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Gehen wir nun noch kurz ein auf die
Rheinhäfen.
Die Leistungsfähigkeit des Rheins als der be¬
deutendsten Binnenwasserstraße der Welt ergibt sich
aus folgernden Ziffern:
Der gesamte Güterverkehr betrug 1913 :
105 Millionen Tonnen. Infolge des Krieges war
er merklich zurückgegangen, steigt aber jetzt wieder von
Jahr zu Jahr. Davon nehmen die Rhein-Ruhr-
Häfen rund die Hälfte des Gesamtverkehrs aller
deutschen Rheinhäfen, rund % des gesamten deutschen
Binnenhafenverkehrs für sich in Anspruch. Im Ver¬
gleich mit den deutschen Seehäfen beträgt der Ver¬
kehr der Rhein-Ruhr-Häsen rund % des gesamten
seewärtigen Güterverkehrs Deutschlands. Der Ge-
samtderkehr der Hamburger Häfen (einschl. Altona
und Harburg) mit rund 22,5 Millionen Tonnen, der
Bremens mit vund 3,2, Emdens mit rund 3,0 und
Stettins mit rund 4,1 Adillionen Tonnen tritt da¬
hinter erheblich zurück.
Im ganzen kann man am Rhein rund sechzig
Häfen feststellen; dabei sind in dieser Zahl die klei¬
neren Ladestellen noch nicht enthalten, und mehrere
Häfen einer Stadt, z. B. in Duisburg und Ruhr-
ort, Köln, Mainz, Frankfurt, Mannheim usw. nur
einmal gezählt. Diese Häfen sind 'ausschließlich
dem Unternehmungsgeist der Ufergemeinden oder
einzelner Privatfirmen zu verdanken, da die Strom-
baubehörden mit der Regulierung der Fahrtverhält-
nisse genug zu tun hatten und daneben sich höchstens
die Schaffung von Schutz - und Sicherheits¬
häfen (gegen Eisgang und Hochwasser) angelegen
sein lassen konnten. Solche sind am dichtesten in der
Gebirgsstrecke, wo als Beispiele St. Goar, Ober-
Wesel (der übliche Nachthalteplatz bei der Schlepp-
fahrt zu Berg)- und B i n g e n genannt seien. — Die
Hafen des Niederrheins find ferner in ziemlich be¬
deutendem Umfang am Rhein-See Verkehr be¬
teiligt. Als Endpunkt für Seeschiffe gilt
der Kölner Hafen, weil stier die Stromstrecke endet,
die auch bei mittlerem Niedrigwasser noch 3 m tief
ist. Der Seeverkehr erreicht etwa 1/io des Kölner
Hafenverkehrs.
Bei den Hafenanlagen findet man als älteste
Form das ausgebaute Stromufer. Bei
kleineren Plätzen genügt dies Wohl; auch bei Neu¬
einrichtungen wird"das Ufer zuerst ausgebaut. Aber
auch in den großen Häfen ist der S t r o m k a i als
der am günstigsten liegende Hafenteil bevorzugt, be¬
sonders für den Eilgüterverkehr. Die Kaianlagen
sind durchweg hochwasserfrei gebaut und haben
bei den älteren Anlagen senkrechte oder nahezu senk¬
rechte Ufermauern. Letztere sind heute nicht mehr
nötig, da die modernen Verladebrücken so weit in den
Strom reichen, daß sie auch ein am unausgebauten
Ufer vor Anker liegendes Schiff bestreichen können.
Sobald das Stromufer für den Umschlagverkehr
nicht mehr ausreichte, mußte man an den Ausbau
eigentlicher Häfen herangehen. Die ersten Häfen ent¬
standen gewöhnlich aus alten Rheinarmen, die am
oberen Ende zugeschüttet und ausgebaut wurden, wie
der Mainzer Zollhafen und der von Wesel. Stand
ein solcher Rheinarm nicht zur Verfügung, so mußte
der Hafen im festen Ufer ausgehoben werden. Im
Laufe der Zeit wurde dann mit dem Anwachsen des
Verkehrs dieses erste Hafenbecken zum H a f e n k a -
n a l, der in den Strom ausmündet, und von dem
Stichbecken abzweigt. Da die Mündung stets im
ruhigen Wässer liegt, sodaß sich Sand, Kies und
Schlamm ablagern, Muß sie durch ständiges Aus¬
baggern offen gehalten werden.
Die Uferwände sind entweder massiv gemauert,
oder die Mauern sind auf Pfahlroste gesetzt, oder es
sind verankerte Sprundwände aus Eisen (Mühl-
heim-Ruhr) oder auch Eisenbeton. Eine bemer¬
kenswerte Bauart findet sich in Schwelgen-
Alsum, wo die Hafenmauer, als Winkelstütz-
mauer ausgebildet, beweglich auf einer Eisen¬
betonkonstruktion gelagert ist, damit sie bei
Bodensenkungen infolge des Bergbaubetriebs nach¬
geben kann.
Die Verlade anlagen haben sich in den ein¬
zelnen Häfen vom Schiebkarren zur Verlade¬
brücke (mit bis zu 70 und mehr na Spannweite)
und Kipper entwickelt. Die modernen elektrischen
Kopfkipper verladen durchschnittlich in 12 Stunden
200 Eisenbahnwaggon. Für Kohle kommt auch viel¬
fach die Kübel Verladung, weil schonender, in
Frage. Die modernen Kübel haben 7 y2 bis 10 t
Fassungsvermögen und stehen zu 3—7 auf einem
Waggon. Die Kübelkrane können stündlich etwa 25
Kübel vom Waggon abheben, ins Schiff entleeren
und zurücksetzen. — Die Kranen, gewöhnlich elektr.
betriebene Drehkranen, sind fast allgemein als Portal-,
einzelne auch als Turmkranen ausgebildet. Neuer¬
dings werden auch Schwimmkraneu benutzt.
Daß überall besondere vollspurige Hafenbahnen
bestehen, ist klar. — Über die Bedeutung gibt nach¬
stehende Tabelle den besten Aufschluß:
Rheinhäsen mit einer Umschlagsztffer von mehr als
einer Million t pro Jahr (außer Holland).
Hasen
Hauptumschlagsgut
Millionen t
Straßburg. . . .
Kohlen, Getretde, Kalt . .
1.988
Karlsruhe....
Kohle, Kies, Sand, Ge-
treibe, Holz
1.478
Mannheim . . .
Kohle, Baustoffe, Getretde,
Schlacken ......
7.397
Ludwigshasen . .
Kohle, Erze, Getretde,
2.873
Chemikalien .....
Mainz-Gustavsburg
Kohle, Steine, Holz, Elsen
1.127*)
Mainz . i . . .
Kohle, Kies, Sand, Ze¬
ment, Holz, Getretde,
Wem
1.810
Köln
Kohle, Braunkohle, Salz,
Getreide, Eisen, Papier,
Farbe
1.413
Düsseldorf....
Metalle, Getreide, Holz,
Ol, Kohle, Zucker. . .
1.567
Rheinhausen. . .
Eisenerz und Eisen . . .
1.987**)
Duisburg . . .
Erz, Schlacken, Salz, Kohle,
Getreide
28.913
Homburg ....
Kohle
1.296***)
Alsum-Schwelgen
Erz, Thomasmehl, Eisen,
Kohle
4.303
Walsum
Erz, Eisen, Kohle....
2.260
Zum Schluß wollen wir noch kurz auf zwei Häfen
näher eingehen, auf Straßburg mit seinen Neubauten r
*) Infolge Erweiterung der Hafenanlagen heute mehr.
**) Krupp cFriedrich-Alfred-Hütte).
***) Rheinpreußen (Hanielsche Zechen).