ist ihres Am-
tes, sich um die Religion zu sorgen. Meines Am-
tes ist es, den Hader im Staat zu beseitigen.
Les' Er, Görne!"
Es war kein gutes Amt, das der Minister an
diesem Morgen zu erfüllen hatte. Des Königs
Erlaß, der die Zeit der kirchlichen Predigt auf
ein bestimmtes Maß beschränkte, der Leuchter,
Lichter, Meß- und Chorgewänder in preußischen
Kirchen ein für allemal abschaffte, „weil dies
papistischer Aberglaube, der auszurotten ist,"
hatte böses Blut gemacht. Haufenweise liefen
die Beschwerdeschriften aus allen Teilen des Lan-
des ein. Zwar fügte sich die Mehrheit den könig-
lichen Beschlüßen, aber sie tat es mit hinter-
hältigen Redensarten und ließ an allen Enden
deutlich durchblicken, daß man sich nur dem ver-
haßten Zwange füge.
" Der Minister las. Der Pastor Alberti aus
Ackendorf meinte, was a tempore Reformationis
zweihundert und mehr Jahre recht gewesen, das
hätte ferner bis an den Jüngsten Tag recht blei-
ben können. Der Pastor Homeyer aus Irrleben
wünschte, daß „mit hinlänglichen argumentis
so auf Gottes Wort gegründet, bewiesen werde,
daß die besagten unschuldigen christlichen luthe-
rischen Kirchengebräuche Aberglauben und pa-
pistisches Wesen" seien, der Pastor Lösicke aus
Woltersdorf versicherte: „Die Dinge, so abge-
schafft werden, sind entweder recht oder unrecht.
Sind sie unrecht, warum sind sie nicht längst ab-
geschafft, sind sie aber recht und unsündlich,
warum läßet man sie uns nicht?"
Und so ging es weiter, eine endlose Litanei von
Klagen, Vorwürfen, Beschwerden. Der König
saß still, in sich versunken, in seinem Sessel und
hörte zu. Als der Minister schließlich schwieg
und seinen Herrn bekümmert ansah, hob dieser
den Kopf: „Hält Er mich immer noch für einen
Christen, Görne?"
Und wieder versicherte der treue Mann, daß
er ihn, aller Klagen ungeachtet, nach wie vor da-
für halte.
Der König sah ihn lange an. „Es ist gut,
Görne," meinte er. „Und setzt will ich 2hm etwas
sagen. Der Herrgott hat mir dieses Land und
diese Krone zu Lehen gegeben; ihm bin ich
Rechenschaft schuldig. Ich will mit meinem
Pfunde wuchern. Ich will aus diesem Land einen
Staat machen. Laß Er anspannen, Görne. Ich
reise. Ludwig begleitet mich. Ich reise ohne
'Aufwand. Ich will nach dem Rechten sehen in
meinem Lande."
Ein Wink mit der Hand, und der Minister
war entlasten. Er hätte gern Einspruch erhoben,
er hätte gern mancherlei zu bedenken empfohlen,
aber er wußte, daß einmal gefaßte Entschlüße
seines Herrn nicht umzustoßen waren. Und also
trat er ab, dem Kammerhusaren die Anweisungen
für die Reise zu geben.
Und wie so oft reiste der König durch seine
Lande, im einfachen, schmucklosen Reisewagen,
nur von dem treuen Ludwig begleitet; ein un-
ermüdlicher, arbeitsfreudiger Mann, dem außer
dem Wohl seines Staates nichts am Herzen lag.
Er traf auf viel Verstocktheit, auf Hartnäckigkeit
und bösen Willen, und wenn er immer wieder sah,
wie seinen Befehlen nur gehorcht wurde, weil die
Menschen um ihre Ämter bangten, fraß sich der
Grimm in sein Herz und machte ihn gallig und
bitter.
Es hatte bisher nichts zu beanstanden gegeben,
von den bösen und störrischen Mienen abaesehen,
in die er allüberall blicken mußte, und fast schien
es so, als solle kein ernstlicher Zwischenfall das
Gleichmaß der Tage stören, da näherte sich der
königliche Wagen in dämmernder Sonntag-
morgenfrühe dem Dorfe Pasten, dosten Pastor
Braun dem König als ein besonders gefährlicber
Querulant geschildert worden war. Der König
befahl zu halten und erst zur Zeit des Kirch-
ganges ins Dorf zu fahren. Da saß der rast-
lose Mann denn auf einsamer Landstraße in
seiner schmucklosen Kalesche, finster vor sich hin-
grübelnd, Stunde um Stunde. Der Ludwig ver-
trat sich untcrdcsten die Beine.
Um acht ein halb Uhr war Kirchenbeginn.
Gerade begannen die Glocken zu läuten, da rum-
pelte der königliche Wagen über das holperige
Rundfteinpflaster die Dorfstraße herauf. Buben
und Mädchen, sonntäglich gekleidet, folgten mit
Johlen und Pfeifen; in wenigen Minuten wußte
das Dorf, daß der König den Gottesdienst be-
suchen werde.
Lautlose Stille herrschte, als der hohe Herr
das übervolle Gotteshaus betrat und sich nach
seinem Patronatssitz begab. Wenige Minuten
später stand der Pastor, ein großer und starker
Mann, Mitte der Fünfziger, vor dem Altar. Er
nahm keine Notiz vom König, begann vielmehr
ruhig und sachlich seines Amtes zu walten. Der
König sah, daß, seiner Vorschrift gemäß, keine
Lichter brannten, daß aber die leeren Kerzen-
leuchter auf dem Altartisch standen. Er sah es
mit Mißbehagen und seine schmalen Lippen
schlosien sich zum Strich. Hinterher auf der
Kanzel redete der Pastor über das Wort des
Paulus: „Stehet in der Freiheit, damit Euch
Christus befreiet hat, und lastet Euch kein Ge-
wisten machen über Neumonden und Sabbat."
Er sprach mit Schwung und Begeisterung und
klagte mit beweglichen Worten über die Not und
Sklaverei, so die Kirche Christi zu ertragen habe.
Des Königs Ingrimm wuchs mit jedem Wort,
das der Pastor sprach, aber er tat bis zum Segen
die Lippen nicht voneinander. Als die Kirche sich
zu leeren begann, ließ er dem Pastor sagen, daß
er in der Sakristei auf ihn warten möge. Er habe
ihm etliches zu sagen.
Dort standen sich dann in wenigen Minuten
die beiden Männer gegenüber, sich mit harten
Blicken gegenseitig musternd; der Pastor gerade
und aufrecht in trotziger Haltung, der König auf
den Stock gestützt, aber den anderen nicht aus
der Klammer seines Blickes lastend.
„Er hat im großen und ganzen meinen Be-
fehlen gehorcht", begann Friedrich Wilhelm,
„aber ich habe wohl gehört, daß er widerspen-
stigen Herzens ist. Ich will Ihm da nichts drein-
reden, denn Er versteht nichts von meinem Ge-
schäft, und also mag Er mich immerhin hasten,
da Er mich nicht lieben kann. Aber warum hat
Er die Leuchter auf dem Altar stehen lasten, da
er doch die Lichter entfernte?"
Des Pastors Gesicht änderte sich in keinem
Zug.
„Ich habe die Lichter nicht entfernen lasten,
Majestät."
„Er hat nicht?"
„Die Lichter wurden gestohlen, Majestät!"
„So, so. Gestohlen! Immerhin hat Er sie
dann nicht ersetzt."
„Nein, Majestät!"
„So, so! Aber wenn sie nun nicht gestohlen
worden wären, die Lichter. Hätte Er sie dann
entfernt?"
„Nein, Majestät!"
„Nein? Er hätte sie nicht entfernt? Trotzdem
ich dergleichen Zeug verboten habe in meinen
Kirchen?"
Der Pastor schwieg, aber in seinem Gesicht
arbeitete es heftig. Der König fühlte, wie es
ruhiger in ihm wurde. Kälte überkam ihn von
innen heraus. Ihn fröstelte vor dem Anblick des
maskenhaft starren Puritanergesichtes vor seinen
Augen.
Trotz! dachte er. Trotz! Sie haben harte
Schädel, die Kerle. Und sie. wollen nicht be-
greifen. Sie wollen nicht. Man muß sie beugen.
Man muß, die Staatsräson steht auf dem Spiel.
Plötzlich spielte um seine schmalen Lippen ein
spöttisches Lächeln.
„Entwendetes Kircheneigentum ist zu ersetzen",
sagte er langsam. „Das weiß Er doch."
Der Pastor sah ihn an, ohne zu antworten.
„Laß Er neue Kerzen besorgen!"
Der Pastor, der nicht wußte, wohin das führen
sollte, dem aber die Ruhe des Königs unheimlich
dünkte, gab dem harrenden Küster entsprechenden
Befehl. In weniaen Minuten waren die Kerzen
zur Stelle. Der König befahl, sie in die Leuchter
zu stecken, und auch dies geschah. Noch immer
standen König und Pastor sich gegenüber. Der
Küster, dem die Angelegenheit verwunderlich vor-
kam, stand harrend an der Tür.
Der König sah auf. Wieder spielte das spöt-
tische Lächeln um seine Lippen; er wandte sich an
den Pastor: „Nun entferne Er die Leuchter!
Schließ Er sie weg!"
Den Pastor überkam ein Zittern. Helle Röte
schoß ihm in die Wangen. Er fühlte sich ver-
höhnt. „Majestät..keuchte er, „Maje-
stät ..."
„Tue Er sie weg! Augenblicklich!" Das klang
so hart, so unzweideutig, daß der Pastor unter
dem Bann dieses suggestiven Willens zitternd
dem Befehl gehorchte. Die Leuchter verschwan-
den im Schrank. Die Tür schloß sich kreischend.
Mit aufgeriffenen Augen starrte der Küster auf
die Szene.
Der König wandte sich zum Gehen. Noch ein«
mal traf im Schreiten sein Blick den Pastor. Der
erschien plötzlich gebeuater; das Haar an seinen
Schläfen schimmerte silbern. Der König preßte
die Lippen zusammen.
„Sie wißen es nicht", murmelte er, „Herrgott
im Himmel, ich bin Dein Diener und fühle mich
in Deiner Gnade, aber sie wißen nicht, was Du
mir aufgetragen hast. Laß mich nicht schwach
werden, Herr, denn dieses Volk kann nur durch
Zucht zu einem Staate werden."
Ludwig schlug die Decken um seinen Herrn.
Weiter rollte der Wagen durch das Land. Und
die Glocken von den Kirchtürmen läuteten.
91
vorbereituugszeit auf Sie Ausbildung für soziale Frauenberufe
„Ja, wenn ich gleich nach der Schule als Schwestern-
schülerin anfangen könnte, dann würde ich mich leichter
zu dem Beruf entschließen. Was soll man denn mit der
Zwischenzeit anfangen, damit es keine verlorenen Jahre
sind?" Vor dieser Frage stehen in jedem Jahre viele
Mädel, die mit 14 oder 16 Jahren aus der Schule kom-
men und einen sozialen Beruf als Schwester oder Kinder-
gärtnerin oder einen darauf aufbauenden Beruf ergrei-
fen möchten. Das vorgeschriebene Alter für diese Be-
rufe ist 18 Jahre, nur in Ausnahmefällen kann die Aus-
bildung schon mit 17 Jahren begonnen werden, so daß
gewöhnlich eine Vorbereitungszeit von zwei bis vier
Jahren auszufüllen ist.
Grundsätzlich muß vorausgesagt werden, daß es da-
bei nicht darauf ankommt, diese Wartezeit nach der
Schule in irgendeiner Weise zuzubringen.
Nicht die Jahre sollen herumgehen, bis das verlangte
Alter erreicht wird, sondern der junge Mensch soll lernen
und reif werden. Schon die Ausbildung zu den sozialen
Berufen setzt manches voraus, was man durch eine sinn-
volle Vorbereitung erwerben kann. Man muß sich unter-
ordnen und in einer fremden Umgebung schnell und
sicher zurechtfinden können. Für die praktische Arbeit ist
Selbständigkeit und die Fähigkeit, die Arbeit zu über-
blicken und gut einzuteilen, nötig und schließlich müssen
strenge Pflichten so selbstverständlich erfüllt werden, daß
auch bei schwerer Arbeit immer noch die Kraft bleibt für
ein freundliches Wort, einen ermunternden Blick, für
das Mitgefühl von Mensch zu Mensch.
Diese Voraussetzungen für seine späteren Aufgaben
im sozialen Beruf schafft sich ein junges Mädel am
besten da, wo sich das Leben am ursprünglichsten ab-
spielt, wo alle Fragen des Sicheinfügens, der Selbst-
beherrschung und der unermüdlichen Hilfsbereitschaft von
innen heraus beantwortet werden müssen: im Dienst für
die Familie in der Stadt und auf dem Lande.
Die verschiedensten Möglichkeiten stehen dafür offen.
Als besonders gut geeignet zur Vorbereitung auf einen
sozialen Beruf muß die „Hauswirtschaftliche Lehre"
genannt werden. Hier lernt das Mädel in einem vom
Deutschen Frauenwerk zugelassenen Lehrhaushalt unter
Anleitung einer geprüften Hausfrau zwei Jahre lang alle
hauswirtschaftlichen Arbeiten und macht eine Abschluß-
prüfung als „geprüfte Hausgehilfin". Ein Jahr der
hauswirtschaftlichen Lehre kann auch in einer aner-
kannten Haushaltungsschule, wie die Hauswirtschafts-
schulen der Saargruben-AG., oder in einem Anstalts-
haushalt abgeleistet werden. Andere Möglichkeiten für
hauswirtschaftliche Schulung, die ja für jede soziale
Berufsausbildung nachgewiesen werden muß, sind das
hauswirtschaftliche Jahr in einem Stadt- oder Land-
haushalt, bezahlte hauswirtschaftliche Arbeit in kinder-
reichen Familien oder auf dem Lande oder bezahlte land-
wirtschaftliche Arbeit in einer Landdienstgruppe des
BDM. Es kann aber auch eine anerkannte Haushaltungs-
oder Landfrauenschule besucht werden. Ferner besteht für
Bewerberinnen für den Schwesternberuf die Möglichkeit,
in den der NSV unterstellten Heimen und Anstalten als
Hausgehilfin eingesetzt zu werden. Außerdem muß vor
Beginn der Schwesternausbildung der Arbeitsdienst ab-
geleistet werden.
Die Möglichkeiten für eine gute Vorbereitung sind so
zahlreich, daß jedes Mädel sich das heraussuchen kann,
was ihm in seiner allgemeinen Vorbildung noch fehlt.
Das ist etwa so zu verstehen: ein Jahr in einem fremden
Haushalt, wo das Mädel andere Verhältnisse kennen-
lernt und sich in engstem Umgang mit Fremden bewähren
muß, ist in jedem Fall zu raten. Bringt das Mädel von
Hause aus schon gute hauswirtschaftliche Kenntnisse mit,
hat aber wenig Ahnung von der Landwirtschaft, dann
würde anschließend eine Tätigkeit in einem ländlichen
Haushalt zu empfehlen sein und zur weiteren Vervoll-
kommnung der Erfahrungen noch die Arbeit in einer
Schule oder in einem Heim. Dieses Beispiel soll zei-
gen, daß das Mädel nicht etwa für die ganze Zeit in
eine beliebige hauswirtschaftliche Arbeit gesteckt werden
soll. Je nach den Kenntnissen und Fähigkeiten, die dem
Mädel noch fehlen, müssen im Einzelfall die Möglich-
keiten in bester Weise ausgenutzt werden. Dann sind die
Jahre zwischen Schule und Beruf in keinem Fall ver-
lorene Jahre.
Zum Abschluß soll hier noch auf einen Berufsweg
hingewiesen werden, der schon dem vierzehnjährigen
schulentlassenen Mädel ohne weitere Vorbereitung offen-
steht. Das ist die Ausbildung zur Kinderpflegerin, die
-eineinhalb Jahre dauert, bei erfolgreichem Besuch einer
Haushaltungsschule nur ein Jahr. Die geprüfte Kinder-
pflegerin kann in allen Einrichtungen der NSV, in un-
seren Kindergärten, Erntekindergärten usw. als Helferin
tätig sein. Außerdem überläßt man ihr auch innerhalb
der Familie gern die Betreuung der Kinder, und nach
einigen Jahren praktischer Erfahrung kann die Kinder-
pflegerin auch die Leitung kleinerer Kinderbetreuungs-
stätten übernehmen.
Gleichzeitig ist die Ausbildung zur Kinderpflegerin eine
gute Vorstufe und praktische Bewährung für die höheren
Berufe als Kindergärtnerin oder später auch als Jugend-
leiterin. Wer die Fähigkeiten dazu in sich fühlt, kann
nach mindestens zweijähriger praktischer Tätigkeit als
Kinderpflegerin und Ableistung des Arbeitsdienstes an
einem Nachschulungslehrgang zur Ausbildung als Kinder-
gärtnerin und später als Jugendleiterin teilnehmen. Da-
mit steht jetzt auch Mädeln mit Volksschulbildung, die
für die soziale Arbeit begabt sind, der Weg zu verant-
wortungsvoller Arbeit in der Jugenderziehung offen.
92
Saarbrücken - öas Schicksal einer öeuischen Staöt
Non Kriegsberichter Freiherr v. Wangenheim
Wenn man Frankreich gesehen und immer
wieder erlebt hat, wie alle Städte des Landes
weit, weit hinter Paris, seinem Glanz, seiner
Macht, seinem Reichtum zurückbleiben, so emp-
findet man es dankbar als ein besonderes Glück
für unser Vaterland, daß Berlin als Reichs-
hauptstadt nicht alle anderen Städte dazu ver-
dammt, Provinz zu sein. Es gibt ja so viele
Städte im Reich, denen man mit Recht das
Attribut „Hauptstadt" zugestehen kann, sie leben,
sie bestehen und sie können sich neben und trotz
Berlin nach eigener Art entwickeln, sie sollen es
sogar. Da ist Wien, das ja eigentlich schon mehr
Weltstadt als Hauptstadt ist, da ist Hamburg,
Leipzig, München und da sind Städte wie
Düsieldorf, Köln, Dresden, Danzig, Städte
eigener Kultur, eigener Kraft, eigenen Wachs-
tums. Sie und noch manch andere sind —- es
gibt kein anderes Wort — Metropolen, Metro-
polen ihres geopolitisch, historisch, kulturell und
wirtschaftlich bedingten Kräftefeldes. Am leb-
haftesten empfindet man den Begriff „Metro-
polis" vielleicht in Königsberg, der Hauptstadt
des allzulang getrennt gewesenen Ostpreußens
dort, wo man von einer Reise „ins Reich"
sprach, wenn man den Korridor zu passieren ge-
dachte, ganz und gar eine Stadt, mit einem
spezifisch eigenem Fluidum, ein seiner selbst sich
höchst bewußter Mittelpunkt. In diese stattliche
Reihe vielfältigen Angesichts ist nun heute
Saarbrücken getreten, Saarbrücken, das
auferstanden ist wie ein Phönix aus der Asche,
in wenigen Jahren vom Sitz der Regierungs-
kommission des Völkerbundes zur Gauhauptstadt
der deutschen Westmark emporgestiegen!
Viele Brücken spannen sich über die muntere
Saar, dort, wo sie zum letztenmal ein Stückchen
nach Osten ausholt, um sich dann eilends der
größeren Schwester, der Mosel, zuzuwenden, die
ihre Wasser zum Vater Rhein bringt. Brücken
wachsen nicht von ungefähr, zu all diesen Brücken
führen Straßen, Straßen, die von alters her
einen guten Teil des Verkehrs in dieser beweg-
ten Westecke des deutschen Raumes vermitteln.
*
-
Unaufhaltsam marschiert der deutsche Infanterist nach Osten und schlägt jeden Feind Groß-
»deutschlands, wo er ihn trifft. Einzelne Einheiten legten in 4Vs Tagen kämpfend 300 km zurück.
Foto: Weltbild. PK-Sohe
93
Von Metz heran führt über St. Avold und
Forbach die große Lothringer Heerstraße. Wie-
viel Millionen Soldatcnstiefel mögen wohl im
Lauf der Jahrhunderte ihren Staub zermahlen
haben! Doch das gilt nicht minder von den an-
deren Straßen dieser geschichteschweren Land-
schaft, jener, die durch das Sulzbachtal führt
und weiter nach Norden, jener, die über Kai-
serslautern ins Herz der Pfalz dringt, um in
Mainz zu enden, einer vierten, die über Zwei-
brücken Pirmasens erreicht und schließlich auch
von der großen Talstraße, die vom Süden kommt
und die Saar bis Trier begleitet. Knotenpunkt,
nicht nur Kreuzung für all diese Wege, ist
Saarbrücken, dem bisher die nahe Grenze eine
bei dieser Lage allzu gefährliche Bedeutung gab.
Ein Blick zurück! Just hat sich zum 125.
Male der Tag gejährt, an dem Saarbrücken
nach 23 Jahren willkürlich verhängter Fremd-
herrschaft preußisch wurde, vor allem — wieder
deutsch. Ja, wieder deutsch zu werden erschien
den Saarländern das wesentliche, denn in dem
Schwur der Saarstädte vom 11. Juli 1815
kommt nicht ein einziges Mal das Wort
„preußisch" vor, noch wird auf die frühere
nassauische Herrschaft Bezug genommen, wohl
aber „haben sich sämtliche Einwohner dieser
Städte feyerlichst verbunden, auf jedem recht-
lichen Wege ihre Trennung von Frankreich und
ihre Wiedervereinigung mit Deutschland nach-
zusuchen ..." Das war während des Pariser
Kongresses und zum 1. Dezember 1815 war es
denn soweit.
Vielleicht waren es jene 23 Jahre Franzosen-
herrschaft, von denen Clemenceau das Recht her-
leiten wollte, von „100 000 Saarfranzosen" zu
sprechen. Nun, daß auch damals schon die
Männer von der Saar nicht nur recht gute, son-
dern auch höchst bewußte und aktive Deutsche
waren, haben sie bewiesen, als sie sich zusammen-
taten, und die französische Verwaltung hinaus-
drängten, das bewies — wenn es dieses über-
haupt noch bedurfte — endgültig der Abstim-
mungskampf im Jahre 1935, und diesen ihren
historischen Beweisen haben die Saarländer im
Kriege von 1939 und 1940 wohl die Krone auf-
gesetzt.
In welchen Spannungen hat doch diese Stadt
in den letzten drei Jahrzehnten gelebt! Im
Weltkrieg oft genug Fliegerbombardements,
darauf französische Besetzung — Terror und
Tyrannei anfänglich, dann Schikane, wirtschaft-
licher Zwang — der Abstimmungskampf, endend
in Jubel und Seligkeit, und nun ein, zwei Jahre
Eingliederung in das erstarkte Deutschland,
maßlos erschwert durch die notwendig gewordene
völlige wirtschaftliche Umstellung — dann wurde
der Westwall gebaut. Die Saarbrücker sahen
ihn erstehen, in windender Eile wuchs er auf,
aber — ostwärts! Die Stadt blieb offen vor
dem Feinde liegen. In dieser Situation über-
standen sie die Septemberkrise, Danach aber
sprach der Führer selbst in Saarbrücken das er-
lösende Wort: Saarbrücken wird in den West-
wall einbezogen.
Neue Arbeit, neues Schaffen, Saarbrücken
wird zum Heerlager für Pioniere, Arbctt^dienst-
abteilungen, die Organisation Todt. Indessen,
kaum hat es aufgeatmet, da ist der Krieg wirk-
lich da. Im Bereich der feindlichen Kanonen
liegend muß die Stadt evakuiert werden. Stolz
nehmen die Saarbrücker es auf sich. Sie finden
in Kurheffen und Thüringen Aufnahme, einen
bitter harten Winter lang müssen sie in der
Fremde durchhalten. Endlich kommt das Früh-
jahr des deutschen Triumphes, ihnen klingen die
Siegesglocken am hellsten, sie wissen, „die Ma-
ginotlinie durchbrochen" heißt Heimkehr.
Im August schlägt für die meisten die glück-
liche Stunde. Sie können packen, sie können
fahren! Frohlockend treten sie die Heimreise an.
Aber wie schaut Saarbrücken aus. Durch den
Feind zwar hat es kaum gelitten, jedoch in den
Straßen steht das Unkraut zwischen den Pflaster-
steinen fußhoch. Der infernalische Frost des Re-
kordwinters hat die Wasserleitungs- und Gas-
rohre gesprengt, da ist kein Haus, in dem nicht
irgend eine Reparatur fällig ist. Und es geht
an die Arbeit! Tausende von Händen regen sich,
Material wird trotz Krieg herbeigeführt, in
wenigen Wochen gewaltiger Anstrengungen ist
es geschafft und siehe da, nachdem es überstan-
den, war alles nicht so schlimm gewesen.
Und heute? Heute spricht kein Mensch mehr
von all den Nöten, heute pulst in Saarbrücken
das Leben mehr denn je. Als ob es keinen Krieg
und keine Evakuierung, keine Räumung der
Warenlager und keinen Frostwinter gegeben hätte.
Wer wie wir im Juli 1940 diese Stadt sah und
durch die einsamen Straßen fuhr, wo alles Leben
erstarrt schien, deren Schweigen umso unwirk-
licher, grausamer wirkte, als im Gegensatz zu
den verlassenen, aber vom Kriege doch hart mit-
genommenen Städten, die wir in Frankreich
sahen, völlige Ordnung herrschte, der vermag
kaum zu begreifen, daß das Saarbrücken von
heute dieselbe Stadt ist. — Auf der Adolf-
Hitler-Straße und den anderen großen Ge-
schäftsstraßen herrscht ein Leben und Treiben,
das vor dem der Friedrichstraße in Berlin den
Vergleich nicht zu scheuen brauchte. Die Lokale
94
Schwere Flak-Artillerie beim Übergang über einen Fluß. Foto: PK.-Kunstmann-Weitbild
sind gefüllt, ja überfüllt — und wie viele und
wie schöne dazu gibt es — prachtvolle Auslagen
in den Geschäften, ein toller Verkehr und Kinos
und Theater und was man will! Und all dies
wird getragen von einem unvergleichlichen
Schwung, von Unternehmungsgeist, von unver-
wüstlicher Arbeitsfreude.
Drängt nun schon an sich alles zum Ausbau,
zu Erweiterung, so ist diese Tendenz Parole des
Tages geworden, seit Saarbrücken zur Gau-
hauptstadt der Westmark wurde. Jetzt liegt es
nicht mehr am gefährdeten Rande, den die Ver-
sailler Grenze gezogen, jetzt ist es in die geo-
politische Schwerpunktlage geraten, die ihm zu-
kommt. Pfalz, Saarland und Lothringen bilden
nun ein einheitliches Ganzes, die deutsche West-
mark. Genau in der Mitte liegt Saarbrücken.
Wie sehr diese Gebiete wirtschaftlich aufeinan-
der angewiesen, ja, wie fein ihre Zusammen-
gehörigkeit durch die Natur aufeinander abge-
stimmt ist, das haben die Jahre der Not, in der
die willkürlichen Grenzen unübersteigbare
Schranken zogen, bewiesen. Und nach der Ab-
stimmung fiel vor Lothringen ein eiserner Vor-
hang, mit umgekehrter Front mußte die Wirt-
schaft völlig neu ausgerichtet werden, während in
Lothringen der Bergbau wie die Landwirtschaft
in Absatznot geriet.
Die Pfalz bietet in ihrer Landwirtschaft die
Grundlage, mit dem Rhein und seiner Industrie
die Verbindung zum Reich, ja, zum Meer, das
Saarland liefert Kohle, Lothringen das Erz.
Mit diesem Dreiklang sind die Voraussetzungen
für den Aufbau eines gesunden, ausgewogenen
Wirtschaftsgefüges gegeben, einer Industrie, die
bald fähig sein wird, der großen Schwester Ruhr
an die Seite zu treten. Rhein, Saar und Mosel,
das ist der gewaltige Akkord dieses Planens und
Werdens, der durch den Bau des alle drei Flüsse
verbindenden Kanals in nicht allzu ferner Zeit
seinen erdhaft nüchternen Niederschlag finden
wird.
Die Gauhauptstadt Saarbrücken aber wird
fähig sein, in dieser zukunftsprächtigen, mäch-
tigen Gestaltung den Mittelpunkt zu bilden,
Herz, Hirn und Nervenzentrum zu sein.
.Aus dem Charakter wird die Tat geboren.
Darré.
95
IWichsgau Westmark /
Als am 13. Januar 1935 das Saarvolk sich
geschloffen zum Deutschtum bekannte, war die
erste große außenpolitische Schlacht des neuen
deutschen Reiches gewonnen worden. Nun war
der Weg frei zur Verständigung mit Frankreich,
von dem in den letzten Jahrhunderten schon so-
viel Unheil über Deuschland gekommen war.
Und um den Frieden künftig zu sichern und eine
Entwicklung zu Wohlstand und Wohlfahrt der
beiden großen Völker Europas einzuleiten, ver-
zichtete der Führer auf jeden weiteren von Frank-
reich einverleibten deutschen Boden. Der West-
wall wurde gebaut, der unserer Grenze den not-
wendigen Schutz gab, aber Frankreich zugleich
bedeutete, daß es nun endgültig vorbei sei mit
seiner jahrhundertelangen Expansionspolitik
nach Osten.
Die verantwortlichen Männer Frankreichs
und Englands verstanden nicht dieses Zeichen
wahrhaft deutschen Großmutes. Sie heuchelten
zwar Verständigung, insgeheim aber rüsteten sie
fieberhaft zu einem neuen Krieg. An jenem denk-
würdigen 9. Oktober 1938 erhob der Führer an-
gesichts der französischen Grenze von Saarbrücken
aus mahnend und warnend seine Stimme. Sie
aber lehnten die Verständigung ab, weil sie das
stark gewordene Deutschland haßten wie sie das
am Boden liegende gehaßt hatten und zogen den
Krieg dem Frieden vor.
Ein Jahr später war es dann so weit, Eng-
land und Frankreich Huben den Kampf gegen
uns an, „weil ihre Demokratien durch den
„Nazismus" in Gefahr geraten seien". Eine
verlogene Welt, denn sie wollten nicht mehr
und nicht weniger, als das wiedererstarkte
Deutschland mit Stumpf und Stiel auszurotten.
2m Bewußtsein unserer gerechten Sache folgten
wir dem Rufe des Führers, um mit ihm zu
marschieren, mit ihm für Deutschland zu streiten
und zu siegen.
Besonders wir hier an der Westgrenze des
Reiches fühlten die schicksalhafte Bedeutung des
Kampfes, weil unsere Heimat in den letzten Jahr-
hunderten schon so viele Kriege gesehen hatte,
weil unsere Gegner von heute die von gestern
waren, die gleichen, die zuletzt 15 Jahre lang
die Knute über unseren Häuptern geschwungen
hatten. Wir wußten, daß dieser Krieg eine
ganze Entscheidung forderte, eine Entscheidung
auf Jahrhunderte, wenn nicht Europa durch
diese ewigen Auseinandersetzungen seiner größten
Völker untergehen sollte. Und so nahmen wir
im besonderen Maße die Opfer auf uns, die der
Krieg von uns forderte.
Das war das Ergebnis des ersten Kriegs-
jahres: Frankreich wurde vernichtend geschlagen,
Belgien und Holland erging es nicht bester,
Norwegen fiel ebenfalls. Deutschland hatte in
diesem einen Jahr Krieg gezeigt, daß es, einst
das Herz der großen europäischen Völkerfamilie,
stark genug geworden war, wieder seine alte
Führungsaufgabe zu übernehmen.
Damit war bereits die Entscheidung in die-
sem Krieg gefallen, das Abendland war vor dem
Verfall gerettet, die Fortwirkung des nordisch-
germanischen Blutes war gesichert. Um das
zu verstehen, muß man einen Blick über beet
Jahrhunderte rückwärts werfen. Die europäische
Völkerfamilie lebte unter der Führung des
ersten deutschen Reiches als eine glückliche Ein-
heit, die die ganze Erde befruchtete. Dann ver-
fiel aber Deutschland, weil es sich durch seine
unseligen Bruderkämpfe aufzehrte und weil es
durch seine lange Führungsaufgabe ermattet
war. Der Riß in der europäischen Einheit ent-
stand, als England und die übrigen westlichen
Völker des Kontinents aus der europäischen
Einheit ausbrachen, um ihre Weltreiche zu be-
gründen. Kolonien entstanden, Völker wurden
ihnen untertan, ungeheure Schätze wurden ge-
sammelt. Der Preis dafür war sehr hoch, denn
Europa, das Abendland mit seiner Kultur, seinen
Führungsqualitäten und seinen völkischen Kraft-
quellen wurde dagegen ausgewogen.
Aus dem Riß wurde der Bruch. Denn Eng-
land, das auf kolonialem Boden Sieger über
die anderen aus Europa herausgewachsenen
Mächte wurde, setzte alles daran, seine Welt-
macht nicht nur zu erhalten, sondern noch zu
verstärken. Die europäischen Völker allein konn-
ten ihm nach seiner Auffassung gefährlich werden
und so schuf seine Politik ständige Zündungs-
herde an den Grenzen der europäischen Staaten,
die Krieg und damit Schwächung der Völker
bedeuteten.
Frankreich war es, das England Deutschland
gegenüber diesen Dienst leistete. Immer wieder
brach es aus seinem Ostraum gegen die deutsche
Westgrenze vor, immer wieder versuchte es, uns
unsere wertvollsten Westgebiete zu entreißen und
sich Schlüffelstellungen nach dem Osten, nach
Deutschland zu schaffen. Das soll Ausdruck der
96
Erbfeindschaft zwischen Frankreich und Deutsch-
land gewesen sein, die es in Wirklichkeit nie ge-
geben hat.
Das Jahr 1933 brachte den Umschwung und
damit die endgültige Ausschaltung dieser alten
englisch-französischen Europapolitik. Die deutsche
Einigung und der Aufbruch der Nation unter sei-
nem Führergenius stellte es wieder vor seine Auf-
gabe, Herz und Haupt der europäischen Völker
zu sein. Mit der Anmeldung dieses Anspruches
Oberleutnant Alünebebers,
der 12. Eichenlaubträger. Foto: Presse-Hoffmann
zeigte der Führer zugleich den Weg, wie das
friedlich und ohne ernstliche Schädigung der alten
Weltmachtstaaten geschehen konnte. Enaland
jedoch, mehr denn je von der Macht- und Geld-
gier befallen, erkannte nicht diesen Fingerzeig
des Schicksals. Es wählte anstatt die Verstän-
digung den Kampf mit dem Großdeutschen Reich
und damit seinen Niedergang.
Das lehrte vor allem das zweite Kriegsjahr.
Seine von ihm auf dem Balkan gegen Deutsch-
land in Bewegung gesetzten Hilfsvölker wurden
noch schneller und nachdrücklicher in die Knie
gezwungen. So blieb ihm im europäischen
Raume nur noch das Bündnis mit dem Bolsche-
wismus. Zur Zeit, da diese Zeilen geschrieben
werden, ist die Stalinlinie durchbrochen und da-
mit der russische Koloß so gut wie zerschmettert.
Nun weiß England, daß cs Wahnsinn gewesen
ist, das Schicksal gegen sich herauszufordern.
Warum wir das sagen? Nun, die im jetzigen
Reichsgau Westmark zusammengeschlossenen
Gebiete, die Pfalz, die Saar und Lothringen,
haben im ersten großen deutschen Reich und
auch in dem seinem Verfall folgenden Kämpfen
eine entscheidende Rolle gespielt. Sie waren im
wahrsten Sinne des Wortes das deutsche Boll-
werk im Westen. An ihm scheiterte, solange das
erste deutsche Reich einig und in sich geschlossen
war, jeder Einfallsversuch. Aber selbst in der
Zeit nach dem Niedergang waren sie immer noch
stark genug, den Gegner in den entscheidenden
Stunden abzuwehren. Freilich, es ist viel Blut
darum geflossen, die Gebiete wurden oft ver-
wüstet und die Menschen der deutschen West-
mark haben mehr als alle anderen Deutschen
Opfer und Not auf sich nehmen müsien. So
oft Frankreich es auch gelang, nach dem Osten
vorzudringen, es ist ihm nie gelungen, ernstlich
Besitz von unseren Gebieten zu nehmen.
Daß diese Haltung entscheidend für das Ge-
füge des Reiches gewesen ist, wisien wir alle,
denn wenn es Frankreich gelungen wäre, die
Nahtstelle des Reiches, die Rhein-Main-Linie
in seinen Besitz zu bringen, hätte England für
alle Zeiten über uns gesiegt. Europa, das Abend-
land, wäre damit vernichtend geschlagen worden
und die Fortwirkung des nordisch-germanischen
Blutes in der Welt hätte aufhören müsien.
Einen kleinen Vorgeschmack hiervon zeigte uns
die französische Politik im deutschen Lothringen
von 1919 bis 1940. Das was dort im Zeichen
der „friedlichen Durchdringung" geschah, war
eine Kulturschande schlimmster Art. Wie sehr
sich Frankreich auch mühte, die dortige deutsche
Bevölkerung mit fremdvölkischem Geröll zu über-
ziehen, es ist ihm nie gelungen, gänzlich das
deutsche Element auszuschalten.
Der Durchbruch durch die Maginotlinie im
Juni 1940 zerbrach endgültig den französischen
Traum, in den östlich seiner Grenzen gelegenen
Raum vorzudringen, um sich dort dauernd fest-
zusetzen. Der gigantische Wall aus Beton und
Stahl war nicht hart genug, um dem unge-
stümen Drang der um Recht und Ehre kämp-
fenden deutschen Einheit standzuhalten. Und so
wurde Lothringen, das uns in Versailles erneut
geraubt worden war, wieder deutsches Land.
Das Grcnzvolk hüben und drüben hat nach
dem deutschen Sieg aufgeatmet. Dank der
genialen deutschen Heerführung war Lothringen
ohne größere Verwüstungen wiedererrungen
7
9?
worden. Und so dauerte es auch gar nicht lange
bis diejenigen, die zu Anfang des Krieges fort-
mußten, in die geliebte Heimat zurückkehren
konnten, bis das normale Leben wieder in Fluß
kam.
Der Statthalter des Führers in der Saarpfalz,
Josef Bürckel, ergriff unverzüglich die zivilen
Maßnahmen, die notwendig waren, um das
Gebiet in kürzester Frist wieder einer friedlichen
.Ordnung zuzuführen. Zugleich aber schuf er
"das, was wir alle, die wir in diesem Grenzlande
leben, schon immer ersehnt haben: die politische
Einheit der Saar, der Pfalz und Lothringen.
Es ist dies mitten im Kriege eine Tat von größ-
ter politischer Bedeutung gewesen. Und deshalb
wird der 1. Dezember 1940, der Geburtstag
des Reichsgaues Westmark, in unserem völ-
kischen Leben immer einer der schönsten Tage sein.
Saar, Pfalz und Lothringen, vom Schicksal
zu einer Einheit gefügt, politisch und wirtschaft-
lich unlöslich verbunden, durch Unvernunft,
Haß und Kriege immer wieder getrennt und in
Notzeiten geführt, gehören nun zusammen. Und
sie werden es immer bleiben, solange das Reich
stark sein und wir uns auf unsere Aufgabe be-
sinnen werden. Einst waren wir westliches Boll-
werk des ersten deutschen Reiches, Hüterin und
Wahrerin deutscher Art und deutschen Reich-
tumes. Dann wurden wir zum Prellblock der
machtpolitischen Interesten der sogenannten west,
lichen Demokratien. Aber wie einst das erste
deutsche Reich seine Grenze durch unsere Väter
wohlbehütct wußte und wie in den folgenden
Kämpfen die Menschen unseres Gaues immer
wieder Zeugnis ihrer deutschen Kraft gaben, so
wird sich auch das dritte deutsche Reich unge-
hemmt entfalten können, wenn wir hier im
Westen Wache halten.
Freilich gilt es noch manche Aufgabe zu lösen,
muß noch vieles getan werden, bis der letzte
Mann in unserem Gau sich der großen, schick-
salhaften Bedeutung der Westmark bewußt wird.
Niemand aber als England selbst hat mehr dazu
beigetragen, diese Erkenntnis klar werden zu
lasten und das große Sammlungswerk Reichs-
gau Westmark zu rechtfertigen. Wie England
immer seine Hilfsvölker verriet und im Stiche
ließ, wenn sie ihm nicht mehr dienstbar sein konn-
ten, so hat es auch Frankreich verraten, als es
zusammengebrochen war. Und Frankreich mußte
an der Haltung seines Besiegers erkennen, daß
ihm nicht der „Erbfeind" gegenüberstand, son-
Von der griechischen Front.
Beschießung eines Kastells, in dem sich der Gegner festgesetzt hat. Foto: PK-Baier-Presse-Hpffmann
98
dem die um eine neue, gerechtere Ordnung in
Europa ringende Großmacht. So wurde Frank-
reich, das im Verlauf der letzten Jahrhunderte
durch seine Steigbügelpolitik England so unend-
lich viel gedient und genützt hatte, von uns nicht
mit Füßen getreten, sondern der Weg gewiesen
zur Teilnahme am Neubau des Kontinents.
Das aber ist letztlich der Sinn des Reichs-
gaues Westmark: Er sell Bollwerk des Reiches
sein, zugleich aber Brücke zum westlichen Nach-
bar, zu Frankreich. Men wird er nützen, nie-
mand kann er schaden, wenn an seiner Grenze
die Zündungsstoffe weggeräumt sind, die Eng-
land um seiner machtpolitischen Interessen mit
Hilfe Frankreichs immer wieder dort anzuhäufen
verstand. Wir aber, die Menschen des Reichs-
gaues, muffen uns stets unserer Aufgabe bewußt
sein, ein wachsames Auge haben und um des
Friedens willen immer die Waffen des Geistes
und der Faust bereit halten.
Stadtarchiv Beuthen O/S
Eines Volkes Kraft erlahmt nicht, wenn seine Bergleute und
Bauern ihre Pflicht tun.
7'
99
Zreinmchungs- unö kricgsfchäöen im Landkreis Saarbrücken
Von Landrat Dr. Kurth
Als das Freimachungsgebiet im Westen, zu dem auch
der halbe Landkreis Saarbrücken gehört, am 3. Sep-
tember 1939 den Befehl zur Räumung erhielt, mußten
die Rückgeführten angrsichls der unmittelbaren Grcnz-
lage und der Nähe der Maginotlinie mehr oder weniger
mit dem Gesamtverlust ihrer zurückgelassenen Habe
rechnen. Wenn diese Besorgnis infolge der defensiven
Grundhaltung der französischen Führung und Armee sich
auch nicht voll verwirklicht hat, so sind doch Schäden
und Verluste an beweglichem und unbeweglichem Gut
in einem Ausmaß eingetreten, daß der Führer sich ver-
anlaßt sah, nach Beendung des Westfeldzuges Weisung
zur alsbaldigen und großzügigen Beseitigung der Frei-
machungs- und Kriegsschäden zu geben.
Die gesetzliche Grundlage zur Feststellung dieser Schä-
den bildet die Kriegssachschädenvcrordnung vom 30. No-
vember 1940. Sie regelt in erster Linie die Feststellung
und Entschädigung der Schäden, die seit dem 26. Au-
gust 1939 an beweglichen und unbeweglichen Sachen
durch Beschädigung, Zerstörung oder sonstigen Verlust
infolge eines Angriffs auf das Reichsgebiet oder durch
Räumung, Freimachung oder Wcgschaffung der Habe
der Bevölkerung entstanden sind. Bei der Fülle der zu
erwartenden Sachschädcnsanträge — es wird mit rund
45 000 Anträgen im Landkreis Saarbrücken gerechnet —
konnten die Geschädigten natürlich nicht regelmäßig auf
das notwendigerweise zeitraubende Feststellungsver-
fahren (Entschädigung in Geld) verwiesen werden, son-
dern es mußte möglichst sofort, und zwar über den Weg
der Ersatzleistung in Natur geholfen werden. Jnfolge-
deffcn wurden auf Anregung der Partei für die notwen-
digsten Hausrats- und Bedarfsgegenstände Gutscheine
eingeführt, die nach Bestätigung des Bedarfs durch die
örtliche Parteileitung von den Bürgermeistern ausge-
stellt, von den Gewerbetreibenden bedient und später von
den Kreisverwaltungen aus Mitteln des Reiches hono-
riert wurden. So sind über die Gutscheinaktion, die seit
dem 30. April 1941 abgeschlosien ist, in unserem Kreis
für rund 8,6 Millionen RM. Bedarfsgegenstände den
freigemacht gewesenen Haushaltungen zugeführt worden.
Auch die Beseitigung der durch Beschuß, den harten
Winter sowie die mangelnde Pflege und Unterhaltung
hervorgerufenen Schäden an und in den Gebäuden im
Räumungsgebiet, wurde aus Zwcckmäßigkeitsgründen
zunächst nicht über die Einzclfeststcllung nach der Kriegs-
sachschädenverordnung sondern über die sogenannte In-
standsetzungsaktion durchaeführt, die ebenso wie die Gut-
scheinaktion als eine Maßnahme der Ersatzleistung in
Natur anzusprechen ist. Zu diesem Zweck wurden die
Baufach- und -Hilfsarbeiter aus dem Freimachungs-
gebiet als erste vor dem Gros der übrigen Rückgeführten
zurückgerufen. Da diese einheimischen Arbeitskräfte und
die aus den rücklicgendcn Teilen des Gaues eingesetzten
Handwerker zur Bewältigung des ungeheueren Arbeits-
anfalles nicht ausreichten, wurden weitere Fach- und
Hilfsarbeiter des Bau- und Baunebengewerbes aus
allen Teilen des Großdeutschen Reiches, zumeist zu
Arbeitsgemeinschaften zusammengefaßt, im Freimachungs-
gcbict eingesetzt.
Sowohl der Kräfteeinsatz wie auch die Material-
beschaffung erfolgt unter zentraler Lenkung durch das
Wiederaufbauamt des Reichsstatthaltcrs. Für den Be-
reich des Kreises liegen die Jnstandsetzungs- und
Wicderaufbaumaßnahmcn in der Hand der Wieder-
aufbauabtcilung des Landrats.
Während normalerweise Wohnungen erst dann in
Gebrauch genommen werden, wenn sie fertiggestellt sind,
standen hier die verantwortlichen Stellen vor der Auf-
gabe, die von den Heimkehrern in Benutzung genom-
menen und zum Teil nur noch notdürftiges Obdach bie-
tenden Wohnungen möglichst schlagartig in Stand zu
setzen. Da die Zahl der wiederherzustellenden Woh-
nungen in die Tausende geht, war der äußerste Kräfte-
einsatz aller an der Lösung dieser Aufgabe Beteiligten
von Nöten. Bis zum I.Iuni ds. Is. konnten trotz der
bekannten Schwierigkeiten auf dem Gebiet des Arbeits-
einsatzes und der Materialbeschaffung im Kreis
23 409 Wohnungen
wiederhergestellt und bewohnbar gemacht werden. Außer-
dem haben die Saarpfälzischc Heimstätte in den von ihr
erstellten Siedlungen 695 Wohnungen unddieSaar-
gruben-A.G. in grubeneigenen Häusern
670 Wohnungen in eigener Regie in
Stand gesetzt. Zur Bewältigung dieser Arbeiten
wurden 682 Firmen eingesetzt, die mit ihren Fach- und
Hilfskräften bis zum 1. Juni ds. Is.
1 461 520 Tagewerke
geleistet haben. Die ausgeführten Arbeiten erforderten
bis zum vorgenannten Zeitpunkt einen Sachkostcnauf-
wand von
26 741 262 RM.
Wie riesenhaft das Ausmaß der angefallenen Ar-
beiten war, möge man aus den im folgenden beispielhaft
angeführten Vergleichszahlcn ersehen;
Die für die instandgesetzten Heizungen notwen-
digen Eiscnmcngen füllen 93 Güterwagen —
2 Gütcrzüge;
die Länge der für die Wiederherstellung elek-
trischer Installationen verbrauchten Rohre —
400 km kommt der Strecke von Saarbrücken
bis Hannover gleich,
wogegen die verwendeten Tapetenrollen — 2670
km einen Streifen von Saarbrücken bis
Alerandria oder von Saarbrücken bis zur Süd-
wcstccke von Grönland bedecken würden.
Trotz der vorangeführtcn Leistungen und Lieferungen,
die sich auf den Zeitraum von 10 Monaten verteilen,
sind noch nicht alle Wohnungen in den freigemacht ge-
wesenen Gemeinden unseres Kreises völlig wiederher-
gestellt. Gleichwohl gestatteten die Entwicklung der
Arbeitsmarktlage und die notwendige Konzentrierung der
100
verbleibenden Arbeitskräfte in der eigentlichen Kampf-
zone es nicht, die bisherige behördliche Jnstandsetzungs-
aktion über den 1. Juli 1941 hinaus in den nicht zum
Neuordnungsgebiet gehörigen Gemeinden fortzusetzen.
Infolgedessen mußten die Geschädigten aus diesen Ge-
meinden für den noch nicht ausgeführten Teil der In-
standsetzungsarbeiten Antrag auf Entschädigung in Geld
nach der Kriegssachschädenverordnung über die Bürger-
meisterämter stellen. Die Antragsteller erhielten Teil-
bescheide bzw. Vorauszahlungen, die es ihnen gestatteten,
mit Hilfe der ortsansässigen Handwcrkskräfte oder aber
auf dem Wege der Selbsthilfe die vordringlichsten Schä-
den zu beseitigen, während die endgültige Bereinigung
erst bei späterer Lockerung des Arbcitsmarktes erfolgen
kann. Es soll nicht bestritten werden, daß dieser Stopp
und Verfahrenswcchscl für die Betroffenen Härten und
Schwierigkeiten, vor allem gegenüber den bereits ganz
befriedigten Volksgenossen mit sich brachte. Wir wollen
aber hierbei berücksichtigen, daß wir in entscheidenden
Monaten des Krieges standen, in denen die Front und
die Kriegswirtschaft den Vorrang vor allen anderen
Bedarfsträgern haben und daher auf Arbeitskräfte
zurückgreifen mußte, die uns zwangsläufig bei der In-
standsetzung und dem Wiederaufbau fehlten.
Was die Sachschädensanträge überhaupt, insbeson-
dere für beschädigte, zerstörte oder verlorengegangene,
bewegliche Sachen anbetrifft, so wurden bzw. werden
diese von den bei den Stadt- und Landkreisen einge-
richteten Feststellungsbchördcn (bei Anträgen über
109 000 RM. von der Fcststellungsbehörde des Reichs-
statthalters) bearbeitet und entschieden, nachdem sie von
der Ortsgruppe der NSDAP und dem Bürgermeister
begutachtet sind. Ich sagte bereits eingangs, daß mit
einer Gesamtzahl von 45 000 Sachschädcnsanträgen in
unserem Landkreis zu rechnen ist. Bis zum 1. Juni 1941
lagen bereits 30 101 Einzelanträge vor; hiervon wurden
durch Vereinbarung oder Fcstsicllungsbeschcid
5 678 Anträge
mit einem Gesamtbetrag von 7,1 Millionen RM. er-
ledigt. Bis zum gleichen Zeitpunkt sind Vorschüsse in
Höhe von
5,95 Millionen RM.
gewährt worden; an diesen Vorauszahlungen ist die
Landwirtschaft besonders stark beteiligt, da sie zur Wieder-
aufnahme der Betriebe stärkere Mittel für die Be-
schaffung von Saatgut, Dünger- und Futtermitteln,
Maschinen und Viehersatz benötigte. Im übrigen ist aus
diesen Zahlen zu ersehen, daß beim besten Willen und
hingehendstem Einsatz der Bediensteten der Feststellungs-
behörden die Schadensregulicrung 2 bis 3 Jahre er-
fordern wird. Bei besonders schwierigen sozialen oder
wirtschaftlichen Verhältnissen läßt sich die bevorzugte
Behandlung des einen oder anderen Antrages recht-
fertigen; im allgemeinen aber muffen die Anträge in der
Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet werden. 2m
übrigen wird durch die weitgehend beanspruchte Vor-
schußgewährung sichergestellt, daß die zur Beseitigung der
Schäden erforderlichen Leistungen und Lieferungen im
Rahmen des volkswirtschaftlich Notwendigen und des
bei der heutigen Produktionslage überhaupt Möglichen
alsbald finanziert werden.
Der Förderturm
Über dem Abgrund der Nacht
steht der stählerne Turm.
Er läßt die Knappen hinab
in den steinernen Sturm.
Er hockt im Gerüst so starr
im Morgen- und Abendrot;
er seilt die Schätze empor
aus schwarzen Gefahren und Tod.
Und auf ihm ruht das Symbol
der Kameradschaft im Stein;
erzählt mit singendem Surrn
vom ringenden Bergmannssein.
Paul Habraschka.
101
des nach Abzug der Grundsteuer verbleibenden Miet-
bzw. Pachlausfalls. Dieser Entschädigungsbetrag wird
weiter gekürzt um die Zinszuschüsse, die der Geschädigte
zur Abdeckung der auf seinem Grundstück lastenden Zins-
Verpflichtungen erbalten hat. Hiernach wird den Eigen-
tümern von unbelasteten Grundstücken der um die Grund-
steuer gekürzte halbe Mietausfall ersetzt, während die
Eigentümer von bis zum Schornstein belasteten Häusern
zufolge der Anrechnung der Zinszuschüsse wenig oder
nichts herausbekommen-, eine Regelung, die nicht 100%ig
befriedigend, aber gerecht ist.
Dauern die Nutzungsschäden im Freimachungsgebiei
über den 1. Dezember 1940 an, etwa weil das Haus
oder der Betrieb noch zerstört, noch unbewohnbar oder
unbenutzbar ist, so werden nach der Zweiten Anordnung
über Nuyungsschäden der durch den Nutzungsverlusi
verursachte Eingang der Einnahmen (z. B. Mietausfall,
Einkommensroheinnahmen ei-
ner noch nicht wieder betriebs-
fertigen Metzgerei oder Bäk-
kerei) sowie die laufenden zu-
sätzlichen Ausgaben (z. B. er-
höhte Miete für Ersatzwohnung
oder den Ausweichbetrieb) in
Höhe bis zu 3 000 RM.
monatlich den Nutzungsgeschä-
digten vergütet. Einmalige
zusätzliche Ausgaben, die die
Geschädigten zum Zwecke des
Bezugs und der Einrichtung
der Ersatzwohnung oder des
Ausweichbetriebes und der
Rückkehr in die alte Wohnung
oder in den alten Betrieb oder
zu ähnlichen Zwecken zu leisten
haben (Umstellungs-, Aus-
weich- und Rückkehrkosten),
werden mit einer einmaligen
Entschädigung bis zum Höchst-
betrag von 10 000 RM. ab-
gefunden.
Was die bei der Regelung
der Mietausfälle erwähnten
Zinszuschüsse anbetrifft, so hat
der Reichswirtschaftsminister
im Freimachungsgebiet die In-
gangsetzung des Schulden-
dienstes ermöglicht durch Ge-
währung von Zinszuschüssen,
die für die Zeit vom 1. Sep-
tember 1939 bis längstens zum
30. November 1940 auf An-
trag der Kapitalgläubiger oder
-schuldner von den Feststel-
lungsbehörden gewährt werden.
Die Zinszuschußaktion ist in
unserem Kreis bereits zu */*
abgewickelt. Am 1. Juni 1941
lagen 5 815 Anträge vor, von
Der Förderturm. Stadtarchiv Beuthen O/S denen
In diesem Zusammenhang bedürfen die sogenannten
Nutzungsschäden noch einer kurzen Erörterung. Hier-
unter sind die Schäden zu verstehen, die durch den Ver-
lust der Nutzung einer Sache in Verfolg der Räumung
oder Freimachung verursacht worden sind. So werden
nach der Ersten Anordnung über Nutzungsschäden die
Mietausfälle im Freimachungsgebiet für die Zeit vom
1. September 1939 bis zum Wlederbcsicdlungsstichtag,
längstens bis zum 30. November 1940, den Vermietern
von Wohnräumen und gewerblich genutzten Räumen so-
wie den Verpächtern von nicht landwirtschaftlichem
Grundbesitz — bei den Inhabern von Wohnungen und
gewerblich genutzten Räumen in eigenen Häusern tritt
an Stelle des Mieiausfalls der einkommensteuerliche
Jahresnutzungswert — auf Antrag durch die Fest-
stellungsbehörde bei den Stadt- und Landkreisen zum
Teil erstattet. Und zwar beträgt die Entschädigung 50%
102
4 406 im Gesamtbetrag von 1 969 143 RM.
genehmigt worden sind.
Zum Schluß noch ein Wort zu den Neuordnungs-
maßnahmen, die zur Beseitigung von Kriegsfolgen ge-
troffen werden. Da die Kriegssachschädenverordnung
lediglich die Feststellung und Entschädigung der dem ein-
zelnen an seinen Sachen erwachsenden Schäden regelt,
reicht sie nicht aus, wenn diese Schäden zugleich oder
vorwiegend die Allgemeinheit berühren. Wenn mcht nur
einzelne bauliche Anlagen, sondern ganze Ortsteile oder
Gemeinden beschädigt oder zerstört sind, wie es auch in
unserem Landkreis der Fall ist, so ist ein bloßer Wieder-
aufbau nach früherem Vorbild oder eine beschränkte
Vornahme einzelner Verbesserungen oder Änderungen
nicht ausreichend. Wo ein totaler Wiederaufbau not-
wendig ist, kann dieser mit Rücksicht auf die heutigen
Anforderungen des Städtebaues, der landwirtschaft-
lichen Siedlung und der Raumplanung zumeist nur Hand
in Hand mit einer allgemeinen Neuordnung erfolgen.
Da die hierfür einschlägigen Gesetze mit ihren ver-
wickelten Verfahrensvorschriften die großzügige und
schnelle Durchführung einer solchen Neuordnung im
Sinne des Aufrufs des Führers vom 26. 6.1940 nicht
zulasten, hat der Ministerrat für die Reichsvcrteidigung
die Verordnung über Neuordnungsmaßnahmen zur Be-
seitigung von Kriegsfolgen erlasten. Die Verordnung
erklärt unter anderem die Saarpfalz zum Neuordnungs-
gebiet und ermächtigt den Reichssiatthalter, die grund-
legenden Maßnahmen zur überörtlichen Neuordnung des
Gebietes in einem Neuordnungsplan zusammenzufasten.
Ziel ist die Beseitigung der unmittelbaren und mittel-
baren Folgen von Kriegsmaßnahmen und Reichsvcr-
teidigungsmaßnahmen. Gleichzeitig sollen die wirt-
schaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältniste der
beteiligten Gemeinden gebessert werden. Die erforder-
lichen Mittel zur Neuordnung stellt das Reich zur Ver-
fügung. Es übernimmt natürlich endgültig die Kosten,
die durch die Beseitigung unmittelbarer Folgen von
Kriegshandlungen oder Reichsverteidigungsmaßnahmcn
entstehen. 2m übrigen behält sich das Reich vor, die von
ihm über die Grundsätze der Kriegssachschädenverord-
nung hinaus vorgelegten Kosten von den an der Neu-
ordnung Beteiligten nach Maßgabe ihrer wirtschaft-
lichen Vorteile und ihrer Leistungsfähigkeit einzuziehen.
Träger der Neuordnungsmaßnahmen sind die Kreise,
sofern der Reichsstatthalter nicht andere Stellen als
Träger bestimmt.
In unserem Kreise sind bereits sämtliche Gemeinden
des Warndt und des Amtes Kleinblittersdorf sowie die
Gemeinden Güdingen, Bübingen, Bliesransbach und
Fechingen zu Neuordnungsgemeinden erklärt worden; ich
hoffe, daß Klarenthal, Bischmisheim und der auf dem
linken Saarufer liegende Teil der Stadt Völklingen
noch nachträglich in das Neuordnungsgebiet einbezogen
werden.
Die einzelnen Neuordnungspläne sind in Bearbeitung
und werden in den verschiedenen Stadien ihrer Entwick-
lung mit dem Reichsstatthalter und seinem Wiederauf-
bauamt sowie den örtlichen Partei- und Verwaltungs-
stellen durchgesprochen und vor der endgültigen Vorlage
an den Reichsstatthalter auch mit den beteiligten Ge-
meindeangehörigcn erörtert. Grundsätzlich wird mit der
Neuordnung die landwirtschaftliche Umlegung verbunden,
die neben der Auslegung der Erbhöfe leistungsfähige
Landwirtsstellen ausweist, den sogenannten Bergmanns-
und Hüttenbauern die notwendige Landzulage erhält,
bzw. verstärkt und außerdem das landwirtschaftliche
Wegenetz neuordnet. Der Wiederaufbau der Neuord-
nungsgemeinden selbst kann nach Lage der Dinge in
größerem Umfange erst nach dem Kriege erfolgen; gleich-
wohl ist in dem Aufbauprogramm für 1941 für unseren
Kreis vorgesehen die Errichtung von
7 Erbhöfen mit je 80—100 Morgen Land,
17 Landwinsstellen mit je 50 Morgen Land,
49 Feierabendbauernstellen mit etwa 20 Morgen
Land,
41 Arbeiterhäusern mit etwa 2 Morgen Land.
Nebenher läuft in den Neuordnungsgemeinden die In-
standsetzungsaktion in der bisherigen Form (Ersatzleistung
in Natur) weiter und erstreckt sich auf die Gebäude, die
nach ihrem jetzigen Zustand wieder bewohnbar und ver-
wendungsfähig gemacht werden können. Wo die vor-
handenen instandsetzungsfähigen Wohnungen zur Auf-
nahme der Heimkehrer nicht ausreichten bzw. ausreichen,
werden Behelfsunterkünfte aus leichten Baustoffen und
Holz auf Kosten des Reiches erstellt, die so zweckmäßig
und wohnlich ausgestaltet werden, wie es die jetzige
Baustofflage und der Charakter des Provisoriums zu-
lasten.
Ws ir wollen im Blick auf unsere kämpfende Front uns alle gegenseitig fest an
den Händen nehmen und unsere Gemeinschaft enger schließen. Wir wollen
unsere Leistungen immer mehr steigern und dabei nicht müde werden. Denn
nicht nur in unserem Glauben, sondern auch in unserer Arbeit liegt eine der
Voraussetzungen zu unserem Sieg!
Dr. Ley In seinem Aufruf zum 1. Mai 1941.
103
fulcri im Land an der Laar / v°n e.Pfewet
Labyrinth bei Homburg.
Das Westlicher Vunt-Sandstein-Lebiet hat
die bemerkenswertesten und zahlreichsten Höhlen
und Nischenbildungen hervorgebracht. Dort wo
der Schloßberg, das Wahrzeichen Homburgs, in
stiller Ruhe liegt, treffen wir auf die ausge-
Vor einem Felspfeiler Foto Pfeiffer
dehnteste Höhle des Saarlandes. Durch den
Berg zieht sich ein Lewirr von labyrinthartigen
Längen, von Kammern, Hallen und Nischen.
Als wir das erste Mal — noch bevor die
Öffentlichkeit von dem Vorhandensein der Höh-
len wußte — durch das enge Felsenloch in halber
Höhe des Schloßberges unseren Lang in diese
geheimnisvolle Welt antraten, standen wir fast
fassungslos vor ihrem gigantischen Ausmaß. Im
Dämmerschein des Petroleumlichtes tasteten wir
vorwärts, folgten dem Lang, der sich zu beidm
Seiten teilte. Öffnung lag neben Öffnung, Ab-
zweigung neben Abzweigung. Immer unge-
heuerlicher, immer phantastischer, bizarrer wur-
den die Formen, bald ähnelte die Decke einem
Kreuzgewölbe, dann wieder wölbte sie sich kup-
pelartig, mächtige Pfeiler von 10—15 Meter
Umfang stützten einen saalartigcn Raum.
Saal unter der Erde.
Immer weiter, schier endlos erscheint der Weg,
folgen wir dem bald links, bald rechts, sich wen-
denden Hauptstollcn. Jetzt ist es ein über
100 Meter langer Saal, der uns aufnimmt, nur
matt dringt das Licht auf die andere Seite, es
ist ein eigenartiges Bild, wenn der Schimmer
der Lampe an den Wänden einhergleitet, ge-
104
spenstige Flächen aufleuchten läßt und die Ge-
steinsformationen immer wieder ins Helle rückt.
Die Entstehung der Höhle ist noch unge-
klärt. Da jede urkundliche Nachricht fehlt, sind
der vagen Vermutung Tür und Tor offen.
Wahrscheinlich dürfte cs sich um Länge und
Aufenthaltsräume der Hohenburg handeln.
Nach dem Geschauten können wir uns einen Be-
griff machen, welch jahrzehntelange Arbeit nötig
war, um dies alles erstehen zu laffen. Sicher
wiffen wir nur, daß diese Höhlen als Sand-
gruben im letzten Jahrhundert von der Bevölke-
rung ausgebeutet wurden.
Schlangenhöhle.
Von Homburg ist es nicht weit zu einer wei-
teren intercffantcn Höhle, der Schlangenhöhle,
bei Schwarzenacker. Von der Landstraße aus
führt ein Pfad zu der Höhle am Bcrghange, die
sich in einer ansehnlichen Tiefe in das Innere des
Berges zieht. Auch sie stellt ein Labyrinth von
Längen dar, in denen wir bald aufrecht, bald
kriechend unseren geheimnisvollen Wegen folgen
können. Im Gegensatz zu den Homburger Höh-
len vertreibt aber hier die muffige dumpfe Luft
Zwei Höhlenkammern in der Homburger
Schloßberghöhle Foto Pfeiffer
die Besucher ziemlich rasch. Das Sickerwasser
dürfte bei der Entstehung dieser Höhle eine wich-
tige Rolle gespielt haben.
Bei S t. I n g b e r t.
Daß sich um diese unterirdischen Gefilde auch
die Sage rankt, ist verständlich. So erzählt sie
uns von „tiefen Höhlen, die unergründlich in den
Bauch des Großen Stiefel bei St. Ingbert
gehen". Druidenhöhlen sollen cs gewesen sein,
auch soll der gefürchtete Raubritter Heim hier
seine Schätze verborgen gehalten haben.
Auch künstliche Höhlen, die als Wohnstätten
dienten, kennt der im Saarland bewanderte. So
die Klause, ursprünglich römische Wachstube.
Hier verbrachten später Eremiten ihr einsames
Leben. Weiter berichtet die Heimatgcschichte von
einer Höhlcnwohnung im Lambachtale, in der
Tierzähne und ein primitives Steinbeil gefunden
wurden.
Tropfsteinwunder.
Eine Hohlcnart aber verdient noch besondere
Beachtung: die Tropfsteinhöhlen. Zwar finden
wir in unseren Breiten keine Höhlenwunder wie
in der Fränkischen Schweiz, aber immerhin ver-
mittelt uns die Niedaltdorfer Tropfsteinhöhle
einen Einblick in das Wunder der geheimnisvoll
schaffenden Natur. Ein Gang durch die Tropf-
steinhöhle mutet uns wie ein Märchenbild aus
Tausend und eine Nacht an. In unabsehbarer
Mannigfaltigkeit setzen sich die tropfenförmigen
Gebilde an der Decke als Stalaktiten ab, als
Gegenstück wachsen ihnen vom Boden die Stala-
miten entgegen.
Dem Einen! Ein dunkles Schicksal wendet sich dem nur, der es wert. Einer, den Gott gesendet, wird Hammer, Pflug und Schwert.
Hammer muß sein, daß Eisen Stahl wird. Hammer muß sein, daß Masse Volk wird.
Pflug muß sein, daß die Erde Brot wird. Pflug muß sein, daß Leben aus Tod wird.
Schwert muß sein, daß Ehre gewahrt wird. Schwert muß sein, daß Blut zur Saat wird.
Will Vesper. Nur einer darf vollenden solch Werk mit frommer Hand: Gott selber muß ihn senden, Gott hat ihn uns gesandt!
185
Bergmann nnö Banöratrt / von Landesbauernführer tzans Lonnct
Gemessen an der gesamten Landwirtschaft hat der
landwirtschaftliche Nebenberuf im Saarland eine sehr
große Bedeutung, sowohl was die Anzahl der Betriebe
als auch die von ihnen bewirtschaftete Flache betrifft.
Von 28 290 Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe mit
mehr als 0,51 ha Betriebsfläche übten im Jabre 1985
Von 28 290 Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe mit
seit im Hauptberuf aus. Von 399 846 Erwerbenden
hatten 61 861 einen Nebenberuf, und zwar allein 56 961
in der Landwirtschaft. Da nun im Jahre 1935 21 981
Personen gezählt wurden, die im Nebenberuf mehr als
0,51 Hektar Land bewirtschafteten, waren somit 38,6
v. H. aller Erwerbenden mit landwirtschaftl chem Neben-
beruf im Besitze von mindestens 2 preußischen Morgen
(= 0.50 ha).
Nach der „S t a t i st i k d e s S a a r l a n d e s 1936/
1937" bezeichneten sich in der V o l k s z ä h l u n g 1935
55 652 Personen als Bergleute. 15 169 davon übten
die Landwirtschaft im Nebenberuf aus. Das sind 26,6
v. H. Diese Hundertzahl war vor dem Weltkrieg noch
etwas höher.
Zu berücksichtigen ist ferner, daß im S a a r b e r g -
bau eine starke Überlieferung vorhanden ist, wonach
bisher die Söhne der Knappen auch Bergleute wurden.
Hieraus ergibt sich, daß die Zahl der tatsächlich sich land-
wirtschaftlich Betätigenden noch höher ist, da ja die oben
angegebene Zahl von 15 169 nur diejenigen umfaßt, die
als landwirtschaftliche Betriebsführer in Frage kommen.
Ferner ist zu berücksichtigen, daß eine große Zahl zur
Ruhe gesetzter Bergleute bzw. die Witwengcldempfän-
gerinnen hinzuzurechnen sind. Schätzungsweise handelt
es sich hier um etwa 9 000 Personen. Ergänzend sei hier
darauf hingewiesen, daß ähnliche Verhältnisie, wenn
auch mit geringeren Zahlen, für die Gruppe der Eisen-
und Metallgewinnung zutreffen. Die Größe der Be-
triebe ist sebstverständlich unterschiedlich, jedoch gibt es
eine ganze Anzahl Bergmannsbauern, die Betriebe bis
zu 10 ha führen.
Es darf also festgestellt werden, daß die bäuerliche
Gesinnung in weitesten Kreisen der Saarbergleute vor-
handen und so stark ist, daß sich immer genügend Leute
finden werden, um auch im Nebenberuf Landwirtschaft
zu betreiben. An Einzelbeispielen hierzu fehlt es nicht.
Die Landflucht hat sich leider auch an der Saar aus-
gewirkt. Es trug hierzu zunächst einmal die zunebmende
Zersplitterung durch Erbteilung bei. Hiermit verbunden
ist eine entsprechende Verkleinerung der Parzellen und
infolgedesien eine Erschwerung der Arbeit durch lange
Wege zu kleinen Grundstücken. Nach dem Weltkriege
fehlte die von der früheren preußischen Bcrgverwaltung
betriebene Siedlungspolitik und somit sowohl der An-
reiz wie auch die Möglichkeit, als junger Bergmann zu
einem eigenen Heim zu kommen. Die im ganzen Saar-
land seitdem beobachtete rückläufige Bewegung des
Bergmannbauerntums tritt in einem Dorf stärker, in
einem anderen Dorf wieder schwächer auf. Am stärksten
ist sie selbstverständlich in der reinen Wohnzone, d. h. in
den Gemeinden, die entweder selbst Städte sind oder als
stadlähnliche Bergmannsdörfer — wie sie vor allen
Dingen im Sulzbach- und F.'schbachtal anzutreffen sind
— bezeichnet werden müssen. Am schwächsten ist der
Rückgang in der überwiegend landwirtschaftlichen Zone.
Jnteresiant ist nun die Tatsache, daß trotz der allgemein
vorhandenen Landflucht und der besonderen Gründe, wie
sie oben angeführt worden sind, seit der letzten Betriebs-,
Berufs- und Volkszählung im Saarland, im Jahre
1935 nunmehr eine starke Zunahme der in der Land-
wirtschaft Tätigen zu bezeichnen ist. Hierüber folgendes:
Mit dem Reichsdurchschnitt der Abnahme des zur
Landwirtschaft zählenden Bevölkerungsteils von 10,6
v. H. vergl.chcn, steht die Pfalz noch günstig da. Hier
liegt (trotz des Westwallbaues) die Abnahme mit 6,6 v.
H. wesentlich unter dem Reichsdurchschnitt. Der Land-
kreis Landau hat die stärkste Abnahme, nämlich
11,8 v. H., der Landkreis Speyer die stärkste Zunahme,
nämlich 5,3 v. H. aufzuweisen.
Während in allen Verwaltungsbezirken des Alt-
reiches die Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten er-
heblich zurückging, bildet der Verwaltungsbezirk
Saarland eine Ausnahme. Hier ist nicht nur wie
in anderen Teilen des Reiches keine Abnahme, sondern
sogar eine starke Zunahme der in der Landwirtschaft
Tätigen zu verzeichnen. Während diese in der Wirt-
schaftsabteilung Industrie und Handwerk nur 1 v. H.
beträgt, fand in der Landwirtschaft eine Zunahme von
8,5 v. H. statt, d. h. dif Zahl der Berufsangehörigen ist
in 4 Jahren — die letzte Zählung war im Saarland
1935, also im Jahr der Rückgliederung, vorgenommen
worden — um den zwölften Teil ihres bisherigen Be-
standes gewachsen und betrug rund 59 000. Am stärk-
sten ist die Zunahme im Kreise Ottweiler. Sie betrug
hier 18,8 v. H. Die Zahl der in der Landwirtschaft
Tätigen mit ihren nicht selbständig berufstätigen Ange-
hörigen betrug 1935 6,5 auf 100 Bewohner des Saar-
landes, 1939 aber 7,1 auf 100 Einwohner. Wenn auch
noch keine Einzelheiten festgestellt werden konnten, so ist
doch anzunehmen, daß ein großer Teil der Personen, die
sich erneut der Landwirtschaft zugewendet haben, Berg-
leute sind.
Seil der Rückgliederung des Saarlandes hat sich in
der Sicdlungspolitik eine Wendung zum Bcsieren er-
geben und es dürfte auch hierauf das Steigen der in der
Landwirtschaft Tätigen im Saarland zurückzuführen sein.
Die schon erwähnte Zersplitterung des Grundbesitzes, die
oft unvorstellbar geringe Größe der einzelnen Parzellen,
die erhöhten Anforderungen an den Bergmann und a. m., I
veranlaßten selbstverständlich auch mich, mich mit der
Frage des landwirtschaftlich tätigen Bergmannes und
Industriearbeiters eingehend zu befasien. Die Aufgabe
lautet, diese landwirtschaftliche Tätigkeit aus völkischen
und nationalsozialistischen Gründen zu erhalten. Ich be-
faßte mich in meiner Rede, die ich am 25. Februar 1939
auf der Gauführcrtagung in Neustadt gehalten habe,
ausführlich mit dieser Frage, die wohl einmalig in ganz
Deutschland und für uns besonders bedeutungsvoll ist.
Wir sind uns alle darüber klar, daß das Problem
bevölkerungspolitisch eine außerordentliche Bedeutung
hat. Das Saarland ist bekannt durch seinen großen
Geburtenüberschuß. 1936 sind dort auf se 1 000 Ein-
wohner 13,3 Menschen mehr geboren als gestorben, im
Reich dagegen nur 7,2. Daß dieser Geburtenüberschuß
mitbestimmt wird durch die enge Bindung des Arbeiters
an die Scholle, beweist ein Vergleich mit Sachsen, das
zwar eine ähnliche Struktur bat, wo aber diese Schollen-
bindung fehlt. Dort sind 1936 auf 1 000 Einwohner
nur 3,6 Menschen mehr geboren als gestorben, im Saar-
land dagegen, wie schon betont, 13,3. Welche Bedeu-
tung diese Geburtenkraft des Saarlandes grenz- und
bevölkerungspolitisch hat, das zeigt uns der Saarkampf.
Meine Absicht ist, das Problem im Zuge der Flur-
bereinigung zu lösen. Hier bietet sich setzt zunächst im
Wlederaufbaugcbiet eine einmalige Möglichkeit. Diesen
Augenblick zur Auflockerung unserer landwirtschaftlichen
Struktur gilt es zu nutzen, um dem Einzelbesitz eine
bessere und geschlosienere Grundlage zu geben. Es gilt
nun zuerst im Wiederaufbaugebiet die furchtbare Zer-
splitterung und Streulage zu beseitigen und gesunde
Wirtschaften zu gründen. Es ist mein Bestreben, daß
in diesem Umlegungsgebiet nur wirklich gesunde, krisen-
feste bäuerliche Betriebe geschaffen werden. Die Größe
wäre von Fall zu Fall festzulegen. Dadurch ist zu-
gleich die Möglichkeit geschaffen, Landarbeiter-Eigen-
heime zu bauen.
2m Zuge dieser Bereinigung sollen nun auch die
Betriebe der landwirtschaftlich tätigen Bergmänner auf
eine gesunde Grundlage gestellt werden. Auf keinen Fall
soll dem Bergmann, der sein Land bebaut, der Boden
genommen werden. Das har gerade auch der Gauleiter
selbst mit allem Nachdruck herausgestellt. 2ch strebe
vielmehr an, daß der landwillige Bergmann eine, seinen
Verhältnissen entsprechend große Nutzfläche möglichst
ortsnahe erhält. Dann hat er die Möglichkeit, auch
nach Arbeitsschluß seinen Boden gut zu bewirtschaften.
Wer heute sein Land richtig nutzt und es behalten will,
dem bleibt die gleiche Flache selbstverständlich belasten.
Ganz besonderen Wert aber lege ich darauf, daß jedem,
der Bauer werden will, so weit als möglich durch An-
liegersiedlung die Gelegenheit zur Schaffung eines
Bauernbetriebes gegeben wird. Ich glaube, daß die
Zahl solcher Landwllligen bedeutend größer ist, als man
allgemein annimmt.
Ich glaube bestimmt, daß es im Zuge der nach und
nach überall durchzuführenden Flurbereinigung möglich
sein wird, für landwirtschaftlich tätige Bergleute usw.
eine gesunde Bcrriebsgrundlage zu schaffen.
Die gleiche Aufgabe wird auch in Lothringen ge-
stellt. Gauleiter Bürckcl wendet diesen Fragen seine
besondere Aufmerksamkeit zu. Es ist d>es die beste Ge-
währ dafür, daß nichts versäumt, sondern alles getan
wird, um die Verbundenheit des Bergmanns der West-
mark mit der Scholle zu erhalten und zu stärken.
Der Bergmannsbauer
Die Erde haftet noch an seiner Schuhe Nägel,
Wenn er, zur Einfahrt rüstend, sein Geleucht empfängt,
Und sein Gezähe, Abbauhammer, Keilhau', Schlägel,
Das lastend ihm von dem gebeugten Rücken hängt.
Sein Leben schließt in sich den Kreislauf seiner Sorgen,
Davon ihm nur der Sonntag kurze Rast verspricht,
Ob er zu Berge fahrt, am sonnenhellen Morgen,
Ob er am Abend seines Ackers Schollen bricht.
Er wurzelt zweifach in dem Boden, der ihn zeugte,
Einmal im Feld, das hundertfält'ge Brotfrucht trägt,
Und dann, seitdem den Nacken er zur Einfahrt beugte,
Auch in dem Berg, durch den er seine Stollen schlägt.
Im Wetterschlag des Bergs mag seine Seele bangen,
Im Feuerwirbel, der durch enge Strecken brüllt,
Wenn seine Fäuste aber seinen Pflug umfangen,
Spürt er den Frieden, der des Ackers Tracht umhüllt.
Hans Adolf Groß, Göttelborn.
107
Lothringen, ein Bauernlan5
Von Bauer Julius Scheu, Metz
leitet der Abteilung „Ernährung und Landwirtschaft" des Beichsstatthalters in der Westmark und Chefs der
Zivilverwaltung in Lothringen
Lothringen ist von je ein Bauernland gewesen und
wird es immer bleiben. Ohne die Schollentreue seiner
Bauern wäre Lothringen längst ein menschenleerer Raum
geworden. Kein Krieg, keine noch so unsinnige Politik
vermochte, so groß die Schäden im einzelnen oft auch
waren, das zähe Bauerntum Lothringens unterzukriegen.
Empfindlich groß waren die Verluste besten Blutes durch
die harten Kämpfe, die im Laufe der Geschichte auf
lothringischem Boden ausgetragen wurden. Groß waren
die Verluste, die durch die Abwanderungen eintraten.
Aber doch war das Bauerntum immer lebensstark genug,
diese, oft in kurzen Abständen, entstandenen Lücken zu
schließen.
Lothringen ist ein Bauernland — wer offenen Auges
dieses schöne Land durchwandert, findet das überall
bestätigt. Die Dörfer, die Äcker und Weiden, die Wein-
berge und die ausgedehnten Obstgärten offenbaren es.
Und selbst dort, wo Bergbau und Industrie heimisch
geworden sind, künden die bestellten Felder davon, daß
Lothringen Bauernland ist.
Die Jahre seit 1918 mit ihren landwirtschafts-
fremden, ja landwirtschaftsfeindlichen Maßnahmen ver-
mochten wohl tiefgreifende Änderungen in der Struktur
der lothringischen Landwirtschaft hervorzurufen, aber
den landwirtschaftlichen Charakter dieses Landes konn-
ten sie nicht verwischen.
Anknüpfend an den 1870 begonnenen und sich bis
1918 eindrucksvoll vollzogenen Aufstieg der lothringi-
schen Landwirtschaft begann mit der Wiedergewinnung
dieses alten deutschen Landes ein neuer, verheißungsvoller
Abschnitt. Mit besieren Mitteln noch als ehedem, in
einer nicht nur fachlichen sondern weltanschaulich viel
besieren Weise wird Lothringens Landwirtschaft einer
Blütezeit entgegengehen. Landwirte von der Saar und
aus der Pfalz wurden in Lothringen angesetzt. Sie
werden zusammen mit den Landwirten Lothringens den
guten Ruf Lothringens, ein tüchtiges Bauernland zu
sein, bald wieder gefestigt haben.
Diese Arbeit war und ist nicht einfach. Ein sehr
großer Teil des Bodens war in falsche Hände geraten.
Menschen, die mit der Scholle nicht verwachsen waren,
denen der Hof nur eine Äußerlichkeit, ein zum Reno-
mieren geeignet erscheinender Besitz war, hatten sich des
Landes bemächtigt. Nur wenige Tage oder Wochen im
Jahr verbrachten sie, Erholung oder Zerstreuung suchend,
auf ihrem Besitztum. Das Land wurde verpachtet; wer
am meisten bot, erhielt den Zuschlag. Was aus dem
Lande wurde, war diesen „Landedelleutcn" gänzlich
gleichgültig. Machte ein Pächter bankrott, dann zog
der nächste auf. Krasicr noch als bei diesen Vornehmen
oder vornehm tuenden Kreisen des französischen Adels
trat die Auffasiung, daß der Boden lediglich eine Ware,
eine sich gut verzinsende Kapitalsanlage sei, bei den
Besitzern auf, die nach dem Weltkrieg durch mehr oder
weniger ehrliche Arbeit Geld erworben hatten und sich
nun nach einer „rentablen" Sache umsahen. Daß unter
dieser Sorte Besitzer die Juden sehr zahlreich vertreten
waren, braucht nicht besonders betont zu werden. Sie
verstanden es, mit „ihren Pfunden zu wuchern".
Diese Zeiten sind vorüber. Nicht Titel und Geld-
beutel, sondern allein die Tüchtigkeit, die Zuverläsiigkeit
und die Bereitschaft zur Schollentrcue entscheiden dar-
über, wer in Lothringen Bauer und Landwirt ist. Die
Zeit des Eigennutzes ist ebenfalls vorüber; wie groß
auch der landwirtschaftliche Betrieb sein mag, wie er
aufgebaut ist — dies alles sind technische Dinge, die
untergeordnet sind dem Bewußtsein, daß der Bauer und
Landwirt auch in Lothringen fortan Treuhänder des
Volkes ist mit dem Auftrag, Ernährer — durch höchst-
mögliche Steigerung der Erzeugung — und Erhalter —
durch eine große Kinderzahl — der Nation zu sein.
Es ist erfreulich, daß der Wille zum Land in Loth-
ringen auch dort stark geblieben ist, wo Industrie und
Bergbau tonangebend sind. Es ist ganz sicher, daß dem
Wunsch der Bergknappen und Hüttenleute, einen Gar-
ten, einen Acker zu besitzen, immer stattgegeben wird.
Es ist darüber hinaus selbstverständlich, daß — ähnlich
liegen ja die Dinge auch im Saarland — der land-
wirtschafttreibende Berg-- und Hüttenmann jede Unter-
stützung erfährt, die er durch seinen Fleiß verdient. Und
ich weiß mir nichts Schöneres, als daß auch in Loth-
ringen recht viele Bergleute sowohl unter Tag wie auch
über Tag treue Diener am Boden sind und bleiben.
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-:•
Juchhee! — Waß geht durch die Nadur
Heid for e luschdisch Klinge?
Waß laßt der Lenz in Wald un Flur
Zum Danz die Knoschhe schhringe?
Dort schlaht de Takt der Schtar im Frack,
Am Schlagzeig huggt die Herreschak,
Die Koob schtreicht Baß, der Fink schbielt Gei,
Die Amsel bloost die Fleet debei
Un waß noch sunscht so rumschtolziert,
Daß singt un schbringt un jubiliert
Im Lichterglanz der Keschde.
Kurzum: in Ried un Quellemoos
Gebt jeder froh un koschdelos!
Sei Ooschderlied zum beschde!
Die Birk hat sich zum Fescht geschmickt
Met lichde griene Schbitze,
Das Veilche, ganz met Blau beschtickt,
Bleibt schtill am Hang noch sitze.
Der Schliss elblumm im Goldgeschmeid,
Der Tulp im Beet gebts Herz so weit,
Das Gras es schießt, die Buch schlaht aus,
Die Schneck gerot fascht aus ’m Haus,
Ja, selbscht der Glockeblumme Klang,
Mischt leis sich in dä Feschtgesang,
Zur rechde Ooschderfeier.
Un, weil die Lieb aa ihn umwerbt,
Leht, wie die Au so bunt gefärbt,
Der Ooschderhas sei Eier.
Juchhee! — Wie iß die Welt so scheen,
Im erschde Ooschderklinge!
Du kannscht dr Luscht nit widdersehtehn,
Muscht hippe met un singe.
Sogar im greeschde Herzeläd,
Werd dir die Bruscht so leicht un brääd,
Das Au so klor, eß Herz so waarm,
Die Welt leiht dir for Frääd im Aarm,
Du frohscht nit lang, du wääscht, du muscht,
Du singschts enaus aus voller Bruscht
Durch Feld un Wald un Wiese:
O Lenzesklang am Ooschderdaag,
Du erschdi Bliet in Busch un Hag,
Kumm her, ich muß dich grieße!
C. Schumann.
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ÖClCltbtÜckcn-lilety / Ein Eiscnbahnprojclrt vom Jahre 18ZY
Non Hermann fjilt), Saarbrücken
Die Ansicht, daß die Entstehung des Eisenbahn-
wesens zeitlich mit der Erfindung der Dampfmaschine
zusammenfalle, ist nicht richtig. Die Eisenbahn, also ein
mit Eisenschienen künstlich geebneter Weg, ist eine uralte
Einrichtung, die erstmalig im Bergbau Anwendung fand.
In unterirdischen Grubenanlagen verlangte die Eigen-
art des Lastentransporres seit jeher eine besondere Zu-
richtung der Fahrbahnen und ebene Lagerung der Rad-
unterlagen. Das im Bergbau erprobte Eisenschienen-
system wurde später auch über Tage angewandt. So
erscheint das System der Eisenbahnen, wie wir es heute
kennen, als eine unmittelbare Fortsetzung der technischen
Anordnung des Fährverkehrs im Bergbau. Bis zur
Erfindung der Dampflokomotive wurden Lasten auf der
Eisenbahn von Pferden gezogen, wobei ein Pferd ein
bestimmtes Gewicht auf der Eisenbahn genau so schnell
zu ziehen vermochte wie acht gleich starke Pferde dasselbe
Gewicht auf einer normalen Srraßc. Die Vorteile des
Eisenbahnverkehrs waren also schon früh unter Beweis
gestellt, und es lag nahe, das Prinzip der Dampf-
maschine auch auf diese Art der Lastenbeförderung zu
übertragen.
Der erste Versuch hierzu wurde im Saarland unter-
nommen und zwar, wie schon mehrfach berichtet, auf
einer Eisenbahnstrecke zwischen der Grube Bauernwald
und einer Kohlenvrrladcstelle bei Geislautern. Die
Strecke, die mit gußeisernen Schienen belegt war, hatte
eine Länge von ungefähr zweieinhalb Kilometern. Der
„Dampfwagen" wurde im Fahre 1818 von der König-
lichen Gießerei in Berlin erbaut. Nachdem er sich bei
der Probefahrt durchaus bewährt harte, wurde er in
seine einzelnen Teile zerlegt und auf dem Wasierwege
über Hamburg, Amsterdam, Köln, Koblenz und Trier
nach Geislautern verfrachtet. Da aber das Berliner
Werk weder einen Fachmann, der sich auf den Bau der
Maschine verstand, noch eine Zeichnung mitgcsandt hat-
ten, ging die Zusammensetzung nur sehr langsam von-
statlen. Als man schließlich >m Juni 1819 am Ziele zu
sein glaubte, bewegte sich das Dampfroß einfach nicht
von der Stelle, obwohl man ihm bis zur Weißglut ein-
heizte. Nach vielen vergeb!.chen Versuchen, den Dampf-
wagen trotz allem noch wirtschaftlich auszunutzen, wurde
er im Fahre 1835 verschrottet. Die Eiscnbahnstrccke
zwischen Püttlingen und der Saar wurde einstweilen
mit Pferdekraft weiterbelriebcn.
Im Fahre 1835 fubr dann die erste deutsche Dampf-
lokomotive zwischen Nürnberg und Fürth, und alsbald
wurde das Problem auch im Saarland wieder ernsthaft
in Erwägung gezogen. Eine Gesellschaft, die im Fahre
1836 unter dem Vorsitz einiger Saarbrücker Kaufleute
gegründet wurde, plante den Bau einer Eisenbahnlinie
von Saarbrücken nach Mannhcim. Der aus-
sichtsvolle Plan scheiterte damals an der kühlen Haltung
der preußischen und dem allzu starken Partikularismus
der bayrischen Regierung, die nur Anteilnahme an dem
Gedanken einer ausschließlich bayrischen Bahn zeigte.
2n der Tat entwickelte die bayrische Regierung später
in der Pfalz eine bemerkenswerte Initiative im Eisen-
bahnbau.
Inzwischen propagierten die Franzosen eine Eisen-
bahnlinie von Metz zum Rhein über Saar-
gemünd und Homburg. Da hier die Gefahr
nahe lag, daß das Saarbrücker Industriegebiet vom
internationalen Verkehr abgeschnitten würde, nahmen
mehrere Industrielle des Saarlandcs Verhandlungen mit
dem Metzer E.senbahnkomitee auf, auf Grund deren als
vordringlichste Verkehrsaufgabe der Bau einer Ersen-
bahnvcrbindung zwischen Saarbrücken und Metz her-
ausgestellt wurde. Ein eingehender Plan wurde von
zwei Mitgliedern der hierzu ernannten Studienkom-
mission, den Ingenieuren Eugen F i a ch a t und Fulius
P c t i e t, im Fahre 1839 in Paris veröffentlicht.
Die Ausführungen der beiden Ingenieure sind be-
deutend genug, um an dieser Stelle kurz auf sie einzu-
gehen. Sie begründen zunächst die wirtschaftliche Not-
wendigkeit einer unmittelbaren Eisenbahnverbindung
zwischen Saarbrücken und Metz. Die Mangelhaftigkeit
der Wasierstraßcn, auf denen bis dahin die industriellen
Erzeugnisse des Saarlandcs nach Frankreich gebracht
worden seien, sei bereits seit langem eine unbestritten«
Tatsache. Außerdem würden schon seit einer Reihe von
Fahren drei Fünftel des Erportes nach Frankreich auf
dem Landwege nach Frankreich transportiert. Weiterhin
sei der Transport aus dem Wasserwege zu langsam und
während eines Teiles des Jahres nicht durchführbar. Eine
Eisenbahnverbindung habe demgegenüber vor allem tzen
Vorteil, daß sic dreimal kürzer sei als der Wasierweg.
Der Hauptzweck der geplanten Eisenbahn sei der
Güterverkehr. Erst in zweiter Linie solle die Bahn —
Gegensatz zu den bis dahin geltenden Ansichren, daß nur
der Personenverkehr die neue Einrichtung rechtfertige —
auch dem Personenverkehr zwischen Belgien und Deutsch-
land, zwischen Paris und Slraßburg dienen. Tatsäch-
lich blieb es den Saarbahncn vorbehalten, gegen die
Ansichten aller Eisenbahnfachleute die besondere Ren-
tabilität des neuen Verkehrsmittels im Güterverkehr
nachzuweisen. Gerade der Güterverkehr von Preußen nach
Frankreich, so fahren Flachat und Pekret fort, sei für
Frankreich von ausschlaggebender Bedeutung; das Saar-
land mit seiner hochentwickelten Industrie sei geradezu
vorherbestimmt, Lothringen mit seinen Erzeugnissen zu
versorgen. In diesem Zusammenhang nennen die Ver-
fastcr der Schrift in erster Linie den saarländischen Koks,
den die lothringische Eisenindustrie notwendig brauche.
Die Frachtpreise selbst, so stellen die Verfasser in ein-
gehender Berechnung fest, würden sich durch die Anlage
einer Eisenbahnlinie um mindestens ein Drittel ver-
billigen. Dies hänge vor allem damit zusammen, daß
der Eisenbahnwcg zwischen Saarbrücken und Metz bei
einer Länge von 78 Kilometern um 130 Kilometer
kürzer sei als der Wasierweg die Saar abwärts und die
Mosel aufwärts
110
Dies sind die Hauptgedanken jener beachtlichen Sch^
aus dem Jahre 1839. Aber erst im Jahre 1852 wurde
der ursprüngliche Plan einer Eisenbahnverbindung zwischen
Paris und Mannheim über Saarbrücken
verwirklicht. Die preußische Regierung war zunächst aus
militärischen Gründen gegen den Plan eingestellt. Sie gab
diese Bedenken dann auf, drang aber doch darauf, daß
wenigstens der Saarbrücker Bahnhof auf die rechte Saar-
seite, nach St. Johann, gelegt werde, eine Maßnahme,
die sich bei den kriegerischen Vorgängen des Jahres 1870
als durchaus berechtigt erwies.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt nun die
gewaltige verkchrstcchnische Ausweitung der Industrie-
landschaft an der Saar, die unsere Heimat zu einem der
größten Industriegebiete ganz Europas gemacht hat.
Deutsches Sturmlied
Hoch das Banner und den Degen
Festgeschmiedet in der Faust,
Brust an Brust dem Feind entgegen,
Wie der Föhn zu Tale braust.
Ob auch tausend Schlünde spei’n,
Hitlergeist wird Sieg verleih’n!
Uber Grat und Niederungen
Angepürscht und vorgesprungen:
An die Gurgel dem, der steht!
Blast, Trompeter, Sturmfanfaren,
Um die Fahne laßt uns scharen,
Sieg, wo ihre Seide weht!
Wer da fallen muß im Stürmen,
Stirbt als deutscher Mann und Held.
Glocken künden von den Türmen
Deutschen Ruhm in alle Welt.
Sturmkolonnen, Hand in Hand —
Heil dem ew’gen Vaterland!
Albert Korn.
Im dritten Kapitel des Buches beschreiben Flachat
und Petiet eingehend die geplante Linienführung. Der
heutige Verlauf der Strecke stellt eine Zwischenlösung
aus mehreren Vorschlägen dar. Nach den Berechnungen
der beiden Ingenieure sollten auf der Strecke im ganzen
28 Lokomotiven, davon 21 Güterzuglokomotiven, und
560 Güterwagen bzw. 30 Personenwagen eingesetzt wer-
den. Der Voranschlag versuchte auch die tarifmäßige
Rentabilität nachzuweisen. So sollte z. B. der Trans-
port einer Tonne Koks von Saarbrücken nach Metz
11,59 Frs. kosten bei einer jährlichen Transportmenge
von 138 000 Tonnen. Der Tarif für den Personen-
verkehr von Saarbrücken nach Metz und zurück sollte sich
auf 5,78 Frs. belaufen.
111
eine Salzsiederei bei Saargemünö
Non ^ermann tzild, Saarbrücken
Das Saarland ist eine uralte Industrieland-
schaft. Die Ansicht, die Industrie unserer Heimat
sei aus anderen Legenden eingeführt worden, be-
ruht auf einem Irrtum. Vielmehr hat das Saar-
land auf eine ganze Reibe von anderen Landschaf-
ten in industrieller Hinsicht befruchtend gewirkt.
Allerdings sind mit der zunehmenden Entwick-
lung großer Industriebezirke, die sich auf ein
bestimmtes Erzeugnis einstellen, eine Anzahl von
ursprünglich auch im Saarland heimischen In-
dustrien verschwunden, da sie sich infolge der ander-
weitigen, billigerenHerstel-
lungsmöglichkeiten nicht
mehr lohnten. Teilweise
versprachen auch die
gefundenen Bodenschätze
wertmäßig nach ihrer er-
sten Ausbeute einen so ge-
ringen Gewinn, daß man
sie im Hinblick auf die
entstandene Großindustrie
einstellen mußte.
! Es ist bekannt, daß in
einer Salzsiederei
bei Sulzbach im Saar-
land schon verhältnis-
mäßig früh Salz gewon-
nen wurde. Ein ähnliches
Werk bestand nun noch
bis in die Jahre der fran-
zösischen Revolution hin-
ein im L c y c n s ch e n
Gebiet bei Saar-
gemünd. Einen ein-
gehenden Bericht über die-
sen Salzhüttenbetrieb fin-
den wir in einem kleinen
Heftchen, das im Jahre
1794 in Paris in der
Nationaldruckerei der
französischcnRepublikvcr-
legt wurde. Sein Titel
lautet in der Übersetzung:
„Beobachtungen über die
Salinen im Departement
Meurthe,Nicderrhein und
im eroberten Leyenschen
Gebiet". Sein Verfasser
ist ein gcwiffer Loysel,
Deputierter des fran-
zösischcn Nationalkonvcnts und Sonderdelegier-
tcr des Nationalkonvents für die von den Fran-
zosen besetzten Rheinischen und Moselländischen
Landschaften. Seine Mitteilung an die fran-
zösische Öffentlichkeit, die den Zweck hatte, die
wirtschaftliche Ausbeutung der durch die Fran-
zosen besetzten deutschen Gebiete einzuleiten,
lautet in der Übersetzung folgendermaßen:
„Im Leyenschen Gebiet, ungefähr eine halbe
Wegstunde von Saargemünd entfernt, liegt am
Ufer der Saar eine schon vor mehreren Jahren
NSV.-Kinderlandverschickung.
Die Burgen der Pfalz, von denen man in der Schule gehört, schaut man
jetzt selbst und bewundert ihre Schönheit und Lage. Foto: Aibiez
112
erbaute Salzsiederei. Sie besteht aus einem
Salzbrunnen, einem Göpelwerk, einem Gradier-
haus mit einem Gerüst, auf dem man das Wasser
zum Verdunsten bringt und das außerdem einen
Ofen und eine Siedepfanne enthält.
Der Brunnen liegt ungefähr zwanzig Klafter
von der Saar entfernt. Er ist vierzig Fuß tief;
zwanzig Fuß hoch steht das Salzwasser. Der
Grund des Brunnens hat fast gleiche Höhe mit
dem Wasierspiegcl des Flusses. Der Salz-
gehalt des Wassers ist nicht größer als zwei vom
Hundert. Man bedient sich, wie in den Salinen
des Iuragcbirgcs, eines Gradierwerkes, um den
Salzgehalt des Masters zu erhöhen und einen
Teil des kalzinierten Schwefels auszuscheiden.
Das Göpelwerk, mit dem man das Wasser
aus dem Brunnen zum Gradierwerk hebt, wird
von zwei bis drei Pferden bedient. Der Schup-
pen, in dem sich das Gradierwerk befindet, ist
eintausendundsechzehn Fuß lang und dreißig
Fuß breit. Er ist umstellt von zwölf Pumpen, mit
denen man das Wasser hebt, um es dann wieder
und wieder über Weidenruten laufen zu lasten,
wo es eine große Menge kalzinierten Schwefels
niederschlägt.
Nachdem der Salzgehalt des Masters durch
die Verdunstung auf dem Weidengeflecht bis
auf zwölf vom Hundert gestiegen ist, läßt man
das so konzentrierte Salzwaster in die Siede-
pfanne laufen, um daraus das Salz zu ge-
winnen, nachdem sich der Schlotter abgesetzt hat.
Der Ofen und die Siedepfanne bestehen aus
Eisenblech. Der Siedeofen ist sechzehn Fuß lang
und vierzehn Fuß breit; die Siedepfanne zwölf
Fuß lang und neun Fuß breit. Beide sind fünf-
zehn Zoll hoch.
Die Erzeugung dieser Saline beträgt nicht
mehr als dreitausend Zentner im Jabr. Zu ibrem
Betrieb benötigt man achttausendsechshundert
Zentner Steinkohle aus Saarbrücken, die im
Jahre 1794 bei Anlieferung zur Salzsiederei
zehn Sous je Zentner kostete.
Aber der Wasserreichtum der Salzquellen er-
laubt es, dort noch sechs Anlagen wie die schon
bestehende zu errichten. Die jährliche Produktion
könnte auf achtzehntausend Zentner gesteigert
werden.
Diese Anlage, obwohl klein im Vergleich zu
den Salzsiedereien im Departement Meurthe, ist
sehr kostbar für die Bewohner des Saarufers
und könnte vollständig ausreichen für die Ver-
sorgung einer Bevölkerung von mehr als vierzig-
tausend Köpfen."
Trotz diesem Vorschlag des Franzosen Loysel
scheinen die französischen Ingenieure nicht viel
für die Hebung des kleinen Betriebes getan zu
haben. Indessen kannte Loysel seine Landsleute.
Jedenfalls erklärt er in einem anderen Abschnitt
seines Büchleins, „daß alle Industriezweige in
den von den Franzosen eroberten Gebieten vor
dem Krieg und vor der französischen Besetzung
in hoher Blüte gestanden hätten". Darüber
hinaus gibt er zu: „Die metallurgische und
mineralogische Wissenschaft stand bei unsern
Nachbarn (d. h. den Deutschen) seit jeher in
höherer Blüte als bei uns."
In der Tat hat die kurze Zeit der französischen
Herrschaft in unserer Gegend auf industriellem
Gebiet weder Neues noch Besseres gebracht. Der
ungeheure wirtschaftliche und industrielle Auf-
schwung setzte erst ein, als unsere Heimat wieder
deutsch geworden war.
Herbst
Von Adam L o r s o n g
Komm mit mir zum Wald hinaus, Uber Feld und Wiesen, Wo des Sommers letzten Strauß Winde kühl umfließen. Golden wogt des Waldes Meer. Blätter wirbeln nieder. Bäume ächzen dumpf und schwer. Nirgends locken Lieder.
Stoppelbärtig — weltentrückt — Müde Äcker liegen. Buben — froh und sehr geschickt — Lassen Drachen fliegen. Schlaffe Erde schweigend sinnt, Dehnt den Leib, den wunden. Himmel weint. Die Träne rinnt In das Grau der Stunden.
8
113
/ Eine Erzählung aus dem Zeitgeschehen von Änton Aakob
Unsere kleine Geschichte spielt in der Zeit vor diesem
Kriege in dem Saarlanddorfe Tweiler, unweit der alten
Reichsgrenze zwischen Westwall und Maginotlinie ge-
legen. Es wohnen in Tweiler neben einer Anzahl „dicker
Bauern" auch etliche Industriearbeiter und Bergleute,
die, obschon sie regelmäßig auf einem Werk oder einer
Grube ihre „Schicht" machen, doch bodenverwurzelt sind,
in der Freizeit ein Stückchen Eigen- oder Pachtland
bearbeiten und ein oder mehrere Stück Vieh haben.
In Tweiler wohnt auch der „Bungerts Toni", so ge-
nannt, weil sein sauberes Bergmannsbauernhaus an
einem Bungert (Obstgarten) steht. Der Toni ist noch
ein lediger Bursche, den seine 30 Jahre nicht drücken.
Seine Sorgen hat er aber doch. Da ist seine alte Mut-
ter, die ihm immer mit viel Liebe und Sorgfalt den
Haushalt geführt und immer alles ordentlich und sauber
gehalten, sodaß ihm sein Junggcsellcndasein nicht so
recht zum Bewußtsein kam. Jetzt aber mußte er immer
mehr wahrnehmen, daß die alte Frau von Tag zu Tag
hinfälliger wurde. Er sah, welche Mühe es ihr machte,
ihm immer pünktlich, wenn er von Sch cht kam, das
warme Eessen bereit zu halten, das wenige Vieh in seiner
Abwesenheit zu besorgen. Manchmal halte die Mutter
schon selbst geseufzt über die schweren Haushaltsarbeiten
und von Hilfe und Ablösung gesprochen. Der Toni, so
hart es ihm fiel, mußte sich doch gestehen, es konnte
nicht mehr lange so zugehen, es mußte eine Hilfe, eine
junge Kraft ins Haus.
Das war eine harte Ruß zu knacken für den Toni, der
noch nie auf Frciersfüßcn gegangen, der im Ort sogar
als etwas weiberfeindlich galt. Aber damit tat man
ihm doch Unrecht. Es war nicht so, daß ihm alle
Vertreterinnen des zarten Geschlechtes gleichgültig
waren. Da war sogar eine, die hakte vermocht, freilich
ohne es zu wissen, sich ein Plätzchen in seinem Herren
zu erobern. Sie wohnte nicht weit von ihm in der
gleichen Straße in dem stattlichen Anwesen des Feltes-
bauern. Man nannte sie Felkes Klärchen, sie war aber
nicht die Tochter des alten Bauern, sondern eine Nichte,
Tochter der sehr kinderreichen Schwester des Fettes,
schon als Kind auf den Bauernhof gekommen und mit
diesem verwachsen. Jetzt ersetzte sie dem Hof die fehlende
Tochter und sogar die Hauswirtin, denn der Bauer war
seit einiger Zeit verwitwet und hatte mit seinen beiden
Söhnen die Dienste der zweiundzwanzig Sommer zäh-
lenden Nichte erst recht schätzen gelernt.
Also die Klara hatte es dem Toni angetan. Wenn
er das fleißige schlanke Mädchen mit den sanften und
doch fröhlich leuchtenden Augen in dem hübschen aus-
drucksvollen Gesicht so werken sah um Haus und Hof,
wenn sie die Kühe zur Tränke führte, das Federvieh
fütterte, mit dem Besen den Hofraum blank fegte, dann
wurde ihm ganz eigen zu mute. Und ipenn an Sommer-
tagen ihr weißes Kopftuch aus dem Garten blinkte, wo
sie hackte, Unkraut jätete und Pflanzen setzte, dann
konnte er gar ein Weilchen von der eigenen knapp ge-
messenen Zeit opfern, um ihr mit Wohlgefallen zu-
zusehen. Sich aber der heimlichen Liebe einmal zu
nähern, auch nur ein Gespräch mit ihr anzuknüpfen, dazu
konnte er sich nicht ermutigen. Nur ganz in der Tiefe
seiner Seele hatte er seiner Liebe einen Altar errichtet,
niemand sollte etwas davon sehen.
„Wann bringst du mir endlich einmal Hilfe ins Haus,
Toni", hatte die Mutter eines Abends wieder einmal
gefragt, als sie ermüdet von der vielen Hausarbeit in
den Lehnstuhl sank. „Du siehst doch, es geht bald nicht
mehr. Und du brauchst dich doch nicht zu genieren, ein
Mädchen zu fragen. Wir haben ein nettes Haus mit sau-
berem Stall und Speicher, du verdienst ein hübsches
Geld auf der Grube, und im Dorf weiß jedermann, daß
du ein ordentlicher Mensch bist". Die Mutter nannte
auch einige Namen, die einen guten Klang hatten, die
Wingerts Kätchen, die Hansmatzen Änni, die Schol-
tesscn Rosa, usw.
„Geduld, Mutter", erwiderte der Toni, „das pressiert
doch nicht so. Das Heiraten muß gründlich überlegt
werden, da kann man nicht mit beiden Beinen blind-
lings hineinspringen, daß man sich weh tut, fürs ganze
Leben. Doch will ich mich einmal umsehen." Damit war
das Thema wieder erschöpft.
Die Klara nannte die Mutter nie, obschon sie nicht
weit weg wohnte und fast täglich von ihr gesehen wurde.
Das hatte scchen bestimmten Grund, der freilich nicht
so sehr hätte in die Waagschale fallen dürfen. Zwischen
den Vorfahren der Bungertsleute und der Feltcssen
hatte cs einmal einen schweren Rechtsstreit gegeben, und
davon hatte sich eine Art Feindschaft auf die lebende
Generation vererbt. Doch hatte die Zeit dieser Feind-
schaft schon den ärgsten Stachel genommen, nur blieb
das Verhältnis zwischen den Nachbarsleuten immer noch
sehr kühl. Heimlich mochte man auf beiden Seiten eine
Beseitigung dieses Zustandes wünschen, es fiel aber
jeder Partei schwer, den.Anfang einer Annäherung zu
machen. Hielt den Toni schon eine zarte Scheu ab, sich
der heimlich Verehrten zu nähern, so war ihm dieses
kühle Verhältnis zwischen den Familien noch ein weitere,
Grund zur Zurückhaltung.
So standen also die Dinge, als der kritische Spät-
sommer des Jahres 39 die Aufregung und Unruhe in
die Städte und Dörfer am Westwall brachte. Dichtes
Gewölk hing am politischen Himmel. Auf den Gesichtern
aller Grenzbewohner lag die bange Frage: Wird der
Franzmann angreifen, wenn es im Osten losgeht, und
was wird dann mit uns geschehen, hier unter den Ka-
nonen der Maginorlinie? Besonders in den der Grenze
zunächst liegenden Orten, so auch in unserem Tweiler,
warfen die kommenden Ereignisse ihre Schatten voraus.
Der Grenzschutz war einberufen und alle wichtigen
Punkte wurden militärisch besetzt. Allerlei unkontrollier-
bare Gerüchte, deren Quelle niemand wußte, drohten
die Bevölkerung noch mehr aufzuregen. Doch hielt diese
wunderbar Disziplin. Ja, zwischen den hin und her
114
jagenden Motorfahrzeugen der Grenztruppen fuhren
die Bauern unentwegt in die Felder, um die letzten
Barben heimzuholen.
Aber dann spitzte sich die Lage rasch zu. Es war ein
offenes Geheimnis, daß beim Ortsbürgcrmeisier die
Pläne zur Räumung fertig waren. Da kam der 1. Sep-
tember. Mütter und Kinder verließen die Ortschaften,
alte und kranke Leute wurden zurückgebracht. Für die
erwachsenen Leute, die noch im Orte zurückblieben, be-
stand höchste Alarmbereitschaft. Es war vorgesehen, daß
diese im gegebenen Falle mit den zur Verfügung stehen-
den Bauerngespannen abziehen sollten.
Die Feldarbeit ruhte in Heiler natürlich vollständig,
zumal mit dem Auslegen von Sperrminen begonnen
lvurde. Alles war damit beschäftigt, die letzten Vor-
bereitungen zur großen Fahrt ins Reich zu treffen. Die
Bungerts Mutter war fort mit den alten Leuten und
der Toni war eben dabei, allerlei notwendige Sachen,
wie Kleider,' Wäsche, wichtige Papiere zusammenzu-
packen, als der Flurschütz und Gcmcindcdiencr Iäb ins
Haus trat, in der Hand ein paar Zettel schwingend.
„Toni", sagte er, hier bringe ich eine Dienstbeorderung
vom Amt. Du weißt, daß viele junge Bauern zur
Wehrmacht eingerückt oder hier zum Grenzschutz einge-
setzt sind. Als Bergmann hatte man dich bisher freigegeben.
Es fehlt aber nun, wo wir jeden Augenblick auf den
Räumungsbefehl warten, an Gcspannführern. Auch
der Feltesbaucr, der seit einiger Zeit schwer herzleidcnd
ist, wurde mit den kranken Leuten fortgeschafft. Seine
beiden Söhne sind bei der Wehrmacht. Run ist die
Klara allein. Sie ist zwar ein kuraschierlcs und tüchtiges
Mädchen, doch können wir sie nicht ohne Beistand lasten.
Weil du nun auch noch Bauernblut in den Adern und
ein wenig „Pfcrdeverstand" hast, hat man gedacht, du
könntest da einspringen. Dafür dieser Zettel. Du magst
einmal selbst lesen. Er reichte dem Toni das Papier hin.
Da stand wirklich:
Dienstbeorderung.
Im Falle der Freimachung haben Sie das Gespann
des Dauern Michel Felles zu übernehmen und werden
dem Marschblock 1 zugeteilt, der sich am Ausgang nach
S. aufstellt.
Der Bürgermeister.
Dem Toni wurde, wie er das las, ganz warm unter
dem „Brustlappcn" und er errötete fast wie ein junges
Mädchen, dem unvermutet ein Heiratsantrag gestellt
wird. In seiner Seele kämpften Gefühle von tiefer
Freude und bangem Schreck miteinander. Was würde
das werden! Aber da gab es gar keine Entscheidung
mit ja oder nein. Es war Krieg und da befahlen nur
Pflicht und Dienst.
„Also mach dein Bestes!" sagte der Iäb noch kurz
und ging weiter. Heimlich lachte er in sich hinein:
„Diesem Weiberfeind haben wir einmal eins gespielt.
Das hat sich mal gut geschostclt (gefügt)".
AIs der Toni eine Viertelstunde später mit bedäch-
tigem Schritt zum Felteshaus hinüberging, dünkte ihm
die schwerste und doch auch die schönste Stunde seines
Lebens gekommen zu sein. Die Klara war wie alle Leute
8*
in der Stube damit beschäftigt, Koffer und Kisten zu
packen, als der Toni nach leichtem Klopfen durch die
halb geöffnete Tür trat, und dann mit einigen ent-
schuldigenden Worten ihr den Zettel des Bürgermeisters
hinhielt. Das Mädchen sah mit ihren wundervollen
tiefen Augen den Eintretenden einen Moment an, und
während sie rasch den Zettel überflog, überzog sich ihr
Gesicht mit lieblichem Rot. Aber der Toni sah gleich,
daß es eine mehr freudige Erregung war, und als er
nun beherzt fragte: „Klara, ist dir meine Begleitung
auch recht und willkommen", da antwortete sie mit einer
Stimme, in der Wärme und Herzlichkeit mitklangen:
„Aber ganz gewiß, Toni, einen beffcren Begleiter hätte
ich mir für die schwere Reise nicht gewünscht. Der Bür-
germeister hat mir da eine große Sorge abgenommen.
Ich glaube, daß wir beide gut miteinander auskommen,
meinst du nicht auch!"
Dem Toni schien bei diesen Worten sich ein ganzer
Himmel voll Zukunftsglück zu öffnen, aber da sah er
gleich wieder eine Wolke drohen: „Was wird aber dein
Onkel Michel dazu sagen, wenn er es erfährt, ich glaube
er ist auf unsere Familie immer noch nicht gut zu
sprechen?"
„Keine Sorge, Toni, ich habe gemerkt, daß ihm die
alte Feindschaft längst zuwider ist. Er sagte noch heut«
morgen zu mir, als er fortfuhr, er wäre beruhigt, wenn
Nachbar Toni m.ch begleiten könne."
So war diese Wolke rasch verscheucht und nun gingen
beide mit Eifer daran, die letzten Vorbereitungen für die
bevorstehende Reise zu treffen. Der beste Wagen auf dem
Hof wurde mit einem Dach aus Tüchern versehen, Futter
für die Pferde bereit gemacht; Klärchen kümmerte sich
besonders um das Verpacken haltbarer Lebensmittel und
anderer notwendiger Dmge. Noch harre man im Dorf
zwar eine leise, leise Hoffnung, es könnte das letzte
Bitterste erspart bleiben, fast zwei Tage noch lebte man
in banger Ungewißheit, aber dann kam am Mittag des
3. September der endgültige Marschbefehl. Die lange
Wagenkolonne von Pferde- und Rindviehgespannen
sammelte sich am Ortsausgang und setzte sich gegen die
Saar hin in Bewegung. ' ,
Den Wagen des Feltesbauern lenkte der Toni; seine
Hände hielten die Zügel der beiden Braunen geschickt
und fest; Toni hatte den Pferden sorglich die Decken
aufgelegt, denn ein schweres Gewitter hing am Himmel
und der Regen hatte schon eingesetzt. Neben ihm auf
dem Sitz unter den schützenden Tüchern saß die Klara
und hinten lag neben dem eigenen Gepäck auch Hausrat
von Familien, die kein Gespann hatten. So schwer
auch diese Stunde des Abschieds von der geliebten
Heimat auf den Seelen der beiden jungen Leute lastete,
so fühlten sie doch, daß sie zusammengehörten und das
war ihnen ein großer Trost. Und als der Toni sich zu
dem neben ihm sitzenden Mädchen wandte mit der schick-
salhaften Frage: „Wie wäre es, Klärchen, wenn ich
D^ch durch's ganze Leben fahren würde," da lohnte ihn
ein leuchtender Blick aus ihren seelenvollen Augen und
das Geständnis: „Ja, dann wäre ich wohl das glück-
lichste Menschenkind auf der ganzen Welt".
115
¿DlC / Von L. Schumann
Der Tobäs-jäb hat frisch geheiratet. Hei, wie schön
das ist. so seinen eigenen Haushalt zu haben! Und ein
jungfrisches Weibchen, das einem jeden, auch den ge-
heimsten Wunsch aus dem Herzen liest. Und kochen
kann sie, kochen — na, ich sage, so was gibts nicht ein
zweites Mal. Das heißt: mit einem — ja — nein —
das mit den gebratenen Kartoffeln, — nein — das
muß man ja wohl zugeben, mit den Gebrätelten, das hat
sie doch noch nicht so ganz heraus! Wenigstens nicht so,
wie seine Mutter, das muß er offen sagen, die hatte
immer so ein artliches Gewürz dran, so etwas feines,
man möchte fast sagen, Ganzwashervorragendes, wie
er's seit der Zeit noch nicht bei ihr, seiner Eheliebsten
gefunden hat, trotz aller Mühe, die sic sich ja augen-
scheinlich gibt, was man ja anerkennen muß; nicht?
Ra ja denn! Was nicht ist, kann ja noch werden!
Und seine Katrien gibt sich wirklich alle Mühe, hinter
dies Geheimnis zu kommen, befragt sich bei der ganzen
Nachbarschaft und den ältesten Frauen, die es doch
eigentlich wisien sollten. Aber die wissen auch nix! —
Rein — keine kennt ein solches Gewürz. Und so steht
sie auch eines schönen Tages wieder auf der Treppe bei
der Nachbarin und klagt der ihr Leid, was wohl heute
wieder ihr lieber Iäb sagen wird, wenn die „Gebrädelte",
die drinnen auf dem glühendroten Herd brozzeln, immer
noch das berühmte Gewürz vermissen lassen. Ach Gott
ja! — Und — „ach Gott, mei Krumbiere brenne ahn!"
schreit da mit eincmmal das Katrien auf und läuft
davon und seufzt drinnen in der blitzblanken Küche, die
von dickem Rauch erfüllt ist, „ach du mei liewer
Schtrosack noch emol! — Heid kriehn ich se vunnem:
Erscht sinn ich sei gutt Gewirz nit for sei Gebrädelde
un sey laß' ich se noch ahnbrenne! Oh du liewer Au-
guschtin, alles is hin, iß hin!"
Und dann richtet sie mit gemischten Gefühlen und
sich schwerer Schuld bewußt, den Tisch, denn er kann
doch alle Augenblicke kommen —ach — da ist et schon!
Was er nur sagen wird? Und heimlich und „schräägs
vunn dr Seit" beobachtet sie ihn, wie er in die Kartoffel
hineinhaut und ist über die Maßen verwundert, wie er
ihr anerkennend zunickt, ihr dann fröhlich bewegt und
dankbar über die Wangen streicht und anerkennend sagt:
„Endlich! — Endlich haschde's eraus, wie mr Gebrä-
delte macht! Daß iß daselwe Gewirz, wo aa mei Mutter
immer drangehatt hat! Doh gebt sich Heid emol gelatzt!"
Und gab seiner Katrien noch einen Ertrakuß. Denn
die Liebe geht bei den Männern immer noch durch den
Magen. Und über die Geschmäcker läßt sich bekanntlich
nicht streiten.
r- v,
Js das Jkngschde?
Roseduft un Putscheblumme,
Frehliches Zesammekumme,
Waldesdom un Nachdigalle,
Sing un Sang un Hernerschalle,
Farwig bunde Schmedderlinge,
Amschelschlag un Lercheschwinge,
Blauer Himmel, griene Wiese,
Wirz’gi Morjeluft-genieße,
Sunneschein un Frohsinn trinke,
Kinnerfrääd un Auweblinke,
Herzlich, glicklich Fraueiache,
Ganz vunn weidem Bellerkrache,
Jauchze, Rufe, Diecherfladdre,
Frohi Inkehr, Endeschnaddre,
Omets gar eß Danzbään schwingschde —
Iß daß Pingschde? —
Das iß Pingschde!
. C. Schumann,
S______________________________________________________________________J
116
Ein langer öonntag /
Saß der alte Schuhmacher Walter in der
Hinteraaste in dem Winkel seiner Küche, der
seine Werkstatt darstellte, vor seiner Schuster-
bank am Fenster auf seinem Dreibein und blin-
zelte, den Knieriem tatlos in der Hand haltend,
nachdenklich in seine Schusterkugel, in deren
wastergesülltcm Kristall goldne Sonnenstrahlen
funkelten.
Fastnacht war morgen! Dicke Eisblumen
malte verspäteter Frost ans Fenster, lange
schwarze Spinnfäden schwanaen sich leise in dem
vom warmen Ofen aufsteigenden Brodem;
irgendwo summte ärgerlich eine Fliege in einem
irdenen Topf, einen Ausweg aus drangvoll
fürchterlicher Enge suchend, und die Saiten der
Gitarre an der weißgetünchken Wand klangen
kaum hörbar im kosenden Licht der Wintersonne.
Fastnacht war morgen! Und lange wars her,
daß er zum letzten Male sie, die Gitarre, lieb-
kosend ans Herz gedrückt, sie, die er sonst im
frohen Kreise zu Schclmenliedern geschlagen, als
seine Frau noch jung und hübsch und nett war
und noch nicht den leibhaftigen Satan im Genick
hatte.
Schlimmer kennte Beelzebub in der Hölle
nicht sein, wie sie! Ihr ewiges Keifen, ihr Drang-
salieren am Tag, ihr Schelten in der Nacht,
wenn er mal quietschvergnügt von lustiger Ge-
sellschaft nach Hause kam, lagen ihm wie Wagen-
lasten auf dem Gemüt.
Aber morgen war Fastnacht! Langsam reifte
in ihm der Entschluß, mal wieder lustig und mit
andern fröhlich zu sein, Sehelmenlieder zu singen,
daß es eine Art hatte. Was hinderte ihn denn
daran? — Seine Alte? — Ach wo! Die erfuhr
einfach garnichts davon! Sonntags lieferte er
doch immer seine Schuhe ab, und da blieb er ein-
mal einfach geschäftlich aus! Sela!
Und schon hatte er die alte Vertraute seiner
lustig verbrachten Tage von der Wand genom-
men, stimmte an rangsenden Wirbeln ihre Sai-
ten, räusperte sich bellend und von den rauch-
überhauchten Wänden klang klar und rein das
alte „Fasenaachtsbozelied":
's iß Faasenaacht, 's iß Faasenaacht,
Die Kiechelcher gewwe gcback,
Eraus drmet, eraus drmet,
Mr schteggc se in de Sack!
Sperrangelweit flog die Tür auf. Mit wü-
tend blitzenden Augen stand seine Frau in ihrem
Rahmen. „Haschde sunscht nix se duhn?" grollte
Carl Schumann, Saarbrücken
sie ihn an. „Schaff dei Arwet, daß Geld ins
Haus kummt!"
Lächelnd, als ginge ihn die gaine Sache
nichts an, und ohne auch nur auf ihr Schimpfen
im geringsten einnigehn, ding er das Instrument
wieder an seinen Platz. Die Sache war für ihn
erledigt: es blieb bei seinem Entschluß: Morgen
war Fastnacht!------
Ruhig, wie selten, verging die Nacht. Am
Morgen, wie immer am Sonntag, packte er nach
altem Schusterbrauch seine fertigen Arbeiten in
seine grüne Schuhmacherschürze und, als seine
Frau die Küche verkästen hatte, um im Neben-
zimmer nach den Betten zu sehen, geschwind seine
Gitarre unter den Arm, und war — husch —
die Treppe hinab, so daß er kaum noch vernahm,
wie ihm seine Frau nachrief: „Am zwelf werd
geß!" — „Meinctweje!" dachte er, längs der
Häuser der altgewohnten Gaste hinhuschend,
lieferte seine Ware ab und saß um Zwölf Uhr in
der „Blauen Hand" in der Vorstadt, hatte die
Gitarre an der Brust und sang mit gleichge-
stimmten Bürgern lustig drauflos. Es war doch
nur einmal Fastnacht im Jahr!
Als die nahe Uhr der Schloßkirche zum vier-
ten Nachmittagsschlage aushob, wurde die Mel-
dung gebracht, daß seine Frau im Anmarsch sei
und so verschwand er durch die Hintertüre, be-
gleitet von dem dröhnenden Lachen der zurück-
bleibenden Genosten, und zwei Minuten später
klangen wieder seine fröhlichen Weisen mit
gleichgesinnten Bürgern und Handwerkern aus
der verräucherten Wirtsstube der „Grünen
Hand".
Es war das reine Versteckcnspicl, das er heute
mit seiner Frau trieb: aus der „Grünen Hand"
gings zur „Rätsch", von dort zum „Roten
Haus", dann zum „Lamm" und von dort zurück
zur „Blauen", und so immer weiter im Kreise
herum, und die Eingeweihten und Zuschauer
hatten ihre helle Freude daran. Und das darf
nicht geleugnet werden: Auch er! Weniger aber
seine ihm angetraute Gattin. Und als abends
der Nachtwächter die zehnte Stunde rief, lag
eine müde abgespannte Frau allein im Himmel-
bett und knutterte grollend vor sich hin. Doch als
der Hahn seine Hennen zum Frühstück weckte,
schlüpfte ein frohgemuter Sänger ins Fremden-
zimmer der „Goldnen Post" in der Neugaste. —
Rosenmontag war und wie üblich wurde der
jährliche Fastnachtzug auf dem Schloßplatz auf-
gestellt. Wahlschdersch Hennrich, der Künstler
117
auf den Eichcnholzklappern, hatte wie alljähr-
lich eben seine Kläppergarde herbeigebracht, als
auch schon der Wagenpark des Zuges sich in Be-
wegung setzte. Das bestgelungenste Stück der
überaus bunten Maskerade war der Wagen, der
sich „Männer unter dem Pantoffel" nannte und
bei dem schon die heutige Vermännlichung der
Frau in sinnfälliger Weise vorausgeahnt und
verspottet wurde: oben, in einem Riesenpantoffel,
saßen die Frauen und schmückten sich: kämmten
ihr goldenes Haar und bemalten ihre Fasiade.
Unten, an der Waschbütte, standen die Männer,
schrubbten und spülten, und in ihrer Mitte stand
der alte Walter, hatte seine (Gitarre im Arm,
zupfte ihre Saiten und sang die für diesen Tag
und Wagen vorbereiteten Lieder. Oh, war das
schön! Aber trotzdem wollte cs einer Frau an der
Hintergastenecke gar nicht gefallen, als er grade
das Lied anstimmte, das den vielen andern Zu-
schauern so recht aus der Seele gesprochen war:
Die Ehe ist ein großes Übel,
Ein unerträglich schweres Joch,
Mir kommt sie vor wie eine Zwiebel:
Man weint dabei und frißt sie schließlich doch!
Wütend ballte sie die Hand zum Fenster hin-
aus: „Waart nur — du kummscht mr jo Heid
Omend Häm!" Und wuchtig klirrten die Schei-
ben in ihrem Rahmen.
Als aber abends der Nachtwächter die zehnte
Stunde rief, lag eine müde abgespannte Frau
allein in ihrem Himmelbett und knulterte grollend
vor sich hin. Doch als der Hahn seine Hennen
zum Frühstück weckte, schlüpfte ein frohgemuter
„Faasenaachtsboze" ins Fremdenzimmer der
„Goldnen Post" in der Neugasie.
Aber am Fastnachtsdienstag in der Frühe
stieg kein Rauch wie sonst blau aus dem Schorn-
stein der Walterschen Wohnung. Mit über-
wachten Augen lag eine grüblerische Frau im
Himmelbett: „Nix ze esie krieschde — nir ze esse!"
schimpfte sie mit geballten Händen vor sich hin.
Dann wieder lauschte sie angestrengt zur Türe
hin. Aber das altgewohnte Quietschen ihrer
Angeln blieb heute stumm.
Am Abend stand eine Frau vom Lager auf,
hantierte am Herd, stellte Teller und Tasten auf
den freundlich gedeckten Tisch und verschwand
schweigend im Nebenzimmer, lag mit wachen
Augen im Himmelbett, bis der Wächter die
zehnte Stunde rief. Aber als die Angeln der
Tür immer noch nicht ihr altgewohntes Quiet-
schen ertönen ließen, legte sie sich müde auf die
andere Seite. Ruhiges Atmen verriet bald
darauf den Schlaf einer Gerechten.
Aber im „Alten Kasino" in der Neugaste
stand im Saale mitten unter den Masken allen
der alte Walter, hielt die Gitarre im Arm und
sang mit angerosteter Bierstimme unter jauch-
zendem Lachen der „Faasenaachtsbozen" die
alten Fasinachtslieder, die nicht grade dem Preise
der Frauen galten:
Mädchen und Zigarren,
Sind in Vielem all sich gleich:
Beide sind stets schief gewickelt,
Oft zu hart und oft zu weich!
sang er. Und vieles andere dazu.
Doch als der Hahn am Aschermittwochmorgen
zum zweiten Frühstück seine Hennen lockte, da
schlüpfte, etwas schwankenden Schrittes wohl,
aber aufrecht, der alte Walter aus der Hinter-
gaste in den Flur seines Hauses. Die Angeln
quietschten ein fröhlich Willkomm und oben aüs
den Kisten des Himmelbettes stieg freudig be-
wegt eine freundliche Frau, eilte beflügelten
Fußes zur Tür, öffnete und ließ den nun völlig
Verdutzten ein.
„Vischde doh?" frug sie nett, und auf die ge-
öffnete Küchentüre zeigend, meinte sie freund-
lich: „Kumm, dein Este schteht im Backowe! Es
werd schunn halb verbruzzelt sinn!"
„Iojo", nickte er zustimmend, kratzte sich dann
etwas verlegen am Hals, schaute von untenauf
seine Frau liebkosend an und sprach: „Herrgolt-
nochcmol, daß doh war awwer aa cmol Widder
e Sunndah gemahn!" Und hing die Gitarre
krachend an ihren Nagel.
Dann wars auf einmal stille und der Engel
des Friedens flog fortan heimelig durch die Zim-
mer des früher so ungastlichen Hauses.
CDui Qlladclien und ein ßß)laschen QCdein / Courieren alle Qlot
dljind wer nicht trinicl und wer nidhl (cußl I CJ/er isl so gut wie tot.
Goethe
118
80 Jahre (3*lÖkr*lftni*lfChinC v°» rr.W.Landgraeber
An einem Eckhaus der Servacsgaste in Köln ist eine
Gedenktafel angebracht mit der Inschrift:
„An dieser Stelle schufen im Jahre 1861 August
Nikolaus Otto und Eugen Langen die atmosphä-
rische Gaskraftmaschine. Diese schöpferische Tat war
der Beginn für den Siegeszug des Verbrennungs-
motors durch die Welt."
Es steht nunmehr unverrückbar fest, daß der erste wirt-
schaftlich arbeitende Gasmotor von August Nikolaus
Otto geschaffen wurde. Seine Anregung hierzu hatte er,
das sei aus Gerechtigkeilsgründen nicht verschwiegen,
durch eine Pressenotiz über die Erfindung einer neuen
Kraftmaschine Lenoirs erhalten, an deren Schaffung
allerdings der Uhrmacher Reithmann zu München und
der Engländer Cockiwll bereits vergeblich gearbeitet hat-
ten. Es ist für unseren Landsmann umso verdienstvoller,
daß weder die genannten noch viele andere Erfinder in
dieser Sparte der Maschinentechnik ihre Konstruktion
nicht zu dem erwünschten Erfolge für die Praris durch-
zuführen vermochten. Das war unserem Meister Otto
vorbehalten, dem der glückhafte Wurf gelang. Mit
seinem Motor, der heute seinen Namen trägt, hat er
die Grundlage für das gewaltige Gebäude der heutigen
Verbrennungs-Maschinentechnik geschaffen. Seine Er-
findung muß zu den größten deutschen Erfindungen, ja
der Welt gerechnet werden, die wie kaum eine andere
so umwälzend in Arbeit und Wirtschaft eingegriffen hat.
Sie ist ferner das klassische Beispiel dafür, daß auch
dem unbefangenen, vor technischen Problemen stehenden
Nichtfachmann, die Lösung eines Problems von welt-
wirtschaftlicher Bedeutung gelingen kann. Wie gesagt,
Otto war von Beruf Kaufmann, aber von dem einmal
gefaßten Gedanken bcsesien, eine besicre Maschine zu
schaffen, als jener Lenoir'sche Koloß, den Karl Benz
scherzweise „Rotierender Olklumpcn" nannte. Jener,
von Lenoir wie eine Dampfmaschine konstruierte Motor,
wog nicht weniger als 660 kg, leistete bei 3 in Länge
nur 1 PS und verbrauchte zu einer PS/st. 3 cbm
Leuchtgas. Sie war eine Unmöglichkeit. Umso-
mehr, wenn man sich vergegenwärtigt, daß heute ein
kleiner Hilfsmotor für Fahrräder bereits 1,5 PS ent-
wickelt und dabei leicht in eine Aktentasche gesteckt wer-
den kann. Das Gleichacwichtsvcrhältnis zwischen dem
ersten atmosphärischen Otto-Motor und einem modernen
100 PS-Motor, das heute etwa 60 : 1 ist, änderte sich
nun nicht etwa plötzlich. Auf der Reichsausstellung
„Schaffendes Volk" im Jahre 1937 wurde einer der
ersten Otto-Motoren gezeigt, der 60 Jahre lang ge-
laufen batte. Er leistete ebenfalls nur 1 PS und wurde
damals mit 3iährigcr Garantie für 600 Thaler geliefert.
Neben ihm war ein moderner 7 PS-Motor zum Ver-
gleich aufgestellt, der sich gegen den alten, klobigen
Veteran wie ein Zwerg ausnahm.
Um die gleiche Zeit wie Otto damals sein viel ange-
feindetes Prinzip des atmosphärischen Gasmotors ge-
lungen war, verband er sich mit dem genialen und tat-
kräftigen Ingenieur Eugen Langen (dem späteren Erbauer
der Elberfclder Schwebebahn). Ihre fruchtbare Gemein-
schaftsarbeit verbesierte bald den Wirkungsgrad des
Otto-Motors derart, daß er auf der Weltausstellung in
Paris im Jahre 1867 nicht nur die goldene Medaille
erhielt, sondern auch seine Konkurrenten ein für allemal
aus dem Felde schlug. Bei einer daselbst vorgenommenen
Prüfung auf Leistung und Gasverbrauch zwecks Ver-
leihung der Auszeichnungen, übertraf er Lenoir und den
Ingenieur Hugon, der ebenfalls mit einer Konstruktion
auftrat, derart, daß sich die Wertung bei gleicher Leistung
wie 10:6:4 verhielt. Der Gasverbrauch bei dem
deutschen Otto-Langen-Motor betrug nur die Hälfte des
Hugon-Motors und nur ein Viertel des Lenoir'schen
Wettbewerbers.
Trotz der großartigen Erfolge wurde immer wieder
versucht, das Erstrecht der Erfindung anzufechten und die
Einführung des Motors in Arbeit und Wirtschaft zu
hintertreiben. Eine preußische Deputation für Gewerbe
empfahl sogar dem königl. Ministerium, es möge Ottos
Patentsgcsuch ablehnen. Der nunmehr einsetzende Sieges-
lauf des Ottomotors war infolge des gelieferten
Leistungsbcweises in Paris nicht mehr aufzuhalten. 2m
Jahre 1869 wurde der kleine Betrieb aus der Servaes-
gasie in Köln, wo Otto im Jahre 1861/62 mit dem
Mechaniker Zons zu basteln begonnen hatte, nach Deutz
verlegt. Auf Veranlasiung des technisch wie kauf-
männisch begabten und dazu noch wagemutigen In-
genieurs Euaen Langen wurde im Jahre 1872 eine
Aktiengesellschaft gegründet, die bisher als offene Han-
delsgesellschaft „Langen, Otto und Rosen in Köln"
bestand. Mit ihr wurde der Grundstein gelegt für den
Aufbau eines Unternehmens, das jetzt den Namen
Klöckner-Hnmbold-Deutz-A.G. trägt und besten führende
Stellung heute in der ganzen Welt anerkannt ist.
Um die gleiche Zeit trat Gottlieb Daimler als tech-
nischer Direktor und Wilhelm Maybach als Konstrukteur
in das Unternehmen ein. Die Sericnherstellung wurde
eingeführt und innerhalb weniger Jahre konnte die Pro-
duktion auf monatlich 100 Stück gesteigert werden.
Ihre Leistung erreichte jedoch nicht mehr als 3 PS-
Motore. Otto halte frühzeitig erkannt, daß der Wir-
kungsbereich ein beschränkter bleiben mußte, wenn die
Leistung nicht auf jede beliebige erhöht wurde. In lang-
jähriger zäher Versuchsarbeit gelang ihm diese Ver-
besterung im Jahre 1876. Es war die Krönung und der
Sieg aller Mühen und Kämpfe seit dem Jahre 1860,
es war der „Neue Otto-Motor", die erste erfolgreich
arbeitende Viertaktmaschine. Mit ihr, die am 4. August
1877 das Viertaktpatcnt 532 (Priorität vom 6. Juni
1876) erhielt, konnte an die Entwicklung größerer Ma-
schineneinbeilen herangegangen werden. 2m Jahre 1878
konnten Otto-Langen die erste 8 PS-Maschine liegender
Bauart in Betrieb nehmen, der anfangs der 80er Jahre
der Bau von 60 PS-Maschinen folgte. Hier bewahr-
heitet sich wieder einmal die Tatsache, daß es einen Er-
119
folg ohne Arbeit ebensowenig gibt, wie einen Sieg ohne
Kampf, daß cs kaum einen Menschen auf der Welt gibt,
dem große Erfolge über Nacht als reife Frucht in den
Schoß fallen. Ottos Leben war Arbeit, W.lle zur Ar-
beit. Er vollbrachte mit dem Viertaktmotor eine erfin-
derische Tat, von der der berühmte Professor Reulcaur,
der bereits auf der Pariser Weltausstellung als deut-
sches Mitglied im Prcisausschuß mitwirkte, sagte, sie sei
die größte Erfindung im Kraftmaschinenfach seit Er-
findung der Dampfmaschine, lind Ford meinte beim
Erblicken der ersten Vicrlaktmaschine in der „Siegesallee
der Motoren", die sich unter dem Namen „Industrie-
Museum-Dcutz" in Köln befindet: „Auf dieser Maschine
beruht meine Lebensarbeit." Otto selbst wird durch sie
in die Reihe der größten und unsterblichen deutschen
Erfinder sowie denen der Welt eingereiht, da nur selten
zwei vollkommen neue technische Gedanken demselben
Kopf entspringen. Kleine Geister haben immer andere
um den Preis ihrer Arbeit beneidet, ohne daran zu
denken, daß nur Arbeit und immer wieder Arbeit die
Grundlage aller großen Taten bildet. So auch hier.
Obwohl kaum um ein anderes Patent wie um das Otko-
sche Biertaklpatcnt so heiß gestritten wurde, ist der
Otto'sche Prozeß cntwicklungsgcsch'chrlich die Grundlage
für alle späteren Schöpfungen und Vervollkommnungen
im Motorenbau, für Gasmaschinen, die nach dem Ver-
puffungsverfahren, und für Dieselmotoren, die nach dem
Gleichdruckvcrfahren arbeiten u. dcrgl. Es führt eine
gerade Linie von ihm zu der heute im Vordergrund
stehenden Motorisierung. Er ist der Ausgangspunkt der
Motorisierung der Welt mit ihren Kraftwagen, deren
Zahl von rd. 120 000 im Jahre 1907 auf rd. 43 M:llio-
km Halbjahrhunöert
Der moderne Mensch nimmt die elektrische Bahn als
Selbstverständlichkeit hin, als ob er darauf ein Recht
hätte. Es kümmert ihn nicht weiter, welch ungeheure
Vorarbeiten und Erfindungsschmerzcn mit dieser Er-
rungenschaft verkörpert sind. Es geziemt daher, zum
goldenen Jubiläum ihrer Entwicklung und ihrer Pioniere
zu gedenken. Mit Stolz können wir behaupten, daß
die elektrische Bahn eine deutsche Erfindung ist. Obwohl
viele sich mit der Lösung des Problems befaßten und
in die Materie einzudringen versuchten, gelang nur einem
der glückliche Sprung, etwas Brauchbares zu schaffen.
Das war unser großer deutscher Meister Werner
Siemens, der Vater des elektrotechnischen Zeitalters.
Ihm gebührt der setzt unbestrittene Ruhm, der erfolg-
reiche Pionier dieses wichtigen Verkehrsmittels zu sein.
2m Jahre 1890 legten Siemens & Halste einen Ent-
wurf eines Neyes von elektrischen Bahnen in Berlin vor,
bestehend aus Hoch-, Tunnel- und Straßenbahnen. Aber
wie bei den meisten großen Erfindungen standen auch
hier anfänglich Spott und Hohn an der Wiege. Ob-
nen im Jahre 1937 gestiegen ist. Wir sehen den Vier-
taktmotor in den Werkstätten der Handwerker, als viel-
tauscndpferdige Hochofcngasmaschine, als die größten
Koksofcngasmaschinen der Welt, im Bergbau, in Stick-
stoffwcrkcn u. a. 2m Jahre 1896 baute Deutz die erste
brauchbare 4 PS-Grubcnlokomotive und ebnete dadurch
dem Motor den eisernen Schienenstrang des Welt-
verkchrmittcls, das sich Eisenbahn nennt. Wir finden
den Viertaktmotor als Lokomobile und Motorschlepper
in der Landwirtschaft, als Schiffsmotor auf kleinsten
Wasierfahrzeugcn bis zum größten Ozeanriesen, auf
Kriegsschiffen und U-Booten, im Auto, im Luftschiff
und Flugzeug sowie als Maschine zur Kraftcrzeugung
in großen und kleinen Zentralen.
Die Deutzcr Betriebe beschäftigten im Jahre 1871
nur 53 Gcfolgschaftsmitglieder und 1889 bereits 700.
2m Ganzen sind seit Gründung über 550 000 Motoren
mit über 7 Millionen PS aus den Deutzer Werken in
alle Welt gegangen als Zeuge für die Leistung deut-
schen Motorenbaues. Fast überall in der Welt sind
Zweigfabriken. Otto erhielt von der Universität Würz-
burg den Ehrendoktor, eine damals seltene Auszeichnung.
Er und sein Mitarbeiter Langen wurden von der
Siemens-Ring-Stiftung durch ein Denkmal geehrt. 2m
Ehrensaal des Domes deutscher Technik, im Deutschen
Museum, München, ist von beiden ein Doppelrelief an-
gebracht. Am Bahnhof Köln-Deutz ist ein Otto-Motor
als Maschinendenkmal zu Ehren der ersten deutschen
Motorpioniere erstellt worden. Nicht nur Daimler, May-
bach und Benz konnten in Deutz ihre ersten Erfahrungen
sammeln, sondern auch Ochclhäuser, Diesel, Körting
u. a. m.
elektrische Bahn
^ Von Fr. W. Landgraeber ~j
wohl Siemens den einwandfreien Beweis für die
Brauchbarkeit seiner genialen Konstruktion erbracht hatte,
betrachtete man seine Bahn lediglich als Spielerei. Eine
derzeit angesehene Fachzeitschrift schrieb, man könne sich
von der Siemensbahn keinen weitgehenden Nutzen ver-
sprechen. Obwohl die Zeit für seine Pläne noch nicht
reif und die Pferdebahn immer noch als das ideale Ver-
kehrsmittel betrachtet wurde, setzte Siemens, der weiter
dachte als die vermeintlichen „Sachverständigen" seiner
Zeit, mit einer Zähigkeit und Tatkraft ohnegleichen seine
selbstgestellte Aufgabe in Taten und Erfolge um. Da
er aber in Deutschland nicht das richtige Verständnis
fand, mußte seine Erfindung, genau so wie beim Auto,
Telefon und andern wichtigen deutschen Erfindungen ins
Ausland gehen.
An dieser Stelle dürften vielleicht einige Kuriositäten
aus der Kindheit der elektrischen Bahn von 2ntereffe
sein. Auf der Gewerbe- und 2ndustrie-Ausstellung in
Hamburg-Altona wollte Siemens erstmalig eine neue
Anwendung seiner hochbedcutcnden Erfindung der
120
AUS DER DÜRER-MAPPE, HERAUSGEGEBEN VOM KUNSTWART
RITTER, TOD UND TEUFEL
Dynamomaschine als Motor zeigen. Er baute eine ein-
fache, feldbahnartige Dahn von rund 400 rri Länge.
Der Strom wurde durch die Schienen zugeführt. Man
konnte sich, wenn man mit gespreizten Beinen auf beiden
Schienen stand, elektrisieren. Da es nichts kostete, wurde
reichlich Gebrauch davon gemacht; aber mit der „Elek-
trischen" fuhr niemand, da es einen Groschen kostete. Das
war viel zu teuer in Anbetracht dessen, daß man mit
einem Omnibus beinahe eine Stunde lang für den
gleichen Preis fahren konnte. Etwas später wollte
Siemens zwei Hauptverkehrsstraßen Berlins mit elek-
trischen Hochbahnen versehen, und zwar die Friedrich-
und d.-'e Leipziger Straße. Dieser Plan wurde jedoch
glatt abgelehnt. Siemens ließ nicht locker. Er wollte
unter allen Umständen den Beweis bringen für die
Richtigkeit seiner Konstruktion und deren künftige Be-
deutung. Schließlich durfte er eine Bahn bauen, die
die Hauptkadettcnanstalt in Lichterfelde bei Berlin
mit dem Bahnhof der Anhaltischen Bahn im selben Ort
verband. Der einzige Zweck dieser merkwürdigen Bahn
sei, so meinte spöttisch eine Zeitschrift, nur der, die künf-
tigen preußischen Fcldmarschälle durch die märkische Heide
spazieren zu fahren. Die Schienen dieser Bahn lagen
frei auf dem Boden des Bahnkörpers; eine diente zur
Hin- und die andere zur Herleitung des 110 Volt starken
Betriebsstromes. Zur Isolierung genügten hölzerne
Schwellen. Nun mußte die Bahn verschiedene Verkehrs-
wege überqueren. An solchen Stellen wurde das Gleis
versenkt geführt. Hier stellten sich allerlei seltsame Be-
gebenheiten ein. Mensch und Tier wurden elektrisiert.
Besonders Pferde hatten hin und wieder das Pech, beide
Schienen gleichzeitig zu berühren. Aus einem Bericht
ist uns folgendes überliefert: „Einer der dort ver-
kehrenden Fuhrleute, der offenbar ein besonders empfind-
liches Pferd hatte, verlangte Schadenersatz, weil der Gaul
nach einem von den Schienen erhaltenen Schlag nicht
mehr zu bewegen war, über das Gleis zu gehen, weshalb
er gezwungen sei, dem Vieh jedesmal vor dem Über-
schreiten die Augen zu verbinden." Später half man
sich damit, die Schienen an den Straßenübergängen von
der Stromzuführung abzutrennen und die Wagen strom-
los fahren zu lasten.
Siemens war sich darüber klar, daß seine Probebahn
noch kein endgültiges Vorbild war. Er nahm Verbeste-
rungen über Verbesterungen vor. In Deutschland interes-
sierte sich trotzdem niemand hierfür. Die elektrische Bahn
kam in ihrer Entwicklung Jahre lang ins Stocken. Sie
wurde erst wieder neu belebt, als in Amerika vor mehr als
50 Jahren der Versuch mit einer elektrisch betriebenen Bahn
gemacht wurde. Hier war es der Ingenieur Sprague,
der die Gedanken und Konstruktionen unseres deutschen
Meisters Siemens aufgriff und ihnen zum Siege vcr-
half. Aber auch dort ging es nicht ohne Kuriositäten ab.
Es war in Richmond, wo die erste Bahn laufen sollte.
Alles ging glatt vonstatten bis auf die Überwindung einer
Steigung der Fahrstraße. Obwohl der begleitende In-
genieur versicherte, der Motor sei stark genug, um den
Wagen eine steile Wand hinauf zu fahren, geschah hier
das Unheil. Der Wagen hatte zwar die Straßensteigung
geschafft, blieb aber plötzlich oben stehen und zwar gerade
vor einem sich entleerenden Theater. Eine große Men-
schenmenge umringte sofort das Gefährt. Um dem Ge-
spött der Menge zu entgehen, verfiel Sprague, der sofort
erkannt hatte, daß der Motor infolge der Überlastung
durch die Steigung durchgeschmort war, auf eine Lisi.
Er rief seinem Begleiter zu: „Wir müsten jetzt den
Stromkreis prüfen. Gehen Sie ins Depot und holen
Sie die Instrumente." Alsdann schaltete er das Licht
aus und legte sich auf die Bank bis sich die schaulustige
Menge verlaufen hatte. Sein Gehilfe kam einige Zeit
später in der Dunkelheit mit den Instrumenten zurück.
Diese aber waren einige kräftige Maulesel, mit denen
der stromlos gewordene Wagen abgeschleppt wurde. Es
war dieses jedoch nicht der einzige Trick, zu dem man
seine Zuflucht nehmen mußte, um die Brauchbarkeit der
elektrischen Bahn zu beweisen. Als die Bahn der Öffent-
lichkeit übergeben werden sollte, kam aus den Kreisen
der Delegationen, die sich von der Brauchbarkeit über-
zeugen sollten, der Einwand, man könnte nicht alle Wa-
gen gleichzeitig anlaufen lasten. Die dazu erforderliche
Stromstärke sei plötzlich so groß, daß die Anlage über-
lastet würde. Sprague widersprach, obwohl er genau
wußte, daß der Einwand nach dem damaligen Stande
der Technik berechtigt war. Er machte sich trotzdem an-
heischig, 22 Wagen gleichzeitig fahren zu lasten. Er
stellte sie vor dem Depot auf und gab das Zeichen zum
Anfahren. Nach geheimer Verabredung der Führer
fuhren alle Wagen in kleinen kaum vernehmbaren Ab-
ständen ab. Sprague hatte die Zuschauer überlistet und
zwar dadurch, daß die Kurbeln der 22 Wagen nicht auf
einmal, sondern wie verabredet, nacheinander in Be-
wegung gesetzt wurden. Niemand hatte es gemerkt; aber
Sprague hatte seinen Zweck erreicht. Er wurde dadurch
zum Vater der elektrischen Bahnen in Amerika. Seit
dieser Zeit hat die Erfindung unseres deutschen Meisters
Siemens ihren Siegeslauf durch die ganze Welt an-
getreten.
Die Elektrifizierung des Wclteisenbahnnehes hat heute
bereits 20 Millionen Kilometer überschritten. Wer hätte
vor 50 Jahren daran gedacht, daß sich aus der ersten
12pferdigen elektrischen Grubenlokomotive in der
Kohlengrube Zuckerode Lokomotiven mit fast
7000 ?S entwickeln würden, die sogar an Leistungs-
fähigkeit die Dampflokomotiven weit überflügeln.
Übrigens war jene erste elektrische Lokomotive schon
damals so vorzüglich konstruiert, daß sie 45 Jahre lang
ihren Dienst versehen hat. Auch ein Zeichen für die Güte
deutscher Wcrkarbeit.
Der deutsche Bergmann steht in der vordersten Front der Heimatkämpfer!
121
Albrecht Dürer, der deutsche A/ialer aus Nürnb
urnoerg
Von Jak. Schug
Die Zeit, in der Albrecht Dürer lebte, die Wende um
1500, ist Deutschlands Blütezeit. Reichtum und Wohl-
stand sind in den Städten daheim. Ein italienischer
Reisender, Äncas Svlvius, der spätere Pabst Pius II.,
schreibt in einem Reisebericht:
Abb. 1. Selbstbildnis Dürers als Kind
„Deutschland war niemals reicher, niemals glänzen-
der als heute. Kein Land in Europa hat bessere und
freundlichere Städte als Deutschland; ihr Außeres ist so
frisch und neu, als wären sie erst vorgestern fertig ge-
worden". Das Bürgertum in den Städten war durch
den lebhaften Handel, der noch die großen Alpenstraßen
über Regensburg, Nürnberg, Erfurt, über Basel-Köln-
Rotterdam ging, wohlhabend geworden. Wo Wohl-
habenheit ist, stellt sich auch Bedürfnis nach den Dingen
ein, die das Leben verschönern. So war Nürnberg ein
Mittelpunkt des Kunsthandwerks. Noch war die Re-
formation Luthers nicht angebrochen. Zwischen der
alten Macht der Kirche aus der Zeit der Gotik und der
wachsenden Macht des.Bürgertums bestand noch Friede
und Zusammenarbeit. So waren für Maler, Bildhauer
und Gold- und Silberschmiede genug Auftraggeber, die
für Beschäftigung sorgten.
Dürer's Vater war Goldschmied. Der Sohn sollte
das gleiche werden. Darum erlernte er erst ein rechtes
Handwerk, um schließlich doch ein Maler zu werden.
Schon als Kind hat er versucht, sich selbst zu „konter-
feien", abzuzeichnen; Abb. 1 — Wir sehen das ernste,
viel zu reife Kindergesicht mit angestrengt beobachtenden
Augen, auch die Hand, etwas steif und klein geraten,
das Gewand mit den Falten, das lange Haar, wie es,
das Gesicht einrahmend, unter der Mütze herausquillt. Die
Linien rechts vom Kopf sind von einer späteren, unbe-
kannten Hand hinzugefügt. Das B.ld ist von Dürer
im Spiegel (wie alla Selbstbildnisse von Malern) ge-
zeichnet. Ihm war es wertvoll genug, es aufzubewahren.
Als reifer Meister hat er später auf dem Bildnis ver-
merkt, daß er dies mit 11 Jahren, „da er noch ein Kind
war", gezeichnet habe. Noch aus mehreren Selbstbild-
nisien kennen wir Dürer's äußere Erscheinung. Einmal
als Jüngling, vornehm und prächtig gekleidet, dann als
Mann, der Kopf idealisiert, mit langen, zur Schulter
fallenden Locken, nach der damaligen Sitte, die schlanke,
nervige Künstlerhand hält den kostbaren Pelzkragen.
Dieses schöne, edle Antlitz ist auch in die Vorstellung
des deutschen Volkes und der Welt eingegangen. Es
hängt jetzt in München. Auf großen, für Kirchen ge-
malten Bildern hat er sich öfter dargestellt, wie er, unten
in einer Ecke des Bildes stehend, eine Tafel hält, auf
der verzeichnet steht, daß er, Albrecht Dürer aus Nürn-
berg, der Maler dieses Bildes sei. Dazu seine Buch-
staben A. D.
Abb. 2. Dürers Mutter, Kohlezeichnung
Neben einer guten Schulbildung hat Dürer wan-
dernd Deutschland durchreist und Land und Leute
kennengelernt. Seine Skizzenbücher sind mit Land-
schaften, Dörfern, Bauern und fahrendem Volk, Blu-
men und Tieren gefüllt. Er ist der erste deutsche Maler,
122
der mit solchem Fleiß und solcher Fülle Dinge und Men-
schen unseres Vaterlandes abbildet. Mit ihm tritt die
deutsche Kunst an die Spitze der ganzen, damals be-
kannten Welt. Selbst in Italien, wo schon vor Dürer
Generationen großer Maler schufen, bewundert man den
deutschen Meister. Auch der deutsche Mensch seiner Zeit
ist uns durch Dürer dargestellt worden. Seine Eltern
und Freunde, Gelehrte, Handwerker und Fürsten sind
von ihm gezeichnet und gemalt worden. Eines seiner
reifsten Porträts ist das Bildnis seiner Mutter. Abb. 2.
— Dieser ausgemergelte, erschütternde Kopf zeigt, daß in
Dürer's Elternhaus auch die Sorge'und Not zu Hause
waren. Hier kann man bewundern, wie Dürer die Wahr-
heit wichtiger ist als die Verschönerung eines Gesichtes
und wie selbst Unschönes in einem Gesicht rührt und
ergreift.
Wie wir Menschen des 20. Jahrhunderts Dürer's
Werke kennen, kannten sie die Menschen seiner Zeit noch
nicht, weil man damals noch nicht solche Wiedergaben
herstellen konnte. Gewiß hatte seine Vaterstadt Nürn-
berg Originale von ihm; auch reiche Kaufleute, Freunde,
selbst der Kaiser Maximilian hatten Werke
seiner Hand. Das Volk kannte ihn zuerst aus seinen
Darstellungen zur Bibel. 2n jener Zeit konnten die
wenigsten Menschen lesen. An Stelle des gedruckten
Wortes trat das Bild. Dieses Bild mußte erst auf
Holz gezeichnet und dann herausgeschnitten oder in eine
Kupferplane gestochen werden, damit man es drucken
konnte. So entstand der Holzschnitt oder der Kupfer-
stich. Bevor Johannes Gutenberg die beweg-
lichen Buchstaben und damit die Buchdruckcrkunst erfano,
wurden ja auch ganze Buchseiten in Holz geschnitten und
oft mit Bildern gedruckt. So sind von Dürer ganze
Bilderserien in Holz geschnitten: Das Leiden und Ster-
ben Jesu, die Offenbarung des Johannes, Madonnen
und vieles andere. Hier aber tauchen seine Studien, die
er vor der deutschen Natur, der deutschen Landschaft,
dem deutschen Menschen gezeichnet hat, wieder auf. Seine
Phantasie, die sich die Bilder
der Bibel ausdenkt, wird er-
gänzt durch die wirkliche deut-
sche Welt. Die Abb. 3 zeigt
uns ein Teilbild aus einem grö-
ßeren Holzschnitt. Wir sehen,
wie unser Vaterland vor dem
30jährigen Krieg ausgesehen
hat. Blühende Städte und
Dörfer, ragende, wehrhafte
Burgen, ein reicher Waldbe-
stand, Kaufmannswagen auf
den Landstraßen, Schiffe auf
Flüssen und Seen. Vielen
Menschen der deutschen Lande
hat Dürer's Kunst das Bild
des Vaterlandes gezeigt. Aber
auch die Phantasiewelt der
Drachen und Ungeheuer ge-
staltete er glaubhaft und über-
zeugend. Pausbackige Kinder
standen ihm Modell zu seinen
geflügelten Engelsköpfen.
Aus seinen Briefen, die uns erhalten sind, erfahren
wir von seinen Reisen und Erlebnissen, von seinen Lieb-
habereien und von seinem Stolz, wenn er geehrt und
geachtet bei fürstlichen Gönnern zu Tische saß. Auch
Geldsorgen halte er oft und seine geschäftstüchtige Frau
hat ihn auf seiner Reise nach den Niederlanden mit
einer großen Sendung von Holzschnitten und Kupfer-
A.bt>. 4. Dürers Wohnhaus, wie es heute in
Nürnberg noch steht
suchen begleitet, die sie unterwegs verkaufte. Sonst saß
sie in Nürnberg auf der Messe und verkaufte sie dort,
wo sich Bücher- und Bilderkäufer einfanden. Diese
Schiffsreise, den Main abwärts über Würzburg, Frank-
123
Abb. 5. Heutiges Aussehen von Dürers Arbeits-
zimmer in Nürnberg
fürt, Bingen, Boppard, Köln nach den Niederlanden
hat uns der Meister in einem genau geführten Tage-
buch beschrieben.
Auch Italien hat er besucht und stolz schreibt er seinem
Nürnberger Freund, wie sehr dort seine Kunst von ita-
lienischen Künstlern und Kennern bewundert wird.
2n Nürnberg selbst hat man ihn mit seinem wachsen-
den Ruhm wohl zu schätzen gewußt und mit Aufträgen
bedacht. Ein jährlicher Ehrensold, den ihm der Kaiser
Marimilian aussetzte, enthob ihn in späteren Zähren der
täglichen Brotarbeit.
Sein Wohnhaus steht noch heute in Nürnberg.
Abb. 4, 5. Das Arbeitszimmer darinnen ist ein Ort der
Ehrfurcht für jeden deutschen Künstler. Es ist uns auf
einem seiner berühmten Kupferstiche „Hyronimus im Ge-
häus" abgebildet.
In seiner Zeit, die von der gewaltigen Umwälzung der
Reformation heimgesucht wurde, stand Albrecht Dürer
teilnehmend und mitlebcnd drin. In seinem ersten Holz-
schnittwerk „Apokalypse" sehen wir unten links —
Abb. 6 — auch einen Bischof und einen dicken Pfaffen
im Rachen der Hölle verschwinden. Lebhaft nahm Dürer
teil an dem großen Reformationswerk Martin Luthers.
Als Luther von seinen Freunden auf die Wartburg ent-
führt und dort versteckt gehalten wurde, weil der Bann
gegen ihn ausgesprochen und er dadurch in Gefahr ge-
kommen war, glaubte auch Dürer, er sei tot. Schmerz,
lich bewegt, beklagt er in einem Brief seinen Verlust.
Der schönste und männlichste Kupferstich Dürer's „Ritter,
Tod und Teufel" könnte eine Illustration von Luther's
Trutzlied sein, von der Strophe seines: „Ein feste Burg
ist unser Gott", wo es heißt: „Und wenn die Welt voll
Teufel wär und wollt uns gar verschlingen".
So steht Albrecht Dürer aus Nürnberg vor uns als der
deutsche, kämpferische Mann und Meister. Dreihundert
Jahre später führte ein anderer die deutsche Dichtkunst
auf eine ähnliche Höhe, Johann Wolfgang Goethe aus
Frankfurt a. Main. Am 6.4.1528 ist Albrecht Dürer
in Nürnberg gestorben.
Dürer's Werke aber sind uns heute, wo wir preiswerte,
gute Wiedergaben herstellen können, näher gebracht als
den Menschen früher. Seine farbigen Landschaftsbilder
sind für wenige Mark zu kaufen und sein „Ritter, Tod
und Teufel" ziert manches deutsche Zimmer als ein un-
vergänglicher Bildertrost in dieser Zeit schweren Schick-
salkampfes.
Abb. 6. Die vier apokalyptisehen Reiter, Hoiz-
schnitt
Nur das, was im Sturm stark steht, ist auch wirklich stark. Was gebrochen werden
kann, das taugt nichts. Adolf Hitler.
124
Das £3cÜ3 im deutschen Uolkstum / v°n o..° Lun»°,
Gilt das Brot als Urnahrunqsmittel der
Manschen, so ist das Salz das Urgcwürz zu
nennen. Schon in frühester Zeit wußte man, daß
es die Fähigkeit hatte, leicht verderbliche Speisen
vor Fäulnis zu bewahren. Die Fischer an Fluß
und See konservierten mit ihm ihre Fänge und
die Frauen machten damit das Fleisch haltbar.
Daß das Salz bereits den Indogerman^n be-
kannt war, geht daraus hervor, daß der Wort-
stamm „Sal" indogermanisch ist. Noch die Rö-
mer nannten das Salz so, während es bei den
Griechen „hals" hieß. Die Völker des klastischen
Altertums gewannen das Salz aus dem Wasser
des Meeres. Das Sieden der Salzsole, die dort
erschien, wo Steinsalz im Boden lagerte und
vom Master gelöst wurde und bei dem man das
Salzwaster über dem Feuer in feste Kristalle
wandelte, wurde erst von den Kelten geübt.
Durch Jahrtausende hat das Salz seine Be-
deutung behalten und spielt heute so wie früher
für Mensch und Tier als Nahrungs- oder viel-
mehr Verdauungsmittel eine Rolle. Es ist in
dieser Hinsicht ebenso wichtig wie das Brot, zu
dem es gehört und mit dem es auch immer wieder
genannt wird. „Salz und Brot macht Wangen
rot", sagt der Volksmund. Beim Einzug in eine
neue Wohnung schenkt man den Einziehenden
als erstes etwas Salz und ein Stück Brot. Diese
alte Sitte will sagen: „So lange diese Dinge im
Hause sind, leidet man keine Not", sie sind das
Notwendigste.
Unsere germanischen Vorfahren schrieben dem
Salz eine besondere Kraft zu. „Wenn man sein
Geld," so glaubten sie, „in reinem Master wusch,
Salz und Brot hinzulegte, so vermochten weder
Drachen noch böse Leute beides zu holen." Ihnen
galten die Salzquellen als unmittelbare Gaben
des Himmels. Die Gewinnung und Austeilung
des Salzes war ihnen daher heiliges Geschäft
und die Salzsude vielfach mit Opfer- und Volks-
festen verbunden. Von den Stämmen der Chat-
ten und Hermunduren wird erzählt, daß sie er-
bitterte Kämpfe um die Salzquellen führten.
Auch das Christentum achtete das Salz. Ihm
galt es als Sinnbild des erhaltenden und be-
lebenden Elements, denn in der Bibel heißt es
von den Jüngern: „Ihr seid das Salz derElde!"
In manchen Notzeiten ist das Salz den Men-
schen ein treuer Helfer gewesen. Machte es zu
allen Zeiten die Speisen schmackhaft, so bestreute
man, wenn Butter fehlte, das Brot mit Salz.
Selbst die Wastersuppe vermochte es genießbar
zu machen. Und auch heute noch muß es in der
Küche der Hausfrau stets zur Hand sein. Sie
braucht es alle Tage, manchmal auch als Medi-
zin. Früher wurde es jedoch für Nahrung und
Gesundheit so hoch bewertet, daß sich mancher
Aberglaube daran knüpfte. Es galt als schlimm,
wenn man bei einer Mahlzeit Salz vom Teller
zurück ins Salzfaß tat oder gar solches ungenützt
auf dem Teller liegen ließ. Man durfte auch nicht
damit spielen und keines verschütten. Für jedes
verschwendete Körnchen mußte man, so glaubte
man in Oldenburg, einen Tag an der Himmcls-
türe auf Einlaß warten. Allgemein verbreitet ist
der Glaube, daß man Streit bekommt, wenn man
Salz verschüttet.
Der Transport des Salzes geschah zunächst
auf Flüsten, später auf Straßen. Vielfach er-
hielten jene davon ihre Namen, wie die Saale,
die Salzach und andere, und „Salzstraßen" gibt
es noch heute in allen deutschen Gauen. Im
Mittelalter stand die wirtschaftliche Bedeutung
des Salzes besonders hoch. In landesherrlichem
Intercste wurde daher die Gewinnung und der
Vertrieb des Salzes gewissen Einschränkungen
unterworfen. Sowohl die Steinsalzbergwerke
als die Salzquellen wurden nach den ältesten
Bergordnungcn dem Verfügungsrecht der Grund-
eigentümer entzogen. Auch der Handel mit Salz
wurde vielfach gesetzlichen Beschränkungen unter-
worfen.
Daß bei solch hoher Bedeutung Orte, bei
denen Salz gewonnen wurde, von ihm ihre
Namen erhielten, darf nicht Wunder nehmen.
Salzburg, Salzbrunn, Salzschlirf, Salzungen,
Salzwcdel, Salzuflen, Salzdetfurth u. a. sind
nach ihm benannt, ebenso Salfeld, doch auch
Sulz am Neckar, Bad Sulza und Sulzbach,
Bad Sooden im Taunus und Soden a. d. Werra.
Auch auf „hall", das gleichfalls auf die Salz-
gewinnung hinweist, haben sich Ortsnamen ge-
bildet: Halle, Hallstadt, Reichenhall, Hallcin,
Hall b. Innsbruck, Hall am Kocher, Friedrichs-
Hall und andere. Daß manche Salzstädte das
Salz als Symbol in ihre Wappen setzten, ist
erklärlich.
Eine ganze Reihe nicdersächsischer Städte,
denen die Salzgewinnung ihren Namen gab,
führen die Symbole der Salzgewinnung in ihren
Wappen, die einen Werkzeuge der Salzgewin-
nung, Salzhacken, Salzpfannen oder den „Ber-
laff", jenes eigenartige hölzerne Instrument, das
dazu diente, die sich auf der Salzpfanne bildende
Wasierdecke auseinanderzustreichen, um das
„Soggen" oder Verdampfen zu fördern, die
125
andern Salzkörbe. Vvn ihnen sind zu nennen:
Salzgitter im Kreise Goslar, Salzderhelden,
Salzhemmendorf im Kreise Hameln, Salzdet-
furth und in der benachbarten Provinz Sachsen
Groß-Salze und Bad Kosen.
Wie wichtig das Salz war und ist, geht auch
daraus hervor, daß es in mancher Redensart, in
manchem Sprichwort Anwendung findet. Etwas,
das jeglichen Reizes entbehrt, „schmeckt wie eine
Suppe ohne Salz". Wer für eine unlöbliche
Tat bestraft wurde, erhielt eine „gesalzene Ohr-
feige". „Man kennt seine Frau erst genau, wenn
man mit ihr einen Sack Salz gegesien hat".
Einer, der wenig arbeitet, „verdient das Salz
in der Suppe nicht". Eine gute Köchin aber muß
„Pfeffer und Salz in den Fingerspitzen haben".
Selbst im Kinderrcim tritt das Salz auf. Dem
Metzger singt man:
„Das Ferkel ist gestochen,
der Kessel beginnt zu kochen!
Pfeffer, Salz und Majoran
wird in gute Wurst getan";
dem Bäcker:
„Backe, backe, Kuchen,
der Bäcker hat gerufen.
Wer will gute Kuchen backen,
der muß haben sieben Sachen:
Eier und Schmalz,
Butter und Salz,
Milch und Mehl,
Safran macht den Kuchen gehl".
Ein Volksrcim sagt:
Ein Himmel ohne Sonn',
ein Garten ohne Bronn,
ein Baum ohne Frucht,
ein Kind ohne Zucht,
ein Süpplein ohne Salz,
ein Würstlein ohne Schmalz,
ein Soldat ohne Gewehr
sind alle nicht weit her".
Das Brot ist uns des Himmels Gabe, da?
Salz aber das Geschenk der Erde, das dieses erst
schmackhaft macht.
Das Lrnährungshilfswerk öer NS-volkswohlfahrt
Heute steht im Vordergrund alles völkischen Lebens
die Selbsthilfe, wie sie auch im Ernährungshilfswerk
im Rahmen des Vierfahresplanes zum Ausdruck kommt.
Es wird als Dauereinrichtung der NS-Volkswohlfahrt
durchgeführt und hat sich das Ziel gesetzt, jährlich eine
Million Schweine im Reichsgebiet zusätzlich zu mästen
und als Grundfutter für die Borstentiere ausschließlich
die seither unverwerteten Nahrungsmittelabfälle zu ver-
wenden.
Zur Erfüllung der Aufgaben des Ernährungshilfs-
werkes kommt es besonders auf die Hausfrau an; denn
sie hat nicht nur erhöhte Pflichten hinsichtlich der Ver-
brauchslenkung der Waren bei ihren Einkäufen zu er-
füllen, sondern ist auch mit verantwortlich am restlosen
Gelingen des Ernährungshilfswerkes, weil ja praktisch
alle für die Schweinemast benötigten Küchenabfälle
sozusagen durch ihre Hand gehen. Nicht mehr der Müll-
eimer ist für die Speisereste zuständig, sondern der
EHW-Eimer, der regelmäßig entleert wird. Es dürfen
aber nur Abfälle sein, die tatsächlich noch verwertbar
sind, wie z. B. Abfälle von Kartoffeln, Gemüse, Sa-
laten und Obst (roh und gekocht), Fleisch und Fisch-
abfälle, Knochen und Eingeweide, Eierschalen, Kaffee-
satz, Speisereste, Brot und Backwerkreste aller Art.
Andere Dinge sind nur schädlich und müffen von de»
EHW-Eimern peinlichst ferngehalten werden.
Durch die sorgfältige Erfasiung aller Abfälle hilf«
die Hausfrau mit, dem deutschen Volke, also auch
ihrer eigenen Familie, zusätzlich erzeugtes Fleisch unk
Fett zuzuführen. Darüber hinaus fließt jeder Erlös all-
dem Ernährungshilfswerk über das Hilfswerk „Mutter
und Kind" wieder der Gesamtheit unseres Volkes zu.
Daraus ist ebenfalls zu erkennen, welche Pflichten der
Hausfrau auch nach dieser Richtung ihrem Volke gegen-
über obliegen, besten Ernährung sicherzustellen mit ein«
der schönsten Aufgaben jedes verantwortungsbewußten
Volksgenosten und jeder Volksgenostin ist. In dein
Ernährungshilfswerk der NS-Volkswohlfahrt ist dein
Vierjahresplan eine sehr wertvolle Beihilfe erwachsen
Sie in Liebe und Treue für Deutschland zu fördern
muß in erster Linie Ehrenpflicht der deutschen Haus»
frau sein.
Das Ernährungshilfswerk macht im Gau Westmait
gute Fortschritte. Noch ist es erst im Aufbau begriffen
2n den meisten Orten unseres Gaues sind bereite
Schweinemästereien eingerichtet mit einer Belegzahl vor
20—400 Schweinen. Auch das Sammeln der Küchen-
abfälle wird noch durchorganisiert, damit auch wirk-
lich alle verwertbaren Abfälle restlos erfaßt werden.
126
Werkpause der Mütter
Wer kannte sie denn anders? Wer hatte sie über-
haupt schon einmal anders als arbeitend gesehen? Sah
man sie morgens, so brachte sie ihren Mann auf den
Weg zur Arbeit. Hatte er an der Ecke sich noch ein-
mal umgedreht und ihr einen Gruß zugewinkt, kamen
die Kinder an die Reihe. Zuerst wurde da-? Kleinste —
ja, war es denn noch das Kleinste? Meldete sich seit
einigen Wochen nicht ein neues Leben unter ihrem Her-
zen? Mit einem wundersamen Glanz in den Augen
verhielt sie wohl einen Augenblick, ließ die Hände wie
in Andacht über ihren Leib gleiten und schritt zur
Wiege, um ihren Säugling trocken zu legen und zu
stillen. Dabei wurde das Süppchen für die anderen
vier hungrigen Mäuler gerührt. Die Zeit verflog nur
so beim Waschen, Anziehen und Esten der kleinen Tra-
banten, von denen drei den Weg zur Schule ein-
schlugen und eins von der Mutter in den Kindergarten
gebracht wurde. Dann lief sie, das Kleine im Wagen
vor sich herschiebend, zum Kaufmann, zum Obsthändler,
zum Fleischer und wieder nach Hause. Die Nachbarn
nahmen ihr wohl mitunter diesen oder jenen Weg ab,
jeder aber wunderte sich über die Ordnung und Sauber-
keit, die in dem bescheidenen und freundlichen Heim
herrschte. Zwischen Aufräumen, Waschen, Kochen,
Kinderholen und den vielen tausend kleinen häuslichen
Arbeiten, die man immer nur dann sieht, wenn sie nicht
verrichtet sind, ist es Nachmittag geworden. Vier sauber
angezogene Kinder, eine frisch frisierte Frau mit einem
kleinen netten Schürzchen, erwartet den Vater und
Mann am gedeckten Tisch. Gab das täglich eine Freude,
wenn er dann kam und jedes der Kinder an seiner Seite
sitzen wollte. Das Abendesten bereiten, abwaschen,
flicken, stopfen, nähen, stricken und die ersten Vorberei-
tungen für den nächsten Tag beenden ihren Tageslauf.
So ging es tagaus, tagein, Woche um Woche, Mo-
nat um Monat, Jahr um Jahr.
Eines Tages aber bekam sic den Besuch zweier Amts-
walterinnen der NSV. Sie hätten schon in den Vor-
jahren die Absicht gehabt, sie aufzusuchen, ihre Jugend
und ihr strahlendes Aussehen hätten bei der Auswahl
aber immer wieder andere in den Vordergrund treten
lasten. Jetzt sei es aber an der Zeit, daß sie ausspanne
und zur Erholung vier Wochen in ein NSV-Mütterheim
gehe. Ein Helles, herzhaftes Lacken war ihre Antwort.
Sie sollte zur Erholung? Sie, die sich so gesund fühlte?
Wer sollte denn ihre Kinder, ihren Mann, ihre Häuslich-
keit, die Einkäufe, die Wäsche besorgen? Die NSV?
Das ginge wohl mal für einige Tage. Aber die Kinder und
den Mann vier Wochen allein und eine fremde Frau in
ihre Wirtschaft lasten?
Da« Mutter- und Kind-Heim in Meisenheim a. Glan
Ist der schönste Neubau der NSV. im Reich. Das herr'ich gelegene Helm bietet 40—50 Müttern mit ihren
Säuglingen oder Kleinkindern für einige Wochen Kräftigung und Erholung. — Die schönste Stunde des
Tages, Besuch bei den Kindern. Aufn.: NSV-Reichsbildarchiv, Piper
127
Und es ging doch. Nun war sie schon etwa 14 Tage
im NSV-Heim „Mutterliebe". Mit dem Einwand:
„Der Führer braucht gesunde Mütter und gesunde Kin-
der zur Vollendung seines großen Werkes", halte man
ihren letzten Widerstand besiegt.
Sie konnte cs nicht verhehlen, mit einer großen
Bangigkeit hatte sie die Reise mit ihrem Säugling an-
getreten. Bange war ihr um die Zurückgebliebenen zu
Hause, bange war ihr vor dem Heim. Den ganzen Tag
mit fremden Menschen zusammen sein, dazu mußten sie
zu Hause Mutter und Frau entbehren. Wie anders
war es aber gekommen. Gleich bei der Ankunft war es
ihr aufgefallen. Eme Iungschwcstcr hatte ihr den Koffer
abgenommen. Eme Schwester bat sie, den Säugling
nehmen zu dürfen. Dann wurde sie in ein freundliches
Zimmer geführt, durfte ihre Sachen auspacken, sich
waschen, etwas ausruhen und in den Gemcinschafts-
raum kommen. Hier fand die Oberin einige herzliche
Worte der Begrüßung für alle. Sie sprach von einer
Werkpause, die Adolf Hitler der deutschen Mutter aks
Dank des deutschen Volkes für das deutsche Kind ge-
schenkt habe. Trotz der ersten Stunden des Sichkennen-
lernens und Sichhineinfindens konnte sie diese Worte
nicht vergesien. Sie mußte daran beim Rundgang
durch das Heim denken, das Wort verließ sie nicht beim
Abendesicn, stand vor ihr, als sie danach aus ihrem
Erleben erzählen durfte, und begleitete sie beim Schlafen-
gehen. Sie lebte auch die nächsten Tage weiter unter
diesem Wort: Werkpause. Lachen und Fröhlichscin war
um sie, erfaßte auch sie und ließ sie sich geben, wie sie in
ihrer Jungmädchenzeit war, ließ sie Lieder lernen und sin-
gen, ließ sie mit den Schicksalsgefährtinncn tanzen, ließ sie
beim fröhlichen Geplauder Handarbeiten, ließ sie an
schönen Tagen hinaus in die herrliche erwachende Natur
wandern, ließ sie aus vielen Vorträgen, Anregungen
und Erläuterungen lernen, ließ sie über die Angst vor
diesen Heimtagen lachen, ja, ließ sie wirklich immer sel-
tener ihrer Dahcimgeblicbenen gedenken. Werkpause.
Sie lernte es allmählich immer tiefer fasten und be-
greifen, daß sie Werkpause halte. Die erste seit 16 Zäh-
ren. Sieben lange Jahre hatte sie den Mann mit ihrer
Hände Arbeit ernähren müstcn. Dann, 1933, war sie
Mutter geworden und hatte immer wieder in ununter-
brochener Folge für ein neues Leben werken dürfen. Sie
hatte es gern getan, war in ihrer Freude an diesem
Werk gar nicht auf den Gedanken gekommen, auszu-
spannen. Erst fetzt fühlte sie, wie notwendig diese
Pause für sie war, wie ihre Kräfte und ihr Gewicht
zunahmen, wie sie sich täglich wohler und jünger fühlte.
Auch der erste Brief von daheim brachte frohe Nach-
richt. Es sei alles in bester Ordnung. Die Frau P.,
die von der NSV eingesetzt, ihren Haushalt führte, sei i
mit ihnen und sie wieder mit ihr zufrieden. Im zweiten
Brief war schon von ihr die Rede. Man wünsche ihr
gute Erholung. Sonst wäre alles gut. Der dritte Brief: ;
Man freue sich schon auf ihre Heimkehr, so schrieb der
Vater. Es sei bestimmt alles in Ordnung, aber Mutter
sei eben doch Mutter und auch nicht durch die beste
Kraft zu ersetzen. Auch die Kinder hatten mit unge-
lenker Hand Grüße angefügt.
Bestürzt lief sie mit diesem Brief zur Oberin. Ob sie
nicht doch nach Hause fahren solle. Lachend verneinte
diese ihre Absicht. Nein, die zu Hause müßten sich
später im Leben auch einmal ohne sie zurechtfinden. Das
ist ja auch mit ein Wertpunkt der Werkpause, daß die
zu Hause einmal den Wert der Mutter an ihrem Fehlen
ermestcn lernten. Aus dem vierten Brief aber klang ihr
etwas entgegen, das sie vor 17 Jahren zum ersten Male
empfunden hatte, als der Mann um sie warb. Dieses
Werben hatte sich jetzt zwischen den Zeilen des Briefes
versteckt und löste eine Glückhaftigkeit in ihr aus, die
ihre ganze Iungmädchenhaftigkeit wieder zum Bor- '
schein kommen ließ.
O, diese Werkpause war schön! Mütter haben immer
ein großes Dankempfinden. So wanderte denn ihr
Dank dorthin, wo tausende deutscher Mütter ihn hin-
gebracht hatten, zu dem Mann, der ihnen die Werk-
pause, die Feierstunde ihres Multerseins, geschaffen.
Waren sie aber auch hier nicht wieder die Empfangenden?
Vielleicht wurde es in jeder Mutter einmal hier ganz
still. Dann begriff sie, daß ihr Dank die Tat sein
müsie, einem neuen deutschen Menschen Leben zu schen-
ken, der aus diesem Drang, aus diesem Dankesempfin-
den heraus geboren, nur in der Lebensauffassung, in der
Weltanschauung des die Seele befruchtenden Geistes
leben konnte, der Liebe, unentwegte, unergründliche und
unüberwindliche Liebe zu Adolf Hitler hieß. Menschen
zu Tausenden, Hunderttausenden, Millionen so geboren,
mußten ein Volk geben, wie es der Gefreite des Welt-
krieges sich zum Ziel setzte, als er die NSDAP grün-
dete. Das wird der Dank sein der deutschen Mütter
für die Werkpause. Kaßner.
Lei einer jungen Mutter
Komm ich zu dir, muß Stille sein
Und Ruh:
Denn keine ist in Schönheit rein
Wie du,
Und nirgends sinkt Geborgenheit
So tief
Ins Herz, als ob die wilde Zeit
Entschlief.
Bin ich bei dir, sind Worte nichts.
Beschenkt
Und in die Übermacht des Lichts
Versenkt
Entgleiten wir der Düsterheit
Und Nacht,
Mit demutsvoller Kindlichkeit
Bedacht.
Ich bin nur zarter Widerschein
Von dir;
Doch Gottes heil’ger Kelch und Schrein
Sind wir! Erwin K. Münz.
128
i
Kampf und Sieg der inneren Front
Line Äergmannserzählung von Pani Habraschka, Leuthen O/S.
Matthias Knappik kehrte von der Front heim.
Er hatte den ganzen Polenfeldzug mitgemacht
und an dem herrlichen Siegeszug durch Frank-
reich als tapferer Infanterist teilgenommen. Nun
kehrte er heim, entlassen, um an der inneren Front
weiter zu kämpfen.
Das war ihm nicht recht. Es hatte ihm sehr
schwer gefallen, seine Kameraden zu verlassen,
mit denen er harte Stürme mitgemacht hatte und
mit denen ihn mehr als freundschaftliche Bande
verknüpften. Das Eiserne Kreuz Zweiter Klaffe
und das Sturmabzeichen schmückten seine Brust.
Mehr als neun Monate war er der Heimat
ferngeblieben. In dieser Zeit hatte sich in seinem
Heimatdorfe so vieles geändert. Doch war der
Krieg nirgends zu spüren. Das Leben ging seinen
alten Gang. In den Straßen tobten die Schul-
jungen mit fröhlichem Lärm. Als sie ihn aber
erblickten, verstummten sie, tuschelten sich zu und
zeigten auf ihn. Für die begeisterte Jugend war
er ein Held. Da mußte Matthias lächeln. Er
winkte den Buben zu und beschleunigte seine
Schritte. Mit freudiggemischten Gefühlen klopfte
er an die Tür. Doch niemand antwortete. Da
gab die Nachbarin ihm Bescheid, daß die Mutter
bald kommen würde.
Matthias setzte sich vor die Haustür auf die
Bank, um zu warten. Er war das jüngste Kind.
Zwei Brüder hatte er beseffen, die er aber nicht
kannte, denn als er drei Jahre alt war, war der
Weltkrieg ausgebrochen und seine beiden Brüder
hatten sich freiwillig gemeldet und waren zu-
sammen bei einem Sturm gefallen.
In Flandern wars, wo er an ihren Helden-
gräbern gestanden und mit ihnen Zwiesprache
gehalten hatte.
Er grübelte vor sich hin; er war enttäuscht,
daß er den Endkampf gegen England nicht mehr
mitmachen durfte. Nun sollte er ein Soldat der
Arbeit werden, war dafür abkommandiert wor-
den. Und das war bitter für ihn.
Da fiel ein Schatten vor seine Füße. Er
schaute auf. Es war seine greise Mutter, die vor
Freude aufweinte und ihren letzten und einzigen
Buben an das Herz drückte. Matthias führte die
zitternde Greisin fürsorglich ins Haus und setzte
sie behutsam in das altmodische Sofa. Dann
setzte er sich zu ihr, ergriff ihre abgearbeiteten
Hände und erzählte..
„Und jetzt soll ich arbeiten, während meine
Kameraden weiter für Deutschland draußen
kämpfen", schloß er.
„Hier an der inneren Front gibt es auch
Kampf genug", entgegnen Frau Knappik und
strich ihm über das Haar. „Sieh, Matthias, ich
bin schon eine alte Frau und ich nehme auch noch
teil an dem Kampf in der Heimat um die Frei-
heit". Er schaute sie verwundert an. „Ja, ja,
auch ich stehe in der Front", und ein mildes Lä-
cheln verzierte das durchfurchte Gesicht. „Viele
junge Frauen füllen die Plätze ihrer Männer aus
und schaffen brav und ehrlich für sie. Ihre Kin-
der müffen während der Zeit betreut werden. Da
habe auch ich mich gemeldet und bin dabei".
„Mutter!" und er streichelte bewundernd ihre
Hände.
„Und unsere Jugend sollst du mal sehen! Jetzt
sind sie auf dem Lande, um den Bauern zu helfen,
die Ernte einzubringen. — Ja, ja, mein Junge,
wir in der Heimat halten zu unseren Soldaten
an der Front draußen; wir kämpfen einen stillen,
aber zähen Kampf als Dank für die Blutopfer
der Gefallenen. Ich kann 1914 bis 18 nicht ver-
gessen, da deine Brüder ihr Leben geopfert haben.
Doch jetzt weiß ich, daß sie nicht umsonst gefallen
sind. — Viele von deinen Freunden, die hier
blieben, arbeiten mit erhöhter Leistung, um da-
mit die Front innen und außen zu stärken. Sie
sind Helden, die im Stillen ihre Kräfte opfern".
„Mutter!" sagte Matthias nach einem kurzen
Schweigen, „ich danke dir. — Du hast mich
anders denken gelehrt. Es muß auch eine Heimat-
front geben, damit wir wirklich unüberwindlich
sind. 2ch sehe jetzt, daß die innere Front ebenso
wichtig ist, wie die Front am Feinde".
*
Matthias fuhr wieder ein. Er war Häuer und
kam als Ortsältester auf einen hohen Pfeiler.
