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DER EINHEITSGEUIERHStHRFTEN DER ARBEITER, ANGESTELLTEN UND DERIT1TEN
4 ‘Jahrgang
Saarbrücken, 5. Januar 1950
Nr. 1
Die Botschaft hör' ich wohl...
Den schaffenden Menschen frei zu raa*
chejj. seine und seiner Familie Existenz zm
sichern, dem schaffenden Menschen die
Achtung zu verschaffen, auf die er als
wichtigstes und nützliches Glied in Wirt*
Schaft und Staat Anspruch hat, ihm die
Sorge für das Alter abzunehmen, diesem
Ziel war auch im zurückliegenden Jahjs
unsere ganze gewerkschaftliche Arbeit
und unser Streben gewidmet. Im Geiei
kameradschaftlicher Zusammenarbeit tup?
ben wir diese unsere Arbeit zum Besteh
der Gemeinschaft geleistet. Sind auch
manche unserer^Hoffnungen und Forde-
rungen unerfüllt geblieben infolge der ver-
schiedenen Schwierigkeiten, die dabqt
hindernd im Wege standen, so können wtf
dabei doch mit Befriedigung auf das Ge-
leistete und Erreichte zurückblicken,
Ueberzeugt von der Notwendigkeit des
Gewerkschaftsgedankens haben auch im
verflossenen Jahr dank der Mitarbeit un-
serer Funktionäre Tausende den Weg zui
Einheitsgewerkschaft gefunden. Dank aber
auch allen unseren Mitgliedern, die uns
i rr Vertrauen geschenkt und - uns ihr<*
Treue gehalten haben. Dank unseren Be-
triebsräten. Betriebsvertrauensmännern,
Vorständen und Vorstandsmitgliedern für
ihre restlose Hingabe und ihre Mitarbeit
an der Bessergestaltung der Lebenslage
der arbeitenden Menschen des Saar>-
landes.
Ein Rückblick auf die wirtschaftliche
Entwicklung zeigt uns, daß die Arbeit-
nehmerschaft des Saarlafides im verflos-
senen Jahr wie. in den übrigen Jahren
seit dem Zusammenbruch erneut deneirt^
heutigen Willen bekundet hat, alle Kraft
zun Aufbau unserer Heimat und ihrer
Wirtschaft zum Wohle der Gemeinschaft
eiizusetzen. Trotz alledem müssen wir
mit Bedauern feststellen, daß eine volle
Anerkennung und ein Ausgleich für diese
Leistung den schaffenden Menschen ge-
genüber: keinesfalls emgeireten ist, -hswi»-
dem trotz steigender Produktion in der
gesamten saarländischen Industrie hat
sich die Lebenshaltung wesentlich ver-
schlechtert.
Wenn bei allen passenden Gelegenhei-
ten über den Fleiß der schaffenden Men-
schen Lobenswertes gesagt wurde, wenn
immer wieder aus dem Munde der ver-
schiedenen prominenten Redner zum Aus-
druck kam, daß der schaffende Mensch
im Mittelpunkt der Wirtschaft stehen muß,
so dürfen wir wohl heute sagen: ,,Dife
Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt
der Glaube“, denn bis heute vermissen
wir die Taten, die diesem. Lob zu folgen
selbstverständlich wären. Mit der zuneh-
menden Entfernung vom Zusammenbruch
und vom Krieg scheint es uns, als ob die
hinter uns liegende Notzeit bei sehr vie-
len längst wieder in Vergessenheit ge-
ra en, nachdem die Trümmerhaufen nicht
mehr sichtbar und zum großen Teil besei-
tint sind. Nicht zuletzt sind es dieselben
Menschen bei denen alles in Vergessen-
heit geraten ist, die zu der Zeit, als
die Arbeiter des Saarlandes unter
den unglücklichsten Verhältnissen ans
Werk gingen, um die zerstörten Be-
liebe wieder aufzubauen, den völlig dar-
nicderliegenden Verkehr wieder m Gang
zu setzen, als die Angestellten und Be-
amten wieder in die verwaisten Verwal-
tungen gingen, Ordnung schufen und sich
bemühten den notleidenden Menschen zu
helfen, nicht den Mut aufbrachten, sich
io der Oeffentlichkeit am Aufbauwerk mit
zu beteiligen. Nachdem der Rohbau des
Wirtschaftsgebäudes nun errichtet ist
sind es dieselben, die glauben, jetzt die
Im enräume besetzen und mit ihrem alten
Geist erfüllen zu können. Viele von ihnen
leben noch m der Vorstellungswelt von
1933. sie haben vergessen, daiß eine Welt
zusammengestürzt ist. Das kann uns je-
doch n’chi davon abhalten, auch im neu en
Jahr für das gesteckte Ziel der sozialpo-
litischen und Wirtschaftspolitischen Neu-
gestaltung innerhalb des Saarlandes alle
unsere Kräfte ein zu setzen-.
Keinesfalls verkennen wir die schwere
Belastung des Sozialetats des Saarlandes,
keinesfallls verkennen wir auch die im
verflossenen Jahr gemachten Anstrengunr
gen. um die Lebenslage der Rentner, Wifec
wen und Weiten, der Kriegsbeschädigten
und Körperbehinderten zu verbessern.
Trotz alledem werden und müssen wir
euch im neuen Jahre erneut an unseren
iForderungön Festhalten, daß Pensio en
tm:i Renten ensprechend der Teuerung den
Löhnen und Gehältern angepaßt werden,
damit die Menschen, die ihr Leben lang
der Gemeinschaft gedient, wenigstens in
etwa sorgenlos ihren Lebensabend be-
schließen können.
(Fortsetzung Seite 2)
Gewerkschaft in Aktion
Starke Kraftentfaltung in Homburg — Manifestation echter
Gewerkschaftsgesinnung - Wichtige Entschließung
Etwa tausend Personen waren dem Rufe der Einheitsgewerkschaft in Hom-
burg zu einer öffentlichen Kundgebung am Donnerstag nachmittag gefolgt. Im
überfüllten Saalbau hörten die Versammelten mit gespannter Aufmerksamkeit
die Ausführungen der beiden Referenten, derKoPegen Rauch und Ammann. Diese
Kundgebung wurde zu einem überzeugenden Beweis für das Ansehen der Ein-
heitsgewerkschaft, für die starken Kräfte, die ihr innewohnen und für das Ver-
trauen. das ihr entgegengebracht wird. Als nach der dreistündigen Versamm-
lung die Massen dicht gedrängt den weiten Raum und den breiten Balkon ver-
ließen. hörte man immer wieder Worte des Stolzes und der Freude. Viele von
den Männern und auch Frauen, die an diesem Werktag nachmittag so zahlreich
erschienen waren und die sich mit der Entwicklung der Gewerkschaft verbun-
den fühlen und denen der Grad ihrer Bedeutung am Herzen liegt, gingen mehr
als befriedigt nach Hause. Manche von den jüngeren Arbeitnehmern, die sich
noch nicht lange mit dem Gewerkschaftsleb^p beschäftigen, waren über den
Geist, der die Anwesenden beseelte, erstaunt und stark beeindruckt Kundgebun-
gen, wie die von Homburg, sind schon ein Teil der Kraft, die Erfolge schafft.
Nach der Begrüßung sprach als erster
Referent Kollege Richard Rauch. Aus-
gehend von der Entwicklung der saarlän-
dischen Industrie seit dem Jahre 1870,
schilderte er im einzelnen die Wirtschafts-
beziehungen zwischen Deutschland und
Frankreich. Danach behandelte der Red-
ner die aktuellen Probleme der Lohnpo-
litik und forderte in diesem Zusammen-
hang die gesetzliche Verankerung eines
Tarifvertragsrechts. Es sei an der Zeit,
Lohntarife zu schaffen, die die Leistun-
gen der Arbeitnehmer gerecht berücksich-
tigen.
Zu dem viel diskutierten Betriebsräte-
fesetz übergehend, erklärte Kollege
I auch: „Kein Unternehmer kann von sich
sagen, daß er allein es war, der im Zeit-
ratrPsweffrt?« einzigen Leben^Millionen zu
verdienen in der Lage gewesen wäre. Die
großen Vermögen sind nur durch Gemein-
schaftsleistungen zustande gekommen.
Niedrige Löhne ermöglichen es den Un-
ternehmern, auch nach gewissen Erschüt-
terungen ihre Betriebe wieder flott zu ma-
chen. Weiter kann man sehen, wie immer
neue Geschäfte wie Pilze aus der Erde
schießen. Es ist ganz klar und entspricht
dem gesunden Rechtsempfinden, daß die
Arbeitnehmer nun das Mitbestimmungs-
recht in den'Betrieben geltend machen.
Es wäre unsittlich, diesem Verlangen
nicht endlich stattzugeben. Aller Fleiß
nutzt dem Arbeitnehmer nichts. Damit
kann man kein Vermögen verdienen. Um-
somehr hat er ein Recht, von der Will-
kür und der Ausbeutung einzelner Unter-
nehmer befreit zu werden. Der Betrieb,
in dem sich der größte Teil des Lebens
des arbeitenden Menschen abspielt, darf
keine Stätte der Unterdrückung son-
dern dort muß er sich wohlfühlen kön-
Wie kann den Rentenempfängern geholfen werden?
Der Redner wandte sich hierauf der
Sozialpolitik zu. Die Renten seien schlecht.
Eine mindest 300/oige Erhöhung sei not-
wendig. Besonders schlimm sei die Lage
der Rentenempfänger aus der Metallindu-
strie. Es gäbe noch Möglichkeiten zu ei-
ner Rentenerhöhung in dem 36 Milliarden
Haushalt des Saarlandes, in dem man
eine Teilsumme für Rentenzuschüsse ab-
zweige. Jedermann freue sich über den
Wiederaufbau, für den im Haushalt 9 bis
10 Milliarden Franken eingesetzt seien,
aber die Gewerkschaft habe in erster
Linie für die sozialen Probleme unmittel-
bar einzutreten und dafür, daß niemand
hungern brauche. Marshallgelder sollten
einmal denen zugute kommen, die sie auf
Grund jahrzehntelanger, ununterbroche-
ner Arbeit verdient haben.
Das Aerzteproblem, besonders das
Krankenscheinwesen bedürfe einer Aen-
derung. Der Kranke, der heute mit einem
Krankenschein zum Arzt komme, müsse
oft eine gewisse Geringschätzung fest-
stellen.
Kollege Rauch rief die Arbeitnehmer-
schaft auf, festzusammenzustehen, die
Gewerkschaftsorganisation noch stärker
zu machen, denn nur dann habe sie das
Gewicht, um die Forderungen, auf deren
Erfüllung man warte, durchzusetzen.
Den mit starken Beifall aufgenommenen
Ausführungen folgte die Rede des Direk-
tors der Landesversicherungsanstalt
Ammann, der für den erkrankten Arbeits-
minister Kirn das Referat übernommen
hatte. Kollege Ammann vertrat mit unmiß-
verständlicher Klarheit seinen Standpunkt.
Oberstes Gesetz einer Sozialversicherung
müsse sein, unter allen Umständen den
Massen der arbeitenden Schicht, die le-
diglich auf den Ertrag ihrer Arbeit an-
gewiesen sind, soweit wie nur irgend
möglich zu helfen und gerade dann zu
helfen, wenn sie durch Krankheit, Unfall,
Invalidität oder Arbeitslosigkeit ihr ein-
ziges Kapital, die Arbeitskraft, nicht mehr
voll oder überhaupt nicht mehr einsetz en
können. Die Hilfe geschieht im wesentli-
chen durch die Versicherungen, zu der der
Arbeitnehmer seine Beiträge zahlt; Aber
es sei durchaus berechtigt und möglich,
daß der Staat zu den Beiträgen, die keine
genügende Hilfeleistungen ermöglichen,
aus öffentlichen Mitteln Zuschüsse ge-
währe.
(Fortsetzung Seite 3)
Die Kundgebung der Einheitsgewerkschaft im Saalbau in Homburg.
iHiMimiiimiiiKfflimiiimiiiiiiiimiiiiiiiiiiiimtiiiiiiimiitiiniiiitiiiiiimimiiniiimimu
Aus dem Inhalt:
Sonderseite „Der junge Gewerkschaftler“
I. V. - Post und Fernmeldewesecn
Berichte aus den Kreisen
Kreiswerbewettkampf
Gewinnbeteiligung der Arbeit
„Die Gewerkschaftseinheit“
Zur Reform der Sozialversicherung
Die Bedeutung der Freizeit
Die Theatergemeinde teilt mit
Urlaubsbeihilfe bei Versicherungen
Wille und Weg
Gewährung einer Zulage
iiimiiimiiinimmniiimiHiiiiimmiiiiiiiimtiiiiiiiimkiiniiiiwmiimiiimmnmmiw
Das Mitbestimmungsrecht
Von Arbeitsminister Richard Kirn.
Das neue Betriebsrätegesetz, das im
Entwurf dem Landtag zur Verabschiedung
vorgelegt und gleichzeitig der Oeffentlich-
keit zur Kenntnis gebracht worden ist, hat
in den Kreisen der Arbeitnehmer einmü-
tig Anklang gefunden, während es auf Ar-
beitgeberseite große Bedenken auslöste,
insbesondere bezüglich der Gestaltung
des Mitbestimmungsrechts. Ich halte es
für notwendig, einige grundsätzliche Aus-
führungen über die Frage des Mitbestim-
mungsrechts zu machen.
Das saarländische Volk hat die Demo-
kratie als Staatsform gewählt und diese
in seiner Verfassung verankert. Die De-
mokratie findet aber nicht nur in der
staatspolitischen Ausrichtung eines Lan-
des ihre Erfüllung, sondern es müssen
auch die Wirtschaft und die Betriebe ent-
sprechend ausgerichtet sein. Von einer
wahrhaften Demokratie kann daher nur
dann gesprochen werden, wenn m ihr die
Wirtschafts- und Betriebsdemokratie eben-
so konsequent zur Durchführung gebracht
wotden ist, wie die staatspolitische.
Zweck des neuen Betriebsrätegesetzes
soll es sein, der Verwirklichung der Be-
triebsdemokrafie zu dienen, indem ge-
wählten Vertretern der Betriebsgemein-
schaft das Recht eingeräumt ist, bei der
Gestaltung und Ausrichtung des Betriebes
mitzubestimmen.
Die heutige Arbeitnehmerschaft, zum
größten Teil auf Grund der industriellen
und wirtschaftlichen Entwicklung der
letzten Jahre nicht mehr in der Lage, sich
eine selbständige Existenz zu erringen,
will nicht mehr ausschließlich Objekt
wirtschaftspolitischer Ueberlegung ande-
rer sein. Sie will vielmehr unter Aner-
kennung des Grundsatzes ihrer Würde als
Mensch und Persönlichkeit selbst am
Wirtschafts- und Betriebsleben mitgestal-
ten. Dieser Forderung kann niemand mehr
ablehnend gegenüberstehen; es sei denn,
er hat die Bestrebungen der Zeit nicht
erkannt'üftä steht notwendigen Verände-
rungen ohne sachliche Argumentation ab-
lehnend gegenüber. Durch diee Forde-
rung verlangt der Mensch seine Rechte
innerhalb des Wirtschafts- und Betriebs-
lebsns zurück, die ihm von Anfang an
nach jeder naturrechtlichen Auslegung zu-
gestanden haben, Die Durchsetzung die-
ser Forderung wird picht nur von der
saarländischen Arbeitnehmerschaft ver-
langt, sondern der Wunsch nach Verwirk-
lichung der Forderung ist darüber hinaus
in ganz Europa feststellbar.
Jeder verantwortliche Politiker hat heute
von diesen Tatsachen auszugahen und
muß berücksichtigen, daß sich d:e Arbeit-
nehmerschaft auf dem Wage zu einem
solideren sozialen Standort befindet. Ge-
setzgeber und Politiker haben demnach
‘die Aufgabe, rechtzeitig die Grundlage
dieses neuen Standortes zu schaffen, um
dadurch Bestrebungen aufzufangen, cüe
sonsi leicht zu schweren wirtschaftlichen
und sozialen Erschütterungen führen
könnten.
Im einzelnen äußert sich das Mitbestim-
naungsrecht in Mitbeiatung, Mitwirkung
und Mitbestimmung in wirtschaftlichen,
personel'en und sozialen Fragen. Da nicht
jeder Arbeitnehmer von sich aus entschei-
den kann, v>as Mitbestimmung, Mitwir-
kung oder Mitberatung ist, ist eine gesetz-
liche Regelung des Mitbestimmungsrechts
notwendig, wobei dieses innerhalb der Be-
triebe nach den einzelnen Veranlwortungs-,
bereichen und Aufgaben klar abzugxen-
zen ist. Dem Gesetzgeber obliegt es, die
Grundsätze und Mindestforderungen fest-
zulegen. Besonderheiten und Eigenarten
des einzelnen Betriebes sind in Betrvebs-
V
Seite 2
„DIE ARBEIT“
Januar 1950
Ausnahmezulage an arbeitsunfähig Erkrankte
Handeln ist so gewiß das Beste
wie Brüten das Schlimmste ist.
Foutin«
Vereinbarungen zu regeln. Die Mitbestim-
mung in diesen aufgezeigten Formen ist
eng verbunden mit der Mitverantwortung.
Wird diese Mitverantwortung von den Ar-
beitnehmern übernommen, so kann damit
keineswegs der Verantwortungsbereich
der bisher dafür Verantwortlichen beseitigt
oder geschmälert werden. Diese Verant-
wortung muß bestehen bleiben. Sie ver-
stärkt sich jedoch um die hinzukommen-
de Mitverantwortung der Arbeitnehmer.
Mitbestimmung so verstanden, wird sich
zum Segen der Wirtschafts- und Sozial-
politik emes Landes und Volkes auswir-
ken. in dem 'nicht nur die Vertreter des
Kapitals für sich allein das Recht bean-
spruchen Entscheidungen zu treffen, die
in erster Linie den Menschen angehsn,
der von diesen Entscheidungen betroffen
wird. Das Mitbestimmungsrecht der Be-
legschaft eines Betriebes ist so wichtig für
die Gestaltung unseres wirtschaftlichen
sozialen Lebens, so bedeutsam, daß es
von allen Beteiligten cmgepackt und ge-
löst werden muß. Es sind dabei die Ver-
hältnisse der Gegenwart zu beachten, die
weder durch ein starres Festhalten an den
Gewohnheiten der Vergangenheit, noch
durch übertriebene Wunschträume getrübt
werden dürfen. Es muß auch im Saarland
möglich sein, die Forderung der Arbeit-
nehmerschaft auf Mitbestimmung einer
geeigneten und für alle Beteiligten gang-
baren Lösung entgegenzuführen.
Urlaubsbeihilfä für Versicherungsan-
gestellte im Innen- und Außendienst
Die vorläufige Verwaltung der Versi-
cherungsgesellschaften im Saarland ge-
nehmigte für die Angestellten des Innen-
und Außendienstes der Versicherungen
Provinzial - Leben, Provinzial - Feuer,
Bayern, Terra - Leben, Volkshilfe, Volks-
wohlbund und Volksfürsorge die Urlaubs-
beihilfe für das Jahr 1949 in derselben
Höhe wie in Frankreich. Für die übrig«!
Gesellschaften und Gruppen von Gesell-
schaften bestehen wegen Genehmigung
der Urlaubsbeihilfe Verhandlungen. Es
ist mit einem günstigen Resultat zu rech-
nen.
Neugiiiadung des Deutschen Arbeitsgerichts-
verbandes e. V.
Der Deutsch« Arbeitsgerichtsverband, der sich
in der nationalsozialistischen Zeit auflösen muß
te, wurde am 15. Dezember 1949 in Köln neu ge-
gründet. Zweck des Verbandes ist. die deut-
schen Arbeitsgerichte durch laufenden Gedan-
ken- und Erfahrungsaustausch zu verbinde^ und
die Wissenschaft und Praxis des Arbeitsrechts
zu fördern. Zu Präsidenten des Arbeitsgerichts-
verbandes wurden Professor Dr Nipperdey, Köln,
und Dr. Herbert Monjau, Präsident des Landes-
arbeitsgerichts Düsseldorf gewählt. Die Ge-
schäftsstelle des Verbandes befindet sich bis auf
weiteres in Köln-Marienburg, Wolfgang-Müller-
Straße 15.
Dar Landtag hat in erster Lesung einer
Gesetzesvorkige xugestimmt, wonach an ar-
beitsunfähig Erkrankte eine einmalige Son-
de neu läge gewährt wird. Nach der Behand-
lung im sozialpolitischen Ausschuß ist be-
reits in allernächster Zeit mit der Verab-
schiedung und damit Inkraftsetzung der
Vorlage zu rechnen. Inhalt und Begründung
der Vorlage besagen im wesentlichen:
Fine einmalige Ausnahmezulage erhal-
ten solche Personen, die im Monat Ok-
tober 1949
a) bei einem gesetzlichen Krankenver-
sicharungsträger arbeitsunfähig
krank gemeldet und nicht mit Kran-
kengeld ausgesteuert waren, oder
b) sich auf Kosten eines Rentenversi-
cherungsträgers in Heilstättenbe-
handlung befanden
und für Oktober 1949 oder Teile dessel-
ben nur deswegen keine Ausnahmszulage
nach der Verordnung betr. Zahlung einer
einmaligen Aus nähme Zulage vom 23. No-
vember 1949 erhalten können, weil sie
aus dem Beschäftigungsverhältnis ausge-
schieden waren.
Die Ausnahmezulage nach Abs. 1 wird
nicht gewährt, wenn ein Anspruch auf
Zahlung einer einmaligen Sonderzulage
oder Ausnahmezulage nach dem Gesetz
vom 30. November 1949 über die Gewäh-
rung einer einmaligen Sonderzulage in der
Rentenversicherung oder dem Erlaß vom
30. November 1949 über die Gewährung
einer einmaligen Ausnahmezulage an die
Kriegsbeschädigten, Kriegshinterblisba-
nen und ihnen gleichgestellten Personen
besteht.
Die Ausnahme Zulage übernimmt in Fäl-
len des Abs. 1 Buchst, b) der zuständige
Rentenversicherungsträger, in den übri-
gen Fällen der zuständige Träger der
Kr anken versiehe rang.
Die Ausnahmezulage wird für jeden Tag
des Monats Oktober, an dem der Berech-
tigte nachweislich arbeitsunfähig krank
oder in Heilstättenbehandlung war und
für den ihm nicht eine Ausnahmezulage
auf Grund der Verordnung vom 23. No-
vember 1949 odeT Arbeitslosenunterstüt-
zung zusteht, gezählt. Sie beträgt
50.— Franken täglich, höchstens aber
1500.— Franken.
Die Ausnahme Zulage nach Abs. 1 er-
höht sich
1 für die Ehefrau oder eine dieser nach
der Verordnung über Familienzulagen
vom 2. März 1948 in der Fassung des
Aenderungsgesetzes vom 19. JulÄ 1948
gleichgestellte Person
um 4.— Frankem täglich, höchstens
aber um 120 Franken
2 für Kinder, für die nach der Verord-
nung über Familienzulagen vom 2.
März 1948 in der Fassung des Aende-
rungsgesetzes vom 19. Juli 1948 An-
spruch auf Kindergeld besteht, und
zwar
für das 1. Kind um 4.— Franken täg-
lich, höchstens aber um 100 Frs.
für jedes weitere Kind um 7.— Fran-
ken täglich, höchstens aber 200 Frs.
Die Ausnahmezulage wird nur auf An-
trag gewährt. Der Antrag ist bei der Stelle
abzugeben, die für die Auszahlung des
Kranken-, Haus- oder Taschengeldes im
Oktober 1949 zuständig war.
In der Begründung zu dem Gesetzent-
wurf heißt es: Nach der Verordnung betr,
Zahlung einer einmaligen Ausnahmezu-
lage vom 23. November 1949 erhalten die
Angehörigen bestimmter Arbeitnehmar-
gruppen, die im Oktober 1949 oder Teile
desselben in einem Beschäftigungsver-
hältnis gestanden haben, eine Ausnahme-
zulage, auch wenn sie im Monat Oktober
arbeitsunfähig krank waren. Die Aus-
nahmezulage nach dieser Verord-
nung können aber nicht solche Angehöri-
gen der betreffenden Arbeitnehmergrup-
pen erhalten, die im Oktober 1949 arbeits-
unfähig krank odeT in Heilstättenbehand-
lung waren und deren Beschäftigungs-
Verhältnis gelöst war. Es ist erforderlich,
diese Lücke zu schließen. Da es nicht
angängig ist, die früheren Arbeitgeber zy»
verpflichten, die Ausnahmezulage auch in
solchen Fällen zu zahlen, bleiben nur die
Sozialversicherungsträger, denen die geld
liehe Betreuung dieses Personenkreises
obliegt, als Träger der Ausnahmezulage
übrig.
Lohnsteuer und Weihnachtszuwendungen
Ein Freibetrag von 10 000.— Frs. liegt
bei WeihnachtszuWendungen zugrunde.
Darüber hinaus gezahlte Zuwendungen
sind lohnsteuerpflichtig und unterliegen
auch der Beitragspflicht zur Sozialversi-
cherung.
Beispiel: Der laufende Arbeits-
lohn eines verheirateten Arbeitnehmers
(Steuerkl. II) beträgt monatlich 23 000.—
Franken. Am 20. Dezember wird ihm
ein 13. Monatsgehalt ausbezahlt.
Weinachtszuwendung 23 000 Frs.
Freibetrag 10 000 Frs.
Steuerpflichtiger Betrag
13 000 Frs.
Lohnsteuer 12 v. H. des
steuerpfl. Betrages 1 560
Kirchensteuer 8 v.H, 125
Wiederaufbauabgabe
9 v. H. 140
Arbeitnehmerbeitrag
Vor neuer Sozialordnung
für die westdeutschen Bergwerke
Nach einer Zeitungsmeldung, die so-
eben verbreitet wird, erklärte General-
direktor Dr. Heinrich Kost auf einer
Versammlung in Duisburg, daß für die
westdeutschen Bergwerke alsbald eine
neue Sozialordnuxtg bekanntge-
geben werde. In ihr sei eine gerechte
Beteiligung eines jeden Arbeiters
berücksichtigt.
Welfer betonte Dr. Kost, er wünsche,
daß von jetzt an jeder, gleich ob Di-
rektor oder einfacher Arbeiter, mit sei-
nem Namen und nicht mit seinem Titel
angeredet werde.
Bernhard Göring f
Der zweite Vorsitzende des FDGB,
Bernhard Göring, ist Anfang De-
zember, als er von einer Gewerkschalts-
kundgebung in Sachsen nach Berlin zu-
rückkehren wollte, einem Herzschlag er-
legen. Der Verstorbene, der über 30 Jahre
im Gewerkschaftsleben tätig ist, hat sich
um den Aufbau des FDGB sehr verdient
gemacht. Sein Tod bedeutet für die Ge-
werkschaft eine große Lücke.
Bernhard Göring wurde 1897 in Ber-
lin geboren. Er war gelernter Kaufmann.
Schon früh bekleidete Göring verantwort-
liche gewerkschaftliche Funktionen. We-
gen seiner antifaschistischen Tätigkeit
wurde er in den Jahren 1937 bis 1940
mehrfach verhaftet. A» den gewerk-
schaftlichen Vorbereitungen im Zusam-
menhang mit den Ereignissen des 20.
Juli 1944 war Bernhard Göring hervor-
ragend beteiligt.
Für die Gewerkschftsbewegung ist der frühe
Tod Bernhard Görings ein schwerer Verlust. In
vielen Nachrufen fand die Bedeutung dieses Ge-
werkschaftlers ihre nachhaltige Betonung. Auch
wir bringen unser herzliches Beileid zum Aus-
druck.
Karl Arndt f
Der langjährige frühere Bezirkssekretär des
ADGB für Sachsen. Karl Arndt, ist an den
Folgen einer längeren Krankheit gestorben.
Alwin Brandes f
Im Alter von 83 Jahren ist Alwin Brandes
am 6. November aus seinem arbeitsreichen
Leben geschieden. Er war der frühere Vor-
sitzende des Deutschen Metallarbeiterverbandes,
eine der markantesten Persönlichkeiten der
deutschen Gewerkschaftsbewegung. Besonders
die Arbeiter der Schwerindustrie werden sich
seiner erinnern, denn die Kämpfe in den Jahren
1926 bis 1928 im Ruhrgebiet um den 8-Stundentag
und den kollektiven Arbeitsvertrag wurden
unter seiner Leitung geführt.
z. Sozialversicher. 147 1 972 Frs.
21 028 Frs.
Allen Mitgliedern und Familienangehörigen wünschen Hauptverwaltung und Industrieverbände ein glückliches neues Jahr
Die Botschaft hör' ich wohl....
(Fortsetzung von Seite 1)
Wenn deshalb unsere besondere Auf-
merksamkeit dem weiteren Auf- und Aus-
bau der Sozialversicherung des Soarlan-
des gilt, so ist eine unserer ersten und
dringlichsten Forderungen die Schaffung
einer neuen Versicherungsordnung, in
welcher bestehende Härten beseitigt und
ein übersichtliches Gesetsgebungswerk
geschaffen wird. Der bis jetzt begonnene
Aufbau der gesamten Sozialversicherung
des Saarkindes hat sich zum Vorteil dar
gesamten Arbeitnehmerschaft entwickelt.
Wenn andererseits Bestrebungen im Gan-
ge sind, an Stelle- der Zentralisation eine
Dezentralisation der gesamten Sozialver-
sicherung wieder herbeizuführen, so wird
die Einheitsgewerkschaft sich mit allen ihr
zu Gebote stehenden Mitteln gegen einen
derartigen Rückschritt wehren. Wir be-
trachten es als unsere Pflicht, dieser un-
sachlichen Kritik und diesen Bestrebun-
gen entschieden entgegen zu treten, nach-
dem Hunderte unserer Funktionäre zu ei-
ner Zeit, als die Pensionäre, Witwen und
Waisen nicht wußten, wo sie das Stück
Brot für den nächsten Tag hernehmen
sollten, sich bemühten, durch Beschaffung
von Mitteln und Wiederaufbau dar Soziai-
versicherungsträger allergrößte Not be-
seitigen zu helfen. Nicht nur im Saar-
land. sondern auch im übrigen Deutsch-
land, ist es das Streben dar Gewerk-
schaftsbewegung, zu einer Zentralisation
und damit zu einer Verbreiterung und Ver-
besserung der Sozialversicherung zu kom-
men. Es ist uns unbegreiflich, daß im
Saarland selbst das Christentum dazu be-
nu.zt wird, um den Beweis zu erbringen,
daß der Neuaufbau und die Zentralisie-
rung der Sozialversicherung sich nicht mit
der christlichen Weitanschauung verein-
baren ließe. Wir müssen es ablehnen, uns
von Menschen, die einmal mir allen Mit-
teln für die christliche Diktatur ein ge tre-
ten sind in diesar Form eine christliche
Demokratie aufoktioieren zu lassen. Mö-
gen doch diese Menschen, wie viele Tau-
sende endlich zu der Erkenntnis kommen,
daß die Gewerkschaftsbewegung für die
arbeitende und notleidende Menschheit
die einzige Brücke zur Ueberwindung der
parteipolitischen Gegensätze ist, daß eine
parteipolitisch und religiös neutrale Ge-
werkschaftsbewegung einen hoffnungs-
vollen Ausblick eröffnet auf eine künftige
friedliche Weltordnung, die den schaffen-
den Menschen aller Völker dieser Erde
die freie Entfaltung ihrer Lebensrechte ge-
währleistet und damit den Weg frei macht
für eine bessere, lichtere Zukunft der
Menschheit.
Ebenso notwendig ist die immer und im-
mer wieder von uns geforderte Neurege-
lung des gesamten Lohn- und Gehalts-
systems. das längst seine Berechtigung
nach dem Bestehen der freien Marktwirt-
schaft verloren hat. Die Regierung hat
die Pflicht, ein Tarifvertragsrecht zu
schaffen, das entsprechend den Leistun-
gen und der beruflichen Tätigkeit der Ar-
beitnehmerschaft, unter besonderer Be-
rücksichtigung der dauernden PToduk-
tkmssteigerung. eine gerechte Lohn- und
Gehaltsregelung durch Abschluß voh Kol-
lektivverträgen zwischen den Gewerk-
schaften und Arbeitgebern gewährleistet.
Diese Forderung ist um so dringender und
die Schaffung des Gesetzes um so not-
wendiger, da ein großer Teil unser« Part-
ner in der Wirtschaft die Vergangenheit
vergessen und nichts hinzugelernt hat.
Wohl glauben sie, ihre demokratischen
Gefühle immer und immer wieder zum
Ausdruck zu bringen, vergessen jedoch
dabei, daß der Herr-im-Hause-Standpunkt
und sei er auch noch so verbrämt, mit
Wirtschaftsdemokratie nichts zu tun hot.
Unsere Meinung ist, daß derselbe nicht
weiter bestehen kann, nachdem er in der
Politik längst seinen Sinn verloren.
Wir beginnen das neue Jahr in dem Be-
wußtsein, daß eine neue Phase unseres
Ringens begonnen hat, bei der mehr als
je unsere Einheit und klare Ausrichtung
auf unser Ziel im Vordergrund unserer
künftigen Arbeit stehen muß. Die kom-
menden Monate stellen uns vor größte
Aufgaben, und der Weg, den wir zu ge-
hen haben, soll uns neben dem demokra--
tischen Staatsbürger endlich zum demo-
kratischen Wirtschaftsbürger führen. Wir
erinnern uns all der Lippenbekenntnisse
nach dem Zusammenbruch, wobei immer
der Gedanke dar Wirtschaftsdemokratie
aus allen Lagern zu hören war und müs-
sen heute im Gegensatz dazu feststellen,
daß jede Weiterentwicklung auf diesem
Weg von denselben Menschen konsequent
abgelehnt wird. Es ist ein böses Zeichen
beim Beginn des Neuaufbaus unserer
Wirtschaft, wo so viel von sozialer Ge-
rechtigkeit und christlichem Sozialstaat
gesprochen wird, feststeillen zu müssen,
daß nichts unversucht bleibt, um das alte
liberalistisch-kapitalistische Wirtschafts-
system, das uns so viel Unglück gebracht
hat, erneut wieder auf Kosten der schaf-
fenden Menschen aufzubauen und die
Wirtschaft und deren Erträgnisse als die
ureigenste Angelegenheit des Unterneh-
mertums zu betrachten. Wenn schon von
Reaierungsmitgl'edem bei dam Kampf um
Mitbestimmung in der Wirtschaft auf Aus-
sprachen d. Heiligen Vaters zurückgegrif-
fen wird, um damit den Beweis zu erbrin-
gen. daß einzig und allein dar Unterneh-
mer Herr der wirtschaftlichen Entschlüsse
bleiben muß, wo wird dabei vergessen
oder aber bewußt verschwiegen, daß an-
dere höchste Vertreter des Christentums
wiederholt sich mit diesem Problem be-
schäftigt haben. Wir erinnern an die En-
zyklika „Quadragesimo anno“ von Papst
Pius XI., m welcher er sagt: „So wenig
das Kapital ohne die Arbeit, so wenig
kann die Arbeit ohne Kapital bestehen.
Es widerstreitet daher den Tatsachen, ei-
nem der beiden, dem Kapital oder dar Ar-
beit, die Alleinursächlichkeit an dem Er-
trag des Zusammenwirkens zuzuschrei-
ben. Vollends widerspricht es der Ge-
rechtigkeit, wann der eine oder andere
Teil, auf diese angebliche Alleinursäch-
lichkeit pochend, das ganze Ergebnis für
sich beansprucht. Lange genug konnte in
der Tat das Kapital ein Uebermaß für
sich vorwegnehmen. Das gesamte Erträg-
nis. die gesamten Ueberschüsse, rahm
das Kapital vorweg für sich in Anspruch,
dem Arbeiter kaum die Notdurft fiir die
Erhaltung der Arbaitskiaft und lhre Repro-
duktion überlassend.“ Und wenn dam so
ist. dann haben wir als Gewerkschaften
das Rechi und die Pflicht, ein neues Würt-
schaftsrecht zu fordern. Ausgehend von
dieser Erkenntnis sind wir uns aber auch
darüber klar daß für die Arbeiter, An-
gestellten und Beamten es eine Lebens-
notwendigkeit ist, uns imsea einheitliche
Gewerkschaftsbewegung zu erhalten, Mur
darin liegt unsere Stärke, und die Gegner
der neuen sozialen Ordnung haben dies
längst erkannt und sind auch bestrebt,
neue Zersplitterung in unsere einheitliche
Gewerkschaftsbewegung zu tragen.
Für uns als Einheitsgewerkschatt steht
unumstößlich fest, daß das Grundgesetz
der politischen und wirtschaftspolitischen
Demokratie entweder bejaht oder abge-
lehnt werden kann; ein Zwischending
kann es nicht geben. Was wir wünschen,
wollen und fordern ist Anwendung und
Anerkennung ehrlicher demokratischer
Handlungen. Einzig und allain von einet-
solchen Entscheidung wird es qbhängen,
ob wir als gewerkschaftliche Organisa-
tion. unter Wahrung des sozialen Frie-
dens, bei dem Ringen um unsere wirt-
schaftspolitischen Ziele im kommenden
Jahr Verständnis finden oder ob wir ge-
zwungen werden, als Kampiorganisatio.l
den Unbelehrbaren Einhalt zu gebieten.
Unsere Arbeit im neuen Jahr ist und
bleibt die Beseitigung jeder sozialen Not
und das Ringen zur Herbeiführung men-
schenwürdiger Arbeits- und Lebensbedhv
gungen für dia schaffenden Menschen, für
alle, ob Arbeiter, Angestellte oder Be-
amte.
HEINRICH WACKER.
Tanuar 1950
DIE ARBEIT“
Seite 3
{Berichte aas den Jiceisen
üiiniiiiiuiiiiiiDHiiimni
Völklingen. In einer gutbesuchten Funktionär-
Versammlung des Ortsausschusses der Einheits-
gewerkschaft der Arbeiter, Angestellten und Be-
amten des Saarlandes sprach das Mitglied des
Hauptvorstandes und Organisa'ionsleiter Faul
Obermeier über das neue Eelriebsrä'.egesetz
und über die Sofortforderungen, die auf der Ge-
neralversammlung der Einheitsgewerkschaft in
Sulzbach gestellt wurden. Sein Referat fand
starken Anklang. Die Diskussion legte Zeugnis
ab von dem fortschrittlichen Geinte und Wilien,
der in den Reihen der Funktionäre der Einheits-
gewerkschaft herrscht. Die Tagung nahm lei-
gende Resolution einstimmig an:
..Die am 18. Dezember 1919 in Völklingen ver-
sammelten Funktionäre des Ortsausschusses der
Einheitsgewerkschaft der Arbeiter. Angestellten
und Beamten des Saarlandes nahmen zu der
Vorlage des neuen Betriebsrä egese^zes Steilung.
Sie wiesen die Ang i'fe des Arbeitgeberverban-
des, wie sie durch einen Artikel in der ..Die
Saarwirtschaft" zum Ausdruck kamen, mit aller
Entschiedenheit zurück. Sich berulend auf die
Artikel 57 und 58 unserer Verfassung, in der das
Mllbestimmungsrecht der schaffenden Menschen
verankert ist. fordern die Gewerkschaftler, daß
die Vorlage des Eetriebsrätegesetzes der Ein-
heitsgewerkschaft ohne jede Abänderung vom
Laod'ag des SaarlanJes angenommen wird, weil
Sn ihr der Wille der Mehrheit des Saarvolkes
ihren Niederschlag findet und eine Abänderung
derselben e’nan Angriff auf die demckra’ischcn
Rechte des Saarvolkes darsfellen würde. Des
weiteren begrüßen die Funktionäre die Initiative
der Delegierten-GeneiaiversamiTilung der Ein-
Ecitsgewedcschaft. die an 19. und 23. November
1919 in Sulzbach stattfand und erklären, daß sie
eile Kräfte einsetzen, danlt die dort erhobenen
Forderungen in nächs'er Zeit verwirklicht werden.
St. Ingbert. Die Arbeiter und Meister der Fir-
ma Lederwerke St. Ingbert haben zu Weihnach-
ten eine Sammlung für ein erkranktes Beleg-
schaftsmitglied durchgeführt. Obwohl der Be-
trieb Kurzarbeit e;ngeführt hat und die Beleg-
schaft keine Gratifika inn erhielt, wurde dis
Summe von 3910 ffrs. zusammenaebracht und
dem kranken Kameraden zur Verfügung gestellt.
Briefkasten.
I. R. O. Internationaler Suchdienst, Arolsen
bei Kassel, sucht:
Gabaglio, Giovartni {Vater: Paguor’e), Ita-
liener. geb. 14. 5. 28 in Como; kam am 18. 10. 44
nach Deutschland.
G r a n i e r Marcel, geb. 9. 8. 20 in Celle l’Eves-
cault. wurde an» 9. 3. 43 deportiert, ist am 20. 3.
45 in einem Hospital in Ste'tln gesehen worden.
V/aszkiewicz Stefan (El'e'n: Wladyslaw u.
Michalhia). Pole. geb. 1. 2. 23. letzte Nachricht am
13. 7. 46 durch Richard Beyer, Biedershausen bei
Zweibrücken.
Wol if, Jan-Mieczyslaw (Eltern: Stanislaw
u. Helene geb. van der Beek), Pole. gab. 1. 7. 23
in Warschau, wurde während des Warschauer
Aufstandes verhaftet und nach Stutthof trans-
portiert. hielt sich in November 1945 in einem
Lager in dar Nähe der franz. Grenze auf.
Bruch Emilia. geb. Kaiinsky, Jüdin, geb. 1900
in Saarbrücken, letzte Nachricht aus Deutsch-
land.
£He JheatecQzmeitide teilt mit:
Die für dei 22. Januar für Miete 1
vorgesehene Vorstellung ,L o h e n g r i n’
iindet erst am 29. Januar statt.
Die Großkundgebung in Homburg
Der Redner gab sodann ein Bild des
Zerfalls des Vermögens der deutschen So-
zialversicherungsinstitute infolge des
Krieges und des Zusammenbruchs.
Die sich daran anschließenden Anga-
ben über den Wiederau'bau der Sozia'ver-
sicherung an der Saar zeigen, daß in kur-
zer Zeit hier wirklich Großes geleistet
worden ist, wenn auch' noch manches zu
leisten übrig blieb. Ehe neu» Versichc-
rungsordnung sei unerk'cr’ich.
Es sei bedauerlich, daß gewisse Ele-
mente am Werke seien, um das. was müh-
selig geschahen worden sei, wieder aus-
einander zu reißen. Es seien ausgerech-
net solche Elemente, die in der Zeit des
schwierigen Wiederaufbaues nicht zu se-
hen waren.
Der schlechte finanzielle Status der
Krankenversicherung sei auf die relativ
niedrigen Einnahmen im Vergleich zu den
hohen Aufgaben, z. B. für Arzneien, zu-
rückzuführen. Manche redeten von den
hohen Personalkosten eines angeblichen
Mamu'.gebildes. Die f üh-re Orlskranken-
kassen hätten teOocb z. B. einen P~rso~al-
aufwand von 10,54 Proz. verursacht, wäh-
rend die entsprechenden Kosten bei der
LandesversicherungsansfaU nur 5,9 Proz.
betragen. Dabei seien die heutigen Aufga-
ben weit umfangreicher und hinzu käme,
daß von Juli 1947 bis Oktober 1949 für
60 Millionen Franken Material und Uten-
silien angeschafft werden mußten, da ja
fas*- nichts mehr vorhanden war.
..Der Versicherutiosfräoer muß, ste’Pe
der Redner mit Betonung fest“ und ich
spreche h;er im Sinne des Herrn Arbmfs-
ministers. so bedp’-en wie er >fzt
int, vr-il das ricVinr ist uni dem sozin’en
Gewissen entspricht Wenn interessierte
Kreise fordern, daß die Frsatzkrankerkas-
sen wieder kommen sollen, so ist dieses
Verlangen weder christlich noch sozial,
sondern rein egoistisch.
Ist es solidarisch oder ist es egoistisch,
wenn man bei der Röchling’schen Be-
triebskrankenkasse 40 Jahre versichert
war und dort gewissermaßen durch den
verdienten Lohn einen günstigen Risiko-
ausoleich hatte, um dann zur sogenann-
ten Fürsorge abgeschoben zu werden? Für
uns kann nur der Grundsatz geilen: Einer
trage des andern Last.“
Gemeinsame Hüttenknappschaft notwendig
Koll. Ammann gab dann einen fTeher-
1 lick über die Entwicklung der Hütieo-
kneronschaft und bemerkte: Wenn jemand
30 Jahre in einer Betriebspensionskasse
ist, dann w 11 er seine Rechte nicht mehr
verlieren. Er ist an den Betrieb oebunden.
Wo soll er z. B. die Kampfkraft für eine
evtl. I ohnbeweauna aufbrinaen? Wir wol-
len ein soziales Niveau, das allen Ar-
beitnehmern einen gesicherten T e'^ens-
abend garantiert. Es kann night so '■ein,
daß die Völklinger Hüde eine 3’gens Pen-
sionskasse haben will, oder irgend ein
anderer Betrieb, sondern alle sollen in
einer gemeinsamen Hütfenk n appsc’* a ’ t
sein, und diese Pensionskasse muß auf
öffentkch-rechtlicher Grundlage aufoe-
baut werden und nicht rein p:i;at-versl-
sicherungsmäfiig.
Was die Rentenzahlungen anfcetrifft, so
hört man viele Klagen. AN>er e> ist oft
schwierig, die Renten genau zu errech-
nen, weil vielfach die Unterlagen nur
schwer zu beschaffen sind: aber man
kann einen Uebergang finden. Mit den
heutigen Beitragsleistunqen reichen aber
die Einnahmen der Landesversicherungs-
anstalt nicht aus. Von .den Gesamtbeiträ-
gen von 32 Prozent, an denen die Arbeit-
nehmer mit 8 Proz. beteiligt sind, erhält
die Krankenkasse 6 Proz., die Rentenver-
sicherung 10 Proz., der Landesstock 2
Prozent und die Familienzulagekassc 14
Prozent. Es müssen Mittel des Staa-
tes flüssig gemacht werden, um die Ren-
ten zu erhöhen. Diejenigen, die aus dem
Arbeitsprozeß ausscheiäen müssen, ha-
ben einen Rechtsanspruch an das ge-
samte Steueraufkommen. Der Arbeitsmi-
nister hat die bisherigen Mittel und Wege
im Rahmen des Möglichen restlos er-
schöpft.“
. Kollege Ammann wandte sich hierauf
dem Acrzteberuf zu und behandelte
die Folgen dtar starken Uaberfüllung die-
ses Berufes. Unter dem Mißverhältnis
zwischen Preisen und Einkommen litten
sovicle Eerufsgruppen und es könnten
keine davon ausgenommen werden. Die
Landesversichcrungsanstalt habe großes
Entgegenkommen geze’at. Di» Versiche-
rungsträger müßten mitbcstimmemd sein.
Der Redner richtete einen Appell cfn die
Versicherten, in Bezug auf die Benutzung
der Krankenkasse auch solidarisch zu
denken. Es komme darauf an, alle unnö-
tigen Unkosten zu vermeiden.
Die Rede des Kotl. Ammann und sein.
Anpell an die Arbeitnehmer, die Gewerk-
schaft zu einem immer stärkeren Macht-
faktor zu machen, wurden mit lebhaftem
Beifall aufgenommen.
Die Diskussion
In der Diskussion kamen verschiedene
Gesich'spunkte, die sich auf die Re berate
bezogen, in anderem Lichte zur Gabunq.
Manche Seite wumle wertvoll ergänzt.
Vor allem wurde die Verabschiedung des
Betriebsrätegesetzes für die nächste Zeit
energisch verlangt, und zwar im Sinne
der Entwurfes der Einheitsnewerkschaft.
Es wurde ein Kampf um die Gleichbe-
rechtigung der Schaffenden gefordert und
manche Klarheit geschaffen. Men brauche
nicht nur genaue Gesetze, z. B. für die
Betriebsräte, sondern auch die Männer,
die sich entsprechend durchsetzen. Wohl
jeder in der Versammlung erkannte die
Wahrheit der Worte über echtes Solidari-
tätsgefühl und die Kraft der Einheit. Den
Unorganisierten mögen diese Worte eine
besondeie Beherzigung sein.
Kollege Rauch und Koll. Ammann be-
antworteten einige Fragen und brachten
erneut ihr Vertrauen in weitere Erfolge
zum Ausdruck, wenn sich überall der ge-
we'kschaftUche Geist so zeige wie hier.
Kollege Rauch teilte noch mit, es sei zu
erwarten, daß für das Saarland bald ein
Gesetz erlassen werde, wonach im Jahrs
6 Feiertage bezahlt werden.
Kollege Simon verlas zum Schluß den
Wortlcut nachstehender Resolution, d*ie
mit überwältigender Mehrheit angenom-
men wurde.
Entschließung:
Die heute am 5. Januar 1953 tagende
öffentliche Gewerkschaftsversammlung
erhebt folgende Forderungen:
1. Umfassende Reform der Sozialversi-
cherung. Dringend notwendig ist die
Scha fung einer Versiebet ungsordnung, da
di'» bestehende Gesetzgebung manoe haft,
unübersichtlich und den wirtschaftlichen
Verhältnissen nicht gerecht wird. Der jet-
zige Kurs im Aufbau der Sozialversiche-
rung muß beibehaltan werden. Das viel-
seitige Unrecht in der Invalidenversiche-
che^ung miA im Interesse der fchaffenden
Menschen beseitigt werden. Beim Able-
ben des Invaliden-Versicherten z. B., muß
die Witwe genau so behandelt werden;,
wie die des Angestellten oder des Beam-
ten, da ja das Gesetz allen Menschen
gleiches Recht zuerkennt.
Weiter fordern wir die Beseitigung der
Brüning’sehen Notverordnung und deren
Kürzungsbestimmungen. Die Einführung
des Selbstverwaltungsrechtes in der So-
zialversicherung, das der Arbeitnehmer-
schaft d’e Mehrheit garantiert.
2. f u! rühr tsrecM ichem Gebiet fordern
wir e?n forlschrittiches Betriebsrätegesetz
so wie es ats Vorlage von der Einheits-
gewerkschaft airsgearheitet wur^e, unter
BerücksicM gung, der von dem Industrie-
verband öffe^tTch-er Betriebe beantragten
Abänderungen. Drs Mitbestimmungsrecht,
so wie das MIfwirkrngsrzcht müssen im
Gesetz verankert sein.
3. Schaffung des Tarifvert agsrechtes
äu-ch Erlaß eines Tarifvcrfrcgsge^atzes
mit Schlichtungswesen.
Die jetzigen Lohn- und Gehaltsbestim-
mungen entsprechen nicht mehr den Lei-
stungen die vom Arbeitnehmer verlangt
werden.
Wir sind uns bewußt, daß Lohn- und
Gehaltsvereinbarungen auf freier Grund-
lage zu kämo'en innerhalb unserer Wirt-
schaft führen wird.
Wir fordern a'ie Arbeitnehmer auf, sich
der bestehen 'e 1 Einheitsg werk'C a t, ro-
weit sie noch nicht Mitglied sind, anzu-
schließen.
Dem Hauptvorstend der Fi iheitsgeweik-
schaft sprachen wir unser volles Ver-
trauen aus u.id gef oben, im entscheiden-
den Augenblick, den Weisungen der Orga-
nisation Folge zu kielen.
ett
M. W. Sch. Zwischen den USA und Rußland
hat es bisher noch keinen Krieg gegeben. Alaska,
das früher russischer Besitz war, kam 1867 durch
Kauf an die USA.
- H. J. Die Annahme eines Briefes, auch eines
Einschreibebriefes, kann verweigert werden. Es
ist zu überlegen, ob durch die Verweigerung
dem Absender kein Schaden en’.stehen kann. Im
übrigen käme d;e Zustellung von Amts wegen
durch einen Gerichtsvollzieher in Betracht.
Kn. Nicht ohne weiteres ist die Sammlung,
die Sie in der Vereiivgung vornehmen wollen,
steuerfrei. Rich’en Sie vorher einen entsprechen-
den Antrag an die Behörde.
^BüefkasZ
Der heimgekehrte Kriegsgefangene
Seine Beziehungen zur Sozialversicherung
von Ernst Gr«h, KVA Saarbrütken-land
(Schluß)
2. Das Verhältnis zur Reuten Versicherung.
In der Invaliden-, Angestellten- und
knappscha t ichen Rentenversicherung gilt
für die seit 26. 8. 1939 eingetreter.ea
und bis zum Ablauf des auf das Kriegs-
ende folgenden Kalenderjahres eintre-
tende Versicherungsfälle die Anwart-
schaft als erhalten. Das Kriegsende ist
noch nicht festgesetzt. Eei Versicherten,
die während des Krieges als So'dai-en oder
Personen, die zwar nicht als Soldaten
eingezogen waren, aber ähn'ichen D.enst
leisteten und infolge einer Beschädigung
bei besondere n Einsatz oder einer Wehr-
dienstbeschädigung Invalide oder berufs-
unfähig geworden sind, gilt die Warte-
zeit als erfüllt (§ 17 des Gesetzes über
weitere Maßnahmen ia der Reichsversi-
cherung aus Anlaß des Krieoes vom 15.
1. 1941 — RGBl. I S. 34 —). Aehnlicher
.Dienst int jede Dienstleistung bei beson-
-ders kriegsmäßig bedingtem Einsatz ee-
ner Einheit. Diese Vorschrift gilt nach
dem- Rundschreiben des früheren RVA
vom 29. 4. 1942 nur für Versicherte, d.h.
für Personen, die im Zeitpunkt ihrer Ein-
berufung zum Wehrdienst mindestens
einen Beitrag zur Re ltenversicherungaul-
zuweisen haben, aus dem die Anwart-
schaft noch erhalten ist. Dies ist bei
Personen, die seit dem 1. 1. 1924. über-
haupt nur einen Beitrag -entrichtet haben,
nach § 3 des. Gesetzes vom 24. 7. 1941
(RGBL I S .443) ohne weiteres der Fall.
■Die Zeiten des besondere 1 Einsatzes der
Wehrmacht werden für die Erfüllung dar
Wartezeit .eingerechnet und erhalten die
Anwartschaft. Diese Ersatz Zeiten stehen
Pflichtbeiträgen g'cich.
Ist der ehemalige Wehrmachtsange-
hörige während des Krieges durch Kampf-
nandiur.gcn oder durch rai'itürische Maß-
nahmen, dis mit diesen in unirf ttelba-
rem Zuc-auiipznhaeg sieben oder als Sol-
dat infolge einer Beschädigung bei be-
sonderem Einsatz oder infolge einer
Wehrdienstbeschädigung Invalide odsr
berufsunfähig geworden, so beginnt d.e
Invalidenrente oder das Ruhegeld mit
dem Ablauf nies Monats, in dem der
Versichsrungsfall eincetreten ist. D'eses
gilt aber nur, wenn die Reute vor Ablauf
des auf das Kriegsende folgenden Ka-
lenderjahres beantragt wird. Das Kriegs-
ende ist, wie bereits gesagt, noch nicht
eingstreien. Bei Soldaten tritt der Ver-
sicherungsfall der Inva’idität odsr Be-
rufsunfähigkeit nicht vor der Entlassung
aus der Kriegsgefangenschaft ein.
Ist die Inva’idität odar Berufsunfähig-
keit nicht auf eine Kriegsdienstbeschä-
digung zurückzuführen, so gelten die
allgemeinen Bestimmungen. Die Rente
beginnt mit dem Ablauf des Ka’eade:-
-monats, in dem dia Voraussetzungen er-
füllt sind. Wird sie jedoch nach dem
Ende des folgenden Ka’endermonats be-
antragt, so beginnt sie erst mit dem
-Ablauf des Antrogsmonats. Es ist also
notwendig, darx Antrag auf Rente oder
Ruhegeld sofort zu stel'en, wenn Invali-
dität oder Beralsunfähigkeit eingetre-
ten ist.
3. Beziehungen zur Kasse für Familienzu-
lagen.
Die früheren Angehö igen der ehemali-
gen Wehrmacht und ähnlicher Verbände
erha'ten von ihrer Heimkehr ab die Fa-
mi ienzu’agen nach der Verordnung über
Familicnzu’agen vom 2. 3. 1948 — A3!. S.
331 — in der Fassung des Gesetzes vom
19. 7. 1948 — ABI. S. 1055 —, wenn sie
zu dem anspruchsberechtigten Personen-
kreis gehören und die sonstigen Vor-
aussetzungen zur Gewährung desFrauen-
und Unterhaitsgeläes oder Kindergeldes
vorliegen. Allgemeine Voraussetzungen
für die Gewährung der Familienzulagen
an Heimkehrer aas der Kriegsgefangen-
schaft ist:
1. Die Zugehörigkeit zu dem im Gesetz
bezeichne.en Personenkreis.
c) auf Grund gesetzlicher Vorschrif-
ten zu Ruhegehalt, Wartegeld oder
ähnlichen Bezügen bereits ein Zu-
schuß für die Ehefrau oder Kinder
gezahlt worden ist.
2. Das Vorliegan von Arbeitsunfähigkeit
oder unfreiwilliger Erwerbs.osigkeit
in folgenden Fällen:
a) wenn der ehemalige Kriegsgefan-
gene bei der Heimkehr arbe.tsun.-
fähig erkrankt oder
b) vor Arbeitsaufnahme innerhalb 2
Wochen oder nach der Heimkehr
arbeitsunfähig krank wird oder
c) nach Ablauf von zwei Wochen
nach der Heimkehr noch unfrei-
willig erwerbslos ist. 1
Neben den angeführten, :in dar Person
des Heimkehrers geforderten Vorausset-
zungen für den Anspruch auf Familienzu-
lagen, müssen die übrigen, für al.e Be-
rechtigten geltenden Vorschriften für d e
Zahlung des Frauen- und Unterhaltsgel-
des bszw. des Kindergelds« erfüllt sein.
Ausführungen hiarüber gehen über den
Rahmen dieses Aufsatzes hinaus.
Dis Zahlung der Familienzulagen sul
- Grund de: besonderen Vorschriften für
frühere Angehörige der ehemaligen,
Wehrmacht erfolgt für die Länqstaai’er
von 2b Wochen. Dis Kasse für Fami’ en-
zulagen nimmt die Zahlung unmittelbar
vor. Der Antrag auf Familienzulagen ist
unter Vorlage der erforderlichen Beweis-
mittel bei der für den Wohnort des He.m-
kshrars zuständigen Kie.sversicherungs-
-anstalt zu stellen; für in Saarbrücken
wohnhafte Hcimkeher unmit'-C-bar bc-i
der Kasse für Familienzulage 1 m.Saar-
brücken, Alieestrgße 65. Scfca.d der
Heimkehrer wieder eine versicherungs-
pflichtige Beschäftigung aufnimmt, er-
folgt die Zahlung dar Familienzulagen,
nach den allgemeinen Vorschriften.
Der Heimgekehrte muß vor seiner
Einberufung zur früheren Wehrmacht
auf Grund der Reichsversicherungs-
ordnung, des Angastelltenversiche-
rungsgesetzes oder das Reichsknapp-
schaftsgesetzen im Saarland in der
Kranken-, Renten- oder knappschaft-
lichen Rentenversicherung versichert
gewesen sein. Er darf ferner rieht zu
den Personen gehören, für dis d:e
Familienzulagen nicht durch die
Kasse für Fami ianzu'agen zu zäh en
sind. Die’ Gewährung von Familien-
zulagen durch dia Kasse für Fami-
lienzu'aaen i"t ausgesch'osre •>. wenn
der Heimoekehrte vor der Einberu-
fung zur Wehrmacht
o) bei der Eisenbahn beschält.gt war,
b) Vergütung oder Lohn rach den
Bestimmungen der TO A oder B
für Beschäftigte in öffentlichen
Dienst oder nach der TO für Be-
legschaftsmitglieder in den Kran-
ken-, Heil- und Pf eoeansta'.ten des
Staates, der Gemeinden {Gemein-
deverbände) und der Träger der
Sozialversicherung bezogen hat,
Seite 4
DIE ARBEIT“
Januar 1950
Zur Reform der Sozialversicherung
Auf dem 1. Kongreß der Einheitsgewerk-
schaft in Sulzbach wurde eine Entschlie-
ßung einstimmig angenommen, die die Re-
form der Sozialversicherung fordert. Nach-
stehender Artikel soll allen Interessenten
zur Aufklärung dienen und die Wege, dis
die Einheitsgewerkschaft beschreitet, aui-
zeigen.
Im Rahmen des Aufbaues unserer So-
zialversicherung im Saarland ist d;e be-
vorstehende Reform derselben zweifel-
los der entscheidendste Abfchnitt und
damit von weitragender Bedeutung.
Unter einer Reform vorsteht man eine
Verbesserung bereits vorhandener Ein-
richtungen, Die Einheitsgewerkschaft hat
zu dieser kommenden Reform wiederholt
Stellung genommen und auf ihrem Kon-
greß am 19. und 20 November einen Teil
der wesentlichsten ihrer diesbezüglichen
Fo-derun.gen m einer, von dem Kongreß
e.nstimmig gebilligten Entsch.ießung me-
dergeteat.
D.e gewerkschaftlichen Forderungen
sind die Forderungen der Versicherten
auf Anpassung der Leistungen aus der
Sozialversicherung in ihrer Kaufkraft an
die wirtschaftlichen Verhältnisse und
insbesondere auf Beseitigung der dem
Gesetz in seinem materiellen Recht an-
haftenden Härten, die zum großen Teil
durch die 4. Brünnüig’sche Notverord-
nung vom 8. 12. 1931 geschaffen wurden.
Die Krankenversicherung
Die Leistungen in der gesetzlichen
Krankenversicherung, soweit Barleistun-
gen, wie Krankengeld, Hausgeld und
Taschengeld in Frage kommen, berech-
nen sich nach dem erzielten Grundlohn.
Ihre Höhe richtet sich somit wenigstens
nach dem jewe.ligen Arbeitseinkommen.
Dem Grundlohn ist in seiner Höhe je-
doch eine Grenze gesetzt. Was über
832.— ffrs. kalendertäglich oder monat-
lich über 25 000.— ffrs. hinausgeht, bleibt
sowohl für die Berechnung der Beiträge,
als auch der Leistungen außer Ansatz.
E.ne Erhöhung des Grundlohnes auf
mindestens 1 000 — ffrs. pro Tag, oder
30 000.— ffrs. im Monat ist verhältnis-
mäßig bedingt. Vor der Währungsumstel-
lung betrugen diese Sätze 10.— Mk.,
bzw, 300.— Mk.
Die Notverordnuagsbestimmungein ln
der Krankenve. Sicherung. mit denen die
Mehrleistungen in Fortfall kamen und nur
ci2 Regelleistungen gewährt werden durf-
ten, sind allerdings inzwischen beseitigt.
Zu dem Krankengeld in Höhe von 50 d,
Grundlohnes, wird auf Grund der Ver-
ordnung über die Mehrleistungen vom
1. 7. 1947 ab dem 31. Tage der Arbeits-
unfähigkeit ein Zuschlag von 5<Vo des
Grundlohnes für den Ehegatten und 2,5^'o
für jeden weiteren zuschlagsbsrechhgten
Angehörigen, bis zum Höchstbetrag von
75 des Grundlohnes gewährt. Dieser
Zuschlag soll vom 4. Tage der arbeits-
unfähigen Erkrankung, also von dem
Tage ab, wo überhaupt Krankengeld ge-
leistet wird, gezahlt werden. Die Kran-
kengeldzahlung unter Wegfall der 3-tägi-
gen Wartezeit bei unfallbedingter Ar-
beitsunfähigkeit ist eine berechtigte For-
derung der Versicherten.
Die Unfallversicherung
In der Unfallversicherung werden die
Renten festgestellt nach dem im Jahr«
vor dem Unfallereignis erziehlten Ar-
beitsverdienst, dessen anrechnungsfähig«
Höchstgrenze z. Zt. 300 000.— ffrs. be-
trägt. D.e einmal festgestellte Unfall-
xente unterliegt der ferneren Lohnent-
wicklung nicht mehr. Der Wert ihrer
Kaufkraft bleibt nicht immer der, den
sie zu dem Zeitpunkt ihrer Feststellung
be essen hat.
Dte in früheren Jahren festgestellten
Unfallrenten sind deshalb bis zur Hälfte
ihres damaligen Wertes herabgesunken.
Die Erhöhung um 15°« ab 1. 11. 1948
dieser mit 1.— Mk. zu 60.— ffrs. umge-
rechneten Renten besitzt nicht den Wert
eines diesbezüglichen Ausgleiches. Ein
(Schluß)
Nicht zuletzt ist es aber die Arbeiter-
familie, di« bei uns im Saarland di»
Freizeit für nützliche materielle Beschäf-
tigung benutzt. Damit sind zunächst un»
und gewerblichen Betrieben abhängt,
von Einrichtungen, Verbanden, Instituten
gibt, die ihre Freizeit in Lokalen ver-
bringen, so ist das, soweit der Durch-
schnitt der Arbeitnehmer in Betracht
kommt, eine der üblichen falschen Ver-
allgemeinerungen. Es sind genaue Er-
hebungen angestellt worden und es hat
sich gezeigt, daß in Gebieten, wo dan
Arbeitern die meiste Freizeit gewährt
wurde, der Alkoholverbrauch sich verrin-
gert hat. Dort haben Verlagerungen auf
Sport, Kino, den kulturellen Sektor und
ändere Gebiete stattgefunden. Das will
Erlich nicht besagen, daß es keinen
i«n Prozentsatz geben wird, der mit
Freizeit nichts rechtes anzufccngen
Die Gewerkschaft beschäftigt sich sehr
tensiv mit dem Problem der Freizeit,
re Gestaltung wird sich individuell
vollziehen müssen, um wirklich fruchtbar
iu sein. Der eine braucht außerhalb
der Arbeitszeit Bewegung in frischer Luft,
der andere sehnt sich nach einer Ruhe-
statt. Es ist nicht unangebracht, hier
*u erwähnen, daß von der Art, wie die
solcher Ausgleich kann nur erzielt wer-
den durch eine Erhöhung, der das be-
stehende Lohn- und Preis Verhältnis zu
Grunde gelegt ist.
Nach den noch geltenden Bestimmun-
gen der eingangs erwähnten Brünning-
schen Notverordnung kann bei einem
Unfall auf dem Wege zur und von der
Arbeit, dem Wegeunfall, die Rente ganz
oder teilweise, bei Hinterbliebenen bis
zur Hälfte versagt werden, wenn grobe
Fahrlässigkeit des Verletzten mitgewirkt
hat. Renten bei einer Erwerbsminderung
unter 20 te werden nach diesen Be-
stimmungen überhaupt nicht gewährt.
Diese Notverordnungshestimmungen ha-
ben niemals eine Daseinsberechtigung
gehabt. Die Einhe.tsgewerkschaft fordert
die Wiedereinführung der uneinge-
schränkten Entschädigungspflicht bei
Wegeunfällen und die Wiedergewährung
der Unfallrenten auch bei einer Erwerbs-
minderung unter 20°o. Der Unfallverletzte
muß sowieso schon in jedem Falle von
vorneherein ein Dittel des Unfallrisikos
auf sich nehmen und zwar insofern,
daß für die Bemessung der Renten, sei
es eine Voll- oder Teilrente, nur */* des
Jahresaibeitsverdienstes in Anrechnung
kommt. Soweit das Arbeitseinkommen
300 000.— ffrs. jährlich übersteigt, bleibt
Den Invaliditätsbegriff soll die kom-
mende Reform einer Korrektur unterzie-
hen. Nach den bestehenden Vorschriften
gilt der Versicherte als invalide, der
infolge von Krankheit, oder anderen Ge-
brechen oder Schwächen, nicht mehr
imstande ist, ein Drittel dessen zu er-
werben, was körperlich und geistig ge-
sunde Personen derselben Art zu ver-
dienen pflegen. Der Verlust von mehr
als zwei Drittel der Erwerbsfähigkeit be-
gründet somit erst den Anspruch auf
eine Invalidenrente. Diese Bestimmung
soll dahingehend geändert werden, daß
bei künftigen Versicherungsfällen die In-
validenrente gewährt wird bei einer
Minderung der Erwerbsfähigkeit von über
50 v. H., statt bisher von über v. H.f
d. h. als invalide soll der Versicherte
gelten, der nicht mehr in der Lage ist,
die Hälfte dessen zu erwerben, was*
gleichartige gesunde Personen zu ver-
dienen pflegen. Man wird dieser For-
derung ihre Berechtigung nicht abspre-
chen können, Der Anspruch bei dem Be-
amten auf Pension, bei dem Angestell-
ten auf das Ruhegeld ist gegeben .wenn
die Arbeitsfähigkeit auf weniger als die
Hälfte herabgesunken ist. Was die Ein-
heitsgewerkschaft hier in der Invaliden-
versicherung fordert, ist nicht mehr und
nicht weniger, als eine Anpassung an
etwas was man in der Beamtenversor-
gung und in der Angestelltenversiche-
rung bisher schon immer hatte.
Die Witwenrente
Von einer besonderen Wichtigkeit ist
die Forderung auf eine Aenderung der
Bestimmungen des § 1256 RVO über die
Gewährung der Witwenrente in der In-
validenversicherung. Die Witwenrente er-
hält nach dem Tode des versicherten
Ehemannes die Witwe nur dann, wenn
sie entweder invalide ist, oder das 65.
Lebensjahr vollendet hat. Di« Rente
wird auch der Witwe gewährt, wenn
sie das 55. Lebensjahr vollendet und
mindestens 4 lebende Kinder geboren
hat, oder zur Zeit des Todes ihres Ehe-
mannes vier waisenrertenberschtigte,
oder zwei waiseni entenberechtigte Kin-
der unter 6 Jahren erz;eht.
Diese Bestimmungen für di« Voraus-
setzung des Anspruches auf die Witwen-
rente in der Invalidenversicherung, stel-
len ehe größte Härte dar, die unsere
Sozialversicherung noch enthält. Si*
können nicht mehr weder Bestandteil
derselben bleiben. Die Witwe des Be-
Freizeit verbracht wird, eine ganze Reihe
Wenn gesagt wird, daß es soviel® •
sere Kuckucksbauern gemeint, die viel an
Ziegenhalter (nach der letzten Statistik
sind es etwa 70 000). Auch die sonstige
Rolle und dann der Obst- und Gartenbau.
Nun weiß aber hier jeder Sachkenner, daß
durchweg die Hauptlast dieser Arbeiten
auf den Schultern der Hausfrau liegt.
Sie darf auch keinesfalls bei diesem
Thema übersehen werden, auch nicht
die Hausfrau in den städtischen
Gemeinden. Man hat festgasteilt, daß
eme Hausfrau in ihrem zwar engen Kreis,
dasselbe für die Rentenberechnung über-
haubt außer Ansatz. Die festgesetzt«
Höchstgrenze von 300 000.— ffrs. ent-
spricht weder den bestehenden Verhält-
nissen noch dem früheren Höchstsatz
von 7 200.— Mk. vor Einführung des
Franken. Die Jahresarbeitsverdienstgren-
ze heraufzusetzen ist dringend erforder-
lich
Eine grundsätzliche Aenderung fordert
die Einheitsgewerkschaft in der Voraus-
setzung für die Gewährung von Leistun-
gen in der Rentenversicherung.
Invalidenrente erhält der Versicherte,
der dauernd invalide ist, oder das 65.
Lebensjahr vollendet hat.
In der Angestelltenversicherung wird
das Ruhegeld bei Berufsunfähigkeit oder
bei Vollendung des 65. Lebensjahres ge-
währt.
Beide Versicherungszweige haben die
Altersgrenze gemeinsam und diese
Altersgrenze ist zu hoch. Die Forderung
der Einheitsgewerkschaft, die Alters-
grenze von 65 Jahre auf 60 Jahre herab-
zusetzen, ist vollauf berechtigt. Wer bis
zu diesem Aller gearbeitet hat und all
die vie’en Jahre für diesen Zweck auch
seine Beiträge zahlte, der hat zweifel-
los einen wohlerworbenen Anspruch auf
Altersversorgung.
amten und die Witwe des Angestellten
bekommen ihre Witwenpension, bzw. ihre
Witwenrente ohne Rücksicht auf ihr Al-
ter und Erwerbsfähigkeit. Das ist ein
berechtigter Anspruch, der aber auf
keinen Fall der Witwe des Arbeiters
weiterhin .versagt bleiben kann, Die
Forderung der Einheitsgewerkschaft, d e
Witwe des Arbeiters in der Vorausset-
zung für die Witwenrente den Ange-
stellten- und Beamtenwitwen gleichzu-
stellen. wird besonders unterstrichen.
Nach den Vorschriften der §§ 1274 —
1275 RVO und des § 40 des AVG ruht
beim Zusammentreffen mit einer Rente
aus der Unfallversicherung eine solche
aus der Invafcden- oder Angestellten-
versicherung bis zur Hälfte, d. h., die
Rente aus der Invaliden- oder Angestell-
tenversicherung wird neben einer Rente
aus der Unfallversicherung bis zur Hälf-
te gekürzt ausgezahlt. Diese Ruhensbe-
stimmungen sind ebenfalls ein Teil der
Brünning’schen Notverordnung vom 8. 12.
1931. Sie nehmen dem Versicherten einen
Teil seines durch Beitragsleistung er-
worbenen Anspruches. Die Forderung auf
Beseitigung dieser Härten hat ebenfalls
ihre volle Berechtigung.
Gegen jede Dezentralisation
Hinsichtlich der organisatorischen Ge-
staltung unserer Sozialversicherung hat
die Einheitsgewerkschaft bereits wieder-
holt dahingehend Stellung genommen:
Gegen jegliche Dezentralisation, für die
Zentralisation und für die Wiedereinfüh-
rung des Selbstverwaltungsrechts.
Man wird keiner dieser dargelegten
Forderungen die Berechtigung abspre-
chen können. Wenn die Einheitsgewerk-
schaft auf dem Gebiete der Unfallver-
sicherung hinsichtlich des Leistungsan-
spruches die Wiedereinführung der un-
eingeschränkten Entschädigungspflicht
bei dem Wegeunfall, sowie dem Arbeits-
unfall die Wiedergewährung einer Ver-
letztenrente auch bei Erwerbsminderung
unter 20 v. H. fordert, dann verlangt sie
damit lediglich die Wiederherstellung
eines früheren Rechtszustandes. Vor
1932, vor dem Erlaß der Brünning’schen
Notverordnung hat es keinen Unterschied
bei der Entschädigung zwischen dem
Wegeunfall und dem Arbeitsunfall ge-
geben. Vor 1932 wurden auch die kleinen
Unfallrenten gezahlt. In Frankreich und
Luxemburg wird schon bei Erwerbsmin-
derung von 5. v. H. «in« Verletztenrente
gewährt.
zur Erledigung der üblichen Hausarbeit,
täglich fast 20 Kilometer zurücklegt. Wo
bleibt nun ihre Freue:'., damit auch sie
noch Arbeitsfreude und Lebensfreude
empfinden kann? Viel ist schon getan,
wenn sie weiß und merkt, daß der heim-
kehrende Mann auf Grund erträglicher
Arbeits- und Lohnbedingungen nicht miß-
mutig zu sein braucht. Ja, daß er selbst
vielleicht zu Hause noch mit Hand aa-
legen kann, womit gegenseitig Lebens-
freud« erzeugt wird. Oft ist es ja noch
so. daß die Hausfrau ihr« Freizeit be-
nutzt, um zu sticken und zu stricken und
sich dann freut, wenn sie einmal sitzen
kann.
In der Erkenntnis von der Bedeutung
der Organisation des Arbeitnehmers hat
sich auch aus der Familie heraus der
Sinn dafür entwickelt, daß viele Frauen
ihre Männer anhalten, in ihrer Freizeit die
gewerkschaftlichen Pflichten nicht zu
mißachten. Die Teilnahme an dem Ge-
schehen, an der Entwicklung der Gewerk-
schaft, an den Versammlungen, an den
Die Forderung auf eine entsprechende
Erhöhung der in früheren Jahren fest-
gestellten Unfallrenten ist zeitbedingt.
Diese Renten sollen dem Preis- und
Lohnverhältnis angepaßt werden. Es
kann seitens des Unfallversicherungs-
trägers dem nicht entgegengehalten wer-
den, daß ihm für eine solche Erhöhung
die Mittel fehlen. Die Unfallrenten wer-
den bestritten von den zur Unfallver-
sicherung geleisteten Beiträgen und
diese Beiträge bemessen nach der je-
weiligen Lohnsumme. Wenn aber schon
die Beiträge den Löhnen angepaßt sind,
warum soll es da nicht hinsichtlich der
alten Renten möglich sein?
Mit der Beseitigung der Ruhansvor-
schriften in der Rentenversicherung wird
auch lediglich der vor 1932 bestandene
Rechtszustand wieder hergesteiH. Dar-
über hinaus allerdings soirmit der Aen-
derung des Invaliditätsbegriffs und der
Gleichstellung der Witwe des Arbeiters
mit der Angestellten- und Beamtenwitwe
eine Härte, und zwar die größte -Härte,
die von jeher unsere Sozialversicherung
belastete, endlich einmal beseitigt wer-
den.
Es sei übrigens an dieser Stella auf
die beiden, am 1, Juni 1949 in dem
Vereinigten Wirtschaftsgebiet, in der Bi-
zor.e in Krakt getretenen Gesetze, auf
das Gesetz über Verbesserungen der
gesetzlichen Unfallversicherung und das
Sozialversicherungs - Anpassurv^sge-etz
hingewiesea. Mit diesen beiden Gesetze
sind dort alle Notve~crdnunasbes’imm na-
gen aufgehoben. Die Unfallrenten sind
durch eire entsprechende Erhöhung den
Verhältnissen angepaßt, der Invaliditäts-
begriff geändert und die Gleichstellung
der Witwe des Arbeiters erfolgt.
Was in dem vereinigten Wirtschafts-
gebiet möglich gewesen ist, kann bei
uns im Saarland nicht unmöglich sein.
Eine gut ausgebaute, ausreichende
Sozialversicherung ist nicht nur eine
wichtige, sondern die wichtigste Etapoe
auf dem Wege zu einer sozialen Ge-
rechtigkeit.
J. Sch.
Ducch tiitfieU <zuc Stätte!
An Dich, Kameraa. wollen wir die Frage stellen,
Ob Du ein Kämpfer bist in unseren Reihen?
Ob Du Gewerkschaftsmann mit festem Willen.
Im Kampf ums Brot uns treu zur Seit’ wirst sein?
Auch Du mußt Glied sein in der Kette,
Die uns fest zusammen hält.
Und nicht verzagen in dem Ringen.
Dann wir bestehn auf dieser Welt.
Du hast doch Frau. Du hast doch Kind;
Mit Deinen Händen mußt Du sie ernähren.
.Was willst Du tun, wenn einer kommt,
Der Dir die Arbeit will verwehren?
Komm, Kamerad, laß Dir nicht lange Zeit zum
Denken.
Komm her zu uns. tritt auch in die Gewerkschaft
ein1.
Denn nur verbunden sind wir mächtig
Im Kampf ums Brot und unser Sein.
H. H.. F.
Wirb stets
für Deine
Gewerkschaft!
Herausgeber: Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3. Brauerstr. 6 «.
Verantwortlich fiir den Gesamtinhalt: Heinrich
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schuhler, Industrieverbände, Jugend
sowie Feuilleton I. P, Wambach. — Druck:
Druckerei Saar-Zeitung Dr. Nikolaus Fontaine,
Saarlouis
*
Schulungen, cm der Fortbildung für die
jungen Gewerkschaftler hängt auch in
Zukunft nicht zuletzt von. der F.instellung
der Frau ab.
Ein aufgeschlossener Mensch wird die
vielfältigen Möglichkeiten, die sich für
die Ausnutzung der Freizeit ergeben,
nicht nur nach sogenannten Nützlich-
keitseffekten allein beurteilen, sondern
auch die großen Werte für Sitte und Kul-
tur in der Freizeit in sich aufnehmsa
und mitgestalten helfen.
Aus alledem ergibt sich folgendes:
Löst man das wichtig« Problem Arbeit
und Freizeit in gerechter Weise, so wird
sie zu einem wesentlichen Bestandteil
des Fundaments für ein gesundes Zu-
sammenleben, eine ungerechte Lösung
müßte dagegen ein zerstörendes Element
werden. Es kann auch nicht sein., daß
die Angelegenheit zu einem Uebungs-
feld für irgendwelche neuen Ideen miß-
braucht wird. Von der richtigen Freizeit
und ihrer individuellen Gestaltung, ist
zum größten Teil die Arbeitsgesinnung,
der Lebenssinn überhaupt abhängig. Es
ist bekannt, daß es zu unserer Mentalität
gehört, auch der des Arbeiters, die Ar-
beit nahezu als Selbstzweck anzusehen»
Das ist z. T. eine Gefahr, eine Gefahr für
die persönliche Freiheit und für dw»
Würde des Menschen, C. &.
Neuer Invaliditätsbegriff
Die Bedeutung der Freizeit
Grenzen der Arbeitsleistung
Neujahrsbotschaft an die Gewerkschaftsjugend
Die Ansprache, die Kollege Rudi Blaß am
Neujahrstage an die Gewerkschaftsjugend
gerichtet hat, wird nachstehend veröffent-
licht :
Werktätige Jugend des Saartemdesl
Der Volksbrauch umgibt die Geburts-
stunde eines neuen Jahres mit den man-
irigfal'tigsten Festlichkeiten heiterer Natur
lund frohester Stimmung. Sie sollen all®
symbolhaft den Glauben an das Kom-
mende und die Hoffnung-auf das Bes-
se-e zum Ausdruck bringen.
Der Abschied des alten und der Emp-
fang des neuen Jahres geben uns jedoch
auch ie.chlfchen Anlaß zu ernster Be-
sinnung.
Auch an Dich, werktätige Jugend, tritt
die Frage heran, ob der einzelne von uns
in dem vergangenen Jahre alles getan hat
zu seiner persönlichen Vervollkommnung
und Weiterbildung. Jeder von uns muß
sich selbst darüber Rechenschaft geben.
10b er zu seinem Teil dazu beigetragen
hat, eine gerechtere, wahrhaftigere und
liebevollere Ordnung in den Beziehungen
von Mensch zu Mensch und von Volk zu
Volk herbeizuführen. Gerade die Jugend
unseres Volkes muß sich darüber im kla-
ren sein, daß der Frieden unserer Tage
eben nicht in den Konferenzen der großen
Staatsmänner und Politiker geschaffen
werden kann, wenn er nicht in den Her-
zen der einzelnen Menschen zugrundege-
legt worden ist.
So lange aber die Würde des Menschen
noch allenthalben in einem so erschrek-
kenden Ausmaß mißachtet und in den
Staub getreten wird, so lange besonders
der schaffende Mensch nur oder zumin-
dest sehr oft als Objekt der Ausbeutung
und nicht als Subjekt angesehen und be-
handelt wird, so Lange Profitgier und Hab-
sucht einiger Weniger höher stehen als
das Verantwortungsbewußtsein den Mit-
menschen gegenüber: So lange wird ein
wirklich dauerhafter und gerechter Frie-
den zur Unmöglichkeit verdammt sein.
Nicht großspurige V/orte, sondern hoch-
herzige Taten ersehnt die schaffende Ju-
gend der Welt.
Diese Taten des Friedens und der Neu-
ordnung beginnen aber am Arbeitsplatz,
in der Betriebsgemeinschaft, ja sie reifen
heran in den Herzen dar Einzelpersön-
lichkeiten,
Ein freundliches Wort, das Du, junger
schaffender Mensch, am Morgen beim Be-
ginn Deiner Tagesarbeit zu Deinem Ar-
beitskollegen oder zu Deiner Arbeitskolle-
ging sagst ist oft ein goldener Sonnen-
strahl in die Trübnis eines sorgenbelade-
nen und gequälten Herzens.
die Schattenseiten besonders glauben
hervorheben zu müssen und dabei ganz
vergessen, in welcher verzweifelten Lage
wir uns noch vor wenigen Jahren befan-
den. so wollen wir heute ganz offen dar-
auf hinweisen, daß es mit geborensn
M esmachsrn rieht aufwärts gehen wird,
sondern nur mit Hilfe von Menschen, die
auch in der Gewerkschaftsarbeit davon
ausgehen daß sie eine Kunst ist, das
Mögliche zu erreichen.
Für den Frieden und Wohlstand
Auch wir junge Menschen müssen auf
dem Boden der Tatsachen stehen und von
dort ausgehend den Kampf um d;e Be-
seitigung der Not mit alten zu Gebote
stehenden Mitteln führen. KMn Opfer darf
uns dabei zu groß, keuie Mühe zu hart
sein. Selbst - dann, wenn wir nicht alles
gleich beim ersten Anhieb erreichen, darf
unser Mut und unser Eifer nicht nach-
lassen. Immer wieder muß uns vor Au-
gen stehen, daß es nicht nur um das
Schicksal des Einzelnen geht, sondern um
das Wohl und Wehe der gesamten Ar-
beiterklasse, ja, um das Wohlergehen der
gesamten menschlichen Gemeinschaft.
Das Bewußtsein, daß mit uns in allen
Ländern Kräfte tätig sind, die dem glei-
chen Ziele zustreben, soll uns die Gren-
zen der Länder vergessen machen und
in uns den starken Willen wirklich recht
verstandener Solidarität der Herzen spür-
bar werden lassen.
Die soziale Tat wird uns zu der Ge-
meinschaft führen, die nicht nur inner-
halb eines Volkes bessere Verhältnisse
schafft, sondern auch die Völker unter-
einander mit einem festen Band der Lie^e
und des Friedens zusammenschließt.
Für fortschrittliche Gesetzgebung
Unser Abendland aber wird nicht un-
tergehen, wenn sich die Arbeitenden ihrer
hohen Sendung und Aufgaben bewußt
werden. Hier zeigen sich nicht nur bei uns
im Saarland, sondern auch in den übrigen
Ländern, besonders in Westdeutschland,
erfreuliche Lichtblicke. Der Zeitpunkt ist
gekommen, wo die Schaffenden aller Be-
rufe und Stände den Durchbruch machen,
um sich dan Platz zu erobern, der ihnen
naturrechtlich zusteht.
Diese Tatsache kann nicht weggeleug-
net werden und sie wird bei den in Kürze
beginnenden Beratungen über das neue
Betriebsrätegesetz nicht nur in der west-
deutschen Bundesrepublik, sondern auch
in unserem saarländischen Parlament eine
bedeutende Rolle spielen.
Es ist nicht meine Aufgabe heute ein-
gehend über die Frage des Mitbestün-
mungsrechtes der Arbeitenden im Betrieb
zu sprechen. Eines möchte ich jedoch fast-
stellen, daß auf dem letztjährigen Katho-
likentag in Bochum eine ganz eindeutige
Stellungnahme in Form einer Entschlie-
ßung zugunsten „des uneingeschränkten
Mitbestimmungsiechfes aller Mitarbeiten-
den bei sozialen, personalen und wirt-
schaftlichen Fragen als ein Recht in gott-
gewollter Ordnung und dessen gesetz-
liche Festlegung“ bezogen worden ist.“
Uns wundert es jedoch nicht, wenn man
schon jetzt in Westdeutschland und auch
bei uns Versuche unternimmt, gegen die-
sen Durchbruch zu einer neuen sozialen
Ordnung in dieser oder jener Forfa Sturm
zu laufen, obwohl die Verhandlungen über
das neue Betriebsrätegesetz noch nicht
begonnen haben. Wir haben jedoch die
Hoffnung, daß die Vernunft und die Ge-
rechtigkeit, beide getragen von dem
Geiste der Liebe, dan Sieg davontragen
werden.
Für das kommende Jahr hat sich das
Jugendsekretariat zur Aufgabe gestallt,
das Berufsausbildungsgesatr. als vor-
dringlichste Arbeit in Angriff zu nehmen.
Auch bei diesem Gesetzentwurf wer-
den wir vor Schwierigkeiten nicht zu-
rückschrecken. Sie werden uns auch nicht
erspart bleiben.
Ueber allem Arbeiten und Kämpfen darf
jedoch nicht die Aufwertung der Erfolge
draußen im Lande vergessen werden. Bie-
tet uns die im November 1949 eröffnete
Akademie der Arbeit Möglichkeiten, ge-
schulte Funktionäre heranzubilden, so
wird die Schulung der Jugendfunktionäre
in allen Ortsjugendgruppen und Bezirken
ein HauDtmerkmal unserer Jugendarbeit
bilden. Wir, die Jugend wollen einmal
würdige Nachfolger unserer älteren Kol-
leginnen und Kollegen sein.
Und so wünscht das Jugendsekretariat
der schaffenden Jugend des Saarlandes
und auf diesem Weg der Jugend aller
friedliebenden Völker zu Beginn das Jah-
res 1950 von Herzen alles Gut«. Unser
Neujahrsglückwunsch möge ausklingen
mit dem Wort:
„Herr, in Deine Hände
sei Anfang und Ende,
sei alles gelegt!“
Nicht schöne Reden,
sondern Taten
Burbach. Die vor kurzem gebildete Orisju-
gendgruppe Burbach bescherte am 17. Dezember
in einer gut gestalteten Weihnachtsfeier etwa
100 Kinder, deren Väter vermißt oder gefallen
sind. Frohe leuchtende Kinderaugen nahmen sehr
schöne Geschenke wie Hemden. Kitte!, Schuhe,
Spielsachen dankbar entgegen. Es sei auch an
dieser Stelle den Spendern und Veranstaltern
herzlichst gedankt für diese soziale Tat.
Uchtelfangen. Die Ortsjugendgruppe Uchtel-
fangen hatte in gemeinschaftlicher Zusammen-
arbeit eine ganze Reihe von Geschenken ge-
bastelt. Die jungen Kollegen hatten hierzu ihre
Freizeit von früh bis spät geopfert, um über 20
Kindern des Ortes eine V/eihnachtsfreude be-
reiten zu können. Kollege Pau! Schmidt über-
brachte bei beiden Veranstaltungen die Grüße
des Jugendsekretariates und sprach dabei über
Sinn und Bedeutung des Weihnachtslestes in
heutiger Zeit.
Völklingen. Die Ortsjugendgruppe Völklingen
führte am 20. Dezember im „Trierisehen Hof“ itne
Weihnachtsfeier durch. Ueber 50 Jugendliche
nahmen daran teil. Im Anschluß an das Fried
„Stille Nacht“ erteilte der Vorsitzende, Kobege
Göbel, dem Kreisgeschäftssfellenleiter Toni Hau-
ser das Wort der in einem sehr gut aufge-
nommenen Referat über das Thema „Friede den
Menschen auf Erden .. .“ zu den Jungens und
Mädels sprach. Die größte Freude war jedoch
das Erscheinen des Knecht Ruprecht, der jedem
Anwesenden ein sehr schönes Weihnachtspaket
überreichte und dabei nicht vergaß, von seiner
Rute reichlich Gebrauch zu machen. Kollege
Friedei Bauer überbrachte die Grüße des Jugend-
sekretariates. Gegen 11 Uhr trennte man sich
nach gemütlichem Beisammensein.
Auch in zahlreichen anderen Qrtsjugendgrup-
pen wurden derartige Feiern veranstaltet die wir
aus Raummangel nicht alle veröffentlichen
können.
An alle Ortsgruppen!
Die Vorsitzenden dar Ortsjua ndgrap-
psn werden gebeten, die ihnen übersand-
ten Berichtsbogea (Mo~atsberic~t dar
Ortsjugendcruppa ....) jewe'ts bis spä-
testens zum 10. eines jidei Nloiais an
das Jugendsekretariat der Fi ifrutsge-
werkschaft Saarbrüc'- n, Brcueri.tr. 6—8,
eiazusenden..
Die Einhaltung dies s Temiinas tet un-
bedingt erforderlich zu einer nsivan
Jugendarbeit im neuem fahre.
Jugend und Europabewugung
im Saarland
Das Sekretari • d „L aropa-Umou“ teil mit:
Innerhalb der ..Europa-Union“ ist berov.s im Ok-
tober vorigen Jahres eine Jugendgrupp«
gegründet worden. Sie bsabsb h'.igt. rri: hrein
eigenen Arbeitsprogramm an dis Oeifr.n Uchkeit
zu treten. Darin sind u. a. vorgesehen, eins enge
Fühlungnahme mit den übrigen europäischen Ju-
gendorganisationen zur gemeinsamen Arber für
eine bessere Verständigung und damit für den
Frieden der Welt und. wenn möglich, die Vorbe-
reitung eines europäischen Jugendtreffens in
Saarland. Sie forde-t alle Jugendkameraden und
-kameradinnen ohne Unterschied von Konfession
und parteipolitischer Bindung auf. sich ihr für
diese lebenswichtigen Aufgaben anzuschließen.
Auf viele Anfragen, ob die Aufrufe der „Eu-
ropa-Union“ sich nur an Saarländer richten, er-
widern wir. daß wir uns vielmehr an alle i'H
Saarland wohnhaften Europäer wenden Jeder
von ihnen, gleich welcher Nationalität, der ein
einiges Europa erstrebt ist uns in unseren Rei-
hen willkommen.
Die ..Europa-Union" ist. wie bekannt, mit ihrer
Schwesterorganisation, der NTL unter dem Na-
men „Europa-Bewegung im Saarland" zusatntnea-
geschlossen.
Wir stehen über den Parteien und lehnen es
ab, etwas zu tun. das irgendwie als parteipoli-
tische Betätigung ausgelegt werden könnte. Aus
diesem Grund« sind wir auch weniger für de«
korporativen Beitritt irgeneiner Vereinigung, son-
dern für den freiwilligen Beitritt von Einzelper-
sonen. die gewillt sind, an der Verwirklichung
des paneuropäischen Gedankens mitzuarbeiten.
Alle Anfragen sowie Beitrittserk'ärimgen bäten
wir zu richten an das Sekretariat der ..Europa-
Union im Saarland“. Saarbrücken 5. Europa-Hau*
(H. Et., Eingang Bahnhofstraß« 3fi).
**
Keinem »aufgeschlossenen jungen Mensche*
wird es entgangen sein, daß die Bestrebungen,
zu einem geeinten Europa zu kommen, seit Som-
mer vergangenen Jahres (Europatagiing in Sfraft-
burg) einen großen und im Hinblick auf den I rje-
den auch erfreulichen Aufschwung genonnue*
haben.
Auch im Saarland hat sich vor kurzem ein*
Dachorganisation gebildet mit dem Namen „Eu-
ropabewegung im Saarland". Sie besteht aus
der „NEJ“ (Nouvelles Equip*s Internationales!-
Gruppe Neues Europa im Saarland, und der „Eu-
ropa-Union". Nachfolgend bringen wir eine Mit-
teilung der „Europa-Union".
Ueber die Ziele der beiden Säulen der Europa-
bewegung im Saarland werden wir in der näch-
sten Ausgabe ausführlicher berichten. Für heut«
sei vorweggenommen, daß di« N E I unter d*r
Leitung des Landtagsabgeordneten der CVP.
Herrn Erwin Müller, steht, während der Präsi-
dent der „Europa-Union“ Herr Justiirmnister Ehfc
Braun ist,
Aufgabe und Verantwortung der Jugend im Kampfe für echte Solidarität
Der Ausdruck echter Solidarität, d. h.
also des Sich-selbst-Gebens, liegt doch
nicht in einem gedankenlosen und ge-
wohnheitsmäßigen Fragen: ,,Wie geht
es?“, sondern in dem wirklich Sich-Sorge-
machen um das Wohlergehen des Näch-
sten, den man so behandelt, wie man
selbst behandelt zu sein wünscht.
Die beiden gerade werktätigen Men-
schen so hochwertigen Begriffe Kamerad-
schaft u. Solidarität müssen des Charak-
ters eines Schlagwortes entkleidet und zur
Wirklichkeit werden.
Du aber, schaffende Jugend, bedenke,
daß auf Deine Schultern ein gerütteltes
Maß von Mitverantwortung für die Gestal-
tung der Zukunft gebürdet ist, da dies»
Zukunft Deine Zukunft ist.
Bedenke, daß auch die Zukunft Deiner
Berufsorganisation, also Deiner Gewerk-
schaft, wesentlich von Deinem Tun und
Lassen abhängig ist und gestaltet wird.
Es muß mit Deine Sorge sein, daß Dein*
Für Gerechtigkeit, Wahrheit und Liebe
Iah weiß, und Ihr alle verspürt es täg-
lich, daß wir bei der Erkämpfung dieser
Ordnung ständig auf großen Widerstand
stoßen, Soll uns das enttäuschen und auf
den Weg der Abseitsstehenden, führen?
Nie und nimmer! Alles Große und Neue
unterliegt den Gesetzen der Schwierigkei-
ten, Hindernisse und Kämpfen. Nichts
wird schmerzlos auf dieser Welt das
Licht erblicken. So lang« wir „Wan-
derer zwischen zwei Welten“ sind, wer-
den wir — vor allem, wenn wir den Kampf
um Gerechtigkeit, Wahrheit und Liebe
führen — Berge von Schwierigkeiten zu
überwinden haben, bevor uns der Erfolg
beschieden ist.
Und so möchte ich auch in der Tat-
sache. daß m dem Dunkel des Winters
das neue Jahr beginnt, ein Symbol für uns
alle sehen. Wenn wir vor wenigen Ta-
gen das Weihnachtsfest begangen haben
zum Gedenken an das große Ereignis vor
1950 Jahren nach dem sich die Zeitrech-
nung der gesamten Kulturwelt richtet, so
wissen wir, daß damals der notbedräng-
ten Menschheit das Licht der Welt offen-
bar wurde.
Und dennoch dringt auch heute noch,
mehr als vielleicht je zuvor, der Schrei
nach Licht, nach Sonne, nach einem
neuen, besseren Leben, nach einem neuen
Beginnen aus Millionen sehnsüchtigen
Herzen an unser geistiges Ohr. Rufe m
di« Dunkelheit eines modernen Sklaven-
tums. Rufe in eine Welt, die jegliche Bin-
dung welche ernst ein so zufriedenes,
friedliches und in sich ruhendes Leben
gewährleistete, verloren zu haben scheint.
Erwachsen uns Menschen des 20. Jahr-
hunderts angesichts der umfassenden ma-
teriellen und geistigen Not, die uns um-
g.bt, nicht ungeheuere Aufgaben, die von
uns gelöst werden sollen und gelöst wer-
den müssen?
Tragen wir nicht alle — besonders auch
als jung« Generation — die Verantwor-
tung dafür wie und ob diese Aufgaben
zu emern befriedigenden Ergebnis qeführt
werden ?
Sicher wurde schon manches erreicht,
was der Verbesserung des Lebens der
schaffenden Menschen zum Nutzen ge-
reicht. Diese Erfolge sollen uns Ansporn
und Triebkraft zu neuem Vorwärtsschrei-
ten in dem vor uns liegenden Jahre sem.
Wenn, nur um ein Beispiel anzuführen,
m:t dem heutigen Tage das neue Jugend-
arbeitsschutzgesetz in Kraft tritt, so ist
Gewerkschaft eine Heimstatt sein kann
für alle, die mit ehrlicher Zielsetzung und
aufrichtigen Herzen in ihr und an ihr ar-
beiten wollen.
Der Sinn unserer einheitlichen, der Ver-
besserung des Lebensstandardes aller
Schaffenden dienenden Organisation wäre
verfehlt, wenn sie gewissenlosen Schwät-
zern in die Hände fallen würde, nur des-
halb, weil Du, schaffende Jugend, nicht
das Wagnis und den Mut aufbbrlngea
würdest, frei und offen den Geist echter
Mitverantwortung und rechtverstcmdenar
Ordnung allerorts zu bekennen. Frei und
unabhängig so& und muß Deine Gewerk-
schaft sein und bLeiben, wie bisher, und
nicht zuletzt auch mit Deiner opferberei-
ten Mithilfe. Die einzige Abhängigkeit soll
und muß jedoch darin bestehen, daß die
ewiggültigen Gesetze der rechten Ord-
nung, dte naturgegeben und gottgewollt
sind, anerkannt und nirgends durchbro-
chen werden.
es zweifellos von größter Bedeutung für
alle jungen Menschen, dieses neue Gesetz
in seiner Durchführung mit unserem Gei-
st« zu erfüllen und somit zur lebendigen
Wirklichkeit werden zu lassen.
Ich möchte es mir heute ersparen, auf
di« geleistete Arbeit des vergangenen
Jahres im einzelnen einzugehen.
Dagegen komme ich nicht daran vorbei,
von dieser Stelle aus allen Funktionärtn"
neu und Funktionären, allen Jungkollegin-
nen und -k oltegen in den Betriebs- und
Ortsjugendgruppen recht herzlich zu dan-
ken für die treue und opferbereit« Mitar-
beit während des vergangenen Jahres.
Nicht weniger herzlich danke ich aber
auch den älteren Kolleginnen und Kolle-
gen unserer Organisation, die uns Jungen
so oft mit Rat und Tat helfend zur Seite
gestanden, und uns alle mögliche Unter-
stützung zuteil werden ließen.
Ich darf mich dabei zum Sprecher aller
jungen Menschen machen, die m einer
Zahl von über 20 000 bei uns organisiert
sind, wenn ich der Hoffnung Ausdruck
verleihe, daß diese Unterstützung in dem
neuen Jahre eine noch bessere werden
möge.
Jugend ist immer optimistisch und
glaubt cm den Sieg des Guten. Es ist
Aufgabe der älteren Generation, der Ju-
gend mit gutem Beispiel voranzugehen,
damit diese Jugend auch mit einem un-
zerstörbaren Vertrauen und einer heihgen
Achtung vor sich selbst und vor ihren
Vorbildern in die Zukunft blicken kann.
Wehe dem der eine solche Jugend noch
einmal enttäuschen würde!
Unser Dank gilt aber auch ah den Be-
hörden und Dienststellen, die uns trotz
mancher Schwierigkeiten unseres jungen
Staates oft bis zum Letrtmögbchen Unter-
stützung und Hilfe zuteil werden ließen.
Niemand weiß es besser, als derjenige,
der an verantwortlicher Stelle steht, wie
schwer es manchmal war, diesen oder
jenen Erfolg erreichen zu können. Sicher
ist, daß mancher Fortschritt gebucht wer-
den konnte, sicher ist es aber auch, daß
uns noch v eles zu tun übrig geblieben ist.
Licht und Schatten, Erfolge und Mißer-
folge werden jedoch immer noturnotwen-
dig und in unmitteibarer Nähe zu finden
se'n. Das darf und soll uns nicht ver-
dr'eß’ich machen.
Und wenn manche Kreise immer nur
Seite 6
Januar 1950
Es geht aufwärts,
auch in der Fachgruppe Banken
und Sparkassen
der Einheitsgewerkschaft
Im Monat Dezember fand im Lokale
„Treffpunkt" in Saarbrücken die erste Mitglie-
derversammlung der Fachgruppe Banken- und
Sparkassenangestetlten statt. Kollege Schuch-
iiardt eröffnete die Versammlung mit folgender
Tagesordnung: 1. Jahresbericht, 2. Warum haben
wir den Tarif gekündigt? 3. Neuwahl des Vor-
standes.
Kollege Schuchhardt sprach zu Punkt 1. Er
konnte erfreulicherweise feststeiien, daß gerade
unser Verband, der es im Aufbau sehr schwer
hat, in den letzten Monaten sehr gewachen ist
Und einige große Betriebe sogar lOOprozen'ig Mi-
gliea der Einheitsgewerkschaft sind.
Er stellte fest, daß in vielen Versammlungen
Immer alle Berufskameraden, ganz gleich, ob
sie Mitglied sind oder nicht, willkommen waren.
Es war sogar Nichtmitgliedern gestattet, unsere
Vorstandssitzungen zu besuchen und sich an
den Aussprachen zu beteiligen. Dieses gute Ver-
hältnis. das wir mit allen Kollegen führen, wird
euch in Zukunft so bleiben; denn wir haben
keine Geheimnisse. Wir wollen nur, daß man
die Leistungen der Bank- und Sparkassenange-
stelllen anerkennt, zumal man ja sehr darauf
achtet, daß nur Lehrlinge mit höherer Schulbil-
dung eingestellt werden. Der Sprecher betonte,
daß nur wenige Banken sich um die Altersver-
sorgung ihrer Angestellten kümmern. Mit Freu-
den nahmen die Versammelten davon Kenntnis,
daß die Sparkassenangestellten in einer einige
Tage vorher stattgefundenen Versammlung ein-
stimmig den Beschluß gefaßt haben, den Ban-
kentarif behalten zu wollen und damit auch keine
eigene Fachgruppe zu bilden, sondern zusammen
mit den Bankangestellten organisiert bleiben
Wollen.
Dann sprach Kollege Rech zu Punkt 2: „Wa-
rum hat die Einheitsgewerkschaft den Tarif ge-
kündigt? In einem über eine halbe Stunde
dauernden Referat schilderte er, wie sich der
bisherige Tarif mit den allergrößten Schwierig-
keiten aufbaute; wie schwer es war, nach dem
französischen Muster, das wir bis dahin nicht
kannten und an das wir gebunden sind, über-
haupt einen Tarif zu schaffen. Die Hauptschuld
liegt jedoch an der schlechten Eingruppierung,
die zum Teil, obwohl der Tarif von den Vertre-
tern der Arbeitgeber längst unterschrieben ist,
einfach übergangen wird. Es geht nicht an, daß
der Bank- und-Sparkassenangestellte schlech-
ter bezahlt wird als der kaufmännische Ange-
stellte in ande-en Berufen. Der Redner be'oi le.
daß die Kündigung des Tarifes durch die Teue-
rung aller Artikel gerechtfertigt ist. Großen Bei-
lall konnte er am Ende seiner Ausführungen ent-
ffegennehmen.
Sodann nahm Kollege H e k t o r die Neuwahl
'des Vorstandes vor. Zunächst dankte er den
Kollegen für die geleistete Arbeit und bat um
Entlas'ung des alten Vorstandes. Dem Vorstand
wurde nicht nur einstimmig Entlastung erteilt,
sondern die Versammlung dankte den Kollegen
durch Beifall für die geleistete Arbeit. In rascher
Folge wurden dann die Kollegen Rech zum 1.,
!*a u 1 zum 2. und Kollege Karl Schmitt zum
3. Vorsitzenden gewählt. Schriftführer wurde Kol-
lege Reichert. 1., 2., 3. und 4. Beisitzer die
Kollegen Schuchhardt. Koch, Elz und
Scheuer. Als Vertreterin der weiblichen An-
gestellten wurde Kollegin S e i t z und als Ver-
treter der männlichen Jugend Kollege Kraus
gewäht. Der Kollege Rech dankte für_xlas Ver-
trauen. das ihm und den anderen Vorstandsmit-
gliedern entgegengebracht war. Alle Vorstands-
mitglieder wurden wiedergewählt, wobei bei der
Wahl darauf geachtet wurde, daß fast jede Bank
Und Sparkasse im Vorstand vertreten ist. Der
Vorstand, hat. sich um fünf Mitglieder, die neu
fclnzugekommen sind, vergrößert.
Die bekannte angesehene und einflußrei-
che Zeitschrift „Die Gegenwart" veröffent-
licht einen Artikel „Die Gewerkschaftsein-
heit, in dem es u. a. heißt:
Mit dem Münchener Gewerkschafts-
kongreß ist die organisatorische Einheit
nun vollzogen. Wie steht es heute mit
der inneren Einheit der Gewerkschaf-
ten? Die Frage drängt sich schon des-
halb auf, weil vor 1933 die Gewerk-
schaften. in Deutschland konfessionell
Und politisch gespalten waren. Die jahr-
aehnfeiange Spaltung hatte eine Tradi-
tion geschaffen, von der man cmnehmen
mußte, daß sie auch durch die Unter-
brechung im „Dritten Reich“ nicht ohne
weiteres als überwunden gelten durfte.
Schließlich sind ja die gleichen Persön-
lichkeiten heute in die Einheitsgewerk-
schaft führend, die früher einmal in den
christlichen, freien oder Hirsch-Dunker-
schen Gewerkschaften tätig waren. Der
Münchener Gewerkschaftskongreß hat
bewiesen, daß die alten Gegensätze und
Spannungen in einem erstaunlich weitem
Maße überbrückt sind. Die konfessio-
nellen Gegensätze, die früher einmal eine
so große Rolle spielten, können als über-
wunden gelten. Hierzu trägt bei, daß ge-
rade auch die katholische Kirche in
ihren letzten Manifestationen zur Sozial-
frage die gewerkschaftlichen Forderun-
gen anerkannt hat. In der großen so-
zialpolitischen und wirtschaftspolitischen
Zielsetzung besteht heute ke n nennens-
werter Gegensatz mehr zwischen den
Gewerkschaften, die von der christlichen
und denen, die von der sozialistischen
Seite herkommen. Die religiöse Intole-
ranz, die in früherer Zeit hier und da bei
einzelnen freien Gewerkschaften zum
Ausdruck kam und die den eigentlichen
„DIE ARBEIT»
„Gewinnbeteiligung der Arbeit!"
Als interessanten Beitrag za dem schon
so oft behandelten Problem der Gewinnbe-
teiligung der Arbeitnehmer veröffentlichen
wir im Auszug einen Artikel aus der rhein-
pfälzischen Zeitung „Die Freiheit":
Es gibt nur zwei Möglichkeiten, das
Mißverhältnis der Löhne und Preise zu
ändern: die Preise senken oder da» No-
minaleinkommen erhöhen. An diesem An-
gelpunkt beginnt das soziale Problem, nur
hier liegt die Ursache des erbitterten
Kampfes um die politische und damit
wirtschaftliche Macht.
Man muß sich darüber klar sein, daß
eirfe Lohnerhöhung niemals generell, son-
dern stets nur in schwierigen und zeit-
raubenden Verhandlungen der Branchen-
gewerkschaften mit den entsprechenden
Arbeitgeberorganisationen zu erreichen
ist. Zweifellos würde der freie Markt auf
der Basis der nach den Selbstkosten kal-
kulierten Preise sofort mit Preiserhöhun-
gen der neu produzierten und der vorhan-
denen Bestände reagieren. Wir sind uns
aber der Notwendigkeit bewußt, daß die
Preise unter keinen Umständen weiter er-
höht werden dürfen.
Es bleibt deshalb ein Weg offen, der
außer seinem Anspruch auf Neuheit noch
den Vorteil hat, daß er mit politischen
Mitteln im parlamentarischen Macht-
kampf beschriften werden kann.
Löhne sind Kosten, zusammen mit den
Materialaufwendungen und den Gemein-
kosten ergeben sich die Selbstkosten, auf
deren Basis nach einem prozentualen Ge-
winnaufschlag der Preis errechnet wird.
In großen Zügen wird nach dieser Me-
thode in allen „freien Marktwirtschaften“
der Welt und auch in Deutschland gerech-
net. Es ist augenscheinlich, daß bei die-
ser Kalkulation der Produzent nicht nur
die geringeren oder höheren Löhne wie-
der hereinbekommt, sondern sich vom
Konsumenten jede Lohnerhöhung auch
noch durch einen entsprechend höheren
Gewinnaufschlag bezahlen läßt.
Er sagt dann, daß er durch den Krieg
sein Kapital verloren habe und daß er
neues Kapital bilden müsse, Dieses ist
offentsichtlich nur auf dem Rücken der
Arbeitnehmer und der Konsumenten
möglich. Natürlich sorgt der Fiskus da-
für, daß die Bäume nicht in den Him-
mel wachsen, die heutigen Steuersätze
sind bestimmt nicht von Pappe, und die
deutsche Bundesrepublik kann den zwei-
felhaften Ruhm in Anspruch nehmen, die
höchsten Sieuersätze der Weit zu besit-
zen. Aber schon tut sich etwas. Durch
die neue Steuerreform in 1959 wird dis
private Kapitalbildung zweifellos erheb-
lich gefördert werden, während Lohnsleu-
ervergünstigungen noch in weiter Ferna
liegen. Da nach den bisherigen Erfah-
rungen die Realeinkommen durch steuer-
liche Maßnahmen n;cht wesentlich erhöht
werden können, bleibt nur ein letzter
Weg: Die Beleiligung der Belegschalt am
Betriebsgewinn!
Bei diesem Vorschlag werden also nicht
die Löhne erhöht und es gi >t daher kein
Argument dafür, daß die Preise s'eigen
müßten. Die Erhöhung der Realeinkom-
men der Arbeitnehmer soll vielmehr aus
der Quelle kommen, die den Berechtigten
der Produktion und der Distribution bis-
her allein zufloß, dem Gewjinn.
Eine Tantieme aus dem Gewinn an Auf-
sichtsrat- und Vorstandsmitg ieder hat e?
schon lange gegeben. N.emals ist ein
volkswirtschaftlicher Schaden etwa da-
durch eingetrele.i, daß das Sozialprodukt
verbinde:t worden wä e. Im Gegenteil! Die
bevorzugten Empfänger dieser Kapitalbe-
teiligung waren nun an dem Betriebs-
ergebnis erst recht interessiert, die Pro-
duktion konnte ihnen garnieht hoch ge-
nug sein, und die Volkswirtschaft hatte
auch keinen Schaden. Es ist kein Geheim-
nis, daß der Sparsinn der kleinen und
mittleren Lohnbezieher nicht geringer ist,
als der entsprechende Erhaltungssinn der
Unternehmer. Und die bei den Banken
und Sparkassen deponierten Summen flie-
ßen in jedem Falle wieder in die Pro-
duktion zurück, wobei sie allerdings den
Millionen der Arbeitnehmer Zinsen brin-
gen. Wenn schon die Förderung der Ini-
tiative in der Marktwirtschaft, gegenüber
den bürokratischen Fesseln der hinter uns
liegenden Zwangswirtschaft, den Funken
der Produktion gezündet hat, dann ist es
nicht einzusehen, warum dia Vorteils, die
in der freien Betätigung des menschlichen
Erwerbstriebes liegen, nicht auch den
Massen der Träger der Arbeitskraft zu-
gute kommen sollen. Geschädigt w rd da-
durch keiner, wohl aber wird sich die
steigende Arbeitsfreude in einer unge-
heueren Erhöhung des Sozialprodukts
aus wirken.
Rückvergütung 1949
Wir bitten unsere Mitglieder,
alle Kassenscheine und Monats-
quittungen in der für sie zustän-
digen A S K O - Verkaufsstelle
abzugeben.
SAARBRÜCKEN
„Die Gewerkschaftseinheit"
Grund zur Spaltung bildete, ist heute nir-
gends mehr zu finden.
Auch der Einfluß der Parteien auf die
Gewerkschaftsbewegung, der früher re-
lativ stark war, ist heute auf ein Min-
destmaß gesunken. Die Krise des moder-
nen Parteiwesens, schreibt der Verfasser
des Artike’s Dr. Hans Grosse, hat die
Stellung der Gewerkschaften außeror-
dentlich acsiarkt. Für eine große Anzahl
von Arbeitnehmern, die heute den Par-
teien skeptisch gegenüberstehen, sind
allein die Gewerkschaften die Macht,
die über allen Parteistreit hinweg die
Interessen des arbeitenden Menschen
wahrnimmt. Auf ihre Arbeit setzen sie
ihren Glauben und ihie Hoffnung. Die
Führung der Gewerkschaften ist sich
dieser neuen Situation auch voll bewußt.
Das kam vielleicht am stärksten zum
Ausdruck, als Dr. Böckler bei der Bil-
dung der Regierung Adenauer erklärte,
daß die Gewerkschaften diese Regie-
rung nach ihren alen beurteilen undT
nicht von vornherein zu ihr in Opposition
treten werden. Dazu steht nicht im Wider-
spruch die Tatsache, daß heute alle
großen Gewerkschaften Mitglieder der
verschiedensten Parteien in ihren Reihen
haben und auch in den Parlamenten in
den verschiedenen Fraktionen vertreten
sind. Die Industriegewerkschaft Bergbau
hat drei ihrer Ange»teilten in der SPD,
zwei in der CDU, einen im Zentrum und
einen in der KP sitzen. Bisher sind da-
durch in der Gewerkschaftsbewegung
keireriei Spannungen here'ncetragsn
worden. Da die Gewerkschaften heute in
ihrer Geschlossenheit ein Kraftzentrum
gegenüber den Parteien dar stellen, ist
sogar anzunehmen, daß von hier aus
eine Auflockerung der oft erstarrten po-
litischen Fronten erfolgt.
Die Zusammenfassung der verschie-
densten Richtungen in der großen Ein-
heitsgewerkschaft prägt sich auch in dsr
programmatischen Zielsetzung aus. Die
sozialistische Forderung einer Ueberfüh-
rung der Grundindustrien in Gemein-
eigentum wird heute von allen „Rich-
tungen“ in den Gewerkschaften, wenn
man diesen Ausdruck überhaupt ge-
brauchen will, anerkannt und in gleicher
Weise unterstützt. Darüber hinaus fordert
das Programm bei bewußter Ablehnung
der bisheügen Zwangswirtschaft eine
Lenkung der gesamten Wirtschaft und
eine Wirtschaftspo’itik, de auf Vollbe-
schäftigung hinzielt. Mit der alten, Ziel-
setzung der Gewerkschaften, die Lage
des arbeitenden Menschen in der be-
stehenden Wirtschaft zu verbessern, wird
entschlossen Ernst gemacht. Man hat
erkannt, daß de aas Ziel heute nicht
mehr nur mit Lohn- und Arbeitszeitforde-
rungen erreicht werden kann, sondern
daß eine darüber hinausgehende Ein-
flußnahme auf die gesamte Wirtschafts-
führung erforder'ich ist. Uebsr die Not-
wendigkeit einer derartigen gewerk-
schaftlichen Wirtschafts- und Sozial-
politik im breitesten Ausmaß sind sich
alle führenden Kreise der Gewerkschaften
einig.
Die Gewerkschaften sind in organisa-
torischer Hinsicht eine Einheit geworden,
und sie haben, was noch wesentlicher
ist, die inne e Gesoh’ossenheit gefunden.
Die kleine kommunistische Opposition,
die heute in allen Verbänden au finden
Schon heute würden die geltenden
steuerlichen Bestimmungen den Betriebs-
inhabarn das Recht geben, Gewinnbeteili-
gungen ihrer Belegschaft zu passivieren
und von der Gawmnbesteuerung auszu-
schließen. Lediglich die Eeziehar von Ar-
beitslohn wären dadurch benachteiligt,
daß die Finanzämter diese Gewinnbeteili-
gung als durch das Arbeitnehmerverhält-
nis entstanden ansehen und dann in vol-
ler Höhe der Lohnsteuer unterworfen wür-
den. In Interesse der Werktätigen müßte
deshalb die Forderung aufgestellt wer-
den, daß die Gewinnbeteiligungen nicht
als Einkünfte aus rtichtselbsiändigar Ar-
beit, sondern als sonstige Einkünfte be-
trachtet werden, für die bekanntlich eine
Steuerfreigrenze von jährlich DM 600.—
besteht.
Es wird viele Variationen geben, um
den Vorschlag durch Freiwilligkeit, Ver-
tragsvereinbaiuz.g, leohtliciie Förderung
oder Gesetzeszwang zu realisieren. Ia der
entstehenden Diskussion bleijt weiterhin
die Frage zu kläran, i.n welcher Höhe
eine Gewinnbeteiligung stattfinden und in
welcher Form die Ausschüttung bzw. Gut-
schrift der Beträge erfolgen soll.
Kollege Reuland 70 Jahre alt
Der Kollege Ludwig
Reuland konnte be-
reits im Jahre 1949 sein
SOjcih i;es \ ertandsjubi-
läum feiern. Geboren
am 20. 1. 1S80 wird er
jetzt 70 Jahre alt. Am 1.
10. 1E99 trat er in Me!z
dem Buctd.uci er - Ver-
band bei und bekleidete
im Verlaufe der vielen
Jahre viele Ehrenämter
innerhalb des Verban-
des. Nach dem ersten
Weltkrieg wurde er Vor-
sitzender des Buchdruic-
Saar und hat in dieser
Eigenschaft an mehreren Generalversammlungen
des Gesamtverbandes als Delegierter teilgenam-
men. Vom Jahre 1922—1933 war Reuland Lei-
ter des Verbandes der Oeftenhichen Betriebs
und hat auch innerhalb dieses Verbandes sehr
erfolgreich gewirkt. Mit dem Anbruch der Hit-
er-Aera traf auch ihn das Schicksal schwer,
und 5Vü Jahre lang konnte er keine Arbeit mehr
bekommen. Obwohl Reuland heute Invalide ist,
nimmt er noch regsten Anteil an der Gewerk-
schaftsbewegung und beschränkt sich nicht dar-
auf, nur die Versammlungen zu besuchen, son-
dern betätigt sich nach in voller geistiger und
körperlicher Frische aktiv am Gewerkschafts-
leben. Wir danken dem Kollegen Reuland aus
Anlaß seines 70. Geburtstages für seine im Eiin-
ste der Gesamtarbeiferschait geleistete Tihig-
keit und geben der Hoffnung Ausdruck, daß er
noch lange mit seinem jugendlichen Elan in
unserer Mitte verweilen kann.
il)Hiil'lli!IIH)!.tltt)lltl|lllllillltHI|ltttlltttlll!milHIIIII!ll!!tlllillilimilHIIIHtmnimi!'ltl!!l
Werbearbeit
ist die Aufgabe aller. Sie ist nicht nur
Sache der Verbandsfunktionäre, sondern
jedes Verbandsmitgliedes, also auch
Deine Sache.
iiiiiiiiiiiiiipitimiiiiitiiiiHMmimmHHiiiimmmitiiitiHiimitfiiiHiiiiiiiiiiiiiiimiiimi
K^. Verbanden an
An zeigen in der Gewerk-
schaftszeitung „Die Arb eit''
verbürgen Erfolg!
V________________________________/
ist, vermag cm dieser Geschlossenheit
nichts zu ändern, zumal auch die kom-
munistischen Elemente praktisch in fast
allen Punkten die gewerkschaftlichen
Forderungen unterstützen müssen. Das
Zentralproblem dabei bildet die Frage
des Nachwuchses und die Heranbildung
einer guten Führerschicht, vor allem auf
der unteien und mittleren Stufe. Wie
dringend sich das Problem stellt, ersieht
man daraus, daß von 487 stimmberech-
tigten De'egierten auf dem Münchener
Gewerkschaftskongreß 121, also rund ein
Viertel, über 69 Jahre alt waren, daß 195
im Alter von 50 und 69 Jahren, ein
weiteres Viertel im Alter von 40 und 50
Jahren standen und daß nur 28 unter 40
Jahre alt waren. Es ist heute so, daß
zwar in der Führung der Verbände be-
reits wieder aTsnthalben Persönlich-
keiten heranwachsen, die das Format
dar alten Gewerkschaftsführer aus der
Zeit vor 1933 haben, daß aber gerade
der breite Funktionärkörper, auf dem
sich die alte Gewerkschaftsbewegung
gründete, zumindest qualitätsmäßig noch
nicht vorhanden ist.
Ein weiteres Problem stellt die Ein-
gliederung der Angestelltenschaft in die
große einheitliche Gewerkschaftsbewe-
gung dar. Es gibt eine Reihe von Indu-
striegewerkschaften, so etwa die In-
dustriegewerkschaften „Bergbau“ oder
„Chemie“ in denen dieses Problem weit-
gehend gelöst ist, einen sehr erheb-
lichen eTil der Angestellten in die ein-
heitliche Gewerkschaft hereinzubringen.
Ein drittes Prob'em ist die Gewinnung
einer breiten IiitellLg-enzsohicht, die als
Fachleute und Sachverständige die Ge-
werkschaften unterstützen. Auch hier
sind bereits bemerkenswerte Wandlungen
2U verzeichnen.
Tanuar 1950
Seite 7
______„DIE ARBEIT*1
Wille und Weg
Kreis Saarlouis-Dillingen berichtet:
Ueber 800 Neuaufnahmen in 3 Monaten
Lieber den im Kreise Saarlouis - Dillin-
gen laufenden Kreis Werbewettkampf ha-
ben wir seit Beginn ausführlich berich-
tet. Nachdem nunmehr die Aktion ihrem
Ende zu geht, interessiert es allgemein,
wie der Gedanke zu dieser Aktion ent-
stand, wie sie verlaufen ist, welche Re-
sultate bisher erzielt wurden und wel-
ches Endziel dieser Werbemaßnahme ge-
steckt ist.
Aus einer Befragung des Kreisge-
schäftsführers Kollege Struck ergibt
sich folgende aufschlußreiche Schilde-
rung:
Frage: „Wie kamen Sie auf den Gedanken,
eine derartige Werbeaktion zu planen und durch-
zuführen?"
Antwort: „Durch eine tiefe Erkenntnis. Diese
Erkenntnis hatte ihren Ursprung in dem immer
härter werdenden Existenzkampf der Arbeitneh-
mer, hervorgerufen durch die Auswirkung der
Wirtschaftskrise (Kurzarbeit, Entlassungen, Min-
derung der Einkommen durch Ueberstundenab-
bau, Auswirkung der Teuerung durch Verminde-
rung der Kaufkraft und anderes mehr), zum an-
deren noch durch den immer engeren Zusam-
menschluß unserer Gegner in Arbeitsgemein-
schaften und Arbeitgeberverbänden und im Zu-
sammenschluß aller zu einer Dachorganisation
zura Zwecke der einheitlichen Interessenwahrung
gegenüber den Gewerkschaften. Wir haben aus
diesen Tatsachen die Erkenntnis gezogen, daß,
wenn wir uns nicht auch entsprechend rüsten
und unsere Einheitsgewerkschaft zu einer star-
ken Kampforganisation ausbauen, wir ln den
kommenden Kämpfen unsere Forderungen nicht
mit dem notwendigen Nachdruck erfolgreich ver-
treten könnten.
Frage: „Hat sich Ihr großer Optimismus er-
füllt mit dem Sie bei Beginn die Aktion star-
teten?“
Antwort: „Der Optimismus hat uns in unserem
Kampf immer begleitet. Der Beweggrund war
ein starker, fest entschlossener Wille, unsere
Aktion zu dem gewünschten Erfolge zu führen.
Wir alle wollten den Erfolg. Der Wille bewegle
uns zur Tat. So entstand eine Leistungsgemein-
schaft aller Funktionäre und Betriebsräte. Die
Leistungsgemeinschaft hat sich, was der Erfolg
ja auch beweist, glänzend bewährt."
Frage: „Wie viele Neuaufnahmen haben Sie
bis heute in der verhältnismäßig kurzen Zeit ge-
macht?“
Antwort: „Wie Sie auf unserer Wettkampftafel
sehen, sind darauf bis jetzt 825 Neuaufnahmen
verzeichnet."
Frage: „Das ist ein schöner Erfolg, zu dem
wir Ihnen und Ihren Funktionären sowie Be-
triebsräten herzlich gratulieren.
Haben Sie sich eigentlich ein festbegrenztes
Ziel für die Werbeaktion gesteckt, oder entschei-
det die Laufzeit des Kreiswerbewettkampfes?“
Antwort: „Selbstverständlich haben wir uns
»in Ziel gesetzt. Unser Ziel für die Aktion be-
trägt mindestens 1000 Neuaufnahmen.
Frager „Und Sie glauben, daß Sie Ihr Ziel er-
reichen werden?“
Antwort: „Nicht nur glauben tun wir es, son-
dern wir alle. Funktionäre und Betriebsräte, sind
fest davon überzeugt, 4aß wir es fertigbringen.
Vergessen Sie bitte nicht wir wollen es und
daß unser Wille eisern ist beweist Ihnen ja der
bisherige Verlauf der Aktion.“
*
**
„Wir sind jetzt im Bilde. Ihr Bericht
ist für uns sehr interessant Selbstverständlich
erwarten wir von Ihnen zu gegebener Zeit noch
einen Schlußbericht Bis dahin für Ihre wei-
tere Arbeit viel Erfolg 1“
Nicht um einer Gewohnheit zu entspre-
chen, sondern um Schlußfolgerungen zu
ziehen, geben wir uns an der Schwell»
des neuen Jahres, das ein halbes Jahr-
hundert abschließt, Rechenschaft.
Der gewerkschaftliche Wille prägte in
der Vergangenheit unsere Zielsetzung.
Wer aufmerksam war, kennt die Schwie-
rigkeiten, die sich uns entgegen stellten,
kennt aber auch die Erfolge. Der Arm
der Gewerkschaft ist nicht so kurz! Er
vermochte hinzulangen urid manches zu
erreichen. Und nicht alles, was erreicht
wurde, ist aus einer Statistik zu ersehen.
Wir brauchen nicht entmutigt zu sein. Im
Gegenteil, die Resultate sind dazu ange-
tan, neue Kraft und neues Vertrauen zu
geben.
Die Gewerkschaft betrachtete vor allem
die Sicherung der Vollbeschäftigung als
wesentlich. Es wurde keine Gelegenheit
versäumt, in dieser Hinsicht unsem Ein-
fluß in Staat und Wirtschaft zur Geltung
zu bringen.
Die Teuerung, das zunehmende Aus-
einanderklaffen von Löhnen und Preisen,
war Anlaß großer Sorgen und somit auch
ununterbrochener Bemühungen. Dieses
Problem packten wir an, wo wir nur konn-
ten. Ob und wieweit dadurch das Abglei-
ten in noch schlimmere Zustände ver-
hindert wurde — es gilt, das zu untersu-
chen.
Die aufmerksamste Behandlung erfuhr
das neu zu schaffende Betriebsrätegesetz.
Dem Regierungsentwurf haben wir einen
eigenen Entwurf gegenübergestellt.
Von hervorragender Bedeutung war der
Kampf der Gewerkschaft —- und hier ist
besonders der I.-V. Bergbau zu nennen —
Zu Beginn des neuen Jahres stellt sich
nun wieder die Frage nach unserm Willen
und Weg. Welche gewerkschaftlichen For-
derungen sind uns unabdingbar vorge-
zeichnet?
1. Das Betriebsrätegesetz. Hier werden
wir, um unsem eigenen Entwurf wirkungs-
voll in die Waagschale werfen zu kön-
nen, um die Mitbestimmung, gewiß auch
Mitverantwortung, in Wirtschaft-und Ver-
waltung zu erlangen, gegen viele Wider-
stände hart kämpfen müssen.
2. Die Vollbeschäftigung. Außer der Be-
kämpfung der Arbeitslosigkeit selbst han-
delt es sich auch darum, nicht locker zu
lassen, damit auch denen geholfen wird,
die immer den schweren Nachteilen der
Kurzarbeit unterworfen sind.
3. Angleichung der Löhme an die Preise.
Es gilt, den berechtigten Forderungen der
Schaffenden in Zukunft wenn es sein muß,
mit andern Mitteln Geltung zu verschaf-
fen als bisher. Hier muß etwas Durch-
greifendes geschehen!
4. Lösung der Saargrubenfrage und des
Eisenbahnproblems nach den wiederhol-
ten Entschließungen der Gewerkschaft.
5. Schaffung einer neuen Versicherungs-
ordnung.
Eine vordringliche Aufgabe wird es
auch sein, die Pensionen der Menschen,
die 30, 40 und mehr Jahre ihre Schaffens-
kraft hinge geben haben, so zu stellen,
daß sie schwerer Sorgen enthoben sind,
gegen eine Verpachtung der Saargruben.
In der Sozialgesetzgebung wurden wei-
tere große Anstrengungen unternommen,
um die drückende Not der Sozialrentner
zu mildem. Der gewerkschaftliche Ein-
fluß in Regierung, Parlament und in den
Körperschaften blieb auch hier nicht ohne
Wirkung und mit großer Genugtuung hör-
ten wir auf unserm Landeskongreß in
Sulzbach aus dem Munde des Arbeits-
ministers, daß im Etat für 1950 rund 11
Milliarden Franken für soziale Zwecke
zur Verfügung stehen.
In dieser wie in anderen Fragen be-
durfte es ungezählter Interpellationen und
oft dringlicher, eingehend begründeter
Eingaben.
Sehr ergebnisreich war die Arbeit un-
serer Rechtsschutzabteiiung, die in zahl-
reichen Verfahren Jahr für Jahr Millionen-
beträge für die von ihr betreuten Gewerk-
schaftsmitglieder ausklagen konnte
Einen sehr regen Eifer entfaltete das
Jugendsekretariat. In engstem Zusammen-
hang mit seiner Initiative sind das Ju-
gendarbeitsschutzgesetz und die Erzie-
hungsbeihilfen zu nennen. Vieles wurde
auch getan, um die Schulung der jungen
Gewerkschaftler zu verbessern. Ihnen
kommt auch in erster Linie die fruchtbare
Tätigkeit der neugegründeten Akademie
der Arbeit und kommen die vielen Hoch-
schulkurse zugute, an denen sich die Ein-
heitsgewerkschaft auch durch dozierende
Kräfte lebhaft beteiligt.
Einen ganz starken Anteil nahm die Ein-
heitsgewerkschaft im verflossenen Jahre
am sozialen Wohnungsbau. Ueber die
praktischen Resultate konnten wir in.der
letzten Zeit näher berichten.
wenn auch die Rückschläge nicht überse-
hen werden, die die Kriegs- und Vor-
kriegszeit in dieser Beziehung finanziell
den Kassen verursacht haben.
Dazu kommen weitere gewerkschaft-
liche Aufgaben, wie sie in den zahlrei-
chen Entschließungen unserer Verbände
im Laufe des Jahres festgelegt worden
sind. Genannt seien hier die Forderun-
gen nach Kollekti wer trägen, weitere so-
ziale Verbesserungen, die Berücksichti-
gung der Eigenart der Frau im Arbeits-
prozeß, iür die Jungen Menschen ein Be-
rufsausbildungsgesetz und Berufsausbil-
dungsausschüsse und vor allem auch wei-
terhin die äußersten Anstrengungen zur
Bekämpfung der Eerufserkrankungen und
zur Verbesserung der Betriebssicherheit,
die' in erster Linie unsere wichtigste In-
dustrien, Grube und Metall, betreffein.
Wir übersehen auch nicht die Aufgabe,
für den Frieden, für ein demokratisches
Europa und damit für Freiheit und Wohl-
stand einzutreten und sehen in diesem
Sinne auch der bevorstehenden Gewäh-
rung der Autonomie entgegen, von der
wir auch eine wirtschaftliche Aus-
weitung und bessere Fundamentierung
der Gesamtwirtschaft erwarten.
Wie kommen wir nun auf dem vorge-
zeichneten Wege vorwärts? Aktion auf
Aktion! Zunächst mit dem Mittel der Auf-
klärung und der Kräftesammlung durch
Großkundgebungen, Versammlungen,
Presse, Flugzettel, Plakate, wobei den
einzelnen Industrieverbänden je nach Art
besondere Aufgaben zufallen,
Mobilisierung aller Kräft# überall dort
wo Gewerkschaftler sind. Unser Pro-
gramm muß zu einer mächtigen öffent-
lichen Meinung werden, die unwidersteh-
lich nach Erfüllung treibt
dann durch gesteigerten Einfluß in Re-
gierung, Parlament, Gemeinderäten u,
Körperschaften,
durch intensive Vorbereitung zum Ein-
satz aller gewerkschaftlichen Mittel.
Zur Kampfbereitschaft gehören auch
große Werbeaktionen zur Gewinnung
neuer Mitglieder.
Unter Umständen sind energische Maß-
nahmen notwendig, da erfahrungsgemäß
nur dann nennenswerte Fortschritte er-
zielt werden können.
Wir ringen um das natürliche Recht der
Schaffenden. Wir stellen keine Forderun-
gen, ohne geprüft zu haben, daß die Wirt-
schaft sie tragen kann. Aus berufenem
Munde hören wir, daß die Saarwirtschaft
„gesund“ ist. Die Arbeitnehmer, die der
wichtigste Bestandteil dieser Wirtschaft
sind, wollen sie gewiß nicht ungesund
machen. Allerdings haben die Gewerk-
schaftler über den Begriff einer gesunden
Wirtschaft in mancher Beziehung andere
Ansichten als soviele jener Nutznießer der
Arbeit, auf die der Vers Millers zutrifft:
„Je mehr er hat, je mehr er will..Dia
Produktion nimmt zu, dis Gewinne stei-
gen, aber die Kaufkraft verringert sich.
Jeder Vernünftige weiß, welche Konse-
quenzen da zu ziehen sind.
Die Schaffenden haben bestimmt Inter-
esse daran, daß unsere Gesamtwirtschaft
im In- und Ausland Vertrauen genießt und
daß sie ohne Erschütterungen sich ent-
wickeln kann. Aber gerade dazu gehört
eine Verständigung über die gewerk-
schaftlichen Gesichtspunkte. Es wird nun
einmal den Vertretern des Kapitals nicht
erspart bleiben, sich eines neuen Den-
kens und Handelns in der Wirtschaft, so-
weit es ihr Anteil ist, zu befleißigen. Tun
sie es nicht, so werden sie zwar den Ab-
lauf der geschichtlich bedingten Entwick-
lung zum Schaden der Allgemeinheit fcrm-
men, aber auf die Dauer nicht aufhalten
können.
Neues Denken und Handeln ergeben
sich aus der Tatsache, daß wir in einer
Epoche des Uebergangs zu einer andern
wirtschaftlichen und sozialen Lebensord-
nung stehen.
Die Arbeitnehmer sind bereit, trotz al-
lem wie bisher für den einzelnen wie für
die Allgemeinheit ihre Kraft und ihr Kön-
nen herzugeben und, wie es besonders
beim Bergmannsberuf der Fall ist, selbst
Leben und Gesundheit im Arbeitsorozeß
aufs Spiel zu setzen. Aber sie sind nicht
bereit, noch lange aut die vorenthaltene
gerechte und durchgreifende Lösung der
gesamten Sozial- und Wirtschaftspro-
bleme zu warten. Die Gewerkschaftler
überlassen nichts dem Zufall. Zurr, neuen.
Jahre präsentieren wir unsere Forderun-
gen. Wir fordern nichts Unsinniges, und
die Verfassung gibt uns die Möglichkei-
ten, für unser Recht einzutreten. Halten
die Arbeitnehmer in Eintracht zusammen,
dann können wir sagen: Neues Jahr, neue
Kämpfe und neue Erfolge! Wir sehzn
nicht schwarz, wir sehen nicht rosa, wir
sehen klar!
C, S.
Unabdingbare Forderungen
„Michael“, die in Düsseldorf erschei-
nende katholische Jugendzeitschrift, ver-
öffentlicht soeben aus der Feder de»
stellv. Vorsitzenden des Deutschen Ge-
wevkschattsbundes, Matthias Fächer,
unter der Ueberschrift „Die Einheitsge-
werkschaft" folgenden Artikel:
„Die Gewerkschaftsfrage nimmt in den
öffentlichen Erörterungen und Auseinan-
dersetzungen einen stets wachsenden
Raum ein. Die politischen Parteien, welt-
anschauliche Institutionen und sozial-
interessierte Kreise haben sich mit ihr
befaßt und tun es immer mehr. Das
ist eine ganz natürliche Erscheinung.
Eine Bewegung von der Größe und Be-
deutsamkeit der heutigen Gewerk-
schaftsbewegung bleibt schon an sich
nicht unbeachtet. Sie steht, ob sie will
oder nicht, im Rampenlicht der öffent-
lichen Beachtung und Beurteilung und
hat sich bei all ihrem Handeln damit
abzufinden, Sie wird aber nicht nur
als große soziale Volksbewegung be-
achtet und beobachtet, sondern mehr
noch auf ihren Charakter hin. Bei ihr
wu de erstmals im großen der Ver-
such und das Wagnis unternommen,
über alle Parteiungen und Weltanschau-
ungen hinweg ein einheitliches gewerk-
schaftliches Großgebjlde zu schaffen,
ein Versuch, der im kleinen schon ein-
mal an Parteileidenschaft und Intole-
ranz scheiterte.
Es muß sich nun zeigen, ob die Ar-
beitnehmerschaft jenen Willen und jene
Reife aufzubringen vermag, die allein
Imstande ist, den Bestand der heutigen
Gewerkscbaftsgestaltung zu sichern, d. h.
den Willen und die Reife zur strikten
und ehrlichsten Beachtung des Prinzips
vollkommener parteiaotitischer Neutra’i-
tät und echtester Toleranz. Wir verste-
hen Worte der Besorgnis, wie sie vor
einiger Zeit aus einer Rede des Herrn
Bischofs Dr. Keller hervorklangen, voll
und ganz. Wir wissen, daß oftmals der
gewerkschaftliche Raum überschattet ist
Matthias Föcher zur Gewerkschaftsbewegung
durch Haltung und Handlung von Leu-
ten, die in Kurzsichtigkeit und Verblen-
dung glauben, die heutige Gewerk-
schaftsgestaltung biete die erwünschte
Möglichkeit, durch sie parteipolitische
Geschäfte zu machen. Wir wissen auch
um viele Verstöße gegen das Lebens-
gesetz der heutigen Gewerkschaftsbewe-
gung und um die' oftmals zu beklagende
Zurücksetzung unserer Menschen in der
gewerkschaftlichen Arbeit.
Wenn wir trotzdem zu dieser Bewe-
gung stehen, dann tun wir das in der
Gewißheit und Ueberzeugung, daß sie um
so eher mit diesen Auswüchsen partei-
politischer Leidenschaft fertig wird, je
mehr die christlichen Menschen sich
aktiv in die gewerkschaftliche Arbeit ein-
schalten und jedem Versuch, das Ge-
setz der parteipolitischen und religiösen
Neutralität zu verletzen, in der ent-
schiedensten Weise entgegentreten. Sie
können das heute um so unbesorgter
und nachdrücklicher tun, weil im Ge-
gensatz zu früheren Zeiten die verant-
wortliche Führung der Gewerkschaften
die gleiche Linie einzuhalten ehrlich ent-
schlossen ist.
Man soll doch nicht glauben,
daß etwa mit der Neubelebung beson-
derer Rieh tungsge werks chatten unsere
Menschen schließlich auf einer umfrie-
deten Insel gelandet seien. Das gei-
stige Ringen unserer Tage ist damit für
sie keinesfalls beendet, vielmehr in ver-
stärktem Maße angstrieben, weil es
heute aus der Gewerkschaftsbewegung
immerhin ausgeschaltet und durch sie
auch in den Betrieben stark abgemildert,
ja oftmals ganz beseitigt ist. Eine er-
neute Aufspaltung der Gewerkschaften
würde auf den Arbeitsplätzen, die so-
wieso die Menschen aller Anschauungen
zusammenfügen, in weit stärkerer und
wir glauben auch in weit gehässigerer
und fanatischer Form denn je ausge-
tragen. Das sollten alle Befürworter be-
sonderer christlicher Gewerkschaften
sehr reiflich überlegen und unsere Men-
schen nicht im Sinne einer falschen Be-
währungspolitik, sondern im Sinne einer
frischen, aktiven Bewährungspoiitik be-
einflussen.
Eine solche Auffassung setzt sich er-
freulicherweise besonders in der christ-
lichen Jugend immer mehr durch. Vor
einiger Zeit hat die CAJ in einer Stellung-
nahme zur Gewerkschaftsfrage bekun-
det, daß die christlichen Menschen nicht
mehr die Absicht haben, sich in ihre
frühere Isolation zurückzubegeben.
Mir scheint hier ein besonderer Hin-
weis notwendig zu sein. Die Beurteilung
der gesamten deutschen Gewerkschafts-
bewegung aus dem Blickfeld des sow-
jetisch-besetzten Gebietes ergibt kein
richtiges Bild der Lage. Sicher ist in
diesem Gebiet die Gewerkschaftsbewe-
gung sehr einseitig parteipolitisch im
Sinne der SED tendiert. Man. darf da-
bei aber nicht übersehen, daß in die-
sen Bezirken der Einfluß der christli-
chen und nichtsozialistiscben Gewerk-
schaften stets gering war. Trotzdem hat
sich jetzt im Berliner Raum ein starkes
Aufbegehren der nicht SEDistisch einge-
stellten Mitglieder gegen die heutige Ge-
werk schaftslinie bemerkbar gemacht und
in der stets wachsenden UGO seinen
organisatorischen Ausdruck gefunden.
Das ist immerhin ein Beweis dafür, daß
der Gedanke wirklich parteipolitisch u.
religiös neutraler Gewerkschaften auch
dort in steigendem Maße sich durch-
gesetzt hat.
Ebenso falsch ist aber auch, die Ge-
werkschaftsbewegung aus dem Blick-
feld der einen oder anderen Partei zu
beurtei’en. Die Gewerkschaftsbewegung
ist, wenn ihr Charakter als parteiunge-
bundene Organisation ernsthaft beste-
hen soll, unbedingt als eigenständige
Bewegung zu respektieren. Sie muß ihre
Stellungnahme aus der sachlichen Be-
urteilung der Arbeitnehmerlage beziehen.
Sie kann sich also nicht einfach den
Meinungen parteipolitischer Gruppen an-
schließen. Es kann also sein, daß die
Ansicht der einen oder anderen politi-
schen Gruppe mit ihrer Haltung kon-
form geht, "oder ihr widerspricht. Sie
muß deshalb auch das Recht und dis
Freiheit der Stellungnahme zur partei-
politischen Arbeit haben, wie diese
Gruppen ja auch das Recht der Kritik
gegenüber der Gewerkschaftshaltung für
sich beanspruchen. Es scheint, als ob
manches Kriterium auf der Verkeimung
dieses Tatbestandes beruht.
Es geht heute um die Gestaltung ei-
ner guten sozialen Ordnung. Die Ge-
werkschaftsbewegung hat die Pflicht und
Aufgabe, ihre ganzen Kräfte für die
Gestaltung einer solchen Ordnung einzu-
setzen, die in allem dem Menschen ge-
recht wird, die seinem Recht, seiner
Gleichberechtigung, seiner Freiheit und
seiner Würde entspricht. Sie muß dies
mit aller Glut und Hingabe tun, die der
Größe und Bedeutsamkeit solcher Auf-
gabe entspricht. Sie darf also nicht des-
halb zurückhalten, weil ihre Haltung der
einen oder anderen Partei mißfällt. Das
sollte man allerseits beachten. Hier tut
sich der andere große und wichtige
Grund unseres Festhaltens an der heu-
tigen Gewerkschaftsbewegung auf. Wir
wissen, daß es heute in der Tat um diese
soziale Ordnung geht. Wir wissen, daß
starke Kräfte solchem Wollen entgegen-
stehen Wir wissen aber auch um dia
große und entscheidende Kraft, die in
der heutigen Bewegung liegt, und um
die Gefährdung solch guten Streberin
durch erneute Aufspaltung.
Seite 8
DIE ARBEIT“
Januar 1950
II
Wie lange noch?
Man sagt: „Alles hat seine Zeit,“
Selbst die Natur lehrt uns, daß dieser
Ausspruch stimmt. Ob Pflanzen- oder
Tierwelt, alles hat eine bestimmte Zeit
des Aufstieges und muß später dem
Neuen Platz machen. In der Technik ist
dasselbe zu beobachten. Es würde kei-
nem Techniker einfallen, die Maschine,
die vor 50 Jahren gewiß ein großer Vor-
teil war, heute noch im Dienst zu be-
lassen. Die Technik kennt keine natio-
nalen Grenzen. Denken wir nur an das
Radio. In der menschlichen Gesellschaft
ist es nicht anders, nur mit dem Unter-
schied. daß es Menschen gibt (Reak-
tionäre), die versuchen, das Alte beizu-
behalten, oder sogar die Zeit rückwärts
zu drehen, da sie früher, viel besser
noch als heute, den schaffenden
Menschen ausbeu'ten konnten. Vor kur-
zem hat sogar einer es fertig gebracht,
m Arbeiterangelegenhelten ein Gesetz
von 1811 in Anspruch zu nehmen. Wie
oben schon erwähnt, es hat alles sein«
Zeit. So entstand in den siebziger Jah-
ren des vergangenen Jahrhunderts die
sogenannte Gewerbeordnung. Sie ent-
stand im Zeitalter des Frühkapitaiismus
und stehi noch stur unter dem Privat-
eigentumsstandpunkt. Heute erklären
alle Parteien im Saarland, daß dem Pri-
vateigentum bestimmte Grenzen gesetzt
sind, z. B. bezüglich der den Kriegs-
verbrechern gehörenden Betriebe. Die
( ewerbeordnung mag für die damalige
Zeit zugegeben ein Fortschritt gewesen
sein, ist aber heute veraltert und teil-
weise überholt und sehr reformbedürftig.
Der § 123 beweist dieses in einer ganz
krassen Form. Er bestimmt u. a. fol-
gendes:
Der Arbeitgeber kann die fristlose
Entlassung aussprechen bei einem
Diebstahl. Unterschlagung, Beäug oder
wegen eines liederlichen Lebenswan-
dels, bei gröblicher Beleidigung gegen-
über dem Arbeitgeber, seinem Vertre-
ter oder gegen die Familienangehöri-
gen des Arbeitgebers oder seiner Ver-
treter oder Mitarbeiter. Ferner wenn
der Arbeiter die Familienangehörigen
des Arbeitgebers oder seiner Vertreter
oder Mitarbeiter zu Handlungen verlei-
te. oder zu verleiten versucht, oder mit
Familienangehörigen des Arbeitgebers
oder seiner Vertreter Handlungen be-
geht, welche wider die Gesetze oder
die guten Fi len verstoßen.
Der Arbeitgeber erhält durch diesen
Paragraphen eine ungeheure Macht. Et
kann sich praktisch einer Art richter-
liche Gewalt anmaßen, denn
1. wo beginnt der liederliche Lebens-
wandel?
2. wo beginnt die grobe Beleidigung?
3 wo beginnen die guten Sitten und wo
hören sie auf?
Das sind alles Begriffe, die sehr dehn-
bar sind und dem Arbeitgeber das Recht
geben. die höchste Strafe gegen seine
/ ’beitnehmer auszusprechen, die es nach
M°:-'"ng des Artikelschreibers überhaupt
ob:, nämlich die fristlose Entlas-
sung, denn die Arbeitsstätte ist für
ö:e meisten Menschen ein unbezahlbares
Gut, da ohne Arbeit der Arbeitnehmer
praktisch dem Hunger und der Not aus-
geliefert ist. Was nützt uns das moderne
Betriebsrätegesetz, wenn der Arbeitgeber
oder sein Vertreter heute noch eine solch
ge- mltige Macht besitzen? Bekanntlich
gilt der Vertreter bis hinunter zum Vor-
arbeiter, so daß diese jederzeit in der
Lage sind, unliebsame Arbeiter, oder
den Arbeiter, der sich durch gewerk-
schaftliche Tätigkeit, oder die ihm ge-
setzlich zustehenden Rechte (aber dem
Arbeitgeber unliebsame Rechte) fordert,
derart zu schikanieren, bis sich der be-
treffende tatsächlich zu irgend einer Be-
leidigung hinreißen läßt.
Schon in der großen französischen Re-
volution von 1789 wurden u. a. die Men-
schenrechte proklamiert. Der Artikel 9
der Menschenrechte besagt, jeder wird
als unschuldig angesehen, bis er als
schuldig erklärt worden ist. Diese Schul-
digkeitserklärung kann nur ein Gericht
entscheiden. Leider hat die Gewerbe-
ordnung im Falle des § 123 den Arbeit-
geber in eigener Sache zum Richter er-
hoben, was nach unser em Ermessen voll-
ständig unrichtig ist. Der Arbeiter hat
wohl * das Recht, nach § 124 der Ge-
werbeordnung, wenn man ihn beleidigt
oder tätlich angreift oder dergleichen,
de Arbeitsstätte ohne Kündigungsfrist
zu verlassen. Das ist aber praktisch
e-tne lächerliche Gegenleistung für das,
was dem Arbeitgeber laut § 123 zusteht,
7:8 war das Verhältnis des Arbeit-
nehmers zum Arbeitgeber bei Schaffung
der Gewerbeordnung? Jeder Arbeiter
und Arbeitgeber waren sich in den mei-
sten Fällen persönlich bekannt und ver-
traut. Wie ist das Verhältnis heute? Die
meisten Werke sind Aktiengesellschaften
und Arbeitnehmer und Arbeitgeber ken-
nen sich weder persönlich noch dem Na-
men nach. An Stelle der Betriebsinhaber
stehen Direktoren, Betriebsleiter usw., die
sehr -ofr brutaler und unmenschlicher
Bilanz des I. V. Post und Fernmeldewesen
Objektive Kritik - Vorschläge für tragbare Lösungen
Wir wollen diese Zeilen nicht so sehr
»chreiben wegen der Erfdlge des abgelau-
f*n«n Jahres, sondern mehr wegen des
Schattens, der auf 1949 lag, aber von dem
Gedanken getragen, daß eine offene und
objektive Kritik am Anfang jedes Fort-
schritts stand und auch in Zukunft stehen
wird.
Auf der Aktivseite erscheint zu-
nächst einmal die Besoldungsordnung.
Nach dem wirtschaftlichen Anschluß und
den verschiedensten Notbehelfen in Form
von Umrechnungsfaktoren und vorläufiger
Besoldungsordnung war sie überfällig ge-
worden. Als unser besonderes Verdienst
dürfen wir ohne Ueberheblichkeit die Be-
soldungsregelung für die untere Beam-
tenlaufbbahn hervorkehren. Es steht je-
dem frei, an Hand der Amtsblätter die
Vorteile gegenüber früheren Regelungen
und dem übrigem öffentlichen Dienst nach-
zuprüfen. Die Uebernahme von Arbeitern
ins Beamtenverhältnis wird deshalb künf-
tig kaum noch von der bangen Frage ver-
dunkelt werden, ob sich der Uebergang
auch finanziell lohne.
Der zweite Erfolg wird bei einem Blick
auf die Planstellenzahl sichtbar, die sich
in allen Laufbahnen wesentlich erhöht
hat. Neben der Sicherung eines angemes-
senen Einkomme ns handelte es sich
hier um die Behebung des dringendsten
Notstandes. Zu Beginn des Jahres wa-
ren noch 1462 Planstellen vorhanden, und
diese waren restlos besetzt. Ernennun-
gen und Beförderungen wären nur im
Zuge planmäßiger Abgänge möglich ge-
wesen. Bei der augenblicklichen perso-
nellen Struktur zweifellos für viele
eine harte und lange Nervenbelastung!
Aus den Zugeständnissen des Land-
tages, die dieser am 30. 6. 49 abgab, ist
leider keine reine Freude geworden. Bis
heute ist erst ca. ein Drittel aller Erneiir
nungen und Beförderungen durchgeführt
Gewiß ein kläglicher Prozentsatz, wenn
wir an den möglichen denken. Der Büro-
kratismus ist verschieden interpretiert
worden. Wir haben ihn in diesem Zusam-
menhang als einen endlosen Schlauch von
Instanzen, Kommissionen, Zuständigkeiten
und Unterschriften kennengelernt. Dieser
Riesenschlauch mit seinen Engpässen und
Windungen har uns schon manchmal das
Leben sauer gemacht und den Betroffenen
nicht geringen Aerger verursacht. Di*
entsetzliche Steilheit — hoffentlich nur wie
bei Kleinstkindern eine vorübergehende
Erscheinung! — grenzt zuweilen ans Lä-
cherliche. Was hat nicht alles heute der
Ministerrat oder zumindest der Minister
letztinstanzlich zu entscheiden! Aus den
vielen Belastungen greifen wir nur da«
Reisekostengesetz heraus. (!) Da braucht
es uns nicht zu wundern, wenn der Voll-
zug einer einzigen Unterschrift zwei bis
drei Wochen dauert.
Unser Wunsch zur Jahreswende geht
dahin, das alte Verfahren wieder aufzu-
greifen, wonach die OPD’en im Rahmen
der ge lehmigten Planstellen bis zur Be-
soldungsgruppe A4bl selbständig ent-
scheiden konnten, darüber hinaus war
das Reichspostministerium bezw. der
Reichskanzler zuständig. Wenn wir an die
$telle des Reichspostministeriums das
Verkehrsministerium bezw. den Minister-
rat setzen könnten, wäre eine Lösung ge-
funden, die alle Beteiligten zufrieden stel-
len würde.
Einen besonders krassen Fall von V e r-
schleppu ng stellt die Neufassung der
Sonderregelung über die Entschädigung
von Beamten des Fernmeldedienstes des
§ 27 der Dienstanweisung für das Kraft-
postwesen und des § 18 der Dienstord-
nung für die Arbeiter dar. Bereits vor
einem halben Jahr haben wir dem Wirt-
schaftsministerium unsere Vorschläge un-
terbreitet. Anfang November wurde über
unsere Abänderungsvorschläge beim Per-
sonalamt verhandelt. Unter Berücksichti-
gung der Aenderungen hat die OPD dar-
auf die betreffenden Dienstvorschriften
neu gefaßt und dem Wirtschaftsministe-
rium zugeleitet. Im guten Glauben an die
gegebenen Versprechungen teilten wir
auf die zahllosen Anfragen hin mit, daß
die neuen Sätze bestimmt noch, vor Weih-
nachten zur Auszahlung kämen. Aber
Weihnachten und Neujahr sind vorbeige-
gangen, ohne daß der Minist er rat, der
auch in dieser Frage zuständig ist, Zeit
gefunden hätte, sie zum guten Abschluß
zu bringen. Was wir weiter oben beton-
ten gilt auch für diesen Fall: man sollte
den Hinweg abkürzen, dann wird der
Rückweg von selbst kürzer.
Zum Graupäßler-Problem
Zu unseren Neujahrswünschen zählt
auch die baldige Bereinigung des Grau-
päßler-Problems. Es will uns scheinen,
daß hier eine schwerwiegende Frage ge-
nau so falsch angepackt wird wie seiner-
zeit die Entnazifizierung, mit der sie im
Endeffekt vieles gemeinsam hat. Man
spricht davon, daß „gewisse Vorkomm-
nisse“ es hätten geraten erscheinen las-
sen, gewisse Sicherungen einzubaue.i.
Nun, wir haben im allgemeinen nichts
gegen Sicherungen, wir müssen uns aber
in jedem Falle gegen die Bestrafung Un-
schuldiger wenden, die genau wie jeder
andere mit einem roten Paß ihre Kräfte,
Fähigkeiten und guten Willen dem glei-
chen Staat zur Verfügung stellen. Und
wenn man vom ,.Prinzip“ partout nicht ab-
weichen will, müßte zu erreichen sein, die
Einbürgerungsanträge zu beschleunigen,
um damit der Willenskundgebung der Be-
troffenen entgegenzukommen. Solange
man weder den Mut hat, die Schuldigen
van den Unschuldigen zu trennen, noch
sich benehmen, als der eigentliche Eigen-
tümer selbst es tun würde. Durch dieses
Gesetz ist jeder Meister, Betriebsleiter
usw. in der Lage, den Arbeiter unter
Druck zu setzen und wenn der betref-
fende nicht nach seiner Pfeife tanzt, d. h.
ihm nicht dient, dann ist in den meisten
Fällen, insbesondere aber in Notzeiten,
wie aus Erfahrung festgestellt ist, mit
der härtesten Strafe, d. h. Entlassung, zu
rechnen.
Der Vorstand der Einheitsgewerkschaft
der Fabrikarbeiter hat am 4. November
1949 sich mit dem obengenannten Ge-
setz beschäftigt und hat die Hauptver-
waltung der Einheitsgewerkschaft auf-
gefordert, dem Landtag eine Revidierung
des Gesetzes „Die Gewerbeordnung“vot~
geschlagen, da das Gesetz nicht mehr
zeitgemäß ist.
Wir sind der Auffassung, daß Entlas-
sungen, gleich aus welchem Grunde, nur
unter Mitbestimmungsrecht des- Betriebs-
rates ausgesprochen werden dürfen,
selbst bei Tätlichkeiten oder Diebstahl
gegenüber dem Arbeitgeber. Dem Arbeit-
geber stehen ja dann die bürgerlichen
Gesetze zur Verfügung, was ja allen
übrigen Sterblichen auch nur zur Ver-
fügung steht. Wenn ein Arbeiter oder
Privatmann tätlich angegriffen oder be-
stohlen wird, ist eT ja auch gezwungen,
zivilrechtlich zu klagen. In den letzten
Jahrzehnten wurde sehr wenig von die-
sem Recht seitens des Arbeitgebers Ge-
brauch gemacht. Es blieb einigen Reak-
tionären (kleine Gernegroße) Vorbehal-
ten, dieses Gesetz nach dem zweiten
Weltkrieg wieder auszugraben.
Es wäre u. E. nach an der Zeit, dieses
Gesetz entsprechend zu ändern. Wir
sind sogar der Meinung, daß noch mehr
so verstaubte und reformbedürftige Ge-
setze ihr Dasein fristen.
Deutschland. Ein im Anschluß an die Unter-
redung zwischen den Vertretern des westdeut-
schen Gtewerkscbaftsbundes und dem Bundes-
kanzler herausgegebenes Kommunique gibt be-
kannt, daß man sich über die Frage der Kompe-
tenzen und Aufgaben sowohl der internationalen
Ruhrbehörde als auch des Stellvertreters des
deutschen Vertreters, der ein Gewerkschafter
sein wird, geeinigt hat.
Belgien. Die belgischen Kohlengruben erhalten
zusätzlich Modernisierungskredite, die unter an-
derem die weitere Ausbeutung des Werkes Es-
couftiaux ermöglichen, das stillgelegt werden
sollte. Die neuen Kredite kommen in erster Linie
aus Marshallplan-Mitteln.
„Ucianelre,'-BaH€rie
mtl verlängerter Brenndauer.
---------------------... ...................
firmo G* WEfiLE . tommertyifr««, M - SAARBRÜCKEN 3
„EK” Einheits-Kleinpreis-Kauüuras f d.
Werktätigen, St. Joh. Markt 49. Gut
und billig: Textilwaren, Schuhe usw.,
stets günstige Gelegenheiten.
die Einbürgerung zu beschleunigen, kön*
nen wir uns von der Feststellung’ nicht
freimachen, daß hier analog zur Entnazi-
fizierung ein Schatten heraufbeschworen
wird, der viele Existenzen zeit ihres Le-
bens gefährlich verdunkeln wird.
Ein weiterer Anlaß zur Sorge erhob sich
bei den Beratungen zum Haushalt für da*
Rechnungsjahr 1950. Die außerordentli-
chen Mittel, die die Postverwaltung an-
geforderr hatte, wurden über die Hälft«
hinaus zusammengestrichen. Sie waren ig
der Hauptsache für den, Wiederaufbau
zerstörter Betriebsstätten, den Ausbau
und die Modernisierung der Fernsprech,*
aniagen und des Postkraftfahrwesens be-
stimmt, Jeder La:e empfindet gerade di*
vorhandenen Fer.isprecheinrichtungen als
absolut ungenügend. Obwohl seit Jahf
und Tag bekannt ist, daß keine neuen
Anschlüsse hergestallt werden können,
liegen Hunderte von Anträgen vor. EÄ
wären bestimmt Tausende daraus gewor-
den, wenn sich etwas zeigen würde. Di*
Stellungnahme des Finanzministerium*
wirkt insofern überraschend, als feststeht,
daß die angelegten Mittel in Verhältnis»
mäßig kurzer Zeit wieder hereinkämed
lind dem Staat eine laufende gute Eigii
kommensquelle erschlossen würde, Wüf
wollen dabei auch die Tatsache nicht
übersehen, daß im Zuge dieser Erweite*
rungen sich die vorhandenen Arbeite»
plätze sichern ließen und neue dazu
gewonnen werden könnten.
Recht interessant ist es, in diesem Zu-
sammenhang gelegentlich über die Ve*»
teilung der Marshallmittel Näheres in Er-
fahrung zu bringen. Da sie ein GeschenÄ
an den Staat darstellen und zweifellos
für die angeführten Zwecke Verwendung
linden können, wollen wir nicht hoffen,
daß sie des verhältnismäßig hohen Zins»-
satzes willen (7,1 Prozent) fast ausschließ-
lich der Privatindustrie zufließen. Der ge*
sunde Menschenverstand der breitan Oefr
fentlichkeit würde angesichts solcher Di»'
Positionen bedenklich zu wanken be-
ginnen.
Ueber die Verhältnisse ii* Kraftpost-
wesen wollen wir uns gelegentlich zusam-
menhängend äußern, da uns heute hierfür
der Raum nicht zur Verfügung steht.
Gegen Ende des Jahres 1949 verdichte*
teten sich die Gerüchte, wonach ab 1. k
1950 eine Verschlechterung der Bestim*
mungen über die Beihilfen m Krank?»
heits-, Geburts- und Todesfällen eintreten
solle. Falls dies zu träfe, würde es sicfi
zweifellos bereits um die zweite Schlecht
terStellung handeln, da die erste bei Ein*
führung des Franken dadurch eintrat,
daß. soweit Höchstsätze in Mark vorge*
sehen waren (Geburtsfälle und Zahner*
satz), diese nur mit 50 umgerechnet we&
den, obwohl der Umrechnungsatz der Ko-
sten heute auf 120 bis 150 steht.
Wir haben uns vor Wochen an den
Herrn Arbeitsminister gewandt und ihn um
eine Stellungnahme gebeten. Leider steht
sie noch aus, so daß die Gerüchte unter
der Postbedienstetenschaft ungehemmt
weiterlaufen müssen.
Aus der kurzen Befrachtung, die bei
weitem nicht alle unsere Sorgen und Pro*
bleme aufzählen konnte, mag jeder er-
sehen, daß uns das eben begonnene Jahr
vor nicht minder große Aufgaben stallen
wird als das abgelaufene. Weil sie nicht
▼cm einzelnen oder einem kleinen Grüpp*
cnen zufrieden stellend gelöst werden kön-
nen, weil auf dieser Welt nichts ver-
schenkt wird, weil wir nicht auf Worte
warten, sondern Taten sehen wollen, des-
halb haben wir das Vertrauen zu unseren
Mitgliedern und auch den noch Zögern-
den, daß sie uns in diesem Kampf, der
puch um ihre Existenz geführt wird, un-
terstützen werden.
Unser« Kraft liegt in unserer Einigkeit!
kaufen Sie mit Ihrem
guten Geld dort#
wo Sie fü r j ed e n
Franc den höchsten
Gegenwert erhalten.
NEUHKI«CHENER
KflUFHHIIS
NEUN KIRCHEN
FRIEDRICH STH AL
ORGAN DER [IMSGMHStHWTEH MR ARBEITER. HNGESTELLTEH ÜHO BERfRTEN
4. Jahrgang Saarbrücken, 20. Januar 1950 Nr. 2
An alle Gewerkschaftler!
KOLLEGEN UND KOLLEGINNEN!
Jn ernster Stunde tritt der gemäß dem Statut der Einheitsgewerkschaft gebildete
Gewerkschaftsausschuß
zu seiner ersten Sitzung zusammen. Seine Aufgabe und Sorge wird es sein, für die Dauer der nächsten
beiden Jahre
das Schicksal der Gewerkschaft
zu formen und zu leiten.
Unendlich viel Not und Leid lastet auch heute noch auf der arbeitenden Menschheit, nicht nur bei uns
im Saarland, sondern in allen Teilen der Welt. Unvorstellbar sind die Folgen eines wahnsinnigen Krieges,
der das Werk einer kleinen Clique haßerfüllter und rachsüchtiger Menschen war.
Unsere gesamte Wirtschaft ist auch
heute noch von jenen unheilvolle« Bela-
stungen heimgesucht, wenngleich gerade
in den beiden letzten Jahre« eine
gewaltige Produktionssteigerung und
Erhöhung des Absatzes
dus den Statistiken abgelesen werden
kann.
Unsere Sozialverhältnisse sind noch
lange nicht so, daß man mit Ihne« zufrie-
den sein könnte, wenn wir auch — gemes-
sen an anderen Ländern, die der Krieg
be’mgesucht hat — stolz sein dürfen, auf
die unter Mithilfe unserer Gewerkschaft
erzielten beachtlichen Erfolge.
Wir wissen — genau wie Ihr draußen im
Lande es spürt —, daß wir vor allem eine
große Sorge haben, die es zu beheben gilt:
Im—-1 aiTer^^ch^^^^dieses Pro-
blem nicht gelöst werden kann und wird
— iedenfalls nicht zugunsten der Arbeiter-
klasse —, wenn man nicht de«
schaffenden Menschen in den Mittel-
punkt der Wirtschaft stellt.
Wir wissen schließlich, daß die von uns
liegenden Aufgaben unmöglich ohne Eure
MPh'lfe gelöst werde« können.
Im Namen der in der Einheitsgewerk-
schaft organisierte« Männer, Frauen und
Jugendlichen fordert der Gewerkschafts-
ausschuß im Vollbewußtsein seiner Ver-
antwortung für Volk, Staat und Wirtschaft
den unverzüglichen Erlaß eines fort-
schrittlichen Betriebsrätegesetzes,
entsprechend dem Entwurf der Einheitsge-
werkschaft, in dem der Arbeiterschaft in
allen personellen, wirtschaftlichen und so-
ziale« Fragen
das Mifbestimmungsrecht
garantiert ist.
Wir fordern weiter die Beseitigung des
jetzigen Lohn- und Gehaltssystems, d. h
also der staatlich gelenkten und festge-
setzten Lohn- und Gehaltspolitik und an
ihre Stelle die
Tarifvertragsfi eiheit.
Wir .fordern unverzüglich Bildung einer
Landeswirtschaftskammer,
Vor allem aber wird der weitere Aus-
bau der Sozialversicherung eines der
Hauptaufgabengebiete unserer Gewerk-
schaft sein.
Wir erachten die endgültige Neufassung
der Sozialversicherungsordnung als ganz
besonders dringlich, da erst dann die Be-
seitigung der Nachteile der Brüningschen
Notverordnungen ermöglicht ist.
Der lugend, der Zukunft unserer Ge-
werkschaft und unseres Staates, gilt un-
ser Hauptaugenmerk. Für sie fordern wir
ein Berufsausbildungsgesetz,
in dem alle strittigen Fragen der Ausbil-
dung und des Lehrverhältnisses endgül-
tig im fortschrittlichen Sinne geklärt wer-
den. Das Recht auf Bildung für alle ohne
Rücksichtnahme auf den Geldbeutel des
Vaters muß jedem jungen Menschen gesi-
chert werden. Desgleichen muß Sorge ge-
tragen werden für eine gute Freizeitge-
staltung und Erholung unserer Jugend.
Wir fordern die Schaffung und Sicher-
stellung der Arbeitsplätze und erhöhten
Kündigungsschutz für alle.
Kollegen und Kolleginnen!
Unsere Aufgaben und unsere Verant-
wortung sind groß.
Wir werden und müsse« sie aber mei-
stern, wenn wir in Verbindung mit dem
Internationalen Gewerkschaftsbund freier
Gewerkschaften die Grundlagen einer
neuen Gesellschaftsordnung und damit
eines dauerhaften und gesicherten Welt-
friedens in den Herzen der Schaffenden
verankern.
Mit der Einheitsgewerkschaft in eine
bessere Zukunft!
Der Gewerkschaftsausschuß der
Einheitsgewerkschaft.
Wichtige Beschlüsse
Am 19. Januar 1950 trat der Gewerk-
schaftsausschuß der Einheitsgewerkschaft
der Arbeiter, Angestellten und Beamten
des Saarlandes zu seiner konstituieren-
den Sitzung zusammen. Dieses neuge-
schaffene Organ der Einheitsgewerk-
schaf1, dessen Aufruf wir vorstehend ver-
öffentlichen, faßte wichtige Beschlüsse, im
wesentlichen organisatorischer Natur, die
wir, da sie uns erst nach Redaktions-
scbluß zugehen, in der nächsten Ausgabe
der „ARBEIT“ eingehend besprechen
können.
Zur einheitlichen Ausrichtung der ge-
samten Gewerkschaftsarbeit wurden fol-
gende Kommissionen mit festumrlssenen
Aufgabegebieten geschaffen:
L Organisationskommission
2. Wirtschafts- und Sozialkommission
3. Arbeitsrechts- u. Tarifkommission
4. Beirebsrätekommission
5. Presse-, Rundfunk- und Bildungs-
kommiss !on.
Weiterhin wurde der Uebergang der
Kreisgsschäf sstell:« entsprechend den
Beschlüssen des Sulzbacher Kongresses
auf die Industrieverbände beschlossen.
Die entsprechenden Maßnahmen zur prak-
tischen Durchführung dieses Beschlusses
werden in die. Wege geleitet.
Ferner wurde die Neuorganisation der
Ortsausschüsse in Angriff genommen.
U. a. wurde auch ei« Beschluß über die
Zentralisation der gesamten Versamm-
lungskampagne der Einheitsgewerkschaft
gefaßt. Danach können Versammlungen
der Einheitsgewerkschaft künftig nur noch
durch den geschäftsführenden Landesvor-
stand einberufen werden.
Die Situation an der Saar
Grundsätzliche Aufgaben der Gewerkschaft
Lange und erbittert kämpft die Gewerk-
schaft um die Durchsetzung der wichtig-
sten Forderungen, die sie im Namen ihrer
125 OaO Mitglieder und sicher im Namen
jedes Schaffenden zu stellen hat. Es sind
dies: die Verwirklichung des vollen Mit-
bestimmungsrechts der Betriebsräte im
neuen Betriebsrätegesetz, Besitz und Ver-
waltungsrechte des Saarvolkes an den
Gruben und Angleichung der Löhne und
Gehälter an die Preise.
Wie schwierig ist ein Kampf gerade:
dann, wenn man — sei es mit Rücksicht
auf die Gesamtheit, sei es aus weiteren
Gründen, die sich aus der augenblickli-
chen Situation und Struktur ergeben kön-
nen solange wiie nur möglich auf die
Anwendung äußerster Kampfmittel und
Methoden verzichtet. Es wäre aber ein
unverreihlicher Fehler und Irrtum der Ge-
gense te, wenn sie eine derartige Betrach-
tung unsererseits prinzipiell mißbraucht,
die Forderungen ablehnt oder sie gar-
nicht zur Kenntnis nehmen will.
Wenn es auch bedauerlich ist, in diesem
Zusammenhang wieder an die Spaltung
der Gewerkschaft erinnert zu werden, so
soll man sich doch über die Schlagkraft
der Emhei sgewerkschaft, zu der sich Tau-
eende neuer Mitglieder noch in letzter1
Zeit bekannt haben, nicht im unklaren
sein. Selbst nur ein geringes Erinnerungs-
vermögen und die Betrachtung augen-
blicklicher Entwicklungen in manchen Tei-
len der Welt mögen denen zur Einsicht
raten, die in gefährlicher und verstockter
Opposition den Forderungen der Werk-
tätigen gegenüberstehen oder die sich zu
keiner entschlossenen Bejahung aufrafferi
können.
*
Unter solchen Gesichtspunkten ist eine
öffentliche Versammlung der Einheitsge-
werkschaft, Ortsausschuß Saarbrücken,
zu betrachten, die am 8. Januar im Jo-
hannishof stattfand. Die Versammlungs-
leitung verzichtete ausdrücklich auf die
Abfassung einer Resolution mit der Fest-
stellung, daß genug Resolutionen vorlä-
gen. Man wolle endlich eine Beathtung
der bisherigen vielen Entschließungen und
wolle Taten sehen. Auch sonst konnte die
Versammlung manchen Blick auf die Si-
tuation im Zusammenhang «nt den ge-
werkschaftlichen Aufgaben verschaffen.
Kollege Rauch, Vertreter der Hauptver-
waltung, hielt nach Eröffnung und Be-
grüßung durch den Kollegen Schaal vom
Ortsausschuß ein ausführliches Referat.
Nach einem Rückblick auf die wirtschafte
politische Entwicklung der letzten Jahr-
zehnte behandelte er die gewerkschaft-
lichen Aufgaben von heute und morgen.
Es gelte, den nicht mehr entwicklungsfä-
higen Kapitalismus abzulösen und zur ge-
sellschaftlichen Produktion überzugeben.
Das Gebot der Stunde sei das neue Be-
triebsrätegesetz. Der Landtag dürfe sich
keineswegs dem Entwurf der Einheitsge-
werkschaft zu diesem Gesetz, der die be-
rechtigten Forderungen der Schaffenden
enthalte, verschließen. Andernfalls sei
die Gewerkschaft gezwungen, den harten
Kampf für die Durchsetzung ihrer Forde-
rung aufzunehmen.
Im Tarifvertragsgesetz müsse de1" Pas-
sus, der der Regierung das Recht gibt,
Tarifverträge einfach auf Antrag einer
Partei für verbindlich zu erklären und die-
se Verbindlichkeitserklärung auf unbe-
schränkte Zeit auszudehnen gestrichen
werden.
Zur Verpachtungsfrage erklärte Kollege
Rauch, die Gewerkschaft lehne eine Ver-
pachtung ab und verlange Verwaltungs-
rechte des Saarvolks an den Saargruben.
Der Redner forderte weiter endlich die
Auflösung der Sequester Verwaltung an und
eine Ueberprüfung des Besitzrechtes der
(Fortsetzung Seite 2)
Das Betiiebsrätegesetz
Von Arbeitsminister Richard Kiro
Wohl keine Gesetzesvorlage hat di«
Oeffentlichkeit so zur Diskussio» haraua-
gefordert, wie das neue Betriebsrätege-
setz. Von Arbeitgeberverbänden, Gewerk-
schaften, m Presse und Rundfunk wird
das Für und Wider zu diesem Gesetz be-
leuchtet, wobei jede Interessengruppe
ihre Interessensphäre in den Vordergrund
der Erörterungen stellt, Diese Tatsache ist
um so begreiflicher, als nunmehr der alte
Kampt zwischen Arbeit und Kapital 1«
sein Endstadium eingetreten ist und seine!
Entscheidung entgegengeführt werde«
soll.
Auf der einen Seite versuchen libexa-
Ijstisch-kapitalistische Wirtschaftskrise
durch wirtschaftspolitische Argumentation
sich dem sozialen Fortschritt entgegenzu*
Stellen und versuchen glaubhaft zu
machen, daß durch das neue Betriebsräte-
gesetz unser gesamtes Wirtschaftsleben
eine Umwälzung erfahren würde, mit de!
unvermeidlichen Folge des wirtschaftli-
chen Rückgangs, ja sogar Zusammenbru-
ches. Auf der anderen Seite kämpft der
Arbeitnehmer darum, aus dem unwürdi*
gen Zustand, als Ware zu gelten, heraus*
gehoben zu werden, um gleichberechtigt
neben dem Arbeitgeber das Wirtschafts-
geschehen des Volkes unter Anerkennung
seiner Würde und Persönlichkeit mitzu-
gestalten. ein Recht, das ihm ohne sach-
liche Argumentation bisher versagt wor-
den ist.
Zu Beginn meiner Betrachtung möchte
ich grundsätzlich feststellen, daß das Be-
triebsrätegesetz als Ganzes ein sozial-
politisches und kein wirtschaftspo'itisches
Gesetz ist. Es dient fediglich dazu, die
Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer auf eine neue Grunch*
läge zu stellen. Als Gesetz des Arbeits-
rechts kann es somit auch nur vom
sozialpolitischen Gesichts-
winkel aus einer Betrachtung unterzo-
gen werden, wobei nicht verkannt werde«
soll, daß dieses Gesetz, wie übrigens je-
des andere Gesetz arbeitsrechtlicher Art,
auch gewisse wirtschaftspolitische Folger!
zeitigen wird. Diese werden aber nicht
primärer Art sein, sondern nur am Rande
auftreten und dürften m ihrer Auswirkung
für die Gesamtwirtschaft ohne besondere
Bedeutung sein. Es wird z. B. in einet
Aktiengesellschaft das Betriebsgeschehen
keine andere Ausrichtung erfahren, ob es
von einem größeren oder kleineren Gre-
mium bestimmt wird. Ich denke dabei att
die Entsendung von Betriebsratsmitglie-
dem in den Aufsichtsrat, wie das neu«
Betriebsrätegesetz es vorsieht.
Zugegeben, das Betriebsrätegestez be-
schreitet neue Wege, aber nur solch«
Wege, die konsequent mit der sozial-
politischen Entwicklung Schritt halten sol-
len. Durch das Mitbestimmunasrecht als
Kernproblem desselben, wird weder die
Sozial- noch die Wirtschaftsverfassung
des Saarlandes geändert, noch wird ein
neuer Arbeüaeberbegriff geschaffen. Es
mischt sich weder in die Eigentums-, Be-
sitz- noch sonstigen Rechtsveriialtnisse
des Betnebsinhabers ein, der nach wie
vor das Unternehmen nach außen vertritt
und alle laufenden Geschäfte erledigt.
Vom Mitbestimmungsrecht wird nur da«
innerbelr ebli^h* Verhältnis zwischen Ar-
beitgeber und Beleaschaft berürt. inso-
fern, als der Arbeitaeber in sozialen, per-
sonellen und wirtschoffliehen Fraaen in
gewissen vom Gesetz besonder festge-
legten Fähen, bei seinen Entscheidungen
an die Zustimmung der Betrieb^’^ertretung
aebunden ist. Es ist eine Verkennung de!
Tatsachen. hieraus eine Aendertmg bzw.
Beeintväcbtiaung des E'centumc,veoriffe«r
lllHIHItHIIHIIHUIIIMIIIHIIIIIIIIIlllKIllllHIIHIIIIIHIIIHHIIHIIllIIIIIIIIIIIHIIlHllllllllllllia
Aus dem luhaU *
Neuordnung der Sozialversicherung
Ein Beitrag zum Verkehrsrnroblem
Das Londoner Manifest
Worum es geht?
Berch'e aus d?n Kreisen
Sonders«:’«: Der jurge Gewark''chaftler
Briefkasten
Arbeitsmarktanzeig er
Bericht gang der Satzungen
Volkshochschul-Nachric'ten
Post aus dem Ausland
Die Theatergememde teilt mit
i}Hinniiiniiiiiiiuimu«tmutiiiiii!iuiiiimm)iiuHtiiuiimi)immmtuiiimiiimiunmw
Seite 2
DIE ARBEIT“
Januar 1950
wie es in unserer Verfassung verankert
ist v ableiten zu wollen. Der Ertrag des Be-
triebes steht nach wie vor dem Eigen-
tümer zu.
Weder eine materielle Besserstellung
des Arbeitnehmers, noch eine materiell«
Schlechterste'.'ung des Arbei gebers treten
durch das neue Betriebsrätegesetz ein.
Es verfolgt nur den Zweck, den arbei-
tenden Menschen mehr als bisher an dem
Geschick des Unternehmens zu interes-
sieren und ihn fester an dasselbe zu bin-
den, was sich für den Beirieb letzten
Endes nur günstig auswirken kann. Es ist
eine alte Erfahrungstatsache, daß die Pro-
duktion des Betriebes um so großer ist,
je mehr der Arbeiter in die Stellung eines
freien Mitarbeiters gehoben ist. Kein ver-
antwortungsbewußter, sozial denkender
Arbeitgeber wird sich einer solchen Fort-
entwicklung des sozialen Rechts entge-
genstemmen. Es kommt für die praktische
Gestaltung einzig und allein darauf an,
daß die Arbeitgeber gewillt sind, den
sozialpolitischen Erfordernissen dar heu-
tigen Zeit Rechnung zu tragen und der
Betriebs Vertretung das notwendige Ver-
trauen entgegenzubringen und in ihr
nicht den Gegner zu sehen, und daß an-
dererseits die Betriebsvertretungen, von
ihren hohen Aufgaben durchdrungen, sich
ln sachlicher Form für die Erfordernisse
des gesamten Betriebes einsetaan werden.
Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsver-
tretung auf der Ebene der Achtung und
des Vertrauens treffen, kann sich das Be-
triebsrätegesetz und das Mitbestimmungs-
recht nur zugunsten des Betriebes aus-
wirken. Da nach dem Betriebsrätegesetz
dis Betnebsvertretungen nicht die wirt-
schaftlichen und juristischen Eigentümer
des Betriebes werden sollen, muß auch
das Betrtebsnsiko nach w e vor von dem
getragen werden, der den wirtschaftli-
chen Vorteil aus dem Betriebe zieht. Wenn
von Arbeitgeberseite eingewendet wird,
daß die Betriebsräte bei der Tagung des
Bet-iVosrisikos e ngeschaltet werden müs-
sen, so übersieht man, daß als logische
Folgerung dann auch den Betriebsräten
das Recht zugestanden werden müsste,
an dem Ertrag dieses Betriebs teilzuneh-
men. Das isi aber im Gesetz nicht vorge-
sehen und nie beabsichtigt gewesen.
Der Betriebsrat hat, wie eingangs er-
wähnt, die Aufgabe des Ausgleiches so-
zialer G-aryensätze. Es gilt auch für diese
Gesetzesvorlage, das was zur Begrün-
dung des hessischen Betriebsrätegesetzes
gesagi worden ist:
..Wenn schon die privatkapitalistische
Struktur unserer Wirtschaft in ihren
Grundzü^en erhalten bleibt, kann jeder
verantwortungsbewußte Bürger zumindest
erwarten, daß der Einsatz der Produkti-
onsmittel zum Wohle der Gesamtheit vor-
genommen wird. Nichi zuletzt aber hat
der arbeifende Mensch ein unabdingbares
Recht darauf, daß die Würde und die Per-
son Tichkeit des Menschen in der Sozial-
und Wirtschaftsordnung im Vordergrund
steht. Der Staat hat die Pflicht, dem arbei-
tenden Menschen eine Kontrolle darüber
in die Hand zu geben, daß seine Arbeits-
kraft im Sinne des Friedens, des Auf-
baues. der sozialen Gerechtigkeit und da-
mit des sozialen Fortschrittes eingesetzt
werden kö^en!“
Manifest der Gewerkschafts-Internationale
Füi Brot, Freiheit und Frieden
T*ie lAeatecqentemde teiU mkt
Miete 1 :
Sonntag, den 29. Jan. 18 Uhr „Loben.-
grtn“
Miete 3 :
Dienstag, den 31. Januar „Der Frei-
schütz“
Miete 2 :
Dienstag, den 14. Februar „Dar Frei-
schütz“
Der große Kongreß der neuen Gewerk-
schartsinternationale. der im vergangenen
Monat in London tagte and auf dem 58
Millionen Gev/erfcscfcafher aus 5S Ländern
vertreten waren, gab etn MANIFEST her-
aus. das folgenden Wortlaut hat:
Brot durch wirtschaftliche Sic’«r-
heit und soziale Gerechtig-
keit für jedermann!
Freiheit durch politische Demokratie
und Demokratisierung der
Wirtschaft!
Frieden durch S’cHerunq d«r Frei*- »it,
M«nscvwiirda u“d Gerechtig-
keit für alte!
Werktätige aller Länder, aller Rassen
und aller Bekenntnisse! Ihr, die Ihr tä-
tig seid in den Fabriken, auf dem Lands
und in den Büros — an alle, die-da dr-
beifen, ergeht unser Ruf:
Vereinigt Euch im Internationalen Bund
fixier Gewerkschaften!
Kämnft mit uns für eine Welt, in der
die Menschen frei und ohne Furcht sind,
eine Welt, in der die Völker in Frieden
miteinander leben!
Das sind unsere Ziele — dafür kämp-
fen wir!
Brot:
In den industriell entwickelten Ländern
sind alte technischen Voraussetzuna^n
vorhanden, eine Welt zu schaffen, in der
es Vob’-eschäftiauna, Sicherheit vor Man-
gel und vor No* im Alter und bei K ank-
heit aeben könnte
Es ist unsere Pflicht, diese technischen
Mi^el diesen Zielen dienstbar zu machen.
Die Völker in den Kolonien und ande-
ren weniaer entwickelten Gebieten müs-
sen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung
volle Unterstützung erhalten,
Demokratie in Politik und Wirtschaft
sind unteilbar
Deshalb fordern wir vo’le Beteiligung
der Organisationen der Werktätigen bei
allen Entscheidungen über d’e wirtschaft-
liche Planung, Produktion und Verteilung.
Wo immer oriva^e Interessen dem Fort-
schritt der Menschheit im W-eas stehen,
muß Planuna zugunsten des Gewinns ein-
zelner der Planung zugunsten der Allge-
meinheit weichen.
Freiheit:
Schafft mit uns eine Weib in der die
Menschen frei sind vom Druck jeder Ty-
rannei
Wei'er wird die Beseitigung der Herr-
schaf ■ und Ausbeutung durch die Macht-
konzsn' raHon der Kartelle und Monopole
verlangt.
Wir glauben nicht jene falsche Lehre,
die da sagt, daß die Werktätigen ihre
politische und geistiae Freiheit oofern
müssen, um wirtschaftliche Sicherheit und
soziale Gerechtigkeit zu varwirklichen.
Leben in menschlicher Würde ist nur
denkbar,
wenn Rede- und Gedankenfreiheit ge-
sichert sind,
wenn Versammlungsfreiheit gewähr1 ei-
stet ist,
wenn man sich ohne Zwang in Gewerk-
schaften vereinigen und unabhän-
gig von anderen Gruppen frei ver-
handeln kann,
wenn das Streikrecht unbestritten ist.
wenn alle Völker — auch in den Kolo-
nien und nichtselbständigen Gebie-
ten — über ihre eigenen politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Ein-
richtungen selbst entscheiden kön-
nen.
Die freien Gewerkschaften der Welt
werden mit ihrer ganzen Kraft die Be-
mühungen aller Völker unterstützen, die
»ich von der Herrschaft des Polizeistaa-
s befreien wollen, wo immer es sei.
rieden:
Nur eine von freien und demokratischen
Völkern getragene Bewegung — einig in
dem Streben nach wirtschaftlicher Sicher-
heit, sozialen Gerechtigkeit und politi-
scher Freiheit — nur sie bietet Gewähr
für dauernden und gerechten Frieden. Die
freien und demokratischen Gewerkschaf-
ten der Welt sind die Vorhut der Kräfte
des Friedens.
Werktätige aller Länder, aller Rassen
und aller Bekenntnisse!
Schließt Euch zusammen in unserer
mächtigen Bewegung der freien und de-
mokratischen Kräfte.
Vereint werden wir Armut und Ausbeu-
tung überwinden und eire Welt
des Wohlstandes und der Sicher-
heit schaffen!
Vereint werden wir Tyrannei und Unter-
drückung ausmerzen und eine
Welt der Freiheit und Menschen-
würde errichten:
Vereint werden wir die Kriegshetzer und
Angriffslustigen besiegen und
eine Welt des Friedens und der
Gerechtigkeit aufbauen."
Freie Gewerkschaften
Im Zusammenhang mit der Gründung
des „Internationalen Bundes Freier Ge-
werkschaften“ in London entstanden
mehrfach Diskussionen über den Begriff
„Freie Gewerkschaft.“ Es erscheint daher
notwendig, in groben Umrissen das We-
sen der Freien Gewerkschaft zu zeichnen.
Fre;e Gewerkschaft ehemals: Vor 1935
gab es auch bei uns im Saarland eine
„Fre e Gewerks aft“, allgemein bekannt
unter dem Namen „Alter Verband.“ Es
sei gleich vorweg genommen, daß diese
Gewerkschaftsform weder mit dem heuti-
gen Begriff „Freie Gewerkschaft“ noch
mit dem Begriff „Einheitsgewerkschaft“
identisch ist. Die ehemalige Freie Ge-
werkschaft war in ihrer letzten Zielset-
zung eine richtungsgebundene Gewerk-
schaft, und zwar war sie mehr oder we-
niger auf die damalige sozialistische
Weltanschauung im Sinne der sozialde-
mokratischen Partei Deutschlands ver-
pflichtet.
Sobald jedoch eine Gewerkschaft an
eine Parteirichtung gebunden ist, kann
sie sich eigentlich nicht mehr als eine
freie Gewerkschaft bezeichnen.
Freie Gewerkschaft von heute : Die
heutige freie Gewerkschaft, die also in
diesem Sinne keine Nachfolgerin der ehe-
maligen Freien Gewerkschaft ist, kann*
sich u. a. auf Grund folgender wesent-
licher Merkmale mit Recht frei nennenj
1. Sie ist unabhängig von einer Parten
2. Sie ist unabhängig von der Regierung.
3. Sie ist unabhängig gegenüber den
Konfessionen.
4. Sie ist unabhängig von der Zugehö-
rigkeit zu Rasse und Volk.
5. Sie ist daher ein Gegner aller to-
talitären Systeme, bei denen eine
wahre Freiheit der Einzelperson wie
der Gewerkschaftsorganisation ein-
fach unmöglich ist.
Die freie Gewerkschaft von heute hätte
jedoch aufgehört zu bestehen, wenn sie
sich nicht abhängig fühlen würde von den
Gesetzen der Demokratie, d. h. also: von
den Gesetzen der Menschlichkeit, der Be-
wertung der persönlichen Freiheit, des
Wohles der Gemeinschaft der Arbeiten-
den und der Würde der Arbeit.
In diesem Sinne ist auch die Einheits-
gewerkschaft als eine mit Recht freie Ge-
werkschaft zu bezeichnen. Wir sind also
der Meinung, daß unsere Gegner nur aus
demagogischen Gründen den längst über-
holten Begriff von ehemals aus der „Mot-
tenkiste“ hervorzaubern wollen, um uns
damit da schaden zu wollen, wo sie es
anders nicht können. R. B.
Volkshochschule Neunkirchen
Die Vortragsreihe an der Volkshoch-
schule Neunkirchen mit den Vorträgen,
die besonders Funktionäre und Mitglie-
der der Gewerkshaft interessieren, be1-
ginnt mit Dienstag, dem 24. 1. 1950. Die-
ser erste Vortrag wie alle anderen fol-
genden Vortragsabende beginnen jeweils
um 19.30 Uhr, und zwar nach folgendem
Lehrplan:
1. Vortragsreihe über die Gewerkschafts-
bewegung. Referent: Joh. Dreher.
24. 1. 50: Die allgemeine Entwicklung dar
Arbeiterbewegung.
31. 1. 50: Entstehung und Entwicklung
der Gewerkschaftsbewegung bi? 1918.
7. 2. 50: Die Gewerkschaften von 1918
bis heute.
2. Vortragsreihe Uber Sozialpolitik. Re-
ferent: Glöbel-Schäfer.
14. 2. 50: Begriff und Wesen der Sozial-
politik. Ref. Glöbel.
23. 2. 50: Die Geschichte der Sozialpo-
litik, Referent Glöbel.
2. 3. 50: Der Aufbau der Sozialversiche-
rung im Saarland — Ref. Schäfer.
3. Vortragsreihe über Volkswirtschaft.
Referent Richard Eisenbeis, Dipl. Volks-
wirt.
28. 2. 50: Die vorkapitalistische Wirt-
schaft.
7. 3. 50: Die kapitalistische Wirtschaft.
14. 3. 50: Formen das Sozialismus.
4. Vortragsreihe über das neue Betriebs-
rätegesetz. Referent Dr. Leinet.
21. 3. 50 und 28 3 50.
Die Vortragsabende finden jeweils
dienstags im Saale 8 deT Jägerschule
statt. Der Orstausschuß Neunkirchen er-
wartet, daß alle Funktionäre und Mit-
glieder diese Vortragsabende besuchen.
Die Situation an der Saar
(Fortsetzung von Seite 1)
saarländischen Metallindustrie zugunsten
der Saarbevölkerung. Er wies auf die Ge-
fahren hin, die durch eine Modernisierung
der lothringischen Industrie aus Mitteln
des Marshallpkmes entstehen können,
wenn die gleichzeitige Modernisierung der
saarländischen Metallindustrie zurück-
stehen müsse.
Zur Lohnfrage übergehend, betonte Kol-
lege Rauch die geringe Kaufkraft dar
Löhne. Gegenüber 1938 sei eine Verrin-
gerung der Kaufkraft um 40 bis 60 Pro-
zent eingetreten. Die Verringerung wirke
sich aber bei den niederen Einkommen bis
ßf* Prozent WM Gesärri^lnVornmens "Sllf-—,
Im übrigen sei in Zukunft darauf zu am*
ten, die Löhne nicht nur nach den Prei-
sen, sondern nach der Arbeitsleistung
festzusetzen.
Der Redner setzte sich dann für die
Wiedereinführung des Selbsfverwa’fungs-
rechts der Versicherten ein.
W rtschaf Tche Stabilität und Wohlstand
seien nur dann gewährleistet, wenn die
Saar der Notwendigkeit eines regen
freundschaftlichen Verkehrs nach West
und Ost Rechnung tragen könne.
Den Ausführungen des Redners war
eine ausgiebige Diskussion gefolgt. In.
ihr wurde vor allem die Entschlossenheit
herausgestellt, für die gewerkscha'tuchen
Forderungen den entschiedenen Kampf
aufzunehmen. Bei dem derzeitigen Wirt-
schaftssystem sei eine gleitende Lohn-
skala unerläßlich. Ohne Abschluß eines
Friedensvertrages könne die Quelle dau-
ernder Mißstände nicht zum Versiegen ge-
bracht werden.
Der Referent wie auch, die einzelnen
Diskussionsredner fanden für ihre Dar-
legungen lebhaften Beifall.
Berichtigung der Satzungen
In der Ausgabe vom I. Dez. veröffentlichten
wir die Satzungen der Einheitsgewerkschaft, die
ab 1. 1. 1950 Gültigkeit haben. Zu dieser Ver-
öffentlichung bringen wir heute einige Richtig-
stellungen.
Die §§ 11, 12 und 14 erhalten folgenden Wort-
laut:
# U
Der Gewerkschaltsausschuß.
1. Der Gewerkschafts-Ausschuß setzt sich su-
samraen aus:
**-a) dem Präsidenten.
b) den Mitgliedern des Landesvorstandes,
c) den Vorsitzenden oder Geschäftsführern
der der E. G, angeschlossenen Gewerk-
schaften (Gewerkschaften mit mehr als
10 000 Mitgliedern sind berechtigt, einen
zweiten, mit mehr als 20 000 einen dritten
und für jedes weiter« angefangene 10 000
einen weiteren Vertreter zu entsenden) und
d) Vertreter der Jugend,
e) Vertreter der Frauen.
Stellvertretung ist zulässig.
2. Dem Gewerkschafts-Ausschuß obliegt insbe-
sondere :
a) die zur Durchführung der Beschlüsse des
Landeskongresses erforderlichen Maßnah-
men festzulegen;
b) Ortsausschuß-Vorstände zu bestätigen;
c) einheitliche Gehalts- und Ansfelhingsbe-
dingungen für alle Angestellten in der Ge-
werkschaftsbewegung m schaffen;
d) für besondere Aufgaben Ausschüsse ein-
zusetzen;
e) für etwaige Sonderbeiträge Beschluß zu
fassen;
1) Richtlinien für das Unferstützungswesen zu
erlassen;
g) Geschäftsanweisungen für alle Organe und
Einrichtungen der E. G. zu erlassen;
h) Uber den Haushalt der E. G. Beschluß zu
fassen;
I) während einer Geschäftsperiode notwendige
Ergänzuftgswahfen zura Landes-Vorstand
vorzunehmen;
i) Ort und Termin fUr den nächsten Landes-
Kongreß festzulegen, sowie die Tagesord-
nung vorzuschlagen.
I. Die Sitzungen des Gewerkschafts-Ausschus-
ses werden vom Landes-Vorstand einberufen
und geleitet. Sie finden nafch Bedarf, mindes-
tens Jedoch monatlich statt
# «
Der Landes-Vorstand.
I. Der geschäftsführende Landes-Vorstand be-
steht aus fünf Mitgliedern und zwar arue
einem Präsidenten,
einem stellvertretenden Präsidenten,
und drei weiteren Vorstandsmitgliedern.
& Ehe geschäftsführenden Vorstandsmitglieder
werden vom Landes-Kongreß gewählt.
I Der Landes Vorstand vertritt die E. G. nach
Innen und außen.
4. Die fünf Mitglieder des Landes-Vorstandes bil-
den den geschäftsführenden Landes-Vorstand.
Dieser hat im Rahmen der vom Gewerkschafts-
Ausschuß zu beschließenden Geschäftsord-
nung die Geschäfte zu führen.
5. Dem Landes-Vorstand obliegt insbesondere:
a) alle Aufgaben gewissenhaft zu erfüllen, die
sich für ihn aus dieser Satzung, den Be-
schlüssen und Richtlinien der Organe der
E. G. ergeben;
b) die Einhaltung der Satzung zu überwachen,
sowie für eine gedeihliche Zusammenar-
beit der Gewerkschaften Sorge zu, tragen;
c) dem Gewerkschafts-Aus schuß Anweisungen
für die Geschäftsführung der Organe der
E. G. vorzuschlagen;
d) dem Landeskongreß einen schriftlichen Be-
richt zu erstatten,
4. Sitzungen des Landes-Vorstandes finden nach
Bedarf statt.
7. Zum Abschluß von für die E. G. verbindlichen
Geschäften und Verträgen sowie zur Geltend-
machung von Rechtsansprüchen ist die Un-
terschrift des Präsidenten oder seines Stell-
vertreters sowie eines weiteren Vorstandsmit-
gliedes erforderlich.
4 14
Kreis- und Ortsausschüsse.
1. Die Bildung von Ortsausschüssen erfolgt in
allen Indurftrieortschaften durch den Landes-
Vorstand Im Einvernehmen mit dem Gewerk-
schafts-Ausschuß.
2. Die Ortsausschüsse sind die Gemeinschaft der
Orts Verwaltungen der Gewerkschaften.
I. Zur Erfüllung der Aufgaben des Ortsausschus-
ses werden folgende Organe geschaffen:
der Vorstand des Ortsausschusses,
die Delegiertenversammlung des Orts-
ausschusses.
4. Der Vorstand wird durch die Delegiertenver-
sammlung gewählt und bedarf der Bestätigung
durch den Gewerkschafts-Ausschuß.
5. Die Delegiertenversammlung der Ortsaus-
schüsse setzt sich zusammen aus den gewähl-
ten Vertretern der Gewerkschaften. Für die
Einberufung und Durchführung der Delegierten-
versammlungen der Ortsausschüsse erläßt der
Landes-Vorstand im Einvernehmen mit dem
Gewerkschafts-Ausschuß Richtlinien
6. Den Vorständen der Ortsausschüssen obliegt
innerhalb ihres Bereiches insbesondere:
a) Die Weisungen des Landes-Vorstandes
durchzuführen;
b) alle gemeinsamen gewerkschaftlichen An-
gelegenheiten zu behandeln;
c) die allgemeine gewerkschaftliche Werbung
durchzu führen;
d) leistungsschwache Gewerkschaften bei der
Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.
7. Auf Antrag einer Gewerkschaft kann die E.G.
*ür diese im Wege der Vareinbarung di« Kas-
sen- und Geschäftsführung ihrer Ortsverwal-
tungen ganz oder teilweise durch seine Orte-
ausschüsse übernehmen.
8. Die Vorstände der Ortsausschüsse sind dem
Landes-Vorstand für ihre Tätigkeit verant-
wortlich,
7. Die Kosten für die Ortsausschüsse tragendie
Gewerkschaften entsprechend Ihrer Mltglieder-
zahl.
«DIE ARBEIT»
Seite 3
TanufilJ22L
Worum es geht!
Teuerung - ßetriebsrätegesetz - Mitbestimmungsrecht - Tarifvertrag
Sozialpolitik * Von Richard Rauch
yteiiiäch lüackec
63 Jahre alt
Der Präsident der Einheitsgewerksahatt,
Kollege Heinrich Waeker, wurde em
|8. jqnuar 63 Jahre alt. Wenn wir als G*-
v^rkschaftskollegen ihm zu diesem Tage
unsere herzlichsten Glückwünsche aus-
sprechen, so liegt darin mehr als eine
Gewohnheit. Seit 1909 in der Ge-
werkschaftsbewegung tätig, waren dis
vielen Jahrzehnte seines Lebens ausgw-
iüllt vom unermüdlichen und oft harten
Kampfe für die Interessen der Werktäti-
gen. Und war so wie er mit dem Schick-
sal der schaflenden Menschen verbunden
ist, denkt sich auch seinen ferneren Le-
b iweg nicht anders. Daß ihm hierbei
weiter Kraft gegeben und daß ihm weiten
Erfolge besohiecten seien, das sei unser
aller Wunsch.
Das einmütig® Vertrauen, das dem Prä-
sident«» naoh auf dem letzten Lerndeskon-
kongreß ausgesprochen wurde, erlaubtes
uns, mit dem Jubilar trotz dar großen
Schwierigkeiten die besten Hoffnungen jey
hegen.
Mi. unserem Wunsche ist auch ein warm-
herziger Dank verbunden, der sich in Zu-
kunft in noch engerer, entschlossener und
treuer Zusammenarbeit für die gemeinsa-
m :i gewerkschaftlichen Ziele, an die so
manche Hoffnungen der Schaffenden an
der Saar jetzt mehr denn je geknüpft
sind, kundtun möge.
jfo/M Schäfte 60 jfaÄüe oft
Am 19. Januar beging Kollege Jakob
Schäfer seinen 60. Geburtstag.
Seit seiner Jugendzeit gehört Kollege
Schäfer der Gewerkschaftsbewegung an
Nach 1918 war er Geschäftsführer im
Bauqrbeiterverband. Während der Nazi-
zeit hatte er manches zu erdulden und
war, nachdem er wiederholt als Maurer
gearbeitet hatte, eine Zeitlang arbeitslos.
Aber keine Versprechungen und kein»
Schikanen vermochten es, ihn von seiner
geraden Haltung abzubringen.
Schon seit Jahren kommt sein umfang-
reiches Wissen und seine stete Hilfsbe-
reitschaft den organisierten Kollege» der
Sozialabteilung der Einheitsgewerkschaft
zugute. Nicht zuletzt setzt er sich für
fallrentner und so manche andere sein«
Qualitäten und intensive Arbeit und Er-
folge besonders zu schätzen. Wir wünr
sehen dem Kollegen weiterhin Gesundheit
und eine ersprießliche Tätigkeit.
Arbeitsmarktanzeiger
Die Arbeitsverwaltung meldet tm Anzeiger
vom 9. J, 195Q zahlreiche ojfene Stellen, für die
bei den sgarl. Arbeitsämtern keine geeignete
Bewerber gemeldet sind. Um unseren Mitgliedern
und Lesern einen kleinen Ueberblick zu geben,
sei erwähnt, daß im Arbeitsamtsbesirk Saar-
brücken unter vielen anderen hauptsächlich
Dqchdeoker, Handsetzer (aushilfsweige für 2 — 3
Wochen), Zimmerer, Eieenflechter gesucht wer-
den. Völklingen sucht vorwiegend Heizungsmon-
teure und Bauklempner. Jn Sulzbach sind es
Bauiacharbeiter, in Heusweiler Metqllschleifer,
Bau- und Möbelschreiner, Ludweiler sucht Maurer
und Zimmerer, Neunkirchen u. a. Maurer. Die
Arbeitsamtsnebenstelle Homburg braucht Werk-
zeugmacher. mehrere Glas- und Glasapparate-
blgser, Blieskastel wiederum Bauschreiner, hi
Wadern werden Modell-, Bau- und Möbelschrei-
ner und eine Filialleiterin für eine Metzgerei
gesucht. Im Anhang des Ajrbeitsmaridanseigers
ist eine Liste derer qyfgelührt, die Stellen
suchen. Es sind vorwiegend Buchhalter jeglicher
Art. Bankongesteilt« und Elektroingenieure. Aus-
k’tnfte eriejlen sämtliche Arbeiteämter und Ne-
benstellen.
Post aus dem Ausland
Frankreich. Der empfindliche Mangel an elek-
trischer Energie war in den vergangenen Mo-
naten das Kennzeichen des französischen Wirt-
schaftsleben«; Kurzarbeit war in zahlreichen Fäl-
len die Folge und ebenso erheblich« Lielerungs-
verzögerungen. Dieser Zustand hat nun nach
den zahlreichen und noeh immer anhaltenden
Begenfälien ein Ende gefunden. Di« Stauwerk«
haben wieder genügend Wasser. Der Wasser-
stand erreicht jetzt ein »eit langer Zeit nicht
vorhandenes Niveau mit 53 Prozent.
A
England. „Lahour Gazette“, das Pubükations-
organ des englischen Arbeitwrunuterium*, veröf-
r , ich die Entwicklung der Gewerkschaften im
Janre 19«. Am Jahresende betrug die Geeamt-
mltgliederzahl aller Gewerkechaftsverbände
9 30100- Insgesamt sind es 187 Gewerkschafts-
orgq« sqtionen, die dem T>U.C. angeschlossen
fand.. Di« englische Arbeiterschaft ist prozen-
tual starker organisiert als die Arbeiterschaft in
den Vereinigten Staaten.
Die Profite der englischen Industrie- und Han-
WsgeSeilschaften sind von s*3 Millionen Pfund
s erlmg im Jahre 1938 auf 1639 Millionen Pfund
nn Jahre 1948 gestiegen. Diese Erhöhung macht
dae dreifache aus. Wie die Statistik über das
Soviel« drüakt der Sehuh- Zunächst ist
es die Teuerung. Wir hatten zu Beginn des
Herbstes 1948 und des Winters 1948-49 in
vielen Fällen Preissenkungen zu ver-
zeichnen, Diese wirkten sich besonders
auf die Bedarfsgegenstände aus. Die Le-
bensmtttelpreisa woren auf ein Niveau
gesunken, das auch den Minderbemittel-
ten die Möglichkeit, gab, sich manches
zu kaufen, was sie vorher entbehren muß-
ten. Doch mit Beginn das Sommers 1949
stiegen die Preise langsam aber unauf-
haltsam, soäaß heute der kleine Einkom-
menempfänger vor schweren Problemen
steht und er zam Teil zu kaum tragbaren
Entbehrungen gezwungen ist. Besonders
hart davon getroffen sind unsere Rentner,
Pensionäre und auch die im Stundenlohn
beschäftigte Arbeitnehmerschaft, sowie
die kleinen Angestellten und Beamten.
Etwas zu kurzsichtig und zu wenig ent-
gegenkommend haben sieh die Amts stel-
len der Regierung und die Arbeitgeber-
verhdäde zu diesen Tatsachen gestellt.
Bis heute ist diese Teuerung aber auch
durch garnichts kompensiert worden. Man-
muß verstehen, daß dar kleine Einkom-
menempfänger mitunter 70 bis 89 Prozent
seiner Bezüge für Lebensmittel aufwenden
muß. Ihn hat die Teuerung sehr hart ge-
troffen. Für ihn ist die Teuerung der Le-
bensmittel eine effektive Teuerung, die
sich bereits prozentual der Steigerung
auswirkt. Anders liegen die Dinge jedoch
für die höheren Gehaltsempfänger, dort,
wo nur 10 bis 15 Prozent des Gesamtein-
kommens zur Bestreitung der Ernährungs-
kosten dienen. Ein« Steigerung der Le-
benshaltungskosten, die sich nur auf Le-
bensmittel oezieht, macht diesen Herr-
schaften sehr wenig aus. Steigen die Le-
bensmittelpreise um 30 Prozent, dann ist
für sie eine allgemeine Steigerung nur um
3 Prozent im höchsten Falle eingetreten,
weil sie ja nur ein Zehntel oder mitunter
noch weniger für Lebensmittel ausgeben
müssen. Daher ist auch zum Teil die hart-
näckige Haltung unserer Unternehmer und
ihrer Vertreter im Saarland zu verstehen.
Wie oft ist schon auf die Bedeutung
eines neuen Betriebsrätegesetzes
hingewiesen worden. Aber weiß wirklich
jeder, worum es hi«T geht? Wir brauchen
Noch fünfzig Jahr — dann sind die zwan-
zig Hundert voll;
Nützt jetzt die Zeit, daß dies Jahrhundert
nicht dereinst,
Al« das was es bis heute war, dann gilt!
Volk*elnkommen iß England zeigt, stiegen die
Verdienste aller Lohnarbeiter dagegen in der
gleichen Periode von 1733 MUL Pfund Sterling
aul 3975 MUL Pfund, also um nur 123 Prozent.
England. Di« Docker, die im King Georg V,-
Doek de* Londoner Hafens mit dem Löschen
eines J6QQ0 Tonnen Frachtdampfers beschäftigt
waren, haben gemeinsam mit anderen Kollegen
di« Arbeit ntedergelegt, weil die Gesellschaft
einen nicht gewerkschaftlich organisierten Ar-
beiter «ingestellt hat. Es besteht die Gefahr,
daß dieser Streik sich auf andere Teile de»
Hafens ausbreitet.
England. Die Untertagekohlenproduktion ln
Großbritannien hat Im Jahr 1949 eine Gesamt-
menge von 202 500 000 Tonnen erreicht. Im Jahr
1948 hatte die Produktion der Untertagegruben
196 700 000 Tonnen erreicht,
A
Schweiz. Die Lage der schweizerischen Wirt-
schaft wird im allgemeinen als gesund betrach-
tet* Eine Umfrage in den Interessierten Wirt-
sehaftskreisen ergab jedoch, daß etwa 55 Prozent
der Unternehmen mit dem Ergebnis ihrer Tätig-
keit zufrieden waren. Etwa 23 Prozent bezeich-
Bteten ihre Arbeit als von Erfolg gekrönt und nur
die verbleibende Minderheit spraeh von einer
schlechten Konjunktur. Die Aussichten für die
Zukunft werden von nahezu 50 Prozent als un-
ein fortschrittliches Betriebsrätagesetz,
das auch dem Arbeitnehmer dis Möglich-
keit gibt, als ein Teil unserer Wirtschaft
mitzubestimmen, Auch die saarländische
Arbeitnehmerschaft gewinnt so langsam
mehr und mehr an Selbstbewußtsein und
weiß, daß sie »ehr gut zu der weiteren
vorteilhaften Gestaltung ihre« Schick-
sals beitragen kann. Wenn die Unter-
nehmer als hauptumstritiensten Punkt de«
Betriebsrätegesetzes die Mitbestimmung
der Arbeitnehmer ansehen, dann müssen
wir uns fragen, warum unsere Unterneh-
mer die Mitbestimmung ihrer Arbeitneh-
mer und auch somit das Mit-Verantwar-
tungs-Tragen ablehnen, Es könnte doch
den saarländischen Unternehmern sehr
zugute kommen, wenn die Vertreter ihrer
Belegschaft mit Einsicht hätten in das Qe-
samtwirtschaftsgeschehen des Reiriebes.
Ich glaube, daß die von den Arbeitnehmern
gewähl'en Vertretern soviel Einsicht auf-
brächten, daß sie ihre Behrmmsn so aus-
werten, daß auch danrr den Betrieben der
saarländischen Wirtschaft kein Schaden
entsteht. Es mußte geradezu von den
saarländisch®» Unternehmern ab eine Er-
leichterung empfunden werden, wenn dis
von ihnen so schwer empfundene Verant-
wortung auf breitere Schultern geleat wür-
de. Fast in jedem Betrieb finden wir ein?
Anzahl Männer, die geeignet sind, solch
hohe Verantwortung zu tragen, die sie
in die Lage versetzt, betriebswirtschaft-
lich so zu'handeln, wie das im Interesse
des Betriebes und seiner Belegschaft not-
wendig ist. Die schweren Erschütterung an
des Wirtschaftslebens, die wir bisher er-
lebt haben, die sich in erster Linie auf
die Arbeitnehmerschaft auswirkten, ma-
chen uns zur Pflicht, Einfluß zu nehmen
auf die Gestaltung unseres Schicksals
und auch um unsere eigene Existenzsi-
cherung besorgt zu sein, ln diesen Fragen
können wir keine Konzessionen machen,
denn di« Wirtschaft ist unser« Existenz
und jeder Mensch, der gewillt ist, zu ar-
beiten, hat ein Recht auf Arbeit.
Zum TarSfvertragsgesetz
Die saarländischen Arbeitnehmer wün-
schen weiter ein Tarifvertragsge-
setz« das ihnen die Möglichkeit gibt,
Löhne und Gehälter wiedar so zu regeln.
Vom Blut befleckt — im Völkermord er-
stickt!
Noch fünfzig Jahr! In dieser kurzen
Spanne Zeit,
Tilgt aus die Schmach, di« dem Jahrhun-
dert Erbteil war!
sicher bezeichnet, aber etwa 40 Proient sind
auch weiterhin optimistisch.
**
Italien. Di« italienische Regierung hat »ich
an die Organisation für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit in Europa (OEEC) mit dem Antrag ge-
wandt alles su tun, um die Beschränkungen in
der Freizügigkeit von Arbeitskräften auf zu heben.
Italien hofft, daß durch internationale Maß-
nahmen Arbeitskräfte leichter al* bisher unter
die einzelnen Nationen verteilt werden können.
Bisher sind die im Ausland arbeitenden italie-
nischen Arbeiter auf Grund von sweieeitigen Ab-
kommen berufen worden.
A
U. S. A. Ein Vertreter der großen amerikanischen
Gewerkschaftsorganisation A. F. L. erklärte, daß
das Wirtschaftsprogrqmm der neyen Weltorgani-
sation eine Erhöhung der Produktion und der
Kapital-Investierungen zum Zwecke der Steige-
rung des Lebsnsstandards der Arbeiterschaft
vorsebe. Die Organisation trete ferner für ein
System der sozialen Sicherheit ein unter Aus-
schluß aller Maßnahmen, die den Arbeitszwang
und Zwangsarbeit begünstigen könnten. Die Or-
ganisation sprach sich auch gegen Zwangs-
arbeit in Konzentrationslagern und gegen die
Militarisierung der Arbeitskräfte aus. Konzen-
trationslager sollen Gegenstand einer objektiven
Untersuchung sein und ihre Auflösung gefordert
werden.
wie sie nach der Leistung und Verantwor-
tung, die sie bei der Produktion tragen,
sein müssen, Die Lohnverordnungen, die
wir haben, haben zunächst einmal den
gr ßen Fehler der Unübersichtlichk it Das
Lohnverreehnungssystem ist zu kompli-
ziert, und dadurch ist in vielen Fällen
Uneinheitliehkeit vorhanden. Wir müssen
wieder dahin kommen, daß jeder Arbeit-
nehmer weiß, was er pro Stunde oder pro
Monat verdient. Auch hat unser jetziges
Lohnsystem, das auf Koeffizienten aufge-
baut ist, die von uns seit alters her ge-
wohnten Lohn Verhältnissen zum Teil um-
gestürzt. Berufskategorien von hoher Be-
deutung mußten schwere Einbußen hin-
nehmen, weil eben der für sie in Frage
kommende Ko f'bient zu niedrig ist. W nn
schon der Gesamtlohn im allgemeinen zu
niedrig eingesetzt ist, so hat man zu we-
nig unsere Spezialgriffe, die in dar Wirt-
schof tätig sind, berücksic ttgt. Voy al’en
Dingen d:e kaufmännischen und ‘ethni-
schen AngesfeHen der Pr vatinr’ubrie hat
man auf ein Niveau gedrückt, das sie
früher nicht kannten. Diese Kategoren
verlangen mit Pecht den Lohn, der für nie
in früheren fahren üblich war. Lohn u^d
Gehalt bestimmen sehr weitgehend die
kulturelle Lage des einzelnen, Bei der
fortsahreitenden Technisierung, bei der
immer wetteren Zuhilfenahme der Na'ur
und ihrer Kräfte cur Produktion, darf in
bema auf effektiven Verdienst kein Rü k-
schritt, sondern es muß ein Fortschritt er-
folgen, Wir können mit Fug und Pe^ht
sagen, d'*e Lohn- und Ce Jt"«rdru n wJ@
nie Im Moment bei »in» GütHakelt ^at,
hsdöu'ef fJ<r de sgar-ä"d'"c,,,e *rrh«lt e^«
mefschaft, ob AngMftePfa oder Arbeiter
der PrlvatHduefr'e. einen Pürk«f>fcrf**
Ausbau der Sozialpolitik
Die So-ialro’itlk muß neu ausgerichtet
warden. In diesem Jahr erwarten wir ein«
bessere Regelung des Erha,unnjeu*-V*uv'S
für alle Arbeitnehmer. Zumindest muß er-
reicht werden, was wir früher an Frho-
lungsurlaub bekommen haben. Die so-ia-
len Leistungen, die im allgemeinen ge-
währt werden, bedürfen, damit dar Bn-
zialresitner leben kann, zumindest ei"«r
30"oig«n Erhöhung f;;r al1.« Ka‘enoren.
Für diejenigen, die nur angeetH'hm-
oder invaüdenvergiehnunasberec' *fat
sind, müssen diese neiden Versiche-unns-
zweige so ausgebaut werdsn, daß au'-'h
der Rentenempfänger leben kann. Ba^ae
Sorge lastet auf unseren arbe tenHcn
Menschen, wenn sie älter werden, wail
sie wissen, daß die Versicherungsrcnfe,
die sie später beziehen, ni^ht ausrn^ht
zu «inem einiaermaßan kuUi'iut*» Le-
ben. Es ist daher erfordsrU''h, d»e Lei-
s^ungssätz« zu erhöhen oder für diese
Kreise einen neuen Versict’e'unqszwftig
zu schaffen^ H'er könnte di-* :stzt vor-
handene Saarrüt*enbjiaonsc'’a'f ausoe-
baut werden zu einer Versiehe ung, der
alle Arbeitnehmer, die in der saarlän-
dischen Me'allindus'rie besehäftiat sind,
angehören müssen. Bei guter Durchkäm-
mung des saarländischen S'a^tshcus-
haUes und bei Einschränkung der Aus-
gaben auf das nur Zweckmäßige und
Notwendige könnte auch von seiten des
Staates, genau so wie das zur saarlän-
dischen Bergknappschafi geschieht, hier-
zu größere Zuschüsse ohne weder« S*cu-
erbeiastung der saarlä^dfachcn Bevölke-
rung geleistet werden. Wenn wir im^er
so viel von unserer KnPur »e^sn, so müs-
sen wir aber auch daran denken, daß
diese Kultur nicht nur zum Ausdruck
kommt durch schöne Baudenkmäler und
gefällige Ministerreäen, sondern in der
Lebenslage des Volkes ihre Höhe oder
Tiefe findet.
Das Mitbestimmuncisrecbt
Ein weiteres Problem ist das Mit-
bestimmungsrecht in allen Zweigen der
Sozialpolitik. H’er muß die Selbstverwal-
tung, die immer eine Forderung der oe-
werkschaf liehen Organisation war, w'e
der Platz greifen. Die s*aa'U~hs Lenkung
enthebt den Arbeitnehmer von der Ver-
antwortung, raubt ihm aber auch zu blei-
cher Zeit sein Selbstbewußtste. Es kanr
nicht jeder Mensch auf dieser Erde ü^e’
einen größeren Besitz verfügen, darum
muß man den Menschen, die man mit
materiellen Gütern nicht ausstatten kann,
auf der anderen Seite sfnen Ausgleich
geben, der ihm die Minderwertictkeits-
komolexs nimm* und in ihm das Gefühl
wachruft, ein vollwertiges Mitgl ed in der
menschlichen Gesel’schaft zu sein
Eines muß sich der Arbeitnehmer mer-
ken, Forderungen bVben Forderungen
wenn nicht hinter ihnen Macht steht, die
sie zu r«0l si“r»n vermag. Voraussetzung
zur Macht ist zunächst gewerkschaftli-
cher Zusammenschluß auf breitester Ba-
sis weitreh.qi)d'3s Folidaritätsaefühi. um
Wi’le zum Kamof. Darum wünschen wir
daß alle di«-:eniaen, die heu1© noch
gleichgültig bei««;te stehen und zusehen
wie andere für sie kämpfen, in diesem
Jahr den Weg zur Organisation finden.
Von den jetzt schon bei uns stehenden
Mitgliedern müssen wir fordern, daß sie
aktiv werden und versuchen, ohne ge-
genseitigen Neid die Lage für all3 Schaf-
fenden zu verbessern.
Das Band von Hand- zum Geistesar-
beiter muß fesfer gsbundm werden. Bes-
seres Verständnis beider Kategorien muß
Platz greifen. In den Betrieben verständ-
nisvolles Zusammenarbeiten der Arbei-
ter und Angestellten in allen Fragen, di«
die Arbeitnehmerschaft angehen.
Seite 4
„DIE ARBEIT««
Januar 1950
Neuordnung der Sozialversicherung im Saarland
Die deutsche Sozialversicherung, auf
der wir gelußt haben, besteht bald 76 Jah-
re. Ihre Geschichte ist reich, lehrreich
u ->d auch für die neue Zeit unschätzbar
nützlich. Nicht nur in Deutschland, in
allen Ländern der Welt, die Sozialversi-
cherung als staatspolitisches Gut pflegen,
sind die Probleme ihrer Ausgestaltung,
ihrer Umbildung, ihrer Wirtschaftlichkeit
lebendig; vor allem dann, wenn ein
Staat — ähnlich dem Saarland — nach
einem Wendepunkt in seiner Geschichte
vor seiner eigenen Neugestaltung steht.
Nach Beendigung des furchtbaren zwei-
ten Weltkrieges, mit all seinen Folgen
und Begleiterscheinungen, ist es um die
Frage nach Form und Inhalt der künftigen
Sozialversicherung sehr rege geworden.
Siegerstaaten wie Frankreich und England
haben in großzügiger Weise ihre Sozial-
versicherung auf- und ausgebaut. Frank-
reich durch sein System der „Securite
Soziale“ und England über seinen Beve-
ridgeplan.
Mit dem Zusammenbruch des Dritten
Reiches war die deutsche Sozialversiche-
rung zunächst völlig zum Erliegen
gekommen. Durch die Lostrennung des
Saarlandes wurden jahrzehntealte Bezie-
hungen zwischen den einzelnen Versiche-
ruagsträgern durchschnitten.
Bei dem Wiederaufbau an der Saar
kann man zwei Perioden unterscheiden;
Die erste Periode währt vom Zusammen-
bruch bis zum 30. 6. 1947, es ist die Zeit
des Wiederaufbaues auf Grund des beim
Zusammenbruch geltenden Reichsrechts.
Die zweite Periode beginnt mit dem 1. 7.
1947; dieser Tag leitet die teilweise Neu-
gestaltung der Sozialversicherung an der
Saar in organisatorischer Hinsicht in An-
lehnung an das französische System der
sozialen Sicherheit ein.
Das Leistungsrecht der deutschen So-
zialversicherung konnte nach dem Zu-
sammenbruch ohne wesentliche Aende-
ru gen übernommen werden. Lediglich
e nige Bestimmungen, die nationalsoziali-
stisches Gedankengut enthielten, mußten
entsprechend einer Anordnung der Besat-
zungsmächte unbeachtet bleiben.
Während also das materielle Versiche-
rungsrecht, das Leistungsrecht, für die
Saar ir.i großen und ganzen unverändert
übernommen werden konnte, fehlte es je-
doch vielfach an den Versicherungsträ-
gem, die das Versicherungsrecht in die
Tat Umsätzen und den Versicherten und
ihren Angehörigen die Leistungen gewäh-
re soll e . Ce -.tützt auf die Ermächtigung
der Militärregierung wurde für den Be-
reich der Invaliden- und Angestelltenver-
sicherung die La-riesversicheuingsanstalt
für das Saarland durch Neuordnung vom
20. 9. 1945 für den Bereich der knapp-
s . huf liehen und hüttenknappschaftlichen
Versicherung die Saarknappschaft durch
Verordnung om 4. Dezember 1945 und
die Saarhüttenknappschaft laut Verord-
nu g vom 27. 12. 1945 errichtet.
Nach ier Rechtsanordnung zur Ergän-
zt- g der Verordnung über die Errichtung
e er LVA. für das Saarland vom 7. März
1947 hat die LVA. d:e Ansprüche derVer-
£- .herisn gegen die Reichsversicherungs-
cnrialt für Angestellte mit Wirkung ab 1,
jßcleikasten
E. G. Breb. Auf Ihre Anfrage betr. Darlehen
erhalten Sie in den nächsten Tagen schriftlich
genauen Bescheid.
*
**
K. Hz. Dudweiler. Wie tief sind die Ruhrzechen?
Vor etwa 100 Jahren wurden dort die ersten
Zechen eröffnet, deren Schachtbetrieb bei 28
bezw. 48 Lachter Tiefe begann. (1 Lachter = 80
Zoll = 2.0924 Meter) Um 1900 rechnete -man im
Durchschnitt mit einer Teufe von 500 bis 600 m.
Die Ruhrzechen bauen in der Gegenwart in der
Tiefe von 600 bis 1200 m ab. Die größte Teufe
h:rben die am nördlichsten gelegenen Zechen,
nämlich Radbod in Bochum-Hövel mit 1100 m
und die Zeche Westfalen in Ahlen mit 1500 m.
Im Saarland ist die größte Teufe 1000 m und
zwar Frankenholz.
*
00
K. L. Ihre Frage ist zu bejahen. Auch aue
Hundefellen werden nach Gerbung Gebrauchs-
handtaschen und dergleichen hergestellt.
*0
K. M. Merzig. Einkünfte eines USA-Abgeordne-
ten:
Nach der in USA gegenwärtig in Kraft befind-
lichen Regelung betragen die Diäten eines Ab-
geordneten 12 500 Dollar pro Jahr (1 Dollar =>
360 ffrs.). wozu noch 2500 Dollar steuerfreie Auf-
wandsentschädigung und Vergütung für Spesen
kommen. Außerdem hat jeder Abgeordnete und
Senator das Recht, bis zu 20 000 Dollar jährlich
für Bürohilfskräfte zu verlangen. Das Repräsen-
tantenhaus zählt 435 Abgeordnete.
Ein Abgeordneter in Frankreich bezieht gegen-
wärtig 89 460.— ffrs. pro Monat. Dazu kommen
noch monatlich 7 394.— ffrs. Wohnungsentschä-
digung und 1000.— ffrs. Teuerungszulage. Somit
hat ein franz. Abgeordneter ein Einkommen von
97 854.— ffrs. Dazu hat er Anspruch auf Familien-
beihilfen. Das Netfo-Einkommen des franz. Ab-
geordneten beträgt rd. 80 000.— ffrs.
10. 1945 zu erfüllen, sofern der Berechtigte
irr Saarland wohnt. Durch die Verord-
nung über den Uebergang der Invaliden-
versicherung der Saarhüttenknappschaft
auf die LVA. für das Saarland vom 15.
12.1945 wurde bestimmt, daß die Invali-
denversicherung der knappschaftlich ver-
sicherten Hüttenarbeiter ab 1. 1. 1946
durch die LVA. durchzuführen ist.
Die Saarhüttenknappschaft ist von die-
sem Tag ab nur noch Träger der Kran-
ken- und Pensionsversicherung für die
auf den Saarhütten beschäftigten Arbei-
ter gewesen.
In der Folge wurden dann noch felgend 3
Versicherungsträger errichtet:
Die Allgemeine Unfallversicherungsge-
nossenschaft, die Bergbau-Berufsgenos-
senschaft, die Landwirtschaftliche Berufs-
genossenschaft, der Gemeinde-Unfallver-
band.
Für die Arbeitnehmer der Saarbahnen
führen die Eisenbahnbetriebskrankenkas-
se die Eisenbahn-Versicherungsanstalt u.
die Eisenbahn-Unfallversicherungsbe -
hörde die Kranken-,r Invaliden- und Un-
fallversicherung durch.
Auf dem Gebiet der Krankenversiche-
rung haben die beim Zusammenbruch be-
stehenden Versicherungstxäger auch über
diesen Zeitpunkt hinaus ihre Aufgaben
erfüllt.
Am Ende des ersten Abschnittes des
Wiederaufbaues der Sozialversicherung
an der Saar, also am 30. 6. 1947, haben
wir folgende Versicherungsträger:
8 Allgemeine Ortskrankenkassen, 26
Betriebskranke ikassen, 1 Innungskranken-
kasse, 3 Verwaltungsstellen von Ange-
stellten-Ersatzkrankenkassen, 2 Träger der
Invalidenversicherung, 1 Träger der An-
gestelltenversicherung, 5 Träger der Un-
fallversicherung, 2 Träger der knapp-
schaftlichen Versicherung.
Mit dem 1. Juli 1947 beginnt der zweite
Abschnitt in der Entwicklungsgeschichte
der Sozialversicherung an der Saar. Die-
ser Tag steht an der Wegscheide zweier
Sozialversicherungssysteme, gebildet von
dem deutschen Sozialversicherungssy-
stem, gekennzeichnet durch eine stark
ausgeprägte Selbstverwaltung, durch die
Vielgestaltigkeit der Versicherungsträger
insbesondere auf dem Gebiete der Kran-
kenversicherung und durch die weitge-
hende Durchsetzung mit berufsstänch^en
Gedanken und der französischen mehr
zentralistisch ausgerichteten Einheitsver-
sicherung.
Einrichtung für soziale Sicherheit
Durch die Verordnung Nr. 74 des Ober-
kommandierenden der französischen Be-
satzungsarmee über die Schaffung einer
Einrichtung für soziale Sicherheit für das
gesamte Gebiet des Saarlandes vom 8
12. 1946 wurde diese Entwicklung einge-
leitet. Auf Grund dieser Verordnung wird
für das gesamte Saarland eine eigens
für dieses Land bestimmte Einrichtung
für soziale Sicherheit ins Leben gerufen
Der Gouverneur de la Sarre erließ einis
Verfügung über die Neuordnung der So-
zialversicherung im Saarland vom 20. 12.
1946 durch nachstehende Richtlinien:
a) Die Landesversicherungsanstalt für
das Saarland wird mit der Durchfüh-
rung des Planes über die soziale Si-
cherheit im Saarland beauftragt; sie
wird Rechtsnachfolgerin sämtlicher
saarländischer Versicherungsträger,
die der Bergbaubetriebe und der Eisen-
bahnverwaltung ausgenommen.
b) In jedem Kreisgebiet wird eine Kreis-
versicherungsanstalt als untergeordnete
und er lieh der Landesversicherungsan-
stalt entsprechende Dienststelle ge-
schaffen.
c) Der Versicherungspflicht unterliegen
grundsätzlich alle Berufstätigen im
Saarland und zwar ohne Rücksicht auf
die Höhe ihres jährlichen Einkommens.
Für die freiberuflich Tätigen erfolgt
später eine besondere Regelung.
d) Der Eeitragsberechnung ist grundsätz-
lich das Jahreseinkommen zugrunde
ge’egt.
e) Für die Sozialversicherung wird eine'
besondere Gerichtsbarkeit geschaffen.
f) Das Mitglied der Verwaltungskommis-
sion des Saarlandes für Arbeit u. Wohl-
fahrt — heute Minister für Arbeit und
Wohlfahrt — ist oberste Verwaltungs-
behörde; es hat alle Maßnahmen, die
zur Ausführung der Verfügung vom 20.
Dezember 1946 erforderlich sind, umge-
hend zu ergreifen.
g) Alle Gesetze, Verordnungen, Erlasse
und Anordnungen über die Sozialversi-
cherung des Saarlcmdes treten mit dem
Tag des Inkrafttretens des neuen So-
zialversicherung splanes außer Kraft.
Fassen wir das Ergebnis der zweiten
Entwicklungsperiode kurz zusammen.
Zur Zeit haben wir an der Saar folgende
Versicherungsträger:
1. Die Saarknappschaft als Träger der
Kranken- und Rentenversicherung für
die Arbeitnehmer im saarländischen
Bergbau.
2. Die Bergbau-Perafsgenossen^chaft als
Träger der Unfallversicherung für die
im saarländischen Bergbau beschäf-
tigten Arbeitnehmer.
3. Die Eisenbahn-Versicherungsanstalt als
Sonderanstalt der Invalidenversiche-
rung für den Bereich der Saarländi-
schen Eisenbahnen.
4. Die E’senbahn-Betrebskasse.
5. Die Ffse^bahndtrektion als Unfallversi-
cherungsbehörde.
6. Die J.cmdesversicherungsanstalt für das
Saarland als Träger der Kranken-, Un-
fall-, Invaliden- und Angestelltenver-
sicherung für alle Arbeitnehmer außer-
halb des Bergbaues und der Eisenbahn;
schließlich ist die LVA. auch noch Trä-
ger der Kasse für Familienzulagen.
In der Regel besitzt jeder Versicherungs-
träger mindestens zwei Oragne, ein Or-
gan für die laufende Verwaltung und ein
Repräsentativorgan.
Das Organ der laufenden Verwaltung
trägt in der Regel die Bezeichnung „der
Vorstand“. Einen Vorstand haben wir bei
der Saarknappschaft, bei der Bergbau-
Berufsgenossenschaft und bei der Eisen-
bahn-Versicherungsanstalt.
Bei der LVA. kann man den Techni-
schen Ausschuß dem Vorstand gleich-
setzen. Der Technische Ausschuß ist nur
eine vorübergehende Erscheinung. Als
Selbstverwaltungsorgan der LVÄ. ist im
Gesetz der sogenannte Verwaltungsrat
vorgesehen.
Das Repräsentativorgan trägt in der
knappschaftlichen Versicherung die Be-
zeichnung „Generalversammlung“ und in
der Kranken- und Invalidenversicherung
„Ausschuß“.
In der früheren Angestelltenversiche-
rung kannte man die Bezeichnung „Ver-
waltungsrat“. Eine diesen Organen ent-
sprechende Einrichtung hat der saarlän-
dische Gesetzgeber für die LVA. bis jetzt
noch nicht vorgesehen. Der vorgesehene
„Beratende Ausschuß“ kann diesen Orga-
nen nicht gleichgesetzt werden.
Die gesetzlichen Vorschriften.
a) Saarknappschaft: Nach Paragr. 4 der
Verordnung über die Errichtung der Saar-
knappschaft vom 4. 12. 1945 bestehen de-
ren Organe, der Vorstand und die Gene-
ralversammlung, je zur Hälfte aus Ver-
tretern der Arbeitgeber und der Versicher-
ten; wevlel Mitglieder jedes der beiden
Organe zählen soll, ist bis jetzt gesetz-
lich noch nicht festgelegt.
Zusammenfassend läßt sich über den
gegenwärtigen Stand der Organe der
saarländischen Versicherungsträger fol-
gendes sagen:
Das zweite Organ — Generalversamm-
lung — Genossenschaftsversammlung —
Hauotveisammlung, oder auch Ausschuß
genannt, gibt es bei keinem saarländi-
schen Ver sicherungs träger.
Die vorläufigen Vorstände sind nirgends
auf Grund von Vorschlagslisten der Ar-
behaeber- und Arbeitnehmerverbände ge-
wählt. Eine Selbstverwaltung, ausschließ-
lich von dem Willen der Arbeitgeber und
Arbeitnehmer getragen, entsprechend dien
Vorschriften der RVÖ. und des RKG. aus
der Zeit vor dem 30. 1. 1933 gibt es zur
Zeit bei keinem saarländischen Versiche-
rungsträger.
Der saarländisch" Gesetzgeber wird auf
die Dauer nicht umhin können, den im
Artikel 46 der saarländischen Verfassung
verankerten Grundsatz, wonach — Sozial-
und Arbeitslosenversicherung unter Mit-
wirkung der Arbeitgeber unterstehen —
die gesetzlichen Formen zu geben.
Im Hinblick darauf, daß die Sozialver-
sicherung des Saarlandes nur unter den
schwierigsten Verhältnissen aufgebaut
werden mußte, ist die von den in Frage
kommenden Stellen geleistete Arbeit dan-
kend anzuerkennen. Vieles bleibt jedoch
noch zu tun übrig. Die Einheitsgewerk-
schaft des Saarlandes hat auf ihrem 1.
Kongreß am 19. und 20. November 1949,
sowie auch der Industrieverband Bergbau
der Einheitsgewerkschaft auf seiner am
13. November 49 gehaltenen Revier- bszw.
Delegiertenkonferenz zu der dringend not-
wendigen Reform der Sozialversicherung
eingehend Stellung genommen. (Siehe die
damaligen Berichte.)
Hierbei wurde eine umfassende Reform
der Sozialversicherung gefordert. Der
Aufbau der Sozialversicherung, wie er bis
jetzt erfolgt, muß beibehalten und weiter
aus gebaut werden.
Die Sozialversicherung ist für die Allge-
meinheit am wirksamsten, wenn sie die
den Staat erhaltenden Kräften mit dem
Höchstmaß an Leistungsfähigkeit fördert.
Dazu gehören nicht nur die pflegliche
Behandlung der Volks ge sundheit und die
Sicherung des inneren sozialen Friedens,
sondern auch der Einklang mit der Ge-
sundung der Wirtschaft und der Wahrung
einer natürlichen demokratischen Verwal-
tung. Für uns Saarländer kommt die Ver-
ständigung mit unseren Nachbarländern
noch besonders hinzu.
Es hat sich erwiesen, daß das Ver-
trauen des Volkes zur staatlich geord-
neten Sozial- namentlich Rentenversiche-
rung als Sicherstellung seines Lebens-
abends für den Bestand des Staates un-
entbehrlich ist. Wir haben in einem Men-
schenalter zweimal eine Katastrophe üb£r
uns ergehen lassen müssen.
Die am Aufbau unseres jungen Staa-
tes tätigen Männer und Frauen, die
Gewerkschaften, die politischen Parteien
und die Unternehmerschaften, aber auch
die Angehörigen der Aerzteschaft und der
übrigen Heilberufe, sollen beim Neubau
der Sozialversicherung einen Weg gehen,
der dem schaffenden Volk an der Saar
die Gewähr steter Ruhe und Sicherheit
bietet. Die sorgfältigste Prüfung aller
Grundfragen und die Abwägung des Be-
währten sind unerläßlich.
Selbstverständlich muß hierbei mit vie-
len, auch dem, was zu seiner Zeit zweck-
mäßig und gut war, gebrochen werden
um einem noch Besseren Platz zu ma-'
chen.
Was brauchbar ist, muß bleiben, Ver-
besserungsbedürftiges wird verbessert,
aber darüber darf es keinen Zweifel ge-
ben, Ueberaltertes muß beseitigt werden,
um den Lauf der Zeit nicht zu hemmen.
Kurt Wey rieh
Geeichte aus den Jiceisen
«iiiiiiitiiiiitiinmiiiiitmnmiitmtmiimuHiiiiiiimMtmimmiimiiimimtHmjiiimiiiit#
Siark besuchte Arbeitstagung in Merzig.
Zu einer Arbeitstagung in Merzig, im Saale
Merll-Rielf, versammelten sich am Sonntag, den
15. Januar die Kreisfunktionäre der Einheitsge-
werkschaft, Betriebsräte und Betriebsfuktionäre
der größeren Industriebetriebe unseres Kreises,
ebenso Funktionäre und Betriebsräte der Saar-
ländischen Eisenbahn (Beirkz Merzig), der öf-
fentlichen Betriebe und Verwaltungen, sowie des
Industrieverbandes Baugewerbe.
Im Verlauf dieser Tagung kam vor allem die
Notwendigkeit und das unumstößliche Recht auf
Mitbestimmung der Werktätigen in Wirtschaft
und Verwaltung zum stärksten Ausdruck, wie es
insbesondere von Seiten der Einheitsgewerk-
schaft — Hauptverwaltung — sowie von Seiten
der Vorstände aller Industrie verbände, im Ver-
lauf des vergangenen Jahres, in der Gewerk-
schaftspresse, in Eingaben, Versammlungen,
größeren Kundgebungen und auf dem Gewerk-
schafts-Kongreß der Einheitsgewerkschaft in
Sulzbach, ais die derzeitig vordringlichste For-
derung der Werktätigen des Saarlandes mit
Nachdruck gestellt wurde.
Der Referent der Tagung, das Mitglied des
Landesvorstandes, Kollege Obermeier, gab ein-
leitend eine Rückschau über die bisherigen
Leistungen der Einheitsgewerkschatt auf aen Ge-
bieten des Sozial-, Lohn- und Arbeitsrechts. Ei
gab nebenher eine ebenso überzeugende Dar-
legung der produktiven Wiederaufbau-Leistungen
der Arbeiter, Angestellten und Beamten in den
Betrieben und Verwaltung. An Hand all dieser
Leistungsnachweise konnte er mit stärkster Be-
tonung das Recht der Arbeitnehmer und der
Gewerkschaftsorganisaiionen auf Mitbestimmung
bei Mitverantwortung in Wirtschaft und Verwal-
tung des Saarlandes heraussteilen.
Die abschließenden Ausführungen im Referat
zu den Vorbehalten des Arbeitnehmerverbandes
gegen den Gesetzentwurf des ArbettsmimstprF
ums für das Betriebsrätegestz fanden im Verlauf
der weiteren Arbeitstagung die Zustimmung aller
Redner der Betriebe.
Die Betriebsberichte der verschiedenen an-
wesenden Funktionäre und Betriebsräte zeigten
die unmißverständliche zunehmende Erregung
und Ungeduld der Beschäftigter! hinsichtlich der
Monate währenden Verzögerung des Mitbesum-
mungsrechts, in Form eines fortschrittlichen Be-
triebsrätegesetzes*? Alle Redner der Tagung er-
brachten Beweise aus der Praxis ihrer betrieb-
lichen Tätigkeit, daß das volle Mitbestimmungs-
recht, festgeiegt in der Form des Entwurfs der
Einheitsgewerkschaft, für das neue Betriebsräte-
gesetz, in kürzester Frist und wenn notwendig
mit der Anwendung aller legalen gewerkschaft-
lichen Kampfmittel errungen werden müsse.
Diese Arbeitstagung der Einheitsgewerkschaft
Merzig-Waderti war entsprechend ihrem starken
Besuch, mehr noch, entsprechend dem Geiste
aller Teilnehmer eine Demonstration für alle der-
zeitig dringlichen Forderungen der Einheitsge-
werkschaft-Saar.
Nachruf!
Ein hartes Schicksal hat am 10. Jan.
1950 einen der besten Funktionäre unseres
Verbandes nach schwerem Leiden durch
den Tod aus unseren Reihen gerissen:
JOHANN ZENGERLE
Betriebsgruppenobmann
der Betriebsgruppe Heusweiler
Wir alle werden ihm ein ehrendes An-
denken in unseren Herzen bewahren.
Sein Idealismus und sein Wissen und
Können seien uns stets Vorbild im Kampfe
um die Besserstellung des schaffenden
Volkes an der Saar.
Industrieverband
Verkehr und Transport
1. A.: Klaus Heinz
Kollege Martin Schmidt f
Kollege Martin Schmidt, der ehemalige Sekre-
tär des Holzarbeiterverbandes Saar, ist am 10.
Januar in Weinheim an der Bergstraße gestorben.
1907 übernahm Schmidt die Geschäftsführung des
Holzarbeiterverbandes an der Saar. Seiner eifri-
gen Tätigkeit und seinem umfangreichen Wissen
um die gewerkschaftlichen Belange waren man-
che Erfolge zu verdanken. Schmidt war ein Ge-
werkschaftler vom guten alten Schlag. Kaum aus
der Schule, trat er mit 14 Jahren In den Deut-
schen Tischlerverband ein, um nach dessen Um-
wandlung in den Holzarbeiterverband all die
Jahrzehnte hindurch dessen eifriges Mitglied zu
bleiben.
Herausgeber: Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, Brauerstr. 6-8.
Verantwortlich für den Gesamünhalt: Heinriöb
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schubler, Industrieverbände, Jugend
sowie Feuilleton 1. P. Wambach. - Drucks
Druckerei Saar-Zeitung Dr, Nikolaus Fontaine,
Saarlouis
Januar 1950
„DIE ARBEIT"
Seite 5
Ugc junge (öenjeclifdiafllec
Wir stellen fest,.,,
Soziale Not - einmal anders gesehen!
daß eine Reihe großer Kaufhäuser die
weiblichen Arbeitskräfte Wind und
Wetter aussetzt, um außerhalb des
Ladenlokales an besonderen Ver-
kaufsständen ihre Ware bereits im
freien los zu werden. Selbst unter
Arkaden dürfte das für das Personal
sehr ungesund sein.
daß manche Kegel- und Tennisklubs bis
zur Stunde Kinder (d. h. in der Re-
gel Jungens unter 14 Jahren) gegen
eine lächerliche Bezahlung als Ke-
gel- bezw. Ball jungens beschäfti-
gen;
daß das neue Jugendarbeitsschutzgeset?
ab 1. 1. 1950 in Kraft ist.
daß oft genug we bliche Hausangestellte
rur noch e ne Art moderner Sklavin-
nen im Dienste der „Herrin des Hau-
ses“ zu sein scheinen, denen man
eine fast unbeschränkte, mit allen
Schikanen gewürzte Arbeitskraft bei
magerster Kost glaubt zumuten zu
dürfen;
*
daß auch diese Mädels kein Freiwild un-
begrenzter Herrscherallüren sein
dürfen,
daß der Arbeiter in der Oeffentlichkeit
vielfach noch gering eingeschätzt
wird, worüber auch gelegentliche
, Millionenspenden“ nur schwer hin-
wegtäuschen können;
daß manche Tat „sozial“ genannt wird,
die es nicht verdient hätte, so ge-
nannt zu werden,
daß Mieten für Neubauwohnungen all-
mählich eine Höhe erreicht haben,
die das Monatseinkommen eines Ar-
beiters weit übersteigen;
daß rach den Berichten des Ministerium
für Wirtschaft und Verkehr die Ent-
wicklung von Industrie, Handel und
Gewerbe des Saarlandes immer gün-
stiger, die Produktionsziffem also
stets größer und der Umsatz dauernd
bedeutender geworden ist;
daß die Löhne und Gehälter nicht nur
die gleichen geblieben, eondern viel-
ia -n a r jkI und relativ gesunken sind
(siehe Gedingekürzungen usw., so-
wie das teilweise Steigen der Preise).
Besucht alte Versammlungen
und Veranstaltungen
der Gewerkschaft!
Vielfach versteht man unter der sozia-
len Not nur die materielle oder finanziell*
Not.
Wir wollen heute einmal diese Not von
der ideellen Seite her beleuchten und da-
bei die Stellung der Arbeiterklasse in
der heutigen Gesellschaftsordnung be-
trachten.
Was heißt „sozäal?“
Das Wort „sozial“ ist lateinischen Ur-
sprunges und kommt von dem Wort „so-
cius“, d. h. Gesellschafter, Teilhaber, Ge-
nosse. (Denkt auch a:n den Soziusfahrer
beim Motorradrennen).
Sozial ist also eine Eigenschaft, die sich
auf den Mitmenschen erstreckt.
Soziales Denken und Handeln befaßt
sich mit dem Nächsten, und zwar in hel-
fender, unterstützender Art.
Soziale Stellung der Arbeiterklasse be-
deutet jedoch nicht ausschließlich die Be-
trachtung der finanziellen und materiellen
Lage der Arbeiter, sondern wesentlich
auch die Einstellung der Umwelt zu dem
schaffenden Menschen.
Hier stellen wir bei unseren Untersu-
chungen in der heutigen Zeit fest, daß
vielfach der Arbeiter in der heutigen Ge-
sellschaft als völlig untergeordnete Größe
behandelt und bewertet w rd.
Zerstörung des Menschenbildes.
Ursache der sozialen Not.
Die moderne Wirtschaft und ihre Füh-
rer haben den schaffenden Menschen zu
einer Maschine, zu einer Nummer, zu ei-
nem Arbeitstier degradiert. Ab und zu
werden einmal bei feierlichen Anlässen
irgendwelcher Art lobende und anerken-
nende Worte zu dem Arbeiter gesprochen.
Man läßt sich sogar auch schon einmal
so weit „herab“, als Direktor einem Ar-
beiter die schwielige Hand zu drücken.
Man gibt sogar großzügige Spenden bei
Wohltätigkeitsveranstaltungen irgendwel-
cher Art, wobei man nicht vergißt, auch
auf seine eigene Rechnung zu kommen.
Im übrigen aber will man größtenteils
nichts oder nur sehr wenig von diesem
... gewöhnlichen Arbeitervolk wissen, dös
ja sowieso nicht „gesellschaftsfähig“ ist.
(Man höre und staune: Dies« Arbeit«
haben___noch nicht mal einen Ge&ell-
schaftsanzug, das ist ja einfach ein Skan-
dal!) r
Habt Ihr schon einmal als einfache Ar-
beiter irgendwo eine Behörde aufgesucht
und kein Herzklopfen dabei verspürt?
Habt Ihr Euch schon einmal Gedanken
darüber gemacht, warum der Herr Direk-
tor Sowieso nie zu warten braucht, son-
dern ihm alle Türen gleich wie von selbst
auf gehen?
Habt Ihr Euch schon einmal darüber
gefragt, warum man Euch so oft immer
noch „von oben herab“ behandelt, weil
Ihr angeblich nicht „gebildet“ genug seid,
um mitreden zu können?
Seid Ihr Euch darüber klar, daß man
mit diesen „Beweisen“ die Unfähigkeit
der Arbeiterklasse bestätigt haben
möchte und deshalb auch das Mit-
bestimmungsrecht der Gewerkschaften
und Betriebsräte mit allen Mitteln
bekämpft ?
Mißbrauch des Christentums als
Deckmantel
Weil man selbst sehr gut weiß, wie halt-
los die tatsächlichen Begründungen zur
Ablehnung des Mitbestimmungsrechtes
sind, nimmt man — was für Menschen
dieser Geisteshaltung nur dann der Fall
ist, wenn ein Mäntelchen gebraucht wird
— Zuflucht zu den angeblich christlichen
Grundsätzen und geht dabei achtlos an
dem wirklichen Christentum vorüberl
Die soziale Not der Arbeiterklasse be-
steht also vor allem darin, daß dem Ar-
beitenden von dem Besitzenden in der Ge-
sellschaft nicht der Platz eingeräumt wird,
der ihm zukommen muß auf Grund seiner
Gleichberechtigung als Mensch und ssi-
ner daraus gefolgerten Menschenwürde.
Wir müssen eine neue Gesellschafts-
ordnung herstellen und erkämpfen, in der
dieser Mißstand endgültig beseitigt ist.
Selbstverständlich wird es immer ge-
wisse Unterschiede geben, je nach der
Leistung und der Verantwortung, die ein
Glied der menschlichen Gesellschaft voll-
bringt und zu tragen hat.
Es muß aber so sein, daß Jedem der
Weg zu den höchsten Stellen nicht nur
auf dem Papier, sondern auch in der
Wirklichkeit offen steht.
In jedem Menschen müssen wir nicht
nur das Ebeftbild Gottes sehen, son-
dern wir müssen auch wissen, daß wir
danach handeln müssen und fordern,
daß wir danach behandelt werden.
Unser Kampf — unser Ziel.
Im Kampfe um die Wiederherstellung
der Menschenwürde steht die lugend in
der vordersten Reihe.
Unsere Aufgabe muß es sein, an die
Stelle ------“-----------------
der himmelschreienden Ungerechtigkeit
den Geist der Gerechtigkeit,
des korrupten Wirts chaftsgebahrens
den Geist der Wahrheit
der krut polternden „Wohltätigkeit“ den
Geist tätiger und stetiger Liebe zu set-
zen.
Wohlan, saarländische Jugend, folg«
uns auf diesem Wetg in eine
bessere, weil sozialere Zukunft!
... und wir handeln!
Wir kaufen nicht an derartigen Filialen
außerhalb der Geschäftslokale, son-
dern nur im Geschäft selbst!
Di« Besitzer handeln dann bald auf
Grund der gemachten Erfahrungen.
Ihr Grundsatz lautet nämlich;
Wo kein Umsatz, dort keinen Ein-
satz!
Sie werden also die Verkäuferin im
Ladenlokal beschäftigen, weil dort
Kundschaft ist.
(Bitte nicht verwechseln mit den üb-
lich gewordenen Verkaufsständen
• am Rande der Straße, die nicht zu
großen Geschäften gehören).
Wir haben Augen und Ohren offen, um
das neue lugendarbeitsschutzgesetz
wirksam werden zu lassen. Beson-
ders di« Herren vom Kegelklub wer-
den wir dabei scharf unter die Lupe
nehmen, weil sie ja gewöhnlich
nur in den Abendstunden zu kegeln
pflegen. Gegen das Kegeln 3ind wir
jedoch nicht I
Wir fordern eine gesetzliche Regelung
für die Angestellten in der Haus-
wirtschaft und geben uns nicht ein-
fach zufrieden mit dem schönen „In-
seraten wort“; Mädchen gesucht mit
Familienanschluß. Meistens ist in der
Praxis das „Anschlußgleis“ irgend-
wie „blockiert.“
Wir kämpfen für die Wiederherstellung
der Menschenwürde, sodaß auch der
Arbeiter in der Gesellschaft einen
Ehrenplatz einnimmt und nicht nur
vom Almosen zu leben braucht.
Wir erstreben einen sozialen Wohnungs-
bau, der es auch der arbeitenden
Bevölkerung ermöglicht anständig
und menschenwürdig zu wohnen. Ge-
sundes Wohnen ist der beste Garant
für Sitte und Moral. Meldet uns Fälle«
die hinsichtlich der Mietpreisgestal-
tung besonders kraß sind. Wir wer-
den die notwendigen Eingeben an
die Behörden machen.
Wir fordern eine Neuordnung der Wirt*
schaff im Sinne der Wirtschaftsde-
mokratie und unserer Verfassung.
Vor allem aber fordern wir:
Das Mitbestimmungsrecht der Ar-
beiterschaft!
Werbt neue Mitglieder!
Aus 3Setde&s* und OctsfuQeadQcuppeH:
Das Juqendsekcetaiiat
teilt mit:
Achtung, Lehrlinge, aufgepaßt...
In der letzten Zeit stellten wir eine An-
zahl Fälle fest, bei denen Lehrlinge ohne
Lehrvertrag beschäftigt worden waren.
Zum Teil handelt es sich um Lehrver-
liälLnisse, die in der unmittelbaren Nach-
kriegszeit abgeschlossen wurden.
Damals waren di« Kammern und ein-
zelne Innungen noch nicht wieder auf-
gebaut, daß die Prüfungsämter schon
gleich eine geordnete Uebsrsicht über die
Lehrbetriebe hatten.
Leider stellt sich jetzt heraus, daß auch
einige Lehrherren überhaupt nicht die
Lehrbefugnis für die betreffende Berufs-
branche haben und trotzdem in unverant-
wortlicher Weise Lehrlinge angeblich
„ausgebildet“ haben. Selbstverständlich
war es diesen „Lehrherren“, di« sich
ou h in Gegensatz zu den eindeutigen Be-
stimmungen der Innungen und Kammern
gebracht haben, nun nicht möglich, einen
ordnungsgemäßen Lehrvertrag abzu-
schlteßen.
Das Endergebnis sieht für den Lehrling
somit folgendermaßen aus:
1. Es liegt kein ordnungsgemäß bei der
zuständigen Kammer eingetragener
Lehrvertrag vor.
2. Auf Grund dieser bedauerlichen Tat-
sache kann der vermeintliche Lehr-
ling, der nach dem Recht gar keiner
ist, heute auch keineFacharbeiterprü-
fung oblegen, weil hierzu meistens
die erforderlichen Voraussetzungen
sachlicher und fachlicher Art feh-
len.
3. Der „Lehrling“ wurde auf Grund de«
Nichteslehens eines Lehrvertraqsver-
häHnisses in der Rege! auch falsch
entlohnt. In den meisten Fällen erhielt
er die Sätze der Erziehungsbeihilfen.
anstatt den Tarifsatz eines Hills- oder
angelernten Arbeiters.
4. Das Wichtigste und zugleich Bedau-
ernswerteste dabei ist jedoch, das
wertvolle Lebensjahre ohne den ge-
wünschten Erfolg für die Zukunft nutz-
los verbracht wurden.
Was ergibt sich hieraus?
Lehrlinge und Erziehungsberechtigte
müssen streng darauf achten, daß zwi-
schen ihnen und dem Lehrherrn nach Ab-
lauf der üblichen Probezeit unverzüglich
und ohne Aufschub ein rechtsgültiger
Lehrvertrag abgeschlossen wird.
Rechtsgültig ist der Lehrvertrag u. a.,
wenn er die Unterschrift des Lehrmeisters,
des Erziehungsberechtigten, des Lehrlings
und vor allem der zuständigen Innung
und Kammer (Industrie- und Handelskam-
mer, Handwerkskammer. Landwirts chafts-
kammer) trägt
Alle nicht auf diese Weise ausgestellten
Lehrverträge sind ungültig.
Wer aber ein Lehrverhältnis durchlaufen
hat, dem kein rechtsgültiger Lehrvertrag
zu Grunde lag, kann keine Prüfung ob-
legen f
Generalversammlung der Ortsjugendgr.
Völklingen,
Am 5. 1. 1950 hielt die Ortsjugendgruppe
Völklingen ihre erste Generalversamm-
lung ab. Fast edle Mitglieder der Orts-
jugendgruppe waren zu dieser Versamm-
lung erschienen. Der 1. Vorsitzende der
Ortsjugendgruppe KolL Siegfried Göbel,
gab einen ausführlichen Tätigkeitsbericht
der zeigte, daß diese Orts jugendgrupp«
äußerst aktiv und lebendig ist. Kollege
Horst Marx konnte eine ordnungsgemäße
Kassenführung vorlegen und erhielt auch
einstimmig Entlastung. Im Laufe der Ge-
neralversammlung sprachen der Kreis ge-
schäftsführer, Kollege Toni Hauser, der
1. Vorsitzende des L V. Metall, Kollege
Fliegler, sowie Kollege Hans Pink. Nach
der Wahl des Vorstandes, aus der der
bisherige 1. Vorsitzende wiederum ein-
stimmig als 1. Vorsitzender hervorging,
richtete der Jugendsekretär der Einheits-
gewerkschaft, Rudi Blaß, einen eindring-
lichen Appel an die versammelten Ju-
gendlichen und überbrachte den Dank des
Jugend Sekretariates für die im vergange-
nen Jahre geleistete treue Mitarbeit Die
Ortsjugendgruppe darf stolz sein auf ihre
bisherigen Leistungen.
(Wegen Raummangels ist es uns leider
nicht möglich, die Namen aller Vorstands-
mitglieder, die gewählt wurden, heute be-
reits zu veröffentlichen,)
Probleme der Jugendarbeit.
Bei den einzelnen Kreiskonferenzen der
Jugendfunktionäre wurden verschiedene
(Feststellungen getroffen, dis Anlaß zur
weiteren Behandlung geben. So wurde von
der Ortsjugendgruppe Altstadt angeregt,
im kommenden Berufsausbildungsgesetz
gesetzlich zu verankern, daß nur solche
Meister Lehrlinge ausbilden dürfen, die
auch m der Lage sind die gesetzlichen
Erziehungsbeihilfen zu zahlen. Desgleichen
wurde stark bemängelt, daß immer mehr
Betrieb« angeblich mit Genehmigung des
Arbeitsmini stenums Erziehungsbeihiltea
zahlen, die 30 — 50 o/o unter den gesetzlich
festgesetzten Sätzen liegen. Das Jugend-
sekretariat bittet die Funktionäre, solche
Fälle unverzüglich zu melden, damit die
notwendigen Nachforschungen angestellt
werden können.
Immer wieder werden Klagen laut über
mangelnde und geeignet® Räume zur
Durchführung von luqemdgruppenabenden.
Das Jugend Sekretariat wird soweit w:e
möglich bei der Abhilfe dieses Zustandes
mit wirken.
Die «*te Verantwortlichkeit ist die *ür
dich selber. Emst.
An die Ausbeuter!
Es werden neue Zeiten kommen.
Hört Ihr das allgewaltig Lied?
Es werden neue Zeiten kommen!
Wie dieses Lied uns mit sich zieht.
Vergeht es nicht. Ihr hohen Herrn,
wie schnell die schönen Tage enden!
Wir wissen wohl. Ihr möchtet gern
jedwede Zeit mit Eurer Zeit beenden.
Doch unsre Jugend widersteht auch Euch,
Wir kommen nicht mit leeren Händen.
Wir selber werden Euer Reich
und seine allzustolzen Tage wenden.
W. Simon
Seite 6
Dlft ARBEIT“
Januar 1950
Ul
I. V. Post und Fernmeldewesen
Ein Beitrag zum Verkehrsproblem
Bisher haben die verschiedensten Seiten
zu diesem Thema Stellung genommen.
Noch mehr Interessenten haben — so
scheint es uns — hinter den Kulissen ge-
arbeitet oder zumindest zu arbeiten ver-
sucht. Die Fachgruppe des Kraftfahr- u.
Werkstättenpersonals innerhalb des I.-V.
Post und Fernmeldewesens der Einheits-
gewerkschaft hat sich verschiedene Male
intern mit den aufgeworfenen Fragen be-
faßt, und sie hält es, da das Schicksal
einer großen Anzahl von Menschen — di-
rekt und indirekt — auf dem Spiele steht,
für geraten, in die Diskussion einzugrei-
fen. Vorweg betonen wir, daß wir einen
Beitrag zu einer befriedigenden Lösung
leisten wollen und daß es uns darauf an-
kommt, einen Weg zu finden, der sowohl
den unmittelbar beteiligten Menschen, als
auch der Volksgesamtheit dient
Damit haben wiT bereits die Grenzpfähle
esteckt. Ein Wiederaufleben der vor dem
. März 1935 im Saarland üblichen unein-
geschränkten privaten Initiative im Omni-
busgewerbe — denn um dieses handelt es
eich hier ausschließlich — ist gänzlich
unmöglich. Voh dieser Ansicht vermögen
uns weder die Hinweise auf Jene Zeitjejn
abzubringen, noch — wie es die große
Mode geworden ist — die Berufung auf
französische Verhältnisse. Erfahrungsge-
mäß lassen sich die Gegebenheiten des
westlichen Nachbarlandes aus den ver-
schiedensten Gründen heraus nicht ein-
fach durchpausen. Nicht zuletzt sagt die
vom Saarvolk angenommene Verfassung
in § 52 Abs. 1, daß das Verkehrs- und
Transportwesen wegen seiner überragen-
den Eedeutung für die Wirtschaft des Lan-
des oder seines Monopolcharakters nicht
Gegenstand privaten Eigentums sein
dürfe.
Der Ausgangspunkt unserer Untersu-
chung lautet also: Wer soll speziell da«
Omnibusgewerbe betreiben? Nach der
Verfassung käme sowohl die Eisenbahn
als auch die Postverwaltung dafür in Fra-
ge. Weil es sich in beiden Fällen um
Staatsbetriebe handelt, muß die Zweck-
mäßigheitim Vordergrund der Ueber-
legungen stehen.
Die Post wandte sich, anknüpfend an
die Tradition der Pferdepost, sehr früh der
Personenbeförderung in Omnibussen zu.
Aus dieser Tatsache resultieren unzwei-
felhaft die reicheren Erfahrungen und die
entsprechenden Einrichtungen, Besonders
der zuerst genannte Grund erscheint uns
sehr gewichtvoll. Ueber das bis ins letzte
Dorf hinein sich erstreckende Netz von
Postämtern und Agenturen hat die Post-
verwaltung Kontakt zur Bevölkerung und
ist infolgedessen über ihre Verkehrsbe-
dürfnisse besonders gut informiert. Ge-
„E K“ EINHEITSPREIS-KAUFHAUS f. d.
Werktätigen. Gut und billig: Textilwaren,
Schuhe usw. Stets Sonderangebote,
49 St. Joh. Markt 49.
QPHWPTMP 3°!50 kfl-/ S000i«000 Fr»., 500 5t4. auf
■JvOniillUi Kreditiu verkaufen. Lieferung franto
3 zu irttaei. 90 kg Fr». 9800.* Sdirlftl. Angeb. e.
MATI EL-TOURY IE. k L.)
rade dieser Umstand erspart kostspielige
Experimente, die jeder andere Verkehrs-
träger ein sehen müßte.
Die Reibungsflächen sind durch die
„Richtlinien für die Abgrenzung der Auf-
gabengebiete im Kraftomnibuslinienver-
kehr der Reichsbahn und der Reichspost“,
die auch heute noch im Saarland Gültig-
keit haben, weitestgehend beseitigt. Da-
rin heißt es u. a.: „Müssen im Zuge einer
neben der Schiene geplanten Kraftfahr-
linie mehrere Orte berührt werden, die
nicht Bahnstationen sind, so ist der Be-
trieb dieser Linie Aufgabe der Reichs-
post“. Es sei darauf hingewiesen, daß
diese Richtlinien den vielfältigen Möglich-
keiten des deutschen Reichsgebietes ge-
nügt haben. Um so einfacher dünkt es
uns, sie im Saarland sinnvoll anzuwen-
den, wenn der gute Wille und betriebs-
wirtschaftliche Ueberlegungen vorhanden
sind.
Das private Omnibusgewerbe gehört auf
den Aussterbeetat. Nur die Tatsache, daß
einige Unternehmer in schweren Zeitetn
Lückenbüßer waren, hindert uns an einet
noch schärferen Formulierung. Jeder wei-
teren Ausbreitung werden wir uns aufs
heftigste widersetzen, auch dann, wenn
die besten Beziehungen mit vollen Backen
in die Segel blasen. Das Ziel dös Ünter-
nehmers ist der Gewinn, das Gesiamtin-
teresse kommt erst in zweiter Linie. Die-
ses steht jedoch für uns im Vordergrund,
nicht nur, weil wir die Interessen der Mit-
glieder wahrzunehmen haben, sondern
mehr noch als Steuerzahler. Ist
nämlich die Postverwaltung dazu verur-
teilt, die unrentablen Linien zu betreiben
und daneben dem Berufsverkehr zu die-
nen, dann wird der saarländische Steuer-
zahler noch tiefer in die Tasche greifen
müssen. Rentable Linien sind notwendig,
um finanzielle Verluste, die gebracht wefr-
den und im Interesse der Bevölkerung ge-
bracht werden müssen, kompensieren iu
können. Es ist uns berichtet worden, daß
ein privater Omnibusbesitzer, der Indu-
striearbeiter von und zur Arbeitsstelle be-
fördert, trotz Ausgabe von Wochenkarte^
fast den vollen Fahrpreis erhebt. Es l«t
ein glücklicherUmstand, daß der Tatort am
Rande des Saargebietes liegt und die Ver-
ständigung der Arbeiter untereinander
notwendigerweise an diesem Umstand
scheitert, sonst hätte die genehmigende
Stelle einer Flut von Protesten standzuhal-
ten. Dieses Beispiel beweist, daß viele
Köche den Brei verderben und einer ein-
heitlichen Tarif ge stal tung im Wege sind,
ebenso wie die Schaffung eines zusam-
menhängenden Verkehrsnetzes in Anbe-
tracht der vielen Sonderwünsche nahezu
unmöglich gemacht wird. Zusammen mft
der oft wahrzunehmenden mangelhaften
Einhaltung des Fahrplans aus Mangel an
Ersatzfahrzeugen ergeben sich also ge-
wichtige Gründe, die gegen ein Ueber-
wuchern des privaten Omnibusgewerbe®
sprechen und unsere Bedenken ausrei-
chend rechtfertigen. Den Steuerzahler in-
teressiert auch die Tatsache, daß die Post
ohnehin alle Orte täglich anfahren muß
und ein dicht organisierter Linien dienst
zahlreich« Landkraftwagen ersetzen
würde.
In diesem Zusammenhang gehört auch
ein Wort über den Omnibusbetrieb der
Grubenverwaltung, der nach dem zweiten
Weltkrieg aus einem Akt der Selbsthilfe
heraus entstanden ist. Es ist für uns zur
Beurteilung dieser Frage weniger wichtig,
ob der Werkverkehr genehmigungspflich-
tig i«t oder nicht. Wir sind vielmehr über-
zeugt, daß wir an einem Punkt an ge fangt
sind, wo das Wirtschaftsmmisteriüm fan
Interesse des Gesamtverkehrs und seiner
Wirtschaftlichkeit prüfen müßte, ob es
nicht besser wäre, den Transport die»
Bergleute der Postverwaltung zu Übertrag
gen. Wir gehen dabei von der Erwägung
aus, daß die sog. Ueberlagerz eiten bei
der Saargxubenverwaltung verhältnismä-
ßig hoch sind und den Verkehrsbedüri-
mssen und ihrer Rentabilität durch zwir
schen zeitlichen Einsatz der Fahrzeuge
besser gedient wäre. Die personelle Seit®
i
UCH IN DIESEM WIN TED
^2B*s Steht
ASPRO
pw Ihhen Di&nSte*tj
Vergessen Sie nicht, im Vinter immer ein
Päckchen * ASPRO * bei sich zu haben.
Bei F ieber schauer. ..Nieaeii... SCHNELL 2 Tabletten
1 ASPRO *... und in den meisten Fällen verhüt»
Sie ditmit einen Schnupfen oder eine Grippe.
* ASPRO ’ verhindert auch da« Ansteigen des Fie-
bers, bis der Arzt kommt. Ee Hadert plötzlich auf-
treteode Kopfschmerzen oder Neuralgie. 'ASPRO’
hilft. Es ist bei Ihrem Apotheker erhältlich.
Die 3 «ASPRO* • Modelle
Dose von 25 Tobletten
Dose von 60 Tabletten
di* sparsamste für dl* Hautapoihek*
Dose von 500 Tobletten
für die Crossobrmhmer
dieser Frage könnte u. E. durch eane
schrittweise Klärung gelöst werden.
Die Frage, ob die vorhandenen Omni-
busse den Verkehrsbedürfnissen des
Saarlandes genügen, bejahen wir unter
der Voraussetzung, daß ihr Einsatz von
einer zentralen Stelle aus gelenkt wird.
Die Liebe zur Deutlichkeit und Wahr-
haftigkeit gebietet uns, abschließend noch
auf ©in besonders unerfreuliches Kapitel
der saarländischen Verkehrsentwicklung
hinzuweisen, besonders auch deshalb,
weil wir den Zündstoff aus der saarlän-
disch-französischen und im Endeffekt der
deutsch-französischen Verständigung be-
seitigt wissen wollen. Ein solcher Zünd-
stoff ist die Linie Peil—Borg—Tünsdorf—
Mer zig, die bis heute durch einseitiqen
Machtspruch von einem Nicht-Saarlände»
befahren w.rd, dem es gelang, die Post-
verwaltung auf den Umweg über Besch—
Nennig—Sinz Orscholz—Merzig abzu-
drängen. Alle Saarländer, die wir bi«
heute sprachen — und es waren nicht
wenige — vermögen dieser Maßnahme
ke n Verständnis entgegenzubringen. Wir
können nicht glauben, daß der Vorteil iü»
einen einzelnen auf die Dauer die Hy-
pothek auf das beiderseitige Verhältnis
rech.fertigt und haben zum Hohen Kom-
missariat und zur Regierung das Ver-
trauen, daß sie jm beiderseitigen Einver-
nehmen den Explosivstoff beseitigen wer*
de«.
Sozialpolitik und Europa-Reform
Den Verfechtern der europäischen Ein-
heit hält man immer wieder die Behaup-
tung entgegen, daß die Verschiedenheit
der sozialen Verhältnisse in den euro-
päischen Staaten und die Ungleichheit der
Belastung der nationalen Wirtschaften mit
Sozialausgaben aiier Art die Wirtschafte-
angleichung außerordentlich kompliziert
und wahrscheinlich unmöglich mache.
Man betont, daß man die sozialen Ver-
schiedenheiten nicht durch übernationale
Abkommen der Regierungen beseitigen
könne. Diese Ungleichheiten sind die Fol-
ge einer langen Entwicklung und sie ent-
sprechen den Gegebenheiten der nationa-
len Wirtschaften. Das Argument ist kei-
neswegs überzeugend. Wohl sind die Un-
Sjleichheiten in einer langen Reihe von
ahren entstanden, aber die Entwicklung,
die die Wirtschaft und insbesondere die
Industrie in den meisten europäische.i
Staaten in den letzten Jahrzehnten ge-
nommen hat, führte bereits zu einer we-
sentlichen Annäherung, die sich seit dem
Kriegsende noch verstärkte. Wenn trotz-
dem in den letzten Jahren die Verhältnisse
der gleichen Industrien in den verschie-
denen europäischen Ländern differieren,
so liegt dies vor allem an der durch die
Verschiedenartagkeit der von den Län-
dern getriebenen Wirtschafts-, Finanz-
und Steuerpolitik.
Welcher Art die Probleme sind, wenn
sie über den europäischen Kreis hinaus
betrachtet werden, erhellt aus einer Nach-
richt aus USA, wonach die American Fe-
deration of Labor in einer Eingabe, die
sie dem Wirtschafts- und Sozialrat der
Vereinigten Nationen unterbreitet hat, für
die Einführung der 40-Stundenwoche für
alle Arbeiter der Welt eintritt und ver-
langt, daß auf lange Sicht an die Verwirk-
lichung der 30-Stunden-Arbeitswoche ge-
gangen wird. Die Forderung wird mit der
Einführung von modernsten technischen
Apparaten auf allen Gebieten begründet,
die das Zeitalter einer zweiten industriel-
len Revolution ankündige.
Die sozialen Probleme verdienen aller-
größte Aufmerksamkeit und ein eingehen-
des Studium. Deshalb beschloß die Europa-
Bewegung, noch m diesem Jahre eine
Konferenz abzuhalten, die der Prüfung der
Sozialprobleme gewidmet werden wird.
Diese Probleme sind voller Widersprüche.
Ihre Lösung ist nur möglich, wenn man
das Ziel — die Binheit Europas — nicht
au« dem Auge verliert. Wer die Not-
wendigkeit der europäischen Wirtschafts-
einheit bejaht und die Verwirklichung der
politischen Einheit Europas wünscht, wird
auch Wege zur Harmonisierung der so-
zialen Bedingungen in diesem nach Er-
neuerung drängenden Europa finden.
Für uns, die wir mit Frankreich wnrfc-
schaftlich verbunden sind, ist es beson-
ders wichtig, zu wissen, wie zur Zeit in
Frankreich die Entwicklung betrachtet
wird. Wie in allen Ländern, sind auch
dort die Auffassungen und Wünsch®
noch sehr geteilt.
Was die speziell wirtschaftliche Beite
anbetrifft so hat der nationale Wirt-
schaftsrat Frankreichs in seiner letztem
Sitzung die verschiedenen Gegensätze b«1-
handelt. Gewerkschaftsvertreter aus den
Kreisen der CGT vertraten die Auffassung
daß eine vorzeitige Aufhebung der Kon-
tingentierungen die ausländische Kon-
kurrenz begünstigen und Arbeitslosig-
keit hervorrufen würde. Die genannten
Gewerkschaftsvertreter lehnen aus den
gleichen Gründen auch die Schaffung
einer Wirtschaftsunion zwischen Frank-
reich, Italien und den Beneluxstaaten ab,
die unter anderem die Herstellung von
privaten Erzeuger-Monopolen Begünstige,
die zur Errichtung internationaler Kartell*
und der Eingliederung Westdeutschland«
zur Folge hätte. Diese Haltung finde*
also ihre Begründung in Wirtschaft*
liehen und politischen Motiven. Die Ar-
beitgeber-Vertreter wenden sich gegen
einen systematischen Protektionismus
der es der französischen Wirtschaft nicht
gestatten würde, sich zu entwickeln unii
fordern eine Erweiterung des intereuro-
päischen Warenaustausches. Sie wün-
schen diese Erweiterung schrittweise, um
Erschütterungen des französischen Wirt-
schaftslebens zu vermeiden. Sie fordern
ferner die Mitwirkung der Berufsorgani-
sationen bei der Durchführung der PIän#
zur Liberalisierung der Wirtschaftsbezie-
hungen und eine positive Zollpolitik. Die
Landwirtschaft fordert die Oeffnung des
europäischen Marktes für französische
Agrarprodukte, hält aber die von der Re-
gierung getroffenen Maßnahme^ zur Auf-
hebung der Kontingisntierum^f für vftrfrüKK
Die Landwirte wünschen die Bildung von
Regional-Unionen mit Ländern wie Groß-
britannien und Westdeutschland, wollen
aber keine Union mit Italien da die ita-
lienische Wirtschaft für Frankreich ein*
Konkurrenz Wirtschaft darstelle.
Ob und mit welchen MUtteln es gelingen
wird, die starken sozialen und wirtschaft-
lichen Gegensätze zu überbriieksn, läßt
sich im Augenblick nicht erkennen. Es Ist
aber anzunehmen, daß der starke Drang
nach einer neuen Lösung sich nicht ver-
mindern, sondern noch verschärfen wird.-
Und mit diesem Problem werden sich
auch die Gewerkschaftsvertreter schon m
naher Zukunft in erhöhtem Maße beschäf-
tigen müssen. C. S.
Wf S. Ä. FRANCAtSE
MARTINI & ROSS!
teilt ihrer sehr geehrten
Kundschaft mit, dass a 0
Bestellungen ihrer Spezia-
litäten ohne Verzug durch
ihr Auslieferungslager.
Wilhelm Philipp KIEFtR
SAARBRÜCKEN 3,Johannisstr. 8
Telefon 6033
ousgeführt werden
ORGAN DER tIHHEITSGEMERHStHflFTEN DER ARBEITER. HNGESTELLTEH PHD BEHfTITEN
4. Jahrgang
Saarbrücken, 1. Februar 1950
Nr. 3
Gewerkschaft und Demokratie
Was ist Demokratie? Kann man einfach
sagen: das Gegenteil von Diktatur oder
jedenfalls keine Diktatur? In den letzten
Wochen ist das Wort Demokratie infolg
der Gesetzesvorlage im Landtag über das
Slaatsschutzgesetz soviel von der Bevöl-
kerung und insbesondere auch von den
Werktätigen erörtert worden, wie schon
lange nicht mehr. Es ist herzerfrischend
festzustellen, mit welcher Begeisterung
man sich dem Thema zuwandte. Niemand
kann heute mehr vorwurfsvoll sagen und
sich darüber beklagen, wie es einst ge-
schah, daß die Oeffenilichkeit an den
Grundfragen kein Interesse nähme, mö-
gen auch die Beweggründe dabei ver-
schiedener Art sein.
Man spürte rechtzeitig, was ein Maul-
korbgesetz bedeuten könnte und wußte
aus Erfahrung, daß es zwecklos und un-
möglich sei, erst dann dagegen Sturm zu
laufen und für die Freiheit einzutreten,
wenn man den Maulkorb bereits umge-
bunden bekommen hat. Und man weiß
au-h, daß die Existenz der Gewerkschaft,
ihr wirklich erfolgreicher Einsatz für die
Belange der Schaffenden von Demokratie
und Freiheit nicht zu trennen sind,
Wir wollen das Thema speziell unter
dem Gesichtspunkt Gewerkschaft und De-
mokratie betrachten. Wie wir als Gewerk-
schaft eine demokratische Entwicklung
sehen, das ergibt sich einmal aus der Pra-
xis der Vergangenheit und dann aus der
gegenwärtigen Situation. Der Kampf der
Schaffenden für die Verbesserung ihrer
Lage, den sie durch die (Gewerkschaft
füh*-t,' ist ein demokratischer Kampf, der
auch' nur möglich ist auf dem Boden der
Demokratie. Die Arbeiterschaft bildetdie
übe wiegende Mehrheit der modernen Ge
Seilschaft. Sie hat daher das größte In-
teresse und ein unleugbares Recht, an
allen Entscheidungen, an der Vorberei-
tung und dem Zustandekommen von Qe-
gETyenr- Besonders solchen, die sich auf
die Wirtschaft und die Sozialpolitik aus-
wirken, mitbestimmend teilzunehmen. Die
Arbeiterschaft ist stärkstens an der Ein-
schränkung und Beseitigung aller Formen
der Willkürherrschaft im Staatsapparat
und in der Wirtschaft interessiert. Sie legt
das größte Gewicht auf die Herstellung,
Erhaltung und Stärkung demokratischer
Rechte und Freiheiten, die allein Ihr selbst
und ihrer Organisationen berechtigte Ent-
faltungsmögÜchkeiten geben.
Ist es demokratischer Wille, daß die
kapi alistische Wirtschaftsordnung der
Vergangenheit angehören muß? In der
Zeit, in der der schaffende Mensch nur
Objekt war und zur Ware degradiert wur-
de. sei zu Ende gegangen, hören wir aller-
orts. Und weiter heißt es: Der Mensch ist
frei und niemand hat das Recht, an seine
Freiheit zu tasten. Wenn der Mensch frei
ist, dann darf man ihn nicht zum Sklaven
degradieren. Es ist ein unhaltbarer Zu-
stand in einer Demokratie, daß der schaf-
fende Mensch auch heute noch m einem
absoluten Abhängigkeitsverhältnis zu den
die Wirtschaft beherrschenden Elementen
sieht, daß ein Betriebsinhaber allein das
Recht hat. über Verderb und Gedeih des
schaffenden Menschen und seiner Familie
zu bestimmen. Dieser gesellschaftliche
Zustand, den die liberalisüsch-kapitalisti-
sche Wrtschaft zur Aufrechterhaltung ih-
rer weiteren Existenz benötigt, und des-
halb versucht, ihn weiter zu einem Dauer-
zustand zu machen, kann in einem wirk-
lich demokratischen Staat nicht bestehen
bleiben. Er ist auch mit unserer Verfas-
sung unvereinbar.
Wir Schaffende wissen, daß, wenn wir
das Mitbestimmungsrecht verlangen, wir
auch die Mitverantwortung zu tragen ha-
ben. Durch die Mitverantwortung werden
a'le Kräfte mobilisiert und interessiert, un-
sere Wirtschaft so zu gestalten, daß ihre
Ertragsfälligkeit dem Wohls des gesamten
Volkes dient. Qarum ist eine demokrati-
sche Wirtschaft für uns der einzige Ga-
rant für Frieden, Freiheit und Fortschritt.
Die Arbeiterschaft kämpfte von jeher
für demokratische Forderungen, wie z. B.
das Koalitionsrecht, das ihr erst die Mög-
lichkeit zum Aufbau und zur Entfaltung
ihrer Organisationen und damit für d;e
Verbesserung ihrer eigenen Lage gibt. Sie
kämpft für den Abschluß von Kollektiv-
verträgen gegenüber dem individuellen
Arbeitsvertrag, Sie kämpft für das Prinzip
gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Sie
kämpft für die demokratischen Grund-
sätze überall. Aus unserer Grundelnstel-
lung erqeben sich die fortschrittlichen ds-
mokrarischen Kampfmethoden für heute
Und morgen.
Die Einheitsgewerkschaft als Organisa-
tion der Werktätigen ist ganz besonders
geeignet, auch in ihrem inneren Leben die
Prinzipien der Demokro ie konsequent
Die Arbeitnehmer am Scheideweg
Der unvermeidliche Kampf um die Existenzgrundlage und den sozialen Fortschritt
Die Großkundgebung in Fraulautern
Die Gewerkschaften bekennen sich vorbehaltlos zum demokratischen Staat. Ob
sich der Staat indessen gleich vorbehaltlos zu seinem schaffenden Volk be-
kennt, wird sich erst durch die Anerkennung und Verabschiedung des neuen Be-
triebsrätegesetzes und den Einbau der Gewerkschaften in Wirtschaft, Gesellschaft
und Sozialaufgaben erweisen müssen. Die Vorgänge in den letzten Tagen und
Wochen zeigen der Allgemeinheit, die zum Teil sehr interessiert auf die Ent-
wicklung im gewerkschaftlichen Leben blickt, deutlich auf, wie es um die Rechte
der schaffenden Menschen an der Saar bestellt ist. Der Kampf um das Mitbe-
stimmungsrecht, im neuen Betriebsrätegesetz verankert, nimmt bestimmte Formen
an. Das Unternehmertum hat sich besonders in der letzten Zeit mit
aller Kraft eingeschaltet, um dem von Einheitsgewerkschaft vorgelegten Ent-
wurf zum künftigen Betriebsrätegesetz Kraft und Saft zu nehmen. Aber auch die
Forderungen nach Angleichung der Löhne an die Preise, nach Auszahlung einer
Teuerungszulage, die Frage der Saargruben und die Vorlage eines „Staatsschutz-
gesetzes“ waren und sind Anlaß, die Masse der schaffenden Menschen auf den
Plan zu rufen.
Die Groß-Kundgebung für den BezirR
Saarlouis, die in diesem Zeichen am 2?.
Januar in Fraulautern stattfand, zeigte
eine überaus rege Beteiligung
Der Schloßhof in Fraulautern war bis
ayf den letzten Platz besetzt. Gegen 9.45
Uhr eröffnete Kollege M o t z e c k als
Versammlungsleiter die Kundgebung und
betonte, es sei heute mehr denn je not-
wendig, auf Grund der Vorgänge aus
der jüngsten Vergangenheit, ki aller Oef-
fentlichkeit zu den Problemen, die die ge-
samte Arbeitnehmerschaft des Saarlgn-
des angehen, Stellung zu nehmen. Das
Wichtigste sei wohl die baldige Verab-
schiedung des Betriebsrätegesetzes, das
ein fortschrittliches im Sinne der Arbeit-
nehmerschaft sein muß. „Ich fordere auch
wohl mit Recht.“, so betonte er, „die An-
aleichnng der Löhne an die greise und
fordere für alle Artreitnehmer die Aus-
zahlung einer Teuerungszulage von 3000
ks“. Motzek beschäftigte sich sowohl
der Eröffnung als auch im SolgLsßwort
mit der Frage der saarl. Industrie, ins-
Gewerkschaftsausschuß
Am 25. 1. 1950 hotte der Gewerkschafts-
ausschuß der Einheitsgewerkschaft der
Arbeiter, Angestellten und Beamten eine
außerordentliche Sitzung einberufen und
faßte über das Gesetz zum Schutze der
demokratischen Staatsordnung des Saar-
iamdes und zum Aenderungsgesetz zum
Strafgesetzbuch folgende Resolutionen:
I. Resolution zum Gesetz zum Schutze der
demokratischen Staatsordnung des Saar-
landes.
Das vom Landtag ln erster Lesung ver-
abschiedete Gesetz zum Schutze der de-
mokratischen Staatsordnung des Saarlan-
des wurde von der Oeffentlichkeit mit be-
rechtigter Entrüstung aufgenommen. Der
Gewerkschaftsausschuß der Einheitsge-
werkschaft verleiht dem Willen der schaf-
fenden Bevölkerung nur Ausdruck, wenn
er feststem, daß ein Gesetz, das in Wi-
derspruch zu allen demokratischen Grund-
sätzen steht, von ihm abgelehnt werden
muß.
Der Gewerkschaftsausschuß stellt wei-
terhin fest, daß in unserem Staatswesen
die Umstände keinesfalls gegeben sind,
die eine Notverordnung mit derart weitge-
henden Konsequenzen rechtfertigen. Man
leistet dem demokratischen Staatsgedan-
ken keinen Dienst durch Maßnahmen, die
geeignet sind, die öffentliche Meinungs-
äußerung und die berechtigte Kritik zu un-
terbinden.
Ganz abgesehen von der schlechten Re-
sonanz, die gerade in der augenblickli-
chen Situation ein derartiges Gesetz jen-
seits unserer Grenzen erwecken muß, wird
es auch im Inneren unseres Landes der
noch jungen Demokratie entschieden Ab-
trag leisten.
Der Gewerkschaftsausschuß erwartet
von den Abgeordneten des Landtages,
zur Anwendung zu bringen. Die Freiwillig-
keit der Mitgliedschaft in der Einheitsge-
werkschaft bedingt natürlich die Wahl al-
ler Funktionäre auf demokratischem We-
ge. Die einmal gewühlten Funktionäre
sind nicht zu autonomen Führerpersön-
lichkeiten gestempelt, sondern sind den
Mitgliedern verantwortlich und können
aus ihren Funktionen durch dieselben je-
derzeit äbberufen werden, wenn sie nicht
mehr ihr Vertrauen besitzen. Diese Prin-
zipien urrre ßen klar und deutlich die de-
besondere mit den Saargruben und dem
Staatsschutzgesetz, das in erster Lesung
vom Saarl. Landtag angenommen wurde.
Das Mitglied des saarl. Landtages,
Kollege Rauch, ergriff nun das Wort.
£t brachte zum Ausdruck, daß’die Saar-
arbeitersahaft vor schweren Problemen
stehe und es an der Zeit sei, daß sie
sjch um die Gestaltung des eigenen
Schicksals kümmere. Nur sie allein sei
in der Lage, sich selbst durah ihre Or-
ganisation zu helfen, um im Laufe der
Zeit den Boden eines menschenwürdigen
Lebensstandards zu erreichen. Heute steht
die Arbeiterschaft am Scheidewege, denn
das volle Mitbestimmungsrecht will man
ihr verwehren. Die gesamte Arbeitneh-
merschaft an der Saar muß die Bedeu-
tung deT Stunde, die durch die Verab-
schiedung des BetriebsrätöyeseSm' her
angerückt ist, erkennen, Sie allein Ist der
Faktor in der saarländischen Wirtschaft,
die alle ihm zur Verfügung stehenden
Mittel in Bewegung setzen muß, um end-
zum Staatsschutzgesetz
daß sie niemals einem Gesetz ihre Zu-
stimmung geben werden, das sich letzten
Endes gegen sie selbst, sei es in ihrer po-
litischen oder gewerkschaftlichen Tätig-
keit, wenden kann. Der Gewerksehafts-
Susschuß läßt keinen Zweifel darüber, daß
le gesamte Einheitsgewerkschaft mit al-
len Mitteln gegen dieses Gesetz vergehen
wird und auch nicht gewillt ist, eine Not-
verordnung in abgeschwächter Form hin-
zunehmen.
II. Resolution zum Aenderungsgesetz zum
Strafgesetzbuch.
Der Gewerkschaftsausschuß der Ein-
heitsgewerkschaft stellt fest, daß, nach-
dem durch das KontroÜratsgesetz Nr. 11
die entsprechenden Bestimmungen des
Strafgesetzbuches außer Kraft gesetzt
sind, der Staat im Rahmen des Strafge-
setzbuches Tatbestände schaffen muß, die
Verbrechen und Vergehen gegen die de-
mokratische Staatsordnung unter Strafe
stellen. Auf der anderen Seite verlangt er
aber, daß die demokratischen Rechte und
Freiheiten der Staatsangehörigen rieht nur
gewahrt bleiben, sondern vor Angriffen
jeder Art nachdrücklich geschützt wor-
den. Das Aenderungsgesetz zum Strafge-
setzbuch muß in der vorliegenden Fas-
sung abgelehnt werden, da es geeignet
ist, sich unter Umständen gerade gegen
die Staatsbürger zu wenden, die auf dem
Boden der Demokratie stehen.
Saarbrücken, den 25. Januar 1950.
Der Gewerkschaftsausschuß der
Einheitsgewerkschaft der Arbei-
ter, Angestellten und Beamten
des Saarlandss:
gez. Kutsch.
mokratisohen Formen de« inneren Lebens
der Einheitsgewerkschaft. Dementspre-
chend wird auch die Politik der Einheits-
gewerkschaft nicht von einer gewerk-
schaftlichen Bürokratie, ohne die Mitwir-
kung der Mitglieder bestimmt, sondern die
Satzungen der Einheitsgewerkschaft se-
hen ausdrücklich vor, daß die Mitglieder
nach dem Grundsatz de« demokratischen
Bestimmungsrechtes über alle Fragen der
Gewerkschaftspolitik entscheiden müssen.
^ -- H. - S.
lieh das Mitbestimmungsrecht zur Si-
cherung ihrer Existenz zu erkämpfen.
Rauch befaßte sich im Verlauf seiner
interessanten Ausführungen weiter mit
dem Einkommen der Arbeitnehmer. Stei-
gende Arbeitsleistung, fallender Reallohn
sei der Lohn für die, ohne die ein Wieder-
aufbau der saarländischen Industrie un-
möglich gewesen wäre. Die Not sei ihr
ständiger Gast. Die Frage der Preiskon-
trolle wurde angeschnitten und gefordert,
sie von Beginn der Produktion bis zum
Konsumenten durchzuführen« Zum Ab-
schluß versäumte er nicht, auf die Re-
form der Sozialpolitik einzugehen. Aus-
bau der Sozialversicherung sei unum-
gänglich notwendig bis zu einer Lei-
stung, das dem Rentenempfänger das
Leben ohne zu Hungern ermöglicht.
Im Anschluß an seine Ausführungen er-
griff der 2. Vorsitzende der Einheitsge-
wertschaft, Kollege Kutsch, zu einem
Referat das Wort, das allen die notwen-
dige Kraft gab, im Ringen um Existenz
und Mitbestimmung, den Kampf aufzu-
nehmen. Eindeutig stellte sich der Red-
ner gegen die Verpachtung der Saargru-
ben, aus Gründen, die jedem bekannt
sind und in der Presse genügend disku-
tiert wurden. Bei seinem Rückblick kam
Kutsch auf die Unterschiede zwischen
Löhnen und Preisen zu sprechen und be-
tonte, daß damals der Schrei nach Kohle
Trumpf war, daß der Bergarbeiter rest-
los seine Pflicht erfüllt habe, daß der
Wiederaufbau durch restlosen Einsatz al-
ler getätigt werden konnte, daß als Dank
zwar Lobeshymnen gesungen wurden«
doch die Löhne, die seien die gleichen
geblieben.
Als Unrecht bezeichnete er die Tatsa-
chen, daß trotz wirtschaftlichem An-
schluß die Löhne zum größten Teil be-
deutend tiefer liegen, als im benachbar-
ten Lothringen. Während seiner Ausfüh-
rungen zum Mitbestimmungsrecht erin-
nerte der Redner an die Katastrophe von
Duhamel, an jene Tage, die braven Berg-
arbeiter das Leben kosteten. Mangelnde
Sicherheitsmaßnahmen seien die Ursa-
chen zu derartigen Unglücksfällen. Die
Staatsanwaltschaft sei z. Zt. mit Unter-
suchungen beschäftigt. Diese und meh-
rere andere tragische Vorfälle geben Ver-
anlassung, mit vollem Recht Mitbestim-
mung in den Betrieben zu fordern und
sich restlos dafür einzusetzen. Bei voller
Mitbestimmung der Belegschaft wäre das
Unglück von Duhamel ungeschehen ge-
blieben.
Zur neuen Vorlage des Entwurfes zum
„Schutz des saarländischen Staates“ stel-
lungnehmend, erwähnte der Redner unter
großem Beifall aller Anwesenden, daß es
zu einer Verabschiedung dieses Gesetzes
nach dem Wortlaut der ersten Vorlage
niemals kommen dürfe. Die Einheitsge-
werkschaft sei der Faktor, der sich zur
Verhütung dieser Art von Diktatur ein-
setzen müsse. Kollege Kutsch hegte be-
rechtigte Hoffnungen, daß dieses Gesetz
niemals zu einem solchen werden könne.
Nach einem zündenden Schlußwort des
Kollegen Motzek, der mit Worten, die
an Deutlichkeit zum Betriebsrätegesetz
und dem neuen Gesetz zum Schutze des
Staates nichts zu wünschen übrig ließen
und aus den Herzen aller gesprochen wa-
ren, wurde die Versammlung geschlos-
sen. —Wb
Die Entschließung siehe Seite 2
HmiiHiiiiimiiiUHmiiiiiimimiiiiHmimiiiimiiiiiHiimmiiuiiiiiHimmiiiiimmimtHi
Aus dem Inhalt :
Die Stimme der Verbände
Gesundheitsschaden im Industriegebiet
Wiederherstellung der Tarifvertrags-
freibeit in Frankreich
Buchdrucker für Demonstration
Zuschriften aus dem Leserkreis
„Herr im Hause“ wurde bestraft
Trübe Brille des Saarhandwerkers“
Briefkasten
Post aus dem Ausland
Seite 2
DIE ARBEIT“
Februar 1950
9 V
]e mehr man über etwas spricht, um so
wirklicher wird es, sei es gut oder
schlecht, S.
BiiimiH'mmmifflHfflHHimmtuuMiiiiMHmiiiiiiimiiiHUHiimiiiwiM «iiiminm
Die FrauLuiterner Resolution
Die am 22. Januar 1950 in Fraulautern,
Lokal Theobald, versammelten Funktio-
näre und Mitglieder der verschiedenen
Verbände der Einheitsgewerkschaft pro-
testieren gegen eine Verpachtung der
Saargruben.
Die Versammelten fordern:
1. Das Mitbestimmungsrecht in der Wirt-
schaft und in den Betrieben. Der
Landtag des Saarlandes möge durch
ein Betriebsrätegesetz und durch die
Schaffung einer Arbeitskammer und
Wirtschaftskammex dem Mitbestim-
mungsrecht der Arbeitnehmerschaft
gerecht werden.
2. Sofortmaßnahmen zur Angleichung
der Löhne an die Preise. Auszahlung
einer Ausgleichszulage in Höhe von
3000.— Frs. für alle Arbeitnehmer.
3. Freie Lohnvereinbarung nach Tarif-
verträgen.
4 Wiedereinführung des Bezugs von Ba-
re chtigungskohlen und freier Kohlen-
verkauf im Landabsatz.
Die Versammelten protestieren gegen
die Vorlage des Gesetzes zum Schutze
des Staates. Dasselbe steht gegen die in
der Verfassung garantierten Rechte, be-
schneidet die freie Willensäußerung. Es
ist Aufgabe des Landtages die Verfas-
sung zu schützen, ebenso die damit ver-
bundenen Rechte demokratischer Bürger
im demokifrtischen Staate. Garantiert
muß bleiben das Recht der freien Rede.
Die Bergarbeiter protestieren gegen die
nachträgliche Textänderung im Bergbau-
Statut, die willkürlich, ohne Anhörung der
Gewerkschaft vorgenommen wurde. Sie
verlangen, daß Regierung und Gewerk-
schaft Sofortmaßnahmen treffen, daß das
Bergbau-Statut den saarländischen Ver-
häl missen angepaßt wird.
O&cietkasiw
(Die Redaktion erteilt .n Gewerkschaftsmitgliedurr.
an dieser Stelle oder schriftlich auf schriftliche An
fragen kostenlos Auskunft.}
I. P. Die in unserm damaligen Artikel ange-
gebenen Zahlen über die Verlängerung des Le-
bensalters in den verschiedenen Schichten stim-
men. Die Feststellungen, denen auch Angaben
des internationalen Arbeitsamts zugrunde liegen,
haben ergeben, daß sich das Lebensalter in
den Kulturländern seit 75 Jahren um etwa 25
Jahre erhöht hat Einzelne Arbeitergruppen da-
gegen schneiden bei den Vergleichen sehr
schlecht ab. Besonders zu verzeichnen ist die
starke Kiankenziffer bei verschiedenen Gruppen
und die hohe Unfallziffer.
W. T. Der Bergmannsgruß „Glück auf!“ stammI
aus dem 17, Jahrhundert.
K. T. Ein Abkommen über die soziale Sicher-
heit zwischen Frankreich und dem Saarland wur-
de im vergangenen Jahre ratifiziert
M. F. Halten Sie sich wegen des Autounfalls
an den Besitzer des Wagens, nicht an den
Fahrer.
Wette. Luxemburg haf29t 000 Einwohner, das
Saarland nach dem Stande vom 1. 1. 1950 935 507.
Luxemburg ist 2586 qkm groß, das Saarland
2567 qkm.
H. R. Sbr. In der Praxis stimmt es, daß sich
in Frankreich ungefähr die doppelten Sätze für
die Familienzulagen ergeben, was zum Teil dar
auf xurückgeführt werden kann, daß die Kinder-
zahl durchweg geringer ist.
Lohn- und Tarifvertragsfreiheit in Frankreich
Ein wirtschaftliches und soziales Ereignis von weittragender Bedeutung
Bekanntlich war es eine der Bedingun-
gen, unter denen sich die Sozialisten
Frankreichs im November vorigen Jhrs.
an der Regierungsbildung des Kabinetts
Bidault beteiligten, die gesetzliche Wie-
derherstellung der Kollektivvertragsfrei-
heit. Bei der Vorstellung der Regierung
vor dem Parlament war diese Aufgabe
als einer der dringlichsten Programm-
punkte in der Regierungserklärung ent-
halten.
In ihren außerordentlichen Sitzungen
Anfang Januar 1950 befaßte sich die fran-
zösische Nationalversammlung mit einer
entsprechenden Gesetzesvorlage und
nahm sie in 1. Lesung mit 331 gegen 185
Stimmen an. Damit wird die Wiederein-
führung der Freiheit der vertraglichen
Lohnfestsetzung zwischen Arbeitnehmern
und Arbeitgebern kn Rahmen na'ionaler,
regionaler und lokaler Tarifverträge ge-
setzlich neu geregelt. Für die Annahme
stimmten die verschiedenen Parteien der
Regierungsmehrheit. Die Kommunisten
stimmten dagegen und die „GaulistenV * **
und Gemäßigten enthielten sich der
Stimme.
Obwohl das Gesetz und vor allem
seine Fassung leidenschaftlich im Parla-
ment und außerhalb desselben — insbe-
sondere von den Gewerkschaften heiß
umkämpft wurde, hatte die Regierung da-
rauf verzichtet, die Vertrauensfrage zu
stellen und dadurch verhindert, daß das
Wahlergebnis durch polnische Manöver
verfälscht wurde.
Vor seinem Inkrafttreten muß das Ge-
setz noch vom Conseil de la Republique
(Senat) genau überprüft und in 2." Lesung
von der Nationalversammlung angenom-
men werden. Es ist iedoch voraus zu sehen,
daß an der jetzt bestehenden Form der
Fassung nur unwesentliche Veränderun-
gen von sekundärer Bedeutung vorgenom-
men werden. Im Hinblick auf die gestellte
Dringlichkeit ist mit dem Inkrafttreten des
Gesetzes in etwa 3 bis 4 Wochen zu
rechnen.
Nähere Einzelheiten
Nach dem neuen Gesetz sollen die
Lohn- und Arbeitsbedingungen im Rah-
men von Kollektivverträgen in allen Be-
rufen der Industrie, des Handels, der
Landwirtschaft, den freien Berufen für die
Beschäftigten gewisser Staatsuntemeh-
men kommerzieller Art, die keine Beam-
ten beschäftigten, Hausangestellte, Heim-
arbeiter usw. geregelt werden. Ausge-
nommen sind die nationalisierten In-
dustrien wie Kohlenbergbau, Elektrizitäts-
Gaserzeugung und Versorgung. Ei-
senbahn, Luftverkehr usw., deten Beschäf-
tigten einen besonderen Ftersonalstatut
unterstehen. Dagegen können die staat-
lichen und kommunalen Unternehmen, die
im öffentlichen Wettbewerb stehen —wie
die Automobilwerke Renault — die ver-
staatlichten Flugzeugwerke, nationali-
sierten Banken und Versicherungen Kol-
lektiv-Verträge abschließen. Die Ausdeh-
nung eines Kollektivvertrages auf alle
Arbeiter und Angestellten innerhalb eines
territoriaten Anwendungsgebietes Ist
nicht unbedingt automatisch, sondern
dem freien Ermessen des Arbeitsministers
überiassen. Weiter enthält das Gesetz Be-
stimmungen über den obligatorischer.
Vergleich, die fakultative schiedsrichter-
liche Entscheidung, ein von der Regierung
festrucetzenäes, garantiertes nationale-
u. interberufliches Lohnminimum und die
Fortdauer des Arbeitsverhältnisses im
Streikfalle.
Al’e Kollektiwerträge müssen grund-
sätzlich die freie Ausübung des gewerk
scRaftlichen Rechts, die Meinungsfreiheit
die Lohnbasen nach Berufsgruppen, dir
"instellungs- und Entlassungsbedrngun-
qen, Kündigungsfristen, Urlaub, Regelung
der Lehrzeit, die Anwendung des Grund-
satzes: „Gleiche Arbeit — gleicher Lohn1
üir Männer und Frauen enthalten.
Unbegrenzt und fakultativ können ir
den Tarifverträgen Abmachungen übe'
die Entlohnung von Ueberstunden, Nacht-
und Sonntagsarbeit, Denstalterzulagen,
Leistungs- und Geschickli-hkeitsprämien,
Umzugsvergütungen usw. getroffen wer-
den. Für kollektive Streitfälle ist ein
zwangsläufiges und unmittelbares Ver-
gleichsverfahren enthalten. Streitfälle, die
in einem solchen Vergleichsverfahren
nicht vorgesehen sind, werden vor einer
nationalen oder regionalen Vergleichs-
kommission verhandelt. Das Verfahren
kann von Arbeitgebern, Arbeitnehmern,
dem Arbeit »minister oder seinem Vertre-
ter, oder dem Präfekten angestrengt wer-
den.
Schiedssprüche sind fakultativ u. nicht
obligatorisch. Die Kollektivverträge kön-
nen »einen schiedsrichterlichen Entscheid
vorsehen und di® Schiedsrichter mit Zu-
stimmung beider Parteien bestimmen.
Fehlt eine derartige Bestimmung in ei-
nem Kollektiwertrag, so können beide
Parteien entscheiden, ihren Streifall zu-
nächst einem Schiedsgerichte zu unter-
breiten.
Bei schiedsrichterlichen Entscheidungen
ist an sich keine Berufung möglich. Ein
höheres Schiedsgericht ist jedoch für
Fälle von Machtübergriffen und Gesetzes-
verletzungen vorgesehen. Dem Arbeitsmi-
nister steht zur Begutachtung und Bera-
tung eine hohe Kommission zur Verfü-
gung, die sich aus 36 Mitgliedern zusam
mensetzt. Außer dem Vertreter des Ar-
beits- und Wirtschaftsministeriums und
dem Präsidenten der Sozialabtei'ung des
Staatsrates, setzt sich die Kommissio
aus 15 Vertretern der Arbeitgeber, 15 Ver
tretem der Arbeitnehmer und 3 Vertre
tera der FamilienorgoniNationen zusam
men. Diese Kommission hat ebenfalls die
Aufgabe, Gutachten über den garantier-
ten nationalen und interbetuficben Min
destlohn dem Ministerrat zu unterbreiten.
Festgesetzt wird aber dieser Mindestlohn
durch Kabinettsbeschluß.
Das sind im großen und ganzen die we-
sentlichsten Bestimmungen des Gesetzes
’iber die Wiedereinführung freier Kollek-
iwerträge. Sofort nach seiner Veröffent
lichung wird es also möglich sein, im
Rahmen nationaler, regionaler und loka-
ler Kollektiwerträge freie Lohnvereinba
rangen zu treffen. Die Folgen der Durch-
führung dieses Gesetzes werden für das
französische Wirtschafts- und Sozialleber
von weittragender Bedeutung sein. Er
handelt sich nicht nur darum, auf dem
Gebiete der Lohnregelung, die seit 193?
bestehende Staatslenkung zu beseitigen,
ondern die Beziehungen zwischen Ar
' eifrehmem und Arbeitgebern neu zu re
tehh mit anderen Worten also, den sozia
'an Frieden durch die Anstiebung sozia-
ter Gerechtigkeit zu sichern.
Daß die französischen Gewerkschafter
mit aller Energie sich für die Wiederein
Stellung der Koilektiwertragsfieihei' ein-
mütig eingesetzt haben, braucht siche'
rieht betont zu werden. Der Generalstreik
vom 25. 11, vorigen Jahres diente neben
der Forderung einer provisorischen mo-
natlichen Teuerungszulage von 3000 Frs.
insbesondere dazu, auf das französische
Parlament und die Regierung einen Druck
zur Beschleunigung der Annahme dieses
Gesetzes auszuüben.
Bei der praktischen Anwendung dieses
Gesetzes hängt es allerdings von der
kämpferischen Kraft der Organisationen
der Arbeitnehmer ab, nunmehr den schon
lange fälligen Ausgleich zwischen Löh-
nen und Piei^e.j zu erreichen und damit
so oder so die Kaufkraft der breiten Mas
sen zu heben. Bei der Zerissenbeit der
französischen Gewerkschaftsbewr guna
und dar Kampimüdigkeit weiter Kreise
der Arbeitnehmerschaft werden die er-
sten Kontakte zwischen Arbeitnehmer u.
Arbeitgeber lehren, in wieweit d:e~e Neu-
rege u 'g auf lohn-o’i'ischen und arbeits-
recht ichen Gebiete für die französischen
Werktätigen von Vorteil sein kann. Auf
lange Sicht gesehen kann sie zweifellos
der so sehr durch politischen Mißbrauch
komnromrttie ei Gewerkschaft i ’ee.neu-
en Inhalt und neuen Aufschwung geben.
A. P„ Paris
Beschlüsse
des Gewerkschaftsausschusses
Die 1. Sitzung des Gewerkschaftsaus-
schusses, über die wir bereits i i der letz-
ten Ausgabe berichten konnten, kam über
die bereits mitgeteilten Einzelheiten hin-
aus, u. a. noch zu folgenden Ergebnis-
sen:
Die Organisationskomrrission wurde
mit der Aufgabe betrauf, die erforderli-
chen Maßnahmen in die Wege zu leiten,
um die Verwaltung deT Kreisgaschäfts-
stal an auf die Industrieverbände überzu-
führen.
Auf Grund gefaßter Beschlüsse sind
auch die Vorarbeiten im Gange, um die
Ortsausschüsse entsprechend der örtli-
chen Stärke der Industrieverbände zu-
sammensetzen. Bis zum Abschluß der
Vorarbeiten bleibt es bei der bisherigen
Regelung.
Von der Neuorganisation, zu de-
ren endgültiger Gestaltung es noch man-
cher Anstrengungen bedarf, verspricht
man sich mit Recht in vieler Hinsicht ei-
nen neuen starken Auftrieb der Gewerk-
schaftsarbeit.
Es wurde schon mehrfach darauf hin-
gewiesen, daß unsere Versammlungekam-
oagnen zentralisiert werden. Versamm-
’ungen der Einheitsgewerkschaft können
nur noch vom Landesvorstand oder reit
dessen Gecehmigung-einberuten werden.
Die Entscheidung, welche Referenten zu
solchen Versammlungen entsendet wer-
den, liegt ebenfalls beim Landesvorstand.
rüxf Versammlungen der Industriever-'
bände sind dagegen diese nach wie vor
selbst zuständig.
Die vorerwähnte Regelung wurde ge-
troffen, um einen einheitlichen Ueber-
hlick über das Versammlungswesen zu
haben, ferner um dte Versammlungstätig-
keit besser aufeinander ab stimme n zu
können' tmd um dem Landesvorstand d:e
Möglichkeit zu geben, über dt« zu ent-
sendenden Referenten rechtze’tiq und am
zweckmäßigsten disoonteren ra können.
Bisher war es häufia der Fall, daß Orts-
ausschüsse Versammlungen anberaum-
en, plötzlich wurden von mehreren Sei-
ten gleichzeitig Referenten beantragt —
unter Umständen dieselben — und es
entstanden so mancherlei Schwierigkei-
ten und Reibungen. Durch die Neurege-
ung werden diese in Zukunft beseitigt.
Schon bald nach der 1. Sitzung hat sich
der Gewerkschaftsausschuß bereits zn ei-
ner 2. Sitzung auf Grund eines DringÜch-
kei-scmtrages versammelt. Näheres hier-
über ist an anderer Stelle dieser Ausgabe
veröffentlicht.
Herausgeber: Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, BrauersU. 6-8.
Verantwortlich für den Gesamtinhalt: Heinrich
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schuhler, Industrieverbände, Jugend
sowie Feuilleton I. P Wambach. — Druck:
Druckerei Saar-Zeitung Di Nikolaus Fontaine,
V or den Schülern der Akademie der Ar-
beit hielt Dr. Semansky, Dozent an der me-
dizinischen Fakultät Homburg, einen interes-
santen Vortrag über di« Gesundheitsscfaä-
den in Industriegegenden. Seine Ausführun-
gen sind von allgemeiner Bedeutung; denn
was von Industriegegenden gesagt wurde,
trifft gerade für unsere Heimat zu. Deshalb
erscheint es uns angebracht, das Wesent-
liche seines aus reicher Erfahrung resultie-
renden Vortrages in folgendem Bericht zu
veröffentlichen.
Wenn wir uns gelegentlich eines Spa-
zierganges auf eine Anhöhe, beispiels-
weise bei Klarental oder in Völklingen
auf den Kreuzberg begeben, um einen
Blick über d:e Heimat zu werten, dann
stellen wir fest, daß zahlreiche Indu-
strieanlagen mit ihren nicht minder zahl-
reichen Schornsteinen und Sinteranlagen
den Charakter unserer Landschaft bilden.
Rauch und Gase verschleiern die Ge-
gend. Bedenken wir, daß täglich im Saar-
land zirka 30 000 kg Staub von den Schlo-
ten ausgestoßen werden, so ist es ver-
ständlich, daß dies die Gesundheit von
Mensch und Tier beeinflussen kann. Un-
geheuere Mengen sind es, ultramikros-
kepisch klein, 1/1000 mm groß (1 gr.
Quarzstaub — 6 Milliarden Staubköra-
chen), die sich tagelang in der Schwebet
halten. Nicht nur Stcrüb, sondern auch
Ruß und Oase werden ia rauhen Men-
Gesundheitsschäden
gen in Industriegegenden verbreitet. In
stärkstem Maße wird so die Atemluft der
Industriebevölkerung beeinträchtigt.
Die Erscheinungen der Gesundheits-
schäden machen sich an allen Lebewe-
sen, auch an Pflanzen, mannigfaltig be-
merkbar. Es wurde festgestellt, daß die
Lunge der Menschen im Industriegebiet
meist ganz schwarz ist. Gegenüber Vil-
lenvierteln tritt in Industrie-Stadtteilen der
Lungenkrebs häufiger auf. Ob dies aus-
schließlich auf Staub und Gase zurück-
zuführen ist, bleibt dahingestellt, doch
gibt es zu Ueberlegungen und Nachfor-
schungen Anlaß. Dr. Semansky brachte
ein Beispiel aus einem langgestreckteg
Tal an der Maas bei Lüttich, in dem sich
zahlreiche Hütten- und Metellwerke be-
finden. Ueber dtern Tal lag im November
des vergangenen Jahres dichter Nebel.
Tausende Menschen erkrankten ganz
SlÖtzlich. Hustenreize, Augentränen,
lerzschwäche machten sich bemerkbar.
Die Sterblichkeitszifter stieg, Man glaubte
an eine Epidemie. Der Staat leitete Un-
tersuchungen ein, Leichen wurden ge-
öffnet. Die Entzündungen der Lungen- und
Atmungsorgane und die eigenartige Er-
krankungen der Tiere auf den Weiden lie-
ßen auf Kohlenoxyd und Kohlendioxyd
schließen. Am 5. Dezember war der Ne-
bel zu r üc kge gangen und die Erkrankurv-
in Industriegebieten
gen hörten auf.
Ein ähnliches Beispiel sei aus der Ge-
gend von Freiburg berichtet, das von gro-
ßen Waldungen umgeben ist. Die Forst-
hochschule in Taran stellte ein Bienen-
aussterben fest, außerdem Behaarungs-
schäden beim Wild, Lährr ungserschei^un-
gen und bei den Haust teren starke Ab-
magerung und Reiz der Luftwege. Bei an-
haltendem Regen stellten sich Fischer-
krankungen ein. Das Rotwild hatte be-
sonders unter der Lähmung zu leiden.
Durch Prüfung des Mageninhaltes ver-
endeter Tiers wurde die Beweiskette ge-
schlossen. Die Arsenhütten der Umgebung
u. der Auswurf von täglich einem Zentner
Arsenik, das sich unaufhörlich über den
Wäldern langsam niederläßt, verursach-
ten die seltenen Erkrankungen der Tiere.
Die Beispiele könnten be'iebig fortge-
setzt werden. Auch der Haldenbrand ei-
ner saarl. Grube wurde vor einiger Zeit
in der Presse zitiert. Verschiedene Ort-
schaften wurden durch den Rauch und
die Gas« in Mitleidenschaft gezogen. Un-
tersuchungen ergaben, daß die Beriese-
lungsanlage auf deT Halde wieder in Tä-
tigkeit gesetzt werden mußt®.
Durch genaue Untersuchungen kommen
die verschiedensten Abgase, die nach-
teilig die Gesundheit der Menschen und
Tiere beeinträchtigen, io Frage, so z. B.
Ruß, Kohlenrauch, Kohlenlöschdämpte,
Koksofenfüllgase, in denen Teernebel ent-
halten sind. Die Frage, was zur Vermei-
dung der Abgase und zum Schutze der
Industriebevöikerung cetan werden soll,
ist natürlich nicht einfach zu beantwor-
ten. Zur Zeit ist man im Saarland dab:i,
aus den verschiede osten Gegenden Luft-
proben zu entnehmen, um sie eingehend
zu untersuchen.
**
*
Zur Vermaidung der schö^lrphen Ab-
gase in industriereichefi Gegendten und
zum Schutze der Anwohner, zum Ta l auch
in der Reichsgewerbeordnung (im Saar-
land noch in Kraft) in den §§ 16 ur.d 18,
25 und 26 und BGB. 906 und 907, bespro-
chen, kann'folgendes getan werden: Der
Rauch kann durch den Einbau technischer
An'a en zwar rieht verhüte', do:h veess t-
lich eingeschränkt werden. Es wurds die
Erfahrung gemacht, daß Entstaubungsan-
lagen ganz verschieden angewandt, sich
amortisierten. Das Höherbauen von Kä-
mmen ist nicht selten eine Notwendig-
keit und gesetzlich vorgeschrieben. Nicht
zuletzt kann durch sachgemäße Heizung
50 Prozent des anfallenden Staubes ver-
mieden werden. Bei Neu Planungen von
Industrie sei darauf zu achten, daß sie
von Wohnvierteln abgelegen und von
Grüngürteln und Anlagen umgeben sind.
Februar 1950
„DIE ARBEIT"
Seite 3
DIE STIMME DER VERBÄNDE
Industrie-Verband Metall:
Berufssrziehungsverhältnis - Beihilfen - Zulagensätze
1. Allgemeine Berufe:
a) bei Beginn des Berufserziehungsverhältnisses vor Voll-
endung des 16 Lebensjahres
Lehr- oder. Anlernjahr I Lohnzone II III IV
1, Lehrjahr 1957 1854 1751 1648
2- Lehrjahr 2584 2448 2312 2176
3 Lehrjahr 3211 3042 2873 2704
TT Halbjahr 3914 3708 3502 3296
d) ne* Beginn des Berufserziehungsverhältnisses nach
Vollendung des 16. jedoch vor Vollendung des 18.
Lebensjahres 1. Lehrjahr 2356 2232 2108 1984
2 Lehrjahr 3135 2970 2805 2640
S Lehrjahr 3914 3708 3502 3296
7. Halbjahr 4703 4455 4208 3960
c) bei Beginn des Berufserziehungsverhältnisses nach
Vollendung des 18. aber vor Vollendung des 21. Le-
bensjahres
1. Lehrjahr 2746 2601 2457 3212
2. Lehrjahr 3525 3339 3154 2968
3. Lehrjahr 4304 4077 3851 3624
7. Halbjahr 5092 4824 4556 4288
d) bei Beginn des Bexuferzjehungsverhältnisses nach
Vollendung des 21. Lebensjahres.
1. Lehrjahr 3525 3339 3154 2968
2. Lehrjahr 4304 4077 3851 3624
3. Lehrjahr fQ92 4824 4556 4288
e) bei Beginn des Beiu^erziehungsverhältnisses nach
Vollendung des 22. Lebensjahres.
1. Lehrjahr 4304 4077 3851 3624
2. Lehr' 5092 4824 4556 4288
Lehrl d Anlernlinge, die während des Berufserzie-
hungsve ..nisses das 24. Lebensjahr vollenden, erhalten
von diesem Zeitpunkt ab
9396 8901 8407 7912
f) bei Beginn des Berufserziehungsverhältnisses nach
Vollendung des 23. Lebensjahres.
1. Lehrjahr 5092 4824 4556 4288
2. Lehrjahr 9396 8901 8407 7912
g) bei Beginn des Erziehungsverhältnisses nach Vollen-
dung des 24. Lebensjahres erhalten die Lehrlings
(Anlernlinge) grundsätzlich während der Ausbildungs-
zeit
9396 8910 8407 7912
Zu den bestehenden Sätzen werden für
folgenden Berufe in der Metallindustrie
noch besondere Erschwerniszulagen be-
zahlt und zwar für Lehr- und Anlernlinge:
Hochöfner, Martin- und Elektrostahl-
werker, Thomasstahlwerker, Metalihütten-
werker. Walzwerker, Former, Schmied
(Formschmied einschl. Huf-, Beschlag- u.
Wagenschmied), Amboßschmied, Ketten-
schm’ed Kesselschmied, Gesenkschmied,
Schmelzschweißer, Nieter und ßtahlbcru-
schlosser.
Die Erschwerniszulage beträgt für das
1. Lehr-und Anlernjahr 8 Prozent
2. Lehr- und Anlerajahr 10 Prozent
3. bezw. 4. Lehr- und An-
lernjahr 12 Prozent
des Bezugssatzes. Die Zulagen sind auf
volle 10 ffrs. nach oben aufzurunden.
Wichtige Entscheidung der Regierung des
Saarlandes über die Vergütung der Lehr-
linge für die Zeit zwischen Lehrzeit und
Lehrabschlußprüfung.
Schon seit geraumer Zeit wird die Fas-
sung des § 12 der Anordnung über die
Vereinheitlichung der Erziehungsbeihilfen
und sonstigen Leistungen an Lehr- und
Anlernlinge in dar privaten Wirtschaft
vom 28. Juli 1948 von Arbeitgebersaite an-
gefochtsn. D~r Arukei 12 besagt u. a.
daß nach erfolgreicher Ablegung der Prü-
fung vom Tage der Beendigung der Lelir-
zeu ab der Lohn des Facharbeiters oder
das Gehalt des kaufmännischen Ange-
stellten zu bezahlen ist. Nach der nun
vorliegenden Entscheidung entfällt dieser
Absatz, so daß die Zeit, die zwischen der
Beendigung der Lehrzeii und dem Tage
der Ablegung der Prüfung in Höhe von
120 Prozent des Bezugssatzes zu vergü-
ten ist Da« Jugendsekretarkrt hat sich
entschieden gegen die Aenderung in die-
sem Sinne gewehrt und konnte sich nicht
entschließen, dafür seine Zustimmung zu
geben. Diese Anordnung ist im Amtsblatt
Nr. 7-50 vom 28. Januar enthalten, und
tritt ab 1. Januar 1950 in Kraft.
Lehrlingsausbildung
und ErziehungsbeihiÜe
Von Friedei Bauer
Mit dem Ausscheiden aus der Volks-
schule ist die erste Erziehungsperiode für
den jungen Menschen abgeschlossen.
Liegt bis zum 6. Lebensjahre ausschließ-
lich die Erziehung des Kindes in den Hän-
den der Eltern, so schaltet sich mit dem
Tage der Einschulung die Lehrkraft als
außerhalb der Familie stehende Person
ein mit der vom Gesetzgeber übertrage-
nen Erziehungsberechtigung. Wohl sind
die Erziehungsmaßnahmen wahrend der
Schulzeit festgelegt und begrenzt. Sie er-
strecken sich nicht nur auf die Förde-
rung der charakterlichen Eigenschaften
und die Pflege der guten Sitten, sondern
darüber hinaus obi egt der Lehrperson
die Verpflichtung, dem Kinde ein be-
stimmtes Maß von Wissen zu übermitteln,
ein elementares Wissen, das als Voraus-
setzung für den späteren Lebensweg un-
entbehrlich ist.
Noch ein Kind, jedoch ausgesiattet mit
einem abgeschlossenen Bildungsgang,
wird der ins Erwerbsleben tretende jun-
ge Mensch in den Kreis der Erwachsenen
aufgenommen. Sich seinem neuen Auf-
gabenkreis noch nicht völlig bewußt, si^ht
er sich doch in eine andere Umgebung
gestellt. Von anderen Eindrücken erfaßt,
reift nach und nach in ihm die Erkennt-
nis, daß er mit seinem Leben selbst fer-
tig werden muß. Die ersten Anzeichen des
Lebenskampfes drängen sich ihm auf, de-
nen er in seiner vorerst noch kindlichen
Auffassung zu parieren versucht.
Sofern der Jugendliche einen Beruf er-
lernt, tritt nun neben den Eltern der Lehr-
herr als Erziehungsberechtigter auf. Die
von dem Kind während der Schulzeit zur
Entwicklung gebrachten Fähigkeiten, c'ie
von der Lehrperson zu beobachten, waren,
sind für die spätere Berufsberatung von
einer nicht zu unterschätzenden Bedeu-
tung. Sie bilden in der Regel die Grund-
lagen für die Wahl des Berufes. Neben
Fleiß, Aufmerksamkeit und Wille, die für
die Erlernung eines Berufes gleich wei-
cher Art immer erforderlich sind, werden
durch Eignungsprüfungen mit Hilfe der
Psychotechnik die besonderen Veranla-
gungen ermittelt, die auf einen geistig
oder körperlich tätigen Beruf schließen
lassen. Das Ziel soll sein, den mit guten
inneren Werten ausgestatleten jungen
Menschen zu einem nützlichen Glied in
der menschlichen Gesellschaft heran-
zubilden.
Das zu erreichen, ist Aufgabe des Lehr-
herm oder seines Vertreters, des Lehr-
ling scrusbilders und der Berufsschule.
Das Lehrverhältnis kommt durch einen
besonderen Lehrvertrag zustande und ent-
hält die Verpflichtung, daß der Lehrling
nach Beendigung der Lehrzeit sich einer
praktischen und theoretischen Prüfung un-
terziehen muß, um als Gehilfe in seinem
Fach anerkannt zu werden. Die allge-
meinen und besonderen! 'Bestimmungen,
die das Lahrlingsverhältnis regelt, sind
in den §§ 126 bis 132 der Gewerbeordnung
enthalten. (Fortsetzung folgt!)
anderen aus dem Staatssäckel zu-
geschossen werden. Interessant ist, daß
die Zustimmung des Finanzministeriums
bereits vorliegt. Wir werden bei anderen
Gelegenheiten noch öfters auf diesen Ei-
fer zurückkommen. Vorderhand begnügen
wir uns mit der Feststellung, daß er ei-
ner besseren Sache wert gewesen wäre.
Wenn unsere Proteste und V orstellun-
gen nichts nützen und wider unseren Wil-
len an der Hand der saarländischen Ra-
dierung die Hochblüte des europäischen
Uniform- usd D enstgradab etebenwe e-s
heraufeeführt wird, dann müßten wir lei-
der unseren alten Uniformen das Grab-
lied singen. Zu ihrem Ruhme müssen v ir
besonders auf ihre Einfachheit und
Schlichtheit hinweisen. Darin waren sie
allen anderen Uniformen, die wir aus
Deutschland .her in Erinneiung haben,
weitaus überlecen. Die laufbahnmäßige
und die damit ~zum Teil verbundene so-
ziale Stufenleiter fand, verhältnisma ij
unauffällig ihren Niederschlag auf d^.i
Kragenspiegeln. Die Postbed enste en
werden ihnen — solltest sie ausgerech: et
nach dem zweiten Weltkrieg und im Z i-
chen des Gesetzes zum Schutze der de-
mokratischen Staatsordnung abtre.en
müssen — ein gutes Andenken bewahren.
Ortsverein Merzig im I. V. Graphik:
Buchdrucker für aktive Demonstration
Einmdl jühnich findet in den Ortsgrup-
pen der einzelnen Industneverbänden die
Jahres-Hauptversammlung statt. Sie ist
für die Mitglieder ein Ereignis, denn der
alte Vorstand legt Rechenschaft über die
bisherige Tätigkeit ab, und die Mitglieder
k; irisieren oder sind zufrieden und wählen
diesen Vorstand auch für die kommende
Pe iode. Wenn letzteres der Fall ist, dann
he rscht Uebereinstimmung, dann weiß
man, daß Vorstand und Mitglieder ihre
~ki. i ch i erüüilcn.
Nicht seiten finden wir derartige Zu-
sammenkünfte, und die Generalversamm-
lung der Buchdrucker in Merzig am 21.
Januar 1950 war als einmütiges Bekennt-
nis zur Einheit mit einem e nzigartigen So-
• lidaritätsgeist und als breites Vertrauens-
votum zur Verbandsleitung zu werten.
Als Gäste waren die Kollegen Stärk
und Wambach und erstmalig auch die
neuen Kolleginnen und Kollegen der
Demmler Werke aus Merrig erschienen.
Kollege Darimont, der Vorsitzende
des Ortsvereins Merzig im graph. Indu-
st. ieverband, eröffnet« die Versammlung,
begrüßte die Erschienenen und übergab
dem Kollegen Jager das Wort zur letz-
ten Quarfcalsverscrmmlung. Der Kassenbe-
richt des Koll. Th e l s e n ließ nichts zu
wünschen übng, und der Vorsitzende be-
gann mi- seinem Rückblick ins verflossene
Jahr Freud’ und Leid wieder zu wecken.
Viele hätten sich, so betonte Darimont,
zur Lösung des schwierigsten Problems,
der Wiedergenehmigung der Heimatzei-
tungen. eingesetzt. Allen sagte er Dank,
obwohl die Arbeit erfolglos war. Einmal
würde auch den Buchdruckern aus deT
Provinz wieder Recht gesprochen und die
Existenz, um die sie so erbittert ringen
müßten, gesichert sein. Für die Zukunft
sei die Verabschiedung des Betriebsräte-
gesetzes und die Verhütung des Staats-
schutzgesetzes in vorgelegter Form das
wichtigste. Er forderte 24 Stunden Ar-
beitsruhe für den Tag, an dem das Be-
triebsrätegesetz im Landtag zur Verab-
schiedung vorliegt.
Kollege Stärk als Referent des Abends
klärte seine Mitglieder über die wichtig-
sten Ereignisse der letzten Tage und Wo-
chen auf. Insbesondere gab er einen aus-
führlichen Bericht über die Lohnverhand-
lungen, die nur teilweise zum Erfolg führ-
ten. Die neuen Beitrags- und Unterstüt-
zungssätze erläuterte er und fand allsei-
tig© Zustimmung. Und das ist es, was
die Buchdrucker so festigt, bindet und
stark macht — Lhr traditionelles Solidari-
tätsgefühl, den Armen aus ihren Reihen
zu helfen. Die Buchdrucker zahlen heute
durchschnittlich einen Beitrag von 100 Frs.
in der Woche und ermöglichen es so,
ihren kranken, invaliden und arbeitslosen
Kollegen aus den eigenen Reihen mit an-
ständigen Unterstützungen helfend unter
die Arme greifen zu können. Das Betriebs-
rätegesetz, die Notwendigke t der Mitbe-
stimmung und das neue Gesetz zum
Schutze des Staates standen ebenfalls
im Mittelpunkt seiner Ausführungen de
nen es nichts hinzuzufügen gab~ daher
auch die geringe Beteiligung an der Dis-
kussion.
Als einziger Diskussionsredner ergriff
Kollege Wambach das Wort und
brachte seine Freude zum Ausdruck, daß
in den Reihen der Buchdrucker die Soli-
darität vorbildlich und treu geübt wird.
Das Betriebsrätegesetz, erwähnte der
Sprecher, sei nicht nur Schutzgesetz, son-
dern es müsse in erster Linie dem Schaf-
fenden die Möglichkeit der absoluten Mit-
bestimmung zur Erhaltung seiner Existenz
eingeräumt werden. Wie notwendig das
se’, erläuterte der Sprecher an einem Bei-
spiel der Merzig-Büschtelder-Eisenbahn,
wo seit 1946 Veruntreuungen und Ver-
fehlungen seitens der Direktion und Ge-
schäftsführung begangen wurden. Ob-
wohl der Betriebsrat etwas wußte, hatte
er nicht de Möglichkeit der intensiven
Ver'o’gung, um den Rechtsweg beschrei-
ten zu können. Das enorme Defizit sei
zum Teil gestiegen und die Entlassungs-
liste mit weiteren Namen bereichert wor-
den. Erst als der stellv. Geschäftsführer
gewählt und bestätigt und sich Einblick
verschaffen konnte, wurden ein Teil der
Vorfälle aufgedeckt und der Staatsan-
waltschaft übergeben. Es müsse, auf
grund derartiger Vergehen, die die Exi-
stenz der Beschäftigten gefährden und
den Staat schädigen, so betonte Wam-
bach, auch Aufgabe der kleinen Gruppe
von Euchdruckern sein, sich für die ab-
solute Mitbestimmung restlos einzusetzen.
Zum Staatsschutzgesetz stellungnehmend
bezeichnet« der Redner dies im vorliegen-
den Text als „Höchste Form der Demo-
kratie.“ Die Einheitsgewerkschaft sei mit
ein entscheidender Faktor an' der Saar,
um sich d:«ser Form der totalen Diktatur
enfgegenzustemmen.
Nach dem weiteren Verlauf der Ver-
sammlung wurde dem Vorstand Entlas-
tung erteilt, worauf er in seiner bisheri-
gen Zusammensetzung wieder gewählt
v/uvde. Zur Durchführung des Johannis-
festes 1950 wurde ein Festausschuß ge-
bildet, der die Vorbereitungen zu treffen
hat. Nach Verlesung einer einstimmig an-
genommenen Reso’ution an die Hauptver-
waltung war der offizielle Teil beendet u.
Gestehen wir es offen: Die Ueberschrift
ist zu schwach für das, was wir zum Aus-
druck bringen wollen. Unsere Angelegen-
heit übertrifft die einstigen Maientage bei
weitem. Der neue Mai, der da bevor-
steht, ist bei weitem bunter und schil-
lernder. Die saarländische Oeffentlich-
keit wird aus dem Stau :en nicht mehr
herauskommen, und vielleicht wird man.
zur Enträtselung altes dessen, was da
auf Mützen, Kragenspiegeln und Aerireln
auf sie einzustürmen sich anschirkt, Son-
derkurse über „Dienstgradabzeichen“ ei l-
führen müssen. Dafür würde dann weäer-
um unsere Ueberschrift ausreichen, denn
diese Unterrichtsstunden sind uns aus
den Maientagen verflossener Systeme
größtenteils noch bekannt.
Für die Völkerrechtsgelehrten und
eine Neuauflage der Nürnberger Ge-
richtstage halten wir fest, daß die neu-
en Uniformen und Dienstgradabzeichen
von der saarländischen Regierung vor-
geschkigen werden und die Postbedien-
steten — wir haben nur ihre Ansicht
die Schwarzkünstler fanden sich zura
ewiggewohnten „Schoppen“ gemütlich zu-
sammen. —Wb —
Entschließung
Die anläßlich ihrer Jahreshauptver-
sammlung zusammengekommer.en Mit-
glieder des Industrieverbandes Graphik,
Ortsverein Merzig, senden an die Adresse
des Hauptvorstandes der Einheitsgewerk-
schaft nachstehende einstimmig gefaßte
Entschließung:
Nach langer Verschleppungstaktik
soll nun endlich in der kommenden Sit-
zungsperiode des saarländischen Land-
tages das seit langem geforderte Be-
trietsrätegesetz zur Verabschiedung
kommen.
Mit der Veröffentlichung des Regie-
rungsentwurfes zu diesem Gesetz hat
seitens der Unternehmerschaft eine
scharfe Polemik eingesetzt mit dem
Ziel, diesen an sich unzulänglichen
Entwurf noch weiter zu Ungunsten der
Arbeitnehmerschaft zu beschneiden.
Demge reniibex erheb en wir die Forde-
rung, daß! der von der Einheitsgewerk-
schaft eingereichte Entwurf zum Be-
triebsrätegesetz zur Annahme durch
den Landtag ge’angt. UTn unserer For-
derung Nachdruck zu verleihen und
eindeutig zu demonstrieren, welchen
Machtfaktor die in der Einheitsgewerk-
schaft versammelten saarländischen
Arbeitnehmer darstellen, bitten wir die
Hauptverwaltung, an dem Tage, an c e n
das Betriebsrätegesetz im Landtag zur
Debatte steht,
eine 24stündige Arbeitsruhe
anzuordnen.
Wir nehmen damit dasselbe Recht
für uns in Anspruch, das die Regierung
ihrerseits anläßlich des Jahrestages der
saarländischen Verfassung den Re e-
rungs- und kommunalen Behörden ebe-
räumte. Das Betriebsrätegesetz ist für
uns Arbeitnehmer von nicht minder
wichtiger Bedeutung.
zum Ausdruck zu bringen — ste ein-
mütig abtehnen. Diese Feststellung er-
scheint uns im Hinblick auf das Wech-
selspiel zwischen Ursache und Wirkung
und zur Beurteilung der Schuldfrace au-
ßerordentlich wichtig.
Aber nicht allein deshalb sind wir ge-
gen die geplanten Uniformen und Dienst-
gradabzeichen, sondern ebenso sehr cus
allgemein menschlichen und sozialen Er-
wägungen heraus. Wir können nicht zu-
lassen, daß man ohne Fernglas beispiels-
weise den Postfacharbeiter schon auf 1
Kilometer Entfernung von dem Inspektor
usw. unterscheiden kann. D e me 'sch-
lichen und sozialen Auswirkungen dieses
glitzernden Uniformfimrrete si:>d gerade-
zu katastrophal. Daß dieser Lapus aus-
gerechnet unserer Regierung passie’en
muß, sollte zum Nachdenken anregen.
Die finanzielle Seite der Angelegenheit
können wir nur schätzen, aber einige
nette Zahlen dürften schon heraussprin-
gen. Die Mehrlasten müssen zur Hälfte
von den „Betroffenen“ aufgebracht, zur
Ortsverein Merzig
V. Post und Fernmeldewesen:
Wie einst im Mai!
Seite 4
DIE ARBEIT“
Februar 1950
11
Trübe Brille des „Saar-Handwerker"
Der „Saar-Handwerker“, das Organ d.
saarländischen Handwerks veröffentlicht
in der Ausgabe Nr. 22 eine flache iro-
nische Betrachtung zum neuen Betnebs-
xätegesetz. Wenn wir eine solche Art von
Polemik ablehnen, so wollen wir doch
die Zeilen unseren Lesern nicht vorent-
halten. Der „Saar-Handwerker" schreibt
wörtlich:
Zum neuen Betrieösrätegesetz
Wir veröffentlichen in unserer heutigen Aus-
gabe den Entwurf des Arbeitsministeriums zum
reuen ..Betriebsrätegesetz“ und geben gleichzei-
tig unsere Stellungnahme dazu bekannt. An-
gesichts der ungeheuren Tragweite dieser Rege-
lung raten wir unseren Lesern dringend, sich den
Inhalt der vorgesehenen Neuregelung genaue-
e ®ns anzuse' en und in diesem Falle einmal nicht
an einem ..langweiligen, ellenlangen Gesetz" vor-
beizulesen. Gewiß geben wir allen denen recht,
die immer sagen-
Man könnte es auch kürzer lassen".
Wir haben daher einen Vorschlag zu machen,
we’cher der Sachlage ebenso gerecht wird, aber
d=n Vo-zug der Kürze und absoluten Klarheit hat.
Unser Gegenvorschlag krutets
§ i
Der Arbeitgeber hat das Recht und die Pflicht!
1) die zur Zahlung von Löhnen und Gehältern
erforderlichen Mittel pünktlich und ausrei-
chend bereitzustellen;
2) Sozialversicherungsbelträg« regelmäßig und
pünkt’ichst abzulühren;
3) re'Te'mätig sämtliche Steuern zu beazhien.
S 2
Alle in § 1 nicht auf^elührten Rechte »leben ln
Gleichberechtigung den Vertretern der Ge-
werkschaft und dem Betriebsrat zu. Auel
Was soll man zu solcher Haltung sa-
gen? Schon bei einfacher Betrachtung
der besagten Zeilen stellt jeder Leser
fest, daß sie nicht nur ein Armutszeug-
nis, sondern auch ein Kennzeichen für
den rückständigen Geist darstellen, der
in diesen Kreisen herrscht, bewiesen da-
durch, daß ihnen nichts anderes einfälÄ,
I. R. O. ln emotionaler Suchdienst. Arolsen bei
Kassel, sucht:
Berg. Ernst, Luxemburger, geb. 7, 4. 42 in Saar-
brücken, war 1944 in Guben und zuletzt an-
geblich in Bad Kreuznach;
Bonnern. Berthold, deutscher Jude, geb. 1926 i»
Deutschland, letzte Nachricht aus Alencon,
Frankreich;
Groll. Johann. Luxemburger, geb. 9. 3. 22 m
Differdingen, Luxemburg, vermißt »eit 19. 10. 48
in der Gegend von Dubrowno;
Jost. Roger, Luxemburger, geb. 9. 8. 26 m Esch'/
Aizette. letzte Nachricht vom 20. 1. 48 aus der
Nähe von Zinten, Ostpr.;
Keilen Peter. Luxemburger, geb. 29. 7, 28 in
Bourscheid. letzte Nachricht vom Dezember
aus Iwankina. Bez. Witebsk, UdSSR, Feldpoet-
Nr. 19226 F;
Linpert. Joseph, Luxemburger, geb. 28. S. 20 ki
Nospelt vermißt seit 28. 6. 44 bei örsoha,
UdSSR;
Bloch Max. luemburgischer Juge. geb. 15. 11. 1886
in Saarbrücken, wurde nach Auschwitz depor
tiert.
um eine sachliche Auseinandersetzung au
führen.
Solche Fomulierungen sind nur mög-
lich infolge Mangels an sozialem Denken.
Es fehlt an der rechten Auffassung von
den Pflichten in einer demokratischen Ge-
sellschaft und über die Entstehung der
Werte und der Mehrwerte.
Offensichtlich verteidigen sie, wenn
auch in unmöglicher Art und Weise, ei-
nen im 19. Jahrhundert üblichen Stand-
punkt. Rechte wollen sie, aber die Pflich-
ten sollen dem Arbeitnehmer aufgebürdet
werden, der seine Arbeitskraft, sein ein-
ziges Kapital, an sie verkaufen muß, um
überhaupt existieren zu können. Wir ver-
kennen keinesfalls die Tatsachen, daß
der Gewerbetreibende auch Sorgen hat,
meist finanzieller Art. Aber das hat mit
dem Betriebsrätegesetz nichts zu tun.
Was wollen eigentlich die Gewerk-
schaften mit dem neuen Betriebsrätege-
setz? Sie wollen, daß der Arbeitnehmer
neben seinen Pflichten auch ein Recht
auf Mitbestimmung in dem Betrieb haben
soll, mit dem er auf Gedeih und Ver-
Die stete Sorge des schaffenden Men-
schen um Lohn und Arbeitsplatz und dfe
in vielen Betrieben geübte soziale Ungerech-
tigkeiten zum Nachteil der wirtschaftlich
Schwächeren ließen im Laufe der Zeit die
Arbeitsgerichte entstehen. Der Arbeitneh-
mer, der, in Verfassungen alter Kulturländer
verankert, ein Recht auf Arbeit hat, soll ge-
gen Willkürmaßnabmen geschützt werden.
Die Arbeit dieser Gerichte liegt auch darin,
durch seine Entscheidungen die Unterneh-
mer und Gewerbetreibende zur richtigen An-
wendung bestehender Betriebsrätegesetze
. oder -Verordnungen zu veranlassen. Wie
notwendig dies ist, zeigt folgender Fall, den
wir aus der „Welt der Arbeit“ entnehmen
und allen, die es emgeht, zum eingehenden
Studium empfehlen.
Bei den Voßwerken in Sarstedt war es
»wischen der Belegschaft und der Be-
triebsleitung zu Diff erenzen gekommen, die
*u einer eintägigen Arbeitsniederlegung
geführt hatten. Ursache war eine inner-
betriebliche Umsetzung von Arbeitskräf-
ten, gegen die sich die Betroffenen wehr-
ten. Als der Betriebsrat den Vertreter der
Industriegewerkschaft Metall aufforderte,
an einer Betriebsversammlung teilzuneh-
men, wurde diesem von der Werksleitung
der Zutritt verboten.
Daß um Entscheidung angerufene Ar-
beitsgericht Hildesheim erhielt daraufhin
eine einstweilige Verfügung, nach der dem
Gewerkschaftsvertreter unter Androhung
einer Strafe in Höhe von 2000 DM die
Teilnahme an der Betriebsversammlung zu
gewähren war. Die Voßwerke hielten ihr
verbot trotzdem aufrecht und erhoben ge-
gen die einstweilige Verfügung Wider-
spruch.
Das Arbeitsgericht Hildesheim verwarf
jedoch den Widerspruch u. verurteilte die
Voßwerke zur Zahlung der angedrohten
derb verbunden ist. Zahlreiche Beispiele
lassen diese Notwendigkeit bei der heu-
tigen Wirtschaftsform erkennen; und
dem fortschrittlichen Arbeitgeber, dem
das Wohl seines eigenen Betriebes am
Herzen liegt, müßte die Mitbestimmung
seines Betriebsrates, dem die fähigsten
seiner Arbeitnehmer angehören, wahr-
lich keine Sorgen bereiten.
Ein kleines Beispiel aus dem Kreise
Merzig soll veranschaulichen, wie not-
wendig die Mitbestimmung des Arbeit-
nehmers sein kann. Zunehmende Ver-
fehlungen der Betriebs- und Geschäfts-
führung ließen die Existenz eines Betrie-
bes und damit der Arbeiterschaft ins
Wanken geraten. Unregelmäßigkeiten seit
1946 wurden bis zur Korruption gestei-
gert, ohne daß der Betriebsrat im Inter-
esse des Betriebes die rechtliche Hand-
habe hatte, einzugreifen und dem ver-
werflichen Tun Einhalt zu gebieten. Soll
der schaffende Mensch in diesem Falle
auch zusehen, wenn seine eigene Exi-
stenz und damit die seiner Familie ge-
fährdet wird? Das kann man mit dem be-
sten Willen dem fleißigen Arbeiter nicht
zumuten und das wird auch der ehrliche
Gewerbetreibende unter den Saar-Hand-
werkern einsehen! Und wieviele andere
Beispiele gibt es noch! —Wb—
Strafe in Höhe von 2000 DM. Nach den Ar-
tikeln 7 und 8 des Kontrollratsgesetzes
Nr. 22 so begründete das Gericht sein
Urteil, steht dem Betriebsrat das Recht zu
einer engen Zusammenarbeit mit den Ge-
werkschaften und zur Abhaltung einer Be-
triebsversammlung in jedem Vierteljahr
zu. Diese Zusammenarbeit sei aber nur
möglich, wenn dem Gewerkschaftsvertre-
ter die Teilnahme an den Betriebsver-
sammlungen gestattet wird. Nur dann sei
er imstande, die gewerkschaftlichen Be-
lange dem Arbeitgeber gegenüber zu ver-
treten.
Das von der Betriebsleitung der Voß-
werke aus den Artikeln 13 und 14 des
Bonner Grundgesetzes geltend gemachte
Hausrecht werde durch ale Bestimmungen
des Kontrollratsgesetzes Nr. 22 begrenzt.
Hausfriedensbruch begehe, wer sich un-
befugt in das Eigentum eines anderen be-
gebe. Das dem Gewerkschaftsvertreter zu-
stehende Teilnahme recht an den Betriebs-
versammlungen schließe jedoch diesen
Tatbestand aus. Selbst eine Betriebsver-
einbarung, die etwa die Mitwirkung der
Gewerkschaften ausschließe, sei rechtlich
ohne Bedeutung, da sie in Gegensatz zu
den Bestimmungen des Kontrollratsge-
setzes 22 stehe.
Diese bedeutsame und grundsätzliche
Entscheidung, gegen die noch das Rechts-
mittel der Berufung beim Landesarbeits-
gericht möglich ist, stellt also ausdrück-
lich fest, daß den Gewerkschaftsvertretern
der Zutritt zu den Betriebsversammlungen
auch gegen den Willen der Betriebs-
leitung gestattet ist. Ein Widerspruch ge-
gen diese an sich selbstverständliche Ge-
pflogenheit konnte auch nur in einem Wer-
ke entstehen, das durch fortgesetzte Dif-
ferenzen mit seiner Arbeiterschaft in
wachsende soziale Spannungen geriet.
„Herr Im Hause" wurde bestraft
2000 DM Strafe, weil man Gewerkschaftsvertretern Zutritt verweigerte
Posi aus dem Ausland
Deutschland. Der aul dem Gründungskongreß
des Deutschen Gewerkschaftsbundes ln Mün-
chen beschlossene Kulturpreis für hervorragende
Werke auf den Gebieten Theater, Musik, Film,
Bildende Kunst, Literatur und Wissenschaft soll
um ersten Male im Jahre lz950 verliehen wer-
den. Der Kulturpreis der Gewerkschaften soll
als Dauereinrichtung an Künstler und Gelehrte
verliehen werden, die einen besonders wertvolleh
Beitrag für die Arbeiterbewegung leisten
Frankreich Das französische Arbeitsministe-
rium veröffentlicht eine Aufstellung der Arbeits-
kräfte. die von verschiedenen Zweigen der fran-
zösischen Wirtschaft im Jahre 1950 benötigt wer-
den. Die Landwirtschaft braucht insgesamt 21 300
Arbeitskräfte. Von dieser Zähl werden rund 7000
für dauernde Arbeit gesuoht und die übrigen
für Saisonarbeiten angefordert. Für die Kohlen-
gruben sucht man 60 000 Mann, die jedoeh nicht
zusätz'ich benötigt werden, sondern andere
Arbeitskräfte ablösen sollen. Etwa 2000 ausländi-
sche Bergarbeiter werden angefordert. Die fran-
zösische Metallindustrie sucht fOOO hochqualifi-
zierte Facharbeiter. In der Textilindustrie des
Nordens und in den Vogesen sucht man weib-,
liehe Arbeitskräfte.
ln der am 7. Januar abschließenden Woche
betrug die Kohlenförderung in französischen
Bergwerken 1 061 000 Tonnen. In der gleichen
Woche förderte man an der Saar 307 000 Ton-
nen. Eingeführt wurtien in Frankreich Insgesamt
228 000 Tonnen Kohle, die aus Westdeutschland,
Großbritannien. Belgien und Polen kamen.
Die Stromerzeugung betrug in der am 12. Ja-
nuar endenden Woche 612 Millionen Kilowatt-
stunden, hiervon 238 Millionen hydraulischer und
374 Millionen Kw-Sh thermischer Herkunft. Die
Staubecken verfügen gegenwärtig über einen gu-
ter, Wasserstand (51 Prozent).
USA
Der Streik der fast 100 000 Bergarbeiter dauert
or. Trumen versuchte wiederholt zu vermitteln,
neueruings durch Vorschlag eines 70iägigen Waf-
fenstillstandes. Ein Untersuchungsausschuß soll
ki dieser Zeit die Möglichkeiten für eine Einigung
prüfen. Immer mehr ergeben sich durch den
Kohlenauefall Rückwirkungen auf die Stahlpro-
duktion.
V
Internationale
Gewerkschaftskonferenz in Aachen
Am 15. Januar 1950 fand in Aachen eine in-
ternationale Konferenz »tatt, an der die Vertre-
ter der Metall- und Bergarbeitergewerkschaften
aus den Vereinigten Staaten, Belgien, Frankreich,
Luxemburg, Holland, England und Deutschland
teilnahmen. Die Konferenzteilnehmer beschäftig-
ten sich eingehend mit dem Problem des Ruhr-
gebietes. Sie faßten drei wichtige Entschließun-
gen, denen wir auszugsweise das Wichtigste ent-
nehmen.
I.
Die Vertreter der metallurgischen und der berg-
werklichen gewerkschaftlichen Organisationen
bestätigten, nach einer neuerlichen Prüfung des
Problems des Ruhrgebietes, die früheren Ent-
schließungen in Luxemburg am 14. und 15. Marz
1949 und fai Brüssel am 15. und 16. September
1949.
Die Konferenz von Aachen bekräftigt erneut
ihren Willen, daß dieses wichtige Industriegebiet
herausg-enommen wird aus der Macht der Trusts
und reorganisiert wird unter solchen Bedingun-
gen, daß die Industrien der Ruhr fürderhin aus-
schließlich zur Entwicklung des europäischen
Wirtschaftslebens verwendet werden.
II.
Die Konferenz unterstützt das Verlangen der
deutschen Gewerkschaften, ihren Einfluß in der
Kohlen-, Eisen- und Sahl-vir'schaff zu verstärken.
III.
Die Konferenz richtet an die Signatarmächte
des Ruhrstatutes die Forderung, daß der nach
§ 3 des Ruhrstcäuts zu ernennende Stellvertreter
aui Vorschlag der ge - e kscLaLlichen Organ -'a-
tion des jeweiligen Landes ernannt wird, mit den
gleichen Rechten wie das ordentliche Mitglied.
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ZuscfiuUm aus dem teseckceis
Verschiedene Zuschriften befaßten sich
mit der plötzlichen Erhöhung der Eisen-
bahntaiife. Ein Leser schrieb u. a.:
Das war doch starker Tuback die Preis-
erhöhung von 33 Prozent aut einen Schlag,
Sie können sich denken, daß ich den letz-
ten Aufschlag bei der Eisenbahn mei-
ne. Daß damit hauptsächlich die 3. Klas-
se, also die Arbeiterkarten am meisten
betroffen wurden, so was sollte man kaum
für möglich halten. Und dabei ohne jede
Rücksicht auf das Einkommen. Was hat
sich die Eisenbahnverwaltung eigentlich
gedacht? Hat sie gedacht sie müßte
schnell noch andern zuvorkommen die
ebenfalls Erhöhungspläne haben? Man
hört schon seit Wochen, daß auch die
Miete wieder höher werden soll.
Auf alle Fälle, hier ist wieder einmal
von oben herab falsch gehandelt wor-
den. Es hat sich ja schon herumgeSpro-
chen daß am Tage der Erhöhung der
Tarife viele Arbeiter das Geld nicht bei
sich hatten um den Mehrpreis zu bezah-
len und so eine Schicht verloren oder sich
extra eine gewöhnliche Karte kaufen muß-
ten und am Tage später wieder extra eine
Wochenkarte zu dem neuen Preis.
Wer zahlt den Arbeitern den Schaden?
Soll auch hier wieder die breite Masse
die Lasten tragen?
Die geschädigten Arbeiter haben das
Vertrauen, daß die Gewerkschaft sich
energisch der Sache annimmt.
In der Frage sind die Gewerkschafts-
vertreter sofort beim Arbeitsminister vor-
stellig geworden, und auf Grund der Ini-
tiative des Arbeitsministers wurde dann
über den Landesstock sehr bald eine Re-
gelung gefunden, die, wie das Arbeits-
ministerium mitteilt, eine gewisse Erstat-
tung des Lohnausfalls vorsieht. Die Ein-
zelheiten wurden inzwischen durch Ta-
gespresse und Rundfunk bekanntgegeben.
Wesentlich ist, daß die Anforderung des
Erstattungsbetrages über den Arbeitgeber
innerhalb von vier Wochen nach Veröf-
fentlichung der Verordnung im Amtsblatt
vorzunehmen iet.
*
Zum Kapitel Zentralisation oder Dezentralisa-
tion der Sozialversicherung möchte ich anhand
eines besonderen Falles schildern, wie be-
rechtigt die Forderunge der Einheitsgewerk-
schaft auf Zentralisation der Soziat-Versicherung
ist:
>
Als kurz vor Weinnacnien die L. V. A. die ein-
malige Sonderzulage an die Rentner und Witwen
auszahlte, kam eine über 80 Jahre alte Frau
zu mir "und trug. wo sie die 700.— Frs. herkriegen
sollte, sie sei auf dem Postamt gewesen, dort
sei ihr gesagt worden, daß für sie nichts da sei.
Auf meine Frage, ob sie die Witwenrente von
der L. V. A. beziehe, konnte sie mir keine Ant-
wort geben. Ich stellte dann fest, daß sie. da
ihr Mann bei Gebr. Lüttgens in Burbach beschäf-^
tigt war, schon im Jahre 1908 tödlich verun-
glückte. nur die Unfallrente bezog. Da aber die
Unfallversicherung die Sonderzulage nicht aus-
zahlte. konnte die Witwe die Sonderzulage nir-
gends erhalten. Als ich im Jahre 1945 nach
lOjähriger Unterbrechung während des 1000-
jährigen Reiches, wieder zum Knappschaftsäties-
ten ernannt wurde, stellte ich bei der Renten-
zahlung, die wir als Aelteste tätigten, fest, daß
in meinem Sprengel noch 4 alte Witwen waren,
die nur die Knappschaftsrente bezogen, weil
ihre Männer vor 1912 verstorben waren. Die Voll-
rente wurde diesen 4 Witwen auf meinen Antrag
gewährt. Auf Grund dessen stellte ich v. Monat
für diese Witwe auch den Antrag an die L. V.A.
auf Gewährung der Witwenrente aus der Inv.-
Versicherung. weil ich der Auffassung war, daß
der Absatz des Art. 71 das Einf. Gesetz zur
r. v. O. für alle aufgehoben sei. Inzwischen hatte
ich aber festgestellt, daß der Abs. 1, Art. 71
R. V. O.. nur für die Angehörigen der in knapp-
scliaftlichen Betrieben Versicherten aufgehoben
ist und daß nur diesen die Witwenrente gewährt
werde, auch wenn deren Ehemann vor dem
1. 1. 1912 verstorben ist. Die L. V. A. hat nun auch
der Witwe mitgeteilt, daß sie nach Art. 71. Abs. 1
des Einf. Ges. zur R. V.. O. keinen Anspruch auf
Gewährung der Witwenrente hat, weil ihr Mann
schon 1908 verstorben ist. Die Witwe hat also,
trotzdem sie die Unfallrente bezieht, keinen An-
spruch auf die Sonderzulage und was noch
schlimmer ist, keinen Anspruch auf die freie
ärztl. Behandlungen. Dies alles, weil ihr Ehe-
mann nicht in einem knappscbaftlichen Betrieb
beschäftigt war.
Derselbe Fall ist mir jetzt von einer Witwe
bekannt geworden, deren Mann bei den Röch-
ling’schen Eisen- und Stahlwerke beschäftigt
war. Für die ärztliche Versorgung werden dann
die Kinder herangezogen, die aber meistens
nicht in der Lage sind, die Kosten zu tragen,
dann muß das Fürsorgeamt die Kosten über-
nehmen.
Wie man bei dieser Sachlage noch für eine
Dezentralisierung der Sozialversicherung eintre-
ten kann, ist mir unverständlich.
Im Interesse der sozialen Gerechtigkeit und
auch der Menschlichkeit halte ich es für an-
gebracht. diese ungeheuere Härte endlich und
sofort zu beseitigen, zumal nach fast 40 Jahren
nur noch wenige dieser Witwen am Leben sind.
So daß die Aufhebung des Abs. 1, Art. 71 der
-RVO für den Versicherungsträger tragbar sein
muß.
Ich bitte nun die Einheitsgewerkschaft, daß sie
sich bei dem Herrn Minister für Arbeit und Wohl-
fahrt dafür etnestzt. daß die liier geschilderte
unbillige Härte beseitigt wird und diesen armen
Witwen ihre schwerste Sorge genommen wird.
Mit „Giüok-Aui“
E. B,
ORGAN DER E
üüHiMim«»
ER ARBEITER, ANGESTELLTEN UND DER RITEN
4. Jahrgang
Saarbrücken, 15. Februar 1950
Nr. 4
Neue Etappe in der Lohnpolitik
In Erwartung der freien Kollektivverträge - Lohnunterschiede zwischen Frankreich und der Saar - Die bisherige
Preisgestaltung - Notwendige Schlußfolgerungen für Arbeiter, Angestellte und Beamte
Durch den Erlaß des Gesetzes über Kollektivverträge in Frankreich wird ei-
ner seit Jahren von den Gewerkschaften erhobenen Forderung Rechnung ge-
tragen, Auch hier an der Saar muß entsprechend der Forderung der Einheitsge-
werkschaft — neben der Verabschiedung eines fortschrittlichen Betriebsrätege-
setzes — alsbald das Tarifvertragsgesetz, um zu einer neuen Lohnregelung zu
kommen, erlassen werden. Mit dem Erlaß des Gesetzes über Kollektivverträge
in Frankreich wird der vom Staat gelenkten Lohnpolitik ein Ende gemacht.
Die französischen Gewerkschaften haben nun wieder das Recht mit den Ar-
beitgebern bzw. den Arbeitgeberverbänden neue Tarifverträge abzuschließen, die
Löhne und Gehälter den Preisen anzupassen bzw. die z. Zt. bestehende Spanne
zwischen Löhnen und Preisen zu beseitigen, Daß die Beseitigung dieser Spanne
zwischen Löhnen und Preisen, die durch die Preissteigerung im letzten halben
Jahr noch vergrößert wurde, schnellstens durch Aufbesserung der Löhne und
Gehälter erfolgen muß, steht außerhalb jeder Diskussion,
Die Treiber am Pranger
Das Organ des saarländischen Hand-
werks „Der Sa'arhandwerker“, hat in sei-
ner Nr. 2, vom 31. Januar 1950 einen Ar-
ti :el des Geschäftsführers der Arbeits-
gemeinschaft des saarländischen Hand-
werkers e. V., Herrn E. Treib, veröffent-
licht unter dem Titel „Um die Berufs-
ausbildung !“
Das Jugendsekretariat der Einheitsge-
werkschaft bedauert, daß in diesem Ar-
tikel eine Stellungnahme zu dem Pro-
blem der Berufsausbildung eingenommen
wurde, die wir unter keinen Umständen
unbeantwortet hinnehmen können.
Es soll dabei nochmals a usdrücklich
betont werden — wie schon wiederholt
im Rundfunk, in der Presse und frei Ver-
sammlungen —, daß für das Jugendsekre-
tariat der Einheitsgewerkschaft nichts er-
freulicher wäre als in die Lage versetzt
zu sein, endlich auch zu dem saarländi-
schen Handwerk in ein gedeihliches Ver-
hä tnis zu kommen.
Wir ersparen es uns deshalb, nochmals
au' bereits dargelegten Ausführungen und
Grundsätze gegenüber dem saarländi-
schen Handwerk einzugehen.
So geht es nicht, Herr Treib!
Zunächst mochte ich auf die Ausfüh-
ru’gen des Geschäftsführers der Arbeits-
gemeinschaft des saarländischen Hand-
werks e. V. Herrn Treib, bezüglich des
Berufsausbildungsgesetzes eingehen.
Herr Treib schreibt nach einem gewis-
sen Loblied auf die „jahrelange Erfah-
rung des Handwerks“, daß das Hand-
werk „mit der Gewerbeordnung als Fun-
dament seiner Berufsausbildung sehr zu-
frieden sein kann. Ein bestehendes Be-
dürfnis nach gesetzlicher Neuregelung
des Beruc ausbildungswesens kann des-
halb für den Wirtschaftssektor des Hand-
werks durchaus nicht anerkannt werden.“
Weiter schreibt Herr Treib, — und da-
mit hgt ec wohl das getan, was er an
der amflT^en Anordnung der Regierung
über die Erziehungsbeihilfen als „Pferde-
füße“ glaubt bezeichnen zu müssen —:
„Oder sollte — ähnlich wie bei einem
gewissen Entwurf zum Betriebsrätegesetz
— Sinn und Wert eines neuen Berufsaus-
bi dungsgesetzes schon darin liegen, daß
neuen den bereits bestehenden Gesellen»
ausschüssen künftig Funktionäre der Ge-
werkschahen mitzubestimmen hätten?“
Es liegt also alles auf einer Linie!
Das saarländische Handwerk ist hof-
fentlich nicht in seiner Mehrheit der Auf-
fausung, daß es in unserem Zeitalter ohne
die Gewerkschaften auskommen kann.
Jedenfalls wissen wir, daß es auch zahl-
reiche Handwerker gibt, die heute aus
eigenstem Interesse und mit besten Er-
io gen sich der Hilfe und Zusammenar-
beit mit den Gewerkschaften bedient ha-
ben.
Diese Handwerker haben eben den
„Lauf der Zeiten“ doch besser verstan-
den als diejenigen, auf die eine Gewerk-
schaft schon bei der bloßen Namensnen-
nung wirkt wie ein rotes Tuch.
Ja, wir fordern das Mitbestimmungs-
rech4 der Gewerkschaften auch in der
Frage der Berufsausbildung im Hand-
werk!
Und niemand wird uns dazu treiben
können, auch nur eine Sekunde Jang von
die er be echtigten Forderung abzugehen.
Uns genügt das noch lange nicht, was
gerade im Handwerk für diese Frage bis-
her getan wurde.
Freilich erkennen wir den Unterschied
der industriellen und der handwerklichen
-Facharbeiterausbildung bis zu einem ge-
wissen Grade an.
Wir haben aber — und das sei hier ein-
mal ganz offen gesagt — absolut keine
Veranlassung, etwa die industrielle Fach-
arbeiterausbildung tiefer einzuschätzen
als die Ausbildung in einem patriarcha-
lisch geleiteten Handwerksbetrieb.
Der immer wiederkehrenden Behaup-
tung, die Ausbildung in einem Hand-
werksbetrieb sei persönlicher und daher
auch gründlicher, setzen wir die Erfah-
gen gegenüber, die wir leider gerade nach
dem Kriege mit zahllosen unqualifizier-
ten Handwerksbetrieben gemacht haben.
Es kommt u. E. jedoch nicht von unge-
fähr, wenn man zur Frage des Berufsaus-
bildungsgesetzes bereits in dieser Form
Stellung nimmt, obwohl bis zur Stunde
der Entwurf vonseiten der Einheitsgewerk-
schaft an den betreffenden Stellen noch
garnicht vorgelegt wurde.
Als Gewerkschaft behandeln wir das
gesamte Problem eines solchen Geset-
zes so ernsthaft und verantwortungsbe-
wußt, daß wir erst dann mit unserem Ent-
wurf an die Oeffentlichkeit treten, wenn
alles reiflich überleat und abgewogen
ist- (Fortsetzung Seite 2)
Kaum daß das Gesetz über die Kol-
lektivverträge in Frankreich erlassen
Wurde, werden hier an der Saar aus be-
stimmten Kreisen schon Stimmen laut,
$ie befürchten, daß ein allgemeines An-
steigen der Löhne zur Preiserhöhung und
Arbeitslosigkeit führen müßte, Fi-an un-
ternimmt wieder den Versuch, die Ge-
werkschaften für ein« kommende Preis-
steigerung durch ihre Forderungen auf
Lohn- und Gehaltserhöhung dafür ver-
antwortlich machen zu wollen. Dieses
Unternehme rargument ist nichts Neues.
Es ist schon so alt, wie die Arbeiterschaft
gezwungen ist, den Kampf um hö-
here Löhne zu führen, damit sie leben
kann. Die Praxis sieht in Wirklichkeit et-
was andere aus, als die Unternehmer es
yersuchen, den Arbeitern hinzustellen,
Tatsache ist, und dies trifft insbesondere-
vom Jahre 1945 bis heute zu, daß die
Preise anstiegen, ohne daß Lohnerhöhun-
gen vorausgingen. Im Gegenteil, die Ar-
beiter s^iaftwurdeaufGrund der Preis-
steigerungen gezüngen, Lohnforderungen;
zu stellen. Trotz der niedrigen Löhne stie-
gen die Preise um das vielfache vom
Jahre 1938 bis zum Jahre 1949. So stiegen
die Preise um das 20fache, die Löhne
und Gehälter nur um das lOfache.
Noch drastischer kommt dieser Lohn-
ujiterschied zwischen den saarländischen
dnd den Pariser Metallarbeitern bei den
O. S. 1 Spezialarbeiter 120 4L—
0. S. 2 Spezialarbeiter 125 43,90
O. P. 1 Handwerker 148 50,90
O. P. 1 aut. Werkzeug- schlosser 148 53,40
O. P. 2 Handwerker 161 55,60
O. P. 2 aut. Werkzeug- schlosser 174 62.—
O. P. 3 Spezialhandwerker 191 68.—
Nachdem die Preise um das 20fache
und die Löhne nur um das lOfache stie-
gen, ist die Kaufkraft der Löhne und Ge-
hälter gegenüber dem Jahre 1938 um 50
Prozent gesunken. Entsprechend der Un-
ternehmertheorie müßten also auch die
Preise um 50 Prozent gesunken sein. Wir
stellen aber fest, daß dem nicht so ist.
Somit stellt sich die Frage wohin wan-
dert der Differenzbetrag der sich aus der
Lohnsenkung von 1938 bis heute ergab
und ergibt? Diese Frage zu beantworten,
dürfte nicht schwer sein. Schauen-wir uns
die Verlust- u id Gewinnrechnungen, cke
Bilanzen der Großunternehme’-, der kar-i-
talischen Monopol- und Trust-Herren ah,
Wenn man noch berücksichtigt, daß in
vielen Industriezweigen eine Leistungs-
steigerung bis zu 20 Prozent und mehr
gegenüber dem Jahre 1938 zu verzeich-
nen ist, so sind die Löhne und Gehälter
in ihrer Kaufkraft um mehr als die Hälfte
gesunken. Würden die Preise tatsächlich
allein durch die Löhne und Gehälter be-
stimmt, müßte man an der Saar billiger
kaufen können als‘in Paris, da die Löhne
in Paris bedeutend, höher liegen, (selbst
unter Berücksichtigung des 5prozentigen
Lohnzonenabschlags). Die Preise in Pa-
ris und Saarbrücken halten sich aber die
Waage. Dieses ist von den Löhnen und
Gehältern nicht zu sagen. In Paris ver-
dient z. B. ein Schlosser pro Stunde
101,30 Frs„ an der Saar im Produktions-
betrieb pro Std. 82,86 Frs., ein Elektri-
ker in Paris pro Std. 99,25 Frs., an der
Saar im Produktionsbetrieb pro Std. 82,00
Frs. im Tariflohn nur 76.— Frs. Die Zif-
fern in der unten angeführten Tabelle, die
von der Unternehmerorgänisatiorvm dem
offiziellen Organ der Confedöraiion. du
Patronat francais „L.Usine Nouvelle“ vom
12. 1. 1950 veröffentlicht wurde, entnom-
men sind, zeigen die Differenz zwischen
den Löhnen an der Saar und der Parisei
Region.
offiziellen Löhnen der Arbeiter bei den
Renault-Werken zum Ausdruck, wie nach-
folgende Tabelle zeigt.
52,06 12,80 17.— 81,86
56,17 14,59 17.— 87,76
56,17 15,36 17.— 88,53
60,14 16 — 17.— 93,14
69,73 18,94 17.— 105,67
73,15 18,94 17,— u. 2 111.09
76,17 20,60 17.— 113,77
84,94 22,27 17 — u. 4 128,21
93,16 24,44 17 — u. 4 138,60
so stellen wir fest, daß diese Herren noch
nie solche hohen Gewinne eingesteckt
haben wie heute. Die Arbeiterschaft an
der Saar wird auf solche plumpen Un-
ternehmermachenschaften: „wie Lohner-
höhungen bedeuten Preissteigerungen“
nicht hereinfallen. Sie werden sich da-
durch von ihrem berechtigten Kampf um
ausreichende Löhne nicht abhalten las-
sen. Sie wissen zu genau, daß jede er-
kämpfte Lohnerhöhung eine Schmälerung
des Unternehmergewinns bedeutet. D e
Saarland. Arbeitnehmerschaft ist nicht
länger gewillt, diese Löhne, die für r ie
me’isten zum Leben kaum ausreichen, hin-
zunehmen. Sie weiß auch, daß sie ihre
Lebenslage nur durch den einheitlichen
und geschlossenen Kampf verbessern
kann. Sie fordert deshalb von der Reaie-
rung, daß neben dem Erlaß des Betriebs-
rätegesetzes, wie es in dem Eniwurf der
Einheitsgewerkschaft gefordert wird, un-
verzüglich auch das Tarifvertragsgesetz
erlassen wird, um mit der ungerechten
Lohngestaltung auch hier an der Saar
Schluß zu machen. Durch den gemeinsa-
men Kampf aller Arbeiter, Angestellten
ünd Beamten, durch die Schaffung einer
starken und kampffähigen Gewerk-
schaftsorganisation werden wir auch hier
an der Saar den berechtigten Forderun-
gen der Arbeiter, Angestellten und. Be-
amten auf Lohn- und Gehaltserhöhung so-
wie einer fortschrittlichen Arbeitsgesetz-
gebung in der das volle Mitbestimmungs-
recht der Gewerkschaften und Betriebs-
räte garantiert wird, zum Durchbruch ver-
helfen. Paul öbermeisr
*
Das im Zusammenhang mit einer neuen
Lohnregelung von Arbeitgeberseite häu-
fig vorgebrachte Thema der Kapitalbil-
dung wird von der Gewerkschaft genau
unter die Lupe genommen. Wir sind ja
auch bisher an diesem Problem nicht
blind vorübergegangen. Bei den bevor-
stehenden Auseinandersetzungen um neue
Tarifverträge wird die Einheitsgewerk-
schaft mit aller Klarheit auch andere Prin-
zipien energisch vertreten, die sie seit
geraumer Zeit in Erwartung einer end-
lichen Aufhebung des Lohnstops in zahl-
reichen Versammlungen und Entschließun-
gen öffentlich kundgetan hat. Bei der Be-
handlung des Kernproblems, der neuen
Lohnregelung, wird die Gewerkschaft auf
dem Posten sein. Sie wird mit Verant-
wortungsbewußtsein und unter Beachtung
wirtschaftspolitischer Notwendigkeiten
handeln und gerade daher entschlossen
sich von den Interessen der Arbeitnehmer
und damit auch der Gesamtheit leiten
lassen.
Die Neuregelung wird auch zu einer
übersichtlicheren Lohn- und Gehaltser-
rechnung führen müssen. (Siehe den dies-
bezüglichen Artikel auf der Seite: „Die
Stimme der Verbände).
Schon die nächste Zeit wird zeigen, ob
die Entwicklung zu einer gerechten Lohn-
politik ernste Konflikte in sich birgt oder
ob mit dem Verstäi&digungswillen das
Ziel zu erreichen sein wird.
Die Lage im USA-Beigarbeiterstreik
USA. Die 400 000 Bergarbeiter setzten unter der
Parole: Solange kein Vertrag — keine Arbeit!
den Streik fort. Die Forderungen beziehen sich
auf einen neuen Vertarg. der auf eine Lohner-
höhung von 1405 auf 15 Dollar pro Schicht und
auf eine Erhöhung des Wohlfahrtsfonds ab-
zielt, aus dem die Pensionen gezahlt werden,
Truman glaubte, jetzt die Taft-Harley-Bill an-
wenden zu nfcssen, die den nationalen Not-
stand erklärt. Die Reaktion auf die Grubenar-
beiter ist noch nicht genau zu übersehen und
man weiß noch nicht ob es zu einer Arbeits-
aufnahme kommt, bevor nicht seitens der Gru-
benbesitzer bestimmte Zusagen vorliegen.
j4m& dem Inhalt:
Die Stimme der Verbände
I>er junge Gewerkschaftler
Die Beschcrftigungslctge an dar Saar
Die Vorgänge bei der Kravag
Konzentration der Kräfte
Zum Betriebsrätegaseiz
Gewerkschaft und Arbsitsrechl
Post aus dam Ausland
Gewerkschaftskongreß in Rom
Die Theatergeme nde teilt mit
Briefkasten
Das Problem Sch'ene - Straße
iitiiii,iiiitiiinii;!i:':iimiii;n;ii!':ijitniiiiiminimmiimm!iimmiuiiiHiiiiiiimiiiimm
Stunden- lohn Akkord- lohn Durchschn.- lohn Pariser Lohn wen. 5 Proz. Zonen- abschlag
Gießerei: Former 104,15 122,34 116,88 110,15
Const. Mecan.: Schlosser 101,31 141,69 109,09 103,55
Const. Eleat: Elektriker 99,25 110,20 106,26 110,90
Const. Metall: Monteur 95.— 103,10 110,67 95,60
Autos: Blechschmied 104,93 114,77 111,92 106,30
Kesselschmiede 111,40 121,25 116,82 Ul,05
(In den vorstehenden Lohnsätzen sind die Ueberstundenzuschl. nicht eingerechnet).
Löhne der Renault-Arbeiter von Paris vom Monat November 1949
Lohn Koeffizient Gesetzl. Grundlohn Produk- Gesetzl. Effektiver
Kategorie tions- lohn Prämie Teuerungs- zulage Stunden- lohn
Tagelöhner 1
Tagelöhner 2
100
114
38.-
41.-
(Zu diesen Lohnsätzen kommt noch eine Essenzulage von 50.— Frs. pro Tag, eine
Fahrtzulage von 500.— Frs. pro Monat, sowie die Ueberstundenzuschläge);
Seite 2
DIE ARBEIT**
Februar 1950
m uüiiiiiimiiimmimiiimiiiiuiimiiiimiiumiiiiiiiiitiitiitiuuiimiiHiiniiiiiiii
Der Verzicht auf den Spatz in der
Hand
kann den Gewinn der Taube auf dem
Dach erbringen. S.
uim iiuiiiiiijiiiiHimirtWiiiiiitiHiHimmiiiiiimpmiuiiiiramHHRiiiiminitiimiu
KreisweiHewettkampi Saariouis
1130 Neuaufnahmen
Als vor einigen Monaten der Werbe-
Wettkampf im Kreis Saarlouis von der
Kreisverwaltung der Einheitsgewerkschaft
angesagt wurde, war nicht vorauszuse-
hsn, daß schon in so kurzer Zeit die tau-
sendste Neuaufnahme getätigt werden
konnte. Am 31. Januar 1950 wurde der
Kreiswevbewettkampf in Saarlouis abge-
sch’ossen und das Ziel von 1000 Neuauf-
nahmen wurde um 130 überschritten. Wie
wir erfahren, soll in einigen Monaten eine
zweite Aktion gestartet werden, d;e
weitere Mitglieder aus dem Kreise Saar-
louis gewinnen soll.
Jbcietkastm
(Die Redaktion erteilt n üewerkscüattdüjuuliedern
an dieser Stelle oder schriftlich auf schriftliche An-
fragen kostenlos Auskunft.)
Kr. M. Das Fürstentum Lichtenstein ist in
Größe und Struktur mit dem Saarland nicht zu
vergleichen. Die Erwerbszweige sind dort Acker
bau, Viehzucht, und Webwaren. Der Landtag
zählt 15 Mitglieder. Seit 1920 hat das Gebiet
Schweizer Währung und Post. Es ist 159 qkm
groß und zählt nur 12 000 Einwohner.
P. ö. Das engl. Unterhaus, für das jetzt Neu-
wahlen stattfinden, zählte bisher 625 Abgeord-
nete. Von den zwei führenden Parteien zählte
die Arbeiterpartei 393 Abgeordnete, die Konser-
vativen 193. Das engl. Wahlsystem kennt nur
die einfache Mehrheit. Derjenige Kandidat gilt
als gewählt, der die höchste Stimmenzahl auf
sich vereinigt. Bei der letzten Wahl hatte Labour
insgesamt 11,9 Mill. Stimmen, die Konservativen
9' Millionen.
Z. R. G- Die letzte Pariser Weltausstellung war
1937. Kürzlich wurde beschlossen, wieder eine
Weltausstellung, und zwar wieder in Paris ab-
zuhalten. Für die Abhaltung ist das Jahr 1957
vorgesehen.
Rscheid. Die Zeitung „Die Arbeit“ erscheint
alle 14 Tage. Sollte das Blatt einmal ausblei-
ben. so richten Sie eine Reklamation an uns
direkt Das Blatt kann auch von Außenstehen-
den bestellt werden, und zwar bei der Hauptver-
waltung der Einheitsgewerkschaft Saarbrücken,
Brauerstraße. Zahlung vierteljährlich. Eine Num-
mer kostet 8 Frs. Dazu kommen für jede Num-
mer 60 Cts. für Porto.
GiebeL Sie können bei der Aufsichtsbehörde
(Kreisbauamt oder unmittelbar bei der Regie-
rung) eine Beschwerde einreichen mit der For-
derung nach Entfernung bezw. Rückversetzung
des Schuppens bis zu 1,90 m von Ihrer Grenze,
Zum Schluß käme noch eine Privatklage auf
Rückversetzung bezw. Entfernung in Betracht.
Beiträge. Die Mitgliedsbeiträge zahlen Sie am
besten durch Postüberweisung an die Hauptver-
waltung der EG., Saarbrücken, Brauerstr.
Konzentration der Kräfte
Klaier Kurs - Rege Aktivität
Die im Jahresprogramm für 1950 nach bestimmten Richtlinien beschlossene
gewerkschaftliche Aktivität nimmt unentwegt ihren Fortgang. Soweit sie äußer-
lich in Erscheinung tritt, nahm sie ihren Ausgang mit der Großkundgebung i.i
Homburg, die alle Erwartungen übertraf. Inzwischen wurden weitere Kundgebun-
gen abgehalten, die den klaren Kurs der Einheitsgewerkschaft darlegten. Die
Stimmung, die sich bei den verschiedenen Veranstaltungen zeigte, ist eine starke
Ermutigung dafür, auf dem eingeschlagegen Weg unbeirrt weiter zu gehen. Das
weiteren ergibt sich daraus ein Maß stab für den Umfang der Kräfte, die dia
Gewerkschaft für letzte entscheidende Aktionen konzentrieren kann. Frei von
jeder Illusion läßt sich feststellen, daß der Geist, der die meisten Gewerkschaft-
ler beseelt, die Entschlossenheit bekundet, den bisher erzielten Erfolgen trotz
heftiger Widerstände neue hinzuzufügen.
In den Rahmen dieser Aktivität gehört
auch die Kundgebung, die die Einheits-
gewerkschaft vor kurzem in Merzig im
Trierischen Hof anberaumt hatte. Sie wur-
de zu einer nachhaltigen Demonstration,
die jedem Anwesenden die Bedeutung des
harten Kampfes um das Mitbestimmungs-
iecht und nicht zuletzt den Weg zur Er-
ringung eines menschenwürdigen Lebens-
standards aufzeigte.
Der Versammlungsleiter, Kollege Leinen,
begrüßte die zahlreich erschienenen Mit-
glieder und Gäste und stellte mit seinen
einleitenden informatorischen Ausfüh-
rungen die Forderungen des schaffenden
Menschen in den Vordergrund.
Koll. Richard Rauch (MdL) überzeugte
während seines Referates die Anwesen-
den anhand einer Füll« von Argumenten,
Tatsachen und Erfahnrngsnach weisen
über die derzeitige soziale und wirtschaft-
liche Lage der Schaffenden im Saarland.
Sie seien es gewesen, die mit ihrer Hände
Arbeit die ärgste Not linderten, de sich
restlos in den Dienst des Wiederaufbaues
stellten. Lobhudeleien in Reden- und Presse
sei der einzige Dank, die man denen zoll-
te, ohne die der Wiederaubau unserer
heimischen Industrie in der kurzen Zeit
nicht möglich gewesen-, wäre. Steigende
Arbeitsleistung wurde auf breitester Linie
durch das Unternehmertum gefordert und
der Arbeiter tat sein möglichstes. Die
Preise stiegen, doch der Lohn des Arbeit-
nehmers sei bis heute der gleiche ge-
blieben. So brachte Rauch zum Ausdruck,
daß die Verhandlungen in Paris dazu bei-
tragen mögen, daß in dieser Frage auch
ein Ausgleich geschaffen werden könne,
zumindest müsse die Gleichstellung mit
dem französ. Arbeiter erfolgen. Bezüg-
lich der Frauen- und Kinde rzuLage beachte
der Redner seine persönliche Meinung
zum Ausdruck, die dahingeht, daß das
Frauen- und Kindergeld nicht erhöht, son-
dern auf breitester Linie als Lohnerhöhung
allen Arbeitnehmern gewährt werden sol-
le. Zum BetrLebsrätegesetz Stellung neh-
mend erklärte der Sprecher, daß der Ar-
beiter, Angestellte und Beamte, in diesem
Falle, eine klare Linie e nnehman und alles
em&etzen müsse, daß das fortschrittliche
Gesetz zum Schutze des Schaffenden und
seiner Existenz baldigst verabschiedet
werden könne. Nachdem Rauch zur stän-
digen Preiskontrolle gesprochen und d:e
Mißstände herausgasiellt hatte, kam er auf
den weiteren Ausbau der Sozialversiche-
rung zu sprechen. Auch hier läge noch
manches im Argen. Er erinnerte z. B. an
die Pensionäre und Witwen mit kleinem
Einkommen, die sich um ihren Zahnersatz
Sorgen machen müßten, den sie in vielen
Fällen dringend zur Aufrechterhaltung der
Gesundheit benötigten, viel Geld kostet
und sie aus der Sozialversicherung kei-
nen Franken erhalten könnten. (Der
Merziger Kreisrat hat, obwohl es nicht
seine Aufgabe ist, im Haushaltsjahr 1950
rd. 300 000.— ffrs. für diese Fälle zur Aus-
zahlung an Minderbemittelte bereitge-
stellt Anm. d. Red.)
Im Verlauf einer freien Diskussion wur-
de von Kollege Wambach mit besonderem
Nachdruck die Bedeutung des Betriebs-
rätegesetzes herausgestrichen. Die Aus-
führungen des Sprechers gingen dahin,
daß die Einheitsgewerkschaft keine Mittel
scheuen dürfe, um diese berechtigte For-
derung durchzusetzen. Er verlangte von
allen schaffenden Menschen des Kreises,
daß sie sich demonstrativ einsetzen,
Wambach forderte eine 24-stündige Ar-
beitsruhe für den Tag, an dem das Be-
triebsrätegesetz verabschiedet werden soll
um auf der einen Seite den Abgeordneten
des saarl. Landtages die Bedeutung ihrer
Entscheidung ins Gedächtnis zu rufen und
aut der anderen Seite der Arbeiterschaft
die Möglichkeit zu geben, für ihre Forde-
rung nach absoluter Mitbestimmung, wenn
nötig, vor dem Landtag zu demonstrieren.
Diese Forderung fand einstimmige An-
nahme. Zu der bevorstehenden Verab-
schiedung dieses Gesetzes im Landtag
des Saarkindes verwies Kollege Heins
aui die außerordentliche Verantwortung
der Abgeordneten und aui deren Ver-
pflichtung gegenüber ihren Wählern, den
Arbeitern. Angestellten und Beamten!'
—Wb—
..Welt der Arbeit“. Die Vertreter von fünf Mill.
Mitgliedern des Deutschen Gewerkschaftsbundes
hatten auf dem Gründungskongreß in München
den Beschluß gefaßt, eine große Wochenzei .ung
herauszugeben. Jetzt sind die ersten Wochen-
Nummern dieser Zeitung, die in Köln gedruckt
wird, erschienen. Das umfangreiche stark
größten Blättern messen. Der große FoiUv.'L. ,
den die „Welt der Arbeit“ für die gs-cerkr ■ .1, ;• •
liehe Entwicklung bedeutet, läßt sich vor allem
daran ermessen, wenn man berücksichtigt, daß
die Gewerkschaftsbewegung im Jahre 1945 mit
ihren Presseorganen und sonstigem Schrifttum
wieder ganz vorne anfangen mußte. Da die Zei-
tung nicht kostenlos an eine bestimmte Bezieher-
schalt abgegeben, sondern an die Gewerkschaft-
ler verkauft wird, ist die genaue Auflageziffer
noch nicht bekannt, aber sie beträgt bestimmt
viele Hunderttausende. In der ersten Ausgabe er-
schienen u. a, Begrüßungs- und Glückwunsch-
adressen des Bundespräsidenten Heuß, des
Bundesministers für Arbeit, Anton Storch, und
des Präsidenten der Einheitsgewerkschaft, Heinr,
Wacker. Mögen die vielen Glückwünsche, denen
wir auch die unsem und die aller Einheitsge-
werkschaftler hinzufügen, sich erfüllen.
Achtung - Grenzgänger!
Das Arbeitsm.nisterium fallt mit, daß
die Gültigkeit der Grenzgänqerkarfen mit
Ende Februar abläuff. Bis spätestens 25
Februar müssen die Grenzgänger den zu-
ständigen Arbeitsämtern die Gienzgäa-
gerkarten vorlegen, damit sie dort mit
einer Verlängerunaskarte versehen wer-
den.
Die Arbeitsmarktlage
E)er Arbeitsmarkbanzeiger vom 7. 2. 5Q
enthält u. a. folgende offene Stellten, für
die bei den saarl, Arbeitsämtern kerne
geeigneten Bewerber gemeldet sind:
Im Bezirk Saarbrücken einen Architekten,
Heizungsmgenieur, Gipser, Dreher, meh-
rere Baufacharbeiter, Plattenleger; im
Bezirk Sulzbach: Schreiner, Zimmerer
Maurer; Völklir en: Bauklempner, Metail-
dreher, Uhrmacher, Stenotypistin mit frz.
Sprachkenntnisssn; in Heusweiler: Schrei-
ner und Drechsler; in Neunkirchen": Sattler,
Konditormeister; in St. Wendel: Stein-
hauer Und Schneidermeister; in Ottweilen
Zimmerer und Drechsler; in Saarlouis:
Zimmerer, Backsteinmaurer, Werkzeug-
dreher, Polsterer, Korrespondentinnen für
Französisch und Englisch; in St. Ingbert:
Schreiner, Köchin, Monteure; in Homburg:
Dreher,Werkzeugmacher, Modellschrainer;
in Blieskastel: Elektroschweißer, Schrei-
ner, Lackierer, Zimmerer; in Wadern:
Schieiner, Gärtner, Gießerei-Ingenieur,
Haushälterin für Gutshaushalt.
Gleichzeitig suchen Stellen über das Ar-
beitsamt Saarbrücken vor allem Buchhal-
ter, Kaufleute, Schlosser. Bankangestellte;
in Neunkirchen ebenfalls Kaufleute und
Buchhalter, desgleichen beim Arbeitsamt
Saarlouis und bei den übrigen Arbeits-
ämtern.
Der Arbeitsmarktanzeiger vom 13. 2. 1950
meldet u. a. folgende offene Stellen: im Arbeits-
amtsbezirk Saarbrücken: mehrere Maurer, Be-
tonfacharbeiter, Eisenflechter, Zimmerer und Ein-
schaler, 1 Kunstschmied zum Anfertigen von
Kunstgegenständen. 3 Bohrwerksdreher 4 Karos-
serie-Klempner. 1 Goldschmied, 5 Steinhauer,
mehrere Bau-, Möbel-, Bank- und Maschinen-
schreiner (25-50 Jahre alt). 2 Konditoren evtl.
Backstubenleüer, 5 Spitzendreher; Arbeitsamts-
nebenstelle Sulzbach: 10 Zimmerer und 5 &e'<on-
arbeiler; Arbei-samtsnebenstelle Völklingen: 3
Metalldreher (30-40 Jahre alt), mehrere Maurer
und Eisenflechter; im Arbeitsamtsbezirk Neun-
kirchen: 1 led. Sattler und Polsterer für meister-
losen Betrieb über 40 Jahre alt, 1 Konditormeister;
im Amtsbezirk Saarlouis: mehrere Zimmerer, t
Orthopädiemechaniker. 2 perfekte Elektroschwei-
ßer, 1 Zahntechniker, 1 Korrespondentin mit
Kenntnissen der französischen und englischen
Sprache in Wort und Schrift, 5 Polierer und
Schleifer aus der Schneidwcrrenindustrie für Be-
stsekfabrik; Arbeifsamtsaußenstelle BlteHcastel t
1 Metzger, 1 Hammerschmied, 1 Drogist mit Farh-
kenntnissen, 1 Maschinenzwicker, 2 Bau- und
Möbelschreiner.
I. R. O Internationaler Suchdienst. Arlsen bet
Kassel, sucht:
Duteitre Rene Jaques. Franzose, geb, 18. 12. 26
in Nancy, wurde am 20. 1. 43 nach Deutschland
deportiert, letzte Nachricht vom 12. 4. 44 aus
Saarbücke n;
Przybylski Stanislaw, Pole, geh. 13. 5. 04 in
Berlin, letzte Nachricht aus dem Gefängnis in
Metz;
Desert Roger Jacques Henri, Franzose, geb. 30.
12. 20 in Mont-St-Aignan. war 1943 in Königs-
winter, letzte Nachricht 1944 aus Siersdorf;
Oie Treiber am Pranger
(Fortsetzung)
Wir haben in allen Berufssparten, die
Fachkräfte, die zumindest aus der lang-
jährigen Praxis ihrer Berufstätigkeit das-
selbe Verständnis und dieselbe Urteils-
fähigkeit haben wie manche Artikal-
schreiber in dem Organ „Der Saarhand-
werker.“
Sicherlich ist man sich dieser Tatsache
auch bewußt und versucht nun mit allen
Mitteln die Entwicklung und den Durch-
bruch zu einer neuen Gesellschaftsord-
nung zu verhindern.
Wir aber können den Herren nur eines
versichern:
Diese neue Gesellschaftsordnung wird
alle für uns wichtige Gebiete unifor-
men und neu gestalten.
Dazu gehört auch das gesamte Be/ufs-
ausbildungswesen. Es braucht sich auch
niemand darüber Sorge zu machen: wir
spielen nicht „die Robe des Elefanten im
Porzellanladen“ und hoffen daher sarm-
lichst, daß andere nicht zu ihrem ei-
genen Schaden dieses Spiel betreiben.
Abschließend zu diesem Kapitel das
Artikels möchte ich noch besonders dar-
auf hinweisen, daß man laut einer Mel-
dung der deutschen Jugendillustrierf.e
„Aufwärts“ auch in Frankreich ein Be-
rufsau sbildungsge^etz in Vorbereitung
hat.
*
Und nun noch einige Worte zu dem
Problem der Erziehungsbeihilfen.
Ueber diese Frage wurde schon so viel
geschrieben, daß eigentlich jedes Wort
zu viel sein müßte. In dem Artikel des
Herrn Treib wurden jedoch Gedanken
entwickelt, die absolut geeignet sind, jeg-
liche Verhandlungsbasis zu zerstören.
Wo hat die Einheitsgewerkschaft je-
mals Anlaß gegeben, daß Herr Treib da-
von sprechen könnte, wir würden die
Lehrjahre zu Herrenjahren machen?
Haben wir nicht immer wieder ganz
entgegengesetzt davon gesprochen und
geschrieben, daß wir die Lehrjahre nicht
als Herrenjahre betrachten?
Es ist schon eine ziemliche Unverfroren-
heit, welche Menschen über Leichen
schreiten läßt, wenn Herr Treib auf Grund
seiner Gegnerschaft zu der Anordnung
der Regierung über die Vereinheitlichung
der Erziehungsbeihilfen folgen-
des schreibt:
„Wir wissen, man hört solche Gedan-
kengänge bei jenen Stellen nicht gern,
die Lehrjahre zu Herrenjahren zu ma-
chen bestrebt sind. Aber uns stört das
wenig. Wir wissen, wie sich der saarlän-
dische Handwerker hilft. Wer will es
ihm verwehren, wenn unter dem Zwange
der „fortschrittlichen“ gesetzlichen Rege-
lung über dem Eingang zu seiner Werk-
statt geschrieben steht:
„Lehrlinge haben keinen Zutritt?“
So also sehen Herr Treib und seine
Treiber ihre Zukunftsaufgaben. Sie fra-
gen nicht danach, ob Tausende junger
Menschen auf der Straße liegen, ohne je-
mals qualitative Facharbeiter werden zu
können.
Sie fragen auch nicht danach, ob durch
ihr Handeln die Wirtschaft unseres Lan-
des weiter zum Blühen oder zum Erlie-
gen kommen würde. Die Hauptsache
scheint für sie nur zu sein, aus reiner
Opposition gegenüber einer Regierungs-
anordnung und der Einheitsgewerkschaft
ihre angebliche Macht und ihren „Herr
-im-Hause-Standpunkt“ unter Beweis zu
stellen.
Will man etwa den Vertretern des Ho-
hen Kommissars „Bauemfängermethoden“
vorwerfen?
Wenn nämlich von uns im Verlaufe der
Verhandlungen über die Erziehungsbeihil-
fen davon gesprochen wurde, daß Frank-
reich unsere Vorschläge zur Grundlage
einer ähnlichen Regelung für ganz Frank-
reich machen werde, so haben wir das
nur sagen können, weil maßgebliche Stel-
len des Hohen Kommissariates nach der
Mitteilung einer saarländischen Regie-
Niedersachsen
rungsbehörde das ausgesprochen haben!
Ein Blick nach Westdeutschland zeigt
uns, daß dort, z. B. für Niedersachsen
in der Metallindustrie folgende Erzie-
hungsbeihilfen gezahlt werden:
Saarland
Gruppe a) 1. Lehrjahr 40.— DM
2. Lehrjahr 50.— DM
3. Lehrjahr 60.— DM
Gruppe b) 1. Lehrjahr 45.— DM
2. Lehrjahr 55.— DM
3. Lehrjahr 65.— DM
Gruppe c) 1. Lehrjahr 55.— DM
2. Lehrjahr 65.— DM
3. Lehrjahr 80.— DM
Gruppe d) 1. Lehrjahr 100.— DM
2. Lehrjahr 110.— DM
3. Lehrjahr 125.— DM
Außerdem wird für Schmiede- und For-
merlehrlinge eine Erschwerniszulage von.
30 DM = 2490 Frs. (im Saarland 660, 830,
bzw. 990 Frs.) gewährt,
Wenn wir auch dafür Verständnis ha-
ben, daß man nicht die westdeutschen ’
Verhältnisse einfach so ohne weiteres auf
die saarländischen übertragen kann, so
sind wir doch nicht der Ansicht, daß bei
uns im Saarland die Grundlagen des
Handwerks so verschieden sind von den
westdeutschen, daß man bei uns ange-
sichts der bedeutend niedrigeren Erzie-
hungsbeihilfen sich sogar noch darüber
auf regt.
Man kann doch wirklich nicht sagen,
daß die saarländischen Erziehungsbeihil-
fen eine kalkulatorisch untragbare Höhe
erreicht hätten. Ich betone nochmals, daß
wir uns in dieser Hinsicht als Gewerk-
schaftler immer nach den besseren Ver-
hältnissen richten, ganz gleich, wo diese
durch den Kampf unserer Kollegen und
Kolleginnen anderer Gewerk schärften er-
reicht werden konnten.
Im übrigen hot uns Herr Treib einen
guten Gefallen getan, wenn ser besonders
betont, daß man es namentlich von ge-
= 3320 Frs. 1957 Frs.
4150 Frs. 2584 Frs.
= 4980 Frs. 3211 Frs.
3735 Frs. 2356 Frs.
=3= 4565 Frs. 3135 Frs.
5395 Frs. 3914 Frs.
4565 Frs. 2746 Frs.
5395 Frs. 3525 Frs.
= 6640 Frs. 4304 Frs.
8300 Frs. 3525 Frs.
=K 9130 Frs. 4304 Frs.
=C 10375 Frs. 5092 Frs.
werkschaftlicher Seite im Saarland sehr
eilig hatte, wieder zu gesetzlichen Erzie-
hungsbeihiifen zu kommen. Damit hat er
unumwunden zugegeben, was leider
manche Arbeitnehmer noch nicht sehen
wollen, daß ohne die gewerkschaftliche
Tätigkeit des Jugendsekretariates der
Einheitsgewerkschaft wahrscheinlich heute
noch dasselbe Durcheinander wäre, wie
es vor dem wirtschaftlichen Anschluß
auf diesem Gebiete in der Nachkriegs-
zeit vorherrschend war.
Es wäre noch manches zu dem Artikel
zu sagen, besonders auch zu dem Pro-
blem der Lehrzeitverlängerung, Dazu wer-
den wir jedoch in einer der nächsten
Ausgaben ausführlich Stellung nehmen.
Für heute soll es uns genügen mit der
Feststellung, daß eine Polemik, wie sie
in dem hier angeführten Artikel geübt
wurde, absolut als oberflächlich und da-
her unsachlich abgelehnt werden muß,
andernfalls wir genötigt sind, diese Me-
thoden noch entschiedener öffentlich an-
su prangern.
Auch wir würden uns zu helfe« wis-
sen, wenn es darauf ankäme i g &
Februar 1950
Seite 3
„PIE ARBEIT“
miF. STIMME DER VERBXNDF
I. V. Bergbau
(Am 1. März 1950 erscheint die Beilage
Saar-Bergbau wieder in der gewohn-
ten Weise).
Versammlungskalender
Bildstock. Am Sonntag, dem 26. Fe-
bruar 1950, um 17 Uhr, findet im Lokale
Fr. Risch eine Jugend-Versammlung al-
ler Berufsgruppen zur „Gründung einer
Orlsjugendgruppe“ statt. Alle Jungkame-
raden und Jungkameradinnen sind herz-
lichst eingeladen.
Bildstock. Unsere nächste Mitglieder-
sammlung der Ortsgruppe, Industrie-Ver-
band Bergbau, findet am 5. März 1950, um
17 Uhr, im Lokale „Trierer Hof“ statt.
Der Vorstand.
Oitsgruppe Riegelsberg
Am 29. Januar 1950 fand die diesjäh-
rige Generalversammlung des I. V.-Berg-
bau statt. Nach Eröffnung durch Kollegen
Henry ergriff der Referent Kollege Hein-
rich Siegwarth vom Gesamtbetriebs-
rat das Wort. Er begann mit einer Schil-
derung des Kampfes der Väter im Ver-
gleich mit dem Wiederaufbau der Ge-
werkschaften und betonte, daß es ganze
Männer waren, die sich selbstlos in den
Dienst der Gemeinschaft stellten. Er kam
auf das Bergbaustatut zu sprechen und
geißelte die Mißstände, die es immer noch
aufweist. Auch befaßte sich der Redner
mit der Lohnstufeneinteilung, Wohnungs-
wesen und Kohlengeld.
Folgende Kollegen wurden in den neuen
Vorstand gewählt:
1. Vorsitzender Koll. Robert Schwindling
2. Vorsitzender Koll. Helmut Grün
1. Kassierer Koll. Anton Many
2. Kassierer Koll. Otto Steimer
Schriftführer Koll. Ludwig Luchhardt
1. Beisitzer Koll. Otto Bach
2. Ee sitzer Koll. Ludwig Luchhardt.
Die Versammlung verurteilte die im-
mer noch bestehende polizeiliche Ueber-
wachung der Gewerkschaftsversammlun-
gen- L. L.
Ortsgruppe Herrensohr
. Am Sonntag, dem 15. 1. wurde die dies-
phr'-ffe gut besuchte Generalversamm-
lung der Ortsgruppe Herrensohr durch-
jer: h; t. Der Vorsitzende, Koll. Hinsberger
oiaf n te die Versammlung. Der Geschäfts-
' ericht ergab, daß die Ortsgruppe im vetr-
.. ngenen Jahre einen Fortschritt auf or-
ganisatorischem Wege und besonders in
der Zunahme von Mitgliedern zu verzeich-
nen halte. Aus dem Kassenbericht konnte
man ersehen, daß die Ortsgruppenkasse
gegenüber dem vergangenen Jahr eine
Mehre;nnähme buchen konnte.
Bei der Verstandswahl wurden folgende
Kollegen gewählt:
I. Vorsitzender: Hinsberger, Ferdinand
II Vorsitzender: Groß, Peter
I. Kassierer: Butz, Leo
Schriftführer: Schmitt, Eugen
Sozialpolitik: Klos, Peter
Jugendleiter: Oschmann, Walter
Beisitzer: Bohlinger, Peter, Seiler, Joh.,
Bernhard, Hans.
Alle Kollegen wurden einstimmig in den
Vorstand gewählt.
Zu Punkt Organisationsangelegenheiten
sprach Kollege Lauer. „Die Gewerkschaf-
ten sind aus der Not der Arbeiterschaft
geboren.“ Nur eine einheitlich geschlos-
sene Gewerkschaft kann in der heutigen
Zeit des modernen Kapitalismus der Ar-
beitnehmerschaft zu ihrem Recht verhel-
fen, und deshalb ist es notwendig daß
der letzte Kamerad gewerkschaftlich or-
ganisiert sein muß. Er zeigte dann weiter
d e Erfolge, die der Industrieverband Berg-
bau seit seiner Gründung bis heute er-
zielt hat, und wies auf die großen Auf-
gaben und Probleme hin, die noch gelöst
werden müssen. In erster Linie gelte es,
den Kampf zu führen gegen eine Verpach-
tung dar Saargruben, dann um ein Be-
triebsrätegesetz mit Mitbestimmung, um
Abschluß von Kollektivverträgen Und um
e.ne bessere Sozialversicherung. Diese
Forderungen können nur erzielt werden,
wenn eine starke und geschlossene Ge-
werkschaft der Reaktion entgegengestsllt
werden kann.
D:e Ausführungen des Kollegen Lauer
fanden eine rege Diskussion. Die Kame-
raden standen auf dem Standpunkt, alles
einzusetzen, um auch im Saarland eine
gesunde Wirtschafts- und Sozialpolitik zu
erhalten.
Am Schlüße der Generalversammlung
bekannte man sich zur Parole:
WERBT DEN 2. MANN}“
Eugen Schmitt
Ortsgruppe Hühnerfeld
Kollege Heinrich Obermann eröffnet©
die Generalversammlung am 29. Jan. 195Q
und stellte erfreulicher Weise ein An-
wachsen der Versammlungsteilnehmer
fest. Im Geschäftsbericht nahm man mit
Befriedigung von einem weiteren Anwach-
sen der Ortsgruppe Kenntnis. Nachdem
dem Kassierer Heinr. Weber Entlastung
erteilt war, gab dieser einen ausführlichen
Bericht über seine Kassierertätigkeit.
Der Vorstand setzt sich aus folgenden
Kollegen zusammen:
1. Vorsitzender: Heinr. Obermann
2. Vorsitzender: Karl Dymnik
Schriftführer: Ernst Lorenz
Kassierer: Heinr. Weber
Jugendobmann: Heinz Pinkle
Beisitzer: Herger, Loch, Bauerkember.
Kaltem
Revisoren: Obermann K., Linn W.,
Hampel J.
Darauf ergriff Kolllege Pfleger von der
Sozialabteilung das Wort zur allgemeinen
Lage. In seinen Ausführungen nahm er
besonders gegen die vorgesehene Ver-
pachtung der Saargruben und gegen das
Staatsschutzgesetz Stellung. Reicher Bei-
fall belohnte seine mit großer Sachlich-
keit und Ueberzeugung vorgetragene
Rede und stellte somit unter Beweis, daß
die Ortsgruppe Hühnerfeld geschlossen
hinter ihren Funktionären steht.
In der anschließenden freien Ausspra-
che gaben die Kollegen Pfleger und Be-
trieb sobmann Herger allen Fragestellern
erschöpfende Aufklärung. Kollege Pfleger
appellierte im Schlußwort nochmals an
alle Kollegen, neue Mitglieder zu werben,
um der Einheitsgewerkschaft in den kom-
menden Kämpfen um eine Besserstellung
der Arbeiterschaft an der Saar d*n Rücken
zu stärken.
E. Lorenz
Ortsgruppe Fürth
Am Sonntag, dem 29. 1. 1950, fand im
Lokale Zwalla die Generalversamm-
lung der Ortsgruppe Fürth des I. V. Berg-
bau statt.
Der Vorsitzende, Adolf Bolz, eröffnete
die Versammlung, gab den Geschäfts-
bericht und stellte dabei fest, daß die
Ortsgruppe im vergangenen Jahr einen
bedeutenden Mitgliederzuwachs zu ver-
zeichnen hatte.
Dem Kassierer Richard B o m m wurde
Entlastung erteilt. Bei der Vorstandswahl
wurde der alte Vorstand einstimmig wia-
dergewählt. Anstelle des Kollegen Bolz,
der wegen Ueberlastung zurücktrat,
wurde der bisherige 2. Vorsitzende Willi
Kiefer zum 1. Vorsitzenden gewählt.
Kollege Bolz wurde 2. Vorsitzender. Als
Jugendobmann wurde der Kollege Eduard
Schramm neu hinzugewählt.
Nach dem Referat des Kollegen Lieb-
lang, der zu den akuten Bergarbeiter-
fragen Stellung nahm, entwickelte sich
eine gute Diskussion.
In der Diskussion wurde angeführt, daß
man für den Entwurf eines Staatsschutz-
gesetzes nur 24 Stunden benötigt, aber
die Ausarbeitung eines Knappschaftsge-
setzes bis jetzt seit 2 Jahren von den Ver-
sicherten erwartet wird. Ferner wurde auf
die ungerechte Berechnung der Vollrenten
hingewiesen.
$3 3m ythein dec Qtideuiamße
Gefrierfleisch auf Grube Camphausen
Auf Grube Camphausen hat man am
1. Februar mit einem Gefrierfleischverfah-
ren der Arbeiter begonnen. Es kommt
nicht darauf an „die ein- sowie ausfah-
rende Belegschaft 10—15 Minuten auf Ge-
frierpunkt im Schacht hängen zu lassen,
damit der Arbeiter die Kraft des Arbeit-
gebers merkt.“ Es wurde zwar behaup-
tet, es sei die eigene Schuld der Arbeiter.
„Aber wär die Verhältnisse kennt, weiß
auch, daß es an der Verwaltung hängt.“
Es ist zwar unmöglich sich in einer Zeit
von 10 Minuten sich umzukleiden, weil
die Verhältnisse in der Badekaue es nicht
erlauben. Aber es geht ja auch nicht an,
daß die Belegschaft eine Stunde früher zur
Arbeit fährt, um nur der Verwaltung
dienen zu können. Es ist ja auch so, daß
man zu Hause bei seiner Familie sein
soll.
Es würde sich über diesen Fall einen
Bericht in das unendliche schreiben las-
sen. Aber muß das alles sein, daß die
arbeitsame saarländische Arbeiterschaft
in einer solchen Atmosphäre schwebt?
So mußte man im Zuge unter fremden
Mitreisenden seine Schuhe binden, Hadre
kämmen, Augen putzen und so weiter.
Da brauch die Verwaltung nicht den Jung-
bergmann zu lehren, das Ansehen der
Bergarbeiter zu stärken, wenn sie uns
die Zeit raubt.
Dankschreiben der Bergarbeitergewerkschatt „Force Ouvriere"
Paris, den 3. Februar 1950
An den
Vorsitzenden <ies Betriebsrates
der R4gie des Mines de la Sarre
Sarrebruck
W;r haben erfahren, daß Ihr Betriebsrat
der R6gie des Mines de la Sarre in groß-
zügiger Weise seine Verbundenheit be-
wiesen hat, indem er den Beschluß faßte,
eine Summe bis zü 1000 000.— Frs, für
die Hinterbliebenen der Opfer der Kata-
strophe von St. Eloy-les-Mines za spen-
den.
Im Namen der Bergarbeiter-Gewerk-
schaft „Force Ouvriere“ spreche ich hier-
mit meinen tiefempfundenen Dank aus.
Ich würde gern jedem einzelnen Mit-
glied Ihres Betriebsrats und der gesamten
Belegschaft der Rügie des Mines de la
Sarre unsere besondere Dankbarkeit zum
Ausdruck bringen. Da dies jedoch nicht
möglich ist, bitte ich vielmals, diesen
Brief als ein an sie alle gerichtetes Dank-
schreiben zu betrachten.
Genehmigen Sie, Herr Vorsitzender, die
Versicherung meiner Hochachtung.
Der General-Sekretär:
gez.: NoelSinot
Dank für Spende
An die Bergleute von Ensheim-Eschingen.
Für die uns zugedachte Spende in Höhe
von 3130 Franken danken bestens Frau
Kiel und Kinder!
I, V. Metall
Beispiel einer monatlichen Gehaltserrechnung
Neben den Sorgen um die Bestreitung
der Lebenshaltungskosten muß der Durch-
schnittsarbeitnehmer noch eine beson-
dere geistige Gewandtheit aufbringen, um
sein Einkommen auf der Lohn- oder Ge-
haltsnachweisung auf die Richtigkeit
nachprüfen zu können. Setzt sich sein Ein-
kommen aus mehreren Bestandteilen zu-
sammen, so sieht er sich sogar vor ein
Problem gestellt, das nur mit Hilfe eines
sach- und fachkundigen Bearbeiters zu
lösen ist. Diese Behauptung darf als nicht
übertrieben betrachtet werden und stützt
sich aut Anfragen, die aus allen Berufs-
schichten an uns herantreten.
Vor uns liegt ein Lohnzettel, größer als
ein DIN A4- Format, der neben der Auf-
zeichnung der täglich geleisteten Stunden
alle Merkmale enthält, die den verdien-
ten Lohn ergeben. Nicht weniger als 4
verschiedene Einstufungslöhne nebst den
dazu gehörigen Prämien und Zeitlohnzu-
lagen sind darauf enthalten, ohne die Zu-
schläge, die für Mehr- und Sonntagsar-
beit anzuwenden sind.. Erfordert die Nach-
prüfung einer solchen Lohnerrechnung
für den Lohnkunäigen schon einen be-
stimmten Aufwand an Zeit, so sind es
nicht wenige, denen das vollständig un-
möglich ist, auch dann, wenn eine ge-
wisse Uebung im Rechnen vorhanden ist,
weil ihnen die gesetzlichen Lohnbestim-
mungen und ihre Anwendung bis ins al-
lerkleinste nicht genügend bekannt sind.
Diese Feststellung trifft nicht nur zu bei
den Arbeitnehmern, sondern kehrt auch
als Mangel hervor bei den Arbeitgebern,
insbesondere in den Kleinbetrieben, die
oftmals und vielleicht ohne böse Absicht
den Lohn oder das Gehalt nach eigenem
Ermessen festlegen und berechnen, weil
ihnen die anzuwendende Methode der ge-
setzlichen Verfügungen einfach nicht ge-
läufig ist. Deswegen ist es nicht verwun-
derlich, wenn immer und immer wieder
Beschwerden bei uns eingehen um Be-
richtigung des Lohnes und, soweit sich
Nachforschungen daraus ergeben, diesel-
ben in den meisten Fällen eingeklagt wer-
den müssen, insbesondere, wenn die For-
derungen sich auf einen längeren Zeit-
raum erstrecken. Das Urteil lautet in der
Regel: Unkenntnis der gesetzlichen Be-
stimmungen entbindet nicht von der Ver-
Eflichtung zut Zahlung des zustehenden
ohnes.
Mit der Verabschiedung des Kollektiv-
vertragsgesetzes in Frankreich ist der
Zeitpunkt nicht mehT allzufern, um auch
hier an der Saar zum Abschluß von Lohn-
und Kollektivverträgen zu gelangen. Ei-
nerlei wie und unter welchen Umständen
die Verträge zustande kommen, muß das
Bestreben vorliegen, eine Grundlage zu
finden, die es jedem Durchschnittsarb ait-
nehmer ermöglicht, ohne besondere Mühe
und geistigen Aufwand seinen verdienten
Lohn oder sein Gehalt selbst zu errech-
nen und somit sein Arbeitseinkommen auf
die Richtigkeit zu überprüfen. Mag man
zu dem jetzt bestehendan System der
Koeffizienten, die den Ausgangspunkt zur
Errechnung des Einkommens bilden, in
der Beibehaltung oder Aufhebung dersel-
ben geteilter Meinung sein, so darf schon
jetzt darauf hingewiesen werden, daß
mehr Beweglichkeit und größerer Spiel-
raum für die Gestaltung der Löhne und
Gehälter erreicht werden muß. Die Viel-
zahl der Stufen und Zwischenstufen, die
heute in einen starren Rahmen gepreßt
sind, sind zu überwinden, ebenso auch
die verschiedenen Gebietsklassen hier an
der Saar. Die Stundenzuschläge, soga-
nannte Teuerungszulage, ebenso der
Mehrarbeitszeit-Zuschlag, der von der 41,
bis 48. wöchentlich Arbeitsstunde ge-
währt wird, kann schon von vornherein
im Kategorielohn enthalten sein, sodaß
die umständliche Ermittlung des Katego-
rielohnes entfällt, worauf sich die Lei-
stungs- und Dienstalterszulagen aufbau-
en. Auch die Lohnsteuerrückerstattung,
die nur an Hand der Dezima-Gesamtab-
zugstabelle ermittelt werden kann, ist
nach einem besonderen Schlüssel so um-
zulegen, da sie ein unmittelbarer Be-
standteil des Lohnes wird. Je einfacher
die Methode, um so besser und leichter
läßt sich eine Lohn- oder Gehaltsnach«
weisung auf seine Richtigkeit nachprüfen,
*
Um den Anfragen aus den Betrieben
Rechnung zu tragen, bringen wir hier ein
Beispiel, wie das Monatsgehalt ei-
nes Angestellten mit einem Koeffizienten
von 220 der Lohnzone I zu errechnen ist.
Die Stundenzahl beträgt 224 bei 26 Ar-
beitstagen, davon sind 16 Ueberstunden
mit 50 Prozent zu verrechnen. Leistungs-
und Dienstalterszulage betragen je 15
Prozent.
Das Grundgehalt beträgt bei einem
Koeffizienten 100 in der Zone Paris, bei
einer 40stündigen Arbeitszeit in der
Woche = 173 Stunden im Monat = 6 590
Frs., das ergibt bei einer Lohnzonenvar-
minderung von 5 Prozent ein Grundgehalt
von 6 261 Frs. für die Lohnzone I. Bei einer
48stündigen Arbeitszeit in der Woche wer-
den umgelegt auf den Monat 173 4* 35
= 208 Stunden erzielt. Da nach den ge-
setzlichen Bestimmungen die 35 Stunden
mit einem Mehrarbeitszeit-Zuschlag von
25 Prozent zu vergüten sind, so sind noch
weitere 9 Stunden, die den Mehrarbeits-
zeit-Zuschla# darstellen zu den 208 Stun-
den zu addieren. Das Grundgehalt mit
einem Koeffizient 100, Zone I, bei einer
wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden
wird ermittelt, indem ich 6 261 durch 173
teile und das Ergebnis mit 217 multipli-
ziere. Das Resultat beträgt 7,853. Mit ei-
nem Koeffizient von 220 multipliziert er-
gibt eine Summe von 17 277, die den
Grund- oder Kategorielohn darslellt. Hin-
zu kommen eine 15prozentige Leistungs-
zulage = 2 592 und ebenso eine lSprozen-
tige Dienstalterszulage mit demselben Be-
trag. Die Stundenzulage für die Lohnzona
I beträgt 16,15 Frs. Da dieselbe mit dem
25prozentigen Mehrarbeitszuschlag zu
vergüten ist, ist die Art der Verrechnung
wie bei der Stundenzahl auch in diesem
Falle anzuwenden, um das Resultat für
einen Monat zu erzielen. Sie beträgt 3 506.
Das Mindestgehalt beträgt somit für den
Monat 25 967.— Frs. Hinzu kommen noch
die 16 Ueberstunden einschließlich des
25p ro zentige n Ueber s i undenz us chlag 3 s.
Die Errechnung geschieht nun wie folgt;
Die Summe von 25 967 dividiere ich
durch 208, die einen Stundenlohn von
124 84 Frs. ergibt einschließlich des 25pro-
zentigen Ueberstundenzuschlages. Das
Ergebnis multipliziere ich mit 16. das
wiederum einen Betrag von 1997,44 er-
gibt. Von dieser Summe ist ein 50prozen-
tiger Ueberstundenzuschlag zu vergüten,
der einen Betrag von 999 darstellt. Das
Bruttogehalt einschließlich der geleisteten
Ueberstunden beträgt danach 28 968 Frs,
J. G.
Fahrgelderstattung an Arbeitnehmer
Die plötzlich eingetretene Erhöhung der
Personentarife auf der Eisenbahn veran-
laßt uns, beim Arbeitgeber vorstellig zu
werden, um eine Neuregelung in der Fahr-
gelderstattung zu erzielen. Unter dem Vor-
sitz des Ministers Kirn fand eine Aus-
sprache statt unter Anwesenheit der Ver- „
tretex sämtlicher Arbeitgeberverbände und
der Gewerkschaften.
Für die Eisen- und Metaliinduslr e wur-
de nachfolgende Regelung getroffen, die
der Arbeitgeberverband seinen Mitglie-
dern zur Durchführung empfohlen hat:
„Wie bekannt, sind mit Wirkun ab
23. 1. 50 die Personentarife der Eisen-
bahn erhöht worden, und zwar für die
dritte Klasse um 33'/3°/o.
Im Zusammenhang damit haben auf
Veranlassung des Arbeitsministeri-
ums unter dem Vorsitz von Herrn Mi-
nister Kim am 26. 1. und 2. 2. 195Q
Besprechungen mit Vertretern der Be-
rufsorganisationen stattgefunden, bei
denen Herr Minister Kim angeregt hat,
die Arbeitgeber möchten sich im Hin-
blick auf die sehr fühlbare Mehrbe-
lastung der Arbeitnehmer infolge der
Tariferhöhung an diesen Mehrkosten
beteiligen.
In Anerkennung der Berechtigung
dieser Bitte und in dem Bestreben,
dadurch den von dieser erneuten Ta-
riferhöhung betroffenen Arbeitneh-
mern die entstandene Mehrbelastung
zu erleichtern, hat das Präsidium ui
seiner Sitzung am 27. 1. 50 folgenden
Beschluß gefaßt:
Unter grundsätzlicher Beibehaltung
der in dem Rundschreiben Nr. 14 vom
(Fortsetzung nächste Seite)
Seite 4
DIE ARBEIT“
Februar 1950
14. 3. 1949 aufgastelltsn Grundsätze
wird allen Mitgliedern empfohlen, den
Arbeitern und Angas teilten, weiche
die Eisenbahn, den Omnibus oder d.e
Straßenbahn benutzen müssen, um
von ihrem Wohnort zu ihrem Beenebs-
ort zu gelangen, mit Ausnahme'der-
jenigen, die ihren Wohnsitz im iranzö-
sisch besetzten Gebiet haben, jede
Fahriauslage zu erstatten, die den
Preis einer Wochenkarte der saaa-
ländischen Eisenbahnen auf den Mo-
nat umgerechnet lür eine Strecke von
rund 19 km g eich rund 1000.— Franken
übersteigt.
Im übrigen bleiben die in dem Rund-
schreiben Nr. 14 49 angegebenen Be-
dingungen, unter denen die Fahrgeld-
erstattung erfolgt, unverändert.“
Unsere Betriebsräte wollen auf dieser
Grundlage mit der Betriebsleitung ver-
handeln. Soweit eine günstigere Regelung
in der Fahrgelderstattung bestanden hat,
soll sie auch weiter beibehalten werden.
lehdmosausbitdung und Etzieimngsbeihilie
(Schluß)
Die Ausbildung, die verounden sein soll
mit eurer produktiven Tätigkeit wird im-
mer im Vordergrund stehen müssen. Der
junge Mensch soll während sei-
ner Ausbildung sich so viel fachliche
Ko-intmsse aneignen und alle Grundbe-
g’ Me beherrschen, die künftig für seinen
Beruf von ausschlaggebender Bedeutung
smd und ihn zu einer guten Fachkraft auf-
s.e.gen lassen. Der durch den Einfluß des
K xeges bedingte Ausfall an Fachkräften
w.rd auf einen längeren Zeitraum hin noch
nicht ausgeglichen sein Der Lehrherr, der
sich der verantwortlichen Ausbildung ei-
nes Lehrlings bewußt ist, wird in dem
LLehrlmg kein williges Ausbeutungsob-
jekt sehen, um nur möglichst hohe Ge-
winne aus seiner Arbeitskraft zu erzielen.
So wenig wie der Lehrvertrag nicht einem
Arbeitsvertrag gleichzusetzen ist, so stellt
die Entschädigung für die geleistete Ar-
beit, die der Lehrling bekommt, auch kein
Lohn im gewöhnlichen Sinne dar. Die
Vergütung des Lehrlings unterliegt nicht
den Lohn- und Gehalts Verfügungen, die
für die gewerbliche Wirtschaft bestehen,
sondern als Erziehungsbeihilfe ist sie in
e uer besonderen gesetzlichen Anordnung
festgelegt deren Sätze wir wieder ver-
öffentlichen. Sie gelten für den Zeitraum
eines Monats unter Zugrundelegung der
48siündxgen Arbeitszeit in der Woche.
So wie das Jugendsekretariat der Ein-
heitsgewerkschaft bestrebt war, daß alle
Lehrlinge einheitliche Erziehungsbeihilfen
erhalten, so betrachtet das Jugendsekre-
tanat es auch als seine vornehmste Auf-
gabe die Ausbildung des Lehrlings zu
fördern und zu überwachen. Dort, wo die
Voraussetzung besteht, wie das in grö-
ßeren Betr.eoen der Fall ist, sollen ge-
schlossene Lehrwerkstätten mit Werks*
schulen eingerichtet werden, um dem
Lehrling die bestmöglichste Unterweisung
in der praktischen und theoretischen Aus
in der praktischen und theoretischen Aus
bildung zu garantieren. Der aus einer gu-
ten Kinderstube stammende Lehrling wird
eine sorgfältige Ausbildung dankbarr mit
seinem Fleiß belohnen und sich dann bei
seinem Meister und Lehrherrn Achtung
und Respekt verschaffen. Gewiß sind
Lehrjahre keine Herrenjabre, wie der
Volksmund sagt, aber unsachliche Zu-
Zrechtweisung, die sich nur in Schimpfen
und Krakeelen erschöpft, wird nicht sel-
ten von dem Lehrling als eine Herausfor-
derung betrachtet und an die Stelle des
Erziehungsprinzips tritt das Züchtigungs-
recht. das doch endlich als überholt be-
tratet werden soll. Nie soll dem Jugend-
lichen das Gefühl aufkonunen, daß er dem
Stärkeren schütz- und rechtlos preisge-
geben ist. Wir als Vertreter der Jugend
in der Einheitsgewerkschaft betrachten es
als vornehmste Pflicht, diese Mängel
durch Verbesserung der gesetzlichen Be
Stimmungen zu beheben und die Durch-
führung aller Anordnungen aufmerksam
zu beobachten. Das weiß der Lehrling.
Er hat Vertrauen zu uns, zu seiner Or-
ganisation und sieht in der Mitgliedschaft
sein Selbstbewußtsein gestärkt Die Er-
kenntnis, daß der einzelne in dem großen
sozialen Getriebe machtlos ist, läßt ihn
zu einem guten Werber und heranwach-
senden Gewerkschaftler werden.
1- V, Post, und Fernmeldewesen
Berechnung des ßesoldungsdienstaiters
Nach § 7 des Besoldungsgesetzes er-
hält ein Beamter beim Uebertritt aus einer
Besoldungsgruppe in eine andere mit glei-
chem oder höherem Endgrundgehalt den
nächsthöheren Grundgehaltsatz und be-
zieht ihn 2 Jahre lang. Wäre er jedoch in
der verlassenen Besoldungsgruppe schon
vor Ablauf dieser Zeit in den nächsthöhe-
re \ Grundgehaltsatz aufgestiegen und da-
mit in den Bezug eines Grundgehalts ge-
langt, das über das ihm in der neuen
Besoldungsgruppe gewährte hinausgeht
oder ihm gleichkommt, so steigt er auch
in der neuen Besoldungsgruppe in den
nächsthöheren Qrundgehaltssatz zu der-
selben Zeit, zu der er in der verlassenen
Besoldungsgruppe aufgestiegen wäre.
Hiernach wird z. B. das Besoldungsdienst-
alter der Beamten, der Besoldungsgruppe
A 7 a bei einer Beförderung nach Besol-
dungsgruppe A 5 b wie folgt berechnet#
A 5 b:
169 000 187 000 202 000 213 000
226 000 238 000 250 000 261000
272 000 283 000
A 7 a:
174 0Ö0 185 000 193 000 202 000
210 000 218 000 225 000 231000
238 000 244 000
a) Eeioldungsdienstalter 1.10.47, Grund-
gehalt 185 000 Frs.; bei Beförderung nach
A 5 b bezieht er den nächsthöherenSatz,
d. s. 187 000 Frs.; da er in der verlas-
senen Gruppe zum 1. 10. 49 den Grund-
gehaltsatz von 193 000 Frs. beziehen
würde, muß er auch in der neuen Gruppe
mehr als 193 000 Frs. erhalten, d. h. er
•rückt am 1. 10. 49 in die 3. Gehalts-
stufe ein; er behält sein Besoldungs-
dien stalter.
b) Besoldungsdienstalter 1. 7. 41, Grund-
gehalt 210 000 Frs.jbei Beförderung nach
Besoldungsgruppe A 5 b erhält er den
nächsthöheren Grundgehaltsatz v. 213 000
Frs. Da er m der verlassenen Besoldungs-
gruppe zum 1. 7. 51 den Grundgehalt-
satz van 218 000 Frs. erhalten würde, muß
er auch zum gleichen Zeitpunkt in der
Besoldungsgruppe A 5 b in den nächst-
höheren Grundgehaltsatz kommen, d. h.
ex muß am 1. 7. 51 den Grundgehaltsatz
von 226 000 Frs. erhalten. Der Beamte ver-
liert also 2 Jahre, so daß sein Besoldungs-
dienstalter auf den 1, 7. 43 festzusetzen
ist.
c) Besoldungsdienstalter 1. 5. 33, Grund-
gehalt 238 000 Frs.; bei Beförderung nach
Besoldungsgruppe A 5 b erhält der Be-
am’e den nächsthöheren Grundgehaltsatz,
d. s. 250 000 Frs. Da in der verlassenen
Gruppe das Endgrundgehalt nur 244 000
Frs. beträgt, bleibt er auf diesem Satz
2 Jahre stehen und rückt erst 2 Jahre
nach der Beförderung, d. i. am 1. 10. 51,
weiter. Das Besoldungsdienstalter ist
demnach auf den 1. 10. 37 festzusetzen.
d) Besoldungsdienstalter 1. 1. 28, Grund-
ge.naltsaiz in der Besoldungsgruppe A 7 a
244 000 Frs. Bei Beförderung nach Be-
soldungsgruppe A 5 b am 1. 10. 49 er-
halt der Beamte den nächsthöheren
Grundgehaltsatz, d. s. 250 000 Frs. In der
verlassenen Gruppe hatte er bereits das
Endgehalt, so daß er in der neuen Gruppe
2 Jahre stehen bleibt. Er rückt demnach
erst am 1. 10. 51 weiter und erhält ein
Besoldungsdienstalter vom 1. 10. 37, so
daß er das gleiche Besoldungsdienstalter
wie der Beamte unter c) erhält.
Diese Unterschiede in der Festsetzung
des Besoldungsdienstalters sind durch die
unterschiedliche Festsetzung der Grund-
gehaltsätze in den einzelnen Besoldungs-
gruppen bedingt. Während z. B. das Be-
soldungsdienstalter bei der Beförderung
von der Besoldungsgruppe A 8 a nach
A 7 a nur höchstens um 4 Jahre ver-
schlechtert werden kann, können bei der
Beförderung von Besoldungsgruppe A 7 a
nach Besoldungsgruppe A 5 b bis zu 13
Jahren verloren gehen.
Aktuelles in Kürze
Die dritte Erböhungsrate: Ursprünglich
war — wie wir des öfteren betonten —
in Frankreich beabsichtigt, die Gesamt-
differenz zwischen altem und neuem
Grundgehalt in 4 Raten ä 25 Prozent zur
Auszahlung zu bringen.
Von dieser Absicht ist man infofern ab-
gegangen, als die noch aussfcefaendan 50
Prozent auf 3 Raten ä 16,66 Prozent um-
gelegt werden. Das erste Drittel wurde
jetzt aufgerufen, und zwar mit Wirkung ab
1. 50. Ende Februar werden zunächst
Vorschüsse gezahlt, denen voraussicht-
lich Ende März die endgültigen Abrech-
nungen folgen werden.
. *
Nachzahlung aus den Neufassungen d.
Sonderregelung, des § 18 der Dienstord-
nung und des § 27 der Dienstanweisung
für das Kraftpostwesen.
Die neuen Sätze treten ab 1. 8. 49 in
Kraft. Es ist gewiß nicht uninteressant,
einmal die Neuregelungen auf dem Wege
zu ihrer Verwirklichung zu verfolgen, um
sich ein Bild machen zu können, wie
schneckenlangsam mitunter Eingaben
durch die verschiedenen Instanzen krie-
chen;
am 23. 6. 49; Einreichung unserer Vor-
schläge beim Ministerium f.
Wirtschaft und Verkehr;
am 15. 9. 49; Mitteilung des Ministeri-
ums, daß unsere Vorschläge
zum Personal- und Organi-
sationsamt weiter geleit et
worden seien und von dort
eine Verhandlung anbe-
xaumt würde;
am 10.10. 49 Verhandlung beim Perso-
nal- und Organisationsamt;
am 26. 1. 50: Die Neufassungen gehen
bei der OPD ein;
am 2. 2. 50: Antrag der OPD an das Fi-
nanzministerium auf Zuwei-
sung von 4,6 Millionen Fran-
ken für die Nachzahlungen
aus dem Jahre 1949.
Die Aufzählung hält nur die wichtigsten
Daten und Ereignisse fest. Viele Kamera-
den wenden nun einsehen, daß man mit so
I, V. Baugewerbe
Generalversammlung
Die Kreisverwaltung Ottweiler des I. V.-
Baugewerbe lud für den 10. Februar alle
Mitglieder zur diesjährigen Generalver-
sammlung ein. Sämtliche Betriebe und
Ortsgruppen waren durch ihre Delegiar-
ten vertreten.
Nach den Eröffnungsworten des Kolle-
gen Fritsch stieg dieser sogleich in die
Tagesordnung und begann in einem kur-
zen Rechenschaftsbericht die Arbeit des
verflossenen Jahres wieder vor Augen zu
führen. Er kam nicht umhin, an der Tä-
tigkeit des alten Vorstandes ein wenig
Kritik zu üben. An der nötigen intensiven
Zusammenarbeit hätte es gemangelt. Für
die Zukunft müsse ein Vorstand gewählt
werden, der in der Lage ist, vereint diel
schwierigen Probleme, die im Jahre 1950
noch bevor ständen, zu meistern. Lange
wurde über die Verantwortung und Auf-
gaben eines Vorsitzenden debattiert.
Nachdem der Weg einigermaßen klar ge-
zeichnet war, schritt man zur Wahl des
neuen Vorstandes. Es wurden gewählt;
1. Vorsitzender: Kollege Fritsch
2. Vorsitzender: Kollege Gießelmann
Kassierer: Kollege Ohlenschlager
Schriftführer: Kollege Lsusch
Beisitzer wurden die Kollegen: Friedlich
Klein, Wellesweiler; Josef Willi®, Neun-
kirchen; Karl Bauer, Wellesweiler; Erich
Becker, Wiebelskirchen; Wilhelm König,
Neunkirchen; Emil Rammo, Ludwigsthal;
Karl Christmann, Neunkirchen; Walter
Bersieck, Heiligenwaid.
D e Tagesordnung der Generalversamm-
lung sah vor, daß auch die Wahl de? De-
legierten nach Saarbrücken getätigt wer-
den soll. Zu diesem Punkt gab es Mei-
nungsverschiedenheiten.
Kollege Schäfer bat ums Wort. Er
wies die Versammlung darauf hin, daß in
diesem Gremium keine Delegierten ge-
wählt werden könnten, weil jede Orts-
gruppe sowie jede Betriebsgruppe ein An-
recht hätten, in Saarbrücken vertreten zu
sein. Außerdem warnte er die Kollegen
hier zu wählen, weil ja diese vom Hauot-
vorstand bestätigt werden müßten. Hier-
auf erwiderte Kollege L e u s c h , daß er
unbedingt mit dem Kollegen Schäfer
einig ginge in dem Modus der Wahl, daß
die demokratischen Prinzipien verletzt
würden, weil ja alle Betriebs- sowie Orts-
gruppen benachrichtigt gewesen seien,
daß in dieser Versammlung die Wahl der
Delegierten vorgenommen wird und daß
alle Ortsgruppen sowie Be trieb sgruppen
mit dieser Lösung einverstanden wären,
Sie hätten unter Berücksichtigung dieses’
Punktes der Tagesordnung ihre Delegier-
ten geschickt.
Kollege Schäfer blieb dabei, daß die
Delegierten in den einzelnen Ortsgrup-
pen gewählt werden müßten. Kollege
Streb machte darauf aufmerksam, daß
uns viel daran liegt, daß unsere Dele-
gierten auch tatsächlich mit nach Saar-
brücken gingen, und wenn Sie draußen
gewählt würden, so könnte es Vorkom-
men, daß der Vorstand alleine hier sit-
zen würde und sich schließlich selbst
wählen müßte. Es wurde über diese Frage
noch heftig debattiert und beschlossen,
daß die Abordnung in den Orisgruopea
zu wählen sei.
Zur Neugestaltung des Betriebsrätegesetzes
Die Beratungen zur Verabschiedung des
neuen Betriebsrätegesetzes für das Saar-
land durch den Landtag haben die Frage
des Mitbestimmungsrechtes der Arbeiter,
Angestellten und Beamten m Wirtschaft
und Verwaltung, sowie die Frage der De-
mokratisierung der Wirtschaft in den Vor-
dergrund gestellt. Die Forderung, daß die
Arbeiter, Angestellten und Beamten Inder
Wirtschaft und in der Verwaltung ein Mit-
bestimmungsrecht besitzen müssen, um
dadurch die Möglichkeit zu haben, die
wirtschaftliche Entwicklung in ihrem In-
teresse zu beeinflussen, ist nicht neu.
Genau so, wie nach dem ersten Welt-
krieg der Gedanke der Schaffung einer
neuen dem akratischen Wirts chafF duf-
tauchte, wurde auch damals duTch die
Gewerkschaften die Forderung nach dem
Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und
Angestellten erhoben.
Die Zeit von 1918 bis 1933 hat gezeigt,
daß der damals beschrittene Weg zur
Schaffung einer demokratischen Wirt-
schaft, sowie der für die Verwirklichung
des Mitbestimmungsrechtes, nicht zum
Erfolg führte.
Im Jahre 1918 unternahm man den Ver-
such, die formalen demokratischen Ver-
hältnisse im staatlichen Leben auch auf
die Wirtschaft zu übertragen. In Artikel
165 der Weimarer Verfassung wurde fest-
gelegt, daß die Arbeiter gleichberechtigt
xnii den Unternehmern an der Regelung
der Lohn- und Arbeitsbedingungen und
an der wirtschaftlichen Entwicklung der
produktiven Kräfte mitzuwirken haben.
Man ging von der Voraussetzung aus,
daß die Gleichberechtigung und Gleich-
wertigkeit zwischen Unternehmern und
Arbeitnehmern möglich wäre, ohne den
Grundwiderspruch aufzuheben. Der
Grundwiderspruch bestand darin, daß auf
der einen Seite die überwiegende Mehr-
heit, nämlich die Arbeitnehmer, stehen,
die nicht im Besitze der Produktionsmit-
tel sind und nur über ihre Arbeitskraft
verfügen — auf der anderen Seite eine
kleine Gruppe von Menschen, die im Be-
sitze der Produktionsmittel sind und so-
mit als wirtschaftlich Stärkere über das
Schicksal der wirtschaftlich Schwächeren
bestimmen.
Die Entwicklung von 1918 bis heute be-
stätigt vollauf die Richtigkeit dieser Auf-
fassung, daß eine Gleichberechtigung
ohne die Aufhebung dieses Grundwider-
spruches an den Besitzverhältnissen der
Produktionsmittel nicht möglich ist. Die
Erfahrung zeigte weiter, daß salbst die
paritätisch zusammengesetzten Wirt-
schaftsparlamente zum Scheitern verur-
teilt sind, wenn die Macht der Monopole
nicht gebrochen wird.
Eme formale Gleichberechtigung und
ein formales Mitbestimmungsrecht wer-
den Lohn- und Gehaltsempfängern nie
das Mitbestimmungsrecht sichern können.
In der Weimarer Republik wurde das Mit-
bestimmungsrecht nach und nach aufge-
hoben. Das war nur möglich, weil die
Arbeiterklasse in sich gespalten war und
deshalb nicht die Kraft aufbrachte, den
Kampf um die Durchsetzung des vollen
Mitbestimmungsrechtes einheitlich zu
fführen.
Ausgehend von dieser geschichtlichen
Erkenntnis wurde von der Einheitsgewerk-
viel „Tempo“ natürlich nicht rechnen
konnte und häufig genug ein Opfer der
Informationen werden mußte. Wir hoffen,
daß der Schlußakt, nämlich die Nach-
zahlungen aus 1949, etwa schneller von-
statten geht.
schafi im Kampfe um die Verwirklichung
des Mitbestimmungsrechtes gleichzeitig
die Forderung auf die Uebexführung der
Schlüsselindustrien in den Besitz das Vol-
kes erhoben und der Kampf für die Rea-
lisierung dieser Forderung geführt.
Andererseits muß auch klar zum Aus-
druck kommen, daß solange das kapi-
talistische Wirtschaftssystem weiterb 3-
steht, die Gegensätze zwischen Arbait
und Kapital nicht verschwinden werdet,
da sie ja in diesem System ihre natürliche
Begründung haben; im Gegenteil sie wer-
den sich noch verschärfen.
Das Mitbestimmungsrecht der Betriebs-
räte und Geweikschatten ist einer der
GrwndrrtMler der Demokratie™ Dietes Mff-
bestimmungsrecht wird den Demokraiisis-
rungsprozeß der Wirtschaft einleiten, be-
schleunigen und sichern.
Das Mitbestimmungsrecht der Betriebs-
räte bei Einstellung und Entlassung hat
die Aufgabe, die Kollegen und Kollegin-
nen in den Betrieben und Verwaltungen
gegen ungerechtfertigte Entlassungen zu
schützen, im besonderen wagen ihrer Be-
tätigung für die Gewerkschaft und ande-
rer demokratischer Organisationen, Be-
triebsleitungen und Verwaltung von reak-
tionär eingestellten Parsonen zu säubern
und sie durch demokratische zu ersetzen,
sowie darüber zu wachen, daß unsoziale
Maßnahmen unterbunden werden.
Das Mitbestimmungsrecht in der Pro-
duktion ist nicht nur wegen der Kontrolle
von Bedeutung, sondern auch von dem
Standpunkt der Preisbildung aus gesehen
wichtig. Die Preise müssen in einem rich-
tigen Verhältnis zur Kaufkraft der Arbei-
ter und Angestellten stehen. Sie müssen
so kalkuliert sein, daß ,die Betriebe le-
bensfähig sind und der Belegschaft einen
auskömmlichen Lebensstandard sichern.
Die Kontrolle der Preisbildung durch die
Gewerkschaft und Betriebsräte zielt dar-
auf ab, die Preise zu senken und dadurch
den Lebensstandard der Arbeiter und An-
gestellten zu verbessern.
Bei Vorhandensein dieses Mitbestim-
mungsrechtes der Gewerkschaften und
Betriebsräte in der Produktion wäre d e
gegenwärtige katastrophale Entwicklung
zwischen Löhnen und Preise, welche sich
zum Schaden des schaffenden Volkes
aus wirkt, in dem Ausmaße nicht möglich
gewesen. Wie selbst von offizieller Seite
zugegeben wird, sind die Preise von heute
gegenüber dem Jahre 1938 um das 20iache
gestiegen, wogegen die Lqhne und Ge-
hälter nur um das lOfache stiegen.
Die Durchführung der dargelegten Maß-
nahmen, wie Verwirklichung des vollen
Mitbestimmungsrechtes der Gev.erkschaf-
ten und Betriebsräte in sozialen, perso-
nellen und wirtschaftlichen Fragen, die
Uebarführung der Schlüsselindustrien, v.ie
Gruben, Eisenbahnen und Hüttenbetriebe
in den Besitz des Volkes und somit auch
die Sicherung des alleinigen Ausfceu-
tungsrechtes im Interesse desselben, wor-
den nicht nur den Aufbau einer demokra-
tischen Wirtschaftsordnung ermöglichen,
sondern auch die Grundbedingungen.
. schaffen für die Sicherung des Rech'es
aut Arbeit, für die Verbesserung der Le-
benslage der schaffenden Menschen, für
ausreichende Pensionen und Renten und
die beste Garantie für die Erhaltung des
Friedens. P. O.
*
Wie uns versichert wurde, ist man von
dem „Uniformschmuck“ abgagangan.
Dies« Einsparungen finden hier ^feinen,
dankbareren und gerechteren Platz.
Februar 1950
DIE ARBEIT**
Seite 5
»t
Die Verpuffe bei der Kravag Saariouis
Verlauf und £~geb-is einer Be egschaftsversammlung — Eine notwendige
Aufklärung
Bei der Kravag Saailo*. is wurde vergan-
gene Woche eine Beiegschaf^Versamm-
lung anberaumt. An die 150 Belegschafts-
mitglieder waren zur. festgesetzten Stunde
erschienen, eine beachtliche Zahl. Dar-
unter waren viele innerhalb ihrer Freizeit
gekommen. Ferner waren erschienen Be-
trebsdirektor Sperling, Mitg ieder des Be-
triebsrates, des Kreisrats und des Auf-
sichtsrates. Vier Stunden lang folgten die
Teilnehmer mit großem Interesse den Aus-
führungen.
Was war geschehen? Der ehemalige
Verkehrsinspektor Küsters war frist-
los entlassen worden. Vorwurf: gröbliche
Verletzungen der Dienstvorschriften in
Wiederholten Fällen, Ueberschreitung der
D enstbefugnisse. Ferner wurde betont.es
fehlten erhebliche Geldbeträge. Auch die
soziale Seite, Verhalten gegenüber dem
Personal, klang wiederholt an. Erschwert
wird der Fall dadurch, daß es sich ne-
ben den rein betrieblichen Interessen bei
dem Kravag-Betrieb um ein Unternehmen
handelt, das umfangreiche Geldmittel,
also Steuergelder, zur Unterstützung be-
nötigt und auch erhalten hat. Auch stand
durch allerlei Gerüchtemacherei das An-
sehen des Betriebes und der Betriebsan-
gehörigen auf dem Spiel.
Die Angelegenheit wurde vor edlem
durch eine öffentliche Versammlung der
Christlichen Gewerkschaft in die Oeffent-
lichkeit gezerrt, die aber nicht zur sach-
lichen Aufklärung beitrug, sondern u. a.
eine eigenartige Entschließung faßte, die
auch über den Betriebsrat der Kravag
Saarlouis falsche Behauptungen auf-
stellte.
So war es also aus verschiedenen Grün-
den geboten, einmal sachlich in einer
Eeegschaftsversammlung Aufklärung zu
geben, bevor weitere falsche Gerüchte
kursierten. Zum andern hat der Vorgang
aber auch gezeigt, wie dringend notwen-
dig ein neues Betriebsrätegesetz ist, das
den Arbeitnehmern eine weitgehende Mit-
bestimmung verschafft.
*
Eine Aufklärung gab vor der Be-
legschaft zunächst Betriebsdirektor Sper-
ling, der unterstrich, daß gegenteilige Be-
hauptungen der Christi. Gewerkschaft un-
wahr seien und daß Herr Hillenbrand zur
Rechenschaft gezogen werde. Es zeigte
sich, daß die Schwierigkeiten eines Be-
triebes nur noch vergrößert werden, we.in
ein mangelndes Vertrauensverhältnis und
dessen Mißbrauch vorliegt.
Die Abrechnungsmethoden Küsters,
seien womöglich gewesen. Die gericht-
licbe Feststellung dieser wie anderer
Dinge sei im Gange.
Betriebsobmann Breunig stellte her-
aus, weshalb sich der Betriebsrat der
Sache annehmen mußte, Er habe den
Sachverhalt ohne jeden Einfluß der Di-
rektion geprüft und die Zustimmung zur
fristlosen Entlassung betont.
Eine lange Dislcussion zeigte die
freimütige und demokratische Behandlung
des Falles vor der Belegschaft. Bürger-
meister L a m a r betonte als Mitglied des
Aufsichtsrats der Kravag, was schon wie-
derholt gesagt worden War, man könne
eine endgültige Beurteilung erst vorneh-
men, wenn die Gerichtsbehörde gespro-
chen habe.
Aufsichtsratsmitglied W e y a n d gab
menschlichen Erwägungen Raum. Der Be-
schuldigte könne beim Arbeitsgericht Ein-
spruch einlegen. Sperling hätte aber Vor-
gehen müssen, denn sonst hätte der Auf-
sichtsrat die Pflicht, ihn zur Verantwor-
tung zu ziehen. Auch dieser Fall sei ge-
eignet, zu betonen, daß das kommende Be-
triebsrätegesetz ein weitgehendes Mitbe-
stimmungsrecht für Betiiebsratsmitglieder
bringen müsse. Es sei bedauerlich, daß die
Angelegenheit wie ein öffentlicher Skan-
dal aussehe. Die öffentliche Versammlung
der Christlichen Gewerkschaft sei zu ver-
urteilen, zumal sie der Kravag völlig
fremde Betriebe mobil gemacht habe. Man
müsse sich dagegen verwahren, daß nur
kleine Leute, bei denen einmal ein Fahr-
schein nicht gestimmt habe und die so-
zial hilfsbedürftig seien, zut Entlassung
kommen sollen und bei Bessergestellten
alles versucht werde, um eine Entlassung
zu verhindern. Jeder Arbeitnehmer habe
ein Interesse daran, daß der Betrieb ge-
sund erhalten bleibe und der Arbeits-
friede gewahrt werde. Im Jahre 1949 seien
der Kravag 33 Millionen Frs. aus öffent-
lichen Mitteln zur Beseitigung von Kriegs-
schäden und Defiziten gegeben worden.
Es wäre unverantwortlich, wenn auch nur
eine Möglichkeit bestünde, öffentliches
zu veruntreuen.
Einige Belegschaftsmitglieder meldeten
sich zu Wort und betonten vor allem die
Notwendigkeit, die oberen Stellen bei Ver-
fehlungen nicht zu schonen, wenn man
schon die Kleinen hart angreife. Einige
verwahrten sich auch energisch gegen den
Versuch der Christi. Gewerkschaft, von
außen Unruhe in den Betrieb zu tragen
und den Betriebsrat der Kravag in Saar-
louis als „kommunistisch" zu bezeichnen.
Natürlich warte man auch das Gerichts-
urteil ab.
Sprecher der Christi. Gewerkschaft, zu
deren Mitglied Küsters zählt, legten haupt-
sächlich dar, den Gerichtsbeschluß ab-
zuwerrten, glaubten aber, gleichzeitig Stel-
lung nehmen und den Fall in ein eigenes
Licht rücken zu müssen.
Als Sprecher der Einheitsgewerkschaft
nahm Koll. Heinz die Gelegenheit wahr,
auf die Notwendigkeit des energischen
Kampfes für ein neues Betriebsrätegesetz
hinzuweislen.
Er unterstrich, daß der Betriebsrat der
Kravag Saarlouis von der gesamten Be-
legschaft gewählt worden ist. Er sprach
sich dann für die Annahme einer Resolu-
tion aus und appellierte an den Gemein- '
schaftsgeist im Betriebe, zumal in den
nächsten Monaten, denn es stünden große
Aufgaben bevor, gerade im Industriever-
bgnd Verkehr und Transport, vor allem
auch bezüglich des Abschlusses von Ta-
rifverträgen.
Hierauf wurde folgende Entschließung
mit fast allen Stimmen gegen ein paar
Neinstimmen angenommen:
„Di« heutige Betriebsversammlung protestiert
auf das Schärfste dagegen, daß innerbetriebliche
Angelegenheiten der K. V. S. im Falle Küsters
in einer öffentlichen Versammlung der Christ-
lichen Gewerkschaft behandelt worden sind,
und verbittet sich die Einmischung Außenste-
hender in diese Angelegenheiten, zumal diesel-
ben vollständig entstellt waren.
Nachdem nun die Belegschaft über den Fall
Küsters volle Aufklärung erhalten hat, stimmt
auch die Betriebsversammlung der Entlassung
Küsters zu und spricht dem Herrn Direktor
Sperling sowie dem Betriebsrat das volle Ver-
trauen aus“
Die ßeschäftigungslage im Saarland
Bericht des Arbeitsministeriums für Monat Januar — Erstmalig Rückgang der Be-
schäftigtenzahl — 7418 Arbeitslosa — Dennoch verschiedene Mangelberufe — Die
Aussichten zum Frühjahr
Mit dem Eintritt des Frostwetters ka-
men zahlreiche Außenarbeiten, beson-
ders im Hochbaugewerbe zum Erlieg an.
Nur weniga Betriebe waren in der Lage,
ihre fre gewordenen Arbeitskräfte auf dem
Bauhof bei Instandsetzungsarbeiten an
Maschinen und Geräten oder bei Tief-
bauarbeiten zu beschäftigen und notfalls
Kurzarbeit einzuführen. Es kam daher zur
Freisetzung von ca. 2000 Arbeitskräften,
die nur zum Teil von den Arbeitsämtern
für die Dauer der Arbeitsruhe im Bau-
gewerbe anderweitig untergebracht wer-
den konnten, weil weder der Bergbau
noch die Hüttenindustrie z. Zt. Arbeits-
kräfte aufnehmen können. Dadurch ist
zum ersten Mal die seit 1949 ständig an-
steigende Zahl der Beschäftigten im Ja-
nuar 1950 gesunken. Ende des Monats
wurden 268 911 Beschäftigte gezählt ge-
genüber 270 725 zu Beginn des Jahres. Es
ist nicht zu erwarten, daß bei Rückgang
des Frostwetters schon im Monat Febru-
ar der frühere Beschäftigungsgrad
schlagartig wieder erreicht wird, weil dar
Monat Februar für Außenarbeiten als be-
sonders wetterunsicher gilt und Termin-
arbeiten kaum anstehen. Die begonnene
Ausschreibung und Vergebung öffentli-
cher Arbeiten dürfte sich erst Ende Fe-
bruar, Anfang März auf den Arbeits-
markt auswirken. Die Zahl der Arbeits-
losen stieg durch den Beschäftigungs-
rückgang um 2 034 auf 7 498.
Die Lage in den einzelnen Wirtschafts-
zweigen und Berufsgruppen:
Landwirtschaft:
In der Landwirtschaft liegt nach wie
vor ein stärket Bedarf an Fachkräften
vor, der auch in absehbarer Zeit nicht
gedeckt werden kann. Die Abwanda-
rungsbestrebungen von' Fach- und Hilfs-
kräften zur Industrie halten an.
Forstwirtschaft:
hauern, Auiforstungsarbeiten wurden
durchgeführt. Im Bezirk Saarbrücken be-
steht noch ein Mangel an perfekten Holz-
häusern. Aufforstungsarbeiten wurden
nur in geringem Umfange vorgenommen,
Bergbau:
Weder der Saarbergbau noch die lo-
thringischen Gruben waren für Arbeits-
kräfte aufnahmefähig. Die Zahl der im
Bergbau Beschäftigten ist durch natür-
lichen Abgang von 69 849 auf 69 559 zu-
rückgegangen.
Eisenerzeugende Industrie:
Bei den saarländischen Hüttenwerken
konnten 165 Arbeitskräfte neu eingestellt
werden. Es handelt sich allerdmgs dabei
überwiegend um Wiedereinstellungen bei
dem Neunkircher Eisenwerk und um Wi --
derbeschäftigung heimkehrender Kriegs-
gefangener.
Eisen- und metallverarbeitende Industrie:
Die eisenverarbeitende Industrie ist
nach wie vor gut beschäftigt. Lediglich
bei einigen Montagefirmen traten durch
die jahreszeitlich bedingten Einstellun-
gen von Außenarbeiten Stockungen ein,
die zur Verkürzung der Arbeitszeit und
vereinzelt zur Freigabe von Arbeitskräf-
ten führten. Die Beschäftigungslage beim
Handwerk war in allen Arbeitsamtsbe-
zirken noch zufriedenstellend. Gesucht
waren insbesondere Klempner, Installa-
teure und Heizungsmonteure.
Industrie der Steine und Erden:
Durch den eingetretenen Frost waren
vereinzelt Betriebe der baustofferzeugen-
den Industrie gezwungen, Teile ihrer Be-
legschaft zu entlassen. Die Kalkstein-
brüche und Hartstein werke sind weiter-
hin für Arbeitskräfte aufnahmefähig. Auch
die Auftragslage in der Glasindustrie hat
eine Besserung gefunden, so daß auch
hier Einstellungen vorgenommen werden
konnten.
Holz- und Schnitzstoffgewerbe:
Die Zahl der offenen Stellen für Bau-
und Möbelschreiner ist gegenüber dem
Monat Dezember wieder leicht angestie-
gen. Während die industriellen Betriebe
dazu übergehen, Hilfskräfte anztriemen,
um den Facharbeitermangel zu beheben,
werben die handwerklichen Betriebe um
jede fremdberuflich beschäftigte Fach-
kraft. Die von den Sägewerken in ge-
ringer Zahl angeforderten Hilfskräfte
konnten ohne Schwierigkeiten zugewia-
sen werden.
Chemische Industrie:
Eine Zündholzfabrik mußte wegen Ab-
satzschwierigkeiten Entlassungen vo.neh-
men. Die chemisch-pharmazeutische In-
dustrie hat vorerst von Entlassungen Ab-
stand genommen in der Hoffnung, daß in
Kürze eine Belieferung Frankreichs rci':
saarländischen Arzneimitteln meg i:h sei.
Bei dem Saargummiwerk wurde eine grö-
ßere Halle mit Altgummi zerstört. Dia
Produktion hatte jedoch dadurch keinen
Ausfall erlitten.
Nahrangs- und Genußmifte g wa be:
Im Bäcker- und Metzgarhandwerk kam
es nach den Feiertagen zu geringen Ent-
lassungen. Die Fieischwarenfabriken
konnten weitere Einstellungen von Ar-
beitskräften vornehmen. Die im Vormonat
bei einer Schokoladenfabrik freigesetz-
ten Arbeitskräfte kamen wieder zur Ein-
stellung. Darüber hinaus konnte ein Be-
trieb weitere 18 weibliche Arbeitskräfte
aufnehmen.
Bau- und Baumebengewarbe:
Im Baugewerbe kam es in allen Ar-
beitsamtsbezirken infolge des eingeirele-
nen Frostwetters zu Entlassungen, die
sich jahreszeitlich gesehen, noch ir ei-
nem verhältnismäßig engen Rahmen os-
wegien. Es besteht immer noch e.ne
starke Nachfrage nach Maurern, Zimme-
rern, E.nscha ern, Eisenf .echtem und Pxat-
tenlegem, besonders im Arbeitsamisbe-
zirk Saarbrücke i.
Im Ma erhandwerk wurden Entlassun-
gen vorgenommen.
Bekleidungsgewerbe!
D e K e.der- und Wäscne abiilcen konn-
ten ihren bisherigen Eeschäl igungsstand
hol en, wahrend bei dem Handwerk eine
weitere erschreck:e ung der Auftrag s-
lage re st ru rieften war. Die Schuhfabri-
ken waren gu: beschäftig- und in gerin-
gem Umfang für Fachkräfte noch auf-
nahmefähig.
Kauf mäh aiscr-e und Büro erufr:
Handel, Indur r e und Verwaltung wa-
ren für sämtliche Argss‘eTenhe ufekeum
aufnahmefähig. Le g ich jüngere Büio-
anger e te, meistens mit Kenntnissen in
Stenographie, Ma^ohinensch reiben und
der französischen Sprache konnten ver-
mitte’t werden. Auch an jüngere Steno-
typistinnen besteht noch ein größerer Be-
darf. Perfekte Kräfte stehen hier übeT- *
haupt nicht zu-: Verfügung, da die Nach-
wuchskräfte es an einer fachlichen Aus-
bildung fehlen lassen.
Durch den Winter Schlußverkauf konn-
ten mehrere Aushilfskräfte kurzfristig in
Arbeit vermittelt werden.
Gewerkschaftsbewegung und
Die nachstehenden Ausführungen haben
den Zweck, zu zeigen, daß die in der Ver-
gangenheit errungenem Erfolge auf ar-
beitsrechtlichem Gebiet der Arbeitneh-
merschaft nicht wie ein Geschenk in den
Schoß gefallen sind, sondern daß diese
Ergebnisse dem vereinten Streben und
Fordern der Arbeiterschaft, geleitet von
der Aktivität ihrer führenden Männer, zu
verdanken sind. — Manches von dem,
was bereits fester Bestand war, wurde,
wie so vieles andere, durch die Flut der
Ereignisse, welche wir alle am elganan
Leib verspürt haben, hinweggeschwemmt.
Heute aber ist es höchste Zeit, an den
Wiederaufbau dpssen zu denken, was nie-
dergerissen wurde. Darum hat jeder Ar-
beitnehmer, der an den Erfolgen teilhaben
will, die Pflicht, zum Gelingen des Wer-
kes beizutragen, will er sich nicht nach-
sagen lassen, er wolle ernten, ohne zu
säen.
Die Entwicklung des Arbeitsrechts folgt
nach alter Erfahrung nur zögernd den sich
immer wieder ändernden Organisations-
formen des Wirtschaftslebens. Als der
Mensch nur für sich selbst, nur für den
eigenen Lebensunterhalt arbeitete, gab es
noch kein Lohn- und Preisproblem. Diese
Fragen tauchten erst auf, als der Mensch
seine Arbeitskraft einem Dritten zur Ver-
fügung zu stellen gezwungen war. Die
Einschaltung des fremden Auftraggebers
erweckte erst die sozialen Schwierigkei-
ten.. — Es würde zu weit führen, wenn wir
auf die Frage, wie es zu dieser Entwick-
lung kam, näher eingehen würden. Darum
genügt es, wenn wir feststellen, daß der
Uebergang von der mittelalterlichen Dorf-
und Stadtwirtschaft zur Volkswirtschaft,
von der Agrarwirtschaft zum Industrialis-
mus m seiner sprunghaften Entwicklung
vom vergangenen Jahrhundert ab einer-
seits zwar die Voraussetzungen für den
Zusammenschluß der Arbeitnehmer schuf,
andererseits aber auch, daß sich die Kräf-
teverhältnisse immer mehr zu ungunsten
der Arbeitnehmer verschoben. Eine steti-
ge Verschlechterung der Arbeitsbedingun-
gen war die Folge und die bestehenden
Gegensätze verschärften sich immer mehr.
Wenn sich die Masse der Arbeitnehmer
gegen Ausbeutung und Knechtschaft zur
Wehr setzen wollte, war ihr Zusammen-
schluß eine zwingende Notwendigkeit. So
fanden sich auch die Kräfte der Arbeit-
nehmer zusammen, welche sich der dro-
henden Entwicklung entregenstemmfan.
Sie sammelten sich um bewährte Arbei-
terführer, welche als erste die Geweirk-
schaftsidee verwirklichten. Der arbeiten-
de Mensch wurde von ihnen zur Verei-
digung seiner Lebensbedingungen aufga-
rufen, damit sein Verlangen nach Verbes-
serung deT Arbeitsverhältnisse, sein Be-
dürfnis nach sozialer Sicherheit und seine
Forderung nach Freiheit erfüllt werde. Im
Laufe der Jahrzehnte haben sich die Or-
ganisationsformen der Gewerkschaften
verändert und jeweils der wirtschaft-
lichen, sozialen und politischen Entwick-
lung angeglichen; ihre Aufgaben und
Ziele sind jedoch dieselben geblieben:
nämlich Hebung des Lebensstandards,
sozialer Schutz und Befreiung von Aus-
beutung, Unterdrückung und Abhängig-
keit
Wie aber konnten diese Forderungen dair
Arbeitnehmerschaft verwirklicht werden?
Der Unternehmer selbst war Ln den selten-
sten Fällen freiwillig zu Zugeständnissen
bereit, weil seine Interessen eine ganz
andere Richtung einschlugen. Anderer-
seits genossen die Gewerkschaften lange
Zeu keinerlei staatlichen Schutz. Aber die
Arbeiterbewegung war doch so stark ge-
worden. daß dar Staat, wenn auch nur
mit Widerstrsben, dem Druck dar neuen
Strömung nachgeben mußte.
Wenn es auch nur schrittweise voran
g-ng, so wurden doch die- ersten Erfolge
auf gesetzgeberischem Gebiet sichtbar Es
isr daher schon als Gewinn zu verbuchen,
daß sich die tätliche Hilfe zunächst nur
auf den Erlaß von EinzelVorschriften er-
streckte. Hier war es vor allem die Ge-
werbeordnung von 1869, welche m ft ziril-
rechüichen und gewerbepoiizeiliehen Be-
stimmungen den Schutz der gewerblichen
Arbeiter und ihrer Arbeitskraft übernahm.
Die Gewerbeordnung, welche zunächst
nur für den norddeutschen Bund erlassen
war, wurde später auch in den übrigen
deutschen Staaten eingeführt und brach e
damu auch für das übrige Deutschland
eine Ausdehnung des Arbei erschulz es. da
m den übrigen Staaten die Arbeher-
schutzgesetzgebung teils wenire’ entwic-
kelt war, teils überhaupt nicht bestand.
Eine Abänderung der Gewerbeordnung
von 1878 brachte eine weitere Verbesse-
rung der Schutzbestmimungen für die Ar-
beiter. Durch Einbringung immer neuer
Anträge un Reichstag, insbesondere be-
züglich der Sonntagsruhe, der Frauen-
und Kinderarbeit, der Arbeitszeit und
Nachtruhe der Arbeiterinnen wurdenwei-
tere Abänderungen der Gewerbeordnung
ln den Jahren 1903 und 1903 d. reheeoetzt.
Alle diese neuen Vorschriften brachten
eine erhebliche Besserstellung der Arb eit-
nehmer gegenüber cem früheren Rechts-
zustand. Diese Errungenschaften wurden
während des ersten W-eütkrieges vorüber-
gehend außer Kraft gesetzt. EDv e t sie
Jugendliche und weibliche Arbei'er be-
trafen, doch bald nach Beend nurg des
Krieges wieder eingeführt. Köcbsf be-
deutsam war die Schaffung von Cc, er-
be- und Kaufmannsganchts.ü in der Jah-
ren 1893 und 1904, welche später inden
Arbeitsgerichten aufcjiagen. Dem lang er-
sehnten Achtstundentag brach's die An-
ordnung über die Regelung dsr Arbeit-
zeit gewerblicher Arbei'er vom 23. No-
vember 1918.
Bis dahin war das kollektive Arbefts-
recht noch erheblich im Rückstand ge-
blieben, weil man sich nur schwer zu Zu-
geständnissen bequemt hatte und es da-
bei versäumte, sin systematisches Geset-
zeswerk zu formen. Erst nach dem Welt-
krieg ging e-s auch auf diesem Geb.et
unter dem Drucke der Arbeiterbewegung
vorwärts, nachdem sich die Gewerkschaf-
ten das Recht zur Vertretung der Art eft-
nehmerin teressen erkämpft haften. Ein
Markstein dieser Entwicklung ist die Ver-
ordnung über Tarifverträge, Arbeiter- und
“Angestellterausschüsse und Schlichtung
von Arbeitsstreitigkeiten vom 23. 12. 1918.
Sie brachte eine vorläufige, aber doch
sehr bedeutsame Regelung der wichtig-
sten arbeitsrechtlichen und sozialpoliti-
schen Fragen, denn auf ihr beruhten die
Unabdingbarkeit der Tarifverträge und die
Möglichkeit ihrer Allgemeinverbindlich-
keitserklärung. In der Weimarer Verfas-
sung vom 11. 8. 1919 ist die geplante
Weiterentwicklung des-Arbeitsrechts pro-
grammatisch angedeutet: In Artikel 157
heißt es: Das Reich schafft ein einheit-
liches Arbeitsrecht. Artikel 159 prokla-
mierte die Vereinigungsfrei heil, Artikel
163 die Arbeitspflicht und das Recht auf
Arbeit und Fürsorge,
(Schluß folgt)
Seite 6
DIE ARBEIT“
Februar 1950
■i
Die Körperbehinderten-Organisation
Weg und Zielausrichlung der Vereinigung der Körperbehinderten, Unfallbeschädig-
ten und -Rentner im Saarland Von HEINRICH ZIMMER.
Es ist ein Problem von entscheidender
Bedeutung, wenn man die heutige Orga-
nisationsbildung der Vereinigungen kör-
perbehinderter oder körperbeschädigter
Menschen überprüft und hierbei feststellt,
daß die Betreuung durch getrennt mar-
schierende Verbände erfolgt. Vor allen
Dingen wollen wir erwähnen, daß gerade
in unserer Heimat sehr große Unterschie-
de in der fürsorgerischen Betreuung be-
stehen, wobei der schwerwiegendste Pol
die Verausgabung unterschiedlicher
Schwerbeschäaigten-Ausweise ist. Es ist
dies eine unserer wesentlichsten Fordei-
rungen, und der Landtag des Saarlandes
wird sich alsbald mit unserer Eingabe be-
fassen. Die Entstehung der Vereinigung
der Körperbehinderten, die heute die zu-
sätzliche Namenstührung „Unfallbeschä-
digter und Rentner” angenommen hat, war
eine dringende Notwendigkeit denn die
Belange der Unfalibeschädigten und der
von Geburt oder durch Krankheit Behin-
derten wurden durch niemanden gewahrt.
Man soll die Betreuung nicht als eine
Selbstverständlichkeit oder als eine Ver-
pflichtung ansehen, denn sie kann nur
dann wirksame Wirklichkeit werden, wenn
ein großer Stab intelligenter Funktionäre
zur Verfügung steht.
Wenn eine Einheitsbewegung im Saar-
land bestünde, dann wäre zugleich die
Frage gelöst, ob man allen körperbehin-
derten bezw körperbeschädigten Perso-
nen ohne Rücksicht auf die Schadensur-
sache eine Beschädigtemente gewähren
kann. Wir verkennen nicht, daß der So-
zialetat unseres Landes nicht nur ausge-
lastet, sondern überlastet ist, aber wir ver-
treten den Standpunkt, daß das Recht des
Lebens in einem Staat, der als sozial ge-
ordnet anzusprechen ist, keine Distanzie-
rung erfahren darf.
Die Jugendbetrauung
und hier vor allem die Erfassung der
schulpflichtigen körperbehinderten Kinder
wird von uns mit größerem Nachdruck be-
trieben und zugleich den Gesundheitsäm-
tern empfohlen, bei der erstmaligen ärzt-
lichen Feststellung oder Betreuung die
Personalien an unsere Vereinigung weiter-
zuleiten. Es wird in. den nächsten Mona-
ten die Eröffnung des Körperbehinderter^
he-mss in Homburg mit einer Anzahl Bet-
ten durchgeführt.
Zur Rechtsvertretung.
Es gibt genug der Fälle, die eine Rechts-
beratung oder eine Rechtsvertretung bei
den Spruchkammern erfordern, und hier
sprechen wir nur "den Personenkreisen das
Recht der gerechten Entscheidung zu, die
die Erfahrung in eigener Person machen
mußten, das heißt, die als Unfall- oder
Körperbeschädigte im Range des Beisit-
zers fungieren. Daß diese Beisitzer aus
der Gruppe körperbeschädigter Menschen
verhorgehen müssen, wird eine unserer
Hauptforderungen sein. Es soll hierbei
aber auch gesagt werden, daß die soziale
Einstellung in jedem Falle erst die Grund-
lage der gerechten Entscheidung ergibt.
Zugleich verknüpfen wir mit diesem Punkt
unsere Forderung der Zusammensetzung
des Schwerbeschädigtenausschusses, der
neben Gewerkschaftsvertretern auch Ver-
treter der Vereinigung der Kriegsbeschä-
digten ausweist. Warum man bei dieser
Zusammensetzung eine Beachtung unserer
Organisation nicht vorgenommen hat, ent-
zieht sich melier Kenntnis, aber es trägt
den Anschein, daß die Bedeutung unse-
res Einsatzes nicht in vollem Maße er-
kannt wird. Wir fordern noch in diesem
Punkt eine Klarstellung und Hinzunahme
unserer Vertretung.
Es is. für Körperbehinderte heute einmal
mit einer gewissen Befriedung festzustel-
len, daß der vielfach und in verschiedenen
Formen zur Anwendung gekommene Aus-
spruch „Krüppel“ nicht mehr so stark in
Erscheinung tritt. Man muß von Regie-
rungsseite an alle Dienststellen die ent-
sprechende Anweisung erteilen, und so-
fern es bei gewissen Gesetzen der Ur-
text sein sollte, eine Abänderung dahin-
gehend vorzunehmen, daß an SteTe dieses
bereits anrüchig gewordenen und dem be-
troffenen Personenkreis als oftmals min-
derwertig bezeichnenden Wortes, nur
noch der Ausdruck „Körperbehinderter“
oder „Körperbeschädigter“ 'angewandt
wird.
Die Lage der Unfallrentner
bedarf einer besonderen Beachtung und
ist, wenn man den Umrechnungsfaktorder
Renten mit dem sich als Umrechnungs-
faktor ergebenden Preisgebilde in - dan
Vergleich stellt, als untragbar zu be-
zeichnen. Sehr wesentlich wirkt sich bei
unseren Unfallrentnern die immer noch
in Kraft befindliche Brünningsche Notver-
ordnung aus, die gewissen Beschädi-
gungskategorien die Zahlung der Unfall-
rente verweigert. Als außerordentlich
schwer ist das Los der Rentenempfänger
zu bezeichnen, die aus berufsgenossen-
schaftlichen Verbänden der deutschen
Bundesrepublik ihre Rentenansprüche ab-
leiten. Das Lebensniveau ist als stark
gefährdet zu bezeichnen. Wir erwarten be-
sonders in dieser Frage, daß die saar-
ländische Regierung zu einer besonde-
ren Vereinbarung gelangt, die diesen
P.entnern ihre wohlerworbenen Ansprüche
sichert. Die Rechtsberatung unserer ge-
samten Organisation haben wir durch ein-
gehende Besprechungen innerhalb des
Kreises der verantwortlichen Männer da-
hingehend geklärt, daß die Einheitsge-
werkschaft als die führende Organisation,
m der Frage der Betreuung des schaffen-
den Volkes zugleich mit den sich aus
unserem Einsatz ergebenden Momenten
betrau*, wird. Somit ergibt sich, daß wir
bei den zuständigen Stellen auf eine selb-
ständige Vertretung verzichten können.
Das Schwerbeschädigtengesetz
Das in der alten deutschen Fassung im-
mer noch in Kraft befindliche Schwerbe-
schädigtengesetz ist immer wieder Ge-
genstand von Besprechungen unserer
Funktionäre, die ohne Abweichung in der
Endkonsequenz die Feststellung tragen,
daß dieses Gesetz einer positiven Ab-
änderung unterzogen werden muß. Die
Schwierigkeiten, die sich gerade für die
Anerkennung als Schwerbeschädigter er-
geben, sind oftmals enorm und es bedarf
vieler Wege, um aus der Verklauselung
einzelner Paragraphen dieses Gesetzes
das Beste herauszuholen. Hier ist der § 8
als der Moment der Wesentlichkeit her-
vorzuheben, denn in ihm benennt man
ausführlich den Beschädigtenkreis der ge-
mäß dem § 3 dieses Gesetzes die Gleich-
stellung fordern kann. Die Voraussetzung
zur Erlangung der Gleichstellung sind ein-
mal die Ausstellung eines Gutachtens
durch die Gesundheitsämter. Gleichzeitig
möchten wir erwähnen, daß der Verfah-
rensweg einer Vereinfachung bedarf. Be-
sonders berührt uns die Einforderung von
Gebührnissen für die Ausstellung derarti-
ger Atteste, die nach Lage der Verhält-
nisse Personenkreise betreffen, deren
Einkommensverhältnisse nicht die güns-
tigsten sind. Hier erwarten wir gleichfalls,
daß eine Neuregelung vorgenommen wird
und durch diese Neuregelung eine Be-
friedung des von uns zu betreuenden Per-
sonenkreises erfolgt. So sehr man im öf-
fentlichen Leben die erforderliche Rück-
sichtnahme auf Schwerbeschädigte ver-
mißt, so sehr richten wir die Bitte an die
gesamte Bevölkerung, mit mehr Pietät den
Beschädigten gegenüber sich zu verhal-
ten.
Sonderurlaub und Regisrierung
Durch den Schutz des Schwerbeschädig-
tengesetzes sollen Härten vermieden wer-
den, die vor allen Dingen auf der arbeits-
rechtlichen Grundlage zu suchen sind. Es
muß allen Schwerbeschädigten, die amt-
lich anerkannt sind, zugleich der im öf-
fentlichen Dienst gewährte Sonderurlaub
zugesprochen werden. Wenn wir unser an-
fängliches Bestreben, einen Sonderpara-
graphen im Betriebsrätegesetz einzubauen
aufgegeben haben, so handelten wir in
der Erkenntnis, daß es möglich sein muß,
durch den saarländischen Landtag „ein
Sondergesetz zu beschließen, das die Ge-
währung mit einheitlicher Ausrichtung
bringt. Zugleich muß eine klare Zielaus-
richtung als Anweisung an alle Betriebe
geschaffen werden, die besonders auf die
Einhaltung der Bestimmung über die
Beschäftigung Schwerbeschädigter hin-
weist Diese Kontrolle in den Betrieben
ist oftmals durch die Arbeitsämter nicht
in vollem Umfange ermöglicht, und es ist
zugleich eine Aufgabe der Vereinigung an
im Saarland überhaupt, ihre Schwerbe-
schädigten-Vertrauensmänner zu beauf-
tragen, aus den einzelnen Betrieben her-
aus die Registrierung der Schwerbeschä-
digten vorzunehmen und somit die Ar-
biet der Behörden zu erleichtern.
Be schädigtenrente
Eme oft behandelte Frage finden wir
in dem Fehlen einer Gesetzesverfügung
über die Einführung einer Beschädigten-
rente. Es wird in diesem Falle nicht in
kurzer Frist möglich sein, eine zufrieden-
stellende Lösung zu finden. Sie bedeutet
aber nicht den Verzicht auf eine zufrie-
denstellende Erfüllung unserer Forderung,
Ihre Einzelheiten kann man heute noch
nicht bekanntgeben, denn es muß eine
genaue Kontrolle ausgeübt werden, wenn
man den Kreis der zu Betreuenden, bzw.
zu Entschädigenden feststellen will. Zu-
gleich sei erwähnt, daß für eine Beschä-
digtenrente nur Personenkreise vorge-
sehen werden können, die keine Betreu-
ung auf berufsgenossenschaftlicher
Grundlage erfahren.
Gewerkschaftskongreß in Rom
Das Problem des Arbeiteraustausches —
Vorschläge der deutschen Freiarbeiter
In Rom findet vom 17. bis 20. April ein
Kongreß der Freien Gewerkschaften statt.
Der Freie Italienische Gewerkschaftsbund
wird bei dieser Gelegenheit erneut seinen
Vorschlag einbringen, den er schon auf
dem Gründungskongreß der Gewerkschaf-
ten in London vorlegte, der wesentliche
Erleichterungen für den internationalen
Arbeiteraustausch verlangt. Diese Vor-
schläge werden als sehr dringlich be-
zeichnet. Die Forderung geht dahin, dis
Schwierigkeiten des Reiseverkehrs und
des Geldtransfers im Arbeiteraustausch
innerhalb der europäischen Länder auf-
zuheben, oder doch mifidestens wesent-
lich zu erleichtern. Insbesondere sollen
die Formalitäten bei der Beschaffung von
Reisepapieren erleichtert und die dabei
entstehenden Kosten wesentlich verringert
werden. Die französische Gewerkschafts-
organisation Force Öuvriere hat den ita-
lienischen Gewerkschaften in dieser Frage
bereits ihre Unterstützung zugesagt.
In diesem Zusammenhang sei erwähnt*
daß der Vorstand der ' C. G. T.-Force
Öuvriere in Paris auch von den ihm ange-
schlossenen deutschen Freiarbeitern um
ein Einwirken in dieser Richtung ange-
gangen worden ist. Nach ihrem Vorschlag
sollen die bisher bestehenden Bestimmun-
gen über die Geldüberweisungen nach
Deutschland gelockert werden. Sie ver-
langen ferner, daß bei Urlaubsfahrten
nach Deutschland die zeitraubenden For-
malitäten auf ein Minimum beschränkt
und die Kosten für die Beschaffung der
Reisepapiere bedeutend ermäßigt werden.
Eine Rundfrage unter den deutschen Frei-
ar beitem hat ergeben, daß sie vor An-
tritt ihrer Urlaubsfahrten allein schon min-
destens fünftausend Franken für Fahrten
zur Präfektur, Beschaffung des Reisepas-
ses und des Visums, die Reise nach Paris
zum Generalkommissariat für deutsche
Angelegenheiten und für Lohnausfall aus-
geben müssen. Da für die italienischen
Arbeiter zwar nicht ganz die gleichen,
aber im wesentlichen doch ähnliche
schwierige Bedingungen zutreffen, dürfte
damit gerechnet werden, daß auch die
Gewerkschaften der übrigen Länder für
diese Sache eintreten.
röte JJfteaieeqetneUide teiit mitt
26. Februar Miete 1
28. Februar Miete 3
„Was Ihr wollt?“ v. Shakespeare
Einzahlungen zur 3. Rate müssen bis am
L0. März getätigt sam. Die Mieten, die
bis zu diesem Zeitpunkt nicht erneuert
wurden, sind verfallen.
Herausgeber: Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, Brauerstr. 6-8.
Verantwortlich für den Gesamtinhatt: Heinrich
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schuhler, Industrieverbände, lugend
sowie Feuilleton I. P. Wambach. - Druck:
Druckerei Saar-Zeitung Dr. Nikolaus Fontaine,
SCHI AFFEN DE?
Em Gewerkschaftskongreß warnte schon vor 1933 vor einer Beteiligung an
Versicherungseinrichtungen irgendwelcher Art, die lediglich Mittel zum Zweck
sind, z.B. die den Versicherungsgedanken wesensfremde Verbindung der Versorgung
bei Tod und Unfall mit dem Bezüge einer Zeitschrift oder Zeitung (Abonnenten-
versicherung), unzulängliche Sterbekassen, die sich der Aufsicht entziehen, und
unzureichende Kollektivversicherungen, die auf lange Sicht die Erwartungen der
Versicherten nicht erfüllen. Der Kongreß verpflichtete die Gewerkschaftler zur
Mitarbeit am eigenen Versicherungsunternehmen und zwar
durch Abschluß von Versicherungen,
durch Werbung für seine hohen Ziele.
Die Absichten der Gründer unseres Unternehmens, der Gewerkschaften und Kon-
sumgenossenschaften, wurzeln in dem elementaren Grundsatz gemeinnützigen Wir-
kens, daß
alle Gewinne restlos den Versicherten
JfCiJj
GeweikschatUicii-Genossenschaitlicae LebensveisichemngsaktiengesellscJiaft
zugute kommen müssen, jegliche Erwerbstendenz also ausgeschlossen ist. So wird
unseren Versicherten bei niedrigen Prämien eine Lebensversicherung zum Selbst-
kostenpreis geboten. Guter und preiswerter Versicherungsschutz ist ein starker
Rückhalt, Vor allem muß sich der Ernährer der Familie versichern, aber auch Frau
und Kinder sollten nicht vergessen werden.
Unser Unternehmen, vor rund 40 Jahren durch einen Akt gewerkschaftlich-genossen-
schaftlicher Solidarität entstanden, ist eine der größten Versicherungsgesellschaf-
ten ihrer Art. Mit einem weitverzweigten, engmaschigen Netz von Organisations-
und Inkassostellen und vielen, meist ehrenamtlichen Halfern im gesamten Geschäfts-
gebiet, einer bewährten Tradition sowie der Bereitschaft zur Förderung gemein-
wirtschaftlicher und gemeinnütziger Bestrebungen, wie Unter-
stützung des genossenschaftlichen Kleinwohnungsbaues, der Konsumgenossen-
schaften u.ä., wendet sich die ..Volksfürsorge“ an alle Bevölkerungskreise und
fragt niemand nach seinem politischen oder religiösem Glaubensbekenntnis.
Februar 1950
DIE ARBEIT“
Seite 7
ii
lange GeroertifMIer
Warum lehnen wir Nationalismus und Militarismus ab?
Im Folgenden bringen wir einen Beitrag
zu einem Diskussionsthema das besonders
in den Kreisen der schaffenden Jugend von
großer Wichtigkeit sein dürfte.
In dem Artikel sind bewußt gewisserma-
ßen nur die Kernsätze zu diesem Thema
festgehalten. In der Diskussion sollt Ihr Euch
eingehend mit diesem Problem befassen und
uns vor allem auch einmal Euere Mei-
nung dazu schreiben.
Es wurde schon oft in den letzten Jahren
von Nationalismus und Militarismus ge-
sprochen und geschrieben.
Um Klarheit über diese beiden Begriffe
zu erhalten, wollen wir uns heut« einmal
eingehend damit befassen.
Was ist Nationalismus?
Zunächst eine Erläuterung des Ursprun-
ges des Wortes.
Das Wort Nation, national, nationali-
stisch hat seinen Ursprung in dem la-
teinischen Wort „natio“, d. h, auf deutsch
die Geburt, die Herkunft.
Nation ist demnach eine Gruppe von
Menschen gleicher Herkunft, gleicher Sit-
ten und Anschauungen, gemeinschaftli-
cher Sprache und gemeinschaftlicher Ge-
schichte, die sich zu einer festen Organi-
sation, nämlich dem Staat, zusammenge-
funden haben. Der Begriff Nation ist also
in sich durchaus nichts Schlechtes und
ve r dammung s wü r di ge s.
Alles, was mit dem Leben einer Na-
tion zusammenhängt, ist national zu nen-
nen.
Auch das nationale Empfinden ist
durchaus verteidigungs- und ehrenwert.
Nun kommen wir aber zu dem Begriff
„nationalistisch“.
Wer nationalistisch ist, hat mit dem na-
tional denkenden Menschen, der sich als
Angehöriger einer Nation auch zu dieser
seiner Nation bekennt, nichts zu tun.
Der nationalistische Mensch — oft auch
chauvinistisch genannt, muß sogar als
tatsächlicher Schädling an seiner Nation
gebrandmarkt weiden.
Der "Nationalist lehnt jede ehrliche und
offene Zusammenarbeit mit Angehörigen
einer anderen Nation ab, weil er davon
überzeugt ist, daß alle anderen Nationen
minderwertig und nichtswürdig sind.
Durch dieses bewußte Aus schalten jeg-
«»«»■■■■>Ml#««♦««*»»»♦♦♦••♦•«««♦»»«»»»♦♦«♦«♦»♦♦««♦•«»»«
Besucht alle Versammlungen
und Veranstaltungen
der Gewerkschaft!
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Man muß schon sagen, daß das saar-
ländische Handwerk eine zielbewußte Po-
litik in seinem Sinne führt. Diese Politik
sieht aber leider fast immer nur so aus,
das sie für unsere Lehrlinge Nachteile um
Nachteile bringen soll.
Nicht nur allein, daß man die Erzie-
hungsbeihilfen auf das schärfste angreift.
Nicht nur allein, daß man den § 12 der
Anordnung über die Vereinheitlichung der
Erziehungsbeihilfen einer Aenderung un-
terziehen’will.
Nicht nur allein, daß man absolut im
Bereich des Handwerkes wiederum Lehr-
zeitverlängerungen fordert.
Nicht nur, daß man es bis jetzt der Ge-
werkschaft nicht ermöglichen will, auch in
das Ausbildungswesen des saarländi-
schen Handwerkes sich maßgeblich ein-
zuschalten:
Nun will das saarländische Schmiede-
handwerk auch noch generell für seinen
Berufszweig die Erschwerniszulage für
Lehrlinge gestrichen wissen.
Das geht nun allmählich doch zu weit!
Wir machen darauf aufmerksam, daß
wir als Gewerkschaft unsere Stellung-
nahme zu all diesen Bestrebungen bei
der Regierung des Saarlandes verteidigen
werden.
Im übrigen verweisen wir auch auf den
Leitartikel auf der Titelseite dieser Aus-
gabe „Die Arbeit.“
Bildung des Landesjugendausschusses
bevorstehend
Wie uns das Ministerium für Kultus,
Unterricht und Volksbildung mltbeilt, steht
lieber Verbindungsmöglichkeiten über die
eigenen Staatsgrenzen hinaus kapselt sich
der Nationalismus ebenso bewußt von
der internationalen Begegnung der Men-
schen ab und ist ein Gegenteil nur dar-
auf bedacht, seine Nation „über alles
in der Welt“ zu stellen.
Wir erkennen schon aus diesen Formu-
lierungen, die absolut keinen Anspruch
erheben auf die Vollständigkeit der Be-
schreibung des Nationalismus, daß na-
tionalistisches Verhalten der beste Weg-
bereiter von Kämpfen zwischen den Na-
tionen, d. h. also wirtschaftlichen und
militärischen Auseinandersetzungen, ist.
Der Nationalist trägt ja nicht danach,
ob durch sein Verhalten Tausende und
Millionen Leben und Gesundheit aufs
Spiel setzen und verlieren müssen.
Für ihn ist es nur von Bedeutung, ob
seinengstirnig es Denken und Han-
deln die Oberhand gewinnt oder
nicht.
Nicht jeder Soldat ist schon deshalb ein
Militarist, weil er in eine Uniform gesteckt
wurde.
Militarismus ist eine Geisteshaitung,
unter deren Einwirkung der Militarist han-
delt. Der blinde Kadavergehorsam, d. h.
das Gehorchen, als sei man eine blind-
lings ergebene, willenlose Masse, ist die
beste Vorstufe zum Militarismus. Der Mi-
litarist nimmt ebensowenig Rücksicht auf
die menschlichen Belange seines Näch-
sten als auf die tatsächlichen Erforder-
nisse seiner Nation. Ihm kommt es nur
darauf an, unter allen Umständen
„mit dem Säbel zu rasseln“ und Krieg zu
spielen. Dabei muß betont werden, daß
man den Militaristen, der so viel
von Heldentum schreit, nie-
mals dort find et , wo es tatsäch-
lich kracht und ernst ist. Jeder
kennt ja sicher das schöne Beispiel von
Nationalismus und Militarismus führen
unweigerlich zum Verderben eines Volkes,
Es ist kein Wunder, sondern eine Selbst-
verständlichkeit, daß alle Arten kapitali-
stischer Machthaber sich stets auf das
Engste mit dem Nationalismus und Mili-
tarismus verbunden fühlen. Wir gehen
sogar so weit, daß die kapitalistischen
Machthaber erst das Fundament zu Na-
tionalismus und Militarismus abaeben.
Denn aus Nationalismus und Militarismus
entsteht der Imperialismus ganz gleich
welcher Prägung. Imperalismus aber ist
die Sucht, unter allen Umständen und un-
ter Anwendung aller Mittel zur Herrschaft
zu gelangen.
Nationalismus und Militarismus haben
uns in der Vergangenheit zu den unend-
die Bildung des Landesjugendaussohus-
ses, der auf Grund des Jugendpflegege-
setzes geschaffen werden muß, unmittel-
bar bevor.
Damit wäre eine Lücke geschlossen,
die sich schon oft als sehr nachteilig be-
merkbar gemacht hat.
Das Jugend Sekretariat der Einheitsge-
werkschaft wird diesem Ausschuß eben-
falls mit Sitz und Stimme angehören.
Gründung des Jugendherbergsverbandes
im Saarland
Nachdem das Jugendherbergswerk
durch seinen Verwaltungsausschuß die
Voraussetzungen dazu geschaffen hat,
wird in Kürze die Gründung des
Jugendherbergsverbandes im Saarland
vorgenommen werden.
Mit der Gründung dieses Verbandes
wird das Ringen um das Wiedererstehen
des Jugendherbergsgedankens seine Krö-
nung erfahren.
Gleichzeitig wird ein Schlußstrich un-
ter eine Zeitepoche gesetzt werden, die
das Wandern der Jugend zu einem poli-
tischen Zweck mißbraucht und vollkom-
men verstaatlicht hatte.
Unsere Jugend soll wieder als Glied
des Weltjugendherbergswerkes die Enge
der Ländergrenzen überwinden und für
die weltweite Schönheit anderer Länder
begeistert werden, um somit auch gleich-
zeitig den Grundstein persönlicher Freund-
schaft mit Menschen aus aller Welt zu
legen.
Fürwahr: Di« beste Garantie einer wah-
ren und dauerhaften Völkerverständigung,
Der Nationalist ist daher auch nicht ge-
willt, aus den geschichtlichen Tatsachen
zu lernen und neue Wege zum Wohle
seiner Mitmenschen zu gehen; umso eher
ist er gewillt, die Mitmenschen, die aus
geschichtlicher Erfahrungen und Erkennt-
nissen die Lehre gezogen haben, als
„Verräter an der Nation“ zu beschimpfen.
Umso eher ist er gewillt, Angehörige an-
derer Nationen als „Kulis“, als „Neger“
kurzum: als Minderwertige zu verach-
ten.
Für große, fortschrittliche Ideen im Be-
reiche der Völkerfamilie ist der Natio-
nalist nicht brauchbar und daher in
Wirklichkeit ein „Erz-Reaktionär.“
Der Nationalismus ist daher eine Gei-
teshaltung, die wir als fortschrittliche,
junge Menschen und insbesondere als An-
gehörige der Arbeiterklasse endgültig in
unseren Herzen und in den Herzen un-
serer Mitmenschen überwinden müssen.
den besten Plätzen im Kino, die bekannt-
lich immer hinten sind, weil es vorne
„flimmert,“
Man wird aber den Militaristen immer
dort finden, wo es um die Vermassung
des Menschen, um die Zerstörung
menschlicher Freiheit und Würde, um die
Durchführung von Verbrechen gegen die
Menschlichkeit durch ein'autori äres und
diktatorisches System geht.
Der Militarist schaltet eben jedes eigen-
persönliche Denken und Handeln aus und
vergötzt den Staat und seine „größten
Führer aller Zeiten.“
Er ist auch beileibe nicht nur in
Deutschland zu finden gewesen, sondern
auch heute noch in anderen Staaten,
selbst, wenn diese sich „demokratisch“
nennen.
liehen materiellen und geistigen Trümmer-
feldern geführt.
Glaubt Ihr, daß das in Zukunft anders
wäre? Nationalismus und Militarismus
haben dem deutschen Volk alleine im
letzten Weltkrieg
6 385 000 tote Soldaten und Offiziere,
9 655 000 Verwundete und Krüppel,
3 380 000 getötete Zivilisten
12 280 000 Kranke und Arbeitsunfähige
14980 000 Ausgebombte und Evakuierte
9 500 000 völlig zerstörte Wohnungen u.
7 950 000 restlos vernichtete Fabrika-
tionsräume
gebracht.
Diese Zahlen mögen eindringlicher und
deutlicher als alle Worte beweisen, wie
Bildung einer Kommission für Berufsaus-
bildungsfragen.
Zum Zwecke einer intensiven Bearbei-
tung aller Berufsausbiidungsangelegen-
heiten soll im Rahmen des Jugendsekre-
tariates eine Kommission gebildet wer-
den.
Es ist nun unser Wunsah, daß sich be-
sonders solche Kollegen melden, die be-
reits in ihrem Betrieb in der Ausbildungs-
leitung stehen.
Vor allem wird sich die Kommission
mit der Schaffung eines Entwurfes zum
Berufsausbildungsgesetz befassen.
Das Jugendsekretariat bittet daher alle
Kollegen, die Interesse zur Mitarbeit auf
diesem Gebiete haben, sich unter Angabe
ihrer Betliebspraxis in Berufsausbildungs-
fragen und genauer Anschrift zu melden.
Die Meldungen mögen unmittelbar an
das Jugendsekretariat der Einheitsgewerk-
schaft gerichtet sein.
Berufsausbildungsausschuß im Bereich
der Industrie- und Handelskammer.
Nachdem, wie uns die Industrie- und
Handelskammer mitteilt, im Bereich der
Kammer’ ein Berufsausbildungsausschuß
gebildet wurde, wird nunmehr auch eine
Kommission gegründet werden, deren vor-
aussichtlicher Name „Arbeitsstelle für be-
rufliche Ausbildung in Industrie und Han-
del des Saarlandes“ sein wird.
Diese Kommission wird die Aufgaben
des von uns seit längerer Zeit geforder-
ten Berufsausbildungnausschusses über-
nehmen, und zwar selbstverständlich un-
ter Hinzuziehung der Gewerkschaften als
gleichberechtigte Partner.
unsinnig es wäre, heute auf demselben
Weg weiterzufahren.
Wir lehnen Nationalismus und Militaris-
mus mit all ihren Begleiterscheinungen
mit der ganzen Glut unserer jungen, le-
bensfrohen Herzen ein für allemal ab.
Der neue Weg, den die Kulturvölker
Europas zu beschreiten gewillt sind und
in ihrem eigensten Interesse auch ge-
willt sein müssen ist derjenige, der zu
einer
europäischen Vereinigung
führen wird.
Auch dann,. wenn gewisse altherge-
brachte „Souveränitäten“ der einzelnen
Staaten zugunsten der neuen Völkerge-
meinschaft an diese übertragen werden
müssen, auch dann, wenn mit alten soge-
nannten „Traditionen“ unter selbstver-
ständlicher Beibehaltung der wesenseige-
nen Kultur, Sitten und Gebräuche,
Sprache und des Volkstums gebrochen
werden muß.
Das einzige Ziel, das unentwegt verfolgt
werden muß, ist das:
Die Solidarität der Arbeiterklasse muß
die Grenzen der Herzen zum Fallen
bringen, um der Versöhnung und dem
Frieden unter den Völkern den Weg
zu bereiten.
Deshalb lehnen wir Nationalismus und
Militarismus ab!
Rudi Blaß
Einführung in die französische Geschäitssprache,
Von Jean Graf f. Ernst Klett-Verlag. Stutt-
gart
Vielen Schülern und auch schon tätigen
Korrespondenten wird das 158 Seiten umfassen-
de Buch mit Wörterverzeichnis wertvolle Dienste
leisten. Der 1. Teil enthält Briefreihen, die die
Hauptbriefarten behandeln unter Vermeidung
besonderer Schwierigkeiten. Im 2. Teil sind
schwierige Originalbriefe und besondere Fälle
aufgeführt so der Verkehr mit Speditionen. Ban-
ken etc. Wer energisch und systematisch heran-
geht. wird mit dem Buch, das die erwähnten
beiden Teile enthält, viel anfangen können und
wichtige Fortschritte zu verzeichnen haben.
Preis des Buches 3,80 DM (in Buchhandlungen
zu bestellen).
Blick in die Welt. Diese in Hamburg erschei-
nende Monatszeitschrift macht ihrem Namen
auch weiter alle Ehre. Wenn sich auch nicht
jeder jede Betrachtung, z. B. über soziale Fra-
gen, restlos zu eigen machen wird, so merkt
man doch das Streben nach Loyalität und Sach-
lichkeit auch auf diesem Gebiet. Sehr fesselnd
sind die jeweiligen Schilderungen über Wirt-
schft. Auswandererprobleme, Länder- und Völ-
kerkunde, Kunst, Film, Theater. Sport, Mode.
Wir hoffen ...., daß auch dia Arbeits-
gemeinschaft des saarländischen Hand-
werkes diesen Geist der Fortschrittlich-
keit zeigt!
Monatsberichte
Das Jugendsekretariat macht nochmals
auf die Einsendung der Monatsberichte
der einzelnen Ortsjugendgnippen auf-
merksam.
Aus dem Ausland
Deutschland. In dem Gebiet der West-
deutschen Bundesrepublik befaßt man
sich ernsthaft mit der Einführung des 9.
Volksschuljahres als „Berufs-indungs-
jahr.“ Auch die Kollegen und Kollegin-
nen des Deutschen Gewerkschaftsbun-
des sind unter bestimmten Voraussetzun-
gen Befürworter der Einführung eines 9.
Volksschuljahres.
Frankreich. In Frankreich ist ein Sta-
tut zur Berufsausbildung in Bearbeitung,
in welchem besonders der technische Un-
terricht und die sportliche Erziehung be-
deutend stärker als bisher Berücksichti-
gung finden.
USA, In den USA wird demnächst eine
ganztägige Schule für leitende Gewerk-
schaftsfunktionäre eröffnet, deren Lehr-
gänge jeweils 12 Ijdonate dauern. Acht
Monate hiervon sind dem theoretischen
Unterricht und vier Monate der prakti-
schen Arbeit in verschiedenen Handels-
und Industriezweigen gewidmet.
Das Jugendsekretariat teilt mit:
Aufhebung der Erschwerniszulage für Lehrlinge ? ? ?
Was ist Militarismus?
Wo.führen nun Nationalismus und Militarismus hin?
Seite 8
Februar 1950
„DIE ARBEIT,,
Die Konkurrenz Schiene-Straße
Zuschrift eines Eisenbahners
..Wir von der Eisenbahn haben uns darüber
gefreut, daß auch der Kollege von der Post in
der Nr. 2 des Organs der E.. G, „Die Arbeit"
unter der Ueberschrift „Ein Beitrag zum Ver-
kehrsproblem“ in allgemein verständlicher Form
zu dem von uns sehr oft aufgegriffenen heiß-
umstrittenen Verkehrsproblem „Schiene — Straße"
Stellung genommen hat.
Vorweg soll gesagt werden, daß die Aus-
führungen über die besondere soziale Seite auch
unsererseits die vollste Unterstützung finden.
Im Nachstehenden soll nun untersucht werden,
inwieweit eine befriedigende Lösung in der Ver-
kehrsbedienung für alle Beteiligten, sowohl für
die Verkehrskunden als auch für die Verkehrs-
träger gefunden werden kann.
Vorweg sei gesagt, daß keineswegs die Ab-
sicht besteht, an den Errungenschaften der Tech-
nik vorbeizusehen. Im Gegenteil soll die Tech-
nik nach einem bestimmten Plan ganz beson-
ders auch für das Beförderungsproblem nutzbar
gemacht werden. Wenn nun hier sich ein Eisen-
bahner zum Wort meldet, so soll deshalb nicht
nur die Schiene als Beförderungsweg gepriesen
werden, sondern auch die Straße als uralte
Dienerin der Menschheit und damit Bindeglied
dev Kultur als Beförderungsweg den gebührenden
Platz behalten. Es kann keineswegs die Ab-
sicht sein, die Entwicklung rückwärts zu drehen,
sondern die Parole heißt: „Mit der Zeit vorwärts
schreiten“. Diese Einstellung hindert uns nicht
zu versuchen, eine klare Uebersicht über die
ungleichmäßige Verteilung von Lasten und Pflich-
ten zwischen Schiene und Straße aufzuzeigen.
Die Eisenbahn dient der Allgemeinheit. Sie
hat aus der Gründerzeit, d. h. aus der Zeit, als
die Eisenbahn sozusagen noch ein Beiorderungs-
monopol hatte. Erschwernisse übernommen, die
ihr heute noch anhaften. Wir denken z. B. an
die Beförderungspflicht, den Tarifzwang und die
verschärfte gesetzliche Haftpflicht. Darüber hin-
aus muß die Eisenbahn ihren Fahrweg selbst
unterhalten. Die Straßenunternehmen zahlen
durch den erhöhten Kraftstoffpreis nur einen ge-
ringen Anteil zur Straßenunterhaltung; der größte
Teil zu dieser Unterhaltung wird von der All-
gemeinheit der Steuerzahler aufgebracht. Der
private Omnibusverkehr stellt sich seinen Fahr-
plan so zusammen, dpß er im wesentlichen nur
vollzahlende Fahrgäste befördert. Während die
Eisenbahn den starken Berufsverkehr zu billigen
Preisen abwickeln muß und aus sozialen Rück-
sichten weitgehende Ermäßigungen gewährt,
nimmt der private Omnibusbetrieb der Eisenbahn
in unfairer Konkurrenz die voll zahlenden Fahr-
gäste weg.
Es soll zugegeben werden, daß nach dem
Zusammenbruch 1945 die Eisenbahn infolge der
massiven Zerstörungen der Anlagen und ihres
Materials zunächst nicht in der Lage war, den
gesamten Verkehr so zu bedienen, wie es
notwendig gewesen wäre. Aus dies?? Zeit re-
sultieren die Anfänge des heutigen Zustandes
in dem saarländischen Omnibusgewerbe, Unter-
nehmer. die mit alten, wackligen Wagen an-
fingen zu fahren, haben sich im Laufe der Zeit
eine Vielzahl von neuen Wagen zugelegt, weil
sie ohne jegliche Kontrolle, sowohl hinsichtlich
des Tarifs, der Sicherheit und der Herkunft ihrer
Fahrzeuge vollständig immun gegen jeden Ver-
lust waren. Man kann daher ruhig von einem
chaotischen Zustand im privaten Omnibusge-
werbe sprechen. Wo bleibt denn hier Herr
Geraldy. der sich so gerne im Finanzausschuß
des Landtages mit den Finanzfragen der Eisen-
bahn beschäftigt?
Gegenüber 15 der vor 1939 bestehenden Privat-
omnibusbetrieben zählt man heute bereits 36
Omnibusunternehmen. Dazu kommt noch ein aus-
gedehnter Werksverkehr- Im Jahre 1938 waren
im saarländischen Gebiet — 162 Kraftomnibusse,
im Jahre 1949 sind = 372 Omnibusse eingesetzt.
Dies bedeutet eine Steigerung von 230 Prozent.
Es ist festgestellt, daß z. B. ein Privatomnibus-
unternehmer der Eisenbahn monatlich 800 000 Frs.
Einnahmen entzieht. Bei dem gleichen Unter-
nehmer werden einheitliche Fahrscheine ausge-
geben für alle Verkehrsverbindungen ohne Preis-
aufdruck. Während die Eisenbahn für ihre genaue
verbuchten Einnahmen die vorgeschriebene
Steuer entrichten muß. kann der Unternehmer
in dieser Beziehung nicht kontrolliert werden.
Auf der Eisenbahn wird der Fahrgast nahezu
bei jedem Zug konrolliert, während Kontrollen
beim Privatunternehmer bisher nicht bekannt
sind, weil er sie nicht will, oder in diesem
Falle das hochwohllöbliche Finazamt sogar das
Hühnerauge zudrückt! Eine systematische Kon-
trolle ist auch nicht möglich.
Die Sozialleistungen der Eisenbahn sind außer-
ordentlich hoch. Unter anderem unterhält sie
für ihre Angestellten rund 2000 Wohnungen. Unter
größten Opfern ist sie damit beschäftigt, auf
dem Sozialgebiet ihren Angehörigen die gröst-
möglichste Sicherheit zu bieten. Ein Privatunter-
nehmer schimpft über die gesetzlichen Sozial-
abgaben. Es fällt ihm garnicht ein. noch beson-
dere Leistungen über das gesetzliche „Muß“ hin-
aus zu bringen. So kann es nicht weitergehen.
Auf der einen Seite werden die Interessen
weitester Volkskreise auf das Empfindlichste
durch diese unterschiedliche Behandlung geschä-
digt. und auf der anderen Seite sind die Unter-
nehmer auf Kosten der Allgemeinheit die Nutz-
nießer dieser unlauteren Konkurrenz.
Das Wort „staatliche Lenkung“ mag im heu-
tigen Sprachgebrauch etwas „verpönt“ klingen,
aber nur die Unternehmer, die sich „frei ent-
wickeln“ und losgelassen von allen Bindungen
entwickeln wollen, fördern für sich unter dem
Deckmantel der Demokratie die freie Ausbeu-
tung.
Man kommt nicht umhin, die Dinge gerecht
zu regeln und von einer einzigen Stelle aus
zentral zu lenken. So wird dabei oft von einer
Koordinierung oder von einem Verkehrsbeirat
gesprochen. Doch ehe man einer Koordinierung
von Straße und Schiene näher treten kann, ist
es unbedingt notwendig, daß die Lasten und
Pflichten gleichmäßig auf die beteiligten Unter-
nehmen verteilt werden. Es muß gefordert wer-
den, daß die Autounternehmen der gleichen Ver-
pflichtung und Dienstbarkeit unterworfen wer-
den. wie die Eisenbahn.
Hierzu gehört u. a.:
die Pflicht feste Fahrpläne und feste Tarife au
veröffentlichen,
die Pflicht, alle Reisenden auf den festgesetzten
Verkehrswegen zu übernehmen,
die Pflicht den Reisenden die gleichen An-
nehmlichkeiten zu gewähren wie bei
der Eisenbahn, z. B. geschützte Halte-
stellen,
die Pflicht, den Reisenden die größtmöglichste
Sicherheit zu gewähren, wie etwa 2
Fahrer auf ein Fahrzeug, ausreichen-
de Haftpflichtversicherungen,
die Pflicht die sozialen Belange des Personal?
in gleicher Weise wie bei der Eisen-
bahn zu schützen,
die Pflicht sich einer iauienden Kon^ulle des
Verkaufs der Fahrscheine durch be-
hördliche Organe zu unterwerfen,
die Pflicht, die Unterhaltungskosten für die
Straßenbenutzung in ein Verhältnis zu
stellen, wie sie etwa der Eisenbahn
durch ihren eigenen Schienenweg auf-
erlegt sind.
Beinahe hätte ich die bei uns so berühmten
Dienstdauervorschriften vergessen. Welcher Pri-
vatkraftwagenunternehmer hat jemals an eine
derartige „Belastung“ seines Betriebes gedacht?
Welcher Kraftfahrer hat je gewagt, gegen eine
Ueberinanspruchnahme zu protestieren? Wenn es
wirklich einen solchen geben sollte, dann ist
er aber heute nicht mehr als Kraftwagenführer
beschäftigt!!!
Es dürfte wohl kaum anzunehmen sein, daß
die privaten Unternehmen zu einer Uebernahme
dieser unumgänglichen Verpflichtungen bereit
sind. Es wird daher nichts anderes übrig bleiben,
als zur Wiederherstellung geordneter Zustände
■•ii'! heutigen Unternehmer einer strengen Prü-
fung zu unterwerfen und diesen in allen Fällen,
in denen die vorgenannten Bedingungen nicht
erfüllt sind, die Genehmigung zu entziehen.
Es ist unverständlich, daß die Regierung diese
Frage bisher nicht in zufriedenstellender Weise
regeln konnte. Es ist allgemein bekannt, daß so-
wohl von der Eisenbahn als auch von der Post
gegen diese privaten Omnibuslinien fortgesetzt
Einsprüche erhoben werden. Aber es ist uns
noch in keinem Falle bekannt geworden, daß die
Regierung den berechtigten Einsprüchen nach-
gekommen wäre. Im Gegenteil, von Monat zu
Monat werden private Omnibuslinien erweitert.
Bei gründlicher Ueberlegung kann man nur noch
zu einem Resultat kommen: Die gewerbsmäßige
Beförderung der Personen außerhalb des Taxen-
betriebs und der Straßenbahnen muß bei den
ältesten und größten Verkehrsunternehmen, bei
der Eisenbahn und der Post bleiben. Dabei muß
das Aufgabengebiet der Post auf die Zubringer-
linien zur Eisenbahn festgesetzt werden. Sollte
es unumgänglich sein, daß sonstiger Omnibus-
verkehr und Werksverkehr in gewissem Umfang
noch weiter geführt werden, so muß hierfür im
gegenseitigen Einvernehmen eine Lösung ge-
funden werden.
Ueber das Verhältnis zwischen Eisenbahn und
Post erscheint es richtig, daß beide sich selbst
darüber einigen.
Zusammenfassend richten wir eindringlich —
wie schon so oft — an die Regierung einen
Appell, auf diesem Gebiet endlich die notwendi-
ge Ordnung zu schaffen. Wir erlauben uns, die
Regierung auf die anläßlich unserer Betriebs-
rätekonferenz am 12. ll. 1949, an der neben dem
Hohen Kommissar Frankreichs im Saarland. M.
Grandval, der Ministerpräsident, Herr Hoffmann,
sowie die Herren Minister Dr. Singer und Kirn
teilnahmen, gefaßte Entschließung hinzuweisen,
die sich mit vorstehenden Ausführungen in allen
Teilen deckt.
Wir können uns iernerhin nicht mehr nur mit
Entschließungen und freundlichen Zusagen zu-
frieden geben. Unsere Eisenbahner wollen end-
lich auch einmal Taten sehen. Sollten etwa zur
Beleuchtung dieser Taten Scheinwerfer benötigt
werden, so erklären wir uns zu deren Lieferung
bereit.“
iifniiHiiiiiiiiiiiiiHMiiiiiiiiiiiiHiiiHMiitiiiiiiimHimiimiHiimiiHiimiiiiiimiiiiiHiiiHni
/\r\ zeigen m der Gewerk-
schaftsleitung //Die Arbeit'"
verbürgen Erfolg!
Post aus dem Ausland
Frankreich. Die Kohlenförderung ergab in der
am 21. Januar endenden Woche ein Ergebnis von
1 134 000 Tonnen. Dazu kommen 311 000 Tonnen
Saarkohle. Weitere 212 000 Tonnen Kohle wurden
eingeführt. Die Stromproduktion betrug in der
am 26. Januar endenden Woche 626 Millionen
Kilowattstunden. Hiervon waren 197 hydrauli-
scher Herkunft, 429 Millionen kWh wurden auf
thermischem Wege erzeugt. Der Warenverkehr
der staatlichen Eisenbahnen hielt sich in der
am 20. Januar endenden Betriebswoche mit
220 000 geladenen Güterwagen ungefähr auf dem
Stand der vorhergehenden Woche.
Schweiz. Die Lohn- urid Preisentwicklung in
der Schweiz weist im ersten Halbjahr 1949 ein
Ansteigen der Gesamtlöhne um 1 Prozent und
ein Absinken der Lebenshaltungskosten um o,7
Prozent auf. Der Wert der Löhne stieg also
um 1,6 Prozent. Die effektive Lohnerhöhung ge-
genüber 1939 beträgt 23,8 Prozent.
Norwegen. Die norwegische Regierung kündigt
an, daß sie dem Parlament eine Reihe von Vor-
schlägen zur Verstaatlichung der Einfuhr von
Futtermitteln pharmazeutischen Produkten unter-
breiten werde. Sie beabsichtigt ferner die um-
fangreichen industriellen Gefrieranlagen in staat-
liche Verwaltung zu nehmen und ferner Kom-
missionen zu ernennen, die Vorschläge zur Ver-
staatlichung der Banken, der Brauereien und der
Bergwerke ausarbeiten sollen.
England. Von den seit dem Jahre 1947 nach
England gekommenen 86 000 freiwilligen Arbei-
tern, haben sich nur 2 000 entschlossen, in ihre
Heimat zurückzukehren. Etwa 30 000 dieser Ar-
beiter sind in der Landwirtschaft beschäftigt,
14000 in den Baumwoll-und Wollindustrien. 11000
ijr den Bergwerken und 15 000 arbeiten in den
Krankenhäusern und Anstalten als Hauspersonal.
USA. Die amerikanische Gewerkschaftszen-
trale „American Federation of Labor“ (A. F. L.)
kündigt an, daß die ihr angeschlossenen Ge-
werkschaften bedeutende Lohnerhöhungen ver-
langen werden. Die Arbeitgeber, so heißt es in
dieser Veröffentlichung, können Lohnerhöhungen
von 7 bis zu 16 Cents pro Stunde gewähren,
ohne daß dadurch das Preisniveau ins Schwan-
ken geräte, wenn sie nur die Produktionskosten
und die Gewinnspanne vermindern. Die ameri-
kanische Wirtschaft ist stark und gesund und
eine neue Krise kann vermieden werden, wenn
Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einem kon-
struktiven Programm Zusammenarbeiten. Nach
Ansicht der A. F. L. wird die Zahl der Arbeits-
losen in den Vereinigten Staaten im Jahre 1950
um nahezu 1 Million auf mehr als 5 Millionen
durch das Hinzukommen neuer Arbeiter iniolge
Schulentlassungen etc. ansteigen.
Ein Arzt erlebt die Industrie
von Hons K e 11 n e ™
Ernst Klett-Verlag. Stuttgart.
Wer sich mit sozialen Fragen beschäftigt, der
kann an den Ln diesem Buche niedergelegten
Gedanken und Betrachtungen nicht vorüberge-
hen. Hier äußert sich ein Betriebsarzt in gründ-
licher Weise. In jahrzehntelanger Praxis hat
der Arzt die Krankheiten der Werktätigen stu-
diert. Der Verlag behauptet in einem Hinweis,
das Werk lege den Grundstein zu einer neuen
Form der Menschenführung. Jedenfalls wird in
unserm ausgesprochenen Industriegebiet ein sol-
ches Werk der besonderen Beachtung sicher
sein.
Dtf S. A. RKA^AISE
MARTIHI & ROSSI
teilt ihrer sehr geehrten
Kundschaft mit, dass alle
Bestehungen ihrer Spezia-
litäten ohne Verzug durch
ihr Auslieferungslager.
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n—w i null i iimrrwTiiBfflWWMWWBWWIWFBl
OER RRREHER, RNGEGTELLTEN UNO RERmTEN
4. Jahrgang
Saarbrücken, 1. März 1950
Nr. 5
Zu den Pariser Verhandlungen
Beim Abschluß dieser Ausgabe lag ein
endgültiges Ergebnis der Pariser Verhand
Jungen noch nicht vor. Die nachstehende,
Betrachtungen sind unter diesem Gesichts
punkt zu bewerten. In der nächsten Aus-
gabe unseres Organs werden wir dann
grundsätzlich Stellung nehmen.
Alle Probleme sind für das Saarland
schwieriger zu lösen als für irgend ein
anderes Land. Das liegt an der Bevölke-
rungsdichte und nahezu einseitigen Indu-
strialisierung. Im Saarland allein kön-
nen höchstens für 2 Monate die Lebens-
mittel erzeugt werden, die die Bevölke:-
xung braucht. Staaten, bei denen die Be-
völkerung überwiegend aus Menschen be-
steht, die ihre Existenz in der Industrie
finden, sind bei Krisen sehr gefährdet.
Em Land, dessen Bevölkerung sich da-
gegen auf die Landwirtschaft stützt, wird
bei Krisen niemals so stark erschüttert,
wie das bei einem Land, dessen Bevölke-
rung zum größten Teil seine Existenz in
der Industrie findet, der Fall ist. Die in-
dustrielle Bevölkerung kann sich bei Kri-
sen wieder auf das Land zurückziehen,
aber wohin soll im Saarland die Bevölke-
rung? Im Saarland gibt es keine Stelle,
die bei einer Krise Arbeiter und Angestel-
te aufnehmen könnte, weil eben die Land-
wirtschaft so schwach ist und sich auch
keine andere Möglichkeit zur Beschäfti-
gung überschüssiger Arbeitskräfte findet.
Innerhalb Deutschlands bestände die
Möglichkeit, einer Krise auszuweichen,
nicht, weil dort die Verhältnisse so ähn-
lich liegen wie im Saarland. Wie verschie-
den ist die Struktur der heutigen Bundes-
republik von der des Deutschen Reiches
vor 1914. Das Deutschland vor 1914 hatte
weder eine Oder-Neiße-Linie, noch die Be-
schränkungen, die ihm der verlorene Krieg
auferlegte. Diese im Osten verlorenen Ge^
biete bedeuten für Deutschland einen un-
geheueren Verlust. Einmal die Boden-
schätze Qberschlesiens, zum anderen der
landwirtschaftlich nutzbare Boden, von1
dem 30°V der Nahrungsmittel erzeugt wur-
de, die das deutsche Volk damals benö-
ijgte. War es schon damals Deutschland
mir möglich, ungefähr 80 o/o der notwendi-
gen Nahrungsmittel auf deutschem Boden
zu erzeugen, so ist das heutige Deutsch-
land, selbst wenn die beiden Zonen ver-
eint werden, nur in der Lage 45 bis 50 o/o
der Nahrungsmittel zu produzieren, die
das deutsche Volk zum Leben benötigt.
Anders steht es mit Frankreich, wo noch
60 °'o der Gesamtbevölkerung in der Land-
wirtschaft ihre Existenz finden können. Bei
gutem Einvernehmen könnten sich Frank-
reich und das Saarland so ergänzen, daß
auch die größten Wirtschaftskrisen eben
durch diese Tatsache an Bedeutung und
Tiefe verlieren. Im Notfall ist es sogar
möglich, daß saarländische Arbeitnehmer
in Frankreich vorübergehend, — und wenn
sie es wünschen, auch auf die Dauer Be-
schäftigung finden.
Die Einheitsgewerkschaft hat keine an-
dere Aufgabe, als zu allen Fragen, die
den Arbeitnehmer angehen, realistisch
Stellung zu nehmehn. Uefoexspannte Pro-
gramme und schöne Theorien sind hier
weniger am Platze als praktische Hand-
lungen. Keiner von uns weiß, wie sich
das heutige Europa weiter entwickelt
Auch die Gewerkschaften können daher
nicht auf allzu lange Sicht Programme ent-
werfen. Ihre Gegenwartsaufgabe ist ge-
geben durch die Verhältnisse, sie müssen
sich damit abfinden und aus dem Gege-
benen das Beste für die Arbeitnehmer-
schaft, die sie vertreten, herauszuholen.
Der wirtschaftliche Anschluß an Frank-
reich hat, das muß wohl jeder Saarländer
offen gestehen, uns sehr viele Leiden er-
spart, und wir können mit Recht sagen,
daß wir den grauen Hunger und die Not
durch den wirtschaftlichen Anschluß,
wenn nicht ganz beseitigt, so doch be-
deutend gelindert haben. Die saarländi-
sche Bevölkerung glaubt durch den wirt-
schaftlichen Anschluß ihre Lebensexistenz
gesichert, und wir wollen dafür sorgen,
daß sie in ihren Hoffnungen nicht betro-
gen wird. Die Einheitsgewerkschaft als
politisch und religiös neutrale Organisa-
tion, d. h. als Organisation, die Menschen
verschiedener politischer und religiöser
Auffassung zu ihren Mitgliedern zählt
und nie m die Sphäre dieser internen An-
gelegenheit ihrer Mitglieder eingreift, hat
die Verhandlungen, die m Paris geführt
wurden und werden, mit großem Interesse
verfolgt.
Man weiß heute nicht mehr recht, wo
und wie soll man politische und wirt-
schaftliche Fragen trennen. Gerade durch
die staathchen Einrichtungen, die bei allen
Fragen im sozialpolitischen Leben mit-
sprechen. hat der Staat großen Einfluß
auf die ^eafaUung dfrW’n o'i'ib-hen und
(Fortsetzung nächste Seite)
Lohn- und Gehaltserhöhung - dringendste Forderung
Teuerungsprämie vor 3000 -frs. pro Monat für alle Lohn- und Gehaltsempfänger, Arbeitslose, Pensionäre und Sozialrentner erforderlich
Die Unzufriedenheit der Arbeiterschaft
über die spürbaren Verschlechterungen
ihrer Lebenslage, und die immer mehr
m sich greifende Verelendung breiter
chichten der Arbeiter und Angestellten
wächst von Tag zu Tag. Diese katastro-
phale Lage der Arbeiter und Angestellten
mußte wiederholt auch von der gerade
nicht arbeiterfreundlichen Presse zugege-
ben werden, indem sie die Feststellung
traf, daß die Preise seit 1938 bis heute
um das 20fache stiegen, die Löhne und
Gehälter nur um das lOfache.
Unter welch großen Entbehrungen sich
heute viele Arbeiter- und Angestellten-
Famili^n von Monat zu Monat durchwirt-
schaften, um nicht, soweit es noch nicht
geschehen ist, zu verschulden, wird je-
der feststellen müssen, der ernsthaft und
objektiv in das Leben der Arbeiterfami-
lien Einsicht nimmt. Wenn man tagtäglich
sieht, wie Arbeiterfrauen vor gespickten
Schaufenstern stehen, aber auf viele der
schönen Sachen, ja selbst auf die notwen-
digsten Lebensgüter verzichten müssen,
weil das heutige Lohn- und Gehalts ein-
kommen für die überwiegende Mehrheit
der Lohn- und Gehaltsempfänger zum Le-
bensunterhalt nicht ausreicht — ja, wie
schmerzlich es für eine Mutter ist, wenn
sie ihrem Kinde, welches einmal Verlan-
gen nach einem Leckerbissen trat, ihm
dieses versagen muß, weil das Geld da-
für nicht vorhanden ist — ganz zu schwei-
gen von dem Los unserer armen Pensio-
när- und Sozalrentner, ist es verständlich,
daß die Unzufriedenheit und die Empö-
rung über diese Zustande bei der schaf-
fenden Bevölkerung immer größer wird.
Daß man mit schönen Worten und Belo-
bigungen diesen Zustand nicht beheben
kann, und daß die Geduld der Schaffen-
fenden auch zu Ende geht, sie an Stelle
von den vielen leeren Versprechungen Ta-
ten sehen wollen, die ihre Lebenslage ver-
bessert, ist berechtigt und erforderlich.
Das Unternehmer Argument: Lohner-
höhung sei für die Wirtschaft nicht trag-
bar, entbehrt jeder Grundlage, nachdem
feststeht, daß die Gewinne der Großunter-
nehmungen in der Nachkriegszeit weit
über die der Vorkriegszeit anstiegen und
zwar in dem Maße wie die Armut des
schaffenden Volkes zunahm.
Es wurde gerade wieder in den letz-
ten Tagen durch die Zeitungen des Groß
Kapitals das Märchen lanziert, eine 15 bis
20-o/oige Lohnerhöhung müßte die Leben-
haltungskosten in den nächsten Monaden
14m mindestens 45 Proz. erhöhen. Man
wird damit rechen müssen, daß diese
Version noch stärker propagiert wird.
£ber der aufgeklärte und aufmerksame
Werktätige wird darauf nicht hereinfal-
\en und sich, nicht von dem berechtigten
Kampf um höhere Löhne und Gehälter
abbringen lassen. Auch wird die abge-
griffene Platte über den sogenannten
Preisabbau nicht mehr ziehen.
Die Kaufkraffverminderung der Löhne
und Gehälter im Monat Januar, Fe-
bruar 1950 gegenüber dem Jahre 1938 geht
aus nachstehender Tabelle hervor. *)
Vergleiche über die Kaufkraft der Löhne und Gehälter
_________________1438 -- fiefepuar '___________________
M e t >a i tii ^ '* 3038 38x®denlöhn Ni* * ■'*. Februar T950 Um die Kaufkraft von 1938 zu er- reichen-müßte er* heute verdienen Kaufkraft
Facharbeiter F I 0,95 Mk. 78.74 Frs. 138,70 65 7 "’o
(Handwerk)
Facharbeiter F 1 0,95 Mk. 74.27 Frs. 138,70 53,5o/o
(Handwerk)
Hilfsarbeiter 0,75 Mk. 68,— Frs. 109,50 57,50/0
Baugewerbe s
Facharbeiter F 2 0,80 Mk. 80,69 Frs. 116,80 69 o/o
Angel. Hilfsarbeiter S 1 0,65 Mk. 66,80 Frfe. 94,90 68 o/o
Holz:
Facharbeiter 0,88 Mk. 72,10 Frs. 128,48 56 o/o
Hilfsarbeiter 0,68 Mk. 57,66 FrS. 99,28 58fto
Eine Untersuchung bei drei saarländi- lohn in der Sonderklasse, unter der Saar-
sehen Hüttenwerken (Burbacher, Breba- brücken fiel, für den Facharbeiter pro
eher und Dillinger Hütte) ergab u. a„ Stunde 0,95 Mk.
daß mehr als 60 Prozent der Facharbei- Der Nettoverdienst eines Facharbeiters
ter in Gruppe F 1 eingestuft sind und der der Gruppe F 1 (lediger oder verheirateter
Durchschnittslohn, dieser Gruppe einschl. mit 2 Kinder) erfuhr, wie nachstehende
gller Zulagen pro Stunde 78,74 Frs. be- Tabelle zeigt, gegenüber dem Jahre 1938
trägt, in der Markzeit betrug der Tarif- folgende Kaufkraftverminderung:
1938 1950
Stunden- Nettover- Stunden- Netlover- Um die Kauf- Kaufkraft
loh n dienst bei lehn dienst bei kraft von 1938 1938
Mk. 20B Std. 208 Std. zu erlangen müß - =
te er ver- 100
dienen Jan. 'Febr.
Mk. fts. 1950
Lediger:
Facharbeiter 0,95 162,46
Gruppe F 1
Verheirateter t
Facharbeiter 0,95 199,98
Gruppe F 1
mit 2 Kindern
Wie die Senkung der Kaufkraft des Loh-
nes bei den lebensnotwendigsten Nah-
rungsmitteln sich auswirkt, zeigt folgende
Gegenüberstellung:
Ein Arbeiter, der im Jahre 1938 ein
Tagelohn von 7.60 Mk. verdiente, konnte
damit 9 Pfund Rindfleisch, oder 20 Pfund
Zucker, oder 160 Pfrind Kartoffeln kaufen.
Derselbe Arbeiter verdient heute ca. 628
Frs. pro Tag und kann damit nur 5 Pfund
Rindfleisch, oder 12 Pfund Zucker, oder
46 Pfund Kartoffeln kaufen.
Wie viel Mehrarbeitszeitaufwand der
Lohnempfänger zum Kauf von Nahrungs-
mitteln, Kleidung, Haushaltungsgegen-
ständen aufwenden muß, geht aus der
Tabelle „Die heutige Kaufkraft der
Löhne“, die an anderer Stelle dieser Aus-
gabe veröffentlich ist, hervor.
Besonders kraß ist die Preissteigerung
bei Haushaltungsgegenständen Wie
schwer es für den jungen Menschen ist,
sich bei diesen Preisen heute einen eige-
nen Haushalt zu gründen, dürfte kaum au-
gezweifelt werden. Dasselbe trifft auch
für Än.schadüngen von Haushaltsgecen-
stäneuen für die Ausgebombten zu.
D e ange'ü':r'.ev» Beispiele dürften wohl
e: deutig die berechtigte Forderung der
Einhe-'tsfew-srks-"baft auf sc'o ’ige Lohn-
78,74 18,168 23,719 63,9 o/o
78,74 20,812 29,200 66o o
u. Gehaltserhöhung, sowie sofortige Aus-
zahlung einer Teuerungszulage in Höhe
von Frs. 3000.— pro Monat bis zum Ab-
schluß neuer Tarifverträge für alle Lohn-
und Gehaltsempfänger sowie für Arbeits-
lose. Pensionäre und Sozialrentner.
Die Lohn- und Gehaltsempfänger sind
sich darüber im klaren, daß sie diese
Forderungen, nur durch den entschlosse-
nen und einheitlichen Kampf durchsetzen
können. In allen Betrieben, Gruben und
Verwaltungen müssen unsere Funktionäre
und Betriebsräte, sowie die Arbeiter und
Angestellten zu diesen Forderungen Stel-
lung nehmen, sich für dieselben einsetzeu
und die Kampfeinheit für die Durchset-
zung derselben enger schmieden denn je.
Der entschlossene und einheitlich ge-
führte Kampf wird und muß uns den Er-
folg sichern. Paul Obermeier.
- 1) Um die Kaufkraft der Löhne und Gehälter
von heute gegenüber dem Jahre 1938 zu ermit-
teln. wurden die Verbrauchsmengen (Ernäh-.
rong, Kleidung, sowie Miete. Heizung. Licht
und sonstige Ausgaben) einer fünfköpfigem
Familie (Mann, Frau und drei Kinder unter 14
Jahren) für das Jahr 19?8 zugrunde gelegt, was
ein Umrechnungsfaktor im Monat Februar 1950
von 1,00 Mk. gleich 146.— Frs. ergab.
Stellungnahme des
Gewerkschaksausschusses
In einer zum 28. 2. 1950 als dringlich ein-
berufenen Sitzung nahm der Gewerk-
schaftsausschuß folg^pde
E n t s c h lie ßung
an:
Der Gewerksehaftsausschuß nahm in
seiner Sitzung am 28. 2. 1950 zu der ge-
genwärtigen Lage Steilung. Nach einge-
hender Prüfung der Situation kam der Ge-
werkschaftsausschuß zu folgendem Ent-
schluß:
Der ge cha tsiührende V. rstand per in-
heitsgewerkschaft wird in Verbiiclu;; mit
der Arbeitsrecht- und Tarifkommission
beauftragt, der Regierung unverzüp'ich
nachstehende Forderungen zu unterbrei-
ten und sofort die Verhandlungen darüber
einzuleiten:
1. Für alle Lohn- und Gehaltsempfänger
ist pro Monat eine Teuerungszulage in
- Höhe von 3000 ffrs. ab sofort bis z. m
Abschluß neuer Tarifverträge zur Aus-
zahlung zu bringen.
2. Das Existenzminim um ist entsprechend
den Berechnungen des Statistischen
Amtes der Regierung auf 19C80 Ifrs.bei
173 Arbeitsstunden festzusetzen.
3. Die Lohnzonen sind sofort auizuheben.
4. Der Landtag wird ersucht, sofort das
Tarifvertragsae^etz sowie das Betr ebs-
rätegesetz, wie es im Entwurf der Ein-
heitsgewerkschaft verlieft, unverzüg-
lich zu verabschieden.
Der Gewerksehaftsausschuß wendet si^h
gleichzeitig an alle lund^r'e-erbäade u-d
Einheiten der Org-anls.crtio“e mit der Auf-
forderung. unverzüglich die Arbeit eh-
merschaft zur Durchsetzung obiger For-
derungen vorrubereiten.
Vorwärts im Kampf für die Stärkung der
gewerkschaft icken Einheit rum Wohle des
gesamten schaffenden Vo’kesl
gez.: Kutsch.
IIHIHHllHlllllllllllllillllllflllllliülllillilliHUIIIlilllltilllliflülillllllllllllillHiilllliilniill
Die neue Zulage-Verordnung
Das Ministerium für Arbeit und Wohl-
fahrt teilt mit:
Im Amtsblatt Nr. 16 vom 1. März 1950,
S. 160, erscheint die Verordnung betr. Zah-
lung einer Zulage an Lohn- und Gehalts-
empfänger. Anrecht aaf die Zulaae ha-
ben Arbeitnehmer, deren Bruttoeinkommen
im Monat Januar 1950 unter 14 00 ffrs. brw.
zwischen 14 000 und 18jJ(ÜO ffrs. lag. Nä-
here Erläuterungen darüber sind in der
Zeitschrift „Arbeit und Wohlfahrt des
Saarlanäes" enthalten.
(Kommentar hierzu nächste Seite)
iiimiiiiwtiiiii«HUHHHiiiiiitiiHf)iiiimiiim)infiHwiötiiitiwiHiimimiHiiin!tiii-Ino
Aus dem Jn(ka£t:
Gewährung einer Teuerungszulage
Eingabe an das Arbeitsministerium
Tabelle über die Teuerung
Vor Gewährung der Berechtigungskohie
Die Stimme der Verbände
Merkblatt
der Gemeinnützigen Baugenossenschaft
Wichtige Aenderung in der Krankenver-
sicherung
Wo sind offene Lehrstellen?
Die Theatergemeinde teilt mit
Frau Maria hat weniger Sorgen
Sozkrlve* Sicherung
Post aus dem Ausland
Mitgliederbewegung im Kreise Saarlouie-
Dillingen <
¥
Gewerkschaftsbewegung und
Arbeitsrecht
iiHiittiiiiHmimiiiimiiHimiimmHuiiHiiiiiiiiiimiimiiimiimiiiHiiiHiimnimmiiimi
Seite 2
März 1950
„DIE ARBEIT«
Eingabe der Einheitsgewerkschaft
an das Ministerium für Arbeit und Wohlfahrt
Sehr geehrter Herr Ministerl
„Die Einheitsgewerkschaft gestattet sich
mit der Bitte an S,re herantretea, dije Z Um-
lage-Verordnung auch auf den Personen»
kreis auszudehnen, der unter der abge-
sunkenen Kaufkraft wohl am schwersten
zu tragen hat.
Wenn der Staat versucht, durch Gewäh-
rung der Ausnahmezulage an die Lohn»
und Gehaltsempfänger dem Mißverhält-
nis zwischen Löhnen und Preisen bis zu
einer endgültigen Regelung wenigstens in
etwa zu steuern, so bedarf es auf der an-
deren Seite wohl keines besonderen Hin-
weises, daß die Not der Sozialrentner und
der Kriegsbeschädigten bezw. Kriegshin-
terbliebenen und gleichgestellten Persor
nen, aber auch der Arbeitslosen noch un-
gleich größer ist. Dieser Erkenntnis such-
te ja auch der Staat bereits nach Erlaß
der Verordnung vom 23. 11. 1949 wenig-
stens zum Teil Rechnung zu tragen.
Wir glauben keine unberechtigte For-
derung zu erheben, wenn wir bitten, auch
jetzt wieder ähnliche Maßnahmen zu tref-
fen, insbesondere es aber für unbedingt
notwendig erachten, daß die Verordnung
betr. einer Zulage an Lohn- und Gehalts-
empfänger auch auf die Arbeitslosen des
Monats Januar ausgedehnt wird, die zwei-
fellos an der Tatsache, nicht in einem
Arbeitsverhältnis zu stehen, ohnehin
schwer genug zu tragen haben.
In der Erwartung, für die am ärgsten
notleidende Bevölkerung des Saarlandes
.keine Fehlbitte getan zu haben, bitten wir
Sie, sehr geehrter Herr Minister, dien Aus-
druck unserer vorzüglichsten Hochachtung
zu genehmigen."
Wo sind offene Lehrstellen ?
Meldung bis 15. März 1950 an die Landesarbeitsämter
Das Ministerium für Arbeit und Wohl-
fahrt teilt mit:
•
Wie alljährlich sind auch in diesem Jah-
re offene Ausbildungssteüen seitens der
Lehrbetriebe in Handwerk, Handel und In-
dustrie bis zum 15. März an die zustän-
digen Arbeitsämter nach dem bisher üb-
lichen und bewährten Verfahren zu mel-
den. Es wird gebeten, als Einstellungs-
tag der durch diese Anträge angefordert
ten Nachwuchskräfte den 1. August vor-
zusehen, da die Schulentlassungen Mitte
Juli stattfinden. Die Einhaltung des Ein-
stallungstermines (1. August) ist mit Rück-
sicht auf die gemeinsame Einschulung und
die damit Hand in Hand gehende prak-
tische Ausbildung im Betrieb dringend
notwendig. Soweit aus triftigen Gründen
Soforteinstellungen unumgänglich sind,
kann denselben am EmzelfaUe jeweils
Rechnung getragen werden. Betriebe, die
m kaufmännischen und gewerblichen
Lehr- und Anlernberufen ausbilden, mel-
den den Nachwuchsbedarf auf verschie-
denen Antragskarten. Diese sind beim
Arbeitsamt (Abteilung Berufsberatung u.
Lehrstellenvermittlung) erhältlich. Den
Lehrbetrieben wird zu bedenken gegeben,
daß die rechtzeitige Anmeldung der Aus-
bildungsstellen sowie die grundsätzliche
Einhaltung eines einheitlichen Einstel-
lungstermines (1. August) sowohl für die
Durchführung der Eignungsuntersuchung
durch die Arbeitsämter, eds auch für die
Abwicklung der Lehrpläne der Berufs-
schulen von wesentlicher Bedeutung sind.
Die Tatsache, daß die Zahl der Schul-
abgänger ab 1950t erheblich wächst, macht
es notwendig, keinen Ausbildungsplatz
unbesetzt zu lassen. Es werden sogar in
weiten Bereichen der Wirtschaft zusätzli-
che Lehr- und Anlemstelien geschulten
werden müssen, nicht nur umdte Jugend
vor Arbeitslosigkeit zu schützen, sondern
auch um voraus schau end nach den 1954
infolge des Geburtenrückganges der Jahr-
gänge ab 1939 zu erwartenden Mangel an
Nachwuchskräften auszugleichen. Die
Nachwuchskräfte von heute sind die Be-
legschaf: von morgen.
Dieser Aufruf erfolgt im Einverneh-
men mit der Handwerks- und Handels-
kammer sowie den übrigen Berufsvertre-
tungen,
*
Das Jugendsekretariert teilt hierzu noch
mit:
Es ist eine Tatsache, daß es von größ-
tem Wert und Nutzen für Handwerk, Han-
del und Industrie ist, einen bestausgebü-
deten Facharbeiternachwuchs zu besitzen.
Daher begrüßt das Jugendsekre tariert au ch
die Mitteilung des Ministeriums für Arbeit
und Wohlfahrt aufs wärmste.
Es wäre wünschenswert, wem die an-
gesprochenen Betriebe au-ch ihrerseits aus
innerstem Verantwortungsbewu ßtsein edle
Lehrstellen durch Neueinstellung von Lehr-
lingen besetzen würden.
Letzten Endes müßte sich eine aus Ob-
struktion gegenüber den verschiedenen
Anordnungen bezüglich des Lehrlings We-
sens ablehnende Haltung gegen, die ge-
sunde Weiterentwicklung unserer gesam-
ten Saarwixtschaft a u s wirken. Eine Fehl-
entwicklung würde daher nicht hältmcc-
chen vor den Betrieben, die grundlos ein-
fach keine Lehrlinge mehr einstelien wür-
den.
Zu dem ganzen Problem werden wir
noch eingehend Stellung nehmen, da wir
die Frage für so wichtig halten, daß man
sie von verschiedenen Gesichtspunktlein
näher betrachten muß, um so zu einer po-
sitiven Bewertung zu gelangen.
Herausgeber: Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, Brauerstr. 6-8.
Verantwortlich für den Gesamtinhalt: Heinrich
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schufcler, Industrieverbände, Jugend
sowie Feuilleton J. P, Wambach. — Druck:
Druckerei Saar-Zeitung Dr. Nikolaus Fontaine,
Zur Zulage-
Unter Datum vom 16. 2. 1950 hat der
Herr Minister für Arbeit und Wohlfahrt
eine Verordnung über die Auszahlung
einer sogenannten Warteprämie von 3000
ffrs. erlassen, wie sie auch in Frankreich
zur Auszahlung gebracht wird. Es ist be-
kanntlich schon die zweite dieser Art, und
man muß gestehen, daß man manche Un-
klarheiten in der neuen Verordnung ge-
genüber der ersten vermiedjen hat. Um
schließlich eine gleichmäßige Durch-
rung zu gewährleisten und von An-
fang an schon Unklarheiten auszuschal-
ten, wurden die Vertreter der Arbeitgeber
und der Gewerkschaften zu einer Sitzung
beim Hohen Kommissariat zusammenge-
rufen und hat am 1. 3. 195Q, vormittags
IQ Uhr, stattgefunden. Zuerst wurde be-
mängelt, daß die Oeffentlichen Betriebe
sowie die Land- und Forstwirtschaft nicht
unter den Geltungsbereich fallen. Der Re-
gierung s Vertreter erklärte, daß für diese
Gruppen eine Sonderverordnung erlassen
werde, wie dieses nun auch für die erste
Auszahlung erfolgt sei. Die Frage der
Lehrlinge, die im Januar ihre Lehrzeit be-
endet, aber noch keine Gesellenprüfung
abgelegt haben, fallen unter die Verord-
nung. Bei Pensionierungen, die eine Auf-
lösung des Arbeitsverhältaisses rückwir-
kend bewirken, wird das Arbeitsverhält-
nis als nicht mehr bestehend angesehen.
Bei einer laufenden Kündigung muß das
Arbeitsverhältnis im Januar gelöst sein,
andernfalls besteht Anspruch auf Aus-
zahlung. Die im Monat Januar gezahlte
Ausfallvergütung wird dem Lohn zuge-
rechnet Auch Trinkgeldempfänger fal-
len tn den Beiechtigbenkreis. Krankheit
gilt nicht als Lösung des Arbeätsverhält-
Verordnung
nisses. Diese Fragen wurden im gegen-
seitigen Einverständnis gelöst.
Beim § 5 wurde bemängelt, daß man
wohl die Feierschichten dem Arbeiter an-
rechnet, dagegen dem Arbeiter, der Mehr-
arbeit verrichtet hat, diese Mehrarbeit bei
den Grenzsummen 14000 bezw. 18 000 nicht
in Abzug bringt. Dadurch entsteht prak-
tisch eine Bestrafung des Fleißigen. Der
Vertreter der Regierung legte auch den
Arbeitgebervertretem nahe, bei älteren
Lehrlingen, die schon selbst einen Haus-
halt haben, die Vergütung zu zahlen und
auch bei Lehrlingen, die als Haushaltvor-
stand anerkannt sind, die Vergütung weit-
herzig zur Auszahlung zu bringen.
Der Vertreter der Regie des Mines er-
klärte, daß alle Lehrlinge unter Tage und
auch diejenigen über Tage, die als Haus-
haltvorstand anerkannt sind, in den Ge-
nuß der Vergütung kommen. Auch die
übrigen Arbeitgeber erklärten sich für
weitherzige Anwendung. Ueber den Zeit-
punkt. der Auszahlung wurde von den An-
wesenden eine Einigung dergestalt erzielt,
daß im Laufe des Monats März bei der
Löhnung der volle Betrag gezahlt wird.
Wenn auch die Verordnung den einen
Personenkreis nicht erfaßt, die jedenfalls
als die Aermsten zu bezeichnen sind, die
Arbeitslosen und Sozialrentner, so ist
doch die Gleichstellung mit den franzö-
sischen Arbeitern erreicht.
Im übrigen verweisen wir auf die Dar-
legungen in unserem Artikel über Löhne
und Teuerung, woraus sich ergibt, daß für
die Saarbevölkerung eine eigene Bewer-
tung des Lohn- und Preisproblems und
auch der TeuerungsZulage in Frage
kommt.
Die heutige Kaufkraft der Löhne
Gegenstand Preise pro Kilo Arbeitsxeitaufwaad
1938 1950 des Facharbeiters der Facharb.
Jan./Febr. mit 0,95 Mk. Stun- F 1 in der Me-
denlohn tallindustrie Stun-
1938 denverdienst
78,74 Frs.
1950
Brot Butter Speck Rindfleisch Kartoffel Weißkohl Eier Zucker Weizenmehl Vollmilch 0,34 Mk. 3,18 Mk. 2,20 Mk. 1,70 Mk. 0,95 Mk. 0,17 Mk. 0,12 Mk. 0,78 Mk. 0.44 Mk. 0,25 ?Mk. 39— Frs. 668,— Frs. 260,— Frs. 240,— Frs. 26,— Frs. 47,— Frs. 16,— Frs. 98,— Frs. 58,— Frs. 38,— Frs. 0,21,3 Std. 3.19 Std. 2.17,5 Std. 1.46 Std. 0.06 Std. 0.10 Std. 0. 7,5 Std. 0.48,7 Std. 0 27,5 Std. 0 15,5 Std. 0,30 Std. 8.35 Std. 3.20 Std. 3.04,5 Std. 0.20 Std. 0.36 Sd. 0.1*>,3 Std. 1.15,3 S d. 0.45 Std. 0.29 2 S d.
Bekleidungsartikel 1938 Jan., Febr, _ 1950 *
Männeranzug Arbeitsanzug Männer s chuhe Oberhemd Socken (Baumwolle) 66.— Mk. 25,— Mk. 11,— Mk. 4.15 Mk. 0.98 Mk. 10 000 Frs. 2.500 Frs. 2.800 Frs. 1.100 Frs. 160 Frs. 63 Std. 26V* Std. IlYt Std. 4y* Std. 1 Std. 126V* Std. 31»A Std. 36 Std. 17V* Std. 2 Std.
Haushaltsgegenstände 1 Küchentisch 1 Eisenbettstelle 1 Auflegematratze 26.50 Mk. 18.— Mk. 25.50 Mk. 4.000 Frs. 5.600 Frs. 11.000 Frs. 27V* Std. 19 Std. 27 Std. 50V» Std. 71 Std. 139 Std.
Zu der. Pariser Verhandlungen
(Fortsetzung)
arbeitsrechtlichen Fragen. Man muß wis-
sen, daß das Saarland in seiner heutigen
Größe und Form zu 9Q Prozent Industrie-
land ist, d. h, 90 Prozent der gesamten
saarländischen Bevölkerung sind in ihrer
Existenz von däifti Gang der saarländi-
schen Wirtschaft abhängig. Das ist das
schwerwiegende bei dem gesamten Pro-
blem, daß hier auf engem Raum so viele
Menschen zusammen gedrängt sindi, die
nur ihre Existenz in der Industrie finden.
Man muß dabei auch in Betracht ziehen,
daß wir außer Kohlen keine Bodenschätz-a
besitzen. Wohl beschäftigt der saarlän-
dische Bergbau im Moment 70 000 Men-
schen und ist dadurch der bedeutendste
Industriezweig des Saarlandes, aber es
genügt nicht, daß in der Erde Kohlen lie-
en, die man fördern kann, die geförderte
chle muß auch Absatz finden. Diese
dichi an der Westgrenze Deutschlands
gelegene Kohle hat kaum Aussicht, nach
Osten hin ein Absatzfeld zu erobern. Die
lim ein Fünftel bessere Ruhrkohle, die
ohnehin ihrer günstigen Lage wegen über-
all hin transportiert werden kann, hat ge-
genüber der Saarkohle große Vorteile und
w,rd bei gleichen Frachtsätzen und son-
stigen Bedingungen immer der Saarkohle
auf dem Markte überlegen sein.
Darum hat auch der saarländische Eerg-
bau ein schweres Problem vor sich —
c' ::s Absatzproblem. Da im Saarland nur
ca. 50 Prozent der Gesamtförderung, d. h.
bei gutgehender Industrie, verbraucht
werden, muß für die übrige Kohle ein Ab-
satzgebiet gesucht werden. Dieses Ab-
satzgebiet findet sie zum größten Teil in
rankreich selbst. Trotz Modernisierung
des französischen Kohlenbergbaues wird
Frankreich immer Kohl-ereinfuhrland blei-
ben, und da die Saarkohle die nächstlie-
gende ist, hat sie die Möglichkeit, auf
dem französischen Kohlenmarkt Absatz
au finden. Wenn eine derartige Menge
Kohle, d. h. soviel Millionen Tonnen
jährlich von einem Land mitgenommen
werden, kann das nicht mehr einfach im
freien Verkauf geschehen, sondern dazu
sind Abmachungen notwendig. Die Kon-
vention, die zwischen dem Saarland und
Frankreich wegen der Kohlenfrage ge-
schlossen werden soll, ist sicherlich die
wichtigste von allen. Das dürfte auch die
Ursache sein, warum die Pariser Konfe-
renz länger dauert, als ursprünglich vor-
gesehen war. Es ist verständlich, daß die
saarländische Regierung als die Treuhän-
derin der saarländischen Bevölkerung ver-
suchen muß, die Verträge für das Saar-
land möglichst günstig ab zu schließen.
Aber dennoch bleibt eine Frage offen. Es
sind nicht nur die Belange der Beschäf-
tigung und des Absatzes der saarländi-
schen Kohle, die dort geregelt werdjen
sollen. In unserem Bergbau sind heute
7Q000 Menschen beschäftigt, die mit ei-
nem bestimmten Selbstbewußtsein auf ihre
Arbeitsstätte gehen, d. h. der saarländi-
sche Bergmann hat nicht nur lohn- und
sozialpolitische Forderungen, sondern er
möchte auch, weil dieser Bergbau seine
Existenz bedeutet, mitentscheiden in allen
Fragen, die ihn direkt und indirekt ange-
ben. Verträge, wie sie vor 50 Jahren noch
möglich waren, können heute nicht mehr
abgeschlossen werden. Wir haben ge-
rade in den letzten 5Q Jahren in den
Rechtsbegriffen der Menschen bedeuten-
de Wandlungen erfahren. Der heutige
Arbeitnehmer steht sich nicht mehr als
Objekt, das sich willkürlich schalten läßt
wie eine Maschine, sondern er hat die
Auffassung, daß er mit dazu berufen ist,
sein Schicksal zu gestalten. Es wäre bes-
ser gewesen, die saarländische Regierung
hätte sich, bevor sie den Schritt nach
Paris getan hat, etwas mehr mit den in-
teressenvertretem des saarländischen
Bergbaues ins Benehmen gesetzt. Verträgt
werden wirkungslos, wenn hinter ihnen
nicht die Macht steht, sie aufrecht zu er-
halten* Die Ereignisse der letzten fünf-
zig Jahre dürften jedem Regierenden be-
wiesen haben, daß Verträge Papier fetzen
bleiben, wenn hinter ihnen nicht der Wille
zur Erhaltung steht, der Wille derjenigen,
die es angeht, nämlich der des schaffen-
den Volkes.
Eine weitere Frage, die uns als Ge-
werkschaft interessiert, ist die der saar-
ländischen Eisenindustrie. 6QOOO Men-
schen finden heute in diesem Zweig Be-
schäftigung. Die Möglichkeit einer wei-
teren Steigerung besteht noch, doch eine
trübe Wolke steht an dem saarländischen
WirtschaftshimmeL Unsere Hüttenindu-
strie hält, was wir mit Bedauern feststel-
len, nicht Schritt mit der Technisierung,
die im allgemeinen in den umliegenden
Ländern durchgeführt wird. Es gibt kaum
eine Industrie außer der eisenerzeugen-
den, dis so sehr auf Neuerung eingestellt
sein soll. Wie uns bekannt ist, werden
im nahen lothringischen Gebiet moderne
Hochöfen gebaut, bei denen die MarshaLl-
hilfe Pate steht. Wohl sind einige unse-
rer Werke heute wieder in Betrieb, abie(r
wir sehen keinen Ausbau dieser Werke
auf lange Sicht. Wir hoffen und harren
schon drei Jahre lang auf Wiederaufbau
und Inbetriebnahme des Neunkirchex Ei-
senwerkes. Die Stagnation, die wir dort
feststellen, löst in uns Besorgnis aus. Der
Standort einer Industrie ist nicht nur ge-
rechtfertigt durch die Rohstofflage oder
Absatzmöglichkeit, sondern auch der
Mensch, der mit als ein Hauptfaktor jeder
Produktion gelten kann, ist dabei aus-
schlaggebend. Das Saarland hat in deT
.Eisen- und Stahlerzeugung eine Tradition.
Diese Tradition wird verkörpert durch
seine Arbeitnehmerschaft, die sich von
Generation zu Generation zu dieser Lei-
stungsfähigkeit entwickelt hat. Man wird
in Zukunft nicht ijpmer so genau die Ren-
tabilitätsrechnung aufstellen können, ohne
Rücksicht zu nehmen auf den schaffenden
Menschen.
Die in der saarländischen Metallindu-
strie beschäftigten Mensche^ haben ein
Rechx auf Existenzmöghchkeit im Saar-
land, und darum muß unsere Metallindu-
strie in ihrem vollen Umfang erhalten
bleiben. Die unteT Sequester stehenden
Betriebe müssen eine neue Regelung fin-
den. Auch die Arbeitnehmerschaft in der
Metallindustrie muß mehr Mitbestimmung
in den Betrieben bekommea. Nur dadurch
wird der Arbeitsfriede gesichert, der letz-
ten Endes in der heutigen Zeit große Be-
deutung hat.
Die Einheitsgewerkschaft hat auch ei-
nen politischen Willen. Wir wünschen d.e
vollkommene politische Unabhängigkeit
des Saarlandes. Wir können ein Beispiel
sein für das, was kommen muß, wenn die
Menschen in Zukunft vor Kriegskatastro-
phen geschützt werden sollen. Die Ar-
beitnehmer wissen, was Kriege für sie
bedeuten. Sind doch sie in erster Lime
diejenigen, die die großen Kriegsopfer zu
bringen haben. Sie sind heute diejenigen,
die ein Teil ihres wohlverdienten Lohnes
opfern müssen, daß der Wiederaufbau
ihrer Produktionsstätte erfolgen kann.
Darum wünschen sie, daß Verträge nur
so abgeschlossen werden, daß sie ein-
mal bahnbrechend für die Zukunft wirken
und zum anderen dem Frieden dienen. J3b
es schwächere oder stärkere Völker sind,
gegenseitig Konventionen u. dergleichen
ab schließen, so darf es doch keinesfalls
so sein, daß deT Stärkere den Schwäche-
ren übervorteilt und ihm seinen Willen
diktiert. Auch ist das Wort vom „Sieger
und Besiegten“ nicht zeitgemäß. Man soll
die Worte „Sieger und Besiegte“ über-
haupt aus unserem Sprachgebrauch strei-
chen, denn diese Worte werden bei dem-
jenigen, der nun einmal Besiegter ist und
dafür große Lasten auf sich nehmen muß,
den Wunsch wachrufen, auch einmal Sie-
ger zu werden. Von den Verträgen, die
wir abschließen, erhoffen wir Frieden und
Sicherheit für die Zukunft. Das müssen
diejenigen wi.sr.en, die die Verantwortung
für die Verträge tragen, ob sie die Stär-
keren oder Schwächeren sind. R*
März 1950
DIE ARBEIT“
Seite 3
MME
Ib \fm post und Fernmeldewesen
Lügen haben kurze Beine
Motto: Lügen! Etwas bleibt schon hängen.
Wir haben gewiß nicht die Absicht, un-
sere Zeit damit zu vertrödeln, mit^dei“
Christ i-hen OVewerkschau (das Christ'ich«
Vorzeichen kam allerdings in der Ver-
sammlung am Samstag, dem 25. 2. 1950,
wieder einmal — wie schon so oft — zu
kurz) leeres Stroh ?m dreschen. Wir ver-
tröst viemerr der Standpunkt, daß die
ZeVzu kostbar und die Aufgaben, d e vor
uns lenen, zu drängend sind, als daß wir
sie vorüberge e :d ins zweite Glied stellen
kö" riefl. Wenn wir uns dennoch mit die-
ser Versammlung beschäftigen, so des-
halb, um den haarsträubenden Lügen und
Verdrehungen die Wahrheit eatgegenzu-
ßutsen und zugleich unseren Mitgliedern
che r*otwendige 'Aufklärung zu geben. Dies
ist um so mehr erforderlich, als die
Zwecklügen, die der Versammlung in
S aarbrücken das Gepräge gaben, auf an-
deren Dirnstofehen täglich wiederholt
werden i
Da wurde zunächst behauptet, der Kol-
lege Morsch sei in einem Jahr zwei-
n a i befördert worden. Was sagen die
I rsonalakten dazu? 13. 7. 1944 Prüfung
für den mittleren Postdienst, am 1. 8. 48
Beförderung zum Postassistenten, am 1.
10 1949 Beförderung zum Postsekretär.
Morsch ist am 6. 6. 1927 in den Postdienst
eingetreten und wurde am 1. 7. 1939 ins
Eeamienverhältnis übernommen. Jeder
halbwegs vernünftige Mensch wird zuge-
ben, daß ihm nicht der mindeste Vorzug
zuteil wurde und daß es sich um einen
ganz normalen Vorgang handelte, der bei
vielen anderen Kollegen ähnlich gehand-
habt wurde.
Diese faustdicke Lüge offenbart das
tie e Niveau, auf dem sich die Akteure des
25. Februar bewegten, am treffendsten. Wo
man sonst noch Unkenntnis annehmen
könnte, ist es in diesem Falle ganz aus-
geschlossen. Der Kollege Wenz hatte
nämlich drei Stunden vor Versammlungs-
beginn Herrn Harz gegenüber die seit
gut drei Wochen im Lande kursierenden
Gerüchte um den Eeförderungsvorgang
Morsch richtiggestellt und ihn gebeten,
auch den Geschäftsführer der CGS davon
zu unterrichten. Jls bestand zudem die
Q&ektiy-gn hlaciiprüiung.
DctIT man alles in den Wind schlug, be-
we's; deutlich, wie niedrig man in diesen
Kreisen bereits die Wahrheit gehängt hat
und wie gering man über Anstand und
Moral denkt.
Wer che Epurationsfrage am handgreif-
lichsten an gepackt hat, können zahlreiche
Betroffene, denen Wir nachdrücklichst ge-
holfen haben, besser beurteilen als die
Akteure des 25. Februar. Wir haben da-
bei nicht einmal nach dem Mitgliedsbuch
gefragt; aber wir wissen, daß sowohl Un-
organisierte als auch christlich organif-
sisrte Postler darunter waren. Stünden
die Taten auch nur in einem bescheide-
nen Verhältnis* zu den ausgestoßenen Po-
scunentönen, so hätten sich die Mitglieder
der Christlichen Gewerkschaft nicht an
uns zu wenden brauchen (falls diese Fest-
stellung angezweifelt wird, werden wir
einem Originalbrief veröffentlichen, der die
Angelegenheit eines Funktionärs der
Cnristlichen Gewerkschaft betrifft, dem
wir durchschlagend geholfen ha-
ben). Uns ging es bei unseren Bemühun-
gen nicht um -billigen Effekt, sondern da-
rum, mifziihelfen, die verfahrene Epura-
Uonskarre wieder auf das richtige Gleis
zu schieben. Es ist tief bedauerlich und
geradezu eke erregend, daß man gezwun-
gen ist, so viele Worte um etwas Selbst-
verständliches zu machen.
Ein ofi aut dem Versammlungs-
Programm (!) der Gegenseite erscheinen-
der Punkt ist die Poussage um die Hilfs-
p ös t Schaffner. Wir trauen uns zu
die Absicht richtig analysieren zu kön-
nen, verspüren allerdings nicht die min-
des.e Lust, sie in ihren Fehlschlüssen auf-
zu ecken. Es gehört eben doch zu allem
cue Beleuchtung von vier Seiten, und sie
isr eben nicht jedermanns Sache. Aber
auch hier lassen wir die Tatsachen spre-
chen: Es gibt wohl keine Laufbahn bei
der Post, für die wir auch annähernd so
v.e e Schritte unternommen haben, wie ge-
rade für die Hilfspostschaffner. Nicht we-
nige unserer besten Funktionäre entstam-
men d-eser Laufbahn und haben ihre Sor-
gen am eigenen Leibe verspürt. Deshalb
galt es für uns, zunächst einmal bei den
Be-o dungsvernanalnngen günstigere Ver-
hällnisse in ihrer Eingangsgruppe zu
schaffen, nach denen sich bekanntlich
ihre Diäten richten. Daß uns dies — im
Gegensatz zum übrigen Oeffenthchen
Dienst — vollständig gelungen ist, be-
weist em B’iek auf die BesoldungsOrdnung
se bst Die Christi. Gewerkschaft konnte
damals nicht ganz operieren, weil sie —
'lm Gegensatz zu uns — sich nicht de:r
Mühe unterzogen hatte, die Gesamtfrage
in Frankreich zu sichten.
Die immer wieder und so gern genann-
ten Planstellen für Hil'fspostschaff-
ner im Haushaltsjahr 1950 ist unsere
ureigenste Arbeit. Wenn sich die
Christi Gewerkschaft auf unseren Spu-
ren bewegte, so freuen wir uns darüber.
Erfinderrechte stehen ihr allerdings des-
halb nicht zu. Glücklicherweise waren
wir in der fraglichen Verhandlung nicht
allein zugegen; wir ersuchen darum alle,
die mehr erfahren wollen, sich an die Ver-
waltung zu wenden, die unsere Angaben
unterbauen kann. Wenn wir bisher kein
Aufhebens davon machten, auch nicht
nach den falschen Lobgssängen auf der
Generalversammlung der CGS, so des-
halb, weil wir auf den gesunden Men-
schenverstand vertrauen und auf
Flugsand herzlich wenig Wert legen.
Die Planstelienfrage für Hilfspostschaft-
ner im Haushaltjahr 1949 haben wir mehr
als einmal zu wenden versucht. Wir fan-
den bei der Verwaltung die größte Unter-
stützung, nicht aber im Finanz- und Haus-
haltsausschuß des Landtages. An ihm
sind unsere Bemühungen gescheitert. Die
mit der Postverwalrung am 4. 1. 1950 für
das Rechnungsjahr 1950 getroffene Ver-
einbarung wurde allen Dienststellen durch
Rundschreiben bekanntgegeben, so daß
wir sie hier nicht zu wiederholen brau-
chen. Auch in diesem Falle bewegte sich
die Christliche Gewerkschaft auf einem
ausgetretenen Pfad, denn ihre bei-
den Vertreter nahmen die Türklinke in die
Hand, als wir sie eben losgelassen hatten.
Die Verzögerung der Beförderungen und
Anstellungen wurde recht breit erörtert
und dabei Lob nach einer Richtung ge-
spendet, die es garmcht verdient hat.
Wenn schon Schuldige gesucht werden,
so sind wir der Meinung, daß man es *
gründlich und sachlich tun sollte. Es wirkt
befremdend, wenn man auf den „Klein-
sten“ herumhackt und die „Großen“ oder
gerade Anwesenden ungeschoren läßt. Es
unterliegt gar keinem Zweifel, daß der
Grund für die Verzögerungen in der um-
ständlichen Geschäftsordnung der Regie-
rung des Saarlandes zu suchen ist, die m
ihrem Paragraphen 5 vorschreibt, daß
„die Personalkommission die begutach-
tende Stelle für Einstellung, Ernennung,
Beförderung, Ruhestandsversetzung und
Entlassung von Beamten una Angestell-
ten“ ist. Wir kommen erneut auf unsere
früheren Vorschläge zurück, die einzel-
nen Verwaltungen im Rahmen der geneh-
migten Planstellen bis zu’r Besoldungs-
gruppe A 4 b 1 selbständig entscheiden
zu lassen, darüber hinaus an Stelle dos
Reichspostministexiums das Verkehrsmi-
nisterium bezw. den Ministerrat einzu-
schalten. Die Vorteile, die sich aus einer
solchen Lösung ergeben, sind vielfältig.
Es gibt keinen Zweifel, daß alle Beförde-
rungen und Ernennungen, wenn die Ge-
schäftsordnung der Regierung des Saar-
landes nicht als Hemmschuh davor gele-
gen hätte, durchgeführt wären; zum ande-
ren würden sich Briefe erübrigen, wile z. B.
derjenige, den unsi ein günstiger
Wind auf den Tisch geweht hat. Er wirft
ein grelles Licht auf unsere saarländi-
schen Verhältnisse, die nicht gerade be-
sonderes Vertrauen einflößen. Doch darauf
kommen wir bei anderen Gelegenheit noch
einmal ausführlich zurück. Für unseren
Zweck und zur Verteidigung der „Kleinen“
genügt es, wenn wir festhalten, daß der
Landtag am 30. 6. 1949 (auf unseren Ein-
spruch hin — Protestversammlung — die
Gegenseite erklärte in Unkenntnis der
Sachlage einen Tag zuvor, daß alles in
bester Butter sei) die Planstellen für die
Beförderungsgruppen genehmigte (die
Planstellen für die Eingangsgruppen waren
bereits durch Haushaltsgesetz — § 6 — zu-
gewiesen) und sie am 24. 7. 1949 zuteilte.
Am 5. 9. 1949 ginqen 16 Listen an das
Ministerium für Wirtschaft und Verkehr
ab, die am 26. 11. 1949 genehmigt bei
der PTV eineihgen. Es liegen also gut
zweieinhalb Monate zwischen Ausgang
und Eingang. Diese Zeit belastet aus-
schließlich das Konto unserer Regie-
rungsbürokratie: nicht zu reäen von
den vielen Vor sprachen und Anrufen, die
das „Tempo“ wahrscheinlich noch etwas
heraufsetzten. Weitere 10 Vorschlagslisten
gingen am 12. 12. 1949 ab, zwei folgten
am 3. 2. 1950 und die letzten fünf am
17. 2. 1950. Dazwischen liegen jeweils die
Anfragen bei den Aemtera, auf die man
bekanntlich nicht verzichten kann, Um-
gruppierungen auf Dienstposten gemäß
der zu erreichenden Besoldungsgruppe
und nicht zuletzt die Prüfungen fÜT d'e
einzelnen Laufbahnen. Es ist absurd zu
verlangen, die Beförderungs- und Ernen-
1. V. Baugewerbe
nungsvorSv-Li.-ai zeiuich e.azuiei-
chen, als die Prüfungseigebnisse festi-
gen. Nicht nur, daß die laut § 5 der Ge-
schäftsordnung der Regierung des Saar-
kmdes gebildete Kommission einen dik-
ken Strich durch einen solchen Vorschlag
gezogen hätte, sondern danach richteten
sich auch die Möglichkeiten für d e Nach-
rückenden. Das so oft zitierte Sperr-
gesetz ist im Amtsblatt Nr. 9 vom 6.
Februar 1950 veröffentlicht (Landtagsbe-
schluß vom 27. Januar 1950). Zwischen
dem Abgang unserer Vorschläge und dem
Landtagsbeschluß liegen also fast zwei
Monate. Wenn die Aooaratur nur halb-
wegs klappen würde, hätte diese Zeitaus-
gereieht, die Ange'egenheit aus der Welt
zu schaffen.
So liegen die Tatsachen und nicht
anders, und deshalb kann man die
Schmeichelei gegenüber der Regie-
rung nur als bewußte Irreführung be-
zeichnen, die die tatsächlichen Vorgänge
auf den Kopf stellt.
Abschließend dürfen wir wohl behaup-
ten, daß die Angriffe gegen uns zum Bu-
merang geworden sind. Dem Benehmen
nach war die Christliche Gewerkschaft
mit dem Gesamteindruck, den die Ver-
sammlung hinterließ, hoch zufrieren
(streng nach obiektiven Zeuge nberichben),
und wir dürfen, es nicht minder sein (eben-
falls nach objektiven Zeugenberichten).
Am 26. 3. 1950, vormittags 9 Uhr, findet im „Kegterbeim“ in Saarbrücken 3, Ecke
Max-Braun-Straße und Bleichstraße die
zweite ordentliche Generalversammlung
des Verbandes statt
Tagesordnung
1. Geschäftsbericht
, 2. Kassenbericht
3. Stellungnahme zum Tarifvertrag im Baugewerbe
4. Beratung und Beschließung der Verbandssatzung
5. Wahl des Vorstandes und Au Schusses.
Die Generalversammlung setzt sich zusammen aus den innerhalb der eia meinen
Orts- und Fachgruppen, sowie der organisntionsmäßig erfaßtenPe'riebsabtei u-’gen
gewählten Delegierten.
Mitgliedsbuch und Detegiertenausweis müssen vorgelegt werden.
Der Vorstand.
I. A.: Schäfer, Vorsitzender.
I. V, öffentliche Betriebe
Generalversammlung in Neunkirchen
Am vergangenen Sonntag hielten die
Mitglieder der Ortsverwaltung Neunkir-
chen ihre Generalversammlung ab. Die
Beteiligung war recht zufriedenstellend.
Kollege Wilhelm ersattete den Tätig-
keits- und Kassenbericht. Dabei kam er
auch auf did" Abbaumaßnahmen bei der
Stadtverwaltung zu sprechen, die sich be-
sonders auf das Wirtschaftsamt bezogen.
Um Härten nach Möglichkeit zu vermei-
den, versuchte man den Maßnahmen der
Regierung zum Teil mit Pensionierungen
zu begegnen. Mit Nachdruck verlangte
der Sprecher — und seine Forderung wur-
de allseits beifällig unterstrichen — daß
das Betriebsrätegesetz alsbald so, wie es
die Einheitsgewerkschaft als Entwurf vor-
gelegt habe, Wirklichkeit werde. Dem
SUratsschutzgesetzentwurf könne die Ge-
werkschaft keineswegs zustimmen. Kol-
lege Wilhelm bezeichnete den Mitgliedex-
stcrad der Ortsgruppe als sehr befriedi-
gend. Die Wahl des Vorstandes ergab
durchweg keine Veränderung. 1. Vorsit-
zender ist Kollege Alois Halsmann, 2. Vor-
sitzender Kollege Friedrich Wilhelm, Kas-
sierer Kollege Adolf Rotfuchs und Schrift-
führer Fritz Benning. Mit Aufmerksamkeit
hörte die Versammlung ein Referat des
Kollegen Kiesgen über Zusatzversorgu ig
an.
Jxaa Jtada hat weniget Sxwyen
„Das Geld langt
nicht“, — Maria
legt etwas mutlos
'geworden d. Blei-
stift beiseite, mit
dem sie gerade
ihre Haushaltrech-
nung macht und
stützt ihren Kopf
in beide Hände.
„Nanu“, brummt
Peter hinter sei-
ner Zeitung hervor
läßt sie dann sin-
ken u. sieht seine
Frau gemütlich lä-
chelnd an. „Bis
jetzt ist doch im-
mer alles schön aufgegangen. Das wäre’
doch das erste Mal, daß Du das Kunst-
stück nicht fertig bringst.“
„Aber diesmal geht's nicht auf“ sagt
sie hartnäckig. „Ich weiß selber nicht wie
es kommt. Am besten wird’s wohl sein,
wir gehen die ganze Haushaltrechnung
gemeinsam durch, vielleicht kommt uns
dann eine Lösung.“
Peter rückt mit seinem Sessel näher und
nun beugen sie sich zunächst einmal übel
das Haushaltbuch mit den Einnahmen u.
Ausgaben, die alle fein säuberlich von
Maria aufnotlert sind. Das Buch stimmt
und Marias Kasse stimmt auch. Dann be-
schäftigen sie sich mit Marias Rechnung
der voraussichtlichen Ausgaben für den
kommenden Monat. Und da stellen sie
nun fest, daß es so ist, wie Maria sagte
— das Geld langt nicht.
„Ich sehe jetzt auch, woran es liegt, daß
das Geld im nächsten Monat nicht auf-
gehen kann“, sagt sie, wenn auch nicht
gerade erleichtert. „Siehst Du, ich habe
meine Vorausberechnung für den näch-
sten Monat genau so gemacht, wie ich es
bis jetzt auf Deinen Rat hin immer ge-
tan habe. Da sind zunächst mal die vor-
aussichtlichen Ausgaben für Ernährung,
Wohnung und die sonstigen immer wie-
derkehrenden Ausgaben.“ —
„Hast Du auch den Betrag eingesetzt,
den wir jeden Monat beiseite legen wol-
len, sodaß wir nach ein paar Monaten
das ersparte Sümmchen auf die Spar-
kasse bringen können?“
„Natürlich“ sagt sie, „daran wollen wir
ja unbedingt festhalten. Ich sehe immer
mehr ein, wie notwendig und beruhigend
es ist, wenn man einen Notgroschen auf
der Sparkasse liegen hat. Aber nun zu der
voraussichtlichenAusqaben zurück. Weißt
Du, woran es liegt, daß das Geld dies-
mal nicht langt? — Da sieh mal her. Hier
stehen 1800 Franken und da stehen 2200
Franken. Die 1800 Franken sind für ein
Paar Schuhe für Hansi bestimmt.“
„Richtig“, sagt Peter, „der Junge
braucht dringend ein Paar Schuhe. Seine
alten Schuhe'' hat er ausgewachsen. Als
ich Sonntagmorgen mit den Kindern spa-
zieren ging, hat er steh beklagt, daß ihm
die Füße weh tun.“ . ,
„Und die 2200 Franken sind für Gerdi
vorgesehen. Sie braucht unbedingt, ein
Mäntelchen. Die Kinder wachsen ja so
schnell. — Siehst Du, an diesen beiden
vorgesehenen Ausgaben liegt es, daß die
Rechnung diesmal nicht aufgeht.“
, Ja was machen wir denn da?“ Peter
kratzt sich hinterm Ohr. „Ob wir mal aus-
nahmsweise Schulden machen sollen? —
Aber nein, kommt nicht in Frage, so was
fangen wir gamicht an.“
„Ich hab’s!“ Maria lächelt plötzlich
über das ganze Gesicht. „Weißt Du, was
die Lagerhalterin von unserm Konsum vor
ein paar Tagen gesagt hat? — Noch im
Monat März gäbe es die Rückvergütung.
— Merkst Du was?“
„Ja natürlich!“ Peter pafft dicke Wol-
ken aus seiner Pfeife und lehnt sich zu-
rück. „Die Rückvergütung kommt ja grade
wie gerufen. Ich werde Hansis Schuhe
morgen ordentlich ausweiten, sodaß er
sie noch ein paar Wochen tragen kann.
Und Gerdi wird eben noch so lange
ihre alten Sachen tragen müssen bis ich
ihr das Mäntelchen geschneideri habe.“
„— Und in ein paar Wochen kriegen die
Kinder ihre neuen Kleidungsstücke von
dem Betrag, den wir durch die Rückver-
gütung sparen“ ergänzt Peter und bläst
blaue Ringe nach der Decke. „Wieviel
Rückvergütung werden wir denn ungefähr
bekommen?“
„Das werden wir gleich haben.“ Maria
kritzelt ein paar Zahlen auf das Papier.
„Ich habe, wenn ich mich recht erinnere,
für über 90 000 Franken Kassenscheine
bei der Lagerhalterin abgegeben. Dann
kriegen wir also für 4500 Franken Rück-
vergütung.“
„Ausgezeichnet“, sagt Peter, „das ist
ja gefundenes Geld. Reicht für die Klei-
dungsstücke der Kinder und eine Flasche
Kognak für mich.“
Maria klopft ihrem Mann auf die Schul-
ter, „Komm“, flüstert sie und legt den
Finger auf ihren Mund. Sie öffnet leise
die Tür zum Schlafzimmer, in dem die Kin-
der mit roten Bäckchen schlummern. Die
Eltern beugen sich über die Bettchen. se-
hen sich an und ein glückliches Läc ;eln
erhellt ihre Züge,
Frau Else W.
Seite 4
„DIE ARBEIT“
März 1950
Mitgliederbewegung im Kreise Saarlouis-Dillingen
„Die Arbeit“ berichtete schon einmal,
daß die Kreisverwaltung der EG. Saar-
louis-Dillingen im September 1949 be-
schlossen hatte, einen Werbewettkampl m
der Zeit vom 1. IQ. 1949 bis 31. 1. 1950
durchzuführen. Der Kreiswerbewettkampf-
Ausschuß hatte das Ziel auf mindestens
1000 Neuaufnahmen festgesetzt. Diese Ak-
tion wurde in der Zwischenzeit durchge
tion wurde in der Zwischenzeit durchge-
führt, und wir bringen nun heute einen Er-
gebnisbericht, aus dem hervorgeht, wie
der Kampf verlaufen ist..
Die Aktion wurde von allen Funktionären
sämtlicher in der Einheitsgewerkschaft zu-
sammengeschlossenen Inüustrieverbände
lebhaft begrüßt und mit großer, wachsen-
der Begeisterung bis zum Schluß durchge-
führt. Mehr als 6Q Funktionäre beteilig-
ten sieh daran. Jeder erkannte die Not-
wendigkeit einer solchen Maßnahme alö
dringend an, weil er einsah, daß eine Bes-
serung der Lage der Arbeitnehmer nur
mit einer schlagkräftigen Kampforganisa-
tion erreicht werden kann.
Auch bei den Unorganisierten hatte
sich diese Erkenntnis durchgerungen. Sie
haben eingesehen, daß sie es nicht mehr
verantworten können, weiterhin abseits zu
stehen und andere für sich kämpfen zu
lassen. Sie reihten sich als Mitglieder ein
und erklärten sich damit bereit, Schulter
an Schulter mit den organisierten Kolle-
gen und Kolleginnen um eine Besserung
ihrer Lebenshaltung zu kämpfen.
Als der Kreiswerbewettkampf am 31.
Januar 1950 sein Ende erreicht hatte,
konnte der Ausschuß die erfreuliche Tat-
sache feststellen, daß in vier Monaten
1130 neue Mitglieder
geworben wurden. Das schöne Ergebnis
übertraf alle Erwartungen, da es noch mit
13 Prozent über das selbstgesteckte Ziel
hinausging. Die Aktion war eine glän-
zende Belastungsprobe aller Funktio-
näre, wenn sie gerufen werden, hinter ih-
rer Gewerkschaft stehen und für sie zu
kämpfen bereit sind.
Von allen Industrieverbänden, die sich
am Kreiswerbewettkampf beteiligten, ging
der Industrieverband Metall als 1. Sieger
hervor. Ihm folgten die Industrieverbände
Bergbau, Baugewerbe, Oeffentliche Betrie-
be und Verwaltungen, Fabrikarbeiter, Ver-
kehr und Transport, Nahrung und Genuß,
Groß- u. Einzelhandel, Holz und Graphik.
Erfreulich ist die Tatsache, daß, trotz-
dem die Aktion selbst beendet ist, die
Werbetätigkeit nicht einschläft, und daß
der weitere Ausbau der Einheitsgewerk-
schaft zu einer schlagkräftigen Kampfor-
ganisation im Kreise Saarlouis-DiMingen
weiterhin sehr gute Fortschritte macht.
Es ist erfreulich, wenn sich Funktionäre
und Mitglieder auf ihren Arbeitsstätten je-
derzeit dafür einsetzen, daß der Block der
Schaffenden im eigensten Interesse immer
stärker wird. Saarlouis-Dillingen hat den
ersten Schritt getan, und es bleibt zu
wünschen, daß im Laufe des Jahres die
übrigen Kreisverwaltungen der Einheits-
gewerkschaft gleiche Aktionen starten.
Zum Abschluß des Wettbewerbes in
Saarlouis gab der Ausschuß als Aner-
kennung für die Tätigkeit der Funktionäre
und zum Gruß der neuen Mitglieder zwei
Rundschreiben heraus, die wir nachste-
hend veröffentlichen:
An alle
Funktionäre und Betriebsräte
im Kreise
Saarlouis-Dillingen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Unser Kreiswerbewettkampf ist nun zu
Ende. Wir haben unser selbstgestecktes
Ziel — mindestens 1Q00 Neuaufnahmen
während einer Laufzeit von vier Monaten
zu tätigen — nicht nur erreicht, sondern
es noch um 130 Neuaufnahmen über-
schritten, so daß wir die Aktion mit 1130
neugeworbenen Mitgliedern zum Abschluß
bringen konnten.
Das isi ein schöner Erfolg, der um so
wertvoller ist, weil er in einer verhältnis-
mäßig kurzen Zeit erreicht wurde. Ihr
könnt stolz darauf sein. Ihr habt ihn auch
ehrlich verdient, denn Ihr habt energisch,
zäh und verbissen um ihn gerungen. Es ist
eine hervorragende Gemeinschaftsliej.-
stung, die Ihr vollbracht habt, zugleich
auch eine Belastungsprobe unseres Funk-
tionärapparates, aber auch eine beacht-
liche Stärkung unserer Kampforganisation.
Selbstverständlich werden wir in die-
sem Sinne und Geiste am weiteren Aus-
bau unserer Kampf Organisation — auch
ohne Werbewettkampf — durch Gewin-
nung neuer Mitglieder Weiterarbeiten, und
wir werden uns weiter rüsten für die kom-
menden Lohnkämpfe.
Für Euere bisherige tatkräftige und er-
folgreiche Werbearbeit sprechen wir Euch
unseren herzlichen und aufrichtigen Dank
aus.
Mit gewerkschaftlichem Gruß!
Kreiswerbe wettkampf-Ausschuß:
Struck — Zumpf — Motzek.
An alle neuen Mitglieder!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ihr seit während des Kreis werbe Wett-
kampfes als neue Mitglieder in die Ein-
heitsgewerkschaft eingetreten und habt
Euch damit freiwillig in die Reihen all
derjenigen Kollegen und Kolleginnen ein-
gereiht, die es sich zur Aufgabe gemacht
haben, durch eine Kampfgemeinschaft
bessere und gerechtere Lebens- und Exi-
stenzbedingungen für die Arbeitnehmer-
schaft zu erkämpfen.
Wir freuen uns über Eueren tapiflaren
Entschluß und wünschen, daß Euerem gu-
Die Moskauer politisch-sati-
rische Zeitschrift „Krokodil" ver-
öffentlichte diese Zeichnung mit
nachstehendem Text. Eine auf-
schlußreiche Kritik an Mißstän-
den, die auf mangelhafte Wahr-
nehmung von Interessen der
Arbeiterschaft durch Betriebs-
leiter zurückzuführen sind.
0
1. Der Kopf, in den nie der Ge-
danke kam, sich um die Alltags-
sorgen der Arbeiter und Ange-
stellten zu kümmern.
2. Das Ohr, das taub wird, wenn die Forderung auf Einrichtung einer Betriebspoliklinik
stellt wird.
3. Die Zunge, die spitz wird gegen die Betriebsgewerkschaftsleitung, die Kritik geübt
4. Das Herz, das sioR für Kindergärten und Ferienlager nicht erwärmt.
5. Der Magen, der alles gut verdaut, nur nicht Verbesserungsvorschläge.
6. Der Rücken, den er der Betriebsbücherei zeigt.
7. Der Finger, den er nie für die Versorgung der Betriebsküche gerührt hat.
8. Der Fuß, den er nie über die Schwelle der Arbeiterwohnungen setzt.
9. Der Nacken, der ihm vor Ueberheblichkeif steif geworden ist.
ge-
het
Geduld? — Ja!
Verzicht? — Nein!
S.
ten Beispiel noch recht viele Unorgani-
sierte folgen mögen. Je stärker eine Be-
gegnung ist, desto erfolgreicher ist auch
ihre Arbeit im Interesse aer gesamten Ar-
beitnehmerschaft. -
In diesem Sinne heißen wir Euch als
neue Mitglieder der Einheitsgewerkschaft
der Arbeiter, Angestellten und Beamten
des Saarlandes, Kreis Saarlouis-Dillingen,
auf das herzlichste willkommen.
Mit gewerkschaftlichem Gruß!
Kreiswerbewettkampf-Ansschuß t
Struck — Zumpf — Motzek. ~~~
Post aus dem Ausland
FRANKREICH. Infolge der weiter sinkenden
Kaufkraft hat sich die Lage der Arbeitnehmer
erneut verschlechtert. Einige Zugeständnisse be-
züglich der Lohnforderungen, die die Gewerk-
schaften vorgebracht haben, erwiesen sich als
ungenügend. Die Streiks haben sich weiter
ausgedehnt. Zur Beurteilung der Lage ist es
wichtig, Lohn- und Preisentwicklung in Frank-
reich im einzelnen zu kennen. (Wir verweisen
auf diesbezügliche Artikel in den letzten Aus-
gaben unseres Organs und in der heutigen
Nummer.) Die Regierung ist in einer schwieri-
gen Lage. Die Bemühungen um eine Politik , der
Preisstabilität konnten sich nicht durchsetzen.
Die Unternehmer erleichtern keineswegs die
Lage, wenn sie verkünden, wesentliche Lohn-
erhöhungen würden ihr Betriebsbudget derart
belasten, daß sie Fabrikationseinschränkungen
und Arbeiterenilassungen vornehmen müßten.
Die Gewerkschaften sind der Ansicht, daß eine
Verringerung der Gewinnspanne die Zahlung
höherer Löhne möglich mache. Eine Katastro-
phe sei dabei für die Unternehmer durchaus
nicht zu befürchten. Auf jeden Fall dürfe es
nicht so sein, daß man immer nur von der
Arbeiterschaft verlange, sie solle Opfer bringen
USA. Im Bergarbeiterstreik ist es noch zu
keiner Entscheidung gekommen. Nach dem
jetzigen Stand der Verhandlungen zwischen
den Bergarbeitern und Unternehmern ist nicht
mit einer schnellen Lösung des Konflikts zu
rechnen. Die Regierung hat Pläne erwogen,
um die Gruben von Staatswegeu beschlag-
nahmen zu lassen für den Fall, daß der Kon-
flikt durch Verhandlungen nicht bald bereinigt
werden, sollte. Die aufgeiretene Kälteperiode
hat zu einer raschen weiteren Verknappung
der geringen Kohlenvorräte beigetragen.
Briefkasten. Ü
Heinrich Löffler f. Der in weiten Kreisen be-
kannte Gewerkschaftler. Heinrich Löffler ist vor
kurzem gestorben. Löffler hat jahrzehntelang der
Bergarbeiterbewegung angehört und viel zu ih-
rer Aufwärtsentwicklung beigetragen. Er war
eine Zeitlang Mitglied deli Deutschen Reichsta-
ges. In den letzten Jahren hat er sich beson-
ders stark und erfolgreich für die. Einheit in
der Gewerkschaftsbewegung eingesetzt.
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Aut ein bestimmtes Lebensziel hat
ein jeder, der Anspruch auf menschliche
Würde erhebt, nicht nur ein Recht, ja, wir
müssen aus unserer Auffassung vom ge-
sellschaftlichen Charakter des Menschen
heraus einen jeden Angehörigen unserer
Gemeinschaft sogar auf dieses Ziel hin
verpflichten. Bei den nachstehenden Be-
trachtungen über die soziale Situation an
der Saar sei dieses Ziel auch als Aus-
gangspunkt, als Kriterium genommen.
Und so fragen wir: „Wieweit hat das
Volk an der Saar, wieweit hat die Ge-
meinschaft der Saarländer das mehrstu-
fige Lebensziel verwirklicht?“
„Wieviel Saarländer leben mit ihren Fa-
milien m ökonomischer Sicherhei?t?“
„Wieviele haben im Kampf um reichere
und bessere Lebensbedingungen Erfolg?“
„Wem verbleibt dabei noch Gelegenheit
u. Anreiz, sich einem edleren, einem grös-
seren Gedanken oder Antrieb zu widmen?*
Unter diesen Gesichtspunkten betrach-
tet, sehen wir das Saarvolk sich aufteilen
m mehrere Schichten, deren erste eine
Schicht von Wohlhabenden ist, zu denen
wir alle diejenigen zählen, die ohne eige-
ne Arbeit oder in unabhängiger Arbeit,
als Unternehmer oder in freien Berufen,
erheblich mehr verdienen können, als der
durchschnittliche Saarländer zu verdienen
in der Lage ist.
Da die Löhne und Gehälter staatlich
geregelt und die Renten und Pensionen
durch Gesetz in ihrer Höhle festgelegt
sind, kann sich der durch die stetige gün-
stige Entwicklung unserer Saarwirtschaft
ergebende Mehrertrag nur in einer Stär-
kung der ökonomischen Situation dieser
erstgenannten Schicht auswirken und führt
dort wirklich zu wachsendem Wohlstand,
zu besseren Lebensbedingungen.
Erst dieser Wohlstand, erst diese bes-
seren Lebensbedingungen gebien den An-
gehörigen dieser Schicht die Möglichkeit,
sich lm Dienste einer erhabenen Idiee oder
sonstwie im Sinne der abendländischen
Kultur schöpferisch oder auch genießend
zu betätigen. Hier ist es aber wichtig,
darauf hinzuweisen, daß wir beim Beginn
unseres staatlichen Eigenlebens an fter
Saar im Jahre 1947 eine eigentlich wohl-
habende, wirtschaftlich führende Schicht,
so wie sie andere bürgerliche Staaten, wie
z. B. England, Frankreich, Amerika, in
ausgeprägter Form haben, noch nicht
hatten.
Wenn aber bei gleichbleibenden Löh-
nen, Renten und Gehältern die Prosperität
der Saarwirtschaft anhält oder nogh zu-
nimmt, und die Arbeiter weiterhin gleich-
gültig, uneinig, in sich gespalten, verhar-
ren, dann ist es leicht einzusehen, daß dar
gesamte wirtschaftliche und volkswirt-
schaftliche Gewinn nur dieser einen
Schicht zugute kommt.
Sie hat nach dem Gesagten, zur ökono-
mischen Sicherung ihrer Existenz, als
Wichtigstes zur Voraussetzung, das Vor-
handensein von Arbeitermassen.
Diese Massen bilden die zweite, die
zahlenmäßig weitaus stärkste Schicht des
Saarvolkes. Zu ihr gehören alle die, die
in abhängiger Arbeit stehen, die aus mehr
oder weniger günstigem Verkauf ihrer Ar-
beitskraft, ob durch Vertrag oder durch
Berufung, ihr Dasein fristen.
Wie sieht es hier aus um die Verwirkli-
chung des dreistufigen Lebenszieles, als
welches wir nennen:
Arbeiten, um leben zu können!
Kämpfen, um besser leben zu können!
Leben um höherer Werte willen!
Es ist festzustellen, daß die Arbeiter,
solange sie ihre Arbeitskraft zur Verfü-
gung haben, schaffen müssen, um leben
zu können, und nichts als arbeiten, weil
die Lebensbedingungen, die Preise, und
die Arbeitserträge, die Löhne, sich wech-
selweise weiter entwickeln, wobei, wie
zur Zeit, die Preise „selbstverständlich“
immer voraus sind.
Forderungen auf Lohnerhöhung begeg-
net man mit dem Hinweis: „Jawohl, ge-
rechter Lohn, aber nicht Gefährdung der
Kapitalbildung“, womit dann unmißver-
ständlich zum Ausdruck gebracht wird,
was den Vorrang hat. Und nun gar erst
das Verlangen nach Aenderung der Wirt-
schafts- oder Gesellschaftsordnung, der
Wille nach Mitbestimmung im Betriebe,
sie verstoßen gegen „die natürlichen Ge-
gebenheiten der menschlichen Gesell-
schaftsordnung“,
Der moderne europäische Arbeiter ist
durch Erfahrung und Schulung wissend,
selbstsicher und selbstbewußt geworden.
Europäische Arbeiter sitzen in verschie-
denen Ländern als Minister in Regierun-
gen und leisten dort wertvolle Arbeit. Der
Arbeiter läßt sich durch Worte nicht mehr
erschüttern, er wird den Kampf um bes-
sere Lebensbedingungen nicht mehr auf-
geben. Zu stark und zur Verwirklichung
drängend und so greifbar nahe erschei-
nen die Menschheitsideale, die seine
Brust erfüllen, die Ideen von Völkerfriede,
Verständigung, Freundschaft, Familien-
glück, Eigenheim, Stolz auf vollbrachte
Leistungen, Sicherheit des Daseins bis ins
hohe Alter und was er sonst noch an
heimlichen Träumen oder inbrünstigen
Gebeten in seiner Seele trägt.
Darüber hinaus hat auch der Arbeiter
das Bedürfnis, teilzuhaben an dem, was
die größten menschlichen Geister je er-
sonnen, erlebt und gestaltet haben, um
vielleicht auch einmal einen Beitrag zur
Bereicherung des abendländischen Kul-
tur- und Geisteslebens zu leisten.
Aber wir müssen unsere Begeisterung
für all das, was auch die Augen der Ar-
beiter einmal zum Leuchten bringt, dämp-
fen, den Flug unserer Gedanken unterbre-
chen und den Blick zur Wirklichkeit zu-
rücklenken.
Noch sind die L eb ensb edingungen des
Arbeiters proletarisch, d. h. zur Erhaltung
seiner Existenz ist er lediglich auf seine
Arbeitskraft angewiesen, und da die Le-
bensbedingungen einem ständigen Wech-
sel unterliegen, lebt er in wirtschaftlicher
und sozialer Unsicherheit, und vom Kul-
tur- und Geistesleben ist er so gut wie
ausgeschlossen, ausgeschlossen von der
bürgerlichen Gesellschaft, die den Grund-
satz aufgestellt hat: „Es ist keineswegs
Aufgabe der Gesellschaft, alle Menschen
zum Genüsse aller Güter heranzuziehen!“
(Fortsetzung folgt!)
Seite 5
MÄRZ 1950
„PIE ARBEIT»
Aufklärung für Bauinteressenten
Wer kann Mitglied der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Saariand werden? - Rechte und Pflichten - Wieviel
« Eigenkapital ist notwendig? - Welche Vergünstigungen und Erleichterungen sind gewährleistet?
Die Alleinlinanzierung und die zweigleisige Finanzierung
nie Gemeinnützige Baugenossenschaft Saarland, die durch Initiative der Ein-
heitsqewerkschaft ins Leben gerufen wurde, hat soeben ein Merkblatt her-
sqegeben, das weiteste Verbreitung verdient. In diesem Merkblatt, das nach-
stehend im Wortlaut abgedruckt ist, wird dem großen Kreis derer, die dem
sozialen Wohnungsbau Interesse entgegenbringen, in übersichtlicher Form Rat
und Aufschluß gegeben.
Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Saarland, die wegen Kostenersparnis
in erster Linie geschlossene Siedlungsbauvorhaben durchführt, steht dennoch
auch allen anderen Bauinteressenten, die nicht in geschlossenen Siedlungen
bauen wollen oder können — vielleicht weil sie ein eigenes Grundstück ha-
ben — mit Rat und Tat zur Seite.
Darüber hinaus stellt sich die Hauptverwaltung der Einheitsgewerkschaft je-
dem Gewerkschaftsmitglied zur Bauberatung und bei der Vermitt ung von Bau-
darlehen kostenlos zur Verfügung.
Die nachstehenden Darlegungen unterrichten über so manche bisher vorhan-
den gewesenen Unklarheiten und geben zum ersten Male ein übersichtliches
Bild über die gesamte Materie. Wer den Text aufmerksam gelesen hat, der
weiß jetzt genau Bescheid auf die Fragen: WeT kann bauen?, Wie kann man
bauen?, Wieyiei Eigenkapital ist notwendig?, Welches sind die Vergünstigun-
gen beim Bauen mit der Baugenossenschaft und andere Fragen mehr.
I. Was will die „Gemeinnützige Bau-
genossenschait Saarland"?
Sie will im Rahmen geschlossener Sied-
lungsvorhaben preiswert und wirtschaft-
lich bauen.
Sie wird, um dieses Ziel zu erreichen,
1. im Einvernehmen mit den Städten und
Gemeinden des Saarlandes um die Be-
reitstellung von geeignetem und preis-
wertem Baugelände bemüht sein;
2. sich dafür einsetzen, daß alle mit der
Baulanderschließung verbundenen Ko-
sten — auch die der Anschlüsse für
Wasser, Licht, Gas, Kanal usw. — auf
ein Mindestmaß beschränkt werden;
2. die Kosten für die Planung und Baulei-
tung — im Gegensatz zum Architekten-
honorar für Einzelbauvorhaben — um
ein Bedeutendes günstiger stellten, und
zwar durch jeweiligen Abschluß eines
besonderen auf das betreffende ört-
liche Gesamtprojekt abgestellten Ver-
trages mit freischaffenden, von der Ar-
chitektenkammer zugelassenen Archi-
tekten;
4 durch vorteilhaften Großeinkauf der
Baustoffe wirtschaftliche Vergünsti-
gungen zugunsten des einzelnen er-
streben;
3. durch eine geschlossene Vergebung der
jeweiligen Großbaustelle an bewährte
Unternehmer und Handwerker — und
zwar im Wege der öffentlichen oder
beschrankten Suhnussion •— eine preis-
werte und werkgerechte Ausführung
sichern;
6. jeden günstigen Leistungs- und Wirt-
schaftsfakbor im Dienste des Wohnungs-
baues nutzbar machen, um mit allen
' Mitteln und mit letzter Konsequenz die
Möglichkeiten der Wirtschaftlichkeit
und Preiswertigkeit für den einzelnen
Baugenossen auszuschöpfen.
II. Welchen Weg geht die „Gemein*
nützige Baugenossenschaft
Saarland" hierbei ?
1. Sie erstrebi engste Zusammenarbeit mit
den Städten und Gemeinden. Die größe-
ren Gemeinden des Saarlandes, inson-
derheit jene, die unter dem Wohnungs-
raurnmangei durch Kriegszerstörungen
am stärksten leiden, sind angegangen
worden, baureifes Gelände zu einem
günstigen Preis bereitzustellien, indem
ihnen zugleich die Zusammenarbeit mit
der „Gemeinnützigen Baugenossen-
schaft Saarland“ zur Durchführung ge-
schlossener Siedlungsprojekte an gebo-
ten wurde.
2. Die Zahl der Wohnhäuser in einer ört-
lich geschlossenen Baugruppe wird im-
mer auf die Zahl geeigneter Bauinte-
ressenten in der betreffenden Gefesmlnde
abgestellt werden.
8. Die Interessenten werden im Einverneh-
men mit der betreffenden Gemeinde er-
mittelt und ausgewählt.
Für die Auswahl ist in erster Linie ent-
scheidend, daß der einzelne Baube-
werber die Voraussetzungein für die
Baufinanzierung erfüllt,
Ilf. Wie werden die Bauvorhaben
finanziert?
Dazu grundsätzlich folgendes;
Jeder Baubewerber muß wissen, daß es
unmöglich ist, sein Eigenheim 100o/0ig mit
einer Hypothek zg belasten. Einmal würde
er eine solche Belastung finanziell nicht
verkraften können und zum anderen gibt
es praktisch keine Geldgeber, die 100 o/oig
beleihen.
Es kann deshalb nur der bauen, der:
1. über gewisse Ersparnisse verfügt; un
Regelfälle müssen mindestens 20 o/o der
Baukosten als Eigenkapital vorhanden
sein;
2. willens ist, durch ein gewisses Maß von
Eigenleistungen nach besten Kräften zu
einer Verbilligung der Baukosten bei-
zutragen, es sei denn, sie können durch
. höheres Eigenkapital — also über 2Q o/o
hinaus — ausgeglichen werden.
Für jene, die diese grundlegenden Vor-
aussetzungen im Augenblick noch nicht
loder nicht voll erfüllen, sollte der Leit-
satz gelten;
„Erst sparen und dann bauen“!
Für jene aber, die diese Bedingungen er-
freulicherweise jetzt schon erfüllen, gilt
hinsichtlich der Geldbeschaffung folgen-
des:
1. Die Baugenossenschaft finanziert ihre
Bauvorhaben entweder Über die Bau-
sparkasse deB Saarlandes allein, oder
über die LVA. gemeinsam mit der Bau-
sparkasse.
1. Im Falle der AUeinfinanzierung durch
die Bausparkasse:
• Aufgrund des im E in z elf alle abzu-
schließenden Bausparvertrages ist eine
Pflichtsparrate bis zur Zuteilung aus
diesem Vertage (frühestens nach 18
Monaten) zu leisten. Sie beträgt monat-
lich 4 o/o der Vertragssumme. Bei einer
Vertragssumme von beispielsweise
1500 000 Frs. also: 6 000 Frs. monatlich.
Abgesehen von der l*/i°/o der Vertrags-
summe betragenden einmaligen Ab-
schlußgebühr werden sämtliche Ein-
zahlungen auf den Bausparvertarg (also
Sparraten und Sonderleistungen) mit
1 o/0 verzinst.
Nach der Zuteilung ist zur Verzinsung
und Tilgung für eine Laufzeit von un-
gefähr 17 Jahren eine ln ihrer Höhe
gleichbleibende Rate vdn 4,5 o/ö monat-
lich — bei 1 500 000 Frs. Kredit also:
6 75Q Frs. monatlich — zu zahlen. In
dieser Rate sind 3 o/o Zinsen vom jewei-
ligen Darlehnsiest (also nach Abzug
des eingezahlten Eigenkapitals und der
jeweiligen Tilgung) enthalten.
Wen» der betreffende Bausparsr vor
der Zuteilung aas seinem Sparvertrage
zum Zuge kommen will, dann besteht —
je nach Lage des Kreditmarktes und
nach Erfüllung der allgemeinen Voraus-
setzungen — die Möglichkeit einer
Zwischenkreditierung, allerdings nur
dann, wenn im Einzelfalle mindestens
20 o/o der Kreditsumme — bei 1 500 000
Frs. also 300 000 Frs. — bei der Bau-
sparkasse eingezahlt werden können.
Der Zwischenkredit wird mit 6 o/0 ver-
zinst. Neben den Zinsen ist bis zur Zu-
teilung aus dem Bausparvertrage die
Pflichtsparrate von 6 000 Frs. monatlich
— immer eine Kreditsumme von 1500000
Frs. angenommen — laufend zu zahlen.
Die Zinslast aus dem Zwischenkredit
kann durch die Gewährung eines Zins-
zuschusses seitens der Regierung bis
zu 4 o/o ermäßigt werden. Dieser Zinszu-
schuß wird nur auf Antrag gewährt.
Er wird von dem betreffenden Kreditin-
stitut gestellt. Die Regierung entscheidet
über jeden einzelnen Antrag, sowohl
dem Grunde als der Höhe nach. Die
Höhe des Zinszuschusses in der Spanne
zwischen 1 bis 4 o/„ richtet sich nach
den jeweiligen sozialen und wirtschaft-
lichen Verhältnissen des Darlehnsneh-
mers.
2. Im Falle der zweigleisigen Finanzierung
also LVA. und Bausparkasse:
Die anteilige Beleihung ist — wie schon
gesagt —
von der LVA.: 60 o/o des Haus- und
Grundstückswertes;
von der Bausparkasse: Der Rest
des notwendigen Baukredites,
höchstens jedoch bis 8Qo/o des vor-
erwähnten Wertes.
An einem beliebigen Zahlenbaispiel
ausgediückt, sähe diese zweigleisige
Beleihung also folgendermaßen aus:
Grundstück: (etwaige Anliegerbei-
träge und Anschlußkosten seitens der
betreffenden Gemeinden hin zu gare ah-
net; 200 000 Frs.
Baukosten: 1 500 000 Frs.
1 700 000 Frs.
Finanzierung:
Wert der Eigen-
leistungen (Selbst- oder
Verwandtenhilfe) ISOOOOFrs.
Ersparnis durch
Großbaustelle (z. B.
Vergünstigungen durch
Großeinkäufe seitens
der Baugenossen-
schaft) 150000 Frs. 300 000 Frs,
Mithin Kreditbedarf 1 400 OOGFrs!
davon LVA.: (60»/o) 1020ÖCÖ Frs!
davon Bausparkasse: 380 000 Frs.
2. Voraussetzung für die Finanzierung
über die Bausparkasse ist der Abschluß
eines Bausparvertrages des einzelnen
Bauinteressenten, und Voraussetzung
für die Beleihung durch die Invaliden-
versicherung oder Angestelltenver-
sicherung (kurz „LVA.“ genannt) ist die
Mitgliedschaft bei einer der beiden
Anstalten.
3. Für den Fall einer sogenannten zwei-
gleisigen Finanzierung, also über die
LVA. und die Bausparkasse, gibt die
LVA. gegen erste Hypothek ein Darlehn
bis zu 60 o/o, während der restliche Bau-
kredit bis zu 80«/o des Haus- und Grund-
stückswertes von der Bausparkasse an
zweiter Stelle gegeben wird.
4. In jedem Falle vermittelt die Baugenos-
senschaft die Kredite und übernimmt
alle mit dieser Finanzierung im einzel-
nen zusammenhängende Verwaltunas-
arbeit.
5. Wenn im übrigen der saarländische Ka-
pital- und Kreditmarkt künftighin die
Bereitstellung langfristiger und wirt-
schaftlich tragbarer Baudarlehn ander-
weitig möglich macht, dann wird es
Sache der Baugenossenschaft sein,
auch diese Geldquellen mit auszu-
schöpfen.
Hiernach bei rüge eie Miudestanzahlung
bei der Bausparkasse — einmal, um
den Weg für die sogenannte Zwischsn-
finanzierung freizumachen und zum an-
dern, um mit dem Baukredit innerhalb
der 8Q o/„igen Beleihungsgrenze zu blei-
ben = 76 000 Frs.
Würden im Falle des hier behandelten
Zahlenbeispiels aber die Eigenleistun-
gen oder die angenommenen Vergün-
stigungen ganz oder teilweise wegfal-
len, dann müßte natürlich die Mindest-
anzahlung bei der Bausparkasse inge-
stalt des baren Eigerikapitals eine ent-
schieden andere — d. h. wesentlich hö-
here — sein, um innerhalb der 8Qo<>igen
Beleihungsgrenze zu bleiben. Denn nur
mu Hilfe dieser finanziellen Vorteile
(also Eigenleistungen plus Ersparnisse
durch Großbaustelle) bewegt sich clie
Kreditierung nach dem hier dargesteü-
ten Beispiel auf der Basis einer 77 r\ igen
Beleihung.
Die Zins- und TügiHujsbedingunpn bei
der Invaliden- und Angesielltenveisiche-
rung sind folgende:
4Vi°/o Zinsen und
ly»o/o Tilgung (sie entspricht einer
Laufzeit von ungefähr 30 Jahren).
Auch hieraufhin wird gegebenenfalls im
gleichen Verfahren wie für den Zwischen-
kredit der Bausparkasse ein Zi iszuschuß
der Regierung gezahlt. Der höchste Zins-
zuschuß für dieses Geld betrüge also nur
2$ o/o, um damit auf einen Zinssatz von
2 o/o zu kommen.
Mit Hilfe dieser Zahlen kann sich jeder
Baubewerber die auf ihn entfallenden
Schuldverpflichtungen — sei es aus der
ein- oder zweigleisigen Finanzierung
seines Bauvorhabens — selbst errechnen.
Allerdings lassen sich nicht für alle Fälle
gleiche oder nur ähnliche Zahlen hier
festlegen, weil jedes Bauvorhaben in der
Art seiner Finanzierung verschieden ist.
Beispielsweise:
1. Verschieden hohe Grundstückskesten
(verschieden auch: ob bezahlt oder
zu bezahlen).
2. Verschieden hohe Belastungen durch
gemeindliche Anliegerbeiträge und An-
schlußkosten, die ebensogut kraft eines
teilweisen oder völligen Verzichtes sei-
tens der einzelnen Städte und Gemein-
den eine wesentliche Vergünstigung für
den Neubauenden bedeuten können.
3. Verschiedene Werfe inbezug auf Art
und Maß deT Eigenleistungen des Ein-
zelnen.
4. Unterschiede in der Bewertung des vor-
handenen eigenen oder verbilligten
Baumaterials.
5. Etwaige Ersparnisse bzw. Vergünsti-
gungen durch Arbeitaeberhilfe.
6. Verschieden hohe Ersparnisse aus
einer Großbaustelle durch Großeinkäu-
fe der wichtigsten Baustoffe seitens
unserer Baugenossenschaft, und ähn-
liche preisverbilligende Wirtschafts- u.
Leistungsfaktore.
Entscheidend aber ist immer und muß im-
mer sein, daß die Beleihung — im ganzen
gesehen — 80o’o des Haus- und Grund-
stückswertes nicht überschreitet!
Wer kann Mitglied der „Gemeinnützige
Baugenossenschaft Saarland“ werden und
wie sind die Rechte und Pflichten der Bau-
genossen gegenüber der Baugenossensch
afi abgegrenzt?
Jede. Privatperson, jede juristische Person
und Körperschaften des öffentlichen Rech-
tes (z. B. Kreise, Städte und Gemeinden)
haben das Recht auf Erwerb der Mitglied-
schaft. Es muß zumindest ein Geschäfts»
IV Wie sehen die aus dieser Finanzierung resultierenden Belastungen aus?
anteit in Höhe von IQ 000 Frs. erworben
werden.* Damit haftet der Baugenosse. Der
Anteil ist im übrigen nach vorheriger
zweijähriger Kündigung wieder an den
Genossen zuxückzuzahlen. Das Eintritts-
geld beziffert sich einmalig auf 500 Frs. *
und wird von der Genossenschaft verein-
nahmt. Die Rechte und Pflichten der Bau-
genossenschaft auf der einen Seite und
der Baugenossen auf der anderen sind ln
einem sogenannten Bauverträge, der vor
Ausführung des Bauvorhabens von bei-
den Parteien anzuerkennen ist, festgelegt.
Grundsätzlich sind hierbei folgende Ge-
sichtspunkte von Bedeutung:
1. Die Baugenossenschaft ist Bauherr. Sie
isi es deshalb, weil sie nur in dieser
Eigenschaft alle wirtschaftlichen Ver-
günstigungen zugunsten des einzelnen
Baugenossen ausschöpfen kann (Groß-
einkäufe usw.). Und nur als Bauherr
auch kann sie die volle Gewähr für
eine absolut technsch einwandfreie und
werkgerechte Arbeit übernehmen.
Das Haus wird im übrigen dem vor-
her ausgewählten Bewerber und mög-
lichst vor der Bauausführung grund-
buchamtlich eingetragenen Grundeigen-
tümer nach schlüsselfertiger ErsieJung
übergeben.
2. Die Baugenossenschaft weist nach
Fertigstellung des Hauses dem Bauge-
nossen die genauen Gestehungskosten
einschließlich der anteiligen Verwal-
tungskosten nach,
3. Der Baugenosse ist verpflichtet, jede
ihm zumutbare Selbsthilfe zu leisten.
Diese Selbsthilfe hat allerdings ihre
Grenze dort, wo die Güte bzw. die Wirt-
schaftlichkeit der Baustoffe und der
Bauarbeiten infrage gestellt ist. Das be-
stimmt im Einzelfalle die Baugenossen-
schaft als Bauherr. Für sie ist oberster
Grundsatz, den freien und gesundeü
Wettbewerb in der Bau Wirtschaft im
Zuge des Wohnungsbaues nach besten
Kräften zu fördern, um damit den so-
zial- und wirtscha Apolitischen Interas-
sen gleiehermassen zu dienen.
4. Planung und Bauleitung liegen in Hän-
den eines von der Baugenossenschaft
im Einzelfalie verpflichteten Vertrags-
architekten. Bei der Planung geschlos-
sener Siedlungsprojekte muß’i n Interes-
se der Kostanverbilligung an einer ge-
wissen Typisierung der Häuser festge-
halten werden, ohne allerdings damit
einer zweckentsprechenden Grundriß-
lösung Abbruch zu tun. Die Bauanwär-
ter werden bei der Planbearbsitung mit
zu Rate gezogen.
5. Die Baugenossenschaft übernimmt ne-
ben den Großbaustellen, die im Inter-
esse der Wirtschaftlichkeit natürlich den
absoluten Vorrang haben müssen, im
Ausnahmefalle auch die technische und
finanzielle Betreuung von Einzel baustel-
len.
6. Die genossenschaftliche Fürsorge und
Hilfe richtet sich — allgemein u. grund-
sätzlich gesehen — nach dem Grund-
satz der Gemeinnützigkeit.
Diese kurzen Merksätze, die meist ja nur
die Aufgaben und Ziele a n d e u t e n kön-
nen, dürfen gewiß in dierem beschränkten
Rahmen nicht den Anspruch auf Vollstän-
digkeit erheben.
Sie sollen und müssen aber für unsere
Baubewerber Richtschnur und Ratgeber
sein.
Sie lassen eindeutig erkennen, welche
finanziellen Verpflichtungen der Neu-
bauende im Einzelfalie auf sich nehmen
muß; denn er muß von vornherein wissen,
ob er sie tragen kann oder nicht.
Sie sollen aber auch mit allem Ernst und
aus vollem Verantwortungsbewußtsein
heraus jene warnen, die ohne jegliches
Eigenkapital ein eigenes Haus -bauen wol-
len. Ohne gewisse Ersparnisse des Ein-
zelnen läßt sich einfach ein Eigenheim
nicht finanzieren. Denn auch eins Bau-
genossenschaft mit ihren noch so weittra-
genden Vergünstigungen kann diese Lücke
nicht ausfüllen, ebensowenig, wie das feh-
lende Eigenkapital durch noch so niedrige
Grundstückspreise oder durch Ausfall-
bürgschaften der Städte und Gemeinden
im Einzelfalie ersetzt werden können.
Und das heißt mit anderen Worten:
Nur wer gespart hat oder sparen
will kann hauen!
Die Regierung hat es denen, die das
ernst und ehrlich wollen, durch ihre über-
aus großzügigen Vergünstigungen in Ge-
stalt der Zmszuschüsse und Steuererleich-
terungen gewiß sehr lohnend und sehr
leicht gemacht.
Die Bausparkasse des Saarktnöes hat
diese ernsten Sparer durch ihre unerwar-
tet weitreichende Bereitstellung von Bau-
krediten in der Zeit ihres einjährigen Be-
stehens in einem Umfange bedacht, der
alle, die es angeht, anspomen muß.
Ebenso hat die Landesversicherungsan-
stalt durch die Abzweigung beachtlicher
Kapitalraserven in Gestalt von Baukredi-
ten in altbewährter Weise das ihrige ge-
tan, den Wohnungsbau nach besten Kräf-
ten zu fördern.
Und die „Gemeinnützige Baugenossen-
schaft Saarland“, die eine enge Zusam-
menarbeit mit diesen Finanzterungsinsti-
tuten verbindet, will allen, die bauen wol-
len und kraft ihrei finanziellen Lage bauen
können, mit Rat und Tat im Sinne ihrer
hier aufgezeigten Zielsetzung zur Seite
stehen. Sie wird alle Kraft einsetzen, den
erfreulichen Bau wüten mit Hilfe verfügba-
rer und wirtschaftlich tragbarer Baukre-
dite m gesunde Bahnen zu lenken.
^eite 6
DIE ARBEIT*1
März 1960
Wicntige Änderung in der KranKn-
versicherung
Nach den Vorschriften des § 216 RVO,
Abs. 3, ruht der Anspruch auf Kranken-
geld, so a. re die Arbe tsunfähigkeit der
Korse nicht" gemeldet wird. Das galt je-
doch nicht, wenn die Meldung innerhalb
ei :er Woc^e nach Beginn der Arbeitsun-
fäh' ^keit er olgte.
Mit dem Ge etz über Aenderungen in
der Kläcken- u rd Unfallversicherung vom
27. 1. 1950, ABI. 1950, S. 12, hat § 216, Ab-
satz 3, fo’gende Fassung erhalten:
„Die Versicherten sind verpflichtet,
den Beginn einer Arbeitsunfähigkeit
durch Vorlage der ärztlichen Arbeits-
unfähigkeitsbescheinigung unverzüglich
dem Versicherungsträger anzuzeigen.
Geht die Arbeitsunfähigkeitsbescheini-
gung erst nach Ablauf von vier Tagen,
vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit an
gerechnet, bei dem Versicherungsträger
ein, so ruht der Anspruch auf Kranken-
geld bis zum Tage des Eingangs der
Meldung. Kann der Versicherte glaub-
haft nachweisen, daß die verspätete
Meldung durch andere Umstände als
pflichtwidriges Verhalten, das von ihm
selbst oder seinen Beauftragten ver-
schuldet wurde, erfolgte, so kann das
Krankengeld ganz oder teilweise rück-
wirkend gewährt werden. Außerdem
kann in besonderen Ausnahmefällen
Krankengeld für die zurückliegende Zelt
für wenigstens eine Woche vor der Mel-
dung zugebilligt werden.“
Also nicht mehr spätestens nach Ab-
lauf einer Woche, sondern innerhalb vier
Tagen nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit
ist die von dem bahandelnd^n. Arzt aus-
zusteiiende Arbeitsunfähigkeitsbescheini-
gung der zuständigen Kreisversicherungs-
crustalt vorzulegen.
!h tielkasim
(Die Redaktion erteilt n üewe.-kscüaltsmitjjliedern
an dieser Ste ie oder schriftlich 3uf schriftliche An-
fragen kostenlos Auskunft.)
Frankierung. Wir erhalten häufig unrichtig
frankierte Post. Manche Briefe sind zu hoch,
andere zu niedrig frankiert, innerhalb des
Saarlandes kostet ein Brief bis 20 gr. 15 Frs,
die Postkarte 12 Frs. Porto.
Voi Gewährung der Berechtigungskohle für die
saarländische Bevölkerung
bi mehreren Eingaben und in verschieb
denen Besprechungen hatte sich die Ein-
heitsgewerkschaft an das Wirtschaitsmi-
nisterium wegen der Wiedereinführung ei-
ner alten Gerechtsame der Saarbevölke-
rung, nämlich die Zuleitung von verbillig-
ter Berechtigungskohle, gewandt. Be-
kanntlich war es bis 1945 üblich, daß je-
der saarländische Haushalt jährlich eine
Zuteilung bis zu 32 Ztr. Förderkohle mit
einer Preisermäßigung von 20 Prozent be-
anspruchen konnte. Hierbei sei die inter-
essant Tatsache vermerkt, daß während
des fünfmaligen Besitzwechsels der Saar-
gruben in den letzten 200 Jahren die Be-
lieferung der saarländischen Bevölkerung
mit Berechtigungskohle anerkannt war
und ohne Unterbrechung erfolgt ist.
In Verfolg des in jeder Beziehung aner-
kennenswerten Einsatzes des Wirtschafts-
ministeriums für die berechtigten Belange
der Bevölkerung sind jetzt die Verhand
hingen soweit gediehen, daß mit der Wie-
dergewährung der Berechtigungskohlen in
nächster Zeit geie'bret werden kann.
In einem Rundschreiben des Wirtschafts-
ministers vom 8. 2. 1950 an die Landräte
des Saarland es heißt es u. a.:
Die Wiedereinführung der Berechti-
gungskohlen durch die Regie des Mines
de La Sarre ist in Kürze zu erwarten. An-
spruch auf Berichtigungskohlen haben
alle Haushaltungsvorstände, die im Saar-
land wohnen (mit einigen Ausnahmen).
Es folgen dann die Ausnahmen, und
zwar Haushaltungsvorstände, die bereits
Brennmaterial verbilligt oder ohne Bezah-
lung erhalten, wie Belegschaftsmitglieder
der Saargruben, der Privatgruben, Eisen-
bahn, Hüttenwerke und entsprechende
Pensionsempfänger. Das Rundschreiben
enthält weiter die Emzelbestunmungen
und die Abnahmebedingungen.
Gewerkschaftsbewegung und Arbeitsrecht
(Fortsetzung und. Schluß)
In Artikel 157 heißt es: Das Reich schafft
ein einheitliches Arbeüsrecht, Artikel 159
proklamierte die Vereinigungsfreiheit, Ar-
tikel 163 die Arbeitspflicht und das Recht
auf Arbeit und Fürsorge. Artikel 165 die
gleichberechtigte Mitwirkung der Arbeit-
nehmer bei Regelung der Arbeitsverhält-
nisse. Auf diesem Wege folgte 1920 das
Betriebsrätegesetz, welches nach dem
großen Streiks im März 1919 in Aussicht
gestellt worden war. Mit ihm wurde das
Samenkorn der wirtschaftlichen Selbstver-
waltung im Betriebe gelegt. Der weitere;
Ausbau vollzog sich mit dem Gesetz über
die Betriebsbilanz und die Betriebsgewinn“
und Verlustrechnung von 1921 und dem
Gesetz über die Entsendung von Be-
triebsratsmitgliedem in den Aufsichtsrat
von 1922.
Diese Gesetze wiesen den Arbeitern und
Angestellten ira Betriebe durch ihre Ver-
tretungen eine neue Stellung zu und si-
cherten ihnen in gewissem Umfang ein
Recht auf Mitwirkung, Mitbestimmung so-
wie der Information. Die Arbeitszeitord-
nung von 1923 brachte mit gewissen Ein-
schränkungen die Aufrechterhaltung des
Achtstundentages. Mit dem Arbeitsge -
nchtsgesetz von 1926 war die positive
Entwicklung des Arbeitsrechts der Wei-
marer Zeit im wesentlichen abgeschlos-
sen. Es waren zwar noch weitere Ge-
setzentwürfe in Bearbeitung, sie blieben
jedoch unerledigt, weil die erforderlichen
Mehrheitsbeschlüsse nicht mehr zustande
kamen.
Mn der Machtergreifung des National-
sozialismus wurde die weitere Entwick-
lung des Arbeitsrechts vollends gedros-
selt bezw. in sine rückläufige Bewegung
umgesetzt; denn bereits im Mai 1933 wur-
den die Gewerkschaften zerschlagen und
an ihrer Stelle, out unter ganz anderer
Zielbestimmung, die Deutsche Arbeitsfront
gegründet Unter Berufung auf falsch ver-
standene Begriffe machte man aus der
Arbeitnehmerschaft oder Belegschaft die
Gefolgschaft, die dem Betriebsführer ,,die
tn der Betriebsgemeinschaft begründete
Treue“ zu halten hatte. Die DAF vertrat
jedoch nicht die Interessen der Arbeit-
nehmer, da in ihr auch die Arbeitgeber
Mitgliedsrechte hatten. Sie war in erster
Linie ein Werkzeug der Partei zur poli-
tischen Schulung im nationalsozialisti-
schen Sinne, und ihre Aufgabe war es
nicht, die materiellen Fragen des ATbeits-
lebens zu klären. In dem grundlegenden
Gesetz jener Zeit, dem Gesetz zur Ord-
nung der nationalen Arbeit vom 20. 1.1934,
wurde das Führer- und Gefolgschaftrpr n-
zip nach dem sattsam bekannten Muster
in den Betrieben und Unter ehmunge 1 'ji -
geführt. Das AOG, wie es abgekürzt ge-
nannt wird, hatte aber noch weiterei,
schwerwiegende Folgen insofern, als die
Tarifordnung an die Stelle des Tarifver-
trages und damit an die Stelle der freien
Vereinbarung der beteiligten Berufsver-
bände eine vom Reichstreuhänder der Ar-
beit erlassene Verordnung trat. Maßge-
bend war also nicht mehr in erster Linie
der Schutz des Arbeitnehmers, sondern
lohnpolitische oder sonstige Erwägungen
waren bestimmend. Mit dieser Regelung
war auch die Schlichtungsverordnung
überflüssig und sie wurde aufgehoben.
Durch die Uebernahme des Führerprinzips
im AOG wurde auch das Mitbestimmüngs-
recht illusorisch. Der Unternehmer als
Betriebsführer erließ nunmehr eine Be-
triebsordnung und schaltete damit die frü-
here Betriebsvereinbarung aus. So war
es dem Nationalsozialismus gelungen,
mit einem Schlage das Berufsverbands-
recht, das Betriebsverfassungsrecht und
dGS Schlichtungswesen zu beseitigen.
Im zweiten Weltkrieg wurde auch das
Arbeitsrecht nach den Kriegsgesetzen
ausgerichtet. Eine Unmenge von Geset-
zen, Verordnungen und Ausführungsbe-
stimmungen wurde erlassen. So kam es,
daß beim Zusammenbruch ein fast un-
entwirrbares Knäuel von Vorschriften be-
stand. Die Auflösungserscheinungen nach
dem kriege haben eine weitere Zersplitte-
rung eingeleitet und das Gesamtbild noch
weiter verwirrt, weil die Neuerungen auf
arbeifsrechtlichem Gebiet zum geringsten
Teil reichseinheitlich, sondern in der Mehr-
zahl auf Zonen- und Länderbasis erlas-
sen wurden. Aus diesem Grunde ist es
sehr schwierig, einen Usberblick über die
Rechtslage im früheren deutschen Reichs-
gebiet zu erhalten.
Uns als Saarländer liegt natürlich die
Entwicklung des saarländischen Arbeits-
rechts, wie sie sich auf Grund der poli-
tischen Gegebenheiten bei uns vollzogen
hat, sowie die Pläne und Entwürfe sei-
ner Neugestaltung besonders am Herzen.
Allerdings ist noch nicht mit einer end-
gültigen, umfassenden Kodifikation zu
rechnen, da die Entwicklung noch im Fluß
ist Hatte das Saargebiet nach dem er-
sten Weltkriege infolge seiner politischen
Sonderstellung nicht in den Genuß der
in der Weimarer Republik errungenen Er-
folge — z. B. Betriebsrätegesetz von 1920,
Arbeitsgerichtsgesetz von 1926 — kom-
men können, so hat es mit dem Inkraft-
treten der Verfassung und auf Grund der
ihm eingeräumten rechtlichen Selbstän-
digkeit die Möglich " t, seine Gesetzge-
bung aut die beson n en Bedürfnisse des
Landes ab zu. stimmen.
Doch zuvor war bere.ts die Verordnung
Nr 6 des französischen Oberbefehlsha-
bers vom 10. 9. 1945 ergangen, welche
mir der Durchführungsverfügung Nr. 6 das
Gewerkschaftsrecht wieder herstellte. Sie
gab den Männern, die sich über alle Not
hinweg der Arbeiterbewegung zur Ver-
fügung stellten, die Handhabe, die Ge-
werkschaftsbewegung ira Saarland wieder
aufzubauen. Weiche Schwierigkeiten hier
zu überwinden waren, können wohl nur
die ermessen, welche sich diese Aufgabe
gestellt und sie auch gelöst haben.
Wie bereits erwähnt wurde, hat es bis
1935 im Scargebiet keine Arbeitsgerichte,
sondern nur die Gewerbe-, Kaufmanns-
und ähnliche Innungsgerichte für beson-
dere Kategorien von Arbeitnehmern ge-
geben. Die alte Forderung der Gewerk-
schaften, eine besondere Gerichtsbarkeit
für alle Streitigkeiten aus dem Arbeits-
verhältnis zu schaffen, wurde durch die
Rechtsanordnung der Verwaltungskom-
mission vom 1. 4. 1947 auf Grund des
Kontroilratsgesetzes Nr. 21 vom 30. 3.
1946 verwirklicht. Danach wurden im
Saarland drei Arbeitsgerichte, und zwar
in Saarbrücken, Saarlouis und Neunkir-
als Gerichte erster Instanz, ein Lan-
beitsgericht in Saarbrücken als Be-
gs- und Beschwerdeinstanz und ein
at für Arbeitsserchen beim Oberlan-
äesgencht Saarbrücken als Revisionsin-
stanz errichtet.
Die Betriebsräteverordnung vom 1. 8.
1947 war ebenfalls ein Erfolg gewerk-
schaftlicher Aktivität. Wenn sie auch
manche Wünsche offen ließ, so war sie
doch für denjenigen, welcher sie anzu-
wenden verstand, ein wichtiges Instru-
ment zur Weckung der Betriebsdemokra-
tie
F. Seil.
Die Arbeitsmarktlage
Der Arbeitsmarktanzeiger vom 27. 2. 50
meldet regelmäßig offene Stellen, für di©
bei den . saarländischen Arbeitsämtern
keine geeignete Bewerber gemeldt sind.
Im Rahmen des uns hierfür zur Verfügung
stehenden Raume« ist uns der gesamte
Abdruck nicht möglich. Deshalb geben
wir auszugsweise die meistgefragten of-
fene Stellen wieder. In Saarbrücken wer-
den Baufacharbeiter, Steinhauer, Eeton-
bauer, Plattenleger, ttarosserieklempner
and Autoschlosser gesucht. Sulzbach
sucht Zimmerer und Maurer; Völklingen
Metalldreher und Baufacharbeiter; Heus-
weiler sucht Fliesenleger; Neunkirchen
Maurer, Zimmerer, Gipser und Steinhauer;
Saariouis Polierer, Rohrstemmer und Plat-
tenleger; St. Ingbert Spitzen- und Univer-
saldreher; Hamburg sucht hauptsächlich
Bau fa charbeite r.
Stellen suchen insbesondere: technische
Zeichner, Buchhalter, Ete’dro- und Bauin-
genieure, Vermessungstechniker, Filmvor-
führer, Schriftsetzer und Buchbinder.
<Kan& J&dcktec, 75 J.afice ait
Der Präsident des Deutschen Gewerk-
schaftsbundes, Dr. h. c. Hans Bock ler,
wurde am 26. Februar 75 Jahre alt.
Er gehört zu jenen markanten Persön-
lichkeiten im internationalen Gewerk-
schaftsleben, die durch Kampf und Un-
terdrückung seit einem Menschenalter,
mh realem Sinn und stets bewährtem
Weitblick sich für das Wohl der Arbeit-
nehmerschaft einsetzten. Schon in jungen
Jahren, als die Gewerkschaftsbewegung
noch in Kinderschuhen war, trat er am
15. Juni 1894 dem Deutschen Metallarbei-
terverband bei.
Seine Tätigkeit führte ihn in den zwan-
ziger Jahren in alle Teile Deutschlands.
1920 wurde er in Köll Bevollmächtigter
der Verwaltungsstelle des Deutschen Me-
tallarbeiterverbandes und 1927 im Allge-
meinen Deutschen Gewerkschaftsbund für
Rheinland und Westfalen-Lippe Bezirks-
sekretär. Im Jahre 1928 wurde Böckler in
den Reichstag gewählt. Dem Nationalso-
zialismus beugte sich der weit über Sech-
zigjährige nicht. Mit 70 Jahren ging Bock-
ler nach dem Zusammenbruch erneut ans
Werk. In Bielefeld wählte man ihn am
24. April 1947 zum Vorsitzenden des Deut-
schen Gewerkschaftsbundes. Auch führte
er als einer der erfahrensten Gewerk-
schaftler den Vorsitz im Gewerkschafte-
rn! der Doppelzone, später der Trizone
und wurde am 14. Oktober 1949 in Mün-
chen zum Präsidenten des Deufschr^^^^la■■i^ilaB■l,
werkschaftsbundes in der Bundesrepublik
gewählt.
Nicht nur in Deutschland genießt Hans
Böckler hohes Ansehen; auch das Aus-
land ehrte den deutschen Gewerkschafts-
vorsitzenden, als am 7. Dezember 1949 in
London er zum Vizepräsidenten gewählt
wurde. Auch durch die juristische Fakul-
tät der Universität Köln blieb ihm die An-
erkennung nicht versagt. Anläßlich sei-
nes 73. Geburtstages verlieh man ihm die
Würde eines Doktors der Rechtswissen-
schaften.
Aufrecht und zielbewußt schritt Hans
Böckler Zeit seines Lebens den geraden
Weg. Mn Energie wird er das große Ziel
der Gewerkschaften zu erreichen versu-
chen. Nämlich die Verwirklichung der
Mitbestimmung des schaffenden Men-
schen in der Wirtschaft.
Tag für Tag erledigt Hans Böckler ira
vierten Stock des Bundeshauses des Deut-
schen Gewerkschaftsbundes sein umfang-
reiches Arbeitspensum. Bewußt und ziel-
sicher werden noch heute unter seinem
Vorsitz im Bundeshaus die Entscheidun-
gen getroffen, Entscheidungen, die nicht
nur für die Masse der Arbeitnehmerschaft,
sondern für das gesamte' deutsche Volk
von weittragender Bedeutung sind.
Hans Böckler weiß, daß bei einer De-
mokratisierung nicht nur des politischen,
sondern auch des wirtschaftlichen Rau-
mes, der Gedanke der Demokratie auf
breitester Basis Wurzel fassen kann und
nur so eine Hebung des Lebensstandar-
des der Arbeitnehmerschaft zu verwirkli-
chen ist.
Fünf Millionen schaffende Mensciren
schenken Hans Böckler unbeirrt ihr Ver-
trauen und helfen mit. trotz aller Schwie-
rigkeiten, noch weitere Erfolge unter sei-
ner Leitung zu erzielen.
Die Gewerkschaftler an der Saar grü-
ßen den Jubilar mit herzlichen Glückwün-
schen!
ßie Iheatetqemeinde teiU mit:
Miete 1 :
Sonntag, 12. 3: „Was Ihr wollt.“
M i e t e 2:
Dienstag, 21. 3: „Was Ihr wollt.“
Miete 3:
Dienstag, 14. März: „Der Freischütz.“
4. Jahrgang
Saarbrücken, 17, März 1950
Nr. 6
HEINRICH WACKER;
Von 1945 bis Paris
Mit der bedingungslosen Kapitulation
am 8. Max 1945 war auch für die Men-
s’cnen an der Saar die Stunde gekommen,
in der s.e ohne den panischen Schrecken
und die seelischen Qualen der hinter ih-
nen liegenden Bombennächte, wo sie ohne
die Sorge, in der nächsten Stunde Hab
und Gut zu verlieren und Vater, Mutter
und Kind unter den Trümmern begraben
zu sehen, wieder leben konnten.
Das großdeutsche 3. Reich, das tau-
sendjährigen Bestand haben sollte, hatte
keine Regierung mehr und war in 4 Besat-
zungszonen aufgeteilt. Das Saarland, zu
der französischen Besatzungszone gehö-
rend, einstmals blühendes Land und von
arbeitsamen Menschen dicht bevölkertes
Industriegebiet, war durch den Krieg des
Machthabers des 3. Reiches ein Trüm-
merfeld. Was durch Kriegseinwirkungen
nicht zerstört war, wurde von den zurück-
flutenden Truppen gesprengt und vernich-
tet. Die von den Nationalsozialisten auf-
gebauten autoritären Organisationsgebil-
de waren von den Besatzungsmächten
aufgelöst.
Alle jene, die damals sich als Mitschul-
dige an all dem Unglück fühlten, waren
von der Bildfläche verschwunden und
überließen die hungernden, hoffnungs-
losen Menschen ihrem Schicksal. Es gab
noch keine politischen Parteien, einzig
und allein war es die im Neuaufbau be-
griffene Gewerkschaftsbewegung, auf die
Tausende und aber Tausende blickten,
von der sie hofften, daß sie in der Lage
sei, größter Not und größtem Elend zu
Steuern. Wir wußten, daß es nicht mit der
Trümmerbeseitigung sein Bewenden ha-
ben kannte und waren uns bewußt, daß
es unsere vornehmste Pflicht war, Kohle
2u fördern, die Arbeitsstätten wieder auf-
zubauert, zu produzieren, damit Lebens-
mittel beschafft und der Hunger gestillt
werden konnte. Es galt, all denen zu hel-
fen, die vor dem Nichts standen, den Pen-
sionären, den Invaliden, den Witwen und
Waisen eine, wenn auch bescheidene, zum
dürftigsten Lebensunterhalt ausreichende
finanzielle Hilfe wieder zukommen zu las-
sen. Alles wurde getan, um die von der
Demontage bedrohten industriellen Anla-
gen zu erhalten, um nicht Tausende von
Familienvätern der Dauerarbeitslosigkeit
auszuliefern. Kein Saarländer konnte
nach Frankreich arbeiten gehen, da die
Schrecken des Krieges und das Erleben
unseres Nachbarvolkes während der jah-
relangen Besetzung noch in zu frischer
Erinnerung war. In den östlichen Grenz-
gebieten Rheinland-Pfalz und ganz West-
deutschlands waren dieselben Zustände,
Millionen Arbeitslose, Millionen Flücht-
linge aus dem Osten, der Verlust der größ-
ten Agrargebiete, zum Himmel schreien-
der Notzustand, ließen uns jede Hoffnung
sinken, daselbst Brot und Arbeit zu fin-
den. Wir standen allein in unserer Not,
wir mußten uns selbst helfen, aus eigener
Kraft wieder aufbauen.
Und wir haben wieder aufgebaut und
nicht zuletzt ist es dem Fleiß und der Be-
sonnenheit der Arbeitnehmerschaft, der
Gewerkschaften zu danken, daß wir bis
heute so weit gekommen sind. Mit dem
wirtschaftlichen Anschluß des Saarkmdes
an das französische Wirtschaftsgebiet
und der politischen Selbständigkeit des
Saarlandes wurde die zweite Etappe der
positiven politischen Wiederaufrichtung
und des wirtschaftlichen Wiederaufbaus
eingeleitet. Befreit von den einengenden
Bestimmungen des interalliierten Kontroll-
rates waren wir in der Lage, entsprechend
den vorhandenen Produktionsstätten und
den Bedürfnissen der Wirtschaft wieder
produzieren zu können, uns wieder satt
zu essen, die notwendigsten, jahrelang
entbehrten Bedarfsartikel, sei es Wäsche,
Kleidung, Schuhe usw., wieder an zu Sch af-
fen, und wir konnten endlich daran den-
ken, unsere zerstörten und ausgeplünder-
ten Krankenhäuser wieder aufzubauen,
die Einrichtungen wieder zu beschaffen,
wir konnten hoffen, auch aus den Trüm-
mern unserer Wohnhäuser wieder Woh-
nungen erstehen zu lassen.
So begrüßens- und anerkennenswert di;e
sichtbare wirtschaftliche . Aufwärtsent-
wicklung war, die völlige Umstellung der
saarländischen Wirtschaft auf den fran-
zösischen Markt vollzog sich nicht ohne
Reibungen, und es war nicht zuletzt der
schaffende Mensch, der unter diesen Ver-
hältnissen zu leiden hatte. Es galt, den
provisorischen wirtschaftlichen Zustand
zu fundamentieren und die politische Au-
tonomie zu vervollkommnen.
Ausgehend von dieser Tatsache und der
Hoffnung, daß wir auch einmal noch den
Tgg des Friedensschlusses, den Abschluß
eines Friedensvertrages, bei dem auch die
Saarverhältnisse politischer und wirt-
schaftlicher Art endgültig geregelt wer-
den, erleben, wurden nun in Paris Ver-
träge abgeschlossen, die so lange Gül-
tigkeit haben, bis der Friedensvertrag in
Kraft tritt. - •
Was bringen uns diese Verträge?
Eine endgültige Beseitigung der noch
vorhandenen Verordnungen der Militärre-
gierung, an Stelle des Hohen Kommissa-
riats eine diplomatische Vertretung der
französischen Regierung im Saarland, zu-
g’e ch aber auch eine diplomatische Ver-
tretung des Saarlandes in Paris. Die vor-
gesehenen konsularischen Vertretungen
bei den französischen Konsulaten in den
Ländern, bei denen wir wirtschaftliche In-
teressen in größerem Ausmaß wahrzuneh-
ms;i haben sowie die Mitarbeit bei künf-
tig ab' uschließenden Außenharidelsverträ-
gen sind langjährige, endlich in Erfüllung
gegangene Forderungen, die bei dem Ex-
portcharakter der saarländischen Indu-
strie für die künftige Vollbeschäftigung
derselben von größter Bedeutung sind.
Die in der Wirtschaftskonvention fest-
ere egte G’eichsie.lung deT saarländischen
Wirtschaft und der saarländischen indu-
s!r el’en Erzeugnisse, die in der Niederlas-
sungskoüventicn verankerten Bestimmun-
gen, daß die saarländischen Geschäfts-
leute und die saarländische Arbeitneh-
merschaft wirtschaftlich und beruflich in
Frankreich künftig nicht mehr als Aus-
länder behandelt werden, die Sicherstel-
lung der Löhne und Gehälter in gleicher
Höhe wie die in den französischen Wirt-
schaftsgruppen zur Auszahlung kommen-
den und die Gewähr der Sicherung der
sozialen Belange der gesamten Arbeit-
nehmerschaft sind Erfolge, die durch die
Konventionen in Zukunft vertraglich ge-
regelt sind und nicht mehr der Willkür
einzelner überlassen bleiben.
Um so bedauerlicher ist es, wenn nach
Kenntnisnahme des Inhalts der einzelnen
Konventionen, die ohne weiteres einer
sachlichen Kritik unterzogen werden sol-
len, an Stelle dieser Kritik eine Diffamie-
rung von Personen Platz greift, die aus
den unglücklichsten Jahren'1933-34 die un-
angenehmsten Erinnerungen wachruft.
Diese Vorgänge, bewußt heraufbe-
schworen von außerhalb der Gewerk-
schaftsbewegung stehenden Gruppen, er-
schüttern nicht bloß in ihren Grundfesten
unsere in fünfjähriger mühsamer Arbeit
aufgebaute Gewerkschaftsbewegung, son-
dern fügen uns schwersten Schaden zu
im Kampf gegen das Unternehmertum bei
der Schaffung besserer sozialer und wirt-
schaftlicher Verhältnisse der Arbeitneh-
merschaft.
Um was ging es denn den Vertretern
der Gewerkschaften bei der Mitberatung
am Verhandlungstisch in Paris?
Ihre einzige Aufgabe bestand darin, al-
les zu tun, ihren ganzen Einfluß geltend
zu machen, um für die 270 000 Menschen,
die in der Saarwirtschaft tätig, sind, bei
den zur Verhandlung stehenden Konven-
tionen ihre Rechte zu wahren, ihre wirt-
schaftlichen und sozialen Belange für die
Zukunft zu sichern.
Dazu gehörte, um eine den saarländi-
schen Menschen gerecht werdende Ge-
setzgebung durchzuführen, zuerst die
Klarstellung der Machtbefugnisse des
Vertreters Frankreichs und die Erweite-
rung und Verbesserung der Hoheitsrechte
der Regierung des Saarlandes. Wenn nun
in der politischen Konvention dieser Zu-
stand geschaffen wurde, ergibt sich dar-
aus, daß über die Eigentumsrechte, so-
weit ehemalige Staatsbauten, Kasernen
auf saarländischem Boden stehen, keine
Meinungsverschiedenheiten mehr vorhan-
den sind. Es ergibt sich weiter daraus,
daß die Frage der Sequesterbetriebe recht
bald und in unserem Sinne gelöst werden
kann. So klar und rasch, wie die Frage
des Eigentums der Saarbahnen und die
Verankerung der Rechte der Arbeiter, An-
gestellten u. Beamten der Saareisenbahn
in der Konvention ihren Niederschlag fan-
den, so schwer war das Ringen bei den
(Fortsetzung Seite 2)
Eüder zu den Pariser 45aarverhaadlungen
Ministerpräsident Johannes Hoffmann und der franz. Außenminister Robert Schuman bei
Unterzeichnung der Konventionen. Arbeitsminister Richard Kirn, dahinter der Vorsitzende des
L V. Eisenbahn. Eduard Weiter und der Präsident der Einheitsgewerkschaft Heinrich Wacker.
Beschluß des Gewerkschafts - Ausschusses
Bericht des Kollegen Wacker - Aussprache - Vertrauensvotum für den Präsidenten
Der Gewerkschaftsausschuß war für den
9. 3. 1950 zu einer Dringlichkeitssifzung
einberufen worden. Einziger Punkt der
Tagesordnung waren die Pariser Ver-
handlungen.
Die Ausführungen, die Kollege Wak-
ker zu-diesem Thema machte, vermittel-
ten ein Gesamtbild der wochenlangen
Kämpfe um die Gestaltung der Konven-
tionen. Sie gaben einen lebendigen Ein-
druck von den zahlreichen Auseinander-
setzungen, die geführt wurden, um den
saarländischen Standpunkt und vor al-
lem dem Standpunkt de» Werktätigen im
Rahmen der gegebenen Möglichkeiten,
aber auch der unbestrittenen Gleichbe-
rechtigung zur Geltung zu bringen. Der
Redner betonte, es habe nie in Paris
zur Debatte gestanden, ein Diktat entge-
genzunehmen.
Kollege Wacker schilderte einige we-
sentliche Ergebnisse der Pariser Ver-
handlungen und kam dann auf die be-
sonderen Schwierigkeiten und Anstren-
gungen zu sprechen, die sich für die Ver-
handlungen ergaben, als die Vertreter
des I. V.-Bergbau erklärten, nur von ihrem
Entwurf ausgehen zu wollen. Im weiteren
Verlauf wies Kollege Wacker energisch
die gegen ihn von verschiedenen Kol-
legen des I. V.-Bergbau erhobenen An-
griffe und die Hetze als unfair und un-
berechtigt zurück.
In namentlicher Abstimmung wurde
mit großer Mehrheit hierauf vann Ge-
werkschaftsausschuß dem Kollegen Wak-
ker das Vertrauen ausgesprochen und
folgende Entschließung angenommen:
• „Der Gewerkschaftsausschuß der Ein-
heitsgewerkschaft hat in einer am 9.
März 1950 stattgefundenen Sitzung den
Bericht des Kollegen Wacker über die
Lahneihöhung im Saarhergbau
Kurz vor Redaktionsschluß verlautet:
Nachdem soeben für die französischen
Bergarbeiter eine Lohnerhöhung bewilligt
worden ist, wird mitgeteilt, daß auch für
den Saarbergbau eine entsprechende
Lohnerhöhung festgesetzt wird. Die Lohn-
erhöhung beträgt durchschnittlich 5,25
Prozent. Sie wild von. dem gleichen Zeit-
punkt an gewährt wie in Frankreich. Die
Durchführung der Erhöhung wird sich
nach bestimmten Modalitäten richten.
Zu dieser Lohnerhöhung wird fesfge-
stellt, daß sie auf dem Prinzip der Lohn-
gleichheit zwischen Frankreich und dem
Saarland beruht, das im Bergbaustat
verankert »st. Die saarländische Wirt-
schaftskonvention bestimmt, daß die saar-
ländischen Löhne den französischen an-
gepaßt sein müssen.
Weiter verlautet, daß amgestrebt wird,
die Regelmäßigkeitsprämie im Lohn mit
zu berücksichtigen. Hierzu ist jedoch eine
Abänderung des jetzigen Beigbaustatus
erforderlich.
in Paris stattgefundenen Verhandlungen
entgegengenommen.
Der Gewerkschaftsausschuß spricht
dem Kollegen Wacker für seine geleistete
Arbeit seinen Dank und sein Vertrauen
aus.
Der Gewerkschaftsausschuß wird nach
endgültiger Kenntnisnahme des Inhalts
der einzelnen Konventionen dieselben
einer eingehenden Prüfung unterziehen
und dem Landtag sowie der Regierung
das Ergebnis seiner Stellungnahme mit-
teiien.“
Zuvor hatte Koll. Aloys Schmitt
den Standpunkt des I. V.-Bergbau zu den:
Pariser Verhandlungen dargelegt. Er ver-
las das für die Verhandlungen in Paris
vom I. V.-Bergbau ausgearbeitete Me-
morandum und gab für die Abreise der
Delegierten des I. V.-Bergbau eine Be-
gründung ab, in der es u. a. hieß, da man.
gesehen habe, daß der Entwurf des I.
V.-Bergbau unberücksichlig bleibe, sei
ein weiteres Verbleiben in Paris zweck-
los gewesen. Koll. Schmitt, schloß mit der
Feststellung, der I. V.-Bergbau werde
zur Bergbaukonvention später noch ein-
gehend Stellung nehmen.
‘ Der Sprecher des I. V.-Eisenbahn, Kol-
lege Vade rs betonte u. a.: ,,Der I. V.-
Eisenbahn befindet sich in einer ange-
nehmeren Situation als der I. V.-Berg-
bau, weil wir die Kollegen Wacker und
Weiter über das, was wir erhofften,
rechtzeitig informierten, ihnen jedoch für
die Verhandlungen freie Hand ließen in
dem Vertrauen, daß sie alles herausho-
len, was heraus zuholeii ist. Und die Kol-
legen haben auch das Vertrauen gerecht-
fertigt und getan, was menschenmöglich:
war, und wir sind über das Resultat,
wenn es auch nicht 100^/oig unsere
Wünsche erfüllt, befriedigt.“
JHi IflllllllllHllMlUilllllinilllJHIHUIMHtliliniflWIHirHiniHnHIllllIlIIllliUlllllHIJ i!!i m
Aus dem Jnhah:
Die Stimme der Verbände
Der junge Gewerkschaftler
Die Verordnung über Zulage an Lohn-
und Gehaltsempfänger
Erfolgreiche Lcimverhandlungen
des I.-V, Eisenbahn
Die soziale Sicherheit
Briefkasten
Die Arbeitsmarktlage im Februar
Post aus dem Ausland
Die Theatergemeinde teilt mit
Zur Verordnung über die Zulage an Loh»»
und Gehaltsempfänger
Bmmmiiiii5!iimiiiiniiiniiniitiMiinmiH!niiiiiiiiiniiiimiumiiHiniimiii!»intHurt*i»
Seite 2
i
März 1950
,DIE ARBEIT*1______
Die Beweggründe für die Saarverhandlungen
Bedeutung der Ergebnisse für die saarländische Arbeitnehmerschaft
dem bisherigen Zustand
Im Saarbrücker Rundfunk hielt Kollege
Wacker d«n nachstehenden Vortrag:
Wenn ich heut* versuchen will, Ihnen
einen kurzen Ueberblick über die Pariser
Verhandlungen zu geben, so weniger in
der Absicht, Ihnen den Inhalt der ver-
schiedenen Konventionen darzulegen,
was ja den Rahmen meines Vortrages
weit übersteigen müßte, als vielmehr,
um in aller Offenheit klarzustellen, was
das Saarland zu den Verhandlungen be-
wogen hat und was die in Paris erzielten
Ergebnisse für das Saarland und nicht
zuletzt für die saarländische Arbeitneh-
merschaft bedeuten. Das soll jedoch
nicht heißen, daß sich die Einheitsge-
werkschaft nicht noch eingehend mit
den einzelnen Konventionen beschäftigen
würde, um ihre Stellungnahme ihren Mit-
gliedern und der gesamten Oeffentlich-
keit zu unterbreiten, doch möchte ich
nicht durch eine irgendwie gefärbte Dar-
stellung den künftigen Arbeiten des Ge-
werkschaftsausBchusses der Einheitsge-
werkschaft vorgreifen, da dieser selbst
seine Einstellung zu den Geschehnissen
der jüngsten Vergangenheit in freier und
— wie ich hoffe — in von keinerlei
nationalistischen Ressantiments ge-
trübter Aussprache finden soll.
Wenn z. 2t. aus der Bundesrepublik
Töne nach hier dringen, die mehr als
unangenehme Erinnerungen an eini»
Zeitepoche wachrufen, von der wir hoff-
ten, daß sie die menschliche Vernunft
längst überwunden hätte, so dürften
diese auf die Meinungsbildung des Saar-
länders keinerlei Einfluß gewinnen, da
sie nicht dazu angetan sind, das Ver-
hältnis Saar-Frankreich-Deutschland bes-
ser zu gestalten, sondern vielmehr Span-
nungen hervorrufen, die uns von einer
gesamt-europäischen Lösung immer wei-
ter ab rücken.
Was hat uns seit 1945 bewogen, für
den wirtschaftlichen Anschluß des Saar-
landes an Frankreich einzutreten? Eine
objektive Würdigung wird uns, wenn
sie sonst keinerlei Gründe gelten lassen
will, doch immerhin zugestehen müssen,
daß der endgültige wirtschaftliche An-
schluß am 20. 11. 1947 zweifellos aus
Erwägungen ökonomischer Vernunft voll-
zogen wurde und daß die Folgezeit die
vollste Berechtigung des damaligen Ent-
schlusses der überwiegenden Mehrheit
des Saarvolkes erwiesen hat.
Die Situation nach dem 2. Weltkriege
mit seinen grauenhaften Folgen für ganz
Europa und ganz besonders für das
deutsche Volk mußte das Saarland ge-
radezu zu der vollzogenen Lösung drän-
gen, da insbesondere eine Demontage in-
industrieller Anlagen für uns bei der
äußerst empfindlichen Struktur unserer
Wirtschaft einer Wirtscbcrftskatastro-
phe mit nachfolgender Dauerarbeits-
losigkeit gleichgekommen wäre. Unser
hochindustriealisiertes Land, das aus
eigenem Boden Nahrung für allenfalls
zwei Monate im Jahr gewinnen kann,
sah sich auf d*T einen Seite
einem zerstückelten Deutschland gegen-
über, das selbst nicht wußte wie es
seine auf engstem Raum zusammenge-
drängten Menschenmassen ernähren soll-
te, cruf der anderen Seite bot sich uns
der Anschluß an den französischen Wirt-
schaftsraum, der für die saarländisch*
Volkswirtschaft eine glückliche Ergän-
zung darstellt, und dem die Saarwirt-
schaft willkommene Ergänzung bringt.
Es sind nicht unsere eigenen Feststel-
lungen, sondern die Aeußerungen pro-
minenter Vertreter aus der Bundesrepu-
blik, die eindeutig erklären, daß die
westdeutsche Wirtschaft nur deshalb
noch nicht völlig zusammengebrochen
ist, weil sie aus Mitteln der Marshall-
Hilfe gespeist wird und daß man sich
vor einer trostlosen Lage sehen wird,
wenn diese Mittel aufhören zu fließen,
da es unmöglich erscheint, in dem engen
Wirtschaftsgebiet aus eigener Kraft für
47 Millionen Menschen Beschäftigung und
Nahrung finden. Westdeutschland wie
das Saarland sind darauf angewiesen,
für ihre industriellen Produkte Absatz;
zu finden, stellen also keine homogenen,
sondern konkurrierende Wirtschaftsräu-
me dar. Das soll nicht heißen, daß sie
sich nicht auf gewissen Teilgebieten er-
gänzen könnten, was wir ja auch nach
Vollzug des wirtschaftlichen Anschlusses
nie aufgehört haben anzustreben, doch
läßt sich nun einmal nicht bestreiten,
daß die Existenz der saarländischen
Volkswirtschaft nur in engster wirtschaft-
licher Anlehnung an Frankreich gewähr-
leistet ist.
Diese enge wirtschaftliche Verbindung
Bei einer objektiven volkswirtschaft-
lichen Betrachtung des wirtschaftlichen
Anschlusses und der Tatsache, daß unser«
Wirtschaft mit der französischen Wirt-
schaft ein unmittelbares Ganzes dar-
stellt, ergibt sich, daß alle Wirtschafts-
fragen, soweit sie zu einem Ineinander-
aufgehen der beiden Wirtschaften not-
wendig sind, ihre Erledigung finden müs-
sen und weder von Interessengruppen
noch Konkurrenzkämpfen beeinflußt wer-
den dürfen, sondern der Grundsatz der
absoluten Gleichberechtigung oberstes
Gesetz sein muß.
Der wirtschaftliche Anschluß brachte
zweifellos Reibungen im saarländischen
Wirtschaftsgefüge mit sich, die aber bei
der notwendig gewordenen Neuorientie-
rung nicht immer iu vermeiden waren
und nicht zuletzt in der Struktur der
Saarwirtschaft ihre besondere Ursache
hatten.
Bei Vorherrschen der schwerindustriel-
len Erzeugung! erklärt sich aus dem fast
ausschließlich industriellen Charakter die
zwangsläufige Ausrichtung der Saar-
wirtschaft auf den Außenhandel. Dies
trifft aber nicht nur für die Schwareisen-
Diese Tatsache, d. h. die politische
Selbständigkeit des Saarkindes und der
wirtschaftliche Anschluß an Frankreich
machten es notwendig, bis zur end-
gültigen Schaffung des völkerrechtlichen
Zustandes, d. h. der Schaffung des Frie-
densvertrages eine Uebergangslösung zu
finden, die anstelle der aufgehobenen
Bestimmungen der Militärregierung die
politische Autonomie der Regierung des
Saarlandes hersbellt und andererseits dile
vorhandenen wirtschaftlichen Schwierig-
* Die Verbesserungen gegenüber
bedeutet keinesfalls eine Aufgabe unse-
rer Bindung an das deutsche Volk, die
durch Natur und Tradition nun einmal
gegeben ist und deren Vorhandensein
auch von niemandem bestritten wird.
Man sollte bestimmt nicht in den Fehler
verfallen und die Bedeutung des kleinen
Saarlandes im gesamten weltpolitischen
Geschehen überschätzen, jedoch kann
eine vernünftige Durchführung des wirt-
schaftlichen Anschlusses den Beweis er-
bringen, daß wirtschaftliche Verbindun-
gen über die nationalen Grenzen hin-
aus nicht bloß möglich, sondern notwen-
dig sind, eine Erkenntnis, die sich durch-
setzen muß, wenn eine gesamt-europä-
ische Lösung überhaupt einmal Wirk-
lichkeit werden soll.
Ich deutete es schon an, daß wir uns
bei der Bejahung des wirtschaftlichen
Anschlusses der Hoffnung hingaben, das
Aufgehen der saarländischen Wirtschaft
in dem französischen Wirtschaftsraum
werde dem jungen Saarstaate für die
Zukunft unter der Voraussetzung wirt-
schaftliche Erfolge bringen, wenn auf
Seiten Frankreichs die Bereitschaft vor-
handen sei, die saarländische Wirtschaft
an allen Möglichkeiten der wirtschaft-
lichen Entfaltung innerhalb des franzö-
sischen Wirtschaftsraumes teilnehmen zu
lassen.
Industrie des Saarlandes und die nach
1945 weiter ausgebaute Exportindustrie
zu, sondern nicht zuletzt auch für den
Saarbergbau selbst.
Die Saarwirtschaft war deshalb auch
schon vor 1935 weitestgehend gezwungen,
Absatzgebiete zu suchen und damit auch
Zufuhrgebiete über den Außenhandel für
die Saarwirtschaft sicherzustellen.
Die Wichtigkeit der Saarkohle für das
Saarland und auch für Frankreich er-
forderte eingehende Erwägungen sowohl
über die gegenseitige Abstimmung des
eigenen Bedarfs als vereinten Wirt-
schaftsraum, als auch die Sichersteilung
von Absatzmärkten für die übrige Saar-
kohle umsomehr, da Fehlleitungen gerade
in der Kohlenwirtschaft unabsehbare
Schäden für das Saarland und für Frank-
reich zur Folge haben müßten.
Als integraler Bestandteil der franzö-
sischen Wirtschaft kann die Saarwirt-
schalt die Lösung dieser Fragen nur im
Rahmen der Außenhandelsbeziehungen
Frankreichs erwarten, dies umsomehr,
da die westdeutsche Republik bis heut«
in ihren wirtschaftlichen Entscheidungen
keinesfalls souverän ist.
keiten endgültig beseitigt. Die dazu vor-
gesehenen Konventionen waren:
1. ei ne politische Konvention,
in welcher die in Zukunft dem Hohen
Kommissar zustehenden Rechte klar
Umrissen werden mußten und anderer-
seits die der Regierung des Saar-
landes und dem Landtag zustehen-
den Rechte ebenfalls festgelegt wur-
den;
2. die Schaffung einer wirtschaftlichen
Konvention,
Grundsatz der absoluten Gleichberechtigung
Die Konventionen und Zusatzabkommen
Vor» 1945 bis Paris
(Fortsetzung)
Verhandlungen um die Grubenkonven-
tion. Eine Aufgabe des Anspruchs auf
das Eigentum der Saar grub an machte die
französische Regierung abhängig von dem
Recht des Abbaus der Saarkohle für di«
Dauer von 5Q Jahren.
Unsere Forderungen waren;
1. Kein Pachtverhältnis, bei dem da3
Saarland jeden Einfluß auf die ge-
samte Verwaltung und Bewirtschaf-
tung eingebüßt hätte,
2. ede Sicherstellung des Kohlenabsat-
zes,
3. die Aufrechterhaltung der Beleg-
schaftsstärke unter besonderer Be-
rücksichtigung, daß auf einen aktiven
Bergmann in der Saarknappschaft eia
Rentenempfänger kommt und bei ei-
ner Verminderung der Belegschaft
entweder eine Erhöhung der Versiche-
rungsbeiträge oder ein Abbau der
heute noch viel zu niedrigen Pensio-
nen erfolgen muß,
4. paritätische Besetzung in der Verwal-
tung und den Betrieben durch Saar-
länder und Franzosen,
5. die Vermeidung des Raubbaus und
Erhalt der Wirtschaftlichkeit durch
technische Verbesserung sowohl un-
ter, als auch in Betriebsaniagsn über
"Lag,
6. aie Aufrechterhaltung der Bergsichep-
heit und Anwendung der im Saarland
gültigen rechtlichen Bestimmungen, um
das Beste für das Leben und die Ge-
sundheit des Bergarbeiters zu gewähr-
leisten,
7 die Beibehaltung des heutigen Zu?«
stände* in der Sozialversicherung der
Bergleute,
I. die Herabsetzung der Kohlenpreisei
für die saarländische Schwer- und Ex-
portindustrie im Interesse der in die-
sen Wirtschaftsgruppen tätigen Men-
schen,
9. und als Wichtigstes, das Mitbestim-
mungsrecht in der gesamten Verwal-
tung der Saar gruben durch Schaffung
eines paritätisch von Saarländern und
Franzosen zusammengesetzten Saar-
grubenrates.
Haben wir restlos unsere Forderungen er-
füllt bekommen?
Keinesfalls befriedigt uns das Abkom-
men voll und ganz. Die Lösung ist ein
nach vierwöchigen Verhandlungen, von
beiden Verhandlungspartnern mit Zähig-
keit zustandegekommener Kompromiß, bei
dem die saarländische Delegation trotz
der viei schwächeren Position, in der sie
sich befand, dennoch von Erfolg spre-
chen kann.
Das Abkommen sieht trotz der bevor-
stehenden Sättigung des Kohlenmarktes
eine Gleichstellung dar saarländischen
Kohle mit der französischen Kohle vor. So-
lange im französischen Bergbau keine
Feierschichten stattfimden, dürfen und
werden auch im Saarbergbau keine Feier-
schichten eingelegt. Der französische
Staat sichert den Absatz der Saarkohle
insofern, als er die Einfuhr ausländischer
Kohls herabsetzt, um die Saarkohl* an
deren Stelle auf dem französischen Markt
unter2ubringen. Ein Abbau der Beleg-
schaft findet nicht statt. Soweit eine Ver-
minderung der Belegschaft durch die
Technisierung nach und nach eäntritt, wird
der natürliche Abgang durch Berufsun-
fähigkeit und Ausscheiden infolge Errei-
chung der Altersgrenze durch Neueinstel-
lungen nicht ergänzt, sondern man be-
schränkt sich auf den Nachwuchs durch
Einstellung von Lehrlingen, Die Mitwirkung
in der Gesamt Verwaltung erfolgt durch
di« paritätische Besetzung de« aus je 9
Franzosen und 9 Saarländern zu bilden-
den Verwaltungsrat, in dem (neben dem
Betriebsrat) 2 Mitglieder der Belegschaft
mit Sitz und Stimme sein müssen. Die An-
gestellten- und Beamtenstellen sollen be-
vorzugt mit Saarländern besetzt werden,
soweit bei den französischen und saar-
ländischen Bewerbern gleiche fachliche
Voraussetzungen vorhanden sind.
Die Forderung der Gewerkschaften, ei-
nen Sozialdirektor und technischen Direk-
tor zur Wahrung der sozialen Belange und
Beachtung der technischen Vervollkomm-
nung unter Wahrung und Sicherung des
Lebens der Bergarbeiter zu bekommen,
wurde von Außenminister Schuman zu-
gesagt. Di« SaoTkndppschaft bleibt öf-
fentlich-rechtliche Körperschaft und dem
saarländischen Arbeitsministex unter-
stellt.
Die Bergeicherheit bleibt in der jetzigen
Form aufrechterhalten und untersteht dem
saarländischen Wirtschaftsminister, Le-
diglich in den Fällen, wo Differenzen,
die von dem zu bildenden Saarkohlen-
rat, der aus 12 Mitgliedern besteht und
ebenfalls paritätisch zusammengesetzt ist
und dem saarländichen Wirtschaftsmini-
ster nicht zu einer Einigung führen, soll
der saarländische Wirtschaftsminister sich
mit dem französischen Wirtschaftsmini*-
ster verständigen.
Die Saarwirtschäft muß mit Kohle be-
vorzugt behandelt werden und erhält Vor-
zugspreise, damit sie mit ihren Erzeug-
nissen konkurrenzfähig bteifbft und die
Saarbevölkerung erhält wieder die Be-
rechtigungskohle .
Di« von uns geforderte Schaffung eines
gemeinsamen Betriebes, d. h. mit prozen-
tualer Beteiligung an Verlust und Gewinn
konnte nicht erzielt werden, weil dile Saar-
regierung die Mittel dazu nicht aufbringen
kann. Die bereits durchgeführten Investie-
rungen sowie die Verluste au« den von
in welcher die Gleichberechtigung
der saarländischen Wirtschaft inner-
halb des gesamten französischen
Wirtschaftsgebietes geregelt werden
mußte;
3. die Konvention über die gewerbliche
Niederlassung;
4. ein« Konvention betr. der saarländi-
schen Eisenbahnen unter besonderer
Berücksichtigung der Eigentumsfrage
und der zukünftigen Verwaltung;
5. eine Konvention über Eigentum und
Abbaurecht im saarländischen Berg-
bau.
Bei den Verhandlungen selbst ergab
sich die Notwendigkeit weiterer Zusatz-
abkommen und zwar:
ein Abkommen über die Belange der
pharmazeutischen Industrie,
ein Abkommen über die Regelung des
Straßentransportwesens,
ein Abkommen über die Saarschiffahrt,
ein Abkommen über die Regelung der
Eich- und Meßgeräte,
ein Abkommen über die gegenseitige
Fürsorge,
ein Abkommen über die Kontrolle der
Privatversicherungen. -
Ich sagte es schon eingangs, daß ich
es dem freien Urteil der Gewerkschaftler
überlassen will, ob die Pariser Beschlüsse
für die Saarwirtschaft und ihre Arbeit-
nehmer einen Erfolg darstellen oder nicht
und daß ich deshalb in diesem Rahmen
nicht beabsichtige, auf den Inhalt der
einzelnen Konventionen einzugehen. Sinn
und Zweck der Pariser Verhandlungen
war es, einmal den Rahmen der politi-
schen Autonomie des Saarlandes festzu-
legen, dann aber klarzustellen, wie sich
der Ablauf der Saarwirtschaft im gesamt-
französischen Wirtschaftsraum künftig zu
vollziehen habe. Man darf wohl mit
Fug und Recht behaupten, daß die politi-
sche Autonomie durch Umwandlung des
Hohen Kommissariats in eine ausgespro-
chene diplomatische Vertretung Frank-
reichs im Saarland ihre feste Unter-
mauerung gefunden hat. Der saarländi-
sche Landtag und die Regierung des
Saarlandes sind in Gesetzgebung und
Verwaltung weitgehend selbständig ge-
worden und dem Hohen Kommissar bleibt
nur noch insoweit ein Einspruchsrecht
gegen di« saarländischen Gesetze Vor-
behalten, als deren Inhalt im Wider-
spruch steht zu den Grundlagen der
franco -saarländischen Wi rtschaft sunion.
Die politische Konvention geht soweit,
daß das Saarland die vor ihrem Ab-
schluß von dem Hohen Kommissar erlas-
senen Rechtsanordnungen aufheben
kann. Neben einer ständigen Vertretung,
die die Regierung des Saarlandes künf-
tig in Paris haben wird, deren Mitglie-
der die Privilegien der Diplomaten ge-
nießen, werden in den Ländern; m denen
saarländische Interessen gegeben sind,
bei den konsularischen Vertretern Frank-
reichs saarländische Beamte eingesetzt,
um die Belange des Saarlandes und ins-
besondere seiner Wirtschaft wahrnehmen
zu können. Damit ist ohne weiteres die
politische Selbständigkeit des Saarlandes
anerkannt.
Es versteht sich, daß man die gesam-
ten wirtschaftlichen Abschlüsse nur als
Ganzes betrachten kann; eine Tatsache,
dt« nicht zuletzt bei den Verhandlung an
in Paris erhebliche Schwierigkeiten auf-
treten ließ, da natürlich be! der einen
oder anderen Konvention die M^nungn-
verschiedenheiten ganz besonders
erheblich waren, umsomehr als
der gute WtUe der beiden Verhandlung«-
(Forts*tzung nächste Seite unten)
den Alliierten bi« April 1947 bestimmten
Kohlenabgaben und des fest gelegten Prei-
ses von nmd 14 M bei 28 M Gestehungs-
kosten betragen 10,7 Milliarden ffrs. Die
seit 1941 vorhandenen Kriegsschäden be-
laufen. sich auf etwa 7 Milliarden. 16 Mil-
liarden ffrs. sind notwendig für die not-
wendige neue Schachtanlage und 6,6 Mil-
liarden zum Bau des neuen Kraftwerks.
Für die weitere Technisierung werden
nach fachmännischen Gutachten für die
nächsten 6—8 Jahre etwa 40—45 Milliar-
den gebraucht. Alle unser« Bemühungen
und die Mitarbeit der Sachbearbeiter führ-
ten unter Berücksichtigung aller Gründe
in dieser Frage nicht zur Erfüllung unserer
Forderung.
Wenn dann trotzdem noch eine Vergü-
tung für die geförderte Kohle in Höhe von
30 bezw, 50 ffrs, erreicht wurde, so möchte
ich doch sagen, daß bei ruhiger, sachli-
cher Ueberlegung sehr viel von dem Tat-
sache wurde, was zuerst von unserem
Partner abgelehnt, aber nach langen
schweren Verhandlungen zugestanden
wurde.
Zum Schlüsse muß gesagt werden, daß
alle abgeschlossenen Konventionen ein.
Ganzes bilden und daß bei der endgülti-
gen Beurteilung der Gesamtverträge ganz
wesentliche Fortschritte erzielt wurden.
Als Gewerkschaftler müssen wir aber
auch uns dessen bewußt sein, daß unsere
wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Frank-
reich ein kleiner Beitrag zu den Bemühun-
gen ist, nicht bloß zu einer wirtschaftli-
chen Verständigung aller europäischen
Staaten, ganz besonders in der Eisen- und
KohlenwiTtschaft. Sind wir uns endlich
bewußt, daß di« politische Verständigung
erst dann zur Tat wird, wenn die wirt-
schaftlich« Verständigung vorhanden ist.
Erst dann werden wir und unsere Kinde«
keine Sorge um das Kommen de« dritte»
Weltkriege* mehr haben.
DIE ARBEIT“
Seite 3
M3rz 1950_____________________________________________1»
|,¥„ a~ «tan fr ar Safener
ued&s<nwsi&amnv.mg in St. Ingbert
Am 15. Marz hielt' die Ortsgruppe St.
Ingbert des Industrioverbändes der Fa-
brikarbeiter ihre diesjährige Geaterabter-
s am ml urig ab. In der gutoesuchtan v er-
sammlung referierte Kol ege Obermo er
über aktuel’e Geweikschaitflprnbteme. Ins-
besondere befaßte er sich mä dar Lohn-
u.;d GehaJtsirage. An Hand überzeugen-
den Materials wies ei die starke Minde-
ra.ig der Kaufkraft der Löhne und Gehäl-
ter gegenüber dem Jahre 1939, dis selbst
für bestimmte Arbsitergruppen bis zu 50
Frozent beträgt, nach. Durch dis gelenk-
te Lohnpolitik bezw. durch den Lohnstop
hat das Unternehmertum es verstanden,
durch die Nichteinhaltung des Prelsstops
die Senkung des Realiohnes durchzufüh-
ren. Daß die Arbeiter in der Pariser Re-
gion bedeutend besser bezahlt werden als
die Arbeiter an der Saar, wie di38 aus
dem Artikel in Nr. 4 „Die Arbeit“ zu ent-
nehmen ist, ist darauf zurückzuführen, daß
die Pariser Arbeiterschaft nicht bereit
war, für die gesetzlich verardneten Löhne,
dis zum Leben nicht ausreichten, zu ar-
beiten, sondern entschlossen den Kampf
um höhere Löhne mit Erfolg führten. Mit
SoÜdarttätserklärungen allein kann man
keil« höheren Löhne erreichen, sondern
dafür muß man gewillt sein, den Kampf
zu führen, führte der Redner aus. Lernen
wir aus dem Kampf der französischen Ar-
beiterschaft. Weiter forderte er die Ab-
schaffung der Lohnzonen und die Gleich-
stellung der Saar mit der Pariser Region
sowie sofortige Auszahlung einer Teue-
rungszulage in Höhe von 3000 ffrs. füralje
Lohn- und Gehaltsempfänger bis zum Ab-
schluß neuer Tarifverträge. Damit die Ge-
werkschaften an aer Saar die Möglichkeit
erhalten, Tarifverträge abzuschließen, for-
derte er umgehend schnellstens die Ver-
abschiedung des Betriebsrätegesletzes,
wie es im Entwurf der Einheitsgewerk-
schaft gefordert wird. Der Entwurf ist der
Regierung sowie den Landtagsfraktionen
zugestellf worden. Es muß damit gerech-
I.V. öffentliche Betriebe
General vei Sammlung
in Gersweiler Ottenhausen
Die Einheitsgewerkschaft, Verband öf-
fentliche Betriebe und Verwaltung, hatte
die Mitglieder im Sitzungszimmer des-
Rathauses* in Gersweiler zur General-
versammlung eingeladen. Der Vorsitzen-
de, Franz Kuhn, eröffnefe die Versamm-
lung und gab den Geschäftsbericht. Er
betonte die Notwendigkeit der gewerk-
schaftlichen Organisation. Weiter stellte
er fest, daß heute über 92 o/o der Verwal-
tung in der Einheitsgewerkschaft organi-
siert ist. Es ist dies ein Beweis der
guten Vorstandsarbeit. Dem Kassierer
Heinrich Jensen wurde nach dem Bericht
der Revisoren, Entlastung erteilt. In der
folgenden Neuwahl wurde der alte Vor-
stand für ein weiteres Jahr einstimmig
mit der Führung der Geschäfte beauf-
tragt. Kollege Zimmer von der Hauptver-
waltung erläuterte die Notwendigkeit zum
Abschluß der Sterbeversicherung, In der
anschließenden Diskussion wird die bal-
dige Verabschiedung des Betriebsräte-
gesetzes gefordert und auf weitere Fra-
gen erschöpfende Auskunft erteilt.
Generalveisammiung Bezirk Merzig-Wadein
Bei sehr starkem Besuch fand am
Dienstag, dem 14. März 1950, die diesjäh-
rige Generalversammlung Merzig-Wadeirn
des I.-V. Oeffentliche Betriebe und Ver
waltungen statt.
Der Vorsitzende, Kollege Heins, wid-
mete in seinem Vorwort dem verstorbenen
Kollegen Peter SchuTiler aus Hilbrin-
gen, der einer der besten Kreisfunktionäre
der Einheitsgewerkschaft war, ein ehren-
des Andenken. Nach dem Kassenbericht,
dem allgemeinen Rückblick des Vorsit-
zenden auf die Gewerkschaftsarbeit des
letzten Jahres, erhielt der alte Vorstand
Entlastung.
Bei der anschließenden Neuwahl wurde
der Vorstand in seiner bestehenden Zu-
sammensetzung ohne Gegenvorschlag per
Akk’amation einstimmig wiedergewählt.
Der Geschäftsführer des I.-V., Kollege
He ekler, gab nun einen Bericht über
aktuelle Tagesfragen unseres Vierbandes,
darüber hinaus über die Situation inner-
halb der Einheitsgewerkschaft auf Grund
der Konventionen Frankreich-Saarland.
Die Ausführungen ln bezug auf den
Stand der 3. und 4. Erhöhungsrate, das
Befriebsrätegssetz, die Vorschläge zur
Besserstellung der Arbeiter des öffentli-
chen Dienstes, fanden allgemein Zustim-
mung.
Die Saarkonventionen lösten eine leb-
hafte Diskussion aus. Der Kollege Heins
versuchte, die beiden geschaffenen Lager
objektiv zu beurteilen und stellte den Än-
trag, baldmöglichst einen außerordentlir-
onen Kongreß der Einheitsgewerkschaft
aiu wirklich demokratischer Grundlage
einzuberufen, um innerhalb der eigenen
net werden, daß man durch bestimmte
Manöver versucht, den Entwurf der Ein*
heitsgewöiiisqhaü zu vereiteln. Deswegen
ist größte Wachsamkeit am Platze.
In Anbetracht der wichtigen Fragen, die
in den nächsten Wochen und Monaten
die Saararbeiter beschäftigen, führte Red-
ner aus, ist damit zu rechnen, daß sei-
tens der Feinde der Arbeitnehmerschaft
kein Versuch unterlassen wird, die Ge-
wexkschc ...Organisation zu schwächen,
um ihre rectkLanäran Pläne an der Saar
zu verwirklichen. Deswegen ist es not-
wendig, daß die Reihen der Einheitsge-
werkschaft gestärkt werden und daß je-
der Versuch, der dazu angetan ist, die
Organisation zu schwächen, bei det ge-
samten Arbeiterschaft aut Granit stoßen,
muß. Durch die Einheit und Kampfent-
schlossenheit werden wir jeden Versuch
der Reaktion Zurückschlagen und unsere
berechtigten Forderungen, wie sofortige
Auszahlung der 3000-ffrs.-Teuerungsi:u''a-
ge, Verabschiedung des Entwurfes des
Betriebsrätegesetzes der EG., Erlaß des
Tarifvertragsgesetzes, sowie die Gleich-
stellung-des Saarlandes mit der Pariser
Zone, zum Durchbruch verhelfen.
Anschließend setzte eine lebhafte und
positive Diskussion ein. In der Diskussion
kam immer wieder die Notwendigkeit des
Kampfes für die Durchsetzung der For-
derungen der EG. sowie auch die Not-
wendigkeit der Stärkung der Gewerk-
schaftsorganison zum Ausdruck. Der Be-
triebsobmann der St. Ingberter Glashütte
Kollege Ries appellierte am Schluß der
Diskussion an die Kollegen, sich mehr für
die gewerkschaftliche Frage zu interes-
sieren und im Betrieb mehr Aufklärungs-
arbeit über die Bedeutung der Gewerk-
Schaftsorganisation durchzuführan.
Folgende Kollegen wurden in den Vor-
stand gewählt: 1. Vorsitzender: Schilling
Karl, 2. Vorsitzender: Tussing Rene, Kas-
hierer; Weber Richard, Schriftführer:
Schwarz Adam, Beisitzer: die Kollegen
Hoffmann Johann, Glies Alois, Wagner
Heinrich.
Reihen wieder eine klare einheitliche Linie
herau s zuarbeiten.
Die Darlegungen wurden lebhaft be-
grüßt, der Antrag genau so spontan be-
fürwortet.
Nachdem ein eingebrachter Antrag zur
Unterstützung der Hinterbliebenen des
Kollegen Schuhler aus Mitteln des Kreis-
ausschusses unseres I.-V. mit einer nam-
haften Summe einstimmig gutgeheißen
wurde, schloß diese wirklich gute Ver-
sammlung im besten Einvernehmen.
%
Am Donnerstag fand eine Vorstandssit-
zung in Merzig statt, die über die Ge-
währung einer einmaligen Unterstützung
an die Hinterbliebenen des Koll. Schulder
zu beraten hatte. Es wurde nach einer
kleinen Aussprache der Beschluß gefaßt,
daß der Witwe Schuhler dis Summe von
20 000 ffrs. ausgezahlt wird. Die Betriebs-
gruppen der Firma Villeroy iu. Boch in
Merzig und Mettlach beteiligten sich mit
einer namhaften Spende, Solidarität, im
wahrsten Sinne des.Wortes, die füT den
echten Geist der Gewerkschaftsgruppen
im Kreise Merzig spricht.
Herausgeber; Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, Brauerstr. 6-8.
Verantwortlich für den Gesamtinhalt; Heinrich
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschaft«'
Politik C, Schuhler, Industrieverbände, lugend
sowie Feuilleton 7, P. Wambach. — Druck:
Druckerei Saar-Zeitung Dr, Nikolaus Fontaine,
Dis Beweggründe für die Saatverhandlungen
(Fortsetzung)
Partner anzuerkennan Ist, die nach un-
endlichen Bemühungen doch ein Ver-
tragswerk zustande gebracht haben, das
zweifellos den wirtschaftlichen Anschluß
als Ganzes regelt. Wenn diese Schwierig-
keiten besonders bei der Bargbaukon-
vention aufgelrsten sind, so Ist dies
aus der prikären Natur der Materie nur
zu verständlich.
Ich brauche nicht besonders darauf
hinzuwoisen, daß in der Vergangenheit
von der Einheitsgewerkschaft, und nicht
zuletzt von mir selbst, heftige Kämpfe
geführt worden sind um die völlige
Gleichberechtigung des Saarland«-* im
frans öftts ch-»a arländl sehen W! rt~chaf ts-
raum zu erreichen. Ein unvoreingenom-
menes Studium der einzelnen Konventi-
omm wird meiner Behauptung Recht
geben, daß die Pariser Verhandlungen
das Saarland diesem Ziel ein «rtfebljehas
Stück näher gebracht haben, wenn wir
auch nicht verhehlen wollen, daß unter
Umständen auch künftighin noch gewisse
Differenzen auftreten könnten, dte aber,
nachdem ein fest um rissertes Vertrags-
werk vorliegt, erheblich leichter als in
in der Vergangenheit auegeräumt wer-
den.
I.V, foletaü
40-jäaiiges Berufsj ’biilum
Der Kollege Albert L ö y beging am
10. 3. 1950 sein 40jähriges Boj ufsjubüäum
bei der Fa. B. Seibert, Stahlbau GmbH.,
Saarbrücken. Von Beiuf Schlosser, wid-
mete er sieh in den jungen Jahren der
Montagearbeit und bekleidet nun heute
die Stella eines leitenden Gfcermonteura.
Er hat während seiner langjährigen Tä-
tigkeit auf vielen Baustellen im In- und
Ausland gearbeitet mit Unterstützung
seiner Kameraden und große Bauwer-
ken erstellt, auf die er heute stolz sein
kann, Z, 2t. ist er damit beschäftigt, an
der Schanzenberger,Brücke mehrere Ue-
berbauten zu errichten,
Als tüchtiser und umsichtiger Monteur
hat er die Baustellen so geleitet, daß Ua-
glücksfälle nur in einem sehr geringen
Umfange zu verzeichnen waren, sodaß
die Belegschaft immer gerne mit ihm ge-
arbeitet hat und zufrieden war.
Der Kollege Lay erfreut sich aber
nicht nur der Wertschätzung als Vorge-
setzter, sondern darüber hinaus ist er
auch ein eifriger und zuverlässiger Ge-
werkschaftler. Schon früher war er Mit-
glied im Deutschen Metallarbeiterver-
band und wirbt auch heute wieder im
Industrieverband Metall der Einheitsge-
werkschaft mit.
Mit der Belegschaft, die ihm anläßlich
seines Jubiläums ein Geschenk überrei-
chen konnte, gratuliert auch dar Vor-
stand des Industrievarbandes Metall u,
wünscht ihm auf seinem ferneren Lebens-
weg alles Gute.
Buchbesprechungon
Der Verlag Ernst Klett, Stuttgart, hat uns
ein Buch lugehen lassan, das für da« Kreit-
fahrzsugbandwarker von besonderer Bedeu-
tung ist. Da« Buch, herausgegeben von Dr.
Ing. Döhl, ist betitelt ,.Fachkunde für Kraft-
fahrzeugschlosser und •handwsrker" und be-
steht aus 2 Teilen. Band j behandelt: Ausbauen
der Teile, Pflege des Wagens, Arbeiten am
Motor, Er enthält 128 Seiten mit 176 Abbil-
dungen, rim Band 2 werden die Arbeiten an
der Kraftübertragung, dem Fahrgestell und
der elektrischen Ausrüstung behandelt. Dieser
Band enthält 146 Seiten mit 269 Abbildungen.
Jeder Teil kostet 3,80 Mark. Die Bücher sind
besonders wertvoll für die Lehrlingsausbil-
dung in Werkstatt und Schule, aber auch der
schon fortgeschrittene Kraftfahrzeughemdwerker
findet viele Anregungen, die zur Erweiterung
seines Fachwissens dienen. Unsere Kollegen
in den Kraftfahrzeughandwerksbetrieben, die
sich für das Buch interessieren, können das-
selbe bei uns auf der Geschäftsstelle in der
Brauerstraße einsehen.
Weiter, liegen 2 Fachbücher vor für den
Metallhandwerker. Beide Büaher sind im Ferd-
Dümmler-Vsrlqg ln Bonn erschienen. Der Band
•.Stahlbau und Blechschlosser“ behandelt das
Fachzeichnen, Abwicklungen und Fachreehnen.
Das Buch umfaßt 152 Seiten und enthält 144
Zeichnungen. Der Preis beträgt 4,80 Mark, Per
andere Band, der in der 43, bis 49, Auflage
in demselben Verlag erschienen (pt. ist
herausgegeben von Direktor Wlih. Friedrich-
Er ist betitelt ..Das Fachzelcbnsn de* Metall-
gewexbes" Er enthält Lehrgangsskizzen, Fach-
zeichnungen und Uebungsaufgabsn und kostet
2,80 Mark. Diese Bücher können ebenfalls auf
unserer Geschäftsstelle eingesehen werden.
An zeigen in der Gewerk-
schaftszeitung „Die Arbeit'"
verbürgen Erfolg!
Ich gebe unumwunden zu, daß man
über den einen oder anderen Punkt der
Pariser Konventionen geteilter Meinung
sein kann und bin auch gerne bereit,
einer sachlichen Kritik meiner Gewerk-
schaftskollegen Rede zu stehen, doch
lehne ich es ab, mich mit den Elementen
auseinanderzusetzen, die weit davon ent-
fernt sind, für da» Saarland positiv«
Lösungen anzustreben, sondern entwe-
der aus Ignoranz oder doktrinärer Ver-
rannthelt oder gar aus bösem Wiilen
versuchen, jede abweichende Meinung
vomeheretn zu diskriminieren.
Wenn ich mir abschließend noch er-
laube, auf den Verlauf 'der Verhand-
lungen in Paris kurz einzugehen eo des-
halb, weil systematisch versucht wird,
in der Oeffentüehkeif den Eindruck zu
erwecken, als sei d 3 sarländisch«
Delegation lediglich als Be'ehisempfÖnger
nach Paris gefahren, um dort vor vollen-
dete Tatsachen gestellt zu werden.
Daß das Gegenteil der Fall war und
wir von der französischen Vertretung
mit äußerster Korrektheit und als absolut
gleichberechtigte Verhandlungspartner
behandelt wurden, erweist schon allein
die Tatsache, daß sich die Besprechun-
gen erhelich über den vorgesehenen Zeit-
raum hinausgezogen haben. Es besteht
auch durchaus kein Anlaß zu verhehlen,
daß die gegensätzlichen Meinungen oft
Peter Schuhler t
Am 7. März 1950
verschied nach
kurzer heftiger
Erkmpkima, in
Hilbringen- Saai
Unser Kollege
Peter Schuhlsr
im Aller von 46
Jahren
Be er gehübter
war Mitgründer
der Krelsqrgtuu-
saüan dei Ein-
üeitsgewerkaebait
Kreis Mer?ig-
Wadern, ständi-
ges Mitglied des'
Vorstandes unserer KreisorganisgUem ebenso
ständiges Mitglied des Vorstandes des Indu-
strieverbandes der Fabrikarbeiter und 1- Vor-
sitzender dieses Verbgndes bis Anlang 1949.
im Betrieb der MosgikPlatteniabrik Merzig. Fa.
Villeroy Boeh batte der Verstorbene als Mit-
glied des Betriebsrates ailseitiges Vertrauen
und größte Sympathien.
Im Verwaltungsbezirk Hilbringen war er
Gemeiadercdumitgliedt 2. Beigeordneter der Ge-
meinde Hilbringen und Mitglied des Verweb
tungseupsehusses. in seinem karsten Brden-
leben bat unser Peter Schuhler in beweeßen
Jahren, eine umfassende Tätigkeit auf den
Gebieten der GewerkschaftSozial- und
Kommunalpolitik in uneigennützigster Weise
im Jnteresse des Allgemeinwohles geleistet.
Sein Hinsebeiden bedeutet insbesondere für
die Einheitsgewerkschaft. Kreis Merzig-Wadern
einen Verlust,
Wir halten sein Andenken in Dankbarkeit
und Treue allzeit in Ihren,
Die VeiouDmng über Zulage an Loim-
und Gehaltsempfänger
In der leinten Ausgabe dar „Arbeit“
wiesen wir bereits auf dte Verordnung
hin, wonach unter bestimmten Voraus-
setzungen fiin-9 Zutetgs von 30S0 Franken
zu zahlen ist. Nach Aufzählung des Um-
fanges der Betriebe, die in Frag* kom-
men, heißt es in § 2 u. a. Arbeitnehmer,
die im Monat Januar ln den betr. Be-
trieben beschäftigt waren, haben An-
spruch:
a) wenn die Vergü.u tfl für Arbeit slü-
stung Im Januar nicht mehr »als 14 000
Frs, brutto betragen hat;
b) wenn die Bruttobezüge im Januar
zwischen 14ÖD9 uid 18 000 Fn. la«
gen,
erhalten AreeUnehmef «tee Zulage in Hö-
he von 75 Prozent des Düferenzbötrages
zwischen 18 0Q0 Frs. und dem Brutto-
lohn.
Es folgen dann Bestimmungen für Ar-
beitnehmer, d e Im Januar ausgesehi tten
sind und andtre mehr. (Bei Zweitetef-lten
wollen »ich die Arbeitnehmer ai die
Gewerkschaft werden).
Inzwischen sind weitere Mi eilunasn
des Arbeitsmlnisterhims ergangen über
die Berechnung einer Ausnahm Zulage
an Lohnempfänger in landwlrfschaft-
chen Beziehen.
Ferner Ist eine Mitteilung des ArbUts-
miuieteriums über die Zulage für im Ok-
tober Erkrankte erschienen. — Alte, aie
es angehi, und die üoeT Einzelheiten.
Au;kiä‘Ung benötigen, wollen sich an die
Einheitsgewerkschaft wenden.
mit äußerster Heftigka.t auteaianderpraU-
ten, wobei man aber beiden Parteten
zugestehon muß, daß dar Boden der
politischen Fahrnis nicht ein einzige» Mal
verlassen wurde. I steteo Endes liegt es
nun einmal in dsr Natur alter Vertrage,
daß sie nach Abwäg«« der te!de?S3ni?Mn
Interessen der Ver.ragspartesr su elior
Kompromißlösung ftih: an, doch
glaub« »eh in mstev Annahme n ent
fehlzugeßen, daß die »oaflündteeh* D3-
leaation im wastntUshsn das er eicht
hat, was sie als wabrerin der saarlän-
dischen Interesten erreichen wollte. Ich
bin auch der testen UihSTktugtRtfl, daß
man im Saarland zur gleichen Etes:nt-
nis kommen w’rd, wenn man dte Panter
Konventionen «teer elngelunttett Prüfung
untersteht und steh cten klaren Sinn r-u ht
durch Scit’agwnrte trUbs r laßt, die metet
in nur zu billiger Eftokttissclmei «ss-
ges'reut werden,
Wenn der G@wrerk»ehait&:auggehuß die
.• i ch Konventionen einer Prn.
unt-erzogdn hat, hoffe ich, zu gegebener
Zeit im Rundfunk erneut Stellung n*hmm
zu können, doch möchte ich meinem
Wunsche Ausdruck verleihen, daß de
Mitglieder der Einheitsgewerkschaft s—h
selbst der Mühe unter? eben werden, in
den Inhalt der Verträge einiudr ngsn,
um auf diesem Wege eine «'gen« Me.-
nung zu den für das Säarktnd sg äußerst
wichtigen Dingen zu gewinnen.“
Seite 4 Affdti i März 1950
jbw*’*’ tfl/!!'«*«^w««******,^*,*fll11*** >"■«. ™iaMtwtUHti9MnM'* .rrowjf iumMuiviiviPv«mNRWHHnnMnV'wr-
Her junge iUemerlifdinftlec
Ursachen des Chaos und Ausweg
von Rudi BLASS, Jugends&kretär der Einheitsgewerkschaft
Es ist eine Tatsache, daß gerade die
jungen Menschen mit am schwersten ge-
troffen werden, wenn durch Habgier,
Rachesucht und Nationalismus der Frie-
den innerhalb des Volkes und unter den
Völkern zerstört wird.
Dem Machtstreben Einzelner, sei es
auf politischem oder wirtschaftlichem
Gebiet, entspringt die vielfache, allum-
faßende Not unserer Tage.
Die Mißachtung der Menschenwürde
und persönlichen Freiheit ist die Ur-
sache weitgehender Zerrüttung auf fast
allen Gebieten des menschlichen Le-
bens.
Der fehlende Sinn für Wahrheit und
Gerechtigkeit, der sich unter den Men-
schen von heute in einem so erschrek-
kenden Ausmaß bemerkbar macht, läßt
die Liebe von Mensch zu Mensch und
von Volk zu Volk nur mehr sehr schwer,
ja sogar vielfach überhaupt nicht mehr
spürbar werden.
An ihre Steile scheint oft nur mehr der
verderbliche Geist der Gewinnsucht,
Rücksichtslosigkeit und des Hasses ge-
treten zu sein. Ueberall sind Kräfte und
Mächte der Finsternis am Werk, um diese
gähnende Kluft zwischen den Menschen
noch zu vertiefen und zu verbreitern.
Männer und Frauen, die neue Wege
staatlichen und menschlichen Zusammen-
wirkens auf der Grundlage der gegen-
seitegen Hochachtung vor der geschicht-
lichen, politischen, wirtschaftlichen und
kulturellen Entwicklung des Abendlandes
zu gehen bereits sind, werden oft genüg
von entweder kurzsichtigen oder noch
im alten Fahrwasser nationalistisch-
chauvinistischer Färbung schwimmenden
Kreisen des Verrats an der Arbeiterklasse
und an den eigenen Völkern bezichtigt.
Die werktätige Jugend des Saarlandes
aber soll wissen und bedenken, daß
nach einem solch zerstörenden Zeitge-
schehen, wie es der letzte Krieg und die
damals waltende Geisteshaltung bedeu-
tet, einfach unmöglich ist, von heute
auf morgen all die materiellen und fast
noch mehr ideellen Trümmerfelder zu
beseitigen.
Wir erkennen daher jede Bestrebung
der maßgeblichen Stellen dankbar an,
wenn sie deT beschleunigten Beseitigung
der vorgenannten Ruinenfelder wirklich
dient. Ebenso offen und freimütig zeigen
wir aber auch mangelndes Verständnis
und noch mehr bewußte und offensicht-
liche Böswilligkeit auf, ganz gleich, wo
sie auftreten, da wir der Meinung sind,
daß gerade diese beiden Fehlerquellen
die entscheidende Ursache der Not der
Jugend unserer Tage sind.
Sorgen und Nöte der Jugend
Berufswahl und Berufsausbildung
Es gibt Sorgen und Nöte der Jugend,
die gerade in beruflichen Fragen nicht
oder nur sehr unvollkommen statistisch
ausgedrückt werden können. Ich denke
hier vor allem an das schwierige Problem
der Berufswahl.
Sicher versuchen die Berufsberatungs-
stellen und alle, die sich mit Ausbil-
dungsfragen beschäftigen, mit Herz und
Seele Fehlentscheidungen in der Berufs-
wahl nach Möglichkeit vermeiden zu
können, aber die Gesamtstruktur der
Wirtschaft unseres Landes ist trotz aller
Bemühungen des zuständigen Ministeri-
ums immer noch nicht so vielgestaltig,
daß nun jeder Junge und jedes Mädel
nur den Beruf ergreifen könnte, zu diem
es sich innerlich hingezogen fühlt. Hinzu
kommt noch, daß infolge mancher finan-
zieller Schwierigkeiten zahlreiche junge
Menschen zu einem Augenblicksberuf
greifen müssen, um überhaupt leben oder
Angehörige mit durchs Leben bringen zu
können.
Viele stellen sich aber auch in der
Berufswahl selbst auf einen Standpunkt,
der sich für sie selbst nur schädlich
cruswirken kann, wenn nur sogenannte
„moderne Berufe“, wie Autoschlosser,
Elektriker und einige andere gewählt
werden. Diese Berufe sind aus verschie-
denen Ursachen heraus heute so über-
füllt, daß es doch ratsamer erscheint,
einmal selbst zu überprüfen, ob nicht
die Wahl eines anderen Berufes, der
nicht so überfüllt ist, auf die Dauer
gesehen nicht günstigere Aussichten
bietet. Selbstverständlich muß dabei auch
die Frage der Berufseignung und-neigung
eine Rolle spielen.
Vor allem aber müssen die Eltern
sich hier in Weiser und abwägender
Form einschalten, um die Berufsfindung
zu unterstützen und zu erleichtern.
Ueber die Berufsausbildung möchte ich
ebenfalls ein paar Gedanken zu Gehör
bringen. Die Erfahrungen, die wir durch
unsere tägliche Arbeit auf diesem Ge-
biete machen, sind bei Gott nicht immer
erfreulich. In zahllosen Fällen stellen
wir immer wieder fest, daß manche Aus-
bilder die jungen Menschen nur noch als
billige Arbeitskraft ausnutzen und sich
im übrigen kaum darum kümmern, ob
die Berufsausbildung auch tatsächlich
gewährleistet ist. Erst kürzlich wurde in
Wir sind daher auch nicht der Mei-
nung, daß der Standpunkt richtig ist,
wie er kürzlich im Organ des saarlän-
dischen Handwerks vertreten wurde, wo-
nach man im Bereich des Handwerks
kein Berufsausbildungsgesetz notwendig
habe, weil ein bestehendes Bedürfnis
nach gesetzlicher Neuregelung des Be-
rufsausbildungswesens für den Wirt-
schaftssektor des Handwerks durchaus
nicht anerkannt werden könne. Man kön-
ne mit der Gewerbeordnung als Funda-
ment der Berufsausbildung sehr zufrie-
den sein.
Ich betone zum wiederholten Male von
dieseT Stelle aus, daß die Einheitsge-
werkschaft nicht im Entferntesten daran
denkt, Lehrjahre zu Herrenjahren zu er-
klären.
Ich erlaube mir jedoch auch den Hin-
weis darauf, daß wir nicht im Enfernte-
sten daran denken, für dauernd das
Ausgeschaltetsein des ge werkschatii-
chen Einflusses auf die Berufsausbildung
gerade auch im Handwerk tatenlos hin-
zunehmen.
Wir werden nicht eher ruhen und
rasten, bis in einem modernen und fort-
schrittlichen Berufsausbildungsgesetz al-
le die Forderungen, die wir nicht zuletzt
aus der Mitsorge, Mitverantwortung und
Mitbestimmung in den gesamtwirtschaft-
lichen Fragen ernsthaft überlegt haben
Wir sehen als verantwortungsbewußte
Jugendfunktionäre der Einheitsgewerk-
schaft die Ursachen und Wirkungen einer
nach unserer unzerstörbaren Hoffnung
im Sterben liegenden Zeitepoche. Diese
sogenannte „Ordnung“ hat sich als ein
teufüches System der „Unordnung“ er-
wiesen und ganzen Völkern seit vielten
Jahrzehnten nichts als Blut und Tränen
gebracht.
Sie hat die furchtbare soziale Not auch
unserer heutigen Ju gend zu ihrem zwei-
felhaften „Verdienst“.
Tausende und Abertausende von Men-
schen wohnen, oft genug rücksichtslos
aus ihrer Heimat vertrieben oder in den
schweren Bombennächten ihrer letzten
Habe beraubt, auch heute noch unter
menschenunwürdigsten Verhältnissen.
Viele Arbeitsplätze lassen immer noch
die einfachsten hygienischen und sitt-
lichen Grundsätze vermissen. Oder ist
es etwa eine soziale Achtung vor dem
arbeitenden Menschen, wenn in einer
kleinen saarländische Fabrik für die Ar-
beiterinnen nicht einmal ein Umkleidte-
raum eingerichtet ist? Wo bleibt da die
soziale Haltung des betreffenden Ar-
beitgebers?
Man mache uns jetzt nicht den Vor-
wurf, Klassenkampf betreiben zu wollen.
Schließlich muß auch einmal die Frage
gestellt werden, inwieweit die besit-
zende gegen die besitzlose Klas-
se kämpft.
Wir wollen nicht mehr und nicht weni-
ger als die Wiederherstellung des zer-
störten Menschenbildes.
Was wir jetzt vor uns haben ist viel-
fach nur noch ein Zerrbild der Schöpfung
und gereicht dem mit einer wunderbaren
Willensfreiheit ausgerüsteten Menschen
fast nur noch zur Schande. Im Kampfe
um diese Wiederherstellung der Men-
schenwürde gibt es kein ediertes Ziel,
als gerade die Jugend aus ihrer beruf-
lichen und sozialen Not zu befreien.
Wenn wir auch der Ueberzeugung
sind, daß der Geist über dem Stofflichen,
über dem Materiellen steht und herrscht,
so wissen wir aber dennoch, daß die
geistige Not gerade dort fußt, wo die
materielle Not überhand nimmt.
Geistige Not und Ausweg
Wer die Jugend zu einer geistigen
Weiterbildung, zu einer sittlichen Ver-
vollkommnung und zu einer politischen
Aktivität aufrufen aber dabei die ande-
ren Lebensbereiche vergessen würde,
könnte nie auf einen Erfolg seiner Tätig-
keit blicken. Der Mensch ist eben in
seiner Wesenseinheit von Körper, Geist
und Seele ein unteilbares Geschöpf.
einem Saarbrücker Betrieb ein Lehrmäd-
chen einfach entlassen, da es sich wei-
gerte, weiterhin häusliche Arbeiten für
seine Lehrmeisterin auszuführen, wegen
der es sogar auch noch wiederholt
Schläge einstecken mußte. Wir lassen
uns nicht einreden, daß das Einzelfälle
sind, weil wir wegen dieser sogenann-
ten Einzelfälle Tag für Tag alle Hände
voll zu tun haben, um den jungen Men-
schen zu ihrem Recht zu verhelfen.
und zäh verteidigen werden, gesetzlich
verankert sind.
Auch Drohungen, wie sie in letzter Zeit
ausgesprochen oder niedergeschrieben
wurden, werden uns wegen ihrer Halt-
losigkeit nicht abbringen von unserem
gerechten Wollen.
Es liegt nicht an uns, wenn das Ein-
vernehmen in gewissen Wirtschaftssek-
toren bis zur Stunde noch so mangel-
haft ist. Denn es war und ist von An-
fang unserer Tätigkeit im Jugensekreta-
riat unser Wunsch, zu einem anständigen
und erträglichen, gerechten und daher
erfolgreichen Verhältnis zu kommen.
Wir wünschen auch jetzt, daß die
Hoffnung auf die Verwirklichung dieses
Grundsatzes nicht durch Unbesonnen-
heit und Kurzsichtigkeit zerschlagen wird
und stellen hier in aller Offenheit dite
Frage:
„Warum klappt es denn auf diesem Ge-
biet bei der Industrie- und Handelskam-
mer?“ Wäre es nicht auch für das saar-
ländische Handwerk von Wichtigkeit,
sich diesen der gesamten Wirtschaft
die i enden Forderungen nicht mehr länger
zu verschließen, um endlich auf allen
Gebieten der Berufswahl, Berufsnach-
wuchslenkung und Berufsausbildung
einen wahrhaft vorbildlichen Schritt ge-
meinsam zu tun?
Darum muß auch die geistige Not der
Jugend von ihr selbst und von den maß-
geblichen Stellen erkannt und behoben
werden.
Schafft Lesestuben, wo immer es mög-
lich ist, um dort die Jugend mit bestem
Schrifttum zu versehen. Dann wird sie
bald einen Ekel vor der Schmutz- und
Schundliteratur unserer Tage bekommen.
Gebt ihnen ordentliche Heime zur Pflege
des Gemeinschaftslebens und die Ju-
gend wird bald nicht mehr in dieser
Zahl mit dem Gesetz in Konflikt geraten.
Zeigt ihnen das Bild der echten und
wahrhaften Demokratie in Staat und
Wirtschaft und die jungen Menschen
werden bald nicht mehr sagen, daß die
Politik den Charakter verderbe. Denn
in Wirklichkeit verderben nur die schl ech-
ten Charaktere die Politik. Befreit die
Jugend von jeder Art Diktatur und gebt
ihr überall dort Freiheit, wo sie zu ihrem
eigenen Nutzen etwas damit anfangen
kann. Steht als ältere Generation der Ju-
gend auf allen Gebieten zur Seite und
es wird bald mit Recht heißen, daß
diese Jugend die Hoffnung auf eine
bessere Zukunft bietet.
Das Jugendsekretariat der Einheitsge-
werkschaft ist sich seiner Verantwo-
tung gegenüber der saarländischen,
schaffenden Jugend voll und ganz be-
wußt. Wir erblicken in dem Jugend-
arbeitsschutzgesetz, zu dem wir noch
eigens Stellung nehmen werden, in dem
kommenden * Betriebsräte ge setz und in
dem Berufsausbildungsgesetz die solide
Grundlage für die gesamte weitere Ge-
werkschaftsjugendarbeit.
Wir erklären nochmals unsere ehr-
liche Absicht in unserer Stellung zu den
Behörden und Dienststellen, die sich mit
der Jugendarbeit befassen.
Desgleichen wollen wir zu allen Jugend-
organisationen in einem gedeihlichen
Verhältnis der Zusammenarbeit stehen,
erklären jedoch, daß wir uns von keiner
dieser Organisationen zu politischen
Zwecken mißbrauchen lassen.
Aufruf zum gemeinsamen Kampf
An die schaffende Jugend des Saar-
landes aber wenden wir uns mit dem
Aufruf, zusammenzustehen und mit uns
den gemeinsamen Kampf gegen dite Not
auf allen Gebieten und für eine bessere
Zukunft zu führen.
Zusammen mit unseren älteren Ar-
beitskolleginnen und -kollegen werden
wir das Ziel erreichen, denn es gilt
auch heute noch das Dichterwort:
Nie kämpft es sich schlecht
Für Freiheit und Recht.
Der Präsident der EG bei der
Jugend
Einweihung des ersten Heimes
der Gewerkschaftsjugend
Am 16. 3. 1950 fand in Völklingen die
Einweihung des Jugendheimes der Orts-
jugendgruppe Völklingen statt. Ueber
den Verlauf der eindrucksvollen Feier-
stunde werden wir in der nächsten Aus-
gabe „Die Arbeit“ ausführlich berich-
ten. An der Feier nahm der Präsident der
EG. Kollege Heinrich Wacker, teil.
Er richtete an die zahlreich versammelten
Jungkolleginnen und -Kollegen herzliche
Worte des Dankes für die treue Mitarbeit
der Jugend. Seine Ausführungen, die auch
in kurzen Zügen die Pariser^Verhandlun-
gen streiften, wurden mit größtem Beifall
aufgenommen. In einer Resolution sprach
die Völklinger Jugendgruppe dem Präsi-
denten und dem ebenfalls anwesenden
Jugendsekretär der E. G., Kollege Rudi
Blaß, das vollste Vertrauen für die
bisherige Arbeit und besonders für die
Haltung in den letzten Wochen aus.
Die Völklinger Ortsjugendgruppe darf
stolz sein, als erste Jugendgruppe ein ei-
genes Heim zu besitzen..
Es mag wohl dem Neid gewisser Kräfte
der Finsternis zuzuschreiben sein, wenn
versucht wurde, von außen die schlichte,
aber eindrucksvolle Feier auf gefährliche
Art zu stören. Diese Kräfte dürfen aber
versichert sein, daß durch derartige Me-
thoden die Völklinger Jugendgruppe nur
umso fester zusammenstehen wird.
Gewerkschaftsjugend und Pfingst-
aufmarsch der FDJ.
Aus wohlüberlegten und stichhaltigen
Gründen lehnt das Jugendsekretariat der
Einheitsgewerkschaft die Teilnahme als
Gewerkschaftsjugend an dem Pfir.gst-
aufmarsch der FDJ. in Berlin offiziell ab.
Es ist damit also niemand autorisiert,
als Vertreter der Jugend der Einheitsge-
werkschaft auf irgendwelchen Aufrufen,
Plakaten usw. zu unterzeichnen
Wo das bisher geschehen sein sollte,
handelte es sich also im günstigsten
Falle um eine Unkenntnis. *
Der Beschluß, an dem Aufmarsch nicht
teilzunehmen, wurde in einer Jugendse-
kretariatssitzung von allen Jugendsekre-
ren einstimmig gutgeheißen.
Juge’dsehretariat
der Einheitsgewerkschaft
In eigener Sache
In der letzten Zeit wurde ich verschie-
dentlich von der „Neue Zeit“ in einer
Art und Weise angegriffen, die mich letz-
ten Endes dazu zwingt, Solche Methoden
auf das Schärfste abzulehnen. Ich bin
mir der Verantwortung für die schaffende
Jugend des Saarlandes viel zu sehr be-
wußt, als daß ich es notwendig hätte,
gewissen Schreiberlingen dadurch Was-
ser auf die Mühle zu tragen, daß ich
ihnen zuliebe eine andere Haltung zu
den Problemen der Gewerkschaftspolitik
einnehmen sollte.
Ich wäre ein „Arbeiterverräter u. Hand-
langer des Kapitalismus“, wenn ich an-
ders handeln würde, als ich es bisher
getan habe.
Schließlich kommt es für uns als Ge-
werkschaft auch gar nicht so sehr dar-
auf an, was Menschen sagen, die im-
stande sind, von 12 auf Mittag ihre Mei-
nung und Haltung um 180 Grad zu dre-
hen, wenn von irgendwo andere „Richt-
linien“ befohlen werden.
Im übrigen befinde ich mich mit mei-
ner Meinung in der Gesellschaft der an-
ständigen und verantwortungsbewußten
Menschen, die an einem einzigen Tag
mehr für das schaffende Volk tun als
manche andere in ihrem ganzen Leben.
Rudi Blaß,
Jugendsekretär der E, G,
I. R. O. Internationaler Suchdienst. Arolsen
bei Kassel, sucht:
Amillon. Andre, Franzose, geh. 17. 4. 19<M,
deportiert nach Oranienburg!
Arochas, Yvonne, Französin, geb. 5. 3. 1921 in
Marseille, wurde am 20. 5. 44 nach Birkenau-
Auschwitz deportiert;
Aslrie- Pierre Emmanuel Jean, Franzose, geh,
23. 3. 1920 in Beziers, deportiert nach Buchen-
wald und Dachau;
Mazzaritii Mario, Italiener, geb. M. 9- 1923
in S. Marcello, Italien, deportiert nach
Deutschland;
Pnton. Paul, Franzose, geb. 20. 7. 1924 ft»
Pornichet, wurde am 20. 7. 44 nach Deutsch*
land deportiert;
Stellungnahme zur Haltung des saarländischen Handwerks
Soziale Not und Klassenkampf
März 1950
Seite 5
„DIE ARBEIT»1
Funktionäre zur Revierkonferenz Die Arbeitsmarktlage im Monat Februar
Eericht des Vorsitzenden der Saargrubenkommission Richard Kirn
Diskussion und Entschließung
Auf Grund einer Initiative von Indu-
strieverbänden der Einheitsgewerkschaft
versammelten sich am 14. 3. 1950 zahl-
reiche Funktionäre der Gewerkschaft im
Oroßen Sitzungssaal in der Brauerstraße.
Anwesend waren weit über 100 Spitzen-
funktionäre aus folgenden Verbänden!
Eisenbahn, Metall, Bergbau, Baugewerbe
I V -Holz, Oeffentliche Betriebe, Nah-
rung und Genuß, Leder und Bekleidung,
Fabrikarbeiter. Verkehr, Transport, Film,
Kunst und Bühne, Musikerverband, Gra-
phik und des Jugendsekretariats.
In dieser Sitzung hielt Gewerkschafts-
kollege Arbeitsminister Kirn ein Re-
ferat, in dem er zur Situation während und
nach den Pariser Saarverhandlungen
Stellung nahm. Die kurzfristige Einladung
zu der Sitzung war dadurch bedingt, daß
der Arbeitsminister alsbald nach der Sit-
zung für mehrere Tage von Saarbrücken
abwesend sein mußte. Andererseits wa-
ren die Darlegungen des Ministers beson-
ders aktuell, da der Minister in Paris den
Vorsitz der saarländischen Bergbaukom-
znission bekleidete: Sein Bericht gerade
über die Saargrubenkonvention gab denn
auch den Funktionären wertvolle Auf-
schlüsse.
Präsident Wacker fügte an die Aus-
führungen des Ministers eine Reihe von
Ergänzungen.
Diese Funktionär sitzung greift in keiner
Weise den geplanten Sitzungen des Che-
werkschaftsaussahusses und anderer
Gremien vor, die auf jeden Fall in der
nächsten Zeit folgen werden.
Nach einer regen Diskussion über die
Sulzbacher Revierkonfereaz vom vergan-
genen Sonntag wurde folgende Entschlie-
ßung angenommen:
Ents ch ließung t
1. Die Revierkonferenz des Industriever-
bandes Bergbau in Sulzbach war
nicht einberufen und beschickt nach
den Regeln einer ordnungsgemäßen
und beschlußfähigen Konferenz, son-
dern hatte den" Charakter einer
öffentlichen Kundgebung. Es ist ein-
wandfrei festgestellt, daß eine sehr
beachtliche Anzahl der dort versam-
V)ec macht mit ?
Die Sektion Mulhouse des Touristen-
vereins „Die Naturfreunde“ hat den
Mitgliedern der Etahaitsgewerkscha.it
ihr hübsches Heim an einem der
schönsten Punkte der Südvogesen in
1100 m Höhe von Ostern bis Ende
Juni zur Verfügung gestellt
Dadurch wird es ermöglicht, daß
Kolleginnen oder Kollegen ihren Ur-
laub in den Südvogesen zubringen
können, ohne daß allzu große Kosten
entstehen. Ein lötägiger Aufenthalt
einschließlich Fahrfkosten und Ver-
pflegung beträgt 4000 ffrs. Von dem
Heim aus sind die schönsten Punkte
der Hochvogesen, wie Sulser-Belchen,
Hohneck leicht zu erreichen.
Wer schon jetzt sparen will, kann
auf der Geschäftsstelle Saarbrücken,
Brauerstraße 6—8, Zimmer 2, Sparbe-
träge einzahlen.
Außerdem sind noch eine Reihe
von Eintagslahrien per Omnibus in
die Vogesen, an die Mosel usw. vor-
gesehen.
Post aus dem Ausland
melten sogenannten Delegierten des
Bergbaues fremden Berufsgruppen
angehörten und darüberhinaus auf
Einladung einer bestimmten politi-
schen Organisation erschienen wa-
ren.
2. Die dort angenommene Entschlie-
ßung über die Bergbaukonvention ist
nicht dazu angetan, die in Paris an-
gebahnte Konsolidierung in der Saar-
wirtschaft und insbesondere im Saar-
bergbau zu fördern und läuft somit
den wahren Interessen der Saarbe-
völkerung zuwider.
3. Das dem Präsidenten der Einheits-
gewerkschaft, Heinrich Wacker, in
Sulzbach ausgesprochene Mißtrauen
ist völlig unberechtigt, doch kann
es in keiner Weise dem Wert der
Person Weckers noch seinen Ver-
diensten um die in Paris abgeschlos-
senen Konventionen Abbruch tun.
4. Die Versammelten erklären feier-
lichst, daß die Einheitsgewerkschaft,
nach der ungeheuren Katastrophe
des 2. Weltkrieges den einzig richti-
gen Weg beschritten hat, um die
saarländische Arbeiterschaft aus
ihrer materiellen und seelischen Not-
lage herauszuführen. Sie sprechen
daher dem Präsidenten Wacker wie
auch dem Minister Kim für die bis-
her geleistete Arbeit vollstes Ver-
trauen und Dank aus. Die Funktio-
näre verpflichten sich, die Saarar-
beiterschaft weitgehendst über die
wahre Bedeutung der in Paris zum
Wöhle des Saarlandes abgeschlos-
senen Konventionen aufzuklären.
5. Die versammelten Funktionärs geben
der Hoffnung Ausdruck, daß der
I. V.-Bergbau in einsr ordnungsge-
mäß einberufenen Rsvierkonferenz,
zu der auch der Präsident der Ein-
heitsgewerkschaft und die Mitglie-
der des Gewerkschaftsausschusseis
einzuladen sind, dem Minister Kirn,
als dem Vorsitzenden der Saargru-
benkommission, Gelegenheit gibt,
eingehend zur Saargrubenkonvention
Stellung zu nehmen.
I» upm ■■■■—
5S»
!Büefkasim
(Die Redaktion erteilt Gewerkschaftsmitgliedern
dieser Stelle oder schriftlich auf schriftliche An-
frag«! kostenlos Auskunft.)
V. T, Der in dem Radiovortra<j erwähnt«
Samuel Gompers ist 1924 gestorben. Er war
Präsident der American Federation of Labor.
W. O. Die Gesamtbevölkerung der Erde beträgt
etwa 2,3 Milliarden. Die Bevölkerung nimmt
beständig tu, und zwar kommen ln den
ländern des Femen Ostens auf 1000 Ein-
wohner jährlich 30 bis 40 Geburten, in den
Vereinigten. Staaten 25 nnd in den europäischen
Ländern 15 bis 2S. ln China erreichen die
Bewohner ein durchschnittliches Lebensalter
von 30 bis 4ß Lahren, in Südamerika
Von 40 bis 36 Jahren und in Europa,
Kanada und den Vereinigten Staaten bis zu
45 Jahren, Die geringsten Sterbeziffern haben
die Niederlande aufzu weisen. Nach ihnen kom-
men die nordischen. Staaten, Kanada, Neu-
seeland und die Vereinigten Staaten.
FRANKREICH. Die Streiks halten an. Die
Lage Ist je nach den Industrien verschieden.
In manche« Fabriken, I« denen entsprechend*
Lohnerhöhungen zu gestanden wurde«, wird wie-
der gearbeitet. Dabei wurden Lohnerhöhungen
bis 10 Prozent bewilligt, ln der Metallindustrie
fst noch keine endgültige Einigung erzielt
worden, da die angebotene Erhöhung von B
Prozent als ungenügend betrachtet wird.
USA. Der Sieg der Bergarbeiter. Der Streik
der 400 000 Bergarbeiter In den Vereinigten
Staaten wurde in den letzten Wochen in allen
Ländern mR größtem Interesse verfolgt. Wenn
ein Teil der bürgerlichen Presse den Bergar-
beitern Unrecht vorwart und von Zwistigkeiten
Zwischen den Streikenden und der Gewerk-
schaftsführung belichtete, so war die« alles
andere als eine objektive Berichterstattung,
Wenn sich 400 MO Bergarbeiter nicht nur zu
einem Streik entschließen, sondern Ihn viele
Wochen lang geschlossen durchführe«, so kann
pure Streiklust nicht der Anlaß sein. Festge-
stellt sei, daß die Forderungen berechtigt
waren. Nach dem neuen, bei Abschluß des
Streiks. Unterzeichneten Tarifvertrag erfolgt
eine tägliche Lohnerhöhung von 76 Cents,
das sind 245.— Frs. Außerdem mußten sich die
Verwaltungen der amerikanischen Kohlenberg-
werke verpflichten, pro Tonne geförderter
Kohle dem Wohlfahrtsfonds (ersetzt Sozialver-
sicherung) der Bergarbeiter einen Befrag von
lo Cents (105.— Fra.) zur Verfügung zu stellen,
QU HJUcUecgemelnde teiU mU:
Die Theatergemelnde teilt mit:
Miete 1 ;
am 30. April 1950 „Freischütz“,
Mi« te 2:
am 24. April 1950 „Pagantni“,
Miete 3:
am 11. April 1950 „Pagantai“.
B. R. Sbr. Man zählt in. der Bundesrepublik
rund 2 200 Abgeordnete, Minister und Präsiden
ten. Dazu zahlen! 1 Bundespräsident, 1 Bundes
k anzier, 13 Bundesratnister, 9 Ministerpräsi-
denten der Länder, I. Senalspräsident, 71
Minister in 9 Landern, 24 Senatoren hl Bremej
Und Hamburg und 402 Abgeordnete im Bundes-
tag und die weiteren Abgeordneten in der
Ländern. Der Bundespräsident bezieht ein Jah-
resgehalt von 50 000.— DM und eine Auf-
wandsentschädigung von lOGOOO.— DM. Der
Bundeskanzler erhält 45 000.— DM Jahresge-
halt und 24 000.— DM Aufwandsentschädigung.
Für einen Bundesminister wird ein Jahresge-
halt von 36 000— DM und ein« Aufwandsent-
schädigung von 7 200 — DM gezahlt. Ein Staats-
sekretär ist mit 26 500.— DM Jahresgehalt ein-
gestuft.
L. Besten Dank für Ihre Zuschrift Sie
ist inzwischen überholt, weil die Eisenbahn
jetzt wieder Nichtraucherabteil« einführt. Ihr«
Begründung für die Wiedereinführung war
jedenfalls sehr treffend- besonders vorn Stand-
punkt der werktätigen Frauen. Was da manch-
mal zugemuiet wurde, ging übeT die Hutschnur,
Es ist sicher damit zu rechnen, daß das Bahn-
aufsichtspersonal für die Einhaltung der neuen
Bestimmungen sorgen wird.
Lehrlings-Nachtarbeit. Nach § 11 des neuen
Jugendarbeitsscliutzgesetzes dürfen Jugendli-
ch« grundsätzlich (d. h. also unter dem iß.
Lebensjahre) nicht in der Nachtzeit von 20 Uhr
bis 6 Uhr früh beschäftigt werden. Dagegen
können in rneörechichtigen Betrieben Jugend»
liehe im wöchentlichen Wechsel bis 22 Uh*
beschäftigt werden. Für Bäckereien und Kondi-
toreien gibt es besondere Bestimmungen, je-
doch vor 5 Uhr dürfen auch dort Jugendlich«
nicht hewmgezogen werden. Sollten noch Un-
klarheiten bestehen, so bitten wir um telef.
Anruf oder Ihren Besuch im Jugendsekretariat.
Das Ministerium für Arbeit und Wohl-
fahrt teilt u. a. mit: Die Lage auf dem Ar-
beitsmarkt zeigt das übliche Bild der win-
terlichen Saisoneinflüsse. Der Beschäfti-
gungsgrad ist im Bau und Baunebenge-
werbe, im Verkehrsgewerbe und bei den
Montagefirmen weiterhin leicht gesunken;
dagegen ist e;r in der Baustoffindustrie
bereits angestiegen, ebenso in der kera-
mischen und Glasindustrie, der chemi-
schen Industrie und in der metallverar-
beitenden Industrie, während er in. der ei-
senerzeugenden Industrie und im Bergbau
stagniert. Die Zahl der beschäftigten Ar-
beitnehmer ist bei den Marinem um 19 ge-
sunken und bei den Frauen um 188 gestie-
gen. Am Ende des Monats wurden zu-
sammen 269080 beschäftigte Arbeitneh-
mer gezählt gegenüber 268 911 Ende
Januar.
Die Entwicklung der Arbeitslosenzahl
verlief nicht parallel der Beschäftigten-
zahl, denn sie stieg um 917 auf 8415. Dies
erklärt sich daraus, daß schon jetzt zahl-
reiche Berg- und Hüttenpensionäre und
mithelfende Familienangehörige in den
Landbezirken sich bei den Arbeitsämtern
als Arbeitsuchende vormerken lassen, in
der Erwartung, im Frühjahr eine leichte
Arbeitsstelle in der Industrie oder im Bau-
oder Baunebengewerbe zu bekommen.
Ende Februar gingen bei den Arbeits-
ämtern die ersten Aufträge ein auf Zuwei-
sung von Arbeitskräften im Monat März
für die Fortführung von stillgelegten Bau-
maßnahmen und vereinzelt auch für neu
in Angriff zu nehmende Bauarbeitern
Die Arbeitsmogiichkeiten sind in den
einzelnen Arbeitsamtsbezirken sehr unter-
schiedlich; am ungünstigsten sind sie ge-
genwärtig im Arbeitsamtsbezirk Neunkir-
chen, zu dessen Entlastung die anderen
saarländischen Arbeitsämter durch Frei-
haltung von offenen Stellen für Bewerber
aus den Kreisen Ottwei'ler und Neunkir-
chen noch stärker als bisher beitragen
werden.
Die Lag* fei den wichtigsten Wirtschafts-
zweigen.
Bergbau; Im saarländischen Bergbau
übertrafen auch in diesem Monat die'Ent-
lassungen die Einstellungen von aus
Kriegsgefangenschaft zurückgekehrten
Belegschaftsmitgliedern. Ein Teil der
Schürfbetriebe stellte seine Förderung ein.
Eisenerzeugende Industrie: Das Neunkir-
cher Eisenwerk hat 70 und die Abteilung
Homburg 28 ehemalige Belegschaftsmit-
glieder eingestellt. Alle übrigen Hütten-
betriebe nahmen nur aus Kriegsgefangen-
schaft heimgekehrte Belegschaftsmitglie-
der auf. Die Burbacher Hütte kündigte
wegen Absatzmangel die Freigabe von
Arbeitskräften an.
Eisen- u. metallverarbeitende Industrie;
In Werkzeugfabriken kam es zu geringen
Entlassungen, während die blechverarbei-
tenden Betriebe und Montagef innen Ar-
beitskräfte, vor allem Schweißer und
Schweißerinnen aufnehmen konnten. Die
Maschinenfabriken sind für spezialisierte
Metallhandwerker weiterhin aufnahmefä-
hig. Die Auftrags- und Beschäftlgungs-
Sozialversicherung
(Fortsetzung)
Unsicherheit in wirtschaftlichen und so-
zialen und Ausgeschlossensein in kultu-
rellen Dingen, bedeuten bei den Menschen
Not; und das ist die Not der Arbeiter!
Wohl haben die Arbeiter anfangs durch
Verzweiflungsakte, später durch wohl-
durchdacht angelegte Aktionen, nach und
nach Aenderungen m ihrer Situation er-
reicht. Die bürgerliche Gesellschaft aber,
hierin etwa einem intelligenten Parasiten
am Körper der Arbeiterschaft vergleich-
bar, verlor bei der Gewährung von Zuge-
ständnissen an die Arbeiter nie ihre ei-
gene Daseinsgrundlage, „die Ausbeutung
aer Arbeitskraft“ aus den Augen.
Nur so ist es zu verstehen, wenn die
Sozialversicherung, die den Versicherten
zusätzlich — durch den Lohn war er es
schon — an seine Arbeit, an seinen Ar-
beitsplatz band und zu möglichst ununter-
brochener höchster Leistungshergabe an-
halten sollte, von den Arbeitern oft als ein
Fluch empfunden wurde.
Hinzu kommt, daß, wie bei der Entloh-
nung, auch bei der Zuerkennung und Ee-
messung der Leistungen in den Notfällen
des Lebens mit zweierlei Mrß gemessen
wird. Für den einen gilt der Grundsatz
der Versorgung und für die anderen das
Prinzip der Versicherung.
Wie sich das beim Eintritt von Versiche-
rungsfällen, als welche wir nennen: Ar-
beitslosigkeit, Krankheit, Kriegsversehrt-
heir, Arbeitsunfall, Beruf sunfähigkeit, In-
validität, Alter, Ted, auswirkt, sei kurz
angedeutet.
Das Risiko der Arbeitslosigkeit trifft den
zu Versorgenden überhaupt nicht
Der Versicherte, den Arbeitslosigkeit
trifft, hat sie mindestens mit einer Einkom-
metisbuße zu tragen.
Im Erkrankungsfalle läuft das Gehalt
des ersten bis zur Wiederherstellung dlair
Gesundheit weiter.
Der versicherte Arbeiter erhält vom
Beginne der Erkrankung ab nicht nur kei-
nen Lohn, sondern für die ersten drei Tag*
der Erkrankung erhält er auch nicht ein-
mal ein Krankengeld.
läge im Handwerk ist weiterhin zurück-
gegangen.
Chemische Industrie: Betriebe der che-
misch-pharmazeutischen Industrie konn-
ten ihren Belegschaftsstand halten. Die
Betriebe erwarten nach Freigabe ihrer
Produkte für den französischen Markt
eine spürbare Belebung.
Holz- und Schnittstoffgewerbe: Die noch
im Vormonat gemeldete hohe Zahl offe-
ner Stellen für Bau- und Möbelschreiner
ist stark zurückgegangen. An Bauschrei-
nern besteht zur Zeit kein Bedarf; es man-
gelt nur noch cm erfahrenen Möbelschrei-
nern.
Industrie der Steine und Erden: In Er-
wartung einer baldigen regen Bautätigkeit
sind die Betriebe der baustofferzieugen-
den Industrie dazu übergegangen, stärker
vorzuproduzieren. Die während der Frost-
periode entlassenen Belegschaftsmitglie-
der wurden wieder eingestellt und darü-
ber hinaus neue Arbeitskräfte ange/f ordert.
Bau- und Baunebengewerbe: An zahl-
reichen Baustellen konnte Ende des Mo-
nats die Arbeit in beschränktem Umfange
wieder auf genommen worden.
Dank an die Funktionäre und
Betriebsräte im Kreis Saari -Dillingen
Mit großem Interesse hat die Hauptver-
waltung den von Euch vor einiger Zeit
mit soviel gesundem Optimismus gestarte-
ten Kreiswerbewettkampf zur Gewinnung
neuer Mitglieder verfolgt. Soweit es von
hier aus in Frage kam, haben wir Euch
unterstützt, insbesondere durch unser
Presseorgan „Die Arbeit“. Das Ergebnis
Eurer Aktion, die Gewinnung von 1130
neuen Mitgliedern in vier Monaten, ver-
dient besondere Hervorhebung und Dank.
Für viele wird es ein Beweis sein, daß bei
zielbewußter Gemeinschaftsarbeit schöne
Erfolge zu erzielen sind. Ihr habt gezeigt,
daß man es nicht bei allgemeinen Er-
klärungen bewenden läßt, sondern mit
Schwung und Begeisterung intensive Ar-
beit leistet.
An den Kollegen und Kolleginnen liegt
es nun, daß die neugewonnenen Mitglie-
der sich in unserer Mitte wohl fühlen. Ein-
mal sollen sie verspüren, welch starken
Rückhalt sie für ihre Existenz und die
ihrer Familie haben; dann aber auch sol-
len sie echtem Kameradschaftsgeist be-
gegnen. So werden sie bald dankbar be-
merken, daß die Anlehnung eines Schaf-
fenden an eine Gewerkschaft ein ganz
anderes Lebensgefühl gibt, als es der Ein-
zelgänger außerhalb unserer Reihen fri-
stet.
Mit besonderer Genugtuung wird jeder
Gewerkschaftler von Euter Absicht Kennt-
nis nehmen, in absehbarer Zeit eine neue
Werbeaktion einzuleiten Die Hauptver-
waltung übermittelt Euch auch dazu nicht
nur beste Wünsche, sondern durch neue
gewerkschaftliche Erfolge wird Euren Be-
strebungen ein festes Fundament verlie-
hen werden.
Mit gewerkschaftlichem Gruß!
— Hauptverwaltung —
gez.: Wacker.
Soziale Sicherheit
Vor kurzem sprach ein im ersten Welt-
krieg als Jugendlicher verwundeter, 100-
prozentig kriegsversehrter Arbeiter auf
unserer Dienststelle vor, ein Marth also,
der nach Versorgungsgrundsätzen behan-
delt wird. Er bezieht heute einschließlich
Frauenzulage, Kinder zu läge und Pfiege-
geld rund 18000 Frs. und ist mit seiner
Familie gegen Krankheit versorgt. Ueber-
zeugend wies er uns nach, daß er mit sei-
ner Familie bei den heutigen Verhältnis-
sen mindestens 26 000 Frs. monatlich zum
Leben notwendig habe. Die Gewerkschaft
möge seine Bestrebungen cruf Erhöhung
der Versorgungssätze unterstützen.
Einige Tage später trat ein um die glei-
che Zeit als Jugendlicher verunglückter
lOOprozentiger erwerbsunfähiger Berg-
mann ins Büro, ein Mann, der nach Var-
sicherungsgrundsätzen behandelt wird. Er
zieht aus Anlaß seines Unfalles 8000 Frs.
Rente und bat uns, doch dafür einzutre-
ten, daß er wenigstens noch die Flaue n-
zulage zu seiner Unfallrente bekomme, die
er von keinem anderen Versichsrungs-
träger erhalten könne, weil er wegen
nichterfüllter Wartezeit keine Ansprüche
gegen einen anderen Versicherungsträg er
geltend machen könne Gegen Krankheit
ist weder er noch seine Familie geschützt.
Hätten diese beiden Arbeiter neben dem
genannten Bezügen noch Anspruch auf
eine Leistung der Rentenversicherung, so
würde bei dem ersten kein Ruhen eintra-
ten, wogegen der zweite noch das Ruhsn
seiner halben Sozialrente in Kauf nehmen
müßte.
Diese Gegenüberstellungen zeigen, daß
das Nebeneinander von zwei verschiede-
nen Prinzipien der sozialen Sicherung zu
ungerechter Behandlung an sich gleichbe-
rechtigter Staatsbürger führt. Es wäre
nicht schwer, die Liste solcher Beispiel*
beliebig zu verlängern und dadurch nach-
suweisen, daß die Sozialversicherung ge-
genüber dem Grundsatz der Versorgung
nicht bestehen kann.
(Fortsetzung folgt)
Seite 6
DIE ARBEIT“
März 1950
M
Präsident Heinrich Wacker zur Sulzbacher
Revierkonferenz
Auf der Revierkonferenz des Industrie-
verbandes Bergbau am Sonntag, dem 12,
März 1950, in der Festhalle in Sulzbach,
wurde unter anderem von der Versamm-
lung folgende Resolution angenommen:
„Wir Bergarbeiter vom Industriever-
band Bergbau der Einheitsgewerkschaft
erheben Mißtrauen gegen dien Präsiden-
ten der Einheitsgewerkschaft Heinrich
W a c k e r,“
Bevor ich zu diesem Mißtrauensvotum
in sachlicher Beziehung Stellung nehme,
möchte ich auf einige formelle Dinge hin-
weisen, die zu beurteilen ich der Oef-
ientlichkeit überlasse:
1. Es wäre meines Erachtens für den
Einberufer als Industrieverband der Ein-
heitsgewerkschaft eine selbstverständliche
Anstandspflicht gewesen, den Präsiden-
ten d?r Einheitsgewerkschaft zu einer Ver-
sammlung einzuladen, auf der man zu
grundlegenden Frage« der Bergkonven-
ton Stellung zu nehmen beabsichtigte,
das umsomehr, als zu erwarten war, daß
auch ich als Mitglied der saarländischen
Delegation und als Präsident der Ein-
heitsgewerkschaft Gegenstand von Dis-
kussionen sein maßte.
2. Wenn die Absicht Vorgelegen hätte,
der Konferenz ein möglichst objektives
Bild der Pariser Verhandlungen zu geben,
hätte man unter allen Umständen Minister
Kirn als den Vorsitzenden der saarlän-
dischen Bergbaudelegation und als altes
und bewährtes Mitglied des Industriever-
bandes Bergbau um sein Referat ersuchen
müssen, zumal der Arbeitsminister sich
wiederholt dazu bereit erklärt hatte.
Nachdem beides nicht erfolgte, muß ich
annehmen, daß die Versammlung einsei-
tig und nicht über den vollen Verlauf
der Verhandlungen in Paris informiert
Vt urde.
Zur Berechtigung des Mißtrauensvotums
selbst möchte ich folgendes in aller Of-
fenheit erklären, wobei ich mir Vorbehalte
das Beweismaterial gegebenenfalls in al-
len Einzelheiten zu erbringen.
Auf die positive Stellungnahme der
Einheitsgewerkschaft zum wirtschaftlichen
Anschluß nochmals hinzuweisen, kann
ich mir ersparen, zumal dies in meinem
Rundfunkvortrag am Sonntag, dem 12. 3.
(siehe Seite ..) hinreichend geschehen ist
doch darf ich die Tatsache erwähnen,
daß auch die meisten Vorstandsmitglie-
der des Industrieverbandes Bergbau bis
in die jüngste Zeit den wirtschaftlichen.
Anschluß bejaht haben.
Die Pariser Verhandlungen verfolgten
lediglich den Zweck, die vertragliche
Grundlage zwischen Frankreich und
dem Saarland für die politische Auto-
nomie und den wirtschaftlichen Anschluß
des endgültigen Friedensvertrages zu
schaffen und damit Klarheit zu bringen in
alle die Angelegenheiten, welche die
Saarautonomie, die Saarwirtschaft inner-
halb des franco-saarländischen Wirt-
schaftsraumes und nicht zuletzt den
saarländischen Bergbau betreffen.
Daß die Bergbaukonvention wegen der
prekären Natur der Materie auf ganz be-
sondere Schwierigkeiten stoßen würde,
mußte jedem Unvoreingenommenen von
vorneherein klar sein. Ebenso klar mußte
aber sein, daß diese Schwierigkeiten nie-
mals überwunden werden konnten, indem
man mit einer ganz festumrissenen
Marschroute nach Paris ging, wie es von
seiten der Delegation des Industriever-
bandes Bergbau geschehen ist, denn letz-
ten Endes konnte es sich nur darum han-
deln, aus den Standpunkten der beiden
Vertragspartner das für das Saarland
Bestmögliche herauszuholen. Wie ich im
Rundfunk bereits erklärt habe, will ich.
es dem Gewerkschaftsausschuß überlas-
sen, aus eigener Anschauung festzustel-
len, inwieweit dies gelungen ist oder
füeiiaulaut,/Hat leck”
SAARBRÜCKEN 3 / ß E T Z E N S T R A S S E I
------- INH.: FRAU HEINRICHS ■---
EMPFIEHLT IHRE LOKALITÄTEN
TREFFