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Zehn Gebote
eines schlechten Gewerkschaftlers
1. Besuche keine Versammlungen.
2. Wenn du kommst, komme zu spät. Dann
gehe wieder fort, bevor du recht Platz ge
nommen hast.
3. Wenn das Wetter schlecht ist, so komme
natürlich nicht.
4. Wenn du auch keine Versammlung be
suchst,' so schimpfe gleichwohl über die Be
schlüsse und die Arbeit des Vorstandes.
5. Nimm nie ein Amt an, da es leichter ist,’
zu kritisieren/ als selbst etwas zu leisten und
mitzuarbeiten.
6. Trotzdem sei aber gekränkt, wenn du
nicht vorgeschlagen und in den Vorstand
gewählt wirst.' Ist es aber doch der Fall/
dann gehe in keine Sitzung und demissioniere
wieder so bald als möglich.
7. Wenn dich der Präsident einmal um
deine Meinung befragt, so sage/ du habest
nichts zu bemerken. Nachher erzähle aber
allen/ wie es hätte gemacht werden sollen.
8. Tue nur das absolut Notwendige/ wenn
aber andere Mitglieder jahrelang elbstlos
.Zeit und Arbeit für die Sache einsetzen/
so klage über Cliquenwirtschaft.
9. Bezahle deinen Beitrag möglichst spät
und lasse dich zuerst einige Male mahnen.
10. ' Kümmere dich überhaupt möglichst
wenig um das/ was in den Statuten und im
Gesamtarbeitsvertrag steht und lies die Ver
bandszeitung nie. Ueberlasse dies lieber an-f
deren und dann behaupte, es sei alles zu
sammen nichts wert.
Helvetische Typographia:
IDieSAeatexqefneinde teilt mit:
Weiteres Programm für die Spielzeit 1954
Miete I Sonntag
7. 2. 1954 Tiefland (Eugen d’Albert)
21. 3. 1954 Hauptmann von Köpenick
25. 4. 1954 Mignon (Ambroise Thomas)
Miete II Montag
25. 1. 1954 Friederike
22. 2. 1954 Tiefland
29. 3. 1954 Hauptmann von Köpenick
Die »freundlichen« Sfrassenbahnwagen
Verkehrssorgen im alten Saarbrücken um die Jahreswende
Um anno 1890 hatten es die Saarbrücker
zu einem Dampfbähnlein gebracht, das her
vorragend auf der kurzen Strecke funk
tionierte — solange der Kohlenvorrat reichte:
Fauchend zog es seinen Weg von Saar
brücken bis abwärts nach Luisenthal, und
die Anwohner brauchten kaum einen Fahr
plan/ denn sie sahen schon lange vor dem
Schornstein die lange Rauchfahne. Den Rest
besorgte das grelle Gebimmel.::
Ob sie sich rentierte? — Fast so gut wie
die Rostwurststande in der Bahnhofsfraßei
Wie wäre es sonst zu erklären, daß die
Dampfbahngesellschaft sich bereits wenige
Jahre später dazu gezwungen sah, kleine
/.Anhänqer-Waggons'i einzusetzen, weil sonst
der Verkehr nicht mehr zu bewältigen war.
Da aber die Geschichte auf die Dauer doch
nicht so klappte wie es sollte, und weil die
Saarbrücker mit der Zeit gingen, stellten sie
wieder ein paar Jahre später das Bähnlein
auf Elektrizität um.
Wie immer im menschlichen Dasein, so
war es hier: was uns fehlt, das wünschen
wir uns und was wir dann endlich haben/
wird bemeckerf und bekrittelt. Die elektrische
Straßenbahn aber war nun da und die Bürger
der Städte Saarbrücken und St. Johann hat
ten alle Ursache sich zu freuen.
Trotzdem meckerten sie. Der gute alte
Professor R. f anno 1906 wohlachtbares Mit
glied des Saarbrücker Stadtrates, tat eine
Reise nach Trier. Was er dort sah und er
lebte, rieb er hinterher seinen Stadtrats4
kollegen in der Sitzung vom 13. September
1906 unter die Nasen:
In Saarbrücken, so sagte er, sei die Staub
plage infolge der mangelnden Straßenreini
gung kaum noch zu ertragen. Wege und
Bürgersteige seien in einem höchst schauder
haften Zustand, und der schönste Spazier
weg nach dem Schwarzenberg sei kaum noch
passierbar. Dagegen seien die Straßen in
Trier i/hübsch’i — jawohl — instand gesetzt
und es bestehe keinerlei Ursache mehr, künf
tig noch von einem 7,schmutzigen” Trier
zu reden. Dort seien die Wagen der Straßen
bahn 7,freundlich”- und die Fahrt 7,gerauscht
los” (Welch ein Rückschritt im Jahre 1950):
Er selbst sei vor einigen Tagen (!) in Saar--
brücken mit der Straßenbahn gefahren, di«
nur so ,,quietschte und stieß.” Außerdem
habe er festgesf eilt, daß die Saarbrücker,
Straßenbahn sich nicht nach der Bahnhof
uhr, sondern nach dem Chronometer des
Depots richte.::
Nichts gegen die um das Wohl ihrer Mitq
bürger besorgten Stadtväter von Anno da-4
zumal. Aber wir sehen, es war damals wie
heute: wenn der Stoff zum Meckern aus
ging, mußten die Radfahrer oder die Straßen-;
bahn herhalten. Vönsl
Die Konsumgenossenschaften
und ihre Rückvergütung
Ein Rückblick zum Jahresschluss
Der Begriff der Waren-Rückvergüfung ist
so alt wie die Genossenschaften selbst; Schon
die erste Konsumgenossenschaft/ eine Grün-;
düng von 28 armen Webern in dem Städtchen
Rochdale in England/ zahlte die am Jahresende
festgestellte Erübrigung an ihre Mitglieder
zurück. In ihrem Laden hingen schon im
Jahre 1844 Schilder/ die folgendes verkün
deten: „Der Reinüberschuß wird unter die
Mitglieder nach Maßgabe ihres Umsatzes ver-
teilt.'i Dieser von den Gründern der ersten
Konsumgenossenschaft aufgestellte Grundsatz
hat uneingeschränkt auch heute noch Geltung;
Jedes gesunde wirtschaftliche Unternehmen
muß — wenn es Bestand haben soll — am
Schlüsse des Jahres einen Betriebsgewinn aus-
weisen: Diese Ueberschüsse werden bei allen
Unternehmern an die Anteilseigner — die
Besitzer des Unternehmens — verteilt. Das
kann auch gar nicht anders sein/ denn Ziel
und Zweck eines privaten Unternehmens ist
es, Gewinne zu erwirtschaften. Diese werden
dadurch erreicht/ daß die Warenverkaufs
preise eine Verdienstspanne als Unternehmer
gewinn enthalten.
Ganz anders ist die Lage in einem ge
nossenschaftlichen Unternehmen; Die Tätig
keit einer Konsumgenossenschaft beispiels
weise ist nicht auf die Erzielung von Ge
winnen, sondern auf die Förderung der Haus
wirtschaften der ihr angeschlossenen Mitglie
derfamilien ausgerichtet. Die wirtschaftlichen
Gegner der Genossenschaften werden nun
vielleicht sagen: Ob die Ueberschüsse dem
Unternehmer oder den Genossenschaftsmit
gliedern zugute kommen, Gewinn ist Ge
winn. — Dem ist aber nicht so. Die Konsum
genossenschaften verkaufen ihre Waren ge
mäß bewährten genossenschaftlichen Gründe
säfzen zu den allgemein üblichen Tagespreise^
Dia Beträge/ die das private Unternehmen
als Verdienstspanne dem Verkaufspreis hin
zugeschlagen hat und als sein Gewinn ver
bleiben/ fließen bei der Konsumgenossen-i
schaff, die zwar auch eine Spanne anwen- i
det,' in Form der Rückvergütung wieder an
ihre Mitglieder zurück. Darin besteht der.-»
entscheidende Unterschied.
Manche Mitglieder einer KonsumgenosserH
schaff werden sich fragen/ warum die RücM
Vergütung erst am Jahresende und .»icht so4
fort beim Einkauf ausgezahlt wird. Wer di«
voraufgegangenen Zeilen aufmerksam ge
lesen hat/ wird sich die Antwort selbst geben
können: Die Rückvergütung ist ihrem Wesen