Als er den Bohrhammer in die Fäuste nahm, um
Sprenglöcher zu bohren, träumte er von seinem
schweren Maschinengewehr. Und als der Bohr-
hammer sich dann ratternd in die harte und
schwarze Kohlenwand hineinfraß, da sah er sich
mit seinen Kameraden auf allen Fronten gegen
den Feind stürmen.
Ja, auch der Bohrhammer war eine Waffe,
mit der man den Feinden schwere Niederlagen
bereitete.
Mit diesen Gedanken bohrte er die Sprena-
löcher und besetzte sie mit Sprengstoff, so, wie
9
129
draußen, wenn sie Drahtverhaue und Sperren
sprenaren.
„Brennt viermal!" rief er dann und zog sich
mit seinen Arbeitskameradcn in die sichere
Strecke uirück.
Die Detonationen hallten dumpf durch das
Streckengewirr und schütterten durch die Hänge.
Wie draußen im Felde, wenn die Artillerie die
feindlichen Stellungen sturmreif schoß.
Dann beriß Matthias die durch die Sprengung
erschütterte Kohlenwand und ließ die jungen
Füller fabren. Kräftige Burschen schaufelten nun
im Schweiße Deutschlands den so wertvollen
Rohstoff in die herbeirollenden Wagen, rollten sie
gefüllt aus dem Pfeiler dem Schachte zu, so auf
ihre Weise dem Vaterland dienend.
Das Rollen der Wagen hin und her kam Mat-
thias vor, wie das Rollen der motorisierten Ein-
heiten des Heeres in Feindesland.
Matthias arbeitete hart und zähe, weil er schon
in der ersten Arbeitsstunde erkannt hatte, daß
durch die Arbeit die vielen Siege in Polen, Nor-
wegen, Holland, Belgien und Frankreich er-
rungen werden konnten, weil sie dem besten Sol-
daten die beste Rüstung gab.
Und daß nur durch die Arbeit im Bergwerk,
in der Hütte, auf dem Acker, der Endsieg er-
rungen werden kann.
Da fühlte er sich stolz, denn als Kämpfer an
der inneren Front war er und seine Kameraden
beteiligt an allen Siegen. Und wie herrlich war
es, an dem kommenden Endsieg mitwirken zu
können hier unten in dem sagenhaften Reiche des
Berggeistes.
Ungewohnt der schweren Arbeit fühlte er sich
zur Schicht müde.
„Na, Matthias, an der Front draußen war es
wohl bester?" fragte ihn sein Lebrbäuer.
„Du irrst, Peter. — Hier wie draußen wird
an dem Sieg gemeinsam gekämpft, Und weil im
Weltkriege die innere Front zerbrach, kam die
Schmach und das Elend über die Heimat. Und
gerade wir Bergleute sind Tag für Tag an der
Front unter Tage stets in Offensive; und setzt
mehr denn je, denn setzt dienen wir wie der Sol-
dat draußen dem Vaterland. — Ja, und wir
müsten hart kämpfen und ringen, auch mit den
uns stets umlauernden Gefahren, um die Front
unserer Soldaten draußen zu stärken".
Das war Matthias Knappiks erste Schicht
nach seiner Heimkehr.
Und so reihte sich Schicht an Schicht; Schlacht
für Schlacht wider den harten Felsen, und jede
siegreiche Schlacht hier unten in der ewigen
Nacht war ein harter Schlag gegen den Feind
unseres Reiches.
Der Preßkammer ist mein Maschinengewehr
Sie riefen mich in die Heimat zurück, als der Polen Meerwurm geschlagen. Jetzt eil' ich, die Mütze fest im Genick, zum Schacht wie in früheren Tagen.
Und ich schaffe vor Ort im spärlichen Schein, das Grubenlicht hängt in den Streben. Ich weiß, jeder Hieb ins schwarze Gestein ist Angriff und Sieg und das Leben.
Der Preßhammer ist mein Maschinengewehr auf vorgeschobenem Posten. Sein Rattern im Flöz gleicht dem Sturmbegehr der heißen Gefechte im Osten.
Eberhard Moes Ganz Deutschland ist heute die tätige Front. Es sorge, wer Kraft hat, das eine. Daß er werke, mehr als er jemals gekonnt, und füge zum Wall seine Steine!
138
SBIUtnC / Von Heinrich Riedel
Es war während der großen Frühsahrsangriffsschlachk
1918 in Frankreich. Wir standen, nicht weil vor Amiens,
zu kurzer Rast an einem zerschossenen Bauernhof, als
plötzlich Geschosse ganz in der Nähe einschlugen.
Sie fuhren — wie schwere Beile in den Block —
mit dumpfem Klatsch in die Erde. Dann gab es einen
kleinen spauzenden Puff, ein mephistophelisches Rauch-
wölkchen stieg fast elegant und spaßhaft auf, und die
Sache war erledigt. Blindgänger, einer wie der andere.
Sie zirkelten sich immer dichter heran. Manche
platschten nur vier bis fünf Meter von uns in den
feuchten Boden. Mein Pferd nickte jedesmal bedächtig
mit dem Kopf, wenn einer wie ein kalter Teufel her-
niederfuhr.
Es war ein ziemliches Geduldspiel. Denn wahr-
scheinlich würde die betreffende Kiste doch einmal leer
werden und eine besiere dran kommen. Aber es halte
keinen Zweck, wo anders hinzugehen. Denn Granaten
fielen überall unberechenbar ins Gelände.
Da sahen wir einen einzelnen Soldaten des Wegs —
es war ein schmaler, grasbewachsener Landpfad —
daherkommen; ein Meldegänger sicherlich.
Es war ein Mann von ungefähr vierzig. In dem
guten und starken Gesicht spiegelte sich ein langes arbeit-
sames und auch gesegnetes Menschendasein. Und das
alles — ging es mir in einem Augenblick blitzhafter
Besinnlichkeit durch den Kopf —, wozu das Leben vierzig
Jahre gebraucht hatte, cs aufzubauen, konnte jetzt mit
einem Schlag von der gedankenschnell über das Feld
streichenden riesenhaften Sense des Todes vernichtet
werden!
Als er nun an uns vorbeiging, da erblickte er einen
Schritt seitwärts auf der Wiese eine leuchtende blaue
Glockenblume. Sie stand da inmitten all des Aufruhrs
rings umher still in ihrer fast schmerzlichen Schönheit.
Er bückte sich schnell und sah sie einen Herzschlag
lang ein wtnig verträumt und in Gedanken versunken an.
Er brach sie nicht. Dann riß er sich wieder zusammen
und ging weiter.
2m selben Augenblick fuhr zwei Meter vor ihm gerade
auf dem Pfad wieder einer der Blindgänger in die
Erde, und man hätte mit mathematischer Genauiakeit
berechnen können, daß dieser den Mann, wenn er seinen
Weg ungehemmt fortgesetzt hätte, durchbohrt haben müßte.
Denn er hätte sich genau an der Stelle befunden.
Die blaue Blume hatte ihn gerettet.
Scheint es nickt zuweilen so, daß Menschen, die sich
auch beim ernstesten Dräuen des Schicksals — sei es in
Krieg oder Frieden — den Sinn für die ewige Schön-
heit bewahrt haben, wie von einer vorsorgenden Hand
geleitet und beschützt werden?
9-
131
Die „Einquartierung"
An den Ausläufern des Hochwaldes, da, wo
er schon in die Saarwälder übergeht, liegt ein
Bauernhof, besten klobige Mauern auf uralten
Bestand hindeuten.
Darin, in der guten Stube, saß der Bauer
Peter Imhoff im Lehnstuhl, mit einem nach
innen gekehrten Blick. Es war kurz vor. dem
großen Aufbruch der Westfront im Mai 1940.
In der Küche nebenan werkelte die Bärbel,
die Tochter vom Nachbarhof, die ihm im Haus-
halt des öftern zur Hand ging, seit die Bäuerin
vor Jahren hinübergegangen war.
Draußen, von den Bergen, kam von fern die
Nacht und scheuchte das ersterbende Licht der
Dämmerung wie mit großen Flügelschlägen vor
sich her. '
Siebzig Jahre alt war der Bauer geworden.
Da begriff er, daß sich das ganze Leben nach
einem festen großen Plan aufbaue. Alles, was
ihm zunächst als Zufall erschienen, alles, was
ihn oft verwundert und zuweilen erbittert hatte
während seines langen Lebens, das hatte gar
nicht anders kommen können, sah er. Wie die
Zacken und Rillen von Zahnrädern hatte alles
ineinander gegriffen.
Der Rücken des alten Bauern war etwas ge-
beugt, aber noch waren die Fäuste eisern und
würden es auch noch einige Jahre sein, sein
müssen. Denn der Schlußstein im Gebäude sei-
nes Lebens fehlte: sein Sohn, der Hannes, war
ihm verloren gegangen. Nicht durch Tod. Nein,
er selbst hatte ihn verstoßen, als sich jene bitter-
böse Geschichte zugetragen hatte vor mehreren
Jahren auf der Kirmes. Damals hatte der jäh-
zornige junge Mann aus Eifersucht — aus ganz
unbegründeter — einen anderen Burschen aus
dem Dorf fast totgeschlagen und dafür vom Ge-
richt ein Jahr Gefängnis bekommen. Und da
hatte ihm der Vater für immer Hof und Haus
verboten.
AIs jedoch das Jahr um gewesen, war der
harte Sinn des Bauern zu einer Umkehr ge-
kommen und da wollte er den Sohn zurückrufen.
Aber der war nach seiner Entlastung unauffind-
bar verschwunden. Es hieß, er sei nach Amerika
ausaewandert.
Wie oft hatte Peter Imhoff seine voreilige
Härte bereut seitdem. Doch nie ließ er, in er-
erbter Starrköpfigkeit, ein Wort davon ver-
lauten. Niemand auch durfte den Sohn ihm
gegenüber erwähnen. Aber er dachte immer an
ihn.
Erzählung von Heinrich Riedel
Sein Leben war Mühe und Arbeit gewesen,
aber dennoch schien es ihm ohne rechten Sinn.
In der vergilbten Hofchronik konnte er lesen, aus
welchen grauen Zeiten sich sein Geschlecht herauf-
führte und es schien fast undenkbar, daß je ein
anderes auf diesem Hof herrschen würde.
Die Bärbel brachte das Abendesten und sah
den Bauern tiefsinnig vor sich hinstarren. Sie
wußte, was ihn quälte. Und sie selbst fühlte den
Alb vielleicht noch mehr.
Sie faßte sich ein Herz. „Wenn er setz widder-
käm, Vadder", sagte sie, „deedsde ihn dann
aach aus'm Haus hinausjahn?" Es war das
erste Mal, daß sie nach dem Sohn zu fragen
wagte.
„Ietz . . ., Bärbel", antwortete Peter Im-
hoff, nachdem die Frage schon lange spurlos
im Raum verflogen schien, und seine sonst etwas
scharfe Stimme klang fast weich, „setz deed ich'n
uff de beschte Platz im ganze Haus setze. Awer
was bawelsde nur? Der kimmt nie mehr. Der
hat ä zu harte Kopp. Un setz im Krieg, wie soll !
er dann do herkomme?""
Bärbel antwortete nicht. Sie, seine einstige
Braut, fühlte nur in ihrer einfachen graden
Seele, daß er einmal wiederkehren würde. Und
sie wartete auf ihn und wies alle anderen Freier
ab. Aber konnte eine Ahnung etwas beweisen?
Sie ging wieder in die Küche, um den Kaffee
aufzusetzen.
Der Bauer öffnete bedächtig ein Fenster und
sah hinaus auf die breiten Felder. Der Ruch der
Erde schien hereinzuströmen, wie Lebensodem,
jener Geruch des Bodens, aus dem und dem
Meer, besten unser Blut ist, alles kommt, was
wir Leben nennen.
_ Wie unzählbar oft war er über diese Felder
hinter Pflug und Pferden gegangen, hinter meh-
reren Generationen von Pferden. Sein Schweiß
und der seiner Vorfahren hatte den Boden ge-
düngt; er war ein Stück seiner selbst geworden.
Und er würde sich eines Tages gern in diesen
heiligen Boden zur letzten Ruh legen lasten,
wenn nur der große dumpfe Schmerz in ihm
nicht wäre. Sein Sohn! Sein Sohn! Der gab
wohl jetzt drüben über dem großen Waster den
Kulturdünger für fremdes Volkstum ab, das
sich zur Herrschaft emporgegaunert hatte.
Er schloß das Fenster wieder und setzte sich zu
Tisch. Seine Hände zitterten ein wenig.
132
Da — knarrte nicht eben das Hoftor? Wer
sollte setzt noch kommen, wo gleich alles ver-
schlossen und verdunkelt würde?
Die Haustür wurde geöffnet, ein fester Schritt
ging über die Fließen und dann pochte es, gar
nicht zaghaft, an die Stubentür.
„Herinn!" rief der alte Bauer mechanisch.
„Wer is dann do?"
Es folgte keine Antwort. Aber der späte Gast
schob sich nun zur Tür herein. Es war ein breit-
gewachsener Mann in der feldgrauen Uniform.
Peter Imhoff rührte sich nicht. Eine Ahnung
hatte ihn, noch bevor jener eingetreten, wie ein
heißer Strom von den Haarwurzeln bis zu den
Zehen durchschlagen und ihn fast gelähmt. Es
folgte eine lange Pause. Sie sahen sich wort-
los an.
„Vadder", sagte da der Soldat auf einmal
und man merkte, wie er tief Luft holte, „ich
bin Widder do."
„Ja, ja . . . Bischde Widder do?" konnte
der Alte nur sagen.
Dann aber stand er auf, trat auf den Sol-
daten zu und stieß ibm mit den Fäusten mehr-
mals derb gegen die Schultern. „Bisch lang weg-
blibb, Hannes! Wo hoscbde dich dann so lang
herumgetribb?" Der Sohn sah das Leuchten
in des Vaters Augen.
„In Amerika."
„Warum bischde dann do nit früher komm?"
„Wollsch mich jo hinauswerfe. Awer heit
geht das nit. Ich komme nämlich — als In-
quartierung. Mei Kompanie is heit in Ruhe-
stellung hierherkomm. Un do Hot mich der Feld-
wewel bei dir ins Quartier gelebt. Annerfalls
wär ich vielleicht" — man sab ihm nicht an,
ob er das im Spaß oder im Ernst sage — „gar-
nit komm. Awer setz kannsche nir geje mache."
„Millionensakrament! Als 2n—quar—tie-
rung , . ., du Flabbes!" Da lachten sie beide
herzhaft. „Bischde aach mit do vorne?"
„Korz vorm Krieg bin ich Widder riwer. Dann
hon ich mich gleich gestellt. Und dann war ich
mit in Pole. Und setz sin mer hier vorne in de
Näh."
133
„Ietz gebschde mct awer nti mehr weg, wenn
der Krieg aus is!"
„Re, Babde, dann . . . nir wie hem!"
Ein leises Schluchten erst mai-hre den Hannes
darauf aufmerksam, daß in;wiscden lemand ins
Itmmer gelleren war. Da erkannte er die
Barhel.
„Bärbelche!" rief er, „es war so alles Unsinn
mil der Eifersucht. Ich bons hinnerher noch
genau erfahr. Ich war io ä balwer Idiot. Wenn
de willsch, kenne mer heirade. Das geht sey fix."
Bärbel brachte keinen Laut heraus, so schnell
war der Schmer;, den sie seit Jahren in sich ge-
tragen, in Freude umgeschlagen.
Es war eine Welle ganz still in der Stube.
Die große Standuhr tickte leise; hinter den
Bergen ging der Mond auf wie eine gedämmerte
Sllberscbeibe. Durch die Stube schritt ein
Engel, das Glück.
Und der alte Bauer erkannte, daß in den
Plan, den der Schöpfer mit ikm vorhatte, nun
doch der letzte Sinn gekommen war.
Unser
Bekenntnis
Wir möchten vor unserem Führer stehn,
Ihm tief in die treuen Außen sehn
Und fest unsre Hand in die seine legen;
Ihm so aus innigster Seele sagen,
Was wir im tiefsten Herzen tragen,
Welche Gefühle uns mächtig bewegen.
Der Pulsschlag, der in uns sich regt,
Der Atemzug, der uns bewegt,
Jeder Blutstropfen soll Kunde geben,
Daß wir dem geliebten Führer zu eigen
Von ihm nicht lassen, nimmermehr weichen;
Daß ihm das Höchste gehört — unser Leben!
In Deutschlands Gauen, in fremden Zonen
Und überall dort, wo Deutsche wohnen,
Schlagt lodernd empor die Flamme der Liebe.
Wir lassen uns me den festen Glauben
An unsern herrlichen Führer rauben,
Der Deutschland führte zu Wohlstand und Blüte!
Die Sterne am nächtlichen Himmelszelt,
Die Grate und Gipfel der Alpenwelt
Sind uralte, stumme, ewige Zeugen
Von dem. was per Führer Großes vollbracht,
Von seinem Schaffen, von seiner Macht,
Vor der wir andachug in Ehrfurcht uns beugen.
Wir möchten vor unserem Führer stehn,
Nur einmal ihm tief in die Augen sehn
Und fest seine starken Hände umfassen! —
Ihm sind wir für alle Zeiten verschrieben,
Ihm wollen wir dienen, inbrünstig ihn lieben,
k. Lippoid. Bis wir dereinst im Tode erblassen!
134
Der glimmende Funke / «»„ <pa«i »«a
Andreas mußte in den Krieg ziehen, daran war nichts
zu ändern; er harte einen besonderen Befehl erhalten:
Dann und dann mußte et sich bet einem bestimmten
Truppenteil einfinden, um ausgebildet zu werden, denn
er war noch nte Soldat gewesen. Andreas war noch
jung; bei der legten Musterung, die noch in tiefstem
Fneden stattgefunden hatte, war er wegen eines ge-
ringen körperlichen Fehlers zurückgestellt worden. Jetzt
aber wurde er unter die Waffen gerufen.
Es war nicht so, daß er nun sogleich sein Bündel
schnüren und abreißen mußte, es blieb ihm noch
eine ganze Woche Zeit, aber die Unruhe war nun doch
schon in seinem Herzen, daß eS ihn im Dorf unter den
Leuten umtneb, und er vermochte keine Stunde an
einem Platz auszuharren. Mehr Zeit als an einem
anderen Ort aber verbrachte er am Bach unterhalb
der Sägemühle am Waldesrand. Die Sagemühle war
sein Arbeitsplatz gewesen, aber nun war das Singen
der Säge verstummt. Er saß an jenem Platz, wo das
Waster schaumend von dem Hang der Schleuse herab-
stürzte, und es kamen ihm allerlei Gedanken dabei, die
sonst seinem Sinnen fremd waren, — Gedanken über
sein Leben und vom Tode; es wurde ihm dabei ganz
wunderlich zumute.
Als er sich dann endlich erhoben hatte und den Weg
zum Dorf einschlug, begegnete er einem Mädchen, das
hieß Lisa; es war die Tochter eines kleinen Besitzers.
Lisa war ihm Nicht unbekannt. Sie waren mitein-
ander in die Schule gegangen, und später trafen sie
sich beim Tanz inmitten aller anderen Männer und
Mädchen. Andreas hatte manchmal mit L,sa getanzt,
doch nicht allein mit ihr, und es war auch nicht so ge-
wesen, daß sie ihm jemals den Vorzug gab.
Jetzt standen sie einander gegenüber, auf einer kleinen
Wiese, die nahe beim Bach grünte. Es war später
Sommer, beinahe schon Herbst. Die Felder waren
abqeerntet, aber es webte ein leichter, warmer Wmd
über die Stoppeln, ein Sommerwind, gefüllt mit einem
herben Duft.
Lisa und Andreas waren nicht so vertraut mitein-
ander, daß sie sich die Hände gereicht hätten, aber unter
einem unerklärlichen Zwang blieben sie beieinander
stehen, und Andreas sprach in kurzen, abaerissenen Sätzen
von seinem Fortaang. Das Mädchen wußte darauf keine
Antwort zu geben, aber in ihre Augen trat ein flimmern-
der Schein, als wären sie von einem starken Licht ge-
blendet.
Eine Weile schwiegen sie voreinander, dann wollte
Andreas Abschied nehmen. „Da ich dich gerade ge-
troffen habe", sagte er, und dann streckte er ihr doch
die Hand entgegen.
Lisa hielt sie ein weniges länger in der ihren, als sie
es bei einem geringeren Anlaß getan hätte. Es war ihr
plötzlich so sonderbar zumute, so, als wäre dieses letzte
Treffen zu einem besonderen Ereignis ihres Lebens ge-
worden, als sollte in dem Augenblick, da sich seine Hand
aus der ihren lösen würde, ein Abschnitt ihres Leben-
sein Ende finden und ein neuer, unbekannter, beginnen,
und als ob sie nun tn eine große Einsamkeit hmem-
schreiten müßte, wo niemand mehr kommen könnte, um
bei ihr zu sein, um sie daraus zu erlösen, daß diese
Einsamkeit immer, ihr ganzes Leben hindurch, dauern
würde.
Die anderen Männer des Dorfes waren schon alle
fort, die meisten waren plötzlich, obne Abschied, weg-
gegangen, nun sollte auch Andreas scheiden, und es war
ihr, daß sie ibn halten mußte, sollten ihr Nicht alle
Hoffnungen für das ganze Leben entgleiten.
Und er, und Andreas?
Ach, es war auch ihm ganz seltsam zumute. Hatte er
nichl gerade an den Tod gedacht? Jetzt hrelt et noch
einmal das Leben in der Hand wie einen Becher kühlen
Wassers. Sollte er ihn nicht an seine Lippen seyen und
austrinken, noch einmal seinen Durst danut stillen, ehe
er in die große Dürre der unbekannten Tage hinaus-
schritt, in denen der beiße Atem des Todes alle Quellen
versiegen lassen würde?
AIs sich ihre Hände endlich lösten, vermochten sie sich
doch noch nicht voneinander abzuwenden.
„Vielleicht ist es möglich, daß... wir uns — noch
einmal sehen könnten", brachte Lisa schließlich stockend
hervor.
Und Andreas: „Ja, wenn du es willst!"
„Es könnte sein, daß ich heute Abend wieder hier bin."
„Gewiß, ich werde dann auch hierher kommen."
„Nun gut, ich werde bestimmt Zelt haben."
Ja, Lisa hatte wirklich Zeit. — und wenn man ihr
auch an diesem Tage das doppelte Maß an Arbeit
aufgetragen hätte, sie wurde es dennoch so eingerichtet
haben, daß ihr die Abendstunde frei geblieben wäre.
Und Andreas war auch da; sie waren beide gekommen,
wie unter einem fremden bestimmenden Gesetz. Es war
plötzlich eine große Angst in ihr Herz gefallen, als sollt«
ihrer beider Leben in dieser Abendstunde ausgelöscht
werden.
Es sagte keiner zum andern: Ich liebe dich! Nein,
daran dachten sie nicht. Es war nur so, daß diese Angst
sie zneinandertrieb. Das ist eine große Kraft, welche
die Menschen treibt, beinabe so stark wie die Liebe, und
so ergab es sich aus der folgenden Stunde, daß An-
dreas ihr Mann wurde und L-sa seine Frau, und daß
sie sich nach einigen Tagen vor dem Altar ihr Jawort
gaben.
Wenn dann Andreas wiederkam, wollten sie sich ihr
Haus einrichten. Das würde bald geschehen; in der
Zeit der langen Nachte, ehe der Fahling neues Blühen
über die Erde brachte, konnte er wieder da setn.
Das waren ihre Gedanken, als sie voneinander Ab-
schied nahmen. Nun war plötzlich die Hoffnung m ihr
Herz eingezogen, als batte ein Zauber alle dunklen
Gedanken daraus verbannt, als wäre der Tod um ihr
Leben betrogen worden.
135
Am letzten Tage noch hatten sie in einer besonderen
Weise beieinander gesessen, und das war so gewesen:
Lisa harre sich eine Arbeit vorgenommen. Sie flocht
einen Korb aus Weidenruten, den wollte sie bei der
Kartoffelernte verwenden. Nun hatte sie sich damit in
den kleinen Garten gesest, der hinter dem Hause lag,
in dem ihre Eltern wohnten. Auch Andreas wohnte jetzt
unter dem gleichen Dach.
Er kam dazu, setzte sich zu ihr auf die Bank und
begann mitzuflechten.
„Damit du nur schnell fertig wirst!"
Es war ganz still um sie her. Ein schöner Herbsttag
breitete sich über die Erde. Die Sonne schien noch ein-
mal ganz warm. Blumen standen um sie herum in
wunderbarer Pracht. Ein leichter Wind trug Altweiber-
sommer durch die blauende Luft. Das Summen der
Bienen war wie der Klang von Schalmeien.
Den beiden, Andreas und Lisa, wär es wundersam
zumute, als ob ihre Hände an ihrem zukünftigen Leben
flochten. Es war ihre schönste Stunde.
Als der Korb fertig war, schnitt Andreas noch ihrer
beider Namen in seinen Bügel hinein, und sie sah ihm
dabei mit einem Lächeln in den Augenwinkeln zu.
Dann kam der Abschied.
Aber der Krieg dauerte lange, in den Andreas zog-
Er dauerte vier Iabre. Viele der Männer, welche
schon in den ersten Tagen ausgezogen waren, kamen
auf Urlaub und gingen wieder fort. Manche waren
gefallen und kamen nicht wieder.
Andreas war nicht gefallen, aber er kam auch nicht
auf Urlaub. Das Schicksal hatte ihn an eine weitab-
liegende Front verschlagen. Später war er in Ge-
fangenschaft geraten.
Lisa hatte sich darein gefunden. Was sollte sie be-
ginnen. Sre hatte ihr Schicksal getragen.
Aber endlich kam auch der Tag seiner Rückkehr. Das
war in einem Frühling. Die anderen Männer waren
schon im Herbst, einige auch im Winter wiedergekom-
men. Andreas kam erst im Frühling. Ganz unange-
meldet traf er em.
Vier Jahre sind eine lange Zeit. 2n den ersten
Wochen und Monaten halte Lisa ihr Warten mit
Hoffnung gefüllt, daß es wie ein stark fließender Strom
an ihr vorübergeglitten war. Ihr Herz hatte die Ge-
meinsamkeit zu ahnen vermocht, die dann kommen
würde, wenn er da war, die Gemeinsamkeit, welche eine
jede Frau ersehnt, die sich ernem Manne zu eigen gab.
Es kam auch ein Kind, das war schon etwas Beglücken-
des, etwas Erfüllendes, ein Mittelpunkt ihres Lebens.
Aber er, Andreas, — er glitt schließlich immer weiter
in eine dämmerige Vergangenheit zurück. Wie war er
eigentlich? Wie halte seine Stimme geklungen, wie
hatte er die Worte gesetzt, wenn er zu ihr sprach?
Za, und seine Stirn, — und die Augen, — und der
Schnitt feines Mundes. — und sein Haar, — und die
Empfindung seiner Nähe..., wie war das alles ge-
wesen? Hatte sie überhaupt etwas mit ihm gemeinsam
erlebt, das ihn ihrem Bewußtsein nahe gebracht, den
Empfindungen ihrer Sinne eingeprägt hatte?
Vier Jahre sind eine sehr lange Zeit. Es waren
andere Männer gekommen, sie waren in ihren Gesichts-
kreis und in die Welt ihrer Empfindungen eingetreten.
Keiner von ihnen war ihr näher gekommen, als er es
gedurft hätte, doch einen hätte sie beinahe geliebt. Der
Ring an ihrem Finger, nicht das Herz, war ihr Mah-
nung zur Treue gewesen.
Andreas aber..., ja, er war ihr ein Fremder ge-
worden, das war nicht mehr zu leugnen.
Und nun war er plötzlich da.
Er ging durch das Tor, und er kam über den Hof und
trat zur Tür herein, da kam Lisa ihm entgegen, und sie
sah ihn an und fragte nach seinem Begehr.
Andreas lächelte und schwieg, und er schaute sie an.
Vor ihrem Angesicht brach sich sein Lächeln zu einem
trüben Schein. Ja, wer war diese Frau? Hatte er sie
jemals gekannt? Denn auch in seine Erinnerung batten
die vier Zahre ihren Schatten geworfen, und manche
Frau war ihm über den Weg gegangen und hatte das
Bild der einen überdeckt und hatte Verwirrung in seine
Gedanken getragen.
Da standen sie nun voreinander.
„Ich bin Andreas", sagte er und lächelte trübe.
„Ach, verzeih. .", und ein heftiges Erröten zog übet
ihr Gesicht, weil ihre Frage ihm verriet, daß sie ihn
nicht erkannt hatte.
„Za, du bist es?"
Und sie führte ihn in die Stube hinein. Da standen
die Möbel, die sie von ihren Eltern zur Ausstattung
bekommen hatte, neu und geschont; Andreas kannte sie
nicht. Kaum wagte er es, sich auf ernen der Stühle zu
setzen.
Sie brachte ihm zu esien. Er nahm es, als wäre er
ein Gast. Da war auch das Kind; es wurde ihm von Lisas
Hand zugeführt, und er lächelte ibm zu und wollte es
zu sich heranziehen und auf den Arm nehmen, aber das
Kind begann zu weinen. Auch fand Andreas nichts in
den Zügen des kleinen Gesichts unter der Grimasie des
Weinens, das ihm vertraut gewesen wäre, das auch
nur leise sein Herz angerührt hätte.
So standen sie wieder stumm und ratlos einander
gegenüber.
„Wie geht es dir", fragte er.
„Ja, sieh her...!"
Das war alles, was sie zu sagen vermochten, und es
war Andreas zumute, als müßte er ihr nun die Hand
reichen und weiterschreiten, irgendwohin. Durch Lisas
Herz aber ging ein Empfinden, das wie ein kühler
Wind war.
Da ging sie in die Küche hinaus. Und nach einer
Weile, als sie nicht sogleich wiederkam, folgte Andreas
ihr nach. Was sollte er allein in der fremden Stube
beginnen, zwischen den Dingen, die ihn nicht kannten,
von denen er nichts wußte?
Lisa war am Herd beschäftigt, sie tat dabei sehr
eifrig, nur um nicht aufsehen zu müssen, und um seinen
Blicken zu entgehen. Aber Andreas suchte auch nicht ihr
Gesicht, er blickte sich in dem Raum um. Da war plötz-
lich etwas, was seinen Blick unwiderstehlich an sich 3°9'
daß beinahe ein Leuchten darin aufsprang.
136
In einer Ecke hing ein alter Korb. Er sah schon sehr
abgenützt aus, und an einigen Stellen waren die Weiden-
stäbe zerbrochen. . Aber Andreas erschien er wie eine
Kostbarkeit.
„Das ist ja unser Korb", sagte er.
Lisa sah ihn verwundert an, und dann folgten ihre
Augen der Richtung seines Blickes, zuerst ohne Ver-
ständnis, aber plötzlich begann es auch darin aufzu-
leuchten. Andreas war herangetreten, und nun hielt er
den Korb bereits in der Hand. Seine Finger strichen
beinahe andächtig über den Bügel; er war wie ein
Zunge, der ein verlorengegangenes Spielzeug wieder-
fand.
„Da stehen ja noch unsere Namen darin."
„Ja", sagte nun auch Lisa, „das ist unser Korb".
Ihre Stimme war sehr warm dabei, als sie das sagte,
und sie legte die Betonung auf das kleine Wörtchen
„u n s e r", ganz unbewußt tat sie das.
„Unser!" Was war das für ein seltsames Wort,
obwohl es keinem bedeutenden und besonders würdigen
Gegenstand galt, aber es lag dennoch etwas Verbin-
dendes darin.
„Unser Korb!"
Sie standen nahe beieinander, Schulter an Schulter,
und dann legte auch Lisa ihre Hand an den alten Korb,
den Andreas zärtlich mit seinen Fingern umspannt hielt,
und dann legte sie plötzlich ihre gefalteten Hände auf
seine Schulter und ihren Kopf an seinen Arm, und
Tränen waren in ihren Augen.
Und Andreas legte den Korb behutsam fort und sah
sie an, und dann nahmen sie sich in die Arme.
Es war wie ein Wunder.
Und es war so, wie es bei der Sonne ist, wenn sie
aus den Wolken bricht: Zuerst fällt ihr Licht auf einen
kleinen Platz, dann aber breitet sich der Schein aus, und
zuletzt will er d,e ganze Welt erfüllen.
So fiel auch der Strahl einer kleinen, unscheinbaren
Gemeinsamkeit in das Herz dieser beiden Menschen, und
ihr Schern wurde größer und größer, — sie fühlten es,
wie er sich ausbreitete und wie das Wrsien um die Ge-
meinsamkeit von allem Besitz nehmen wollte, das da war
und ihnen so fremd erschien.
Ein solcher Zauber lag in diesem einfachen Wort:
„Unser!"
Sie waren so bewegt davon, als sie es erkannten, daß
Andreas, als sie in der Abendstunde hinausgingen, und
als ihnen die warme Luft einen Duft von Blüten ent-
geqentrug..., und als der Gesang der Vögel ihre
Obren mit Wohllaut erfüllte und der Himmel sich groß
über ihnen ausbreitete, — daß Andreas sie nochmals in
seine Arme schloß, inniger denn zuvor, und daß er zu
ihr sagte:
„Nun beginnt unser Frühling!"
Lisa wußte nichts besieres darauf zu erwidern als ein
leises: „Ja!"
Und da, in diesem Augenblick, begann in ihrem Her-
zen die Liebe zu wachsen, die wurde zu einem Feuer,
das niemals verlöschen wollte.
Alter Bergmann Dieses alte Antlitz mußt du grüßen! Tag und Tun sind zweifach dir gesegnet, wenn ein Mann, in Ehren weiß geworden, dir begegnet.
Grüß’ ihn; sieh ihm in die alten Augen; kannst du in den ungetrübten lesen? — ; ,,Gott, ich dank dir für mein reiches Leben, das nur Tat — und darum reich gewesen!“
Reich ihm deine Hand. Denn seine Rechte, die nur Kraft verströmt’ ein langes Leben, wird in dich noch ihre Kraft verschenken, Kraft für deines Tages Werk und Streben.
Willy Bartock. Dieses alte Antlitz mußt du grüßen! Tag und Tun sind zweifach dir gesegnet, wenn ein Mann, in Ehren weiß geworden, dir begegnet.
137
Der kleine Friseur Michailoff aus Lemberg
M'chailoff, der kleine Friseur in der grünen Gasse »an
Lemberg, bl-cft etwa- neuaieriq über den Rand seiner
Br>lle. als er den ersten Verrreier Moskaus zur Türe in
seinen Laden bereinkommen sah.
Michailoff dane eine Frau und vier Kinder, drei Rasier,
mesier. zwei Seifennäpfe und einen halb blinden, ledoch
groben Sd'egel und einen zerbeulten Kundenstubl vor der
gesprungenen Marmorplarke. Er Hane deshalb immer nur
mii einem Obr hingehört. wenn der Mann auf der roien
Tribüne am Hauprplas in die Menge schrie, daß E'gen-
tum Diebsiabl sei und der zusammengeivucherle Beste der
gottverdammten Kapilalistenklaste, diesen Arbeilerschin-
dein, MN Recht unler die Proletarier nerteilt werden muste.
Al- Ukrainer erfüllken ihn jene Tage mit Schaden-
freude. in denen die Polen non den Deutschen verprügelt
wurden. Nun waren aus einmal die Bolschewisten da,
was ihn mn einer gewisien Neugier erfüllte.
Michailoff arbeitete ohne Gehilfen und Sonnabends
hals ihm wob! seine Frau im Laden, die Gäste zu be-
dienen. Und verdienre er den Monat so viel. daß er seine
Miete hinlegen konnte, so wiegle er sich bereu- in der
Hoffnung, daß es nun endlich bester würde in seinem
sorgenvollen Dasein.
Und so ersuchte er obne Befangenheit den Mann mit
dem Sowiekstern im Knopfloch ,m Kundenstubl Play zu
nehmen und begann nach seinen Wünschen zu fragen.
„Genoste M'chailoff". hub dieser an. indem sein Blick
über eine lange Namen-liste flog. ..also Genoste M'chai-
lofs. du hast nun da- Glück, Bürger der Bereinigten
Eowieirepubliken zu sein, wo eine starke Hand darüber
wacht, daß dem ktastenbewußren Proletarier lener Arueil
an den Gütern unserer reichen Republik wird, der «dm mit
Recht zusteht. Alle- Elend kommt vom Kapitalismus her,
von der Raffsuchi und Gier, e- bester haben zu wollen,
al- sein Nachbar. Darum fordert dich die Parte« durch
Mich auf, dem Kollektiv der Friseure beizulreien, worauf
du von nun an ein sorgenfreie- Leben führen wirst. Du
bist dann Bruder eines >eden und ein >eder w>rd dafür
Sorge tragen, daß du leben kannst, und wenn du etwas
nötig haben solltest, wird da- ganze Kollektiv für dich ein-
springen, jederzeit und wann du es benötigst."
M'chailoff hatte zugehört und beifällig genickt, der
Kapitalismus batte ihm nicht- eingebracht, aber auch
nicht- weggenommen und ausgebeutet baue er ihn auch
Nicht, denn die reichen Leute Karten ihren Friseur am
Hauptplas, wo sie sich von jungen Mädchen die Finger-
nagel lackieren ließen und ihnen ern anständige- Trinkgeld
gaben, wenn sie sich erne halbe Stunde lang ihre schlechten
Witze anhörten.
„Ja. Genoste, das bade ich immer schon gedacht, wenn
wir Armen zusammenhalten würden, dann könnte es kei-
nem schlecht geben und ieder bätte fern Auskommen. Ader
wir können uns ja Nicht einmal da- Notigste anschaffen
und so leben wir einen Zaa nach dem andern und sind
abends froh, wenn wir halbwegs satt rm Belle liegen."
Von Kriegsberichter Valentin Schuster
„Das wird nun ja anders, wenn du dem Kollektiv bei-
getrelen bist, dann bist du auch los die Sorgen um die
Anichaffunqen, dafür kommt das Kollektiv auf. Dein
Laden gehört dann natürlich auch dem Kollektiv, doch
bleibt er dir zu Händen und somit ändert sich ja eigentlich
nicht- an dem Geschäft."
„Natürlich stelle ich dem Kollektiv meine Einrichtung zur
Verfügung und schäme m>ch nur. daß sie so bescheiden ist.
Doch. Genoste, einen Stuhl hätte ich nötig, denn dieser
wackelt schon und d,e Kunden haben immer Angst, mir in
das Mester zu fallen."
„Der Stuhl hält noch eine Weile, Genoste Michai-
loff". enlgeqneie der Kollektivvertreter und rückte einige
Male mn dem Hosenboden bin und her. geflistenrl'ch baS
Ächzen und Knarren des alten Möbels überhörend.
„Doch. Genoste, du kennst die Menschen und weißt selbst,
daß sie faul werden, wenn iemand für sie sorgt, wie das
Kollektiv. Genoste, wir mästen alle arbeiten und im An-
fange sogar sehr viel arbeiten denn du hast ja noch keine
Abnunq. welch verheerenden Schaden die Kapitalisten an-
gerichtet haben und den wir vorerst wieder auimachen
mästen. Du warst sicher vor einiaen Tagen am Hauprolatz
und hast die eindringlichen Ausführungen des Partei-
redner- gehört, der sich mti den Zielen des Fünf-)ahres-
Planes auseinandersetzte."
„Iawobl. das habe ich gehört, und daß alle fest ar-
beiten musten, das freut m>ch. denn dann kommt Geld ins
Hau- und da- liebt auch der Proletarier, ohne deshalb
gleich mit dem Kapitalismus zu liebäugeln", fiel M'chai-
losf in die Rede seines Gegenübers.
„Du hast mich verstanden. Genoste, und deshalb ist
für die Leistung jedes einzelnen ein Plan vorgesehen und
du wirst von nun an 35 Rubel am Tage verdienen",
sprach er und sab sich flüchtig im Raume um.
„35 Rubel?", strahlte ungläubig M'chailoff. „35 Ru-
bel soll ich tatsächlich verdienen. Genoste?"
„Du sollst nicht nur 35 Rubel verdienen, sondern mußt
es sogar. Die 35 Rubel räai ch führst du dann dem Kol-
lektiv ab und vom Kollektiv erhältst du nach Verrechnung
35 Prozent von deinem Verdienst zuruck. Dafür be-
kommst du Material umsonst geliefert und bist aller Sor-
gen los."
Michailoff batte enge Sehschlitzen bekommen, aber der
Vertreter vom Kollektiv sab ihn so eigentümlich an, daß
er schauernd rn sich zusammenkroch.
„Genoste, ich habe das Geschäft nun schon 16 Jahre
und noch nie in einem Tage eine Summe verdient, die dem
Wert von 35 Rubeln entspricht."
„2m Plan »st der Benag vorgeschrieben, und wegen
dir kann Genoste Stalin in Moskau nicht seine ganzen
Pläne aufgeben. Wenn du rüchng bist, kommt der Betrag
heraus, und da nur der Tüchtige freie Babn bar. w'id
dir das Kollektiv eine andere Stelle besoraen und dern
Geschäft bekommt ein anderer. Hier, unterschreibe."
Michailoff unterschrieb und blickte noch lange auf di«
Türe, durch die der Mann ohne Gruß gegangen war.
138
Michailoff arbeitete, er stellte sich vor die Türe und
hielt die Leute an, sich doch bei ihm die Haare schnei-
den zu lasten, aber er brachte cs mehr aut 3f> Rudel
bis jum Ladenschluß, und so dielt er noch die Türe orten
bis in die Nacht hinein, denn die Genosten an Kollektiv
verstanden keinen Spaß, und Genoste Stalin Karre keine
Zeit und wollte scheinbar das Paradies der Arbeiter nicht
auf die lange Bank schieben. Bis er eines Tages aut das
Kollektiv gerufen wurde, wo 22 mdische Funktionäre
sauen, um über den Wohlstand der Lemberger Friseure *U
wachen und dafür zu soraen, daß keiner mebr als der
andere barte, was auch stimmte. Bei den Verrechnungen
harre Michailoff auch nie 35 Prozent von seinem abge-
lieterren Einkommen erballen, sondern höchstens 32. und
als er nach dem Rest fraare, zogen die Juden >bre Augen-
brauen zu Koben Bögen, sprachen von der Befreiung des
Prolerariais und Kaulen den Schalter zu.
So saß M.chailvff aus der Holzbank und wartete, bis
er durch die grungepvlsterte Tür eintreten durfte, und als
er wieder herauskam. Karre er kein Geschäft mebr, dafür
aber eine feste Anstellung als Fnseurgebilfe m dem großen
Laden am Hauptplatz mir 8 Rubel pro Tag.
D>e Familie M.chailoff bunaerre. denn um leben zu
können, brauchte er wenigstens 5no Rubel im Monat, und
wenn auch seine Frau reden Rubel zehnmal umdrebre. be-
vor sie >bn ausgab, so reichten seine 14U Rubel doch nicht
über 38 Tage.
Michailoff sah sich nach einem Nebenverdienst um.
Seine Genosten, denen es N'chr bester ging, als ibm selbst,
taien dies auch. Nach Ladenschluß ginaen sie in versche-
dene Häuser und schn,rren den Arbeitern die Haare unrer
dem Tarif. Nach 14 Tagen entschloß er sich ledoch. lieber
zu oerbunaern. als dies zu run, denn im Kollektiv baue er
gebort, daß dies Sabotaae an der Gemeinschaft wäre und
vier Friseure deshalb verbafrel worden waren.
M.chailvfs war also der Appetit nach höherem Ver-
dienst oeraangen, nicht aber der Hunger. Ei sab sich nach
einem anderen Beruf um. Ein politischer Komm'stal. den
er reden Tag bediente, ging ihm an die Hand. Er ver-
mittelte ibm die Stelle eines Hauswarts mit freier Woh-
nung und Bebe,zung. dazu bekam er noch vier Rubel den
Tag. wobei er allerdings noch die Möglichkeit batte, sich
selbst im Hause noch einige Rubel dazu zu verdienen,
wenn er die Fenster der Parteien putzte und ihnen d»e
Fußböden abzog.
Michailoff wurde Hauswart, er schrubbte und fegte
von früh bis abends und seine Frau kam überhaupt nicht
mehr aus der Waschküche. Aber sie Karren fast zu leben,
denn seine Tochter wusch tn der Kneipe nebenan das Ge-
schirr, und manche Gäste aßen doch nicht alles, was sie
auf den Teller bekamen. Iin ersten Stock wohnte ern
Jude, der war Vertrauensmann des Kollektivs m einem
Warenhaus und saß in der Kaste eines solchen, damit das
angenommene Geld laut Plgn auch wirklich vorschrifts-
mäßig dem Kollektiv abgelietert würde. Dieser jüdische
Vertrauensmann harre einen kleinen Hund, der nie auf
die Straße geführt, sondern immer im Treppenflur ab-
gesetzt wurde. M cha.Ioff, der die Arbeit nichr scheute, sah
Nicht em, warum er für den Juden die Stiege dreimal
tägl ch reinigen sollte, noch dazu, wo der Vertrauensmann
für das koU.kt'v nie mit einem Rubel herausrückte. Mi-
chailoff feste sich also eines Morgens geduldig auf d>e
Treppe, und als der Hund der der Türe herausgeflogen
kam. warf er tbn gleich weiter die Treppe hinunrer. damit
er sich an die Straße gewöhne. Es kam ,u einem fürch-
terlichen Auftritt zw scher, der )üd,n und M chailorf. wo-
bei erstere gellend durch das Sriegenhaus schrie. und er
nur rubiq einwendete, daß er dem Hund noch Reinlichkeit
beibringen werde. Als mittags seine Frau aus der Wasch-
küche kam. war ihr Mann weg. und d>e Nachvarleule
standen ängstl.ch beisammen und tU'chelien. Am Anend
erfuhr sie. daß M chgilotf. ihr Mann. von ein paar
Herren >m Auto abgeboli worden fei. worauf sie worrloS
etwas Wasche. Tee und Brot zusammenbündelte und das
Paket in das Untersuchungsgefängnis trug.
Der Mann, der das Paket abnahm, teilte ihr mit. daß
M chailoff der Spionage sür Deulfchland verdächtigt sei
und die Anzeige schwerer wiege als alle lliischuldsbeieue-
rungen, denn sie käme von einem Vertrauensmann des
Kollektivs, der sich bereits große Verdienste um die Kom-
munistische Partei erworben hätte.
Frau Michailoff rackerte >m ganzen Hause, um zu ver-
gcsten und damit die f?ett trüber verstre che. bis ihr Mann
wiederkäme, lind als sie gerade w'eder einmal in der
dampfenden Waschküche stand, steckte ein Funktionär sei-
nen Kopf zur Türe herein und drückte ihr ein rotes Fähn-
chen in die Hand mit der Mitteilung, ln einer halben
Stunde am Hauprplae zu fern.
Genost,n M chailoff warf sich ein Tuch über ihre feuch-
ten Kleider, rannre zum Haupkplatz und lubelre mit d-M
Fähnchen bettig w'nkend inmitten der hereirs versammel-
ten Menge dem Mann aut der roten Tribüne zu. der eben
gebrüllt batte, dafz die Proletarier aller Lander aut dem
besten Wege seien, sich zu vereinigen, wenn in diesem
Kriege der größte Feind aller Proletarier, die Deutschen,
restlos vernichlct würden.
Am nächsten Tage sab man die politischen Kommistare
eilig im Auto umberfabren und aus dem Gefängnis gell-
ten peitschende P stolenichuste lind dann waren plötzlich
die Deutschen da. und Genostin M>chailoff rannre ins
offene Gefangn'S. wo alle Z.llen offen waren und sämt-
liche politischen Häftlinge im K'ller lagen. Mit einer Kugel
im Kopf. Auch ihr Mann M chailoff, weil ei Nichi ge-
kuscht baue vor einem Juden, besten Hund ihm die Treppt
verunreinigte.
Dies hier ist weder eine Kurzgeschichte, noch eine No-
velle oder gar ern Feu,lleron. Diese Geschichte wurde mir
selbst erzählt von Frau M chailoff, als sie gerade weinend
im Gcfängnisbofe stand und immer wieder den Rock ihres
Galten ansah, der erschosten >m Keller lag, mu anderen
verscharrt in einem Mastengrab.
Es gibt nur einen Adel, den Adel der Arbeit
Dr. Ley
139
jjj Sßoytijalter ®inc Erzählung aus der Zeit Friedrich Wilhelm I.
Bon s-itz s°u° der das Arbeiten nicht nötig hatte
An jenem Oktoberabend des Jahres 1715
herrschte ein nasses, stürmisches und überhaupt
ungemütliches Wetter. Soeben hatten die Glok-
ken vom Turm die zehnte Abendstunde verkündet,
und schon lagen die Straßen der guten Stadt
Berlin in vollkommener Rübe. Kaum daß hier
und dort noch ein matter Lichtschimmer aus den
Fenstern grüßte. Die Ollämpchen auf den Kan-
delabern brannten trübe. Ihr schwacher Schein
vermochte die durch die diesige Luft noch verstärkte
Finsternis nicht zu durchdringen. Um die arm-
seligen Lichtquellen hatten sich milchig schim-
mernde Höfe gebildet; so sah es aus, als ob hier
und da glimmende Pünktchen frei im Weltraum
hingen. Die schweren Schritte eines Wächters,
die dann und wann aus einer Seitenstraße laut
wurden, klangen fremd und hohl durch die
schweigsame Nacht.
Vom Hallcschen Tor her näherte sich das Ge-
räusch eines herankommenden Wagens. Eine
schwachbrennende Laterne schwankte in der Mitte
der Straße. Der Wächter kam herangestampft.
Eigentlich Hane er hier gar nichts zu suchen, aber
seit m Berlin ein neuer Wind wehte, fühlte der
Mann sich bemüßigt, keine Gelegenheit, sich aus-
zuzeichnen, vorübergehen zu lasten.
„Ausweisen? Ausweisen, Herrschaften!" schrie
er schon von weitem. „Ist das eine Art und
Weise, zu nachtschlafender Zeit die Ruhe unserer
Residenz zu stören? Weiß der Monsieur nicht,
daß um zehn Uhr Nachtruhe in Berlin herrscht?"
Er war ganz außer Atem, als er neben den
schnaufenden Pferden den Schritt verhielt. Dann
sah er, soweit in der Dunkelheit etwas zu er-
kennen war, daß er eine vornehme, höfisch ele-
gante Karoste vor sich batte. Aber das beein-
flußte fein Tun in keiner Weife. Die Laterne in
Kopfhöbe haltend und in das Innere des Wa-
gens hineinleuchtend, verlangte er noch einmal
die Ausweise.
Ein Kopf beugte sich zu ihm heraus. Ern wohl-
frisierter Kopf mit vornehm aristokratischen Zü-
gen unter sorgfältig gepuderter und gekräuselter
Perücke. Eine asthmatische, aufgeregte Stimme
knurne: „Paß Er auf, Er Flegel! Siebt Er
nicht, daß Er die Rübe einer Dame stört mit
Semem Geschrei? Mon Dieu, was ist das für
eine barbarische Stadt! Ist das eines Königs
Residenz? Den Hals kann man brechen auf
Euren Straßen. Muß Er einen da auch noch
belästigen, Er Rüpel? Seh Er, wen Er vor sich
hat!"
Desgleichen war der Wächter gewöhnt; es
rührte ihn nicht. Er nahm das dargereichte Pa-
pier, entfaltete es und hielt es in den Schein
seiner Laterne. Zwischendurch gestattete er sich
einen verstohlenen Blick in die Tiefe des Wa-
gens. Er sah in ein Paar funkelnder Augen;
sonst war nichts sichtbar von der Dame, deren
Ruhe er gestört haben sollte. Als er dann, Buch-
stabe für Buchstabe, das Papier entziffert hatte,
fuhr ibm doch ein gelinder Schreck in die Glieder.
Er faltete den Schein wieder zusammen und
reichte ihn mit ein paar gebrummten Worten, die
wohl eine Entschuldigung bedeuten sollten, dem
Inhaber zurück. Schneller als er gekommen, war
er dann in einer Seitenstraße wieder verschwun-
den. Der Kutscher ergriff die Zügel, sagte
„Hüb!", und die Pferde zogen an. Krachend flog
das Wagenfenfter zu.
Der sächsische Gebeimkämmerer, Herr Bernd
von Liebenau, ließ sich mit einem Seufzer, der
tiefste Erschöpfung verriet, in die Polster zurück-
sinken
„Meine Liebe...", er stöhnte, „Sie ahnen
nicht, meine Liebe, wie das aufreibt, was in sol-
chem Dienst an Nervenkraft verloren geht, —
oh!" Er suchte in den Taschen seines Reise-
mantels nach dem Riechflakon.
„Sie Ärmster!" Eine süße Stimme lispelte
das. Der Kämmerer haschte nach diesem Wort,
er klammerte sich daran, wie an einen Rettungs-
anker. „Unsere Souveräne...", er seufzte schon
wieder, „unsere Souveräne sind gewöhnt, der-
gleichen als Selbstverständlichkeit zu betrachten."
Ein spöttisches Lachen. „Seien Sie vorsichtig,
Liebster, Bester! Wir sind in Preußen! Wissen
Sie mcht, was das heißt — seit zwei Jahren?"
Herr von Liebenau nahm das als Spaß. ^ Er
lachte herzlich. Die Kaprice von Berlin würde
schon ihr wohlgefälliges Ende finden, meinte er.
„Junge Herren — gestrenge Herren!" Der selige
König habe es in seiner Sucht, es dem großen
Louis gleichzutun, eben ein bißchen weit getrie-
ben; da meine der Sohn nun, den Teufel mit
Belzebub austreiben zu müsien.
Während der Wagen langsam und gemäch-
lich, im Schrtttempo sozusagen, die Wilhelm-
straße heraufschaukelte, gewann der Herr Ge-
heimkämmerer langsam seine gute Laune zurück.
140
Das silberne Lachen, das, aus schönem Munde
kommend, seine trefflichen Bemerkungen hier und
da unterstrich, beglückte ihn. Es riß ihn zu immer
gewagteren Attacken hin. Die Herrschaften amü-
sierten sich köstlich. Das Objekt ihrer Fröhlich-
keit war der junge König von Preußen, „der
Waldbauer", wie Herr von Liebenau sich aus-
zudrücken beliebte.
Plötzlich gab es einen Ruck, daß der Käm-
merer mit dem Kopf gegen die Wagendecke fuhr,
und das Fräulein entsetzt aufschrie. Der Wagen
stand. Herr von Liebenau unterdrückte nur müh-
sam einen Fluch. Bevor er sich aus seinen Decken
herausgewickelt hatte, öffnete sich der Wagen-
schlag; der Kutscher stand davor, den Hut in der
Hand. Er wurde angefaucht: „Was gibt's denn
schon wieder, he? Will Er uns partout auf dem
Gewisien haben, Er Lümmel, Er?"
Der biedere Mann zuckte die Achsel. „Halten
zu Gnaden, Euer Gnaden", sagte er, „aber ich
habe es Ihnen ja gleich gesagt: Die Pferde tun
es nicht mehr! Und was nicht geht, das geht
nicht!" Letzteres klang recht störrisch.
Ein Wortschwall unterbrach ihn. Was das
denn heiße? Ob er^Esel nicht ganz genau wisie,
daß Seine Gnaden zu bestimmter Zeit in Schwe-
rin erwartet würden! Ob man ihm nicht immer
und immer wieder gesagt habe, daß man in Ber-
lin keinen Aufenthalt zu haben wünsche!
Der Kutscher meinte, das wolle er ja ganz
gerne glauben, aber die Pferde könnten nun mal
nicht mehr. Sie kröchen ja bloß noch, aber selbst
das würden sie jetzt nicht mehr tun. Er kenne die
Biester. Und übrigens sei hier eine Posthaltung.
Wenn Seine Gnaden weiter wollten, müßten die
Pferde gewechselt werden.
Nun, da half also offenbar nichts; der Kut-
scher mußte es wissen. Ein nichtsdestoweniger
unternommener Versuch, doch noch weiter zu
kommen, scheiterte denn auch. Die Pferde wei-
gerten sich halsstarrig, auch nur noch einen
Schritt weiter zu tun. So blieb denn dem Herrn
Geheimkämmerer nichts anderes übrig, als sich
aus seiner Verpackung herauszuschälen. Er tat
das unter vielem Geächz und Geschimpfe. Das
Fräulein hingegen hatte sich schneller mit dem
immerhin nicht unerwarteten Aufenthalt abge-
funden, ja, ihre spitzen, etwas boshaften Be-
merkungen zeigten, daß sie die Situation vorder-
hand noch spaßhaft fand. .
Nun, besonders angenehm war diese Sachlage
zweifellos nicht. Die Straße war hier stock-
finster, zur Linken stand undurchdringlicher Nebel
über flachem Feldgelände. Zur Rechten hingen
in Mannshöhe zwei milchigweiße Flecke schwe-
bend in der Luft. Der Kutscher versicherte, daß
dies Lampen wären und daß dahinter sich die
Posthalterei befinde. Er habe schon öfter hier
ausgespannt. Der Kämmerer mußte es glauben.
Er stolzierte, noch immer aufgeregt, umher, schlug
die Arme ineinander, trampelte mit den Füßen
auf der Erde herum, was seinen zierlichen Stiefe-
letten bei dem Morast der Straße schlecht bekam,
und warf dann und wann ein paar Worte nach
der Karosie hinüber, in der seine Begleiterin
noch immer saß. Der Kutscher war inzwischen in
der Dunkelheit verschwunden. Der Kämmerer
hörte ihn schimpfen; mit heiserem Laut schlug eine
Glocke an, dann war Stille.
„Preußen!" knurrte der Herr aus Sachsen.
„Preußen! Man braucht einem nicht zu sagen,
daß man in Berlin ist. Kann irgendwo in der
Welt solch arabische Finsternis herrschen! Ach
Dresden! Dresden! Wenn ich an Dresden
denke..." Aus der Karosie klang wieder silber-
nes Lachen. Es mochten fünf Minuten vergangen
sein, da kam der Kutscher zurück. „Da kann man
nichts machen", sagte er. „Sie machen nicht
auf."
„Was heißt das? Er ist wohl verrückt ge-
worden!" „Halten zu Gnaden, Euer Gnaden,
aber sie machen nicht auf. Ich sollt' mich zum
Teufel scheren, hat man mir zugerufen."
Begreift man, daß das Seiner Gnaden die
Sprache verschlug? Er tobte, schimpfte, fluchte.
Er vergaß, daß wenige Meter hinter ihm eine
Dame im Wagen saß, die jedes Wort hörte.
Dann stand das Fräulein plötzlich neben ihm.
Die Affäre begann sie zu interessieren. Das
schien ja Ernst werden zu wollen. Auch sie wurde
nun aufgeregt und begann ein ängstliches Ge-
frage. So stand der arme Kutscher denn ge-
wisiermaßen zwischen zwei Feuern und wußte sich
keinen Rat. Er wiederholte nur immer wieder,
daß er das vorausgesehen und Seine Gnaden
gewarnt habe. Seine Gnaden hätten ja nicht
hören wollen. Die erregten Stimmen platzten
aufeinander wie Gewehrfeuer, die Gäule scharr-
ten und schnoben, rührten sich aber auf die neuer-
lichen Versuche, sie zur Weiterfahrt zu bewegen,
nicht vom Fleck.
Es war ein solcher Höllenspektakel entstanden,
daß man ganz überhört hatte, wie inzwischen
jemand dazugekommen war. Plötzlich fragte eine
fremde, rauhe Männerstimme: „Was hat man
denn? Warum brüllt man denn so mitten in der
Nacht?"
Diesen Worten folgte erst einmal betretenes
Schweigen. Dann hob der Kutscher die Laterne,
die er dem Wagen abgenommen hatte. Man sah
in ein kühngeschnittenes, starkgerötetes Männer-
141
gesiebt, in ein Paar großer, zornig blitzender
Augen.
Der Kämmerer war in Wut. Was ging ihn,
den kursächsischen Würdenträger, dieser Kerl da
an. Mochte der sich zur Hölle scheren.
„Seh Er sich doch um!" kreischte er. „Er
kommr wohl vom Monde! Hrei scheint es ja
keine Menschen zu geben. Hier scheinen ja die
Wölfe zu Hause zu sein."
Wäbrend er sich verschnaufte, war Stille,
dann saare die fremde Männerstimme rubig: „Er
ist offenbar ein Flegel!" und sich an den Kut-
scherwendend: „Was geht hier vor?"
Aber der Kutscher war auch geladen. „Man
wird doch hier Pferde auswechseln können!"
schimpfte er. „Wozu gibt es denn Post-
halrcreien?"
„Und warum kann Er nicht?"
Der Kämmerer, dem der „Flegel", wie über-
haupt die ganze herablassend respektlose Behand-
lung seitens des Fremden die Sprache ver-
schlagen hatte, kreischte, langsam wieder zu sich
kommend: „Weil diese Residenz ein U'wald ist,
in dem sich Füchse gute Nacht sagen. Weil der
Herr Postbalter hier das nicht nötig bat."
„Nicht nötig?" Des Fremden Stimme klang
bedrohlich.
„Nein, nicht nötig!" fauchte der Herr aus
Sachsen.
„Wart Er!" Das klang scharf, zornig, wie
ein Befebl. Schwere Sebritte stapften davon.
Gleich darauf schlug die Glocke wieder an.
Stille. Dann aufgeregte Stimmen, poltern-
des Geschimpfe, ein harter Schlag. Und wieder
Stille.
„Der scheint die Tür eingetreten zu haben",
zitterte die Dame."
„Das ist 'n ganz Rabiater", meinte der Kut-
scher. „Mon Dieu! Mon Dieu!" stammelte der
Kämmerer. „Dies ist ein furchtbares Land."
Keine zwei Minuten waren vergangen, da kam
es heran. Das waren zwei Menschen, zwei ver-
schiedene Stimmen: eine harte, zornig polternde,
eine schüchterne, winselnde, jammernde. Und dann
war der Fremde wieder da. Er schob einen Mann
vor sich her, einen Mann, der bestürzte Entschul-
digungen stammelte. 2m Schein der Laterne sah
man, daß letzterer nur notdürftig bekleidet war,
als komme er geradewegs aus dem Belt. Die
Stimme des Fremden beherrschte die Situation:
„Ich werd' Ihm helfen! Ich werd' Ibn Mores
lehren! Ich werd' Ibm Beine machen! Er
Racker, Er! Er Hundsfott von einem Kerl! Ich
werd' Ihn seine Pflicht lehren! Was meint Er,
wofür Er bezahlt wird! Wird Er die Pferde aus-
schirren! Wird Er wohl! Wird Er gleich! Wart'
Er!"
Die Gesellschaft stand starr. Der balbaekleidete
Mann schirrte zitternd und jammernd die Pferde
aus. „Gnade!" Der Fremde trieb ibn wieder vor
sich her. Mitsamt den Tieren, die sich, des Wa-
gens ledig, willig am Halfter führen ließen. Die
harte Stimme polterte: „Ich werd' Ihn Mores
lehren, Er Racker, verfluchter!"
Keine fünf Minuten mochten vergangen sein,
da standen frische Pferde vor dem Wagen
schnaubten und schlugen mit den Hufen. Der so
grausam behandelte Postmeister verkroch sich.
Der Fremde lüftete den Hut.
„Empfehle mich den Herrschaften!" sagte er. !
„Bitte die Überzeugung mitzunehmen, daß in
Preußen Ordnung geschafft wird."
Noch ein Wink mit der Hand, und den Frem-
den fraß die Finsternis. „Mein Gott", flüsterte
der Kämmerer. „Mein Gatt!"
Da riß ihn die Stimme seiner Dame aus der
Verwirrung: „Wißen Sic, wer das war?"
Dem Herrn aus Sachsen kam eine furchtbare
Ahnung. Madame, das zierliche Füßchen schon
auf dem Wagcntritt, sagte, selber am ganzen
Leibe zitternd: „Das war der König von
Preußen."
Dem Kämmerer klapperten die Iäbne. Frö-
stelnd stieg er in die Karosie, Beschwörungen
murmelnd. Die Pferde zogen an.
Oer beste Orden
Gar manches Knopfloch ist geschmückt,
weil manchem dies und das geglückt
mit Klingen und mit Kielen.
Jedweder Leistung ihren Preis:
Der beste Orden, den ich weiß,
Fr. W. Weber. ist eine Hand voll Schwielen.
142
$uell trt -ÖOTtt^ÜTT / Nach einer wahren Begebenheit. Von Heinrich Riedel
In einem vornehmen Kaffeehaus zu London saß im
Lesezimmer ein knapp mittelgroßer, ja kleiner Mann,
rauchte eine der damals — es mar gleich nach den Be-
freiungskriegen — üblichen Tonpfeifen und las in einer
Zeitung. Er trug einen gutsitzenden schwarzen Anzug und
harre ferne, gelehrienhafr wirkende aber bei näherem
Zusehen doch sehr energische Züge.
Da ging die Tür und ein englischer Major, ein
großer, kräftiqer, von ständigem Wohlleben aufge-
schwemmter Mensch mit brutal-arrogantem, schwam-
migem Gesicht, betrat das Lokal. In seinem Gefolge
befanden sich fünf Personen, die ebenfalls ein an-
maßendes, ironisch auf alles herabblickendes Wesen zur
Schau trugen. Der Major war eine in den damaligen
Londoner Kaffeehäusern bekannte Erscheinung und wegen
seines beleidigenden, händelsüchtigen Auftretens überall
gefürchtet.
Kaum batte er den einsamen kleinen Mann erblickt,
als er hinter ihn trat, erst eine Weile Faren machte und
ihm dann die Kerze auf seinem Tischchen ausblies. Seine
Genossen lachren ausgiebig. Aber der Zeitungslcser
zündele das L'chr obne ein Wort zu sagen wieder an
und vertiefte sich in sein Blatt.
„Guten Abend, kleiner Magister!" sagte da der Major,
streckte ihm die Hand zur Begrüßung hin und stieß ibm
dabei, wie aus Versehen, die Pfeife aus dem Mund,
so daß sie zu Boden fiel und zerbrach.
„Markeur, eine neue Pfeife!" rief der kleine Herr.
„Das Schulmeisterchen", bemerkte der Major gut-
gelaunt, „ist ja ein geradezu göttliches Kerlchen".
Dieses aber ließ sich nicht im geringsten stören,
steckte sich die vom Kellner gebrachte neue Pfeife in Brand
und las mit unbewegter Miene weiter.
Der Major spuckte verächtlich vor ibm auf den
Boden und ging dann, da im Augenblick anscheinend wei-
ter nichts mit ibm anzufangen war, ins Nebenzimmer,
wo die ganze Gesellschaft anfing Karten zu spielen.
Der Zurückgebliebene las in aller Beschaulichkeit seine
Zeitung zu Ende, rauchte und trank noch eine Taste
Tee. Schließlich klopfte er die Pfeife aus, stand auf,
ging langsam hinüber ins Speisezimmer und trat vor
den Major.
„Mein Herr", sagte er fest und ernst zu ihm, indem
er ihn an einem Rockknopf faßte, „morgen früh schießen
wir uns!" Obwohl ferne Aussprache an sich tadelfrei
war, merkte man doch am
Akzent, daß er ein Aus-
länder sein müste.
Der Major schätzte die
kleine Gestalt erstaunt und
belustigt von oben bis un-
ten ab und enkgegnete:
„Was Sie nicht alles
wünschen! Wollen wir uns
mit Kinderfibeln bewerfen,
Schulmeisterlein?"
„Ich bin kein Schul-
meister, sondern Kapnän
einer Bremer Fregatte im
Hafen", sagte der vor ibm
Stehende laut, und seine
Figur straffte sich. „Mor-
gen früh um sechs Ubr im
Hydepark, Einmündung der
Drakestreet!" Sein Blrck
war stahlhart geworden.
Im ganzenRaum entstand
ein betretenes Schweigen.
Der Major, auf den aller Augen gerichtet waren, konnte
nicht anders als ein Einverständnis murmeln. Der
kleine Mann verließ das Zimmer wieder. Der Major
spielte eine Zeitlang weiter, war aber zerstreut und un-
sicher und verlor.
Am nächsten Morgen um sechs Uhr erschien er mit
seinen fünf Kumpanen vom Abend vorher und einem
weiteren Herrn als Unparteiischem an der genannten
Stelle. Der kleine Herr war schon da, diesmal in seiner
prächtigen Kapitänsuniform, in der er trotz seiner ge-
ringen Körpergröße ein gebietendes Aussehen hatte.
Als Sekundanten hatte er seinen Ersten Offizier
und den Steuermann mitgebracht. Das waren nun aller-
dings wieder Kerle wie die Mastbäume. Außerdem war
noch ein vierschrötiger Matrose mit dem Pistolenkasten
da.
„Herr Major", sagte der deutsche Kapitän, „wenn
Ihre Pistolen vielleicht nicht besonders gut sind, können
Sie sich welche aus meinem Kasten auswählen. Ich
kann sie Ihnen empfehlen."
143
„Danke", erwiderte der Major. „Aber ich bin nur
auf meine eigenen eingeschossen. Ich hoffe, sie werden
zulangen."
Trotz dieser forsch klingenden Worte war sein sonst
brüskierend-brutaler Gcsichtsausdruck einem ausgeprägt
ten Ernst gewichen. Die geradezu unheimlich ruhige Art
des Kapitäns schien ihn aus der Sicherheit seines ge-
wohnten Wesens herausgeworfen zu haben.
Man sprang fünfzehn Schritte ab. Die Duellanten
stellten sich einander gegenüber. Der Unparteiische er-
klärte: „Sie, Herr Kapitän, haben als der Beleidigte
den ersten Schuß."
Der Kapitän legte an und begann seinen Gegner
sorgfältig und lange aufs Korn zu nehmen. Der Major
wurde merkbar nervös. Wollte jener denn nicht endlich
abdrücken?
Da ließ der Deutsche die Waffe wieder sinken. „Wenn
ich den ersten Schuß habe", sagte er nachdenklich, „wird
der Herr Major nicht mehr den zweiten haben. Drum
soll er zuerst schießen."
„Mein Herr", rief einer der Sekundanten seines
Gegners, „Sie scheinen Ihre Schießkunst ziemlich hoch
einzuschätzen; vielleicht z u hoch." In seiner Stimme war
die Ironie nicht zu verkennen. „Schießen Sie ruhig
zuerst!"
„Nein", sagte der Kapitän zu seinem Matrosen,
„hest du bin Piep bi di?"
„Ja, Kaptein, de hebb ich."
„Denn gah mal ok fisteln Trä weg un smiet se in de
Luft!"
Hein tat, wie ihm geheißen. Der Kapitän schoß und
traf den Tonpfeifenkopf im Fluge, so daß die Stücke
herumspritzten.
Die Engländer sperrten vor Staunen den Mund auf.
Der Major aber war fast schon mehr tot als lebendig.
Die Lippen zitterten ihm. Er suchte sich zusammenzu-
reißen und äußerlich gefaßt zu zeigen, aber es gelang
ihm schlecht.
Der Kapitän nahm eine neue Pistole aus dem
Kasten. „So. nun schießen Sie, Herr Major!" — Der
gegnerische Sekundant wollte von neuem widersprechen.
„Schießen Sie!" rief der Kapitän nochmals in fast
befehlendem Ton.
Da schoß der Major, fehlte jedoch in seiner Auf-
regung.
„Schießen Sie noch einmal, Herr Major, und zielen
Sie besser! Falle ich, so ist das ein Glück für die fünf
Herren da. Sie alle haben sich gestern abend über mich
lustig gemacht. Sie werden alle noch meinen Pistolen in
die Mündung sehen müßen. Einer nach dem andern."
Den fünf Kumpanen des Majors fuhren diese un-
erwarteten Worte wie Würgengel an die Kehlen. Und
der Sekundant protestierte jetzt nicht mehr. Der Major
legte zum zweiten Mal an und zielte lange. Aber der
Kapitän sah ihm so fest und stolz ins Gesicht und ohne
jede Spur von Furcht, daß ihm der Pistolenlauf ins
Schwanken kam.
„Ich muß heute tatsächlich noch Ihren Schulmeister
spielen", rief der Kapitän mitleidig hinüber. „Sie halten
zu hoch. So werden Sie mich nie treffen."
Aber seinem Gegner gelang es nicht mehr, seine körper-
liche Beherrschtheit zurückzugewinnen. Er schoß schließ-
lich ab und — nochmals fehl.
Die Englishmen standen wie erstarrt.
Jetzt legte der Kapitän an, ging von oben lanasam
ins Ziel und blieb eine Weile in dieser Stellung. Dann
setzte er ab. „Maior", rief er mit starker Stimme, „Sie
sind ein elender Mensch! Ich habe mich gestern abend
noch in dem Kaffeehaus über Sie erkundigt und erhielt
die schlechtesten Auskünfte. Sie haben viele Leute aufs
schimpflichste gekränkt und manchem übel mitgespielt. In
zwei Minuten sind Sie tot. Sind Sie auch innerlich
vorbereitet, vor Gott zu treten? Beten Sie! Bitten Sie
allen ab, die Sie beleidigt und erniedrigt haben! Meine
Herren, die Hüte ab, wenn wir vom großen Herrn der
Welt sprechen! Beten Sie, Major! Vater unser, der du
bist..
Alle entblößten schweigend ihre Köpfe. „Beten Sie,
Major!" rief der Kapitän nochmals und seine Stimme
war so, daß niemand gewagt hätte, sich gegen sie auf-
zulehnen.
Da betete der Major halblaut vor sich hin das Vater-
unser. Dann bedeckten sich alle wieder. Der Major war
bleich wie Kalk. Er zitterte heftig.
Jetzt hob der Kapitän rasch die Waffe und richtete
sie auf seinen Gegner. Alle erwarteten nun den töd-
lichen Schuß. Es war nervenaufpeitschend. Das Zittern
des Majors wurde stärker. Man sah, daß er sich kaum
noch auf den Beinen halten konnte.
Da — setzte der Kapitän die Pistole unerwartet wieder
ab, gab sie seinem Matrosen mit dem Bedeuten, sie in
den Kasten zu packen und rief: „Der Mensch ist keine
ehrliche deutsche Kugel wert!" Dann ging er mit seiner
Begleitung weg.
Am Abend des gleichen Tages saß er wieder in seinem
schwarzen Anzug bescheiden in dem Kaffeehaus, rauchte
seine Pfeife und las die Zeitung.
Der Major aber mußte den Abschied nehmen und ließ
sich nie mehr in irgendeinem Londoner Kaffeehaus blicken.
Das Koppel sitzt falsch
Es gibt Dinge, die weder in der Schule, noch im Leben,
noch gar im Soldatendafein vorkommen dürfen. Aber sie
kommen doch vor.
Zum Beispiel: Bei der Mathematikarbeit auf das
Nachbarheft zu schielen. Oder in der Bürozeit zum Zahn-
arzt müsien, und dann zwanzig Minuten später, ein
Taschentuch vorm Gesicht, in der Oper sitzen. Oder die
richtige Straßenbahn verpaffen und zu spät in die Kaserne
kommen. Oder gar: Das Koppel (anstatt vorschriftsmäßig
a u f dem untersten Mantelknopf) z w i s ch e n den unteren
Knöpfen tragen.
Schütze Malwik trug das Koppel grundsätzlich zwi-
schen den Knöpfen. Dreimal schon war er verwarnt,
viermal angeschnauzt worden, und wenn es noch ein ein-
ziges Mal vorkommen sollte, dann ...!
Malwik seufzte. Es lag nicht an ihm. Es lag am
Bauch. Oder am Mantel. Oder am Koppel. Zwanzig-
mal hatte er es heute schon zurecht geschoben, aber wenn
er an sich herunter sah, wo saß es? Zwischen den
Knöpfen. Doch nicht nur mit dem Koppel ging's verkehrt,
auch sonst hatten sich alle bösen Geister gegen ihn ver-
schworen, und so kam es, daß Malwik, bisher der beste
und pünktlichste Soldat, genau in dem Augenblick die
Straßenbahnhaltestelle erreichte, in dem die Bahn davon-
jagte. Als er mit keuchenden Lungen vor dem Kasernentor
stand, war es drei Minuten nach Zapfenstreich. Malwik
knirschte mit den Zähnen. Was nun?
Stockdunkel war es. Der Schneesturm fegte um die
Mauern und peitschte ihm weiße Flocken in das erhitzte
Gesicht. „Hier gibt es", dachte er, „wie immer im Leben,
zwei Möglichkeiten. Entweder du gehst ordnungmäßig in
die Wache und dann drei Tage in den Kasten, oder------a
Malwik — anstatt das Vernünftige zu tun — entschloß
sich für „Oder". Vorsichtig schlich er die Mauer entlang,
bog nach links ab, stapfte in eine Schneewehe, blieb stehen
und versuchte mit Hilfe eines Schlußsprungs aus der
Kniebeuge die Mauer zu erklimmen. Die aber war zwei-
einhalb Meter hoch und glatt und kalt, die Knie vom
Laufen ermüdet, und die Hände vor Frost erstarrt. Es
ging nicht. Malwik knirschte zum zweitenmal mit den
Zähnen. Sollte er-------?
2n diesem Augenblick kämpfte sich ein Mann durch den
Schneesturm, ein Feldgrauer, also auch ein Soldat, und
Malwik atmete auf. „Kamerad", sagte, „hilf mir mal
rüber. Du weißt ja wohl----------"
Der Kamerad wußte ja wohl. Er blieb stehen, bückte
sich. Malwik kletterte auf seinen Rücken, dann auf die
Schulter, und schwupp — war er drüben.
Fünf Minuten später und zwei Sekunden, bevor der
UvD. die Stube betrat, lag er im Bett. —
Der nächste Tag verlief, wie so ein Kasernentag ver-
läuft. Appell, Grundstellung, Ehrenbezeugungen durch
Vorbeigehen in gerader Haltung, Unterricht, und schließ-
lich — am Nachmittag — Kompanieererzieren. Bevor es
begann, ging der Kompaniechef, Oberleutnant v. St., die
Front ab und musterte jeden einzelnen Mann. Vor Mal-
wik blieb er stehen. Dem schoß der Schreck durch alle
Glieder. „Das Koppel!" dachte er, und richtig, eben auf
das Koppel hat es der Oberleutnant abgesehen. Er greift
zu, schiebt es auf den untersten Knopf und blickt den
Hauptfeldwebel fragend an. Der kann nicht anders und
sagt: „Der Schütze Malwik trägt das Koppel immer
zwischen den Knövfen".
„Dreimal zwei Stunden Nachexerzieren", ruft der Ober-
leutnant. Der Spieß schreibt es auf und wundert sich.
Dreimal zwei Stunden? Der Chef ist sonst wirklich
nicht so. Jetzt aber hat er den Schützen Malwik sogar
vortreten lasten und hält ihm mit lauter Stimme ein
Privatiffimum über den Anzug des Soldaten im allge-
meinen und den Sitz des Koppels im besonderen. „Und
dann", so schließt er, und mit einemmal ist die Stimme
gedämpft und undeutlich, als spreche er mit halbvollem
Mund, „dann fällt so ein falsch sitzendes Koppel manch-
mal sehr unangenehm auf, und wenn Kameradschaft auch
eine prächtige Sache ist, so suchen Sie sich das nächste
Mal gefälligst jemand anders aus, wenn Sie über die
Mauer wollen, verstanden?"
10
145
Ein kleines Zwischenspiel /
Während des zweiten Schlesischen Krieges
hatte Friedrich der Große sein Hauptquartier
im Brühlschen Palast in Dresden aufgesckla-
gen. Kriegsereigniste und Regierungsgeschäfte
ließen ihm kaum 3cit für sich selbst; dennoch
gab es jemand, für den er fast jederzeit zu
sprechen war und dem gegenüber er sich rück-
haltlos als väterlicher Freund zeigte; der Be-
vorzuate war ein Knabe, der Sobn eines Haus-
angestellten. Das Kind war dem König durch
sein unbefangenes Wesen und die drollige Alt-
klugbeit seiner Bemerkungen aufgefallen; im
Lauf der Zeit gewann er den Knaben so lieb,
daß er ihm sogar erlaubte, unangemeldet das
Zimmer zu betreten und in ihm zu spielen, wenn
er allein arbeitete.
Der König hörte den Vortrag eines Adju-
tanten, da trat der Knabe wieder einmal ein.
Wie gewöhnlich nickte Friedrick ibm freundlich
zu; eine Handbewegung ließ den Offizier ver-
stummen und zur Seite treten. Der König
sagte gütig:
„Du mußt jetzt erst noch ein bißcken im
Gatten spielen, mein Junge, bis ich fertig bin,
dann darfst du kommen!"
Der Knabe leate geheimnisvoll tuend den
Finger auf den Mund, blickte den König ernst
an und flüsterte:
„Höre, Majestät, wenn sie dir Schokolade
bringen, trinke sie nicht!"
„Warum denn nicht, kleiner Mann?" sagte
der König und lachte.
„Sie haben etwas hineingeworfen, ich war
in der Küche und habe es gesehen!" beharrte
der Knabe.
Noch immer heiter, ahmte der König das
ernsthafte Gebaren des Knaben nach.
„Was war denn das?"
„Das weiß ich nicht, Majestät; sie schütteten
es aus einem Papier in die Kanne und rührten
stark um!"
Betroffen blickte der König über den Knaben
hinaus. Was gebt da vor? Es ist Krieg; zahl-
reichen Feinden wäre sein Tod erwünscht, ein
Anlaß zu befreitem Aufatmen. Bedient man
sich solcher Mittel, um ihm die Führung seines
Heeres, die Regierung seines Landes und das
den Gegnern so gefährliche, nach der Größe
Preußens strebende Leben zu nehmen? Oder
hat der Knabe sich geirrt? Er darf nicht zögern,
der Sache auf den Grund zu gehen. Sein
Leben gehört nickt ihm; wichtiger als seine Per-
son ist die Größe des Staates, dessen erster
Diener er ist.
Der König geleitete den Knaben an die Tür,
strich ibm väterlich über das Haar und lobte:
„Du bist ein braver Junge, mein Freund! Jetzt
spiele, ich rufe dich nachher!"
Friedrich nahm Platz. Gegen seinen Willen
drängten die Gedanken in die eingeschlagene
Bahn. Er blickte den Adjutanten an and be-
fahl ibm, den Vortrag fortzusetzen. Mit un-
vermindertem 2ntecesie lauschte er. Als der
Offizier geendigt hatte und auf den Entlas-
sungswink wartete, bemerkte Friedrich kurz:
„Hierbleiben!"
Wie jeden Tag brachte der Kammerlakei
Glasau die Schokolade. Friedrich lehnte sich
in den Sesiel zurück; sein Blick empfing den
Mann an der Tür und begleitete ihn bis an
den Tisch.
„Einschenken!" befahl er ruhig.
Glasaus Blick wich dem durchdringenden
Blitzen der Augen des Königs scheu aus. Ver-
wirrt setzte er das Geschirr ab. Seine Hände
griffen zitternd ins Porzellan. Erst als der
König den Befehl barsch wiederholte, konnte er
die Kanne ergreifen und eingießen.
„Er zittert ja? Ist er krank? Trink er!"
sagte der König.
In der Tat zitterte der Kammerlakei jetzt wie
Espenlaub; siebend sah er den König an; er
wollte sprechen, brachte aber kein Wort hervor.
„Trink er!" wiederholte Friedrich scharf.
Da stürzte der Mann zu seinen Füßen nieder
und jammerte:
„Gnade, Gnade! Eure Majestät sollten ja
nicht daran sterben, sondern nur dumm werden!"
Der König lächelte verächtlich.
„Stell er die Taste auf den Boden!"
In schlotternder Angst führte Glasau den
Befehl aus.
Einer der Hunde des Königs leckte freudig
das süße Getränk; kaum war die Taste geleert,
da begann das Tier kläglich zu winseln; nach
wenigen Minuten war es unter qualvollen
Zuckungen verendet.
146
Des Königs Augen leuchteten streng. Wieder
wollte Glasau in verzweifeltes Flehen und Jam-
mern ausbrechen, doch Friedrich herrschte ihn
an:
„Schweig er jetzt!"
Erregt schritt der König auf und ab; tausend
Gedanken erfüllten ihn. Also dock: ein Atten-
tat! Sein Blick traf die feiae Jammergestalt
des am Bod n liegenden Dieners: er glitt wei-
ter zu dem Offiner, der in Habachtstellung be-
reit stand, jeden Befehl auszuführen.
„Warte er draußen — ich verböte den Mann
selbst! Und kein Wort inzwischen!"
Der Adjutant erwies die Ehrenbezeigung,
verließ das Zimmer und wartete in äußerster
Spannung auf jeden Laut, bis nach einer hal-
ben Stunde das Glockenzeichen des Königs ihn
wieder ins Zimmer rief.
Umstände mit Stiefel /
Als ich die feldgrauen Kleider verpaßt bekam,
sagte der Kammerunteroffizier: „Raus! die
Stiefel passen!" Da nabm ich selbige unter den
Arm und ging meiner Wege. Vier rage binter-
einander regnete es nicht, so daß ich die Stiefel
an neben konnte, wie ich sie empfangen hatte.
An neben zu sagen, ist etwas übertrieben; denn
wenn die Zeben ihren Weg gefunden batten,
mußte ich mit der Stiefel spitze gegen die Fuß-
leiste bollern, bis auch die Feldwebel am andern
Flurende berüberfchimpfren: „Jetzt ist es genug
mit dem Krach!" Das Ausziehen ging geräusch-
loser vonstarten, allerdings mußte ich stets von
neuem meine Stubenkameraden auf die Be-
deutung der Kameradschaft aufmerksam machen,
die da Heißt: Man muß sich gegenseitig Helfen!
Sie halfen auch. Als aber trotz der Hilfe der
rechte Stiefel einmal nickt kommen wollte, spann-
ten sich noch zwei Kameraden davor. Sie zogen,
daß ich hintenüberfiel, sie zerrten mich aus der
Stube, während ich hastig zwei Feldbetten er-
griff, die schrippend hinter mir herrutschten, bis
sie gegen den Türrahmen prallten. Da ich mein
rechtes Bern nicht verlieren wollte, ließ ich los,
aber jetzt wurde ich durch den Flur geschleift, eine
Treppe hinauf, ich suchte einen Halt am Ge-
länder ... und auf der zwölften Stufe streifte
sich der Stiefel plötzlich vom Fuß. Ich war
darauf nicht gefaßt, kollerte die Treppe hinunter,
und als ich, doppelt geschlagen, mir unten den
Ueber dem Antlitz des Königs lag der Aus-
druck düsterer Verschlossenheit, bitterer Men-
schenveracktung und der Entschloss nbeit, allen
Feinden und allen Gewalten zum Trotz die er-
kannte Lebensaufgabe zu erfüllen. 2n beherrsch-
ter Schärfe erklang sein Befehl:
„Rach Spandau! Niemand spricht mit dem
Gefangenen — auch kein Geistlicher — bis ich
Gegenorder gebe! Und er selbst schweigt, wie
ich schweigen werde! Ein kleines Zwischenspiel,
ein Intermezzo — Zeit, Schicksal und Geschichte
schreiten darüber hinweg —!"
Noch einmal läutete, etwas später, der Kö-
nig; ein versonnenes Lächeln verklärte sein Ge-
sicht, als er dem eintretenden Offizier vom
Dienst den Befehl erteilte:
„Hol' er mir den Knaben — er spielt im
Garten!"
Von Mathias Ludwig Schröder
Kopf festhielt, dachte ich, daß ich doch bester die
anderen Stiefel auf der Kammer anaenommen
hätte, wenn ich sie auch hätte putzen müssen.
Es regnete. Wir machten einen Ausmarsch, die
Stiefel waren über und über mit Lehm be-
schmiert. Abends saß ich unschlüssig auf dem
Schemel, vor mir lagen die Stiefel. Schließlich
nahm ich sie doch auf und ging hinaus. Ich
säuberte sie. Es war ein blöder Lehm, auch wenn
man ihn mit einem Hölzchen abkratzte blieb das
Leder grau. Also wichste ich die Stiefel und
bürstete sie blank.
Nachher standen sie neben meinem Schemel.
Ich schob sie unter das Bett, damit nichts dran
kam. Morgens waren sie fort. Neben meinem
Spind lagen ein paar Stiefel, grau, schmutzig,
hart wie ein Brett. Ich äugte umher, denn gleich
wurde zum Raustretcn gerufen ...
„Wer hat die Stiefel an, die hier lagen?"
„Ich", antwortete der kleine Kipp, und
drückte die Knie durch.
„Dann ausgezogen, los!"
„Das sind meine Stiefel!" entgegnete er. „Du
hast gestern abend die verkehrten geputzt!"
Er hatte Recht, ich sah es sofort, ich kratzte
mich nur unter dem Kinn, nahm die Stiefel vom
Boden auf, holte die Bürsten aus dem Spind
und ging hinaus.
10-
147
9t0jcn Oils bet $)albe / Von Josef Schultz
Sie haben die Marie Klinkert begraben. Es war nur
das Klingen der kleinsten Glocke dabei, weil sie es im
Leben schon so ausgemacht hatte. Aber der Wind sang
ein heimliches Lied in den dunklen Tannen, die den Berg-
hang säumen und den Friedhof mit den vielen kleinen
Kreuzen.
Der Wind kam vom Hochwald her, und er mochte
leise singen, weil an seinem Weg der graue Schacht stand
mit den himmelnahen Esten und den rastlosen Rädern
am Förderturm. Alle Sturmlieder im Bergland fangen
die Esten ein und die Fördertürme. Und das muß auch
so sein, denn für den ehernen Chor der Arbeit, der im
Land der Gruben klingt, ist nur das Lied, das der Sturm
singt, die richtige Begleitmusik.
Wo der Schacht schon Ferne ist, wächst die Halde aus
dem Land. Halden vom Bergwerk sind wie Denkmäler,
die sich die Arbeit baut. Sie lasten das gewaltige
Werken in der Erde nur ahnen. Die Halde vom Berg-
werk ist wie ein Maßstab zum großen Ehrenfeld der
Arbeit unter Tage. Ein Maßstab eins zu Hundert-
tausend oder eins zu einer Million, das ist die Halde.
Es wachsen schlanke Birken auf dem grauen Wall.
Der Wind hat Samen geweht, ein grünes Reis ist ge-
wachsen, weißschimmernde Stämmchen streben zur Sonne,
und dann ist ein schwingendes Laubdach geworden, das
jeden Sommer lang vom Vogellied widerhallt. So alt
ist die Halde.
Und abseits von den Birken, da, wo die Sonne an
jedem Tag zuerst die graue Halde grüßt, wächst im
wilden und wirren Durcheinander ein Rosenstrauch.
Viele wundern sich und misten nicht, wie er dahin ge-
kommen ist, aber sie haben ihn der Marie Klinkert zu-
gesprochen. Und sie haben recht gehabt, er hat ihr ge-
hört. Vater und Mutter sind ihr arm gestorben, und es
hat durch ein langes Leben niemand zu ihr gehört. Aber
einmal ist ein Erbe an sie gefallen. Das war der Rosen-
strauch auf der Halde.
Am Waldrand in den Bergen hat er geblüht, als sie
dem jungen Häuer in die stillen Augen sah. Am Wald-
rand sind sie dann immer wieder gewesen und sie hat vom
blühenden Strauch eine dunkelrote Wildrose gebrochen.
Die hat sie ihm geschenkt, und es war ihre Antwort auf
sein Fragen. Was sagt eine Rose nicht alles, wenn der
Sommer blaut, wenn die Sonne über einem endlos
schönen Tag leuchtet oder wenn weiße Sterne brennen in
einer dunklen Nacht.
Einmal, als der Herbst schon im bunten Kleid durch
das Land ging, haben sie auf der Halde gestanden, die
abseits vom Schacht aus dem Land wächst. So grau
und müde sah die Halde aus, und die ersten kleinen
Birkenzweige wehten im welken Laub wie fturmzer-
schlistene, vergestene Wimpel. Da hat er zur Erde ge-
zeigt und ihr gesagt, daß gerade hier, tief unten im
Dunkel der Ort sein könne, an dem er einen neuen
Stollen in den Berg treibe.
Die Marie Klinkert ist im Land der Bergarbeiter
groß geworden, und das harte Lied der Arbeit, das um
die Esten und Fördertürme braust, ist ihr schon Wiegen-
lied gewesen. Aber in der Stunde, als der Blick von
der grauen Halde in die bunte Herbstwelt ging, weil er
sich nicht in die Erde verlieren wollte, tief hinunter an
den Ort, wo ein neuer Stollen den Berg zerfraß, in der
Stunde ist Angst in ihr gewesen. Da mußte sie von
ihrem Sommerglück sprechen, von dem Waldrand am
Berghang und von den Rosen, die leuchtend und
brennendrot dort blühten.
Der junge Häuer hat sie Tage darauf noch einmal zur
Halde geführt, abseits von den ersten kleinen Birken-
zweigen, dahin, wo die Sonne an jedem Tag zuerst den
grauen Wall grüßt. Da waren Steine und Geröll bei-
seite geräumt, und ein Rosenstrauch hatte seine Wurzeln
tief in die Erde gesenkt. Herbstwelk war sein Laub,
zerflattert sein letztes Blühen, aber es war der Rosen-
strauch vom Waldrand am Berghang.
„Nun hab ich alles zusammen, in der Erde die Arbeit,
und oben weiß ich was von dir", hatte der junge Häuer
gesagt, und es klang ein wenig verlegen, weil es ja
nicht Bergmannssache ist, auf die Lippen zu bringen,
was das Herz sagt. Die Marie Klinkert aber sah nur
den Rosenstrauch und wußte, nun ist er mir noch näher,
auch im Werken näher, weil der Rosenstrauch seine
Wurzeln tief in die Erde senkt, ihm entgegen, der am
neuen Stollen hämmert.
Einen Winter lang trug sie Hoffen und Bangen zu-
gleich im Herzen, und vom ersten Sonnentag ab, der
den Frühling ankündete, ging sie täglich den Weg zur
Halde. Und als sie sah, daß der Rosenstrauch in der
armen grauen Halde Wurzeln geschlagen hatte und daß
seine Knospen neues Leben glänzten, da senkte sie den
Blick tief in die Erde, und es war ihr, als klänge im
frohen Brausen ihres Blutes aus ferner Tiefe eines
Schlägels heller Klang.
Als die Rosen blühten, die ersten dunkelroten Rosen
auf der Halde, ging der junge Häuer einen weiten Um-
weg zum Schacht, weil die Marie bei ihm war. Sie
gingen am Grubentor vorbei zu dem grauen Wall, der
fern vom Förderturm aus dem Land wächst. Sie sahen
die jungen Birken nicht, die wieder ein Stückchen ge-
wachsen waren und mit lichtgrünen Zweigen im Winde
wehten. Sie sahen nur ihren Rosenstrauch, der in Blüten
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prangte. Und ob der junge Häuer auch leise wehrte, die
schönste Rose steckte ihm die Marie zwischen die Knöpfe
am Arbeitskittel.
Die trug er zurück auf dem Weg von der Halde und
trug sie bis vor das Grubentor. In der Tasche des zer-
schlisienen Rockes fanden sie die Rose in der Nacht, als
er ein Opfer seines Berufes geworden war.
Der Rosenstrauch hat noch viele Jahre geblüht, und
die Marie Klinkert hat an vielen Webstühlen in der
Fabrik gesesien. Aber von allen Webstühlen führte ein
Weg zur Halde, oft im Herbst, wenn die Welt in
bunien Farben vergeht, manchmal im Winter, wenn der
graue Wall silbergleißend wie ein gewaltiges Heldenmal
aus dem Land aufsteigt, und immer im Sommer, wenn
die Rosen blühen.
Die Leute haben oft heimlich gelacht und haben sie
närrisch genannt. Dann fanden sie nichts mehr dabei,
daß die Marie Klinkert in sedem Sommer einmal mit
einem großen Strauß Heckenrosen heimkam und sie wie
ein kostbares Gut in ihrem Stübchen barg, obwohl sie
auf einem weiten Weg längst welk geworden waren und
einen Teil ihrer dunkelroren Blätter verloren hatten. Es
hat den Leuten ja auch niemand gesagt, daß Herzblut,
das im stillen Opfersterben vertropfte, nicht in der Erde
verrinnt, sondern wieder aufsteigen muß. Daß es Wur-
zeln findet und Leben gibt und sei es auch nur für einen
Strauß dunkelroter Rosen auf einer grauen Halde.
Nun haben sie die Marie Klinkert begraben, und es
ist, als hätten die Kinder geahnt, was den Alten ver-
borgen blieb. Sie haben den Totenschrein mit Hecken-
rosen geschmückt. Nicht mit dem dunkelroten Blühen von
der Halde. Da ist der Weg zu weit. Aber Heckenrosen
blühen überall, auch am Zäun, der den Friedhof säumt.
Und der Wind sang ein heimliches Lied in den Tan-
nen am Weg und in den Rosen auf dem Totenschrein.
Sang so heimlich, daß nur leise Blatt um Blatt sich
löste und daß keines davon geweckt wurde. Es ist schon
gut so, daß auf dem Weg, den der Wind geht, der
Schacht steht, und daß alle Sturmlieder von den Esien
und Fördertürmen eingefangen werden.
Wo der Schacht schon Ferne ist und nur die Rauch-
fahnen um die Esien sein Leben künden, wachsen wilde
Rosen aus grauen Bergtrümmern. Ein junger Häuer
hat sie gepflanzt, und nun sind sie keinem Einzelnen mehr
zu eigen. Nun gehören sie allen Bergleuten, die Schlägel
schwingen und Stollen brechen in der dunklen Welt tief
unter der Halde.
f/IIei scAeen Alan ¿JOecAereesJe
In ’m Gaardebeet,
Wo dr Flieder schteht,
Blieje dausend Rose.
Un ihr sießer Duft,
Schmeichelt durch die Luft,
Will mich hold umkose.
Zittert um mich her,
Doch mei Herz bleibt leer,
Laßt nit in sich fange!
Weiderohne Ruh,
Immer, immerzu,
Ziehts mich met Verlange!
Wo e Reesje klän
Bliebt so ganz allähn
In de wilde Hecke,
Dorte ziehts mich hin,
Das met frohem Sinn
Ahn mei Herz ze schtecke!
. C. Schumann.
149
Ein Junggeselle prüft /
Das Dorf (dessen Name ich verschweige)
har nichts besonderes an sich. Es lieg! in einer
weilen, einröniaen ^bene am unteren Lauf der
Prims, ist groß und laut, betriebsam wie die
nabegelegenen Saardörfer. Eine breite Ber-
kehrsstraße führt kerzengerade durch den Ort;
ein Kraftwagen am andern wirbelt Staub-
wolken auf; die anstehenden kleinen Häuser
schauen allesamt mit trüben, blinden Augen in
die Welt.
Und doch atmet man auf, wenn man aus
den rauchgeschwärzten saarländischen Berg-
mannsdörfern in den Bereich des Prnnsdorfs
kommt. Hier webt eine reine Luft, die Wiesen
sind lcuchtendgrün, die abseitigen Wälder gip-
feln im Blau des Himmels, kein Nuß lagert
auf den Halden.
Seine Menschen allerdings haben es schwe-
rer als die Bewohner des reinen Industrie-
bezirks. Ihr karger Acker ernährt sie nicht. Sie
sind B e r g m a n n s b a u e r n , die sich täg-
lich unter der Erde und auf der Erde müden.
Wenn sie müde von der Grubenarbeit kommen,
erwartet sie daheim die zweite Schicht. Sie
dürfen sich nie der wohlverdienten Ruhe hin-
geben wie ihre Arbeitökamcraden, die im In-
dustrieort wohnen. Nach der Heimfahrt rennen
sie iommerraqs vom Zug ins Dorf, löffeln oft
stehenden Fußes ihre Suppe und packen wieder
mit beiden Händen die Arbeit an. Man pflügt
und mäht, man sät und erntet.
Der Ämste, Meistgeplagte aus der großen
Schar der vielgehetzten war Peter Groß. Er
bewohnte allein ein kleines Haus am Ende des
weitausgedehnten Dorfes. Seme Eltern waren
lange tot, seine Geschwister lang verheiratet.
Wenn er heimkam, erwartete ihn niemand —
wenigstens kein Mensch. Fünf Rinder muhten
ihm entgegen, und die Mastschweine grunzten
laut vor Hunger. Und seinem eigenen knurren-
den Magen mußte Perer Groß gebieten. Er
mußte erst das Vieh besorgen, ehe er sich selbst
ein Mahl bereiten konnte. Wenn er Früh-
Erzählung von Matthias Lang
fchicht hatte, stand er nachts um 3 Ubr auf,
fütterte die Schweine und die Rinder und
rannre dann mm Zug. Sieben Iabre wirtschaf-
tete der Junggeselle Peter Groß in dieser Weise.
Ohne Vieh härte er leichter und bequemer leben
können, aber er brachte es nicht übers Herz,
sich von den Tieren loszusagen. Es ist häutig
so und aanz natürlich, daß einsame Menschen
die Gesellschaft der Tiere suchen.
Nach sieben Jahren aber hatte Peter Groß
dieses beschwerliche Leben endlich satt. Er
empfand die Mühsal seines Daseins täglich
härter, und die Gesellschaft der Tiere genügte
ihm nicht mehr.
Vorsichtig sah er sich nach einer Lebensge-
fährtin um. Nach einer paffenden. Peter Groß
war viel zu ernst, um nicht zu wägen. Das
warme Leuchten einer stillen Häuslichkeit st.llte
er über den grellen Glanz der lauten gesell-
schaftlichen Freuden. In sein Haus mußte eine
arbeiksfrobe Frau, die es verstand, ein Heim
behaglich zu gestalten.
Das Dorf war groß; an heiratslustigen
Mädchen war kein Mangel. Peter Groß hielt
Ausschau. Drei, die ihm in die Augen fielen,
lud er zum Sonntagnachmitlag mit ihren Brü-
dern in sein Haus. Sie kamen gern.
Peter Groß bewirtete sie gut. Er hatte Viez
genug im Keller, und die Schinken brauchte er
auch nickt zu sparen, da er jedes Jahr zwei
schwere Schweine schlachtete. Er selbst saß nicht
am Tisch bei seinen Gästen, die es sich wohl
sein ließen. Vielmehr hatte er in der Sluben-
ecke Platz genommen, wo er sich anschickte, zer-
riffene Grubenkleider auszubeffern. Wahrhaf-
tig, keine andere Minute halte er dafür Zeit!
Veronika, die erste, die sich Vroni nannte,
nachdem sie drei Tage in der Snnkluft einer
städtischen Fabrik beschäftigt war und seitdem
alle Aeußerungen in perfektem Hochdeutsch von
sich gab — diese Vroni meinte schmalzig:
„Aber, Peter, die Arbeit da geziemt sich nicht
für einen Herrn." (Sie sprach tatsächlich
150
„Herrn"!) Das Mort berührte Peter komisch;
„ick bin kein Herr", knurrte er mißbilligend
und flickte weiter.
„Re, ne, das ist wirklich keine Männer-
arbeit", stimmte Bärbcben ihrer Freundin Vroni
zu und beschäftigte sich weiter mit ihrem Schin-
kenbrot. „Sie muß aber getan werden", er-
klärte Peter, „und nur Sonntags hab ich da-
für Zeit."
Von Rosa, der dritten, versprach der Bursche
sich am meisten. Er war tief enttäuscht, als sie
die Rase rümpfte und weawerfend sagte: „Pub,
die dreckigen Grubenkleider! Perer, wirf das
Zeug hinaus und setz dich zu uns an den Tisch."
„Dich müßte ich hinauswerfen", dachte er
grob.
Die Tischgesellschaft aß und trank und leerte
Krug um Krug.
Oft mußte Peter seine Näharbeit unter-
brechen und in den Keller steigen. Wenn er
seine Gäste zufriedengestellt harre, hockte er sich
wieder flickend in die Ecke. —
Als Vroni genug gegessen und getrunken
hatte, ging sie zu ihm hin. „Aka, es kann
noch werden!" dachte der Heiratslustige, „nun
nimmt sie mir die Radel aus der Hand". Vroni
aber dachte nicht daran. Vielmehr legre sie
den Arm um seinen Hals und bat: „Komm,
hör endlich auf mit deiner dummen Näherei!
Laß uns ranzen! Der Joseph spielt auf seiner
Mundharmonika". — „Ja, komm!" bettelte
auch Bärbchen. Rosa trällerte, sich in den
Hüften wiegend: „Freut euch des Lebens ..."
Josephs Maulgeige lärmte, die Pärchen tanz-
ten, Perer stichelte an seinem Grubenkmel.
„Run kann ich auch noch die Stube putzen,
wenn sie gegangen sind", dachte er ärgerlich.
Sie gingen aber noch lange nicht. „Peter, es
ist schön bei dir", versicherten sie ihm immer
wieder. Als sie endlich draußen waren, atmete
er auf. „Keine von euch dreien!" gelobte er
sich im Stillen. —
Er lud sie nickt mehr ein, aber in Zukunft
kamen sie ungerufcn. Sonntag für Sonntag
fanden sie sich bei ihm ein. Manche gesellten
sich nach und nach dazu. Sie aßen seinen
Schinken, tranken seinen Viez und tanzten
durch die Stube. Perer flickte Grubenkleider.
Es fiel keiner ein, ihm die Arbeit abzunehmen.
Auf die Dauer wurde dieses Treiben Perer
Groß zu bunt. Er ging den leichtlebigen Ge-
151
schöpfen aus dem Wege und suchte angestrengt
nach einer ernsten, am Leben gereiften Frau.
Christine Adrian fand sein Gefallen. Ihr
Kommen hätte er begrüßt, aber sie kam nie
zu ihm. Auch nicht, als er ihren Bruder bat,
sie mitzubringen.
Da suchte Peter sie in ihrem Vaterhause auf.
Ihre Zuneigung blieb ihm nicht verborgen. Aber
ungeprüft nahm er auch sie nicht hin. Bei ihrem
Vater bat er sich den Besuch Christinens in
der Begleitung ihres Bruders für den kommen-
den Sonntagnachmittag aus. —
Perer hockte aufgeregt über zerrissenen Gru-
benkleidern. Er saß am Fenster, damit er die
Straße überschauen konnte. Die Nadel zitterte
leicht in seiner Hand. Seine Erregung nahm
noch zu, als er die Ersehnte mit dem Bruder
kommen sah. „Was wird sie tun?" durchfuhr
es ihn.
Sie machte beim Eintritt große Augen, als
sie ihn bei der Näharbeit sah. Aber sie über-
legte keinen Augenblick. Ohne Umschweife
nahm sie ihm die Nadel aus der Hand und
sagte: „Komm, das ist nichts für dich!" Und
schon zog sie selbst die Nadel durch das blaue
Linnen.
Peter sah ihr zu; er war überglücklich. Er
hätte jauchzen mögen wie ein kleiner Bub.
„Das ist die rechte!" sang es frohgewiß in
ihm. —
Sechs Wochen später war Peter Groß nicht
mehr allein in seinem Haus.
Oersäe in Kleinigkeiten. bei beleben der Mensch sich nicht zusammennimmt, zeigt
er seinen Charakter, und da kann man in geringfügigen Handlungen den grenzen-
losen Egoismus bequem beobachten, der sich nachher im Großen nicht verleugnet,
Wiewohl verlarvt. Schopenhauer.
152
2)CtS Oj'tCrtDflj'l'Ct / Von Maria Croon
Der Iungbauer Fritz Karsten war der holden
Weiblichkeit gegenüber sehr schüchtern. Dazu war
der Sechsundzwanzigjährige in seinem Äußern
ein Bärenkerl, hübsch und stramm gewachsen und
hatte ein ansehnliches Erbe zu erwarten. Dre
Eltern waren ständig hinter ihm her, er solle sich
umsehen- denn Fine und Srine, die zwei Schwer
stern, hatten ihre Freier, und sie drängten aus
Hochzeit. Damit wäre aber die Mutter allein ge-
wesen mit ihren zwei alten Händen in einem
Bauernhaushalt, in dem vorher sechs tüchtige
Frauenhände gewerkt hatten. Darum sollte der
Fritz eine fleißige Schwiegertochter ins Haus
schaffen, der man den Scheuerlappen und die
Waschbütte, den Melkeimer und die Backmulde
zu Erb und Eigen übertragen könnte. Evchen
Gergen wäre die richtige gewesen; sie harre bei
ihrer Mutter gelernt, mit diesen vier Geräten um-
zugehen. Dazu war sie gesund und brav und
hatte jederzeit ein frohes Wort in Bereitschaft.
Die Eva gefiel dem Fritz auch gut, sehr gut
sogar. Wenn nur jemand gewesen wäre, der dem
Mädel diese gute Meinung des heimlichen Lieb-
habers gesagt hätte. Der Fritz brachte das nickt
zuwege, obwohl er in der Schule immer einer der
ersten gewesen war. Auch in der Bauernwirr-
schaft stellte er seinen Mann; er mäkte im Heu-
monat zwei andere Burschen in die Knie, die
Furchen, die sein Pflug zog, lagen wie abgezirkelt
nebeneinander, den Samen streute er so gleich-
mäßig in die lockere Krume, daß die Saat wie
ein Rasenteppich aufging. Im Stall sorgte er für
geeignetes Zuchtvieh, und auf diesen Gebieten
konnte er reden wie ein Buch. Aber in Punkto
Mädchen war er ein „Schlappstiewel", ime seine
Kameraden sagten. Es wurmte ihn selber über
die Maßen, daß so ein Lackel, der mit dem I-Buch
aus der Schule gekommen war, setzt so kecke oder
honigsüße Redensarten drechseln konnte, daß die
Mädels aus dem Kichern nicht mehr heraus-
kamen. Diese Schuldummen, aber Weltweisen
steckten sich eine Blume ins Knopfloch, kämmten
die Haare verwegen in die Stirn, setzten den
Lodenhut recht schief, stellten einen Fuß mn nach-
lässiger Eleganz vor, stützten den Arm in die
Seite und verdrehten mit einem unwidersteh-
lichen Lächeln die Augen. Und darauf fielen die
albernen Dinger nun herein!
Wenn er seinen Verdruß bei der Mutter
klagte, dann sagte sie: „Das mögen ja alles
Dummheiten sein, auf die vernünftige Mädchen
nicht viel Wert legen; aber ein bißchen Schöntun
gehört zum Freien. Du kriegst keine Frau, wenn
du an allen vorübergehst so steif und strack wie
ein Steck auf Wanderschaft. Und das kann dir
keiner abholen, Fritz. Geh doch mal abends
rüber in Gergens und unterhalte dich mit der
Eva." — „Ja, was soll ich denn sagen", knurrte
der Sohn. „Herrsch, Mensch," schalt die Bäue-
rin ärgerlich, „ein Sechsundzwanzigjähriger fragt
seine alte Mutter, was er sagen soll, wenn er zu
seinem Schatz geht! Sag meinetwegen, wenn sie
beim Abendesien sind: Seid ihr am Schuh-
schmieren? Rur sorg, daß im Herbst eine Schnur
im Haus ist."
„Wenn ich einmal allein mit ihr sprechen
könnte", wandte der Fritz ein und kratzte sich den
blonden Schopf. „Aber immer sind die andern
dabei und pasien auf wie die Luchse und machen
höhnische Gesichter. Da soll einer mal nicht ins
Stottern kommen."
„Na, Fritz, in meiner Jugend waren die Bur-
schen aber anders. Wenn dein Vater so ein
schlapper Kerl gewesen wär' wie du, hätte er mich
sein Lebtag nicht gekriegt", zürnte die resolute
Frau Karsten. Bei sich aber dachte sie: Da muß
ich ein bißchen Vorsehung spielen, sonst läuft der
Junge mir noch jabrelana um die Ev herum wie
die Katze um den heißen Brei."
Es ging auf Ostern zu. Linde Luft, Blüten-
duft und Schollengeruch wehten auch dem Fritz
153
in die Nase. Sein Blut ging stürmischer durch
die Adern, seine Druft war von stolzen Plänen
geschwellt, und manchmal war er drauf und dran,
der Eva einen übermütigen Gruß über den Zaun
zuzurufen, wenn sie im Garten MN festem Fuß
d>m blinkenden Spaten in die braune Erde stieß.
Doch wenn er die Lippen schon geöffnet batte,
tauchre irgendwo das Kopftuch einer alten
Mubme auf, das Herz fiel ibm in dre Schuhe,
und er schloß verdat den Mund.
So kam der Ostermorgen. Der erste Schein
des Tages kam vom Osten herauf, da trat Mut-
ter Karsten in die Schlafkammer ihres Jungen.
„He, Fritz, wach auf!" rief sie und schüttelte ibn
kräftig an der Schulter. „Ich weiß dir eine feine
Gelegenheit, mit der Eva allein und unaestört zu
sprechen. Eben sah ich sie mit dem Krua vorbei-
gehen. Sie ist bestimmt Osterwasser holen an den
Brunnen. Vielleicht will sie auch im Wasser das
Bild ihres Liebsten sehen, der sie in diesem Iakre
heimführt. Da brauchst du dich nur neben sie zu
stellen, und der schwere Anfang ist aemacht. obne
daß du den Mund aufzulun brauchst. Aber be-
eile dich!"
Der Fritz mußte sich dem mütterlichen Macht-
wort fügen, er schlüpfte in die Kleider und sprang
mit verwegenen Vorsätzen die Treppe hinunter.
Doch bereits an der Stalltür beschlich ihn ein
Bangen. So in aller Herrgottsfrühe mit nüch-
ternem Magen eine Liebeserklärung machen —
hm! Er sah sich um, die Straßen und Gasten
laaen sauber und leer in der Feiertaasstille des
heranbrechenden Ostermoraens. Fritz dachte: Lä-
cherlich, jetzt auf den Brunnen zu geben! Ja,
wenn ich eine Ursache hätte! Wenns nicht Sonn-
tag wär, könnte man den Besen mitnehmen, um
den Trog zu reinigen, oder — halt! Der Fritz
atmete auf. Er nahm einfach die Kübe und
Kälber und Ochsen mit rur Tränke. Mochten die
vom Osterwaster auch schon und klug werden!
Im Stall gabs ein großes Verwundern, als
der junge Bauer um diese frühe Stunde schon an
den Ketten rastelte und die Tiere ms Freie trieb.
Fein-Evchen aber stand am Brunnenrand und
schaute erwarlunrsvoll auf den stillen, klaren
Wasserspiegel. Dabei lauschte sie unruhig die
Straße hinauf. Lange war nichts zu boren.
Dann kam aus der Ferne ein Scharren, ein ver-
schlafenes, unwilliges Muben. Sollte sie flüch-
ten? Doch sie blteb auf ihrem Platz, eingedenk
der seltsamen Mahnung von Mutter Karsten:
Bleib ruhig stehen, schweig still und sieh dich ntcht
um. Hinter ihrem Rücken kams näher. Evchen
spürte ein kaltes Gruseln, etwas schob sich schwer-
fällig an sie heran, ein warmer Dunst fächelte
ihren Nacken, blies an ihre Wange, ein un-
gefüges Etwas rückte schnaufend über ibre Schul-
ter, und sie erblickte neben ihrem eignen Spiegel-
bild im Wasser em schreckliches, gehörntes Haupt,
einen Ochjenkopf!
„Nein, nein." schrie sie gellend auf, „den mag
ich nicht!" Um den unheimlichen Freier nicht
mehr länger sehen zu müsten, schlug sie die Hände
vors Gesicht. Der Fritz batte sich vorgeneigt
und mich einen Schluck Osterwaster getrunken.
Gleichzeitig erkannte er, daß seine Stunde ge-
kommen war. Er schob den alten Wiederkäuer
zur Seite, stellte sich an seine Stelle hinter Ev-
chens Schulter, nahm ihr sachte die Hände vom
Gesicht und fragte: „Evcben, schau, wie wärs
denn mit dem da?" Sie sah im schimmernden
Osterwaster neben ihrem Köpfchen das jung-
frische Gesicht des Fritz Karsten und flüsterte:
„Der wär schon recht."
Und dann spiegelte das Osterwaster ein glück-
liches Paar wieder, das sich herzlich küßte.
154
Die blaue Glaskugel / V°n Rudois Kr°„8°r
Der Doktor Kaspar Rainalter, praktischer
Arzt und Geburtshelfer in einem kleinen Markt-
flecken eines entleaenen Hochgebiigstales der
Innsbrucker Gegend. stand am Weihnachts-
abend in der Wohnstube seines Hauses und half
seiner Frau den Christbaum mit Lichtern und
mancberlei Hutzwerk für die Kinder *u bestecken.
Er hielt eine große, blaue Glaskugel in der Hand
und schaute lanae in den blitzenden Glanz, aus
dem ihm, wie aus einem seltsamen und geheim-
nisvollen Spiegel, sein Gesicht eniaeaenkam,
etwas verzerrt von der gewölbten Runduna des
Glases, aber mit blanken, lachenden Augen und
wie veriünat von dem in jähen, prahlenden
Lichtern spielenden blauen Gefunkcl.
„Sieb' Dir das einmal an!" saate er zu seiner
Frau, die aus der anderen Seite des Baumes
stand, „ist nicht der ganze strahlende Zauber der
Weihnacht einaefangen in dieser kleinen Hand-
voll runden Glases? In solche Märchenkugeln
hat einst auch der Knabe Kaspar mit brennenden
Augen hineingeblickt".
Die Doktorsfrau trat lächelnd zu ihrem Mann
und nahm das glitzernde, gcwichtlose Ding in
ihre feinen und behutsamen Hände. Sie beugten
sich herab und sahen ihre Gesichter nebeneinander
stehen, ferne herleuchtend aus dem tiefen Blau,
seltsam fremd und fast nicht mehr ihnen zuge-
hörig, wie fortgeboben von der spiegelnden Ver-
zauberung und indes sich, von dem wehenden
Atem, der aus ihren herabgeneigten Mündern
kam, über das geschaute Bild langsam ein
dünner Hauch, wie ein magischer Schleier, zu
legen begann, dachten sie beide an die glanz-
eiMlen Augen ihrer Kinder, die nun bald in
dieses gläserne Wunder schauen würden. Da sie
aber noch so standen, dem geheimnisvollen An-
rufe von Kindheit und weihnachtlicher Erwar-
tung hingegeben, ging unten plötzlich mit schril-
lem Ten die Hausglocke und schreckte sie aus
ihren Gedanken.
Es war ein Bauer, der Einlaß begehrte, einer
von den letzten Höfen, hoch ohen auf der Flanke
des Berges, wo schon das Gewand zu den Mat-
ten herabstieß. Das Weib seines Rachbarn
liege in den Weben, sagte er mit einer Stimme,
durch die noch der Aufruhr des angestrengten
Atems schlug, es sehe schlimm her und ihm
scheine, als gehe es um Geburt oder Tod. Beim
Fest der Liebe, das ln dieser Rächt die Menschen
feiern und bei dem Klndlein im Stalle habe ihn
der Mann gebeten, um den Doktor zu gehen.
Der sich aufhebende Blick Rainalters traf sich
mit dem ferner Frau. Run war es plötzlich vorbei
mit dem blauen Glaskugelwunder, mik dem
stubenwarmen Weihnachtsabend, mit dem jauch-
zenden Kinderjubel unter dem Lichterbaum. Run
riß ihn die Hflichi hinweg von d. n Kindern, von
der Frau, von der glücklichen Geborgenheit des
tannenduftenden Festes. Indes ihm s.me Frau
das Rerwendlge in den Rucksack packte, trat er
vor das Haus und schnallte sich die Skier unter
die Füße. Dann folgte er dem vorangehenden
Bauern.
Es ging steil aufwärts, sie kamen nur mühsam
durch den Schnee, ihr Atem dampfte über ihre
Schultern hinaus. Eine Weile folgten sie dem
Rande eines Waldes, der wie eine breite Mauer
mit vereisten Tannen vor der steinernen Brust
eines Gebirgsstockes stand, besten Kamm sich
hoch in den unaewlsten Himmel hob. Uber den
gezackten Umristen seiner weißen Gipfel fun-
kelten mit kaltem Glanz die Sterne. Dann trat
der Wald zurück vor einigen im Schnee weit
hinaufschwingenden Hängen. Sie mußten ein
paarmal rastend stehen bleiben. Schweiß troff
von ihren Gesichtern und ihr Atem keuchte. Der
Wind habe umgeschlagen, meinte der Bauer und
hob prüfend das Gesicht, es liege Schnee in der
Luft und der Doktor möge sich beeilen wieder
nach Hause zu kommen, ehe ihre Spuren vom
Neuschnee verweht wären.
Endlich, nach mühevollem Aufstieg, waren sie
am Ziel. Als der Doktor in die Kammer trat, fand
er eine junge Frau mit jchmcrzerfüUtem Gesicht in
den Kisten liegen. Er sah, daß er zur rechten jfrit
gekommen war und daß es sich um eine nicht un-
gefährliche Geburt handelte. Dennoch, schon nach
einer Stunde, konnte er der erschöpften Mutter
ein kräftiges Knäblein in die Wiege legen und
ihrer baldigen Genesung sicher sein.
Es ging bereits der Mitternacht zu, als der
Doktor Rainalter aus dem Hause trat und sich
auf den Heimweg machte. Der Himmel war
verhangen, nur ein paar verstreute Sterne
schimmerten blaß. Es dauerte eine Weile, bis
sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten.
Vorsichtig setzte er seine Schwünge in den Schnee
der steilen Hänge, denn die brausende Abfahrt,
auf die er sich schon gefreut harre, durfte er bei
der schlechten Sicht nun nicht mehr wagen. In
seinem Herzen war kein Groll. Man hatte ihn
gebraucht und es war gut gewesen, daß er sofort
aufgebrochen war. Es begann langsam zu
155
schneien, die weichen Flocken fielen auf sein
Haar, aber er merkte es nicht. Seine Gedanken
waren noch bei dem jungen Weibe, und er freute
sich ihrer überftandenen Gefahr. Wie nahe
nebeneinander liegen doch Geburt und Tod, sann
er vor sich hin und ging vorsichtig in die Kehre.
Plötzlich klirrte ein eisiaer Windstoß an sein Ge-
sicht. Eine weiße Wand stürzte lautlos hastend
auf ihn hernieder. Er riß die Bretter herum,
Schnee fiel aus seinem Mund, seine Augen
starrten blind in den weißen Glast. Umkehren?
Nein, das ging nicht mehr. Er fand nicht mehr
zurück. Mübsam tastete er sich in dem Schnee-
sturm vorwärts. Die Schlucht fiel ihm ein mit
dem vereisten Wildbach. Sie mußte irgendwo
dort unten sein. Er wandte sich wieder aufwärts.
Heulend wie ein wütender Hund fiel ibn der
Sturm an und warf ihn zu Boden. Keuchend
raffte er sich wieder auf und kämpfte sich Schritt
um Schritt durch den wirbelnden Aufruhr. Nach
einer Stunde merkte er, daß er vor einer Fels-
wand stand. 2m schwachen Lichtkegel seiner
Taschenlampe fand er zwischen dem Gestein eine
kleine windgeschützte Höhle. Er schnallte die
Bretter von den Füßen und kroch hinein. Eine
ungeheure Müdigkeit überkam ibn, aber er
zwang sie nieder. Er griff in den Rucksack, holte
aus dem Instrumentenkasten den Spiritus-
brenner hervor und zündete ibn an. Dann schnitt
er ein Stück von dem Kletzenbrote ab, das ihm
der Bauer mitgegeben hatte, und begann zu
effen. Als er den duftenden Brotlaib wieder
zurück in den Rucksack legte, fiel ibm ein selt-
sames Blitzen in die Augen. Verwundert tastete
er nach dem glitzernden Schein und plötzlich hielt
er die blaue Glaskugel in der Hand. Da hatte
ihm also seine Frau die Christbaumkugel mit in
den Rucksack gepackt! Die Gute, dachte er und
indes sich ein Lächeln um seine Lippen legte, hob
er die Leuchtende nahe zu der Flamme des leise
singenden Brenners und sah sie in blauen Feuern
auffunkeln, wie einen sprühenden Funkenregen,
mit hundert versteckten Lichtern glimmernd. Plötz-
lich lachte er laut auf: Da saß er nun, der Doktor
Kaspar Rainalter, frierend in einer Felsenhöhle,
vor der der Sturmwind brauste, bei Wald und
Schnee und schlummerndem Getier, indes sie die
Weihnacht feierten in den warmen lichterhellen
Stuben, und aß KIctzenbrot und hielt eine glä-
serne Kugel in der Hand, ein blaues Kinderglück,
eine selige Kindertorheit, der Vierzigjährige.
Aber ob er auch lächelte, der Doktor Kaspar
Rainalter, ihm war, als ströme eine Wärme von
ihr aus in seine Hand und flösie langsam zu
seinem Herzen und wenn es gleich nur ein blitzen-
der Scherben Glas war, der in seinen Händen
lag, so war er doch ein geheimnisvoller Gruß, ein
Stück Heimat und Zestesahnung, ein Duft Er-
innerung. Lange saß er so und hielt die Kugel
in der Hand und fröstelte und sah vor seiner
Höble den hastigen Schneefall, wie er lautlos
nicderwirbelte und mit der Zeit allmählich
schwächer wurde und endlich ganz nachließ. Er
kroch ins Freie und sah, daß es heller geworden
war, die Sterne standen wieder vor dem aus-
gefegten Himmel, eine Ahnung Mond lag über
dem nächtlich schweigenden Land. Er packte
seinen Rucksack zusammen und dann band er die
blaue Kugel an einen abgerisienen Tannenast und
steckte sie in die Bluse vor seine Brust. Eine
Weile noch blieb er stehen und blickte sich um.
Tief unter sich sah er ein paar dünne Lichtlein
blitzen. Dort irgendwo in der Tiefe stand sein
Haus.
Dann aber schoß er hinab, dem Tale zu, eine
weiße Schneefabne hinter sich herwirbelnd, auf
pfeilschnellen, lautlos jagenden Brettern, und
sein Herz schlug jung und jauchzend in der freu-
digen Lust des Lebens und der eisige Bergwind
fuhr an sein Gesicht und die hohen Tannen flogen
an ibm vorüber, steil aufragend, mit weißbe-
stäubten Wipfeln und der Scknee sprühte auf
unter seinen Füßen, bei den Kehren und Schwün-
gen, leise knirschend wie feiner, glitzernder Pulver-
staub. Vor seiner Brust schwankte der grüne
Tannenbruch, schaukelte die blaue Kugel hin und
her, das holde Farbenmärchen, mit gläserner
Stimme singend, süß und verzaubert, in dem
wehenden Wind, der harfend an ihre hauch-
dünnen Wände schlug und in dem blauen,
glitzernden Glanz standen wie in einer funkeln-
den Schatzkammer Mond und Stern und die
verschneiten Tannenwipfel, stand die ganze win-
terliche Weihnachkswelt und wurde fortgetragen
von dem sausenden Schwung der Fahrt, über
Hügel und Wälder, im gläsernen Herren der
blauen Wunderkugel, der am Tannenzweige
schaukelnden. Und wie er so dahinbrauste, der
Doktor Karspar Rainaller, ein gespenstischer
Spuk in der atemlosen Winternacht, das konnte
den hungrig schnürenden Fuchs erschreckt haben
oder das im Dickicht schlummernde Reh, oder
den schleichenden Marder, und sie mochten ihm
nachgeblickt haben aus scheuen, grünlich schil-
lernden Lichtern, oder vielleicht hatten sie ihn gar
nicht bemerkt und ihn für ihresgleichen gehalten.
Indesien aber saß in der Stube seines Hauses,
bei dem erloschenen Lichterbaum seine Frau und
bangte und horchte in die Nacht, und sah den
Zeiger der Uhr nach vorwärts rücken, Minute
156
um Minute, unaufhaltsam, und da er schon die
vierte Morgenstunde zeigte, der Unerbittliche, da
war ihr, als hätte sie ein Geräusch gehört, und
sie erhob sich und ging nach unten. Sie öffnete
das Tor und da stand er schon vor ihr, der
Lachende, Heimgekehrte, und er drückte sie an
sich, und indes sich ihre Lippen im Dunkel fanden,
Die Wunderkur / s.» suu» sd,c
Die meisten Menschen beschimpfen das Schicksal, wenn
eine Krankheit sie anfällt, und suchen mit P llen und
Salben dem Unheil zu steuern. Doktor und Apotheker
werden bemüht, um Schmerz und Weh zu versagen. Nur
selten sieht einer ein, daß er sa selber durch Unverstand oder
durch sinnloses Wüten gegen die Ordnung des Lebens,
wie Gott sie gemacht, die Krankheit verschuldet oder ver-
schlimmert. Sind doch nur wenige Leiden unverschuldete
Plagen, während die meisten aus der Nichtachtung Gottes
und seiner guten Gaben, als da sind Sonne und Wasser,
Bewegung und Schwarzbrot, entstanden. Und Gottes
Gaben sind doch so billig und leicht zu erhalten, von Apo-
theker und Doktor zu schweigen.
Von einem 2mker sei hier erzählt, der diese wahre Arz-
nei unseres Herrgotts den Bauern listig verordnet und
daher im Ruf stand, ein Wunderdoktor zu sein, mit magi-
schen Kräften begabt.
Es begab sich, daß so um Pfingsten der dicke Olfer-
mannbauer, zwei Zentner Lebendgewicht, mit feistem Nak-
ken, mit kurzem Atem und wabbelndem Schmerbauch,
zum Wunderdoktor gestöhnt kam, der mit der qualmenden
Jmkerpfeife im Munde an einem Jmmenkorbe flocht, schön
rund und glatt aus Haferstroh, das er der Wärme halber
mit Lehm und Kuhdreck verschmierte.
Laut und bekümmert verklärte der Bauer dem Imker
die vielen Gebrechen und Plagen, die ihm die Lust am
Leben verdarben.
„Tja", sagte der und steckte den Daumen, der war
schon ganz braun, in den Kopf seiner Pfeife, den Tabak
zu stopfen, „da gibt es nicht viel zu machen. Da hat dich
der gräsige Tod all beinah beim Wickel. Es gibt noch
ein Mittel, zwar schwer zu beschaffen, doch hilft es be-
stimmt, und über acht Wochen kannst du beim Schützenfest
tanzen."
„Das nun wohl nicht", sagte erleichtert der Bauer,
„weil ich noch niemals tanzen gekonnt habe. Aber das
Mittel, mag es auch noch so viel kosten, so viel schmeißt
der Olfermannshof wohl noch ab, das will ich probieren!"
„Dann laß' dir's erzählen und hör mal schön zu, denn
wenn du ein bißchen verkehrt machst, ist alles umsonst und
vorbei. Du mußt jeden Morgen Klock 6 aus den Posen!"
„Ist das nicht zu früh, da ist ja noch Nacht."
„Klock 6 also, da gehst du zuerst auf den Hof und holst
dir selbst einen Eimer voll Wasser mit der Wippe hoch
aus dem Brunnen!"
„Das hab ich all lange nicht selber getan. Ist Weiber-
geschirr, der Eimer am Brunnen."
„Also — vom selbergeschöpften Wasser trinkst du neun
Schlucke."
sahen sie beide nicht, wie plötzlich von seiner
Brust ein Federleichtes, Blitzendes zu Boden
fiel, mit glashcllem Klirren leise aufschlagend,
und auseinanderbrechcnd, und sahen nicht die
Scherben einer blauen Christbaumkuqel, die wie
verschüttete Opale mit tausend Farben und Lich-
tern spielend, zu ihren Füßen lagen.
ller
„Brrr! Das blanke Wasser, da kriegt man ja Frösche
in die Gedärme."
„Also — wenn du das Wasser getrunken, dann machst
du dich auf und gehst den Koppelweg lang bis zum Schaf-
stall achtern am Thorsberg."
„Das ist ja meist eine Pfeife Tabak zu laufen."
„Daß du dich nicht unterstehst, unterwegs Tabak zu
schmöken! Also — am Schafstall da steht doch ein Wild-
rosenbusch, du kennst ihn ja selber. Da pflückst du dir
sieben Rosenblätter, der Busch steht gerade in Blüte. Und
die schluckst du hinter!"
„Und wann soll ich endlich Kaffee trinken und Frühstück
essen und einen Lüttjen genehmigen?"
„Daß du dich nicht unterstehst, solange die Wunderkur
dauert, den Schluckbuddel an deine Lippen zu nehmen, das
wäre dein Tod. Wie kannst du denn durstig sein, wenn du
am Morgen das klare Wasser getrunken!
Und Frühstück? — Keinen Happen vor Mittag. Wenn
die Glocke geläutet, dann kannst du essen soviel wie du
reinkriegst!"
Der dicke Olfermannbauer kratzte sich hinter den
Ohren, schüttelte stumm seinen Kopf und schluckte und
druckste.
„Olfermannbauer! Überleg dir's nicht lange. 2n acht
Wochen bist du gesund und schießt nach dem Adler, oder
du wirst von der Feuerwehr und den Schützenbrüdern zum
Kirchhof begleitet! —"
Wenn sich ein Heidebauer etwas in den Kopf gesetzt
hat, dann führt er's auch durch auf Biegen und Brechen.
Am Schützenfesttage war der Olfermannbauer gesund
und frisch wie ein Grashecht im Wasser und puppenlustig.
Die Bauern saßen zusammen und sahen den Jungkerls
und Deerns auf dem Tanzboden zu, wie das fröhlich sich
drehte im Takt von Brummbaß, Klarinetten und Geigen.
Da erzählte der Immenvater behaglich schmunzelnd den
anderen Bauern das gute Rezept und wie es dem Olfer-
mannbauern geholfen.
„Sieben Rosenblätter?" rief er, „ich habe man immer
bloß fünf verschluckt, mehr sind doch an einer Rosenblütc
nicht an."
„Och", schmustergriente der Imker, „das ist auch e i n
Tun: Fünf oder sieben. Hauptsache war, daß du Dick-
wanst jeden Morgen gehungert, das klare Wasser vom
Brunnen getrunken und einen tüchtigen Marsch durch den
Morgen gemacht. Frühaufstehen, Klarwasser und frische
Luft in den Brustkorb, das ist des Herrgotts beste Arznei.
Na, Olfermanns Vater, wie wär es mit einem Walzer
oder,Lustig vorm Tisch'?"
157
Kinderfest in Worpswede / *.»
„Geht ihr da etwa hin?" fragte Hubert beim
Mittageffen.
Alwin wies es weit von sich. Aber Cornelia
nickte gegen ihren Suppenteller und meinte tap-
fer, sie hätte wohl Lust dazu.
„Natürlich, Nele!" höhnten die Brüder im
Cbor. Und Hubert fügte hinzu, na ja, für kleme
Mädchen und Babies wäre es ja auch ganz nett.
„Was denn?" erkundigte sich die Mutter.
„Wo wollt ihr denn hin?"
„Ne, wir wellen eben nickt bin. Bei Eppi
Schnakenberg soll heute so'n Kinderfest sein.
Seine Kusine oder was das ist, aus Norwegen,
fährt morgen wieder weg. Berit. Und da soll ein
Fest sein für Berit. Aber man bloß mit Gier-
laufen und Sackhüpfen und so'n Zimt. Nele
kann ja hingehen. Für uns hat es jedenfalls nex
zu bedeuten."
„Hört mal zu", sagte der Vater, „ich habe da
aber in Schnakenbergs Garten, wie ich vorhin
vorbeiging, da habe ich aber allerlei Ver-
heißungsvolles gesehen, was Eppi da veranstaltet
hat, richtig wie ein kleines Schützenfest mit
Papiergirlanden und Fähnchen und Lampions.
Und das sah zwischen den Bäumen und Ge-
büschen ganz reizend aus, wie es so im Winde
schaukelte und raschelte, ganz reuend. Warum
wollt ihr Hampelmänner denn nicht mitmachen?
2ch wünschte, ich hätte früher so etwas gehabt,
als ich so alt war wie ihr."
Cornelia rief, sie ginge hin. sie ginge bestimmt
hin. „Kann ich das blaue Kleid anziehen, Multi,
du weißt doch, das Hesienklcidchen?"
„Pfau!" zischle Hubert.
„Haba", lachte Alwin, „Nele mit dem
Pfauenschweif!"
„Iungens, warum wollt ihr denn nun nicht
mitmachen?"
„Gurke und Bastian machen auch nicht mit.
Nicht mal Charlie. Und wo Nele hingeht, da
können wir doch nicht hinaehen. Die blamiert
einen ja doch bloß. Es ist schon schlimm genug,
daß sie in dieselbe Schule geht wie wir."
„Und sollen wir etwa mit kleinen Mädchen
sackhüpfen?"
„Ihr habt wohl Angst, daß ihr besiegt
werdet?"
„Hohoho!" Hubert und Alwin mußten beinahe
ihre Suppe wieder heraushusten vor Hohn und
Überlegenheit.
Der Vater sagte, er für seine Person winde
sich die Sache gern einmal ansehen, wenn Eppi
und Berit ibn nur dabei haben wollten. Ob es
denn etwas Schöneres auf der Welt gäbe als
so ein Kinderfest in Sonne und Wind?
„Geh mir!" rief Cornelia. „Oh bülte! Und
Mutti geht auch mit!"
„Mal sehen, wie ich mit meinen Vorhängen
fertig werde", sagte die Mutter. „Hier, wer
will noch Suppe? Ihr weidet doch von der
schönen Suppe nichts übrig lasten!"
Hubert erkundigte sich, ob der Vater vielleicht
im Sinne hätte, sich am Sackhüpfen zu betei-
ligen.
„Warum nicht?"
„Und Murri läuft womöglich Eier?"
„Hätte ich wohl Luft zu."
„Oh ia, bülte, Mutti! Wir beiden machen
Wettlauf!"
„Vergeßt aber nicht", lächelte der Vater, „die
Zunge aus dem rechten Mundwinkel hcraus-
gucken zu lasten."
Hubert schlug sich vor die Stirn und erging
sich in Verzweiflungsausbrüchen. „Hach hach ..
hach!" Dann kommt es für mich also auf
keinen Fall in Frage! Auf gar keinen Fall!
Eine kleine Schwester ist schon schlimm, aber die
Eltern, das ist das Allerschlimmfte!"
„Weiß ich", sagte der Vater, „weiß ich aus
eigener Erfahrung. Aber ich kann dir auch ver-
sichern, daß man sich mit der Zeit daran ge-
wöhnt. Und somit wäre es vielleicht gar nicht
so verkehrt, wenn wir versuchsweise alle zusam-
men zu Eppis Fest gingen, was?"
„Bloß nicht! Bloß nicht!"
*
Gegen fünf Uhr nachmittags gab es nur eine
Stimme unter Groß und Klein: Eppis Fest sei
das schönste, das man bislang in Worpswede
gehabt hätte. Er selbst stellte übrigens em Fest
für sich dar. Der alte Frack seines Vaters,
besten Schniepe! auf der E:de hinter ibm her-
schleiften, das g^fältcte Jabot, der blumen-
geschmückte Strohhut, die weißen Handschuhe,
der Stab mit dem Nosensträußchen obendrauf,
dazu die Anmut seiner zwölf Jahre, der Fall der
blonden Haare über die Stirn, das Leuchten der
dunkelblauen Augen, das alles ließ ibn einen
Festordner und Gastgeber sein, wie man sich ihn
vollkommener kaum wünschen konnre. Und so
reihte sich unter seiner leichten Herrschaft denn
eine Lustbarkeit an die andere. Unb Berit aus
Norwegen, der das ganze Getümmel galt, ging
158
Im Allgäu, wohin die NSV. zahlreiche Kinder verschickt. NSV-Reichsbildarchiv
umher und lächelte und errötete und schwieg und
war überwältigt von so viel Ehre.
Am Ende des Rasenplatzes, gegen das Föhren-
wäldchen hin, erstreckte sich der Schießstand.
Scheiben pendelten langsam hin und her, in
tönernen Röhrchen steckten phantastische Kunst-
blumen, und wer ein Rökrchen zerschoß, dem
fiel die Blume zu, ganz oben stand ein Hahn,
der, wenn er getroffen wurde, rasselnd mit den
Flügeln schlug. Und alles miteinander hatte
Eppi selbst erdacht und erbaut. Zwischen den
Busch-Eichen hatte der Kasper mit Bratpfannen,
Knüppeln und Messern sein Wesen. Unter den
Birken war eine Tafel gedeckt, an der man sich
ohne weiteres niederlassen und in Butterkuchen,
Brezeln, Schokolade und Himbeerwasser schwel-
gen konnte. Und dann hing da von einem Baum-
ast ein hölzerner Vogel an einem Bindfaden
herab, der einen spitzen eisernen Schnabel hatte.
Und wer sich darauf verstand, ließ den Vogel
gegen eine Ringscheibe schweben, so daß er mit
seinem Schnabel eine Acht oder eine Reun oder
gar eine Zwölf anspießte. Und Gewinne gab es!
Einer erwies sich immer, wenn man die Gold-
schnur löste und ihn auswickelte, noch über-
raschender als der andere. Von Zeit zu Zeit
hängte Gurke, der sich also trotz seiner hoch-
trabenden Reden doch eingestellt hatte, die Zieh-
harmonika vor seine Brust und spielte, indesien
er von einem Schauplatz zum andern ging und
zusah, alle Lieder, die er wußte, durch das be-
bende Laub der Bäume zum Himmel empor.
„Hier, Mutti, hier!" rief Cornelia und spa-
zierte mit dem rosa Papierschirmchen, das sie
beim Eierlaufen gewonnen hatte, entzückt vor
ihrer Mutter hin und her. „Hubert und Alwin
sind aber schön dumm gewesen! Hier, sieh mal,
man kann es auch zusammenmachen! La lala
lala! — 0 zeig mal, Nora, was ist das!"
Da winkte der Vater, der schon zwei Kasper-
stücke vorgeführt und den Aufschreiber beim
Vogelstechen gespielt hatte, die Mutter beiseite
und bat sie, einmal unauffällig nach der Hage-
buchenhecke hinüberzusehen. „Rechts von dem
Vogelbeerbaum in der Lücke, siehst du da was?"
Es waren Hubert und Alwin, die hinter der
Lücke knieten und ihre Köpfe reckten und sich
schnell wieder wegduckten, wenn sie fürchteten,
jemand könnte sie bemerken.
„Soll ich sie herholen?" fragte die Mutter.
„Diese dummen Bengels! Sie möchten doch so
gern!"
159
Aber der Vater meinte, sie würden sich bald,
wenn anders er sich ein bißchen auf Jungen ver-
stünde, ganz von selbst hier einschmuggeln.
„Komm, wir wollen uns mal am Wettschießcn
der Altersklaffe beteiligen! Schnakenbergs und
Pastors sind auch dabei."
Während des Schießens konnte die Mutter
nicht umhin, immer wieder Nach der Hecke hin-
überzuspähen. Und da sah sie, wie Hubert und
Alwin vorsichtig durch die Lücke krochen, bis zu
dem Eichengebüsch vorrückten, in dem das ver-
laffene Kaspertheater stand, dort eine Weile
liegen blieben und sich dann unversehens, erst
Hubert und dann Alwin, mit den Händen in den
Taschen, unter den Kinderhaufen mischten, der
an dem Gebüsch vorbeilief, um sich am Ende der
Wiese zum Sackhüpfen aufzustellen. Und als
sich die ersten fünf wie die wilden Moorfrösche
durchs Gras schwangen, sich HtLlkugelten, sich
aufrafften, die Säcke hochzogen und weiter-
hopsten, da waren Hubert und Alwin wahrhaftig
schon dabei.
-Ußlirj't / Von Mathias Lud
Der Karl hat mich gefragt, ob ich gerne Bratwurst
esse. Ich habe gesagt: Ja. Nun wartete ich auf die Brat-
wurst, der Karl aber hat seine Hände in den Hosen-
taschen behalten und mit dem Ellenbogen das Fenster
zugedrückt. Er schließt immer das Fenster, wenn der
„Knebel" in seinem Zimmer oben nicht hören soll, was
wir über ihn reden. Diesmal war es ein Zeichen dafür,
daß die Wurst noch nicht da ist. Zur Vorsicht sagte ich:
Wo willst du die Bratwurst denn braten?
Man kann sie roh essen.
Jetzt wußte ich genau: Die Wurst mußte noch besorgt
werden, und ich glaube, wieder bei dem dicken Berling-
meier, dem wir zehn Säcke Sägemehl liefern sollten. Und
ich sage: Es kann sein, daß der dicke Berlingmeier uns
vielleicht ein Stück Bratwurst schenkt.
Ach was, antwortet Karl, der hat uns bisher nur
billige Leberwurst oder noch billigere Blutwurst ge-
schenkt ... Aber Bratwurst! — er muß etwas dabei
haben, daß er uns keine Bratwurst gibt.
Der Karl hat recht, es ist etwas dabei, daß er die
Bratwurst behält und selbst ißt! Und wenn wir Brat-
wurst bekämen, sagt der Karl noch, dann ein kleines
Stück, mit drei Bissen ist es weg!
Mit dem letzten Wort riß er plötzlich die Hände aus
den Taschen, ich auch, und ich sagte schnell: Dann wollen
wir jetzt sofort die Säcke mit Sägemehl füllen, damit
wir unserem Meister eine Freude machen.
Ja, antwortete Karl, wir wollen fleißig sein, damit
unser Meister uns gerne hat.
„Sie haben schon hergefunden", flüsterte die I
Mutter dem Vater zu, der gerade anlegte.
„Einen Augenblick!" — Poff! — „Na, was f
ist es geworden? Eine zehn? Das reicht nicht. — -
Wer hat hergefunden?"
„Hubert und Alwin. Sie sind schon beim
Sackhüpfen. Was haben wir doch für Iungens!
Ich bin so glücklich, daß sie hier sind. Sie haben
sich sogar saubere Hemden angezogen. Meinst I
du nicht auch, daß wir eigentlich lauter nette J
Kinder haben?"
„Hoffentlich haben die Kinder manchmal auch i
so eine freundliche Meinung von uns!"
„Och, ich finde uns beide auch ganz nett."
Gurke stimmte auf seiner Ziehharmonika das |
Lied von der schönen Jugend bei frohen Zeiten ;
an. Die Sonne schien. Manchmal schwankten
die Gipfel der Birken ein wenig hin und her im >
Winde. Poff! Es roch nach Faulbaum und
Schokolade.
„Los", schrie Hubert, „wer ist an der Reihe?" i
wig Schröder
Weil wir so laut redeten, konnten wir nicht hören, daß l
die Werkstattür sich öffnete und wieder zuknallte, ob- ;
wohl dadurch die Blechtafel neben dem Fenster bollerte,
weil eine dicke Schraube dagegen fiel, die mit einem
Faden an der Tür befestigt ist.
Habt ihr das Sägemehl immer noch nicht in den
Säcken? Macht endlich voran! Los!
Wir erschraken sehr, weil jemand so laut brüllte, und
als wir uns umdrehten, erkannten wir den „Knebel".
Wir sind dabei, Meister, sagte Karl, wir haben auch
schon die Bank aufgeräumt.
Wo? Nichts habt ihr! Verlogene Bengels ...
Ich hielt die Karrenbäume, Karl schob an der Seite,
die Säcke waren hochgeladen, so daß ich nicht darüber-
hinwegschauen konnte. Neulich sagte ein Schutzmann:
Eine zweiräderige Handkarre muß gezogen werden. Wenn
ich noch einmal sehe, daß ihr beide sie drückt, schreibe ich
euch auf. Trotz des Aufschreibens ist es aber viel be-
quemer, die Karre zu drücken, und wenn ich mich ein klein
wenig bücke, kann ich sehen, wie schön die Räder auf den
Schienen bleiben. Der Karl sagt: Es geht bloß darum,
wer das mit der Wurst macht.
Ich sage: Du bist doch größer als ich.
Er bückt sich zu mir und fragt laut: Was?
Ich brülle zurück: Warte bis die Straßenbahn hinter
uns mit Bimmeln aufhört.
Der Karl dreht sich herum, ich auch, aber der Straßcn-
bahnführer hört nicht aus, er lehnt sich aus der Tür und
droht mit der Faust. Der Karl sagt:
160
Die Wurst muß mindestens so lang wie ein halber
Arm sein.
Ich dachte: Also soll ich wieder die Wurst besorgen,
sonst braucht er mir ja nicht zu sagen, wie lang sie sein
soll.
Ein Auto überholt uns, der Fahrer ruft: Ihr sollt von
den Schienen herunterfahren! — Die Straßenbahn ist
nun dicht hinter meinen Fersen und bimmelt wild. Der
Karl sagt: Bleib du auf den Schienen, noch fünfhundert
Meter, dann zweigt die Bahn ab; es ist die Elf, die
fährt zum Südfriedhof.
Grad als er das zu mir sagt, bekomme ich einen Fuß-
tritt, daß ich und die Karre herumfliege. Der heraus-
gesprungene Straßenbahnführer will mir auch noch eine
hinter die Ohren hauen, ich laste die Karre los und bücke
mich, er trifft mit der ganzen Hand einen der hoch-
schießenden Karrenbäume. Der Karl lacht und sagt zu
mir: Wir laden die Säcke nicht mehr auf. Der Straßen-
bahnführer schüttelt seine verletzte Hand und tanzt auf
einem Bein. Wir hüpfen auf den Bürgersteig, um dem
herbeieilenden Schaffner nicht in die Finger zu fallen.
Er muß die Säcke an die Seite werfen. Aber setzt kann
ein Auto nicht vorbei. Es taucht ein Schutzmann auf, er
verlangt, daß die Säcke von der Fahrbahn kommen und
zieht sein Notizbuch. Der Straßenbahnführer und der
Schaffner müssen die Säcke auf unsere Karre laden und
diese an die Seite schieben. Der Schutzmann hält bei
der Karre Wache und sucht das Firmenschild, das ich in
der Tasche habe; ich habe es immer in der Tasche, ich
weiß warum. Als die Straßenbahn und das Auto fort
sind, gehe ich etwas zurück. Der Schutzmann ruft: Komm
einmal her!
Ich sage: Bis zu mir hin ist genau so weit!
Du sollst herkommen!
Ich bleibe stehen. Da kommt er herbei. Ich gehe
rückwärts. Er sagt: Bleib stehen! Wie heißt du? -—
Ich gehe langsam, damit er glaubt, er hole mich ein! denn
der Karl war durch die Seitenstraße geeilt und ist jetzt
gerade dabei, hinter des Schutzmanns Rücken die Karre
fortzuziehen. Du sollst stehen bleiben! wütet der Schutz-
mann und springt mich an, Ich renne die Straße hinauf.
Er merkt sofort, daß ich schneller als er bin und dreht
sich um. Die Karre ist fort...
Der Karl wartet mit der Karre schon vor dem Laden
des dicken Berlingmeier. Wir laden die Säcke ab und
der Berlingmeier geht mit uns durch die Wurstküche in
den Abstellraum. Er geht gerne mit uns, er sagt: Ich
bin froh, daß ich einmal andere Gesichter sehe. Aber zu
dem Knebel sagte er neulich, wir hätten ihm eine ganze
Blockwurst gestohlen. Als ich nun meinen letzten Sack
Sägemehl ganz langsam ausschütte, geht der Karl schon
wieder hinaus. Er drückt fest mit den Schuhsohlen auf
und man hört, wie er in der Wurstküche stehen bleibt.
Der Berlingmeier ist schnell hinter ihm her, aber der
Karl schneuzt nur seine Nase. Ich reiße eine lange Brat-
wurst herunter, mache meine Jacke agf, hänge mir die
Wurst um den Hals und knöpfe die Jacke rasch zu. Ha!
was ist die Wurst kalt! Ich schüttele den Sack ordentlich
aus und der Berlingmeier steht wieder hinter mir.
Du lachst ja heute nicht, sagt er, wie kommt das? Er
guckt an der Wurstwand hinauf. Ich sage: Man kann
nicht immer lustig sein! Da gibt er mir einen Klaps auf
die Schulter und lacht: Ein junger Bengel wie du darf
noch keine Sorgen haben... Was ist denn jetzt mit dir?
Du siehst ja plötzlich so komisch aus?
Ich lächele, obwohl die Wurst auf meinem Rücken ge-
platzt ist. Der dicke Berlingmeier umarmt mich und
sagt: Siehst du, du kannst lachen, aber du lachst noch
nicht richtig! Und wieder drückte er mit beiden flachen
Händen auf meine Brust, er schlug mich spaßhalber in die
Ecke zurück, bis ich vor einer Wand stand und nicht
weiter zurückweichen konnte... Warum lachst du denn
auf einmal nicht mehr? Nun lache doch, lache doch, Junge,
lache doch! Und-»«Mer klatschte er auf meine Brust.
Ich lachte: HihisAber die Wurst triefte mir über den
Bauchnabel, sie kroch die nackten Beine hinunter. Als
ich so schön lachte, ließ er mich vorbei. Ich haschte den
Sack, lachte noch einmal laut und stellte draußen den
Besen gegen die Tür. Der Berlingmeier riß hinter mir
die Tür auf und rannte mit der Nase gegen den fallenden
Besen. Ich war schon im Laden, Frau Berlingmeier
fragte, ob ich schon ein Stück Wurst habe. Ich sagte:
Nein. Sie gab mir ein schönes Stück Blutwurst und
fragte: Was hat denn mein Mann da wieder zu schimp-
fen. Ich zuckte die Achsel. Der Karl draußen hatte
schon die Karre in der Hand, er fragte: Hast du die
Bratwurst? Ich nickte.
In der Werkstatt aber schickte der Meister den Kar!
sofort zu einem Kunden. Ich kratzte mir den Wurstbrci
vom Rücken und vom Bauch und pfropfte alles in Karls
Schuhe hinein; denn warum läßt er immer nur mich die
Wurst besorgen. Kurz vor Feierabend kam Karl zurück
und fragte nach der Wurst. Ich sagte: Ziehe dich schon
einmal um. Als ich das sagte, stellte ich mich an die
Tür. Er zog seine Arbeitsschuhe aus und stülpte die
andern Schuhe über. Es quackte im Schuh, und weil
er sich bückte, spritzte ihm etwas in die Augen. Da warf
er mir die Schuhe nach. Über den ersten Schuh sprang
ich hinweg, der zweite flog in das Fenster. Und Knebel
stand auf einmal in der Werkstatt.
Was wirfst du dem armen Jung die Schuhe an den
Kopf und triffst nicht und machst das Fenster kaputt!
Und bätsch! bätsch! hatte Karl links und rechts
schallende Ohrfeigen sitzen. Ich sage: Also bis morgen!
und flutsche hinaus; denn heute werde ich mit Karl, der
neben uns wohnt, nicht zusammen nach Hause gehen.
Her Feierabend ist gemacht, Der Erdkreis wandert zu der Ruh,
Die Arbeit schläft, der Traum erwacht, Die Nacht drückt ihm die Augen zu,
Die Sonne führt die Pferde trinken. Die schon dem süßen Schlafe winken.
J. Chr. Günther.
11
161
Der Pfennig mutz wachsen /
„Eigentlich heißt er Herbert, aber wir nennen
ihn den Pfennig", sagte mein Freund Walrer
mit allem Vaterstolz und schickte einen zärtlichen
Blick zur Wiege hinüber, in der sein fünf Wochen
alter Sohn friedlich schlief.
„Warum ist er so sparsam?"
„Ganz im Gegenteil, bisher ist er ein Ver-
schwender im Strampeln und im Brüllen."
„Ach wo", ließ Frau Margit sich hören. „Ein
Junge muß brüllen, das stärkt die Lungen."
Nun, er, dieser fünf
Wochen alte Sohn, brüllte
auch gar nicht. Er hatte
die winzigen rosigen Fäust-
chen gegen die Backen ge-
stemmt und schlief ganz
festi
„Still!" wisperte Frau
Margit. „Stören wir ihn
nicht!"
Dann saßen wir zu dritt
im Wohnzimmer. „Wes-
halb nennt ihr euren Sobn
eigentlich den Pfennig?"
fragte ich Walter.
Er lächelte. „Du kennst
doch das alte Sprichwort:
Wer den Pfennig nicht
ehrt, ist des Talers nicht
wert."
„Wärm doch die alte
Geschichte nicht wieder
auf", lachte Frau Margit.
„Nein, nein", mußte
Walter widersprechen, nun
will ich dir's gerade erzählen. Ein Pfennig ist
daran schuld, daß er da ist."
„Und die Straßenbahn", flocht Margit ein.
„Ja," fuhr Walter fort, „in der saß ich vor
etwa anderthalb Jahren und fuhr abends nach
Hause. Der Schaffner kam, gab mir den Fahr-
schein und Kleingeld zurück, darunter auch Pfen-
nigstücke. Ausgerechnet fiel mir ein Pfennig auf
den Boden. Zuerst wollte ich ihn gar nicht auf-
heben. Der Wagen war brechend voll. „Sie
haben einen Pfennig verloren", sagte da vor-
wurfsvoll ein dicker Herr. Gut, ich bückte mich.
„Oh!" rief auf einmal eine junge Dame, die ich
bisher gar nicht richtig bemerkt hatte, denn aus
Versehen hatten meine Hände ihren Schuh be-
rührt. Doch der Pfennig war nicht zu sehen.
Wer weiß, in welchen Winkel er gesprungen sein
mochte. Ich richtete mich wieder auf und sah,
daß die Besitzerin der hübschen Schuhe auch ein
sehr hübsches Gesicht ihr eigen nannte.
„Haben Sie den Pfennig gefunden?" fragte
der dicke Herr. „Man soll mit jedem Pfennig
rechnen." Eigentlich wollte ich nicken, aber da
sah mich aus dem hübschen Gesicht gegenüber ein
Augenpaar forschend an, als ob es fragen wollte:
Schwindelst du nun ober schwindelst du nicht?"
„Nein", sagte ich und schickte mich zu neuem
Suchen an.
„Welche Ausdauer!" lobte mich die Besitzerin
der hübschen Schuhe.
„Ja, sparsam muß man sein", brummte der
dicke Herr. „Wer den Pfennig nicht ehrt...!"
Eine ältliche Dame war anderer Meinung/
als meine suchenden Hände in die Nähe ihrer
Haferlschuhe und Wollstrümpfe gerieten. „Als
ob es hier im Wagen nicht schon eng genug
wäre!" kreischte sie. „Und alles wegen eines
Pfennigs!"
„Geld ist Geld," meint der dicke Herr, „hun-
dert Pfennig sind eine Mark, tausend Pfennig
sind zehn Mark, zehntausend Pfennig sind hun-
dert Mark."
„Vielleicht rechnen Sie noch aus, wieviel zehn
Millionen Pfennig sind", lächelte sauer die ält-
liche Dame.
162
„Hunderttausend Mark!" rief der dicke Herr.
Ich konnte nichts Besseres tun als weiter-
suchen. Doch der kupferne Ausreißer war nicht
zu sehen.
Da wurde es dem netten, jungen Fräulein
doch zu viel. Sie kramte in ihrer Handtasche,
holte eine kleine Taschenlampe heraus und sagte
zu mir: „Hier, nun können Sie suchen."
Die säuerliche Dame wußte beim besten Willen
nichts dagegen einzuwenden. Der dicke Herr
schmunzelte, und ich knipste die Taschenlampe an.
Ihr Lichtstrahl schien Wunderkraft zu besitzen.
„Da ist er!" rief ich, hob den Pfennig auf und
vergaß ganz, die Taschenlampe zurückzugeben.
Das merkte ich erst, als ich die junge Dame
schon am Wagenausgang stehen sah- Ich sprang
auf, sie war schon ausgestiegen. „Ihre Tascken-
lampe!" rief ich und stand gleichfalls auf der
Straße.
„Richtig, meine Taschenlampe", sagte sie.
Unterdessen war die Straßenbahn schon weiter-
gefahren.
„Jawohl", unterbrach Frau Margit ihren
Mann, „und dann wolltest du mich wieder seben,
obwohl ich mit keiner Silbe antwortete."
„Das hat sich gegeben", lächelte Walter.
„Heute antwortest du mir mit mehr Silben, als
mir manchmal lieh ist."
„Hättest du mich damals in Ruhe gelassen!"
lachte Frau Margit.
„Ging auch nicht, liebes Kind," sagte der
junge Vater zärtlich, „sonst wäre doch unser
„Pfennig" nicht da.
„Und was wurde aus dem richtigen Pfennig?"
fragte ich. „Aus dem kupfernen?"
„Den haben wir auf die Sparkasse gebracht,
der soll wachsen,.und hoffentlich so kräftig wach-
sen wie unser Junge!"
darfst nicht nur ans Heute denken!
Du darfst nicht deine Kraft verschenken
An Dinge, die wie Spreu verwehn!
Und wenn dich tausend Sorgen drücken:
Du mußt mit wachen, hellen Blicken
Nach vorwärts in die Zukunft sehn!
Und mußt den unbekannten Weiten
Voll Trok, und Mut entgegenschreiten
Und fleißig rühren deine Hand!
Hoch über allem Zeitgeschehen
Steht deines Volkes Wohlergehen
Und deiner Kinder Zukunftsland!
u*
163
Georgs überraschende Attacke / *Ä'*4?«äen6oi
Als sich die kriegerische Macht unseres fried-
lichen Reiches noch in blinkeblanken Knöpfen
spiegelte, hielt sich die 1. Batterie eines Artillerie-
regiments an der östlichen Grenze einen Ziegen-
bock.
Einstmals, noch herdbuchfähig tätig, hieß er
Georg. Während seiner militärischen Laufbahn
wurde er dann Jorg, Iorgl, Jörge und schließ-
lich, von einem Kanonier aus dem Schlesischen
kurzweg „Lerge" genannt, was in dessen Heimat
soviel wie ein halbheitrer Schimpfname für einen
etwas verluderten Hund bedeutete.
„Lerge" war nicht umsonst da. Man sagte,
er verbessere durch seinen eigenen Duft den all-
zuscharfen Slallgeruch und verbäte dadurch
Pferdeseuchen. Er hatte also dienstlich zu stinken.
Das tat er mit durchaus preußischem Ernst,
stramm und gründlich.
Ob man sich mit ihm gut stand oder ihm, wie
der Fahrer Mitschkuleit, ab und an mal eine saf-
tige Backpfeife verabfolgte, war durchaus nicht
nebensächlich. Denn was geschah mit Mitsch-
kuleits Langschäftern? Zehn Minuten vor der
Parade und aus zwölf anderen Stiefelpaaren
heraus?
Sie waren obenherum so sorgfältig durch-
gefrefsen, daß man glauben konnte, Mitschkuleit
wolle mit mittelalterlichen Frauenstiefeln bei der
Besichtigung erschelnen. Lerge trieb sich dann
etliche Tage in den anderen Ställen herum, und
als er wieder erschien, hatte er eine ganz be-
sonders schindluderische Scheinheiligkeit auf sein
listiges Satansgeficht gesteckt. Somit, und auch
anderer Dinge wegen, verkündete der (Äatmäßige
am Vorabend wichtiger Ereignisie und als An-
hang zur Parole gewissermaßen: Ab morgen
heißt Lerge wieder Georg!, was bedeutete, er sei
verwahrt und sittsam zu halten; welche kurze
Formel der nächste Etatmäßige nicht für immer
übernehmen konnte, weil er selber Georg hieß und
seine Kanoniere nicht mit neckischen Verdrehungen
sparten.
Trotz des Verwahrens mußte man aber dem
höheren Artilleriemspekteur eines Tages auf sein
neugieriges Schnuppern hin das Vorhandensein
und den Zweck Lerges erklären. Der General
antwortete mit einem trockenen: „So — hm,
möglich. Also bei Dienst natürlich unsichtbar zu
machen."
Das Wort eines inspizierenden Generals ist
kein Kinderlallen und deshalb auch sträubten sich
dem Fähnrich Rielhut etliche Haare, als er nach
gurverlaufener Übung, bei einer kurzen Nach-
besprechung auf dem Kasernenhofe, zwanzig
Schritte hinter der instruierenden Exzellenz, den !
gottvergessenen Satansbraten von Ziegenbock
auftauchen sah. Die Batterieoffizicre und Ge-
schützführer standen im Halbkreis vor dem hohen
Instrukteur und seiner Begleitung.
Niemand also, außer Riethut, nahm das her-
anpirschende Biest wahr und der Fähnrich wie,
derum, in der heißen Hoffnung, Lerge werde sich
von selber trollen, wagte keine Unterbrechung
der fesielnden Ausführungen des hohen Herrn.
Außerdem fuchtelte der Fahrer Mitschkuleit in ;
der halboffenen Stalltür, aus welcher der Bock
kam, mit einem Bunde frischer Milchdisteln
stumm herum. Aber Lerge sah ihm, den Kopf
mitleidig rückwärts wendend zu, als wenn er
sagen wollte: Ach nee, gerade du?
_ So erläuterte Exzellenz eben die Annahme, >
feindliche Kavallerie hätte von rechts umgangen. :
Der Batteriechef antwortete klanglos, der
General nickte zufrieden und nur der Fähnrich ,
Riethut machte eine seltsame und unbegründete
Atmbcwegung dazu, was ihm einen fragenden
Blick des Inspizierenden und einen verwunder-
ten seines Hauptmanns eintrug.
Im großen und ganzen sparte der vorgesetzte
Gast durchaus nicht mit seinem Lobe. Er er-
läuterte eifrig weiter und schlug nur ab und zu,
mit den nach rückwärts gehaltenen Karten-
skizzen, in die Luft, um ein krabbelndes Insekt
zu verscheuchen. Das geschah etliche Male und
immer wieder. Insekten sind im Sommer in
der Nähe von Ställen etwas übliches. Auch,
daß jemand grundlos so zu schwitzen begann wie
der junge Riethut, fiel in der prallen Sonne
nicht auf. Und daß Riethut wußte, welches
greifbares Säuchetier ein vermutetes Insekt sein
kann, wußten ja die anderen nicht.
Das „Insekt" selbst aber zuckte nach jedem
Schlag mit den Kartcnblättern störrisch zurück,
begann wieder zögernd am Ziegenlcderhandschuh
dieses fremden Menschen zu schnuppern, bekam
wieder eins auf seine listige Nase, schüttelte ver-
drosicn den Kopf und stelzte im Rückwärtsgang
ein wenig zurück.
Riethut, bar jeder Erfahrung mit niederem
Gelier, atmete mit tiefem Stöhnen erleichtert auf.
Als jedoch Erzellenz abschließend erklärte:
daß bei der Unübersichtlichkeit des Geländes eine
überraschende Attacke, auch schwacher Kräfte, die
Batterie an ihrer wundesten Stelle treffen mußte
—", erfolgte ein hörbarer Wuppdich. So hör-
bar, daß sich etliche Umstehende unwillkürlich
an dieselbe Stelle griffen, auf die er erfolgte —
und der General flog in beachtlichem Bogen dem
herbeistürzenden Batteriechef in die Arme.
Man kämpfte zwischen Grauen und Geläch-
ter. Der Inspizierende murmelte etwas von
„zweifellos nettem Biest, das aber nicht hier-
her gehöre und unbedingt abgeschafft werden
muffe."
Lerge war in gestrecktem Galopp nach den
andern, fremden Ställen hinüber verschwunden
und zurück blieb eine stinkpeinliche Stimmung.
Während viele den Bock schon pfundweise im
Fleischerladen baumeln sahen, bat der Haupt-
mann am Wagenschlage nochmals um Nach-
sicht.
„Aber liebster Herdegen", beschwichtigte der
General. „Unsinn, natürlich — bin ja nicht von
Pappe. Und — „abzuschaffen" natürlich nur
bei Besichtigungen. — Glück zum Manöver! —
Morg'n!"
Lerge war somit gerettet. Er blieb Jahre hin-
durch noch Liebling und Tyrann der Batterie
und heftete sich hartnäckig dem ersten Geschütz an
die Protze, als es nach Frankreich hineinrollte.
Dort erreichte ihn eine verirrte Granate.
Ein wenig Wehmut blieb seinem Gedenken.
Herrliches Wappen auf Kittel und Hut, Brüder und Knappen bewahret es gut, Haltet das Zeichen hübsch ehrlich und blank,
Daß man es schmücke mit Ehren und Dank.
165
Nickel Vender und das
Der Bürgersteig wurde aufgerisien. Zwanzig
Erdarbeiter standen bis zu den Knien in dem
schmalen Graben, der das Ruhebett eines neuen
Postkabels werden sollte. Seit heute morgen
pickten sie mit Spitzhacken den gewachsenen Bo-
den locker und beförderten ihn mit den Schippen
hinaus. Dreimal bereits hatten die Arbeiter ihre
Plätze gewechselt, waren jedesmal ein Stück
vorgerückt, so daß schon ein ziemliches Ende
fertigen Grabens hinter ihnen lag.
Plötzlich, als einer die Hacke erneut in die
Erde schlug, prallte diese klingend zurück. Er
war auf einen Stein gestoßen. Vorsichtig pickte
und scharrte er nun den Dreck beiseite.
Es war ein großer Stein.
Auf die Rufe des Arbeiters kamen andere
herbei und kratzten ebenfalls daran. Der Stein
wurde größer. Mit ihren Spaten stießen sie die
Grabenwände etwas breiter ab und legten somit
auch die Seiten des Steines frei.
Jetzt sah man es genau, der Stein war ein
mächtiger Brocken, fast so lang und so dick wie
ein Mann. Doch wie bekam man den Stein da
fort. Er mußte verschwinden. Das Kabel hätte
wie über eine Bergspitze gelegt werden müsien.
Es gab zwar noch einen anderen Weg: man
konnte das Kabel um den Stein herumführen.
Um den Stein herum, wollte der Schacht-
meister nicht. Schon aus Prinzip Nicht, ein Kabel
müsse schnurgerade liegen, — der Stein komme
also da weg.
Zwar überlegte er noch, wie man den Stein
am besten beseitigen könnte, so einfach schien dies
nicht zu sein. „Forttragen geht nicht", meinte
einer, ein anderer sagte: „Wegwerfen kann man
ihn auch nicht." — „Vielleicht, wenn man ihn
mit zwei Mann anfaßt", war der Rat eines
Dritten.
Noch einige Leute gaben ihre Meinungen
kund; denn mittlerweile war fast die ganze Erd-
arbeiterkolonne herbeigekommen. Jeder glaubte
Vorschläge preisgeben zu müssen, wie der Stein
am besten wegzuschaffen wäre. Und noch mehr
als die Arbeiter beteiligte sich der Schachtmeister
an dem Meinungsaustausch, der zuerst ruhig be-
gonnen hatte, aus dem jetzt aber bereits Ver-
stimmung über die verschiedenen Ansichten her-
auszuhören war.
„Der Stein muß heraus!"
„Heraus ja, aber wie?"
Zu beiden Seiten des Steines standen im
Graben je ein Arbeiter. Für mehr Mann war
Hindernis
Von Mathias Ludwig Schröder
dort nicht Platz. Aber oben am Grabenrand
hockte der Schachtmeister in den Knien zwischen
seinen Leuten, von denen einige, weil sie kein so
günstiges Blickfeld hatten, den andern zwischen
den Köpfen her schauten.
Und alle sahen sie zu dem Stein hinunter.
Man konnte meinen, sie hätten noch nie einen
Stein gesehen, oder dieser sei aus einer anderen
Welt und lege ihnen unlösbare Aufgaben auf.
Vorne, bereits weit über den Stein hinaus, ;
hackte an der Spitze des Grabens Nickel Bender
und wunderte sich, warum es um ihn herum so
still geworden war. Als er sich umschaute, sah
er die Kameraden hinten zusammenstehen. Er
hackte weiter, — wenn es etwas von Bedeutung
wäre, hätte man auch ihn aufmerksam gemacht.
Allerdings schaut er jetzt öfter rückwärts und
beginnt sich zu wundern. — Ob vielleicht einer
verunglückt ist? Dann aber würde die Gruppe
wie ein Ameisenhaufen unruhig durcheinander
laufen. Und doch scheinen die dahinten sich um
etwas zu streiten und werden sich nicht einig. Er
sieht jetzt, wie Franz Koch sich von der Gruppe
loslöst, heraufkommt, in den Graben springt
und nach seiner Hacke greift.
„Da liegt ein Stein im Loch."
„Ein Stein —?"
„Keiner weiß etwas damit anzufangen."
Seine Schippe läßt Nickel Bender stecken,
klettert hinaus und wandert am Graben ent-
lang. Der Stein interessiert ihn. Es muß etwas
an dem Stein sein, sonst könnte dieser nicht gleich
zwanzig Mann von ihrem Tagewerk aufhalten.
Bereitwilligst macht die Gruppe ihm Platz, da-
mit er ebenfalls zu dem Brocken hinuntersehen
kann.
„Den wird keiner allein heben können", sag>
sein Nebenmann, und ein anderer im Graben
unten antwortet überzeugender: „Noch keim
zwei bringen den von der Stelle." Ein dritter
fügt als sicherer Trumpf hinzu: „"Auch keim
drei".
„Was soll denn mit dem Stein?" fragt Nickel
Bender.
„Der muß raus!"
Da läßt Nickel Bender sich in den Graben
hinab, streckt seine Hände nach dem Stein aus
und sagt: „Den packt man, — den hebt man, —
den stellt man hochkant —" Er tat es und setzte
nun die Schulter darunter, um den Stein wie
einen Balken auf die Achsel zu bekommen.
166
und dann wirft man ihn hinaus, — seht ihr!"
Sie sahen es alle. Der Stein lag jetzt oben
am Grabenrand. Bender, jetzt etwas außer
Atem, wälzte ihn noch über den Dreckhügel, da-
mit er keinen hindere, stieß seine Mütze in den
Nacken und ging an seine Arbeit zurück. Ehe
er die Schaufel aus der Erde zog, schaute er
noch einmal rückwärts. Die Gruppe stand noch
immer zusammen. Dies schien ihm jedoch selbst-
verständlich. Denn ehe die Leute sich jetzt wieder an
die Arbeit begaben, war ihnen die Zeit wert, Be-
wunderung über Nickel Bender auszudrücken, der
einen großen Stein einfach und ohne viel Worte
zu machen aus dem Wege geräumt hatte.
Und da lachte Bender heimlich vor sich hin.
Er fühlte sich keinen Deut stärker als andere
Leute auch. Was er diesen voraus hatte, war
etwas ganz anderes.
Tagesbilanz
Wie hoch ein Alltag verklingen kann l
Erst fing er brummig beim Frühstück an:
Olga hatte die Semmel vergessen.
Dann gab es Ärger beim Mittagessen,
Weil ich so pünktlich zu Tische war,
Und nicht beizeiten der Braten gar.
. Nun, es ist sicher, man ließ sich verwöhnen
Und so verlegt man sich hurtig aufs Stöhnen,
Wenn mal nicht alles nach Wunsch ergeht. —
Aber am Abend, es war schon spät.
Kehrte ein seltener Gast noch ein.
Brachte von draußen her Sterncnschein
Und noch ein Brieschen Lachpulncr mit;
Und so waren wir balde quitt
Aller kleinlichen Tagesmiseren,
Lachten und ließen die Stunde gewähren.
Albert Korn
167
.herrengrunder Kupfergcfäße und deren Sprüche
Von Franz Kirnbauer, Freiberg -.Sachsen
Unter dem Namen „Herrengrunder Kupfer-
gefäße" oder „Herrengrunder Becher" werden kup-
ferne getriebene Ziergefäße verstanden, die
meist Becher- oder Schalenform haben und gewöhnlich
mit einer gravierten Inschrift versehen sind. Die Ge-
fäße sind durch den Ort und die Zeit ihrer
Herstellung, durch ihre meist einfachen Formen
mit teilweiser Feuervergoldung und Rauhung der Außen-
fläche mittels Rrngelpunzen, durch die kurzweiligen In-
schriften und Reimsprüche sowie durch die häufige An-
bringung von Zierfigürchen, Veriervorrichtungen und
anderweitigem Zierat gekennzeichnet. Diese Kupfer-
gefäße wurden in Neusohl und Herrengrund
in der Slowakei, damaligem Oberungarn, von etwa 1650
an ohne wesentliche Unterbrechung bis zum Jahre 1820
aus „Z e m e n t k u p f e r" verfertigt und als eine Art
Reiseandenken von Besuchern dieser Bergstädte mitge-
nommen oder an Freunde derselben verschickt. Die
Kupfergewinnung erfolgte bemerkenswerterweise näm-
lich zu Herrengrund durch Einlegen von Eisenstücken in
das kupferhaltige Grubenwasser (Zementwasser) der
Stollen des bereits über 800 Jahre alten Kupfererz-
bergbaus, sodaß ein gewisicr Nimbus die daraus her-
gestellten Zier- und Gebrauchsgegenstände umgab. Meist
nehmen diese kurzweiligen gereimten Inschriften auf den
Bergmannsbechern auch Bezug auf diese wunderbare
Verwandlung von Eisen zu Kupfer in Herrengrund und
haben als Hauptmotiv:
Eisen war ich / Kupfer bin ich / Gold bedeckt mich,
oder »
Des Herrengrunder Wassers Kraft
aus Eisen mich zum Kupfer macht.
Die Herrengrunder Kupfergefäße des 17. und
18. Jahrhunderts sind infolge ihrer Typenmäßigkeit
leicht zu erkennen und geben keine kunstgeschichtlichen
Rätsel oder schwierige Fragen auf; das Typenmäßige
zeigt sich ebensosehr in den Formen und Zierarlen als in
den eingravierten Sprüchen und es gibt kaum ein
Sondergebiet des älteren Kunstgewerbes, das bei ober-
flächlicher Betrachtung so einförmig ist und so wenig Per-
sönlichkeitswert ausweist wie dieses. Mit dem 18. Jahr-
hundert hat sich die Einfachheit, ja Eintönigkeit der
Formen der „Herrengrunder Kupfergefäße" noch schärfer
herausgearbeitet als vorher; es sollen offenbar die be-
scheidenen kleinen Becher und Schalen nichts anderes
sein und erweisen als das in den Inschriften bezeugte
„W u n d e r der Natur", das da zu Herrengrund
aus Eisen Kupfer schafft. Die inschriftlosen Herren-
qrunder Gefäße der Empirezeit sind als solche durch eine
charakteristische Rauhung des Mantels und Teilver-
goldung gekennzeichnet. Der Gesamtheit der Herren-
grunder Gefäße sind sonach auf das Einfachste reduzierte
Formen eigen, die selbst an den reichverzierten und den
Prunkstücken ein gewisses Maß von Bescheidenheit auf-
weisen. Unsere Herrengrunder Kupfergefäße sind in
Form und Einzelheiten ihrer Zeit einzugliedern; ihre
Schlichtheit erhöht ihren Reiz und es scheint, daß sie
gerade durch ihre Einfachheit dem heutigen Geschmack
unserer Zeit wieder sehr nahe kommen.
Wir ersehen, daß die sogenannten „Herrengrunder
Kupfergefäße" oder „Bergmannsbecher", die vom
17. bis zum anbrechenden 19. Jahrhundert in den da-
mals blühenden deutschen Bergbaustädten der Slowake:
erzeugt worden waren, sich einer gewissen Beliebtheit als
Kunst- oder Gebrauchsgegenstand oder Glücksbringer
erfreut haben und noch erfreuen. Der Erzbergbau von
Neusohl, Herrengrund und Libethen jedoch ruht seil
Jahrzehnten, die alten Bergstädte schlummern friedlich.
Wir dürfen annehmen, daß diese Herrengrunder Kupfer-
becher, wie auch schon ihr Name andeutet, von Berg-
leuten in Heimarbeit oder von Kupferschmieden in hand-
werksmäßig-meisterlichen Kleinstbetrieben angefertigt
worden waren. Da sie eben, zum Großteil wenigstens,
von einfacher Bergmannshand stammen, ist auch ihre
volksmäßig-typische Einfachheit und betonte Schlicht-
heit sowie ihr Nimbus als „Andenken" oder Glück-
spender erklärlich. Auch aus anderen Bergbaugebieten
der Gegenwart kennen wir eine ähnliche Anfertigung
von „Reiseandenken" durch Bergarbeiter, so schnitzen
z. B. die Bergleute am Dürrnberg bei Hallein, in
Neuburg a. d. Marosch (Uioara), Siebenbürgen, oder in
Wieliczka (Generalgouvernement) zierliche Obelisken
oder Tischchen und Stühlchen aus Steinsalz, in den
Braunkohlenbergbauen des Sudetenlandes und im ober-
schlesischen Steinkohlenrevier dagegen erhält man ge-
schnitzte oder gedrechselte kleine Grubenhunde, Würfel,
Flaschen u. dgl. Gegenstände aus einer besonders bear-
beitbaren, nichtspröden Kohle hergestellt.
Volkskundlich sind die „Herrengrunder Becher" und
„Kupfergefäße" nicht nur wegen ihrer handwerklichen
Treibarbeit bemerkenswert, sondern insbesondere wegen
der eingravierten Sprüche, die als „Herren-
grunder Sprüche" einen beachtlichen Teil unlei
den „Bergmannssprüchen" ausmachen, welch letzten
wiederum ein besonders wertvolles Teilgebiet der berg-
männischen Volkskunde darstellen.
3m folgenden sei nun eine Auswahl der schönsten
„Herrengrunder Sprüche", deren über 160
bisher aufgesammelt werden konnten, mitgeteilt. Die in
den Sprüchen öfters vorkommenden Namen von Mars,
Venus und Sonne sind die alten alchemistischen Be-
zeichnungen für Eisen, Kupfer und Gold. Der Inhalt der
Sprüche kreist selbstverständlich stets um die zu Herren-
gründ erfolgte wunderbare Umwandlung von altem,
unscheinbarem Eisen in edles und zur damaligen Zeit
wertvolles "Kupfer.
Aber Wunder klingts in Ohren /
wann aus Eisen Kupfer worden.
168
Als Eisen geboren /
in Kupfer verkehrt
durch Herrengrunds Wasier /
mich alles verehrt.
*
Als ich noch Eisen war /
war alles von mir still /
da ich nun Kupfer bin /
mich jeder haben will.
*
Als Mars und Venus sich durchs Zementbad vermählt/
da würd die güldne Sonne zum Hochzeitskleid erwählt.
Als Neusohl mich zum Kupfer macht
aus Eisen / würd ich mehr geacht /
sei du mir gleich und denk an mich /
trink aus / mein Freund / Schelm beffre dich.
An mir zeigt Gott seine große Macht /
der aus Eisen Kupfer macht.
Aus Eisen Kupfer wird gemacht
in Herrengrund sehr tief im Schacht.
*
Das findet man in Herrengrund /
da werden dergleichen Wunder kund.
*
Daß aus Eisen Kupfer worden.
*
Daß dies Kupfer ist von Eisen /
zementiert / kann man beweisen /
willst nicht glauben / frag nur wohl /
es ist eine Stund von Neusohl.
*
Das Wasser / so durch Klüft
und Kupferadern dringt /
macht / daß man meinen Ruhm
in alle Länder bringt.
*
Den Vorzug hat das Gold /
das Silber folget nach /
doch ist man mir auch hold /
ein wunderliche Sach.
*
Die Ankunft mein hart Eisen ist /
das Zementwasser mich zu Kupfer frißt /
welches sich zu verwundern ist.
* V
Die Ankunft mein ist Eisen hart /
im Bergwerk mußt ich graben stark /
da man mich nicht mehr brauchen kunnt /
warf man mich in Zementgrund.
Das Wasier zu Kupfer mich temperiert /
bin worden eine Schalen m,t Gold geziert.
Die Mutter hatte mich
aus Eisen hart geboren /
doch durch das Venusbad
bin ich zu Kupfer worden.
Eh braucht mich der Bauer /
jetzt will mich jeder Herr /
man legt vor anderm Erz
bei mir die höchste Ehr.
Ebmals ich Eisen war /
nun bin ich Kupfer klar /
Wunder für Wunder /
sag mir jetzunder.
Ein Becher mit Wein
erquicket das Herz
vertreibet die Grillen
und tilget den Schmerz.
Ein eisern Pfund
in Herrengrund /
wird Kupfer zur Stund.
*
Eine Jungfrau kann auf Erden
endlich eine Mutier werden /
aber ich bin aus der Orden
daß von Eisen Kupfer worden.
*
Eine Jungfrau kann auf Erden
endlich eine Mutter werden /
aber Wunder klingt in Ohren /
daß aus Eisen Kupfer worden,
die Prob gib ich in Gegenwart /
so ich zuvor war Eisen hart.
Ein Faß ich stelle dar /
das doch nur Eisen war /
jetzt aber Kupfer rein
und mit Gold bekleidet fein;
Gottes Kraft /
des Wasiers Eigenschaft /
Eisen zu Kupfer macht.
*
Ein rauh Eisen ich vor war /
Zemenlwasier zu seiner Stund
macht feines Kupfer aus mir dar
im bergstadlerischen Herrengrund.
*
1708
Gott wieder die Deutschen in die Bergstadt gebracht.
Ich war zwar damals nur Eisen /
tue mich aber ihnen zulieb als Kupfer weisen.
Wieso dann einer aus ihnen sich
mit Gold ließe bedecken mich
und solches in Ncusohl 1709
bei einem Gold feine.
*
Ein Wasier in dem Grund /
da viele Herren beigesesien /_
hat mich in wenig Stund
aus Eisen zu Kupfer gefresien.
*
Eisen bin ich gewesen /
Zemenlwasier zu Tupfer mich hat gefresien /
bin worden vergoldt;
fein schmeckt wohl aus mir
der kühle Wein.
*
Eisen geboren /
in Kupfer verkehrt /
durch Herrengrunds Wasier
mich alles verehrt.
*
169
Eiseil war ich /
Kupfer bin ich /
Gold bedeckt mich —
aus Eisen Kupfer wird gemacht
zu Herrengrund sehr tief im Schacht.
Eisen war ich /
Kupfer bin ich /
und Wein / trag ich /
Gold bedeckt mich —
aus Eisen Kupfer wird gemacht
zu Herrengrund sehr tief im Schacht.
*
Ganz schwarz mein Mutter mich gebar /
durch Baden ich schön rötlich war /
drauf zog mich an die Sonne ihr Kleid /
setzt meiner sich ein jeder freut.
*
Glaubwürdig ist, daß ich war Eisen /
kn Herrengrund kann man es beweisen.
*
Gottes Kraft /
der Wassers Eigenschaft
Eisen zu Kupfer macht,.
* •
Hab Dank / o Schöpfers Hand /
ich will dich allzeit loben /
daß ich aus Eisen hart
zu Kupfer bin erhoben.
Hinab in tiefen Grund
mußt Du / o Fremder gehn /
willst du zu Kupfer umgestalk
das Eisen dorten sehn.
■*
Ich bin der Venus Kind /
Mars mich nicht mehr findt.
*
Ich stamme her von Eisen /
doch eines Masters Macht
tat mich zu Kupfer beißen
im Herrengrunder Schacht.
*
In Herrengrund das Brünnlein ist /
so Eisen zu ein Kupfer frißt.
*
In Ungarland zu Herrengrund
ist unter anderm jedem kund
des Wassers ungemeine Acht /
weil es aus Eisen Kupfer macht.
*
Man macht aus mir zwar allerhand /
Hufeisen / Nägl / Ring und Band /
nun da ich aber Kupfer bin /
hat sich geändert des Meisters Sinn.
*
Mars war mein erster Mann /
bekannt an allen Orten /
jetzt bin ich durch die Kunst
zur weichen Venus worden /
doch hat die Sonne mir
ein schönes Kleid gemacht
und die so dürftig sind
tränk ich mit Rebensaft.
Mein Mutter war das Eisen hart /
gebar ein Kind von Kupferart /
trägt Silber jetzt ein Männlein klein
und ist mit Gold bekleidet fein.
*
Mich Eisen machte naß
das Wasser Herrengrund;
zum Kupfer wie ein Faß /
verkehret kugelrund.
Norden ist zwar Eisen reich /
auch an Kupfer mit zugleich /
doch ist nie erhört in Norden /
daß aus Eisen Kupfer worden.
*
Pir pax Ofenloch /
durst mich / so sauf ich doch!
Sieh an / o Mensch / ein Wunderding
vor Eisen war / jetzt Kupfer bin.
In Herrengrund dies Wasser ist /
so Eisen zu ein Kupfer frißt.
Trinken lieb ich allezeit /
lebe die Aufrichtigkeit;
vor war ich Eisen /
jetzt tu ich Kupfer weifen.
Trinket gut / fasse Mut.
Tue recht / niemand schlecht.
Gott zeiget an mir seine große Kraft /
da er aus Eisen Kupfer macht.
*
Trink hieraus den Rebensaft s
dieser bringt dir Mut und Kraft.
*
Trink mich aus und leg dich nieder /
steh ich auf / so füll mich wieder.
*
Vivat der edle Freund /
der es treu und redlich meint /
ich will dich allezeit ehren /
so lange die Becher währen.
Wann ich ein altes Weib
so schön und jung könnt formieren
so wie ich Eisen kann
in Kupfer zementieren.
*
Wann ich zur Gesundheit dienen soll /
so muß ich sein gestrichen voll.
*
Was du jetzt hast in deiner Hand /
das war vorher ein Eisenband.
*
Was ich allhier tu weisen /
ein Wunder nennen mag /
bin Kupfer und war Eisen
40 Tag im Wasser lag.
170
Wer kurios ist iu der Welt /
aufs Reisen wendet Gut und Geld /
der kauft auch mich / weil ich vorhin
ein Eisen war / jetzt Kupfer bin.
Wer immer wissen will
mein Ankunft / Wesen und Geschlecht /
der gehe in Herrengrund /
>a wird ers sehen recht.
4
Wie Wasser solche Kräfte hat /
daß es aus Eisen Kupfer macht /
in Ungarland zu Herrengrund
ist unter anderm jedem kund.
*
Wollte Gott / daß die alten Weiber
n diesem Wasser bekämen junge Leiber.
Zu Herrengrund im Schacht
ein Quell hat solche Kraft /
Eisen zu Kupfer macht.
*
Schrifttum: G. Alexander, Herrengrunder
Kupfergefäße, Wien 1927, Verlag I. Springer —
F. Kirnb auer, Alte Bergmannssprüche, S. A.
Knittelfelder Zeitung 1924, Nr. 32; auch handschrift-
liche Sammlung von über 800 bergmännischen Sprü-
chen, darunter Herrengrunder Sprüche; — F. Kiru-
ba u e r, Die „Herrengrunder Kupfergefäße", Monta-
nistische Rundschau, 25. Iahrg., Wien 1933, Nr. 14,
S. 3. — F. K i r n b a u e r, Herrengrunder Kupfergefäße
und deren Sprüche, Obersteirische Volkszeitung, Leoben.
19. n. 26. Mai 1934.
Wir schlagen eines neuen Jahres Stollen an!
Gestundet ist des alten Jahres weitged^hnter Stollen,
Der Knappen Faust gewann der Erde aufgespeichert’ Gut,
In mancher Schicht, da feindlicher Gewalten Widergrollen
den Berg durchdrang, der nun im Feld der Ewigkeiten ruht.
Doch sind die Baue eingetragen auf dem Grubenrisse,
Wie Stoß um Stoß zur Feldesgrenze stetig-streichend ging,
Wie Ort um Ort bezwang der Sprünge steile Hindernisse,
lind auch die Sperren, drin der Wetterschläge Wucht sich fing.
Viel tausend Männer, die mit uns am Kohlenstoße lagen,
Daß sich erfüllte eines jeden Arbeitstages Ziel,
Viel tausend Männer, die noch immer die Geleuchte tragen,
Und mancher geht mit uns, der kämpfend vor der Kohle fiel.
So wollen weiter wir getrost zur Teufe niederfahren,
Wir schlagen mutig eines neuen Jahres Stollen an.
Durch unerforschte Örter dringen wir im Licht, dem klaren,
Das jedem dient, der schaffend seines Tagwerks Lohn gewann.
ihr Brüder, auf! Daß wir des Bergwerks Marken weiter setzen,
Sieg weht die Fahne von des Schachtturms stahlgefügtem Knauf,
Uns ward die Pflicht, des Berges Siegel werkend zu verletzen,
Und aus den Stollen steigt der Urzeit Kraft zur Sonne auf.
Hans Adolf Groß, Göttelborn.
Das Zeugnis von der Lesebank
Eine fröhliche Geschichte von Friedrich Franz Goldau
Das deutsche Volk stand im Kriege. Wo die
Männer fehlten, sprangen die Frauen und die
Jugend ein. Richard aber, der Sodn erner
Witwe, war träge. Er sah nicht, daß die Mutter
sich abmühte für ihn und seine drei kleineren Ge-
schwister. Richard kam wie immer in den Ferren
mit einem schlechten Zeugnis aus der Scdule.
Dieses Mal schämte er sich aber doch, das Zeug-
nis der Mutter vorzulegen, und einen Umweg
machend, kam er an der Grube vorbei und las
den Anschlag: „Ordentlicher Junge bei gutem
Lohn gesucht für die Lesebank".
Was auf der Grube vor sich ginn, hatte
Richard bisher sehr wenig interessiert. Den In-
halt dieses Anschlages ließ er sich aber doch
durch den Kopf gehen. Ob die Jungen, bevor
sie Bergknappen wurden, auf die Lesebank muß-
ten? Und guten Lohn gab es dazu?
Sich über das schlechte Zeugnis jetzt ärgernd,
blieb er eine Weile stehen. Dann gab er sich
einen Ruck und ging auf den Grubenvorplatz.
Hier war das Büro der Verwaltung, und ein
Herr hinter dem Schalter, der sich öffnete, als
er anklopfte, nickte, als Richard ihn fragte: „Ja,
es ist richtig hier, Junge. Du kannst zur Lese-
bank kommen. Bist du aus der Schule?"
Richard war doch gerade aus der Scdule ge-
kommen und sagte recht kräftig: „Jawohl!"
„Hast du Papiere?"
Bisher hatte Richard ein dickes Fell gehabt.
Jetzt wurde er aber verlegen, packte sein Zeuanis
aus der Schulmappe und stotterte, so dumm sei
er nicht, wie es da in dem Zeugnis stehe. Er
könne nur die Lesebank in der Schule nicht leiden.
Der Herr legte die Stirn in nachdenkliche
Falten und brummte: „Ra, eine Empfehlung ist
das nicht, Junge. Bei uns gilt aber vor allem
der Fleiß."
O, fleißig sei er wohl, sagte Richard. Er wolle
gern lesen.
„Hoffen wir es, hob der Herr zweifelnd die
Schultern. „Da, steck dein Zeugnis wieder ein.
Hier gibt es ein anderes. Sind deine Eltern da-
mit einverstanden, daß du zur Lesebank willst?"
Sicher doch würde die Mutter sich freuen,
wenn er setzt zu einer Lescbank ging, auf der er
zudem etwas verdiene, und da er bejakre, nahm
der Herr ihn an: „Gut! Du kannst anfanaen.
Die Überweisung vom Arbeitsamt werden wir
besorgen. Du bekommst für den Tag zwei Mark."
„Au! Zwei Mark...?"
Das war etwas anderes als der Lohn auf den '
Hosenboden, den er in der Schule reichlich er- {
hielt. Das konnte Richard gefallen. Er dankte f
dem Herrn und versprach, am kommenden Mor-
gen pünktlich zur Stelle zu sein. „Und welche
Bücher muß ich mitbringen?"
„Keine, mein Junge", sagte der Herr. „Das
Lohnbuch stellen wir aus. Bringe ein altes
Hemd, eine alte Hose und ein Paar Holzschuhe
mit. Seife und Handtuch mußt du auch haben."' j
In bester Laune kam Richard nach Haus.
Von seinem Zeugnis sagte er nichts. Geheimnis- ^
voll packte er eine alte Hose, ein altes Hemd, !
Handtuch und Seife in seine Schulmappe, |
wickelte die Holzschuhe in ein Zeitungsblatt, :
steckte zwei Stullen ein und begab sich am fol- >
genden Morgen pünktlich zur Grube. Es fiel
seiner Mutter nicht auf. Es war Ferienzeit, und
Richard strolchte in den Ferien stets durch die
Gegend.
Auf der Grube bekam Richard seine Num-
mer. „Das ist hier so, Junge", sagte der Herr.
„Hier sind nur Männer, die eine Nummer ha-
ben." Und das gefiel Richard. Er lachte. Auf
der Schule habe er keine Nummer gehabt.
„Dafür bekommst du sie hier. Wende dich jetzt
an den Aufseher. Er bringt dich zur Stelle."
Richard ging auf den bezeichneten Mann zu,
und der nahm ihn mit. Nach zebn Minuten hatte
Richard schon allerlei erlebt. Sein Anzug hing
an einem Haken unter der Decke der Waschkaue.
Es sah so aus, als hätten sich viele Jungen da
aufgehängt. Richard stak in der alten Hose und
den Holzschuhen und trippelte dem Aufseher nach
eine eiserne Treppe hinauf. Dann war er mit
dem Aufseher auf der Hängebank. Da hatte
man keinen gehänat, sondern es war eine große
Halle, in die der Förderkorb die aus der Grube
gezogenen beladenen Kohlenwagen brachte.
Schmale Brücken, die gerade Raum für die
kleinen Wagen boten, führten zur Waage. Hier
wurden die Kohlen gewogen, ausgeladen und
nach Sorten verlesen. Nuß I und II, Hausbrand
und andere Sorten konnte man sehen. Der
Kohlenstaub wurde mir Wasier gebunden und
zum Schlammplatz befördert. Verloren ging
nicht viel.
In dem Kohlenraum waren mehrere Jungen
damit beschäftigt, die grauen Steine aus den
172
Kohlen zu lesen, weshalb man das hier die Lese-
bank nannte. Richard machte große Auaen, als
er zu dieser Lesebank kam. So hatte er sich das
doch nicht gedacht, aber nach einer Stunde war
er schon mit den anderen Jungen befreundet, und
als er Schicht hatte, und die ersten zwei Mark
verdient waren, kam er sich wie ein Mann vor.
Sauber gewaschen kam Richard heim.
„Rach den Ferien wirst du dich freuen",
triumphierte er strahlend bei Tisch, und aß wie
ein Drescher. Die Mutter bekam es mit der
Angst zu tun, wie sie den Freffer satt machen
sollte, zumal es so knapp war. Wenn es so weiter
ging mit den Ferien, kam sie mit den Lebens-
mitteln nicht aus. Ach Gott, diese Ferien!
Schrecklich, wenn in diesen Tagen die Jungen
durch Feld und Wald, Dorf und Stadt strolch-
ten. Und wie sie dann in die Stullen einbiebcn!
Da er aber sagte, daß er in den Ferien fleißig
sei und mit anderen Jungen auf der Lesebank
lese, ließ sie ihn gewähren. Vielleicht wurde doch
noch etwas Gescheites aus ihm, wenn er nun
endlich begann, die Schule ernst zu nehmen.
Seine Zeugnisse waren wirklich ein Jammer.
Vielleicht brachte er doch noch ein gutes Zeugnis
nach seinen Schuljahren heim?
Viel zu schnell gingen für Richard die schönen
Ferienwochen dahin, und die Schulzeit begann
wieder. Da kam am Tage vor Schulbeginn ein
Herr mit Richard zu seiner Mutter, und der Herr
sagte freundlich: „Fallen Sie nur nicht auf den
Rücken, liebe Frau. Uns ist es vor einiaen Wo-
chen fast so ergangen. Ihr Sohn, der Richard,
war bis heute bei uns an der Lesebank auf der
Grube. Es war seine Fcrienerholung, weil es
ihm Spaß machte. Als wir ihn einstellten, waren
wir der Meinung, daß er schon aus der Schule
sei. Rach einigen Tagen, als er die Karte beim
Arbeitsamt holen sollte, verriet er uns, daß er
nur Ferien habe. Wir, wie das Arbeitsamt, mit
dem wir uns in Verbindung setzten, haben ein
Auge zugedrückt, denn ob so ein wackerer kleiner
Kerl mit auf's Land fährt, um bei der Ernte zu
helfen, oder ob er seine Freude an der Lesebank
findet, ist schließlich gleich. Arbeit, die Freude
macht, ist immer Erholung. Und Freude hat sie
ibm gemacht. Ihnen wohl auch?" Er legte
Richards Lohn auf den Tisch. „Hier haben Sie
den verdienten Lohn Ihres Sohnes. Zweiund-
siebzig Mark, liebe Frau."
Sicher wäre Richards Mutter auf den Rük-
ken gefallen, wenn der Herr sie nicht vorher auf
etwas Besonderes vorbereitet hätte. So etwas?
Rein! War das denn moalick? Aber da lag doch
das schöne Geld. Zweiundsiebzig Mark in ihrer
Lage?
Richards Mutter nahm ibren Jungen in den
Arm und küßte ihm beide Wangen. Fast hätte
sie auch dem Herrn Aufseher beide Backen ge-
küßt, so glücklich war sie. Aber das tat sie doch
nicht, sondern sie drückte dem Herrn warm die
Hand. „Und jetzt...?"
Darüber sei man sich einig, sagte der Herr.
„Ostern kommt Richard aus der Schule, und
dann kommt er zu uns. Er bleibt vorläufig an
der Lesebank, fährt dann in die Grube und kann
die Bergschule besuchen. Dann wird er Steiger,
und wenn er so weiter macht, wird er es be-
stimmt zu etwas bringen. Du hast doch Lust,
Richard?"
Hätte einer nicht Lust haben sollen? Wozu
noch viel Worte. Richards Mutter ließ die Eier
holen, die sie nicht hatte einkaufen können, weil
ihr das Geld fehlte, und die Flasche Wein zu
diesem Freudenmahl stiftete der Herr Aufseher.
Wie da geschmaust wurde, will ich nicht erzählen.
Mahnung
Greif an. pack zu,
Ohn Rast und Ruhl
Wer wird denn töricht gaffen,
Wenn andre kraftvoll schaffen?
Nur Mut und Fleiß
Gebührt ein Preis!
Wer Lastern froh begegnet,
Wird nie mit Glück gesegnet!
Dem Volk dein Herz
Treu immerwärts!
In Freud und Leid kein Wanken.
In Heimatliebe ranken.
Wort stolz und wahr,
Tat frei und klar!
Und sieh, im Zeitenrinnen
Wirst du dein Ziel gewinnen.
Adam Lorsong.
173
Tüte / Von Richard Euringer
Das hatte sich so herausgebildet, seit „der
rote Fritz" mit den andern, Polen und Deut-
schen, vor Flöz sieben im Gedinge stand: jede
Anordnung, jede Vorsichtsmaßregel wurde
durchgehechelt, als Schikane ausgelegt, lächer-
lich gemacht. Jedesmal, wenn ein Beamter sein
Revier befuhr, zwinkerten ihm hämische Bemer-
kungen und Gehässigkeiten nach, deren harm-
loseste besagte, die Herren wüßten nicht, wie sie
ihre Schicht absitzen sollten ohne ihre Kurzweil,
den Bergmann anzuraunzen.
Die Meinung der übrigen Hauer fiel gegen
die des Hetzers nicht ins Gewicht: dem und jenem
schmeichelte im Grund der rüde Ton, auch
strengte sie das Reden bei der lauten Arbeit an.
So brummten sie wohl ihre Zustimmung, nickten
oder schmunzelten. Meist aber verbissen sie sich
in eine stille, lastende Verdrosienheit, die be-
klemmender auf ihr Tagwerk drückte als das
Hangende in gedrückter Strebe, und den Frieden
ihrer Arbeit lästiger bedrängte als die Hast um
den Effekt. Manchmal staunten sie den unver-
frorenen Bengel an, der, nackt bis zum Leder-
gurt, aussah, als vermöchte er ohne Schalhölzer
und Stempel mit Arm und Nacken das Gebirge
aufzufangen, wenn er so mit glattrasiertem Kopf
und scharfer Hakennase Steiger und Inspektor
provozierte, dann jedoch verdroß sie wieder seine
durchsichtige Streberei nach Gewerkschafts-
würden, sein frivoles Gotteslästern und die
offene Verachtung alles dessen, was ihnen am
Ende doch vielleicht noch heilig war. Vollends
aber empörte sich der Arbeiter in ihnen, die ehr-
liche Arbeitsseele, gegen seine Unzuverlässigkeit
innerhalb der kleinen Werkgemeinschaft, die
doch schließlich auf Gedeihen und Verderb in-
einandergreifen mußte, sollte keiner Schaden
leiden. Fritz verfuhr nach Laune. Wenn ihn ein-
mal die Werkwut überfiel, fuhrwerkte er wie ein
Tobsüchtiger mit dem Abbauhammer in die
Kohle, ohrfeigte den Schlepperjungen, der nicht
flott genug mit seinem Hund hantierte, über-
donnerte mit wilden Sängen das Gepolter in
der Schüttelrutsche. Ganz besonders tat er sich
hervor beim Versetzen abgebauter Strecken, doch
der Eifer dauerte nicht lang. Dann warf er den
andern den Klumpatsch hin, zog sich zurück, und
erholte sich hinter irgend einer Deckung gegen
Sicht von seiner Leistung. Verkrümmelte sich
wider Regel und Verbot, und wußte, daß die
Kameraden keine Klage wagen würden. Viel-
leicht biß er in sein Butterbrot. Vielleicht über-
ließ er sich einem kleinen Schläfchen. Hinterm
Wettertuch, zum Beispiel.
Dann häutete er sich gleichsam: der sprung-
bereit zynische Ausdruck seiner Augen wich einer
dösigen Schläfrigkeit, jener namenlosen Dösig-
keit, der alles grenzenlos „egal" ist, was etwa
aus diesen Leuten würde, was aus dieser Arbeit,
was aus dieser Grube, was aus all den schönen
Reden und Programmen. Ja, selbst aus den
zweibeinigen Amüsiermädchen, die ihm von dem
Geld vorstreckten, das seine Freunde ihnen
schenkten, wenn sie — meist zu dritt, zu t»icrt —
morgens mit dem Auto in die Stadt zurück-
kutschierten. Fritz kam nicht viel zum Schlafen
zwischen Schicht und Schicht! Da tat solch
bißchen Pennen wohl. Das gleichförmige Rum-
peln der Wagen, das Gerüttel der Rutschen, das
Gesumm der Lutten, die gedämpfte Düsternis:
alles suste wohlig in Schlummer, und Fritz vor
allen kannte die Versuchung, die den Bergmann
manchmal ankömmt, hier unten in der Teufe den
alten Adam auszustrecken, alles zu vergessen und
ein paar Millionen Jahre auszuruhen wie dir
versunkenen Wälder, eh ihr verkohltes Mark
in der Förderschale wieder auf zum Lichte
steigt...
Doch, je selbstvergessener sich schlafen ließ in
der süßlich faden Grubenluft, desto strenger war
der Belegschaft solch eigenmächtige Absonderung
untersagt. Matte Wetter, die sich an der Sohle
verhockten, mochten, ungeahnter als er es ge-
dacht, den Schlaftrunkenen betäuben, und das
Lebenslichtlein des Betäubten sticken ... Zwei-
mal dieserhalb gerieten der rote Fritz und Steige:
Troyhues aneinander.
Schließlich sei es seine Sache, trumpftc
Fritz auf, was er schaffe, da er im Gedinge stehe.
Troyhues wies auf das Verbot. Für den Wieder-
holungsfall drohte er ihm Strafe an.
Damit war, was nur durch den Friedens-
willen Troyhues bisher vermieden worden war:
der Zusammenstoß der beiden, kaum noch eine
Frage der Zeit. Fritzens Kampflust sah ihr Ziel.
Fortan knisterte es, wenn sich ihre Pfade
kreuzten.
Troyhues wurzelte im Kohlberg. Nicht viel
älter als Fritz, hatte er den ersten Schacht der
neuen Schachtanlage mit niedergebracht; unter
den ersten war er mit angefahren als blutjunger
Schlepper. Das Schicksal dieser Sohlen, Richt-
strecken und Ouerschläge war sein Schicksal.
Tausende von diesen Stempeln hatte er gestellt,
Abertausende von diesen Spitzen eingezogen.
174
Nichts war gewesen, alles geworden, auch unter
seiner Hand. Im Kampf mit Störungen und
Stürzen hatte sich, von Flöz zu Flöz, der Wille
dieses Reich erobert und gebaut, diese wunder-
bare Unterwelt unerschöpfter Schätze voll Ge-
fahr. Dreizehn Jahre hatten sie abgeteuft und
abgebaut an den sechsundzwanzig Kilometern
unter Tag bis an die Fünfhundertsechzig-Meter-
Teufe dieser dritten Sohle, dreizehn Jahre wirt-
schaftlicher Krisen, politischer Bedrängnis und so
mancher Katastrophe. Zwischen Schicht und
Schicht hatte er, der schlichte Bergmann mit dem
blonden Schuppe! und blaugrauen Augen, die
Schule besucht und es zum Steiger gebracht.
Heute dachte er daran, sich den Hausstand ein-
zurichten. Und wer weiß, wie weit es einer seiner
Söhne bringen würde; noch versiegt die Kohle
nicht! Sein Vater, jung gewesen, alt geworden
mit den Gründern dieser Gruben, nun ein stiller
Pensionär, hatte unter böseren Verhältnissen ein
Menschenleben treu gedient. Nun sah er sich be-
lohnt in seinem Sohn. Und nun sah der Sohn
sich vor die Wahl gestellt, sich dem Hasser aus-
zuliefern oder seine Pflicht nicht mehr zu tun.
Er vermied es, Fritz persönlich anzusprechen,
mied das Ort, so gut es ging. Aber Fritz selbst
hängte sich ihm an. Jeden Schuß begleitete er
mit gemünzten Phrasen, jede Vorsichtsmaß-
nahme mit der freundlichen Beteuerung, sie, die
Bergleute, seien nicht so ängstlich...! Immer
hielt er eine Frage in Bereitschaft, irgend eine
harmlose nette Frage, den Herrn Steiger zu
blamieren.
Diesmal drehte sich das Ding um das Ge-
leucht. Warum tragen eigentlich die Herren
andere Lampen als die Arbeiter?
Nun: sie tragen Wetterlampen, weil sie die
Verantwortung für die Wetter tragen.
„Früher", sagte Troyhues, „als ich Hauer
war, trugen wir allsamt Wetterlampen, gaben
sie jedoch gern ab, als die elektrischen aufkamen.
Sie sind leichter, handlicher, sie brennen nicht
hoch, sie werden nicht heiß, sie leuchten in jeder
Lage. Und sie explodieren nicht. Insofern sind
sie sogar sicherer."
„... daher der Name „Sicherheits-" für
eure Lampen!" zwinkerte der rote Fntz.
„Sie sichern die Belegschaft", sagte Troy-
hues; „übrigens steht wohl nichts im Wege,
wenn ihr Wetterlampcn fasten wollt. Vis da-
hin ..." Damit hackte er sein Geleucht aus,
nahm Fritzens Batterie an sich und wandte sich
zum Gehen.
„Steiger Fritz?" schrie Fritz; „ich danke. Kein
Bedarf. Kumpel unter Kumpel. Klastenbe-
wußtes Proletariat. Ich tausche mit keinem. Ich
nicht. Mit euch nicht. Noch nicht mal die Lampe."
Troyhues gab keine Antwort mehr.
Fritz hielt hinter ihm drein. Großsprecherisch,
den Stollen entlang. Außer Sicht der Leute.
Da blieb der Steiger stehen, wandte sich um,
hielt den nackten Blick aus, während Fritz sich
seine Lampe griff, und sagte:
„Fritz, die bösesten der Wetter vergiften
unsere Grubenluft nicht so tödlich als ein bißchen
böser Wille. — Friede! Fritz! An mir soll es
nicht fehlen."
„Haß ist Pflicht", warf der Hauer hin, kehrte,
überließ dem Steiger zu ergänzen, daß es wahr-
lich mühsamer und undankbarer sei, das Revier
von Schlagwörtern als von Schlagwettern zu
säubern.
Fritz kam nicht von Ort zurück. Den Kame-
raden fiel es entweder nicht auf oder sie beredeten
es nicht. Vielleicht war der Inspektor dazwischen
gefahren, hatte ihn heimgeschickt. Vielleicht
drückte er sich auch nur irgendwo herum. Seine
Extratouren kannte man. Vielleicht atmeten sie
auf, ihn eine Weile loszusein? Die Bohrer
knirschten, die Rutsche rumpelte, die Hunde roll-
ten ab. So müßte es immer sein! Friede vor Ort.
Aber als Troyhues nach dritthalb Stunden
ausführen ließ, fehlte der Mann. Sofort or-
ganisierte er die Nachforschung. Ein paar Leute
murrten über die Verzögerung, schielten nach
Troyhues' Gesicht: .wußte er mehr als sie? War
etwas vorgefallen?
Sie hätten schwören mögen, daß Fritz aus-
gefahren sei. Aber als sich Rock und Henrd fan-
den, hangend am Firstverzug, setzten sie sich ein.
Der Bergmann in ihnen wachte auf, tat seine
Pflicht, tat mehr als seine Pflicht.
Hinter jeden Hund krochen sie, zwischen
Kohlenstoß und Bergen, riefen, klopften, lausch-
ten sie nach ihm. Von Ort zu Ort, von Strebe
zu Strebe: nichts. Rufen, Klopfen und Signale
blieben unerwidert. Nirgends Leben, nirgends
Laut, nirgends Licht und Leuchte...
Troyhues suchte die Stelle ab, wo er Fritz
verlasten hatte. Nichts. War er am Ende doch
ausgefahren?
Troyhues kroch von Strebe zu Strebe. Da,
plötzlich blackerte sein Geleucht, stickte und erlosch.
Vorsichtig rieb er es neu an; wieder blackerte
es nur, stickte und erlosch. Matte Wetter.
Trotzdem rutschte Troyhues weiter, in tiefer
Dunkelheit. Schwer atmend. Minuten.
Nichts.
Da wandte er, und nun traf ihn unerwartet
vom Versatz her Lichtschein.
Leute. Nun, er rief sie an. Keine Antwort
kam zurück.
175
Eilig kroch er zu, schob sich an die Lampe...
Wie!?: die Lampe eines Menschen, der, halb-
nackt, dicht unters Hangende gestreckt, sich aus
seinem Mittagsschläfchen in den Tod geschlafen.
Troyhues tastete beklommen nach der kalten
Brust. Spürte keinen Pulsschlag auf. Entsetzte
sich. Einen Augenblick lähmte ihn die trostlose
Versuchung, sich wie dieser Hinzubreiten und zu
schweigen. Dann, den Blick am Lichtschein
labend, rebellierte sein Gehirn gegen soviel Iro-
nie, daß solch bißchen Lampenlicht eines Men-
schen Lebenslicht beschämen sollte.
Schreiend alarmierte er, zog Hilfe nach, raffte
sich zusammen. Mühselig und keuchend schlepp-
ten sie den reglos schweren Körper aus dem
düsteren Engnis. Klatschnaß geschwitzt erreichten
sie die Sohle, kämpften um die Rettung.
„Nutzlos", gaben sie erschöpft die Hoffnung
auf. Leblos sank die Hand zurück. Aber Troy-
hues setzte, ob ihm selbst der Schädel platzen j
wollte, die Versuche ohne Unterbrechung fort. '
Auf der Fahrt zum Füllort schlug denn Fritz die
Augen auf, suchte etwas, gähnte, griff sich nach j
der Schulter, die durch den Transport zer-
schunden war, lehnte sich in Troyhues' Arm zu- j
rück, taumelte ein wenig, sagte:
„Sie?... Können mich ja nun bestrafen,
Steiger."
Troyhues fühlte nur, wie wieder Wärme durch
den Körper floß. Das Gesicht verfiel.
„Hättet ihr mich ruhig krepieren lasten",
machte Fritz sich frei; „ich dank euch nicht."
„Danken Sie der Lampe", sagte Troyhues,
„Und dem Glück, daß wir nicht tauschten. Das
erloschene Geleucht hätt' dem Weg nicht vor-
gebuchter."
Fritz wich müde aus. Kleinlauter als seine
Act war.
Knurwelpitts Krischann hat heute seinen guten Tag
Von C. Schumann
Da ist kein Mensch, der ihm seine rosige Laune ab-
kaufen kann. Nicht einmal seine Alte. Und das will
schon viel heißen, mit ihrem ewigen Geknutter und ihrer
immerwährenden „Kramätschelerei". Die ganze Zeit
über hat's geregnet, oder es war doch wenigstens immer
trüb und kalt und heute an seiner „Paßtour", seinem
freien Tag, da scheint mit einemmal die Frühlingssonne
so lieblich und warm, wie noch selten. Er zieht also
seinen „sunndahsne Bändel" an, steckt vorsorglich seinen
„Sauzand" in den rechten und den „Sanktwenneler"
in die linke Bandeltasche, denn nach der „ellert" er und
wenn er die vermissen sollte, würde ihm „'s Geimche
abfalle"; geht zum Bahnhof, löst sich eine Fahrkarte
nach der Stadt, steigt ein, hat's „gutt getoobt", denn
er sitzt allein im Abteil und ist mit sich und der Welt
zufrieden. Wegen ihm kann's losgehen. Er schaut ein-
mal zum Fenster hinaus, richtig! — da steht der „Mann
mel der rot Kapp" schon fertig zum Winken auf dem
Bahnsteig. Gott sei Dank, so kann er allein und un-
gestört seinen „Klowe raache!" Nimmt ihn aus der
Tasche, macht's Mesier auf und bohrt erst mal den
alten „Booze" raus, wie sich das für einen altgelernten
echten Raucher schickt, klopft den Dreck vorsorglich unter
der Bank an den Röhren aus und will eben seinen
„Schtrolle" aus der andern Tasche langen, da wird
urplötzlich noch die Abteiltüre aufgerisien, und eine
„Dame" steigt eiligst und kurzatmend ein, setzt sich ihm
gegenüber auf die Bank, kramt hastig in ihrer Hand-
tasche rum, entnimmt ihr allerlei Döschen und „so Ge-
dinges", nebst einem winzigen Handspiegel und fängt
an ihre „Fisaasch" zu bemalen. Verwundert betrachtet
sich der Krischann dieses inbrünstige Geschehen, schüttelt
auch wohl den Kopf. Aber, was geht's ihn an. Nur:
seine Alte müßte das sein! Herrgott noch mal! Den
Leibriemen würde er........ Aber nicht so knapp!
Doch dann schneidet er seelenruhig von seinem Sankr-
wenneler sich einige Scheiben ab, „riwwelt" sie mit viel
Sachverständnis zwischen den Handballen, stopft seinen
Kloben, langt in die Tasche nach seinem Feuerzeug,
Stahl, Stein und Zunder, — er ist noch von der alten
Sorte, es kann auch einer sagen, was er will: so
„schmackts" immer noch am besten.
Der Zunder scheint der „Dame" unangenehm in ihn
weiß gepuderte Nase zu steigen, denn sie rümpft sie sehr
bemerkbar. Das geniert aber den Krischann sehr wenig,
gelasien drückt er den Schwamm auf den Tabak und
zieht, wie einer, der mit Genuß und im „Schtrolle-
raache kennig" ist, eben zieht. Aber auch die Rase der
Dame zieht, zieht ganz gehörig, schnauft sogar schon.
„Sie", sagt sie empört, und man merkt ihrem „Hoch-
deitsch met Schtriefen drein" an, daß sie „nit vunn weil
her iß" — „Sie, ich kann daß Raache nicht vertrage.
Besunnerscht nicht die Kloben! Verstehnse mich?"
„Mo", macht der Krischann in aller Seelenruhe, „mo,
dann hugge se sich in e anner Kupee, ich fange setzt
erscht segutz ahn! Verschtehnse mich?"
Die Dame rutscht in Erregung schwersten und aller-
schwersten Kalibers von einer Seite zur anderen, wirf!
Blicke, spitz wie ein Bajonett, auf unseren Freund und
sprudelt ihm ins Gesicht: „Sie, Sie, wann Sie mein
Mann wären, Gift gäb ich Ihne! Verschtehnse? —
Gift! — Gift!"
Worauf der Krischann ein paar tüchtige Züge aus
seiner Pfeife pafft und ihr antwortet: „Sie — Und
wann Sie mei Fraa wäre, daß Gift dät ich nemme!"
Worauf die „Dame" entrüstet ihre „siwwegebacknr
Biere" aufnimmt und eiligst sich in ein anderes Abteil
verfügt.
176
Der Knickerich / u» »°m seb«,
Es gibt ein Sprichwort, das weit im Lande herum-
läuft und besten treffenden Beweis man oft am eigenen
Leibe — oder bester am eigenen Geldbeutel — verspürt,
entweder so oder so. Eigentlich ist es gar kein Sprich-
wort, sondern ein Reklamespruch für eine ganz bestimmte
Zigarettensorte, ein treffender Reklamespruch: „Die
billigsten Zigaretten sind die geschnorrten, am zweit-
billigsten sind die Job!"
Oft wird sa behauptet, daß sehr viele Anpreisungen
nicht den Tatsachen entsprechen. Hier aber müssen wir
doch feststellen, daß dieses kleine Sprüchlein hundert-
prozentig den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Wie-
viel Zigaretten werden nicht den Tag über und auch in
der Nacht, durch Wochen und Monde und Jahre hin-
durch geschnorrt. Sie sind natürlich für den Käufer nicht
billiger als jede andere Zigarette, aber für den „Schnor-
rer" die billigsten auf der ganzen Welt.
Es soll beileibe nichts gegen eine natürliche Gebe-
freundschaft gesagt werden, auch nichts über eine gute
Kameradschaft, aber es gibt da Zeitgenossen, die den
ganzen Tag paffen wie ein Schlot und doch selten einen
Pfennig für Zigaretten ausgegeben haben, zu Hause aber
einen Pfennig um den andern und eine Mark um die
andere in den Strumpf stopfen. Wenn er dann prall
und immer praller wird, freuen sie sich noch diebisch dar-
über, daß sie die Gutmütigkeit und Gebefreundschaft
eines Kameraden so fein für ihren eigenen Vorteil aus-
zunützen wußten.
Der Hannes — na, nennen wir ihn Dingspeter aus
Dingskirchen da — war auch einer von diesen würdigen
Zeitgenossen. Seine Kameraden nannten ihn nur den
„Knickerich", und das beweist, daß sie ihn ziemlich gut
erkannt hatten. Der Knickerich wird natürlich diesen
Anwurf mit der Behauptung entkräftigen wollen, daß er
ja gar keine Zigaretten rauche. Und da müssen wir den
Hannes auch voll und ganz in Schutz nehmen: er rauchte
wirklich keine Zigaretten, nicht weil er das Rauchen von
Zigaretten aus irgendwelchen Gründen ablehnte, sondern
weil er keine Zigaretten vertrug. Aber für eine Pfeife
guten Tabaks oder gar eine Zigarre war der Hannes
immer zu haben.
Und es gab da noch eine ganze Reihe von Dingen, die
der Hannes schätzte und achtete und immer wieder ver-
suchte, in ihren Genuß zu kommen, ohne einen Pfennig
dafür auszugeben. Da war vor allem die Sache mit
den Geißen des P r i n z e n j a k o b. Wir müssen schon
etwas weiter ausgreifen, um verständlich zu werden. Der
Prinzenjakob, ein Arbeitskamerad des Hannes, hakte zwei
Geißen, der Hannes selbst aber nur eine. Der Hannes
führte die seine abends hinter den Bahndamm neben das
Kleestück des Bürgermeisters, der Jakob band die seinen
hinter seinem Häuschen auf der mageren Wiese an, da-
mit sie sich an dem saftlosen Grase dort gütlich tun sollten.
Da erbot sich eines Tages der Hannes, die zwei Geißen
des Jakob mit an den Bahndamm zu nehmen.
„Weschde, Jakob, do schnappe s'e als e mol e Maul
voll vun demm safdische Klee, — un das wirschde bald
an dr Millich merke."
12
eines seltsamen Zeitgenossen. Von Karl Konrad
Zuerst war es dem Jakob sehr recht, aber bald merkte
er an der Milch gerade das Gegenteil, nämlich die
Geißen gaben abends immer weniger Milch. Seine
Frau knudderte und lamentierte immer stärker: „Jakob,
unser Geiße werre drugge. Morjens gewwe se jo noch,
awwe ommends faschd garnix meh'"
Der Jakob kratzte sich hinter den Ohren. Was war
da zu machen? Er gab den Geißen die Schuld, die ihren
Geißenpflichten so schlecht nachkamen, bis er eines Abends
den Hannes mit den Geißen hinter dem Bahndamm
herauskommen sah. Der Hannes trug eine Milchkanne
in der Hand und wurde ganz verdattert, als er den
Jakob sah.
„Hannes, was holschde dann die Milchkann uff die
Geißeweid mit", fragte er ihn mißtrauisch.
Der fing an zu schwitzen. „Ei, Jakob, ich Holle mr als
mol e Kann voll Wasser vum Brinnje driwwe mit. Das
soll gudd sin geje Gicht."
„Haschde dann Gicht, Hannes?"
„Ich han so e Gefihl, als ob se bal käm, — un do
will ich mol e bisse vorsorje", sagte der Hannes und
atmete erleichtert auf ob seines guten Einfalls. Der
Prinzenjakob aber halte das Gefühl, daß der Hannes
ihm seine Geißen gemolken habe und nun die Milch in
seiner Kanne nach Hause trug. Er sorgte in Zukunft auch
vor und band am nächsten Abend seine Geißen wieder
auf seiner mageren Wiese an, — und siehe da, die Geißen
erinnerten sich wieder an ihre Geißenpflichten und gaben
trotz des mangelnden maulvolls saftigen Klee auch am
Abend ihr gewohntes Quantum Milch.
„Der lumpiche Hannes", sagte seine Frau, „der hat
sicher....."
„Sei ruhich, Barwel", unterbrach der Jakob sofort
den einsetzenden Redestrom, „was BeweiskräfticheS weiß
man nicht — un wenn man etwas gewisses nicht weiß, do
halt mr besser das Maul."
Aber da waren auch noch andere Dinge, die den
Namen „Knickerich" nur allzu berechtigt erscheinen ließen.
Der Hannes hämmerte und zimmerte nach der Schicht
wie das Meister Hämmerlein dazumal, sägte und hobelte,
ohne sich je ein Stück Werkzeug angeschafft zu haben.
Böse Zungen behaupteten, daß der Hannes sich schon
einen schönen eigenen Bestand von Werkzeug im Laufe
der Jahre zusammengepumpt habe. Es sei wie es sei,
der Hannes hatte alles, vom Hammer angefangen bis
zum feinsten Schmirgel- und Schleifstein. Er fuhr seinen
Mist aufs Feld und seine Ernte wieder heim, ohne je
einen Wagen als Eigentum besessen zu haben, — und
da fällt mir jener Witz ein von der Frau, die zu ihrer
Nachbarin lief: „Bas Katt, kann ich mol mei Faß-
nachtskichelcher in Eierm Fett backe, ihr dirfe ach mol
Eier Fleisch in meiner Supp koche". So war ungefähr
der Knickerich, — und es ging ihm gut dabei. Sein
Sparkassenbuch wurde immer voller, ohne daß der Han-
nes sich etwas von den Annehmlichkeiten dieser Welt ab-
gehen ließ. Wurde er zu einer Runde in das Wirts-
haus geladen, so lief er, daß er bald die Schlappen
verlor. Sollte er aber einmal aus Kameradschaft mit-
17?
gehen und sein Bier aus eigenem Beutel bezahlen, dann
verrrug er plötzlich das kalte Bier nicht, bekam Herz-
krämpfe davon oder hatte hundert andere Ausreden.
Und so war es auch mit dem Tabak und dem Schnaps.
C> ja, da war der Hannes stets dabei, wenn es galt,
einen guten Schluck aus der Flasche eines Arbeitskame-
raden zu nehmen, bis ihn einer einmal tüchtig hineinlegte.
Der schlimmste Feind des Hannes war der Kohlen-
staub, denn der kratzte ihn so im Halse. Kaum war er
drunten vor dem Stoß, so spürte er schon dieses Kratzen
im Halse. Gleich wandte er sich an den neben ihm
stehenden Schorsch mit Stentorstimme.
„Lang mr mol bei Buddel her. Und dann tat der
Hannes stets aus der Flasche seines Arbeitskameraden
einen erhebenden Zug, so daß dem Flaschenbcsitzer oft
nichts übrig blieb als eine leere Flasche, ein Kaffeeblech
oder sonst ein Trinkgefäß. Viele zogen aus dem Ver-
halten des Hannes den naturnotwendigen Schluß und
knudderten etwas in den Bart, wenn er mit seinem
„Lang mr mol die Buddel her, die meine is schun Widder
leer" anfing. Sie reichten ihm meist die Buddel nicht.
Doch fand er immer wieder einen Dummen, die bekannt-
lich ja nicht alle werden, bis er es endlich doch zu bunt
trieb. Da steckten verschiedene die Köpfe zusammen und
tuschelten. Das Ergebnis war.... doch greifen wir den
Tatsachen nicht voraus.
Als der Hannes am nächsten Tage wieder begann:
„Lang mr mol bei Buddel her", — da halte er noch
nicht sein Sprüchlein ausgesagt, so streckte ihm einer
seiner Kameraden schon sein Kaffeeblcch hin: „Da,
Hannes, awwer verschluck dich nit!"
Die allzugroße Bereitwilligkeit und die wörtliche War-
nung härten den Hannes eigentlich schon stutzig machen
müsien, aber dieser beschloß gerade wegen der Warnung
einen tüchtigen Streifen wegzuziehen. Es kluckerte rich-
tig, — dann riß der Hannes das Kaffeblech vom Mund,
ein Schütteln lief ihm über den Rücken und er starrte
mit fast entsetzten Augen den gütigen Spender an.
„Wa-wa-was haschde dann in deinem Kaffeeblcch
gehadd", stotterte er.
„Was soll ich drin Han. — Quetscheschnaps mit e
bisse Kaffee drin", sagte der ruhig und nahm dem ver-
dutzten Hannes das Kaffeeblech aus der Hand.
Der Hannes prustete noch einmal, schüttelte sich und
jagte dann langsam: „Es had jo so komisch geschmeckt".
Er traute dem Frieden noch nicht und fragte wieder:
„War's wirklich Schnaps?"
„Allemol", sagte der andere.
Da griff der Hannes nach seinem Pickel und fing an
zu schaffen. Rach ein paar Stunden aber fing es ihm
im Leib an zu rumoren, daß ihm sogleich ein neuer Ver-
dacht aufstieg. „War's wirklich nur Kaffee im Schnaps?"
Trotz der neuerlichem Beteuerung mußte der Hannes
doch vor Schicht ausführen. Er kam auch den nächsten
und übernächsten Tag nicht, — und als er nach fünf
Tagen zum ersten Male wieder anfuhr, da sah er aus
wie's Leiden Christi.
„Na, Hannes, ist dir der Schnaps nit bekumm?"
fragten dke andern scheinheilig. Was hat dr dann ge-
fehlt?"
Der Hannes zog es vor, keine Antwort zu geben. Als
ihm einer einen Schnaps anbot, lehnte er dankend, aber
bestimmt ab. Er wollte sich nicht der Gefahr einer noch-
maligen und ganz verteufelten „Diarrhöe", was auf
deutsch Durchfall heißt, aussetzen. Und nun überboten
sich seine Kameraden selbst und versuchten ihm ihre
Flaschen und Kaffeebleche aufzudrängen. Der Hannes
aber blieb hart wie der eiserne Landgraf.
Nur eine Sache war noch, die mit dem Tabaksbeutel.
Der Hannes versuchte sich nun an den Tabaksbeutel der
andern schadlos zu halten, was er durch seine Hart-
näckigkeit den Flaschen gegenüber verlor. Aber das sollte
auch anders kommen. An einem Zahltag luden sie ihn zu
einer Runde ins Wirtshaus. Der Hannes beeilte sich, die-
ser freundlichen Einladung nachzukommen. Und wie sie da
zusammcnsaßen, fragte er bald diesen, bald jenen nach
einer Pfeife voll Tabak. Alle hielten die Taschen zu. Nur
oben am Tische hatte einer seinen Beutel liegen.
Der Hannes dies sehen und hinauflangen war eins.
Schon hatte er seine Pfeife aus der Tasche und stopfte
ruhig hinein, was nur hineingehen wollte, sagte dann,
als er fast fertig war, in aller Gemütlichkeit: „Du haschd
jo nix degeje, wenn ich mr mol e Peif Tuwack schdoppe".
Der andere stemmte die Arme auf den Tisch. „Jetzt
kann ich jo nix meh' degeje Han. Du haschd ne jo
schun! Er is awer e bisse schwer".
Der Hannes paffte schon drauf los und als der
andere das mit dem schweren Tabak sagte, entgegnete er
ibm: „Das ban ich mr a gedacht, awwer gudd is' r. —
De Hannes verdrahd jeder Tuwack", sagte er stolz. Und
als wollte er sein Können unter Beweis stellen, zog ei
mit vollen Zügen, obwohl es ihm bei jedem Zug rau-
licher und raulicher wurde. Am Ende sah er wie ein
wandelnder Leichnam aus, ging hinaus in den Hof und
entschwand dann still und leise. Nach Tagen erst tauchte
er wieder auf.
Sofort hänselten ihn die andern. „Hannes, mit dir
gehts de Berch enunner. Du verdrahschd iwwerhaupt ich
meh! Drei Bier werfe dich schun."
Dem Hannes lief wieder ein Schütteln über den
Rücken, aber erjagte nichts. Erst nach der Schicht zog er
den gütigen Spender des Tabaks bei Seite und tuschelte
ihm ins Ohr: „Ich glaab es war vun deinem Tuwack".
Der lachte. Ich han dr's so glei gesaht er is zu
stark vor dich. Awwer du wolschd jo nid Heere."
„Ra jetzt Heere mol uff. Im ganze Saarland gebks
ke Tuwack wo ich nid vcrdrahn."
„Dene haschde awwer nid verdrah!"
„Du mit deine Sprich", sagte der Hannes gekränkt,
was war's dann vor e Tuwack?"
„Sankt Wendeler Strolles", sagte der andere gelasien,
„awwer weil mr der zu leicht is, han ich noch e bisse Se-
gras un noch e paar annere Sächelcher drunner gemischt".
Hannes sah seinen Kameraden mit stieren Augen an,
gerade so wie damals, als er den Schnaps mit Rizinusöl
getrunken hatte. Dann wandte er sich um und schwankte
davon. Er hak von seinen Kameraden keinen Schnaps
mehr getrunken und keinen Tabak mehr geraucht. Auch
sonst ist er vorsichtiger geworden mit dem Pumpen.
,^De Knickerich" hieß er aber Zeit seines Lebens.
Set §Üfti)alter / Von Hans Rieban
Viele Leute stehen im Kaufhaus Balke und warten,
daß sie dran kommen. Sie warten schon lange, denn Frau
Amanderich kauft ein, und das ist keine Kleinigkeit.
Herrn Balke senior stehen die Schweißperlen auf der
Stirn, als er endlich, in Reichsmark und in Punkten,
zur Abrechnung kommt. Schwupp macht die Schere, und
10 Punkte sind abgeschnitten. Frau Amanderich schreit
auf, als wenn ihr ein glühender Spieß in den Rücken
gedrungen sei. „Wie?" ruft sie, „Zehn Punkte für einen
Hüfthalter?! Vor vierzehn Tagen habe ich noch ..."
„Es ist schon so richtig", lächelt Herr Balke, „auf der
alten Kleiderkarte kostete ein Hüfthalter acht Punkte,
auf der neuen dagegen zehn." Frau Amanderich holt, so
des sie nur kann, Luft, und dann legt sie los. So dumm
wäre sie nicht, oh nein. Auch vor zwei Wochen habe sie
bereits die neue Kleiderkarte benutzt und hat man ihr
nicht acht Punkte für einen Hüfthalter abgeschnitten?
Man hat! Und wo denn da die Gerechtigkeit bliebe!"
„Wieso?" fragt Herr Balke, als Frau Amanderich,
den Naturgesetzen folgend, einmal Luft holen muß, „wo
haben Sie denn den Hüfthalter gekauft?"
„Bei Ihnen!" ruft Frau Amanderich, „was sagen Sie
nun?"
Herr Balke sagt zunächst gar nichts. Er steht da und
guckt halb ungläubig, halb betroffen. Sollte einer seiner
Angestellten sich geirrt haben? „War es wirklich bei
mir?" flüstert er schließlich, und sein Gesicht ist ein ein-
ziges Fragezeichen.
„Bei Ihneni Für acht Punkte!" wiederholt Frau
Amanderich und hebt die rechte Hand wie zum Schwur,
„oder glauben Sie etwa, daß ich lüge?"
„Aber gnädige Frau!" sagt Herr Balke, „selbstver-
ständlich glaube ich Ihnen aufs Wort, und selbstver-
ständlich soll Ihnen Gerechtigkeit widerfahren."
Dann nimmt er die Schere und schneidet, schwupp!,
zwei weitere Punkte ab.
Ausflug von einem Müttererholungsheim auf dem Scharmützelsee im Gau Kurmark.
NSV-Reichsbildarchlv
12*
179
Strafe mutz sein
Arthur F ö l l m e r.
In Frankreich war es, wo sich folgendes zutrug. Als
wir in das kleine Städtchen einrückten, stellten wir her-
nach fest, daß hier alle Nationalitäten vertreten waren,
vor allem die Juden schienen sich hier ein Stelldichein
geben zu wollen.
Zwei Tage später schritt ich durch die Straßen der
Stadt. Die Sonne schien hell vom Hummel herunter,, es
war eine Lust, das Wetter zu genießen.
Durch mehrere Straßen war ich bereits gegangen. Da
Hörle ich plötzlich ein lautes Geschrei und ich eilte, um
ein etwaiges Unglück zu verhüten. Aber was ich da sah,
lockte mir doch ein Lächeln ab. Unser kleiner Kaiser,
Bursche unseres Oberleutnants, hatte sich einen Juden
zwischen die Knie geklemmt und verdrosch ihn nach Strich
und Faden.
Der Jude jammerte und schrie: „Här, ick hab' nicks
getan dir!"
„Was!" schrie der kleine Kaiser, „du hast nichts ge-
tan? Ihr Juden habt doch Jesus ans Kreuz geschlagen,
nicht wahr?"
Der Jude jammerte: „Dem stimmt wohl, liber Här,
aber —" „Na und? Was willst du denn noch?" schrie
der kleine Kaiser und drischt ruhig w^ter.
Der Jude stöhnt: „Dem ist aber schon iber neunzehn-
hundert Jahre her!"
„Das ist mir gleich", fährt Kaiser mit dem Straf-
gericht fort, „ich habe es jedenfalls erst heute morgen
erfahren!"
Die verhexte Mistgabel
Von Robert Schar l.
Ein Ökonom, der zugleich auch Besitzer einer Jagd
war, schickte eines Tages seinen Knecht und seinen Tag-
löbner auf das Feld, um das Heu zu wenden. 2m
Verlauf dieser Arbeit kamen die beiden auf das Militär
zu reden und gerieten schließlich in einen Wortwechsel,
da der Taglöhner bestritt, daß der Knecht je Soldat
gewesen sei.
Da kam er aber an den Unrechten!
Der Knecht suchte nämlich sofort den Zweifler vom
Gegenteil zu überzeugen und begann, ihm mit der Mist-
gabel einige stramme Griffe vorzuklopfen.
Der Taglöhner fand daran Spaß und fing nun an,
mit dem Knecht das Exerzierreglement regelrecht durch-
zugehen.
Währenddem kam der Ökonom von der Jagd zurück
und stand in der Nähe der beiden, was von diesen im
Eifer gar nicht bemerkt wurde. AIs er seine Leute so
fleißig arbeiten sah, versteckte er sich in einem nahen
Gebüsch.
Knecht und Taglöhner exerzierten tapfer drauflos.
„Laden!" ertönte jetzt das Kommando des Tag-
löhners.
Prompt ahmte der Knecht mit der Mistgabel die
nötigen Bewegungen und Griffe nach.
„Legt an!" erscholl jetzt der Befehl seitens des Tag-
löhners. Und schon schnellte die Mistgabel an die Wange
des Knechtes.
„Feuer!" brüllte der Taglöhner — — —
2m selben Augenblick gab der im Dickicht versteckte
Ökonom, der den ganzen Vorgang mit Schmunzeln ver-
folgt hatte, mit seinem Gewehr einen Schuß in die
Luft ab.
Die Wirkung war überraschend.
Zitternd stand der Knecht, dem vor Schrecken die
Mistgabel entfallen war, da, während der verdutzte Tag-
löhyer den Erschrockenen fragte: „Ja, Herrschaft, was
hast denn jetza g'macht??"
„2' woaß net", antwortete der noch immer am ganzen
Leib bebende Knecht, „f hab nix's g'macht, dö Mist-
gabel muaß rein von selm losgangen
sein !!"
Berechtigte Warnung
Arthur F ö l lm e r.
Als wir im Vorfeld lagen, es war grimmig kalt,
hatten wir noch mancherlei Arbeiten zu verrichten. Ge-
wiß, der Franzmann wartete jeden Mittag mit seinem
„Mittagskonzert" auf, aber das waren wir schon ge-
wöhnt.
Die Arbeiten wurden ausgeführt; ein „stilles" Örtchen
zu schaffen, war unsere erste Aufgabe.
Und so geschah es, daß unser kleiner Kaiser des öfteren
an dem Häuschen vorüber kam, wenn gerade jemand
darauf saß. Er blieb kopfschüttelnd stehen, ging dann
aber doch weiter.
2n den nächsten Stunden hörte ich ihn nebenan
schaffen. 2ch wollte ihn nicht stören, denn das konnte
er nicht vertragen.
Am nächsten Tage besucht unser Zugführer zuerst das
„stille" Örtchen und war baß erstaunt, als er ein Schild
dort vorfand, darauf zu lesen war: Achtung! Feind hört
mit!
Da wußte ich. warum der kleine Kaiser am Tage vor-
her so sehr beschäftigt war.
180
Klein-Geschichten
___________________>
Die Bakterienkultur
Die Uhr schlug am Morgen die zehnte Stunde, als
sich ein Mann im Unlersuchungsinstitut meldete.
„Wo wollen Sie hin?" fragte der Pförtner scharfen
Blickes, und es sah ganz so aus, als ob er dem Mann
den Eintritt verwehren wollte.
„Ich möchte. . begann der Mann, aber da schrillte
im Pförtnerhaus das Telephon.
„Hallo", sagte Profesior Schneidepriem, „hallo, Herr
Hausmeister, wenn sich ein Mann mit einem Paket mel-
det . . ."
„Ist schon hier", unterbrach der Pförtner diensteifrig
und glättere sein sorgenschweres Angesicht, „der Mann
ist schon hier, Herr Profesior, und ich schicke ihn sofort
zu Ihnen hinauf."
„Sie können passieren", sagte der Hausmeister ntit
einem milden Lächeln. „Sicher wollen Sie doch zu Pro-
sesior Schneidepriem?"
„Allerdings", erwiderte der Mann, nahm vorsichtig
das kleine Paket und schritt durch den nunmehr geöff-
neten Eingang.
„Sieben Gänge geradeaus", erklärte der Pförtner,
„dann dreie links, wieder einen halblang, zwei schräg-
rechts und dann die dritte Tür neben Ihnen!"
„Danke sehr", antwortete der Mann leise und be-
gann seine Wanderung durch die Gangwirrnisie dieses
Hauses. Er hatte anscheinend ausgezeichneten Ortssinn,
denn er fand den Weg, ohne lange zu überlegen, klopfte
an die Tür und stand im Zimmer von Profesior Schneide-
priem. „Herr Profesior", sagte er leise, „ich bringe..."
„Weiß schon", knurrte der
Profesior, „stellen Sie es vor-
sichtig dort auf jenen Tisch."
Der Mann stellte das ein-
gewickelte Paket vorsichtig auf
den bezeichneten Tisch und wollte
gehen. „Halt", rief der Pro-
fesior gütig lächelnd, griff in
die Tasche und zog ein Drei-
markstück heraus. „Mir ist die-
ses Paket sehr viel wert, lieber
Mann, und ich freue mich, daß
Sie es so gut hierhergebracht
haben."
„Bitte sehr", erwiderte der
Mann strahlend, nahm das
Dreimarkstück und verschwand,
so schnell ihn seine Beine rrugen.
Der Profesior saß noch eine
gute halbe Stunde am Tisch, an
dem er gescsien, als der Mann
mit dem Paket kam, dann er-
hob er sich, zog zwei Gummi-
handschuhe über, ergriff mit
aller erdenklichen Vorsicht das
Paket und ging hinüber zu
seinem Kollegen. Der Kollege
sah ihm erwartungsvoll ent-
gegen. „Ich habe", begann der
Profesior, „mir eine neue Ba-
zillenkultur aus dem Labora-
torium bestellt. Sie ist soeben
eingetroffen."
„So", entgegnen der Kollege
und erhob sich, „aber ich finde,
sie ist durchaus unzweckmäßig
verpackt."
„Mitnichten", erwiderte der Profesior unwillig, „ein
Mann brachte dieses Paket mit den Kulturen, ein Mann,
der so aussah, daß ich ihm blindlings Vertrauen schenken
würde."
„Dann will ich nichts gesagt haben", meinte der
Kollege und zog sich ebenfalls Gummihandschuhe über.
Man hält es nicht für möglich, wie behutsam diese berden
Männer die Umhüllungen entfernten und wie sie das
Papier sofort verwahrten. Dann, als die letzte Hülle ge-
fallen war, hielten sie beide buchstäblich den Atem an.
Denn der Harzer Käse, der sich auf dem vergesienen
Frühstücksbrot befand, das die Frau Profesior dem Herrn
Profesior an seine Arbeitsstätte nachsandte, war schon
weit vorgeschritten . . .
181
Nur die Ruhe machis
Schon auf dem Korridor des Amtsgerichtes ging es
los. „Sie Haderlump", schrie der dicke, cholerische Herr
den Mageren an, „was fällt Ihnen ein, mich wegen
Beleidigung zu verklagen?"
„Sie Depp", knirschte der andere und schwang seinen
Krückstock, „Sie lächerlicher Depp wollen noch frech wer-
den?"
„Die Zeugen, bitte sehr", unterbrach die monotone
Stimme des Wachtmeisters den intereffanten Dialog.
„Nun", fragte der Richter milde, „meine Herren, be-
vor wir den Tatbestand erörtern, möchte ich Ihnen nur
sagen, daß so eine Beleidigung im Zorn gesprochen doch
eigentlich gar keine Beleidigung ist. Sehen Sie, meine
Freunde, ich zum Beispiel rege mich grundsätzlich nicht
mehr über Dinge auf, die mir im Zorn gesagt werden.
Nur die Ruhe macht es, meine Herren, nur die Ruhe.
Also nun, Herr Meier, was haben Sie als Kläger jetzt
noch zu sagen?"
Meier, der Magere, nahm noch rasch einen tiefen >
Schluck Luft, dann drehte er sich plötzlich um und schrie:
„Da steht er ja, dieser infamigte Strolch, dieser Male- I
fizkerl . .
„Halt!" donnerte der Richter dazwischen, „was fällt I
Ihnen denn ein, Sie erscheinen hier, um Herrn Schulze
zu verklagen, wegen Beleidigung zu verklagen, und
jetzt werfen Sie ihm selbst die gröbsten Beleidigungen
„Sehen Sie, Herr Richter", knurrte der Dicke da-
zwischen, „sehen Sie, da haben wirs ja! Dieser nieder-
trächtige Hanswurst und Lümmel will mich mal . . ."
„Ruhe", knirschte der Richter, rot vor loderndem Zorn,
„wie können Sie denn zu dem Kläger Hanswurst und
Lümmel sagen, das ist eine schwere Beleidigung, Herr
Schulze!"
„Bravo", brüllte der Meier dagegen, „bravo, Herr
Richter, schwere Beleidigung, so ist es recht. Verknacken
Sie den Schurken zu Zuchthaus, diesen miserabligen
Schweinehund!"
„Zu Zuchthaus", fauchte der Dicke und rückte mit
seinem Krückstock näher an den Richter heran, „zu Zucht-
haus wollen Sie mich verurteilen, Sie Satansbraten!"
„Satansbraten sagen Sie zu mir", röchelte der Rich-
ter, „drei Tage Haft wegen Ungebühr vor Gericht."
„Hahahahahaha", gellte der Magere, „so ists recht
sperren Sie den Kerl nur bin."
„Sie sind nicht gefragt", grollte der Richter.
„Nicht gefragt?" echote der Lange zornig, „ich rede
wann ich will, verstanden?"
Dem Richter schwoll der Zorn bis unter die letzten
Nackenhaare. „Drei Tage Haft wegen Ungebühr eben-
falls" zischte er, „abführen, sofort abführen!"
Als der Justizwachtmeister die beiden Herren zu ihren
Appartements geleitete, erhob sich der Richter im leeren
Saal, knallte dreimal donnernd die Faust auf den Tisch
wischte sich den Zornschweiß von der Stirn und sagte
laut: „Nur die Ruhe macht es, meine Herren!"
Dann waren die Nächsten dran!
Ein Futz vom Teufel
Kam da neulich ein ganz Gescheiter aus der Stadt
ms Dorf. Kroch überall herum, der ganz Gescheite, und
wußte sogar alles Bester als die Bauern, auch wenn er
einen ausgesprochenen Quark davon verstand.
Betritt er da auch das Gasthaus. Trinkt sein Bier
und betrachtet die alten Bilder an den Wänden. Plötzlich
fällt fein Blick auf ein seltsames Gebilde unter Glas.
„Holla", sagt er, „Frau Wirtin, was haben Sie denn
da auf dem Tisch?"
„Das", antwortet die Wirtin und lächelt, „also das
ist ein Teufelsfuß."
„Ein Teufelsfuß?" staunt der Fremde, „so einen
Humbug habt ihr noch hier?"
„Weshalb denn nicht", erwidert der dicke Wirt hinter
der Theke," weshalb soll das denn kein Teufelsfuß sein?"
„Aber", antwortet der aus der Stadt und tritt nähet
heran, „aber sehen Sie denn nicht, daß das der Fuß einer
Kuh ist, Herr Wirt?"
„Stimmt nicht", beharrt der Wirt und schüttelt den
Kopf, „stimmt nicht, mein Herr, es ist ein Fuß vow
Teufel."
„Wie hat", fragte der Fremde und lächelt überlegen,
„also wie hat der Teufel denn ausgesehen, wenn man
fragen darf?"
„Nun", antwortet der Wirt, „wie so ein toter Ge-
meindebulle schon aussieht, den das ganze Dorf wegen
seiner Schwärze und seiner blutunterlaufenen Augen nur
den Teufel nannte . . ."
Das schädlichste Tier
er Schlesier Kühne war
soeben nach Hause gekom-
men. „Ho", sagte er und
schnupperte gegen den Topf
auf dem Tisch, „wcnns
heute nicht mein Leibgericht
gibt, dann will ich Kasimir
heißen."
Frau Kühne hob den
Topfdeckel und lächelte.
„Du sollst nicht Kasimir
heißen", sagte sie, „denn du
hast recht, es gibt tatsächlich Pellkartoffeln mit Hering."
Fritz Kühne lief das Wasier im Mund zusammen.
„Pellkartoffeln und Pellkartoffeln sind Unterschiede",
grinste er, „aber so wie du sie kochst, Marie, macht dir
das keine andere nach, die Dinger sehen ja aus wie aus
Marzipan gebacken."
Das war schon wahr. Der Berg, den sich der
Schlosier Kühne nun auf den Teller legte, war nicht von
schlechten Eltern. „Los Hans", munterte er seinen Zungen
auf, der mit sehnsüchtigen Blicken auf die dampfenden
braunen Dinger blickte, „los Zunge, fang an!"
Die Hausfrau schälte und schälte, aber die beiden
waren fast schneller, da . ■ . natürlich gerade beim Esien
klingelte es.
Der Schlosier hob ärgerlich den Kopf. „Wer kann das
schon wieder sein", knurrte er, „immer gerade, wenn
man beim Esien sitzt."
„Unsere Nachbarin wird auf einen Sprung herüber-
kommen wollen", beschwichtigte ihn die kleine Frau, „sie
hat sich heute was von mir geborgt."
„Die alte He»e . . ." brummte der Hausherr noch,
aber seine Frau öffnete bereits die Korridortür.
„Oh, ich störe wohl", flötete die alte Brachvogel, „Sie
sind wohl eben erst von der Arbeit gekommen?"
„Allerdings", murrte Kühne, aber trotzdem nahm die
alte Klatschbase bereits Platz.
„Tja", sagte sie, „setzt müssen Sie also schon Pell-
kartoffeln esien. So schlimm sieht es mit den Nahrungs-
mitteln aus.
„Pellkartoffeln esien", echote der Schlosier und der
Mund blieb ihm vor Staunen offen stehen, „na hören
Sie mal, ich esie Pellkartoffeln mit Hering für mein
Leben gerne."
Doch die Nachbarin war schon beim nächsten Satz.
„Denken Sie sich", berichtete sie und ihre falschen Äug-
lein glänzten, „denken Sie sich nur, ich habe gut vor-
gesorgt, ich habe dreißig Pfund Mehl und zwanzig Pfund
Reis und Konserven und alles, was man an Lebens-
mitteln sonst noch braucht, in genügender Menge gekauft
und aufgespeichert. Ich werde, wenns länger dauert, be-
stimmt keine Not leiden."
„Halten Sie das eigentlich für anständig", fragte der
Schlosier Kühne und richtete sich am Tisch plötzlich auf.
„Laß doch", bat die Hausfrau und sandte einen bit-
tenden Blick herüber, „laß doch, Fritz." Aber auch Frau
Brachvogel schien zu spüren, daß dieses Thema gefähr-
lich zu werden begannn.
„Nun Kleiner", lenkte sie ab und streichelte dem kleinen
Hans über das Haar, „wie war es denn heute in der
Schule? Was hast du denn heute schönes gelernt?"
„Ich habe gelernt", berichtete der Sohn Hans stolz,
„ich habe gelernt, welches die schädlichsten Tiere sind."
„Nun und", fragte die Brachvogel ölig, „welches ist
denn das schädlichste Tier auf der Welt, mein Zunge?"
„Das", antwortete an Stelle seines Zungen der
Schlosier Kühne mit zornglitzernden Augen, „das schäd-
lichste Tier in Deutschland ist noch immer der verdammte
Hamster, Frau Brachvogel. Verstanden?"
Sie hatte verstanden!
,V)eimai ist in weiterem Sinne unser Vaterland, im engeren der Ort nnserec Ge-
bnrt nnd Kindheit. Das ist snr jeden trenen NTenschen ein köstlicher nnd unver-
lierbarer Besitz, und so selbstverständlich ist dem deutschen Gemüt die Heimatliebe,
daß es sich seines herrlichen Besitzes kann» mehr bewußt »vird. Diese Heimat, die wir
gegen eine Welt zn verteidigen haben, wollen wir jetzt mit helleren Angen ansehen
nnd mit wäririeren Herzen nmsasscn nnd hegen.
21 ii g u ft i ii Wibbel t.
183
Der Mann, der nicht wollte /
Gestern traf ich meinen Freund Fritz. „Was machst
du nur die ganze Zeit", staunte ich, „man sieht dich ja
gar nicht mehr. Baust du dir ein Haus?"
„Haus ist gut", lacht er, „ich baue einen Luftschutz-
keller. Die anderen helfen auch alle feste mit, nur einer
im Hause wollte nicht recht."
„Einer wollte nicht", fragte ich überrascht, „und wes-
halb wollte er nicht?"
„Das war schon immer so ein Querkopf", berichtet
Fritz, „bei jeder Sammlung schloß er sich aus und wenns
was zu meckern gab, meckerte er immer doppelt laut."
„Aber ihr hättet ihn doch zwingen können, am Luft-
schutzkeller mitzubauen", warf ich ein, „das Gesetz ist
doch auf euerer Seite."
„Wir machten das anders", grinst Fritz, „wozu immer
gleich das schwerste Geschütz auffahren. Als wir unseren
Luftschutzkeller fast fertig hatten, kam damals der Probe-
alarm.
Wir begaben uns alle nach unten. Der Raum ist sehr
geräumig. Jeder nahm seinen Platz ein. Plötzlich, wäh-
rend die Sirene draußen noch immer warnend schrie, kam
auch der Mann, der nicht mitbauen wollte. Ganz außer
Atem betrachtete er uns alle, als sähe er uns zum ersten
Mal. Suchend blickte er sich nach einer Sitzgelegenheit
um. Es war keine mehr da.
„Und dann", erzählte mein Freund Fritz weiter, „und
dann rückten wir auf Kommando alle mit unseren Stühlen
gegen die Wand. Der Mann, der nicht wollte, stand ein-
sam und verlasien inmitten des großen Raumes. Ist das,
fragte der siebenjährige Junge unserer Pförtnersfrau
plötzlich in die Stille, ist das der Mann, der nicht mit-
bauen wollte?
Ja, erwiderte die Mutter laut, ja, mein Junge, das
ist der Mann. Wir blickten ihn alle an. Ihm muß nicht
gerade angenehm zu Mut gewesen sein. So stand er
die ganze Zeit wie ein armer Sünder-herum.
Als die Entwarnung kam, war er der erste, der davon-
flitzte. Aber am nächsten Tage", sagte mein Freund Fritz,
„am nächsten Tage kam er selbst und fragte, ob er nicht
irgendwo mithelfen könne."
Inkanlerie-Oesohiitr wird in Stellung gebracht. Foto: PK.-Schmidt-Weltbiid
184
$te ^O^lc tm / Von Konrad Hau mann
Sprichwörter sind Spiegelbilder der im
ganzen Volk umlaufenden Meinung über eine
Sache. Sie legen Erfahrungen und Lebensweis-
heiten kurz und bündig, bildhaft und oft in
witzigen Sprüchen fest. So bleiben Volks-
meinungen und Redensarten oft für Jahrhun-
derte erhalten. Auch mit den Kohlen hat sich der
Bolksmund sehr lebhaft beschäftigt, wie aus
der großen Zahl dieser Kohlen-Sprichwörter her-
vorgeht.
Die beiden heute noch am meisten angewandten
Sprichwörter aus dem Gebiet der Kohle sind:
„Feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln",
d. h. jemand, der es nicht verdient hat, durch
Großmut beschämen, und „Wie auf Kohlen
stehen", wenn man in höchster Ungeduld ist und
seine Zeit anderswo dringender verbrinaen
möchte. Andere Sprichwörter heißen: „Es sind
taube Kohlen" oder „Sie hat Kohlen im Ge-
wisien", wenn „sie" von einem schlechten Gewisien
geplagt wird. Töricht wäre es „Kohlen zu
bleichen" oder zu waschen oder „Sich mit Kohlen
weiß waschen", denn das wäre dazu nur ein
verkehrtes Mittel. Ebenso unklug wäre es „Die
Kohlen vom Schmied kaufen", der dafür nur
Apothekerpreise nimmt! Das alte Sprichwort:
„Einen durch die Kohle ziehen" im Sinn von
große Schmerzen zufügen, scheint an eine ver-
gessene Strafart oder Torturanwendung zu er-
innern. Wenn gesagt wird, „Er kann eher
glühende Kohlen im Mund behalten" als dies
oder jenes zu tun, so darf man ihm am wenig-
sten etwa ein Geheimnis anvertrauen. Auch heißt
es, „Er sieht keine Kohle in einer Schüsiel
Milch", so fragt man sich: Sieht er so schlecht
oder ist er so dumm? „Für einen in die Kohle
schlagen" wird wohl angewandt, um Undank
auszudrücken. In Schlesien kannte man das
Sprichwort: „Ich decht, a wär schund durch de
Kohlen geruckt worden". „In die Kohle schla-
gen" heißt eine Sache durch erfolglose Mittel
zu bekämpfen. In Böhmen sagte man, wohl
mit einem Anflug von Neid „Wenn die einen
Kohlen nagen, finden die andern am Kuchen
Behagen".
^Durchaus beherzigenswert scheinen folgende
Sprichwörter zu sein:
„Gemach in die Kohlen geblasen, so fährt dir
keine Asche in die Nasen" oder „Blase sachte in
die Kohlen, sonst fliegen dir Funken ins Ge-
sicht."
„Eine Kohle allein erlischt bald" (darum also
mehrere auflegen).
„Eine Kohle, die nicht zur Zeit brennt, brennt
nimmer" (also: Wenn der rechte Augenblick ver-
paßt ist, ist oft alles weitere Tun vergeblich).
„Eine Kohle glüht oft auch noch unter grauer
Asche" (auch das Alter ist nicht frei von Leiden-
schaften).
„Glühende Kohlen muß man mit der Zange
aus der Esie nehmen, nicht mit der Hand" (wie
man es oft beim Schmied sieht).
„Jeder scharrt die Kohlen um seinen Topf."
„Kohlen, die glühen, pflegen zu sprühen" (wer
bewegt ist, bricht leicht in Worte aus).
„Man darf glühende Kohlen nicht vom Herd
in Nachbars Scheuer werfen".
„Man muß die Kohlen brennen, wie die
Grube sie gibt".
„Man muß nicht Kohlen in den Pelz setzen"
(Überflüssiges Unterlasten).
„Man muß seine Kohlen im Sommer kaufen"
(schon früher: beizeiten Vorsorgen, als man noch
keine Sommerpreise kannte).
„Man muß sich nicht an fremden Kohlen die
Finger verbrennen".
„Verborgene Kohlen sind die gefährlichsten".
„Viel Kohlen beisammen, erhalten das Feuer
am besten".
„Wenn die Kohle nicht brennt, so schwärzt
sie doch".
„Wo eine Kohle glimmt, kann oft ein klei-
ner Wind Feuer blasen".
„Wo es an Kohlen fehlt, da geht das Feuer
aus".
„Eine Kohle maust bester als zehn Katzen".
„Aus Kohle Kreide machen" (eine Sache ver-
drehen, aus schwarz weiß machen).
Sehr alter Herkunft sind die folgenden Sprich-
wörter, die des besieren Verständnisses wegen
in der neuen Rechtschreibung angeführt werden:
„Alte Kohlen soll man nicht wieder auf-
blasen".
„An einer Kohle kann man sich wohl ver-
brennen, aber nicht wärmen".
„Eine glimmende Kohle ist nicht so gut zu
meiden als eine Flamme".
„Auf heißen Kohlen ist bös sitzen".
„Bei großen Haufen Kohlen wärmt sich wohl,
wenn man nicht hineinfällt".
„Eine glühende Kohle zündet die andere an".
1S5
„Eine lebende Kohle zündet die tote Kohle
neben sich an".
„Eine tote Kohle brennt niemand".
„Gelöschte Kohlen werden im Feuer wieder
lebendig".
Wer mit Kohle umgeht wird schwarz, daran
ist nun einmal nichts zu ändern. Das besagen
folgende Sprichwörter: „Die Kohle wird durch
Ruß nicht schwärzer", „Wer mit Kohlen um-
geht, macht sich schwarz", „Wer mit Kohlen
umgeht, beschmutzt leicht die Hände (17. Jahr-
hundert), „Wer sich mit Kohlen wäscht, weißer
wird er wohl nicht!" „Sich mit Kohle weiß
waschen", „Wer in den Kohlkram einzieht, der
berußet sich selbst", „Wer mit Kohlenträqecn
umgeht, der wird rußig", „Der muß gute Koh-
len haben, der den Teufel will schwarz machen"
und „Ein Kohlenträger hat dem Schornstein-
feger nicht viel vorzuwerfen".
„Kohle und Kreide sind oft Nachbarn", heißt
ein weiteres Sprichwort. Diese Wetterregel be-
zieht sich wohl mehr auf den Kohlenrauch: „So
Kohlen bleiben am Hafen hangen, wird ein
Regen bald anfangen".
Selbst mit dem Kohlensack beschäftigen sich
mehrere Sprichwörter:
„Aus einem Kohlensack kann man kein Wei-
zenmehl schütteln".
„Aus einem Kohlcnsack kann nichts anderes
kommen als Ruß".
„Wer den Kohlensack trägt, fühlt die Schwere
der Kohlen: wer zusieht, nicht einmal das Ge-
wicht des Sackes".
„Er ist wie ein Kohlcnsack, schwarz von außen
und noch schwärzer von innen".
„Kohlensack gibt keinen Wollsack" — jeden
falls ein sanftes Ruhekisien ist ein Sack t>orl
Kohlen nicht gerade!
So spricht aus der Fülle dieser Sprichwörter
die der Volksmund in einem halben Jahrtausend
schuf, um die Kohle zu charakterisieren, das Leben
selbst zu uns in treffenden Bildern. Manches
dieser Sprichwörter sieht aus wie eine Binsen-
Wahrheit, beim näheren Betrachten aber leuchtet
— angewandt aufs menschliche Leben — dock
eine kleine Lebensweisheit heraus!
Alte Bergmanns-Sprichwörter
Allehöflich, sprechen die Bergleute.
*
Bergleute, Werkleute, ansehnliche Leute!
*
Biel Bergleute, viel Sitzleder.
*
Der beste Bergmann ist noch kein Goldschmied.
(W'll sagen, daß Erze fördern etwas anderes ist
als Metall bearbeiten; zu jedem Handwerk ge-
hört eigene Fertigkeit.)
*
Ein rechter bergmann fehlet nicht ein ohne licht, fewer-
Kiici vond Compaß.
*
Die gutte bergreyen singen können, sind selten gute
arbeitet.
*
Ein Bergmeister soll von Schlegel und Eisen her-
kommen.
*
Bergwerke können nicht alle Jahre schütten.
★
Das reichste Bergwerk wird mit der Zeit erschöpft.
*
Wer bergwerck bauen will, der muß arbeitsame händ
haben.
*
Wer im Bergwerk gräbt, findet mehr Steine als Gold.
^er Deutsche Bergmann ist Oer erste SolOat Oer Arbeit
Seine Arbeit ist im wahrsten Sinne Dienst für Oas VaterlanO,
ebenbürtig Oem Einsaß Oes SolOaten an Oer Front
Hermann Görin g am 11.Januar 1941
186
Tuberkulose-Merkblatt
Bearbeitet im Neichsgssundheitsamt im Benehmen mit dem Reichs-Tuberkulose-Ausschuß
A. Was ist Tuberkulose?
1. Die Tuberkulose ist die verderblichste aller übertrag-
baren Kränkheilen. Kein Land, keine Volksschicht, kein
Lebensalter, kein Beruf wird von ihr verschont. Auch
in Deutschland fordert die Tuberkulose noch in jedem
Jahr zahlreiche Todesopfer. 2m Jahre 1935 war in
der Altersgruppe von 15 bis 60 Jahren jeder 6. Todes-
fall durch Tuberkulose bedingt.
2. Die Tuberkulose wird hervorgerufen durch den von
Robert Koch 1882 entdeckten Tuberkelbazillus, ein klein-
stes, nur unter dem Mikroskop sichtbares Lebewesen. Ohne
Ansteckung mit dem Tuberkelbazillus gibt es keine Tuber-
kulose. Die erfolgte Ansteckung läßt sich durch eine unge-
fährliche Hautreaktion (Tuberkulinreaktion, die meist in
Form eines harmlosen Hautreizes geprüft wird) nach-
weisen.
3. Nicht jede Ansteckung führt zur Erkrankung. Ein
gesunder, kräftiger Körper vermag sich der in ihn ein-
dringenden Bazillen zu erwehren und den Ausbruch einer
Krankheit zu verhindern. Die Neigung, nach einer An-
steckung zu erkranken, ist am größten bei Kindern bis zu
drei Jahren. Erheblich gefährdet sind aber auch ältere
Kinder und Jugendliche in den Entwicklungsjahren.
Kinder und Jugendliche müßen deshalb sorgfältig vor
Ansteckung geschützt werden.
4. Die Tuberkulose befällt am häufigsten die Lunge
(Lungenschwindsucht), sie kann aber auch alle anderen
Organe des menschlichen Körpers befallen, Haut, (fres-
sende Flechte oder Lupus), Drüsen, Knochen, Gelenke,
Darm, Nieren, Harnblase, Kehlkopf, Gehirn.
5. Die Entstehung der Krankheit wird in hohem Maße
begünstigt durch Ausschweifungen jeder Art, unzureichende
oder falsche Ernährung und andere Schädigungen des
Körpers, wie Mißbrauch von Genußgiften, im beson-
deren von Alkohol und Nikotin.
6. Die Krankheit kommt oft erst viele Jahre nach der
Ansteckung zum Ausbruch. Zahlreiche Menschen beher-
bergen in ihrem Körper Tuberkclbazillen, ohne zur Zeit
krank zu sein; bei solchen Menschen fällt ebenso wie bei
tuberkulosekranken die Tuberkulin-Reaktion, z. B. die
Reaktion der Haut auf Tuberkulin, positiv aus.
7. Angesichts der starken Verbreitung der Tuberkulose
im Volk — es leben in Deutschland rund 200 000 Men-
schen mit ansteckender Tuberkulose — ist jeder Mensch
der Gefahr der Ansteckung ausgesetzt.
11. Wie erfolgt die Verbreitung der Tuberkulose?
l. Die Weiterverbreitung der Tuberkulose geschieht in
der Hauptsache durch den kranken Menschen. Nicht jeder
Kranke ist ansteckend. Ansteckend sind Kranke, in deren
Ausscheidungen Tuberkclbazillen gefunden sind, oder bei
denen der Arzt auf Grund seiner Untersuchung An-
steckungsfähigkeit annehmen muß. Die Ansteckungsgefahr
ist um so höher, je inniger das Zusammensein des Ge-
sunden mit dem Kranken ist und je länger sie dauert.
;0 Hustentröpfchen als Ansteckungsquelle.
Als eine wichtige Ansteckungsquelle sind die von dem
Kranken ausgehusteten bazillenhaltigen Tröpfchen an-
zusehen. Besonders gefährdet durch Hustentröpfchen ist
der Mensch, der vom Kranken öfter und aus nächster
Nähe angehustet wird, wie denn überhaupt die An-
steckungsgefahr bei dauerndem Nahverkehr mit einem
bazillenstreuenden Kranken am größten ist (Tröpfchen-
infektion).
Diese „Hustentröpfchen" gelangen, wenn der Kranke
beim Husten nicht Vorsicht übt, auch auf Gegenstände
in der Umgebung des Kranken, vor allem auf seine
Kleidung. Von solchen an Kleidung, Wäsche und an-
deren Stoffen angetrockneten Tröpfchen kann sich ein
feiner bazillenführender Staub ablösen, der von gesunden
Menschen eingeatmet werden kann.
Auch die vom Kranken beim Sprechen und Niesen
verspritzten Tröpfchen enthalten gelegentlich Tuberkel-
bazillen.
0) Der Auswurf als Ansteckungsquelle.
Kranke, die mit ihrem Auswurf andere Gegenstände,
z. B. Kleidung, Decken, Bettzeug, Taschentuch be-
schmutzen, gefährden ihre Umgebung in hohem Grade. Ge-
fährlich sind schon ganz geringfügige, vom Kranken und
seiner Umgebung gar nicht wahrgenommene Ver-
schmutzungen. Kleine Auswurfreste trocknen schnell. Bei
Bewegungen des Kranken, Hantierungen mit dem
Taschentuch, der Kleidung, den Betten u. a. kann der
angetrocknete Auswurf mit den darin enthaltenen Ba-
zillen als feiner Staub in die Luft übergehen und ein-
geatmet werden (Staubinfektion).
c) Seltenere Arten der Ansteckung.
Ansteckung durch Berührungen kann durch Küsten
erfolgen oder in der Weise geschehen, daß Gesunde
Gegenstände berühren, die vorher ein Tuberkulöser be-
nutzt, mit Auswurf verunreinigt oder mit unsauberen
Händen angefaßt hat, im besonderen bei Berühren des
unsauberen Taschentuches oder der Spuckflasche des
Kranken, ferner bei Benutzung des vom Kranken ge-
brauchten Eß- und Trinkgeschirrs, des Handtuches, des
Waschgeschirrs, der Zahnbürste und anderer Dinge.
Kleine Kinder, die auf dem Boden herumkriechen, ihre
Hände mit feuchten oder getrockneten Auswurfresten be-
schmutzen, dann die unsauberen Hände zum Munde, zur
Nase, an die Augen führen, können sich auf diese Weise
mit Tuberkulose infizieren (Schmutz- und Schmier-
infektion).
Als Ansteckungsquellen von praktisch untergeordneter
Bedeutung sind noch zu nennen der Urin bei Nieren-
tuberkulose, der Eiter von tuberkulösen Drüsen,
Knochen und anderen Organen, endlich bazillenhaltiger
Stuhlgang.
Ansteckungen sind auch möglich durch Genuß von
Nahrungsmitteln, die mit Auswurfrcsten oder mit Husten-
tröpfchen des Kranken verunreinigt find.
2. Wenn die menschliche Tuberkulose auch in der
weitaus größten Zahl der Fälle auf Ansteckung durch
tuberkulöse Mitmenschen zurückzuführen ist, so darf doch
die Gefahr einer Übertragung der Tuberkulose auf den
Menschen durch Genuß der Milch tuberkulöser Kühe
nicht unterschätzt werden. Sie ist hauptsächlich gefähr-
lich, wenn Säuglinge und Kleinkinder mit roher Milch
von eutertuberkulösen Kühen ernährt werden.
187
C. Maßregeln zur Verhütung der Tuberkulose.
I. Schutz gegen Ansteckung.
Die beiden wichtigsten Forderungen betreffen das
Verhalten des Kranken, nämlich Vorsicht beim Husten
und gefahrlose Beseitigung des Auswurfs.
a) Vorsicht beim Husten.
Der Kranke hat gewisienhaft darauf zu achten, nie
jemanden aus nächster Nähe anzuhusten, er hat beim
Husten stets den Rucken der linken Hand vor den Mund
zu hallen, da man sich bei Begrüßungen usw. meist der
rechten Hand bedient.
b) Die Beseitigung des Auswurfs.
Der Lungentuberkulose muß stets eine Taschenspuck-
flasche bei sich haben und seinen Auswurf in diese oder
in einen Spucknapf entleeren. Er darf, wenn er seine
Mitmenschen nicht schwer gefährden will, Nicht auf den
Fußboden oder auf die Straße spucken. Die Benutzung
eines Taschentuches zum Auffangen des Auswurfes ist
möglichst zu vermeiden, da hierdurch allzu leichr Gesunde
gefährdet werden können. Weniger gefährlich ist die Be-
nutzung von Papiertaschentüchern, die baldigst in einen
Abort geworfen oder verbrannt werden mästen. Auf der
Straße hat der Tuberkulöse die Spuckflasche zu be-
nutzen oder in den Rinnstein zu spucken. Jede Ver-
unreinigung von Kleidung, Leib- und Bettwäsche,
Decken usw. mit Auswurf ist unbedingt zu vermeiden.
(Unbemittelte erhalten Taschenspuck, laschen unentgeltlich
von der Fürsorgestelle.)
Ferner sind folgende Vorschriften streng zu beachten:
1. Gesunde sollen jedes unnötig enge Zusammensein
mit hustenden Tuberkulösen meiden, sie sollen sich min-
destens auf Acmlänge von den Kranken entferne halten.
Säuglinge und Kleinkinder sollten von hustenden Lungen-
tuberkulösen völlig ferngehalten werden.
2. Der Kranke muß in seinem Bett allein schlafen.
Er soll, wenn irgend mögl.ch, sein eigenes Schlafzimmer
haben. Dort, wo sich dies nicht einrichten läßt, sollte ec
den Schlafraum wenigstens nicht mit kleinen Kindern
oder jugendlichen Erwachsenen teilen. Das Bett des
Kranken soll möglichst frei im Zimmer stehen, sich niemals
in einem Alkoven oder Bettschcank befinden. Muß der
Kranke sein Schlafzimmer mit anderen Erwachsenen
teilen, so mästen die Betten der Gesunden von dem
Krankenbett m.ndestens 2 m Abstand haben.
3. Der Kranke soll sein eigenes, von keinem anderen
benutztes Taschentuch, eigenes Trink-, Eß- und Wasch-
geschirr haben.
4. Der Kranke soll es vermeiden, gesunde Personen zu
kästen, vor allem muß er sich jeder Zärtlichkeit, (Um-
armen, auf den Schoß nehmen) gegenüber kleinen Kin-
dern enthalten.
5. Der Kranke hat, sofern er körperlich dazu in der
Lage ist, die Reinigung seiner Kleidung, möglichst im
Freien oder bei offenem Fenster, selbst vorzunehmen. Er
soll auch, solange es ihm möglich ist, sein Bett selbst
machen. Unter keinen Umständen dürfen die vom Kranken
getragenen Sachen in einem Raum ausgebürstet werden,
in dem sich andere Personen (kleine Kinder!) befinden.
Alle überflüssigen Hantierungen mit der Leib- und Bett-
wäsche des Kranken oder seinen Decken sind zu Unter-
lasten.
6. Jede Staubentwicklung in der Wohnung und in der
Arbeitsstätte ist auf das geringste Maß zu beschränken.
Aus dem Raum, in dem sich der Kranke hauptsächlich
aufhält, sind daher möglichst alle unnützen Staubfänger,
wie Polstermöbel, Portieren usw. zu entfernen. Alle
Räume, in denen sich der Tuberkulöse aufhält, sind täglich
feucht aufzuwischen.
7. Die Spe,gefäße sind vorsichtig in den Abort, nicht
in Ausgußbecken zu entleeren, hiernach auszukochen oder
in eine desinfizierende Lösung einzulegen (siehe Anhang)
und dann zu reinigen; jedes Verspritzen von Auswurf,
z. B. durch Ausbürsten der Gefäße vor dem Kochen, muß
sorgfältig vermieden werden. Nach der Reinigung des
Speigefäßes gründlich die Hände waschen!
8. Der Kranke soll sich häufig am Tage die Hände
gründlich mit Seife waschen. Er soll seine Fingernägel
und den Bart stets sauber hallen. Seine Kleidung und
Betten sind so oft wie möglich zu sonnen, da das
Sonnenlicht die Tuberkelbazillen in kurzer Zeit vernichtet.
Die schmutzige Wäsche des Tuberkulösen, insbesondere
seine Taschentücher, ist ohne vorherige Durchzählung in
einem Wäschesack aufzubewahren und auszukochen; statt-
desten kann sie auch nach Gebrauch in einen Eimer mit
desinfizierender Lösung (siehe E.) eingelegt werden.
9. Genaue Auskunft über die Desinfektion von Aus-
wurf, Wäsche, Kleidern usw. und alles, was sonst für
den Tuberkulösen und seine Familie wichtig ist, erteilen
die Gesundheitsämter (Fürsorgestellen für Lungenkranke).
10. Tuberkulöse, welche die genannten Vorsichtsmaß-
regeln sorgfältig und gewisienhaft befolgen, gefährden
die gesunden Menschen nicht. Man braucht also keine
Angst vor ihnen zu haben und soll sich nicht von ihnen
zurückziehen und ihnen ihr ohnehin schon schweres Leben
dadurch noch schwerer machen.
Diejenigen Tuberkulösen aber, welche die Vorsichts-
maßregeln nicht befolgen, insbesondere beim Husten, und
mit ihrem Auswurf unvorsichtig umgehen, sind schuld, daß
immer wieder gesunde Menschen tuberkulös werden. An-
steckende Kranke, die in schuldhafter Weise ihre Mit-
menschen gefährden, können auf Grund der polizeilichen
Bestimmungen zwangsweise in eine geschlostene Anstalt
überführt und dort isoliert werden.
11. Wegen der Gefahr der Ansteckung mit Rinder-
tuberkelbazillen darf Milch in rohem Zustande nur ge-
nosten werden, wenn sie aus sicher tuberkulosefreien
R.nderbeständen stammt. Ist diese Voraussetzung nicht
erfüllt, sollte grundsätzlich nur einwandfrei pasteurisierte
Milch zum Trinken verwandt werden Wo pasteurisierte
Milch nicht zu beschaffen ist, muß die rohe Milch in
den Haushaltungen vor dem Genuß kurz abgekocht
werden. Durch Pasteurisieren und Abkochen werden in der
M.lch enthaltene Tuberkelbazillen und andere Krankheits-
erreger vernichtet.
Mütter, die ihren kleinen Kindern rohe Kuhmilch zu
trinken geben, ohne zu misten, ob die Milch vpn sicher
tuberkulosefreien Kühen stammt, handeln fahrlässig, weil s
sie Gesundheit und Leben ihrer Kinder aufs Spiel seyen.
II. Maßregeln zur Kräftigung des Körpers.
Neben einer strengen Beachtung der im vorhergehenden
Abschnitt angeführten Maßnahmen der Ansteckungsver-
hütung ist es für den, der sich vor der Tuberkulose
schützen will, unerläßlich, den Körper so zu kräftigen und
abzuhärten, daß der Tuberkelbazillus ihm möglichst wenig
Schaden zufügen kann.
1. Die Nahrung sei einfach und kräftig. Zu vermeiden
ist jeder Tabakgenuß und der Mißbrauch von Alkohol.
Ausschweifungen jeder Art haben zu unterbleiben.
188
2. Die Wohnung sei für Luft und Licht gut zugänglich.
Das hellste und luftigste Zimmer diene als Schlaf-
zimmer.
3. 2n der ganzen Lebenshaltung stehe Reinlichkeit und
Ordnung voran. Man achte auf Sauberkeit des Körpers,
im besonderen der Hände. Der ganze Körper ist täglich
mit kaltem Wasser zu waschen oder schnell mit einem
rauhen feuchten Tuch abzureiben. Bei der Arbeit beachte
man die allgemeinen Gesundheitsregeln.
Die arbeitsfreie Zeit verwende man zur Kräftigung des
Körpers, man gehe spazieren, treibe Sport, ohne sich
dabei zu überanstrengen. 2m Sommer bade man in
reinen, freien Gewässern, gewöhne seinen Körper daran,
in leichtester Bekleidung sich der Luft auszusetzen. Plan-
loses Sonnenbaden kann gefährlich werden, indem ein
ruhender Tuberkuloseherd durch den starken Reiz der
Sonnenbestrahlung zum Aufflackern gebracht wird.
4. Für reichlichen Schlaf ist Sorge zu tragen.
D. Maßregeln zur rechtzeitigen Erkennung und
Heilung der Tuberkulose.
1. Die Tuberkulose ist heilbar, wenn sie rechtzeitig
gründlich behandelt wird.
2. Sehr oft beginnt eine Tuberkulose unter den Er-
scheinungen einer Grippe oder Erkältung. Wenn also eine
solche Krankheit nicht in zwei Wochen vollständig
schwindet, sondern irgendwelche Beschwerden zurück-
bleiben, besieht der dringende Verdacht, daß es sich um
eine Tuberkulose handelt. Man kann an einer ernsten
Tuberkulose leiden, ohne die geringsten Beschwerden zu
haben. Deshalb folge man einer etwaigen ärztlichen
Aufforderung zur Untersuchung der Lungen, auch wenn
man sich gesund fühlt.
3. Der Verdacht auf Tuberkulose besteht, wenn lang-
dauernder Auswurf, insbesondere mit zunehmender
Mattigkeit oder Gewichtsabnahme auftritt, bei Blut-
auswurf und länger anhaltenden Temperatursteigerungen.
Auch Schmerzen in Brust, Rücken oder Schultern, Husten
oder Nachtschweiß können auf Tuberkulose hindeuten.
4. Sobald die ersten, auf Tuberkulose verdächtigen
Erscheinungen bemerkt werden, muß der Arzt aufgesucht
werden. Ob eine Tuberkulose besteht oder nicht, kann mit
Sicherheit nur entschieden werden durch mikroskopische
Untersuchung des Auswurfs und durch die Vornahme
einer sorgfältigen Röntgendurchleuchtung. Falls diese zu
keinem sicheren Ergebnis führt, ist die Anfertigung einer
Röntgenaufnahme erforderlich. Ohne Röntgenunter-
suchung kann in keinem Fall mit Sicherheit gesagt
werden, daß eine Tuberkulose nicht vorliegt.
5. Familienangehörige Tuberkulöser, Krankenpflege-
personen, die mit der Pflege ansteckend Tuberkulöser be-
traut sind, Freunde und Berufskameraden Tuberkulöser
find mehr als andere Menschen gefährdet. Sie sollten
sich jährl.ch mindestens einmal mit Röntgenstrahlen unter-
suchen lasten.
6. Unentgeltliche Untersuchung und Unterstützung mit
Rat und Tal finden Lungenkranke und ihre Angehörigen
in den Fürsorgestellen der Gesundheitsämter.
7. Die Heilung Tuberkulöser wird am sichersten in einer
der Wiederherstellung von Lungenkranken besonders ge-
widmeten, von einem Arzt sachkundig geleiteten Heilstätte
erreicht. Oft genügt aber eine bloße klimatische Kur
nicht, sondern sie muß dann ergänzt werden durch eine
besondere Behandlung der Lungen. Deshalb ist Vor-
schlägen des Arztes willig Folge zu leisten.
8. Da die Behandlung der Tuberkulose meist große
Kosten verursacht t-peil,laktenkuren), sorge man dafür,
dauernd Mitglied einer Krankenkasse zu sein; dadurch
wird in den meisten Fällen eine kostenlose Behandlung
gewährleistet. Aus diesem Grunde sollte man auch nach
Ablauf der Verstcherungspfl.chk, z. B. infolge Aufgabe
der Arbeit wegen Verheiralung usw., die Versicherung
freiwillig fortsetzen.
Der Kampf gilt der Tuberkulose, nicht dem Tuber-
kulösen; denn der saubere Kranke, der alle Vorschriften
zur Verhütung der Weirerverbreitung der Tuberkulose
beachtet, bildet keine Gefahr.
Der Kampf gegen die Seuche ist aber schwer. Er ver-
langt daher die Mitarbeit aller. Er ist Nicht nur Aufgabe
des Staates und seiner Organe, sondern Pflicht eines
jeden deutschen Menschen. Der Tuberkulöse trägt das
seine zu diesem Kampfe bei, wenn er sich hygienisch ein-
wandfrei verhalt und alles zu seiner -Peilung tut, der
Gesunde, wenn er durch gesunde Lebensweise seinen
Körper kräftigt und abhauet, dam.l eine Ansteckung nicht
zur Erkrankung wird.
E. Anweisung zur Desinfektion.
Als Desinfektionsmittel werden empfohlen:
1. Alkalysol.
2. Tb. Bac.llol.
3. Chlorannn (Chloramin-Heyden, Mianin, Sputa-
min).
4. Kresolseifenlösung DAB 6 A.
5. Baktol (fast geruchlos).
6. Sagrolan (säst geruchlos).
7. Carbolsäure DAB 6 A.
8. Hitze (Auskochen, Verbrennung).
- Ausführung der Desinfektion.
Für die Desinfektion der Speigefäße kommen die
unter 1—7 oben genannten M.ttel in Betracht.
Die Mittel unter 1—6 sind in beigen Lösungen
(3 Eßlöffel auf 1 Liter Master), das unter 7 Genannte
in 3%iger Lösung (2 Eßlossel auf 1 Liter Master) her-
zustellen.
Die entleerten Speigefäße werden für 8 Stunden (am
besten über Nacht) in eine dieser Lösungen so eingelegt,
daß sie vollständig davon bedeckt sind (keine größeren
Luftblasen in den Gefäßen!).
Taschentücher, Leib- und Bettwäsche sind, sofern sie
nicht entsprechend 0 I Ziffer 8 ausgekocht werden, für
mindestens 8 Stunden, am besten über Nacht, in 3%tgf
Lösungen der unter 4—7 genannten Mittel einzulegen
und dann wie üblich zu waschen.
Bei grober Verunreinigung der Kleidung, des Fuß-
bodens oder der Möbel mit Auswurf ist mit den für die
Wäschedesinfektion angegebenen Mitteln in gleicher Ver-
dünnung eine gründliche Reinigung vorzunehmen.
Merkblatt für Offentuberkulöse.
1. Dein Leiden ist ansteckend. Wenn Du nicht willst, daß
Du deshalb von Anderen gemieden wirst, mußt Du
alles tun, um die Ansteckungsgefahr zu beseitigen.
2. Spucke nie auf den Boden, huste und niese nie anderen
Leuten ins Gesicht. Halte Dich beim Sprechen immer
auf mindestens 1 Meter entfernt.
3. Trage stets ein Spuckglas bei Dir.
4. Huste nie in die hohle Hand, sondern halte den Hand-
rücken vor Mund und Nase, wenn Du plötzlich husten
oder niesen mußt.
189
5. Benutze Dein Taschentuch so, daß Du möglichst in
einen Trichter hineinhustest und niest.
6. Trage Dein Taschentuch nicht mit anderen Dingen
zusammen in der Tasche.
7. Schlafe allein in Deinem Zimmer. Mußt Du es aber
notgedrungen mit Anderen teilen, so lasse Dein Bett
mindestens in 1 Meter Abstand von den übrigen
stehen.
3. Schlafe nie mit Kindern zusammen, küsse sie vor
allem nie.
9. Gebrauche Dein eigenes Eß- und Trinkbesteck und
Geschirr.
10. Sorge für peinliche Sauberkeit an Dir selbst und
den von Dir benutzten Gegenständen, laste die Woh-
nung nie trocken aufkehren, sondern entweder naß auf.
nehmen oder gebrauche einen Staubsauger.
11. Laß Licht, Luft und Sonne in Deine Wohnung.
12. Begib Dich nie in einen Kurort, der nicht für Tuber,
kulöse besonders eingerichtet ist. Suche auch in den
für Dich geeigneten Kurorten nur solche Unterkunft
auf, welche sich zur Aufnahme von Tuberkulösen aus.
drücklich bereit erklärt hat. Die Kurverwaltung wird
Dich mit ihrem Rat dabei unterstützen. Auch während
des Kuraufenthaltes begib Dich unter die Obhut
eines Arztes oder der Tuberkulose-Fürsorgestelle.
eitere
o\r%er\te
Wandlung.
Rach der Trauung fand Hermann in der Suppe ein
Haar seiner blonden Agatha. „Ach Liebling", schmolz
er vor Entzücken, „hier finde ich eines deiner herrlichen
Haare in meiner Suppe."
Nach acht Wochen trat Agathe mit ihrem ersten
Kuchen an. Er war zäh wie Leder. Als er sich erlaubte,
ihr das Koch- und Backbuch vorzulegen, schmollte sie:
„Du hast keinen Konditor zur Frau."
Ein halbes Jahr später ging Hermann zur Front.
Dann kam er in Urlaub. Er war Infanterist. In der
Nacht kam es von oben. Agathe bebte im Bett: „O Her-
mann, da sind sie, die Bomber!"
„Mag sein", brummte Hermann. „Ist mir gar nichts
Neues. Wende dich an das Luftabwehrkommando. Du
hast keinen Flakartilleristen zum Mann."
Bombenreklame.
Bürkel lag mit seinem Geschäfte an einer miserablen
Ecke. Kaum ein Mensch kam an seinem Laden vorbei.
Es ging mit ihm rückwärts. Seinem Freunde, dem
Impresario Lander, ging es nicht bester. Endlich aber
hatte er einen Typ. Um das Publikum auf eine engagierte
Sängerin aufmerksam zu machen, inserierte er: „Ach-
tung! Sie kommt! Acht Tage lang hielt er das Publikum
mit dieser Anzeige in Spannung. Dann zeigte er an:
„Achtung! Morgen ist sie da!"
An diesem Morgen schneite er wutschnaubend in
Bürkels Laden. „Mensch", brüllte er, „Wie konntest du's
wagen...?"
Bürkel lächelte und rieb sich die Hände, da sein Ge-
schäft blühte. Er hatte inseriert: „Achtung! Sie ist da,
die Qualitätsstiefelwichse zu dreißig Pfennig bei Bürkel."
Der richtige Mann.
Bei der Kompanie hatten sie einen, der nie mitkam.
Er war zu dick und zu schwer und hatte an seinem
Eigengewicht zu viel zu schleppen.
„Mensch", fragte ihn schließlich ein Offizier. „Sie
sind unerlaubt dick. Was waren Sie in Zivil?"
„Eilbote, Herr Leutnant!"
Allen gerecht.
Bülow reiste in einem Abteil mit zwei sich streitenden
Damen. Die eine behauptete, sie müste sterben, wenn
keine frische Luft in das Abteil komme, und die andere
sagte, sie werde erfrieren, wenn man das Fenster auf-
mache.
Bülow lächelte: „Damit Sie beide zu Ihrem Rechte
kommen, schlage ich das Folgende vor, meine Dameiu
Zuerst machen wir das Fenster auf, und dann sterben
Sie. Dann schließen wir das Fenster wieder und dann
sterben Sie! Und ich, meine Damen, habe dann meine
Ruhe."
Die Sieger.
Ludwig XV. hielt eine Truppenschau ab. Mit dem
englischen Gesandten in seinem Gefolge blieb er vor
einem Grenadier stehen, dessen Gesicht zerhackt wie ein
Reibeisen war. „Bestätigen Sie mir, daß diesem
Grenadier die Tapferkeit auf dem Gesichte geschrieben
steht?" fragte der König den Gesandten, und er erhielt
die Antwort: „Sire, was soll man aber von denjenigen
sagen, die solche Wunden schlugen?"
Bon dieser Antwort überrumpelt, schwieg der König
Da meldete sich der Grenadier, die Stille unterbrechend'
„Majestät, sie sind tot."
Nichts mehr zu machen.
Warum sollte ein Spezialist nicht auch eine Plätu
bekommen. Das wäre gelächelt. Dr. Fceundel, der als
Offizier im Felde stand, hatte vor seiner Einberufung
die Haare abgeschüttelt, wie ein Baum seine Blätter
abwirft. Eines Tages, in Gesellschaft, hatte er das
Pech, daß der servierende Diener ihn anstieß und ihm
den Inhalt des Soßenschüsselchens über die Plätte goß
Dr. Freunde! wollte aufbrausen, zog aber die heitere
der ernsten Seite vor, ließ sich die Plätte abwischen und
sagte: „Sie machen sich unnütze Mühe, mein Freund
Ich habe alles versucht, und Sie werden erleben, auid
diese Soße wird es nicht schaffen."
19v
Äus 5em Inhalt
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55
Ein Führerwort............................
Kalendarium....................
Der Führer an der Ostfront................
Großdeutschlands Entscheidungskampf
Reichsmarschall Hermann Göring
Der Krieg auf dem Balkan . . .
General der Gebirgstruppen Dietl .
Die deutsche Luftwaffe über England
Jagdgeschwader Mölders greift an . .
Deutsche Soldaten kämpfen in Afrika
Arbeiter, Bauern, Soldaten . . .
Mordinstrument GPU. . . .
So nahmen wir Kristiansand . ■ .
Unter See.................................
Haubitzen-Nahkampf mit Sowjet-Panzern .
Alles was wir haben, muß stehen im Dienst
Der Bergmann..............................
Schncllbootnacht in Sowjet-Gewässern
Tapfere Frauen mit dem Eisernen Kreuz
Bergleute...................... .. . .
Hörst du des Vaterlandes Ruf?...................57
Seit 100 Jahren Bergmannssiedlungen an der Saar 58
Im Helm eines Soldaten der Arbeit ....
In der Richtstrecke ................
Unfälle in der Förderung unter Tage.............
Das Ruhrgebiet und sein Bergbau bis zum Jahre
1860 .........................................
Tarbonia — junge Kohlenstadt auf Sardinien .
Aus der Geschichte der Erde und des Lebens . .
Die Erdölfelder des nördlichen Irak . .
Kalkgruben im Köllertal................
Die Kohlen im deutschen Volksglauben .
Berggeist in Lothringen.............
^Der große Rhythmus........................... .
Vom Pastor, der des Königs Friedrich Wilhelm I.
Erlaffe nicht respektieren wollte.............
Borbereitungszeit aus die Ausbildung für soziale
Frauenberufe..................................
Saarbrücken — das Schicksal einer deutschen
Stadt..................................
Reichsgau Westmark..............................96
Freimachungs- und Kriegsschäden im Landkreis
Saarbrücken ....
Der Förderturm ....
Höhlen im Land an der Saar
Dem Einen!.................
Bergmann und Landwirt
Der Bergmannsbaucr . .
Lothringen, ein Bauernland
Ooschdere......................................
Saarbrücken—Metz / Ein Eisenbahnprojekt vom
Jahre 1839 .........................
Deutsches Sturmlied ............................
Eine Salzsiederei bei Saargemünd................
Herbst.................................
68
69
70
74
77
79
85
86
87
88
89
Der Toni und die Klara . . . .
Die Gebrädelte...............
3s das Pingschde? . . .
Ein langer Sonntag...
80 Jahre Gaskraftmaschine................
Ein Halbjahrhundert elektrische Bahn . . . .
Albrecht Dürer, der deutsche Maler aus Nürnberg
Das Salz im deutschen Volkstum.................
Das Ernährungshilfswerk der NS. - Volkswohl-
fahrt .........................................
Werkpause der Mütter...............
Bei .einer jungen Mutter.................
Kampf und Sieg der Inneren Front . . . .
Der Prcßhammer ist mein Maschinengewehr . .
Blaue Blume . . .
Die „Einquartierung"
Unser Bekenntnis . .
Der glimmende Funke
Alter Bergmann . .
Der kleine Friseur Michailoff aus Lemberg . . .
Vom Posthalter, der das Arbeiten nicht nötig hatte
Der beste Orden . . .
Duell in London . . .
Das Koppel sitzt falsch .
Ein kleines Zwischenspiel
Umstände mit Stiefel
Rosen auf der Halde . .
Mei schcen klän Heckereesje
Ein Junggeselle prüft
Das Osterwaffer . . .
Die blaue Glaskugel . .
Die Wunderkur . . .
Kinderfest in Worpswede
Die Wurst..............
Der Pfennig muß wachsen . . .
Georgs überraschende Attacke . .
Nickel Bender und das Hindernis
agesbilanz......................
92^ Herrengrunder Kupfergefäße und deren Sprüche
93
100
101
104
105
'106
107
108
109
110
111/
112
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Wir schlagen eines neuen Jahres Stollen an!
Das Zeugnis von der Lcsebank
Mahnung....................................
Der rote Hetzer........................... . .'
Knurwelpitts Krischann hat heute seinen guten Tag
Der Knickerich................
Der Hüfthalter................
Humor aus dem Soldatenlebcn
Die Bakterienkultur ....
Nur die Ruhe machts . , .
Ein Fuß vom Teufel ....
Das schädlichste Tier....
Der Mann, der nicht wollte
Die Kohle im Sprichwort . .
Alte Bergmanns-Sprichwörter
Tuberkulose-Merkblatt . . .
Heitere Momente...............
Seite
114
116
116
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<£Ü/
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185
186
187
190
191
Verzeichnis der Anzeigen im Bergmannskalender 1942
Seite
AcetylencVertriebsgesellsch. m. b. H., Saarbrücken . 253
Allgemeine Rohrleitung«Aktiengesellsch., Düsseldorf 239
Arnoth & Bäcker, Saarbrücken.....................199
Auer Ludwig, Donauwörth .........................237
Auto« und Wagenfedernfabrik G. m. b. H,,
Oberhomburg/Lothr............................203
Balcke, Maschinenbau • Aktiengesellschaft. Bochum 242
Baugesellschaft für elektr. Anlagen, Saarbrücken 3 206
Becker Johann, Kommanditges., Saarbrücken 3 . . 209
Beien A., Maschinenfabrik, Herne i. Wests. . . . 201
Besta, Maschinenfabrik, Ratingen.................106
Bickelmann H., Saar-Eisenhandel, Saarbrücken 3 . . 223
Bischofs Gottfried. Kühlerbau, Essen.............197
Bischofs & Hensel, elektrotechn. Fabrik, Essen • . 221
Bischoff-Werke K.*G., Recklinghausen-Süd .... 249
Bochumer Eisenhütte. Heintzmann & Co., Bochum . 244
Brandt Carl, Bauunternehmung, Saarbrücken 3 . . 202
Brauerei Becker, St. Ingbert ...... Kartoneinlage
Braun Marin & Cie., Holzwarcnfabrik,
Schirmeck / U.«Eis................................213
Brenner Felix & Co., Dr. Ing., Komm.«Ges., Essen . 208
Brieden Karl & Co., Bochum............................220
Brown, Boveri & Cie. A,«G., Dortmund..................217
Brown, Boveri & Cie. A.»G., Saarbrücken 3 . • . • 207
Concordia, Elektr.«Aktiengesellschaft, Dortmund 246/47
Dampfkessel« und Kondensator-Reinigungs-
gesellschaft m. b. H., Düsseldorf ...... 255
Deilmann C., Bergbau und Tiefbau, G.m. b.H.,
Dortmund-Kurl................................... 245
Demag Aktiengesellschaft, Duisburg................ 234/35
Deutsche Bank, Saarbrücken . . letzte Innendeckelseite
Dinglerwerke Aktiengesellschaft, Zweibrücken
1. Innendeckelseite
Dominitwerke G.m. b.H., Dortmund...................194/95
Dortmunder Drahtseilwerke, Wohlfahrt &
Liesenhoff G.m. b.H., Dortmund....................226
Drahtseilverband G.m. b.H., Essen ....... 231
Dücker & Cie., Betonbauges., Saarbrücken .... 228
Dürrwerke A.»G., Ratingen.............................253
Eckardt & Hotop m. b. H., Saarbrücken 3...............208
Eickhoff Gebr., Maschinenfabrik, Bochum .... 233
Eisenhütte Prinz Rudolph, Dülmen i. Wests. . . . 193
Eisen» und Metallwerke, Ferndorf......................224
Eisenwerk Wanheim G.m.b.H., Duisburg»
Wanheim......................................196/97
Elsässische Spinnerei und Seilindustrie Dommel,
A.-G., Saar*Buckenheim / Eis......................214
Erren A., Apotheker, Freiburg i. Br...................219
Esch-Werke K.«G., Duisburg............................232
Ferrum G.m. b.H., Saarbrücken 3 . 252
Fichtel & Sachs A.-G., Schweinfurt................ 208/09
Flottmann Heinrich G. m. b. H., Saarbrücken 3 . . . 250
Frölich & Klüpfel, Maschinenfabrik, Wuppertal»
Barmen ...........................................238
Garantol .... . . ...............214
Gebr. Madert, Saarbrücken............... ... 203
Geck H., Bergassessor, Essen........................ 201
Gewerkschaft Düsterloh, Bochum.................... . 248
Gewerkschaft Kraft, Sprockhövel i. Wests. . . . 227
Gewerkschaft R6uß, Bonn.........................224
Goldenberg A.-G., Zornhof i. Eis................212
Grewen Heinrich, Essen..........................227
Gutehoffnungshütte, Gelsenkirchen 252
Gutehoffnungshütte, Oberhausen.............. 238/39/46/47
Hagen Wilhelm, Accumulatoren«Fabrik, Soest . . . 229
Haibach, Braun & Co., Essen . . . ....................205
Hamacher Karl, K.-G., Gelsenkirchen.............252
Haniel&Lueg G.m. b.H., Düsseldorf-Grafenberg . 248
Hauhinco Maschinenfabrik, Essen.................243
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Lebensdauer haben sie vor allen
begehrenswert gemocht. Mehr ab
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Das Zweite ist das F & S-Ketten-
schaltwerk. Auf einfachste Art gibt
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die während der Fahrt geschaltet
werden. F&S-Kettenschaltwerk läßt
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auf 100Kilometer 2Liter: dos ist die
geringste Menge, die in Anbetracht
der gewaltigen Leistung möglich ist.
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Steigung. Spielend fährt er seine 60
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1. Einfach, rasch und zuverlässig ver-
bindet man Gummi- und Gewebe-
bänder mit der Nilos-Hakenverbin-
dung, markiert sie mit Nilos-Band-
marken, flickt und näht sie im Nilos-
Krampverfahren, vulkanisiert sie
mit Nilos-Vulkanisier-Werkzeugen
und -Vulkanisier - Pressen, schneidet
sie mit dem Nilos-Messer, mißt sie
mit dem Nilos-Zähler.
2. Zum schnellen Verbinden von Stahl-
bändern dient die praktische Nilos-
Nietverbindung, zum Flicken die
handliche Nilos-Stanze, die auch bei
Blecharbeiten aller Art den Bohrer
ersetzt, zum Schneiden die Nilos-
Schere.
3. Das Zusammenziehen der Förder-
bänder geschieht mühelos mit dem
Nilos-Spanner mit selbstspannenden
Klemmen. Der Nilos-Bandgrifl er-
leichtert das Auslegen der Bänder
und das Umlegen der Bandanlage.
4. Maschinenschläuche werden mit dem
Nilos-Schlauchaufzieher leicht und
ohne Schaden für den Schlauch auf
die Tülle gezogen.
5. Die Nilos-Schlauchsicherung ver-
hütet das gefährliche Umherschla-
gen abrutschender Schlauchenden.
6. Staub- und Feuchtigkeitsschutz für
Wälzlager bietet der Nilos-Ring.
Druckschriften über alle angeführten
Nilos-Erzeugnisse stehen auf Wunsch
kostenlos zur Verfügung.
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Hamburg Geschäftsstelle: Hamburg 11, Steinhöft 3, Scio°r‘
Schlesien Geschäftsstelle: Gleiwitz O.-S., Im Winkel 10
Mannheim Geschäftsstelle: Mannheim D 1 -718, Hansahaus
München Geschäftsstelle: München 13, Türkenstraße 97
Wien Geschäftsstelle: Wien IV/50, Gußhausstr. 14
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Weihnachtskrippe^ aufgestellt werden kann,
von der aus unsere Festesfreude eine be-
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Eltern werden mit Freude wahrnehmen,
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für Förderkörbe System HESE DRP
^ ERNST HESE • Herten in Westfalen
Maschinenfabrik für moderne Fördertechnik
Bischoff-Muke K-.&
249
PUS-Leuchten
Schlagwettersicher
gasdicht, staub- und spritzwasserdicht gekapselt
Elektrotechnische Fabrik
Pötter & Schütze G.m.b.H.
Essen-
Rellinghausen
ABBAUEN UND FÖRDERN -
das sind die beiden Hauptbegriffe im
Bergbau. Flotlmann baut daiür Druck-
luft-Anlagen und -Werkzeuge.
Von jeher ist Flotlmann mit dem Berg-
bau verbunden und entwickelt für ihn
ständig neue Maschinen wie Bus -
schenmoloren.Bohrmaschinen.Bonr-
hämmer. Abbauhämmer . . .
Große Banerfahrung und ein Stamm
von Facharbeitern bilden die Grund-
lage für zweckmäßige Konstruktion
und solide Ausführung aller Floti-
mann-Erzeugnisse.
Gute Konstruktion bedingt ihre Wirt-
schaftlichkeit - ausgewählte Werk-
stoffe machen sie unverwüstlich.
(floiinruutn.
HEINRICH FLOTTMANN G.M.B.H., SAARBRÜCKEN
‘ Karcherstraße 10. Ruf 22492 93
250
Heinrich Jungfleisch
Ingenieur
Saarbrüchen 3, Königin-Luisen-Str. 10
liefert:
Elektro-Motoren, Schaltapparate
Elehtro-Baumaterialien
Wir bauen
Förderanlagen jeder Art
Seilförderungen
Kettenbahnen
Wagenumläufe
Bandanlagen
Schiopper
Pendelbecherwerke
Nahförderer jeder Art
Rangieranlagen mit endlosem Seil
Rangierwinden
Rangierspille
Drahtseilbahnen
Seilhängebahnen
Personenschwebebahnen
Standseilbahnen
Skipförderungen, in Verbindung mit|
Skip Co., A.-G., Essen
Kübelaufzüge
Schrägaufzüge
Bremsberge
Fangvomchtungen'für Förderwagen
Karlikantriebe DRP. für Zugseile und
Förderketten
Verladeanlagen
Speicheranlagen für Massengut
Entspeicherungsanlagen I
Absackanlagen
Ferner:
Kohlenaufbereitungen
Cascadynwäschen DRP.
Setzmaschinen
Kohlensiebereien
Vibratoren DRP.
Isodynsiebe DRP.
Schwingsiebe
Kurbelsiebe
Rollenroste
Brech- und Mahlanlagen^für Kohle
Mischanlagen für Kohle
Kläranlagen für Kohlentrüben DRP.
Unsere Stahlgießerel'liefert:
Stahlformguß jeder Art
bis 5000 kg Stuckgewicht
für Gruben-
Hütten-
Industrie- und
Eisenbahnbedarf
Gesellschaft für Förderanlagen
Ernst Heckei m.b.H., Saarbrücken
Hauptverwaltung Saarbrücken 3,[.Graf-Johann-$traBe 27, Fernruf.2 8211
Werke in
Rohrbach (Saar) Dudweiler (Saar)
251
CARL HAMACHER Kom.-Ges.
Maschinenfabrik, Röhren- u. Armaturen werk
GELSENKIRCHEN
Schnellkupplungsrohre
fürPreßluft-u.Rlasyersatzleitungen
Flansche und Bunde nach allen Tabellen
FERRUM"
Saarbrücken 3
MainzerStraöe72-76, Ferrumhaus
Fernspreche r Sammel-Nummer 28411 Lager:Quellenstraße 14
Grubenschienen, Stabeisen, Träger, Bleche, Röhren,
Halbzeug, Roheisen, alle Nebenprodukte, Schrott
252
,/lga"-
Hochdruck Gleichdruck-Gerät
zum Schweißen und Schneiden
Konstantes Mischungsverhältnis, somit
höchste Güte der Schweiße,
kein Abknallen,
keine Rückschläge im Schweißbrenner,'
kein Flackern der Schweißflamme,
kein Sinken des Druckes
kein Nachregulierentmehr, somit
höchste Sehweißgeschwindigkeit,
schmale Schweißraupe, daher
wesentliche Azetylen- u. Sauerstoff-Ersparnis
__ __ ! -J I _ —^ 11 _ zum Weißen v. Stollen
IVOrDICIKaiK und Räumlichkeiten, als
—— i ui Mörtel zum Mauern
und Vtrputzen, einiger, fester und widerstands-
fähiger als andere Materialien, desinfizierend
„SAARGAS"
Saarländische \ Industriegas - Ges.
m. b. H. '
Saarbrücken 3, Mainzer Straße 199, Fernruf 2 5164
Azetylen-Vertriebs-
Gesellschaft m.b. H.
Saarbrücken 3, Mainzer Str, 199, Ruf 5.-Nr. 2ol64
Azetylen-Füllwerke
„Aga" Luisenthal, Fernruf Völklingen 186
„Saargas" Saarbrücken 3, Mainzer Straße 199
Fernruf 2 51 64
Azeiiiien-ueririe&s-Geseiisctiali m. h. H.
Diedenhofen, Römerstraße, Fernruf 115
Wollen Sie Ihren
Schweißbetrieb wirtschaftlich gestalten,
so verwenden Sie nur
Azetylen-Flaschengas
Es bietet Ihnen :
Schweißung höchster Qualität
erhönte Betriebssiche'heit
stete Betriebsbereitschaft
leichte TransDorttähigkeit
verminderten Sauerstoffverbrauch
einfachste Bedienung
größte Reinlichkeit
keine Frostgefahr
ersetzt und übertrifft Wasserstoff
Auch Großdampferzeuger
mit DÜRR-Wanderzonen-Rost
L/ie hohe Leistung dieses DURR-Kessels von 100000 kg/h
Hochdruckdampf mit DÜRR-Wanderzonen-Rost DRP be-
weist, daß auch bei Großdampferzeugern solche Feuerungs-
art beträchtliche technische und wirtschaftliche Vorteile
bringt. Mit 10,4 m Breite und einer nutzbaren Rossfläche
von 70,72 qm stellt dieser DÜRR-Wanderzonen-Rost die
größte mechanische Feuerung der Weit dar. In einer
großen Anzahl von Dampferzeugern arbeitet der DÜRR-
Wanderzonen-Rost, der einen wesentlichen Fortschritt in der
Feuerungstechnik bedeutet. Jahrzehntelange Erfahrungen
im Kessel- und Feuerungsbau führten zur Entwicklung
dieser vollkommenen Verbrennungsmaschine, die höhere
Brennleistungen ermöglicht und trotz aller Vorteile und
Neuerungen den einfachsten und deshalb auch betriebs-
sicheren Gesamtaufbau zeigt. Einfach und sicher ist auch
die Entaschung; sie weist keinerlei zusätzliche Einrichtun-
gen auf, Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit, Betriebs-
sicherheit - - das sind die Merkmale der DÜRR-Kessel
und DÜRR-Feuerungen. Verlangen Sie unverbindlich
die Druckschriften mit den technischen Einzelheiten.
DÜRRWERKE A.-G. • RATINGEN
253
RIESTER
JOSEF RIESTER
BOCHUM-LINDEN
Fernruf: 81246/47
Gurtband mit Brücke
Stapel- und Rückverladeanlage für Koks
liefert für den Bergbau:
Stapel-und Rückverladeanlagen
Lademasch, zum Rückverladen
Gurt- und Stahlgliederbänder
Becherwerke, T ransport-
schnecken, Fahrbare Transport-
bänder, Fahrbare Bandstraßen
Fahrbare Siebereien, Schüttel-
rutschen, feststehende Rutschen
Sonderkonstr. für den Bergbau
Fahrbare Bergesieberei
Wirkungsweise meiner Lademasch. R. 39[
Bandstraße im Eisenerz-Tagebau
254
Reinigung und Montage • Lieferung - Wasseraufbereitung
Reinigung und Montage
Wir reinigen chemisch oder mechanisch :
Dampfkessel aller Art, Kondensatoren, Vorwärmer und
Ueberhitzer, Rohrleitungen jeder Größe und Länge
Kokerei-Kühler, Dephlegmatoren, Dampfumformer usw.
Rauchgasseitige Heizflächenreinigung
Wir führen aus:
mittels Dämpfungsverfahren.
Neuberohrung von Kondensatoren; Instandsetzung
von Kokerei- und ähnlichen Kühlern, Economisern und
Reinigungswerkzeugen.
Lieferung
Wir liefern: Kesselanstrichmasse, Schutzkolloide, Entfettungsmittel,
Kondensatorrohre, Packungen, Kesselreinigungsgeräte,
sowie sämtliche Ersatzteile.
Wasseraufbereitung
I. Mutarit-Wasserenthärtungsanlagen
Mutarit besitzt die Eigenschaft, durch einfache Filtration, schädlich
hartes Wasser in weiches Wasser umzuwandeln.
Mutarit ist von Beständigkeit, so daß es jahrzehntelang benutzt
werden kann.
Mutarit verbürgtständig nullgradiges, kristallklares Weich-Wasser.
II. Dakorein-Gerbstoff-Verfahren
Dakorein verhütet die Bildung von Kesselsteinansätzen in Dampf-
kesseln, Kondensatoren, Lokomotiven und löst vorhandenen Stein auf.
Dakorein ist einfach in der Anwendung, sparsam im Gebrauch
und verhindert Korrosionen.
Dampfkessel- v. Kondensator-Reinigungsgesellschaft m.b.H.
Düsseldorf, Rheinbahnhaus • Fernsprecher 118 66
Zweigstelle: Halle/Saale, Postfach 188, Fernsprecher 3Ó158
256
Heinrich Neumeyer «--..-s-».
Zentralheizungen • Lüstungs- und sanitäre Anlagen
Beratung
Entwurf
Ausführung
Heizungs- und Lüftungsaniagen aller Systeme
Abwärme-Verwertung, Kalt- und Warmwasser-
Installation, Hochdruck-Dampfleitungen
Waschkauen-Einrichtungen, Wasch- und
Klosett-Anlagen, Autog. Schweißarbeiten
Saarbrücken-Gersweiler
Fernruf Sammel-Nummer 22907/08
LAGER IN HEIZUNGS- UND INSTALLATIONS-MATERIALIEN
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Hauptsitz: Berlin
489 Geschäftsstellen
Niederlassungen im Saarland und in Lothringen:
SAARBRÜCKEN
mit Depositenkasse Neumarkt
HOMBURG - NEUNKIRCHEN - ST. INGBERT g
METZ - DIEDENHOFEN
Hnnahme von Spargeldern unter Russtellung von Sparbüchern
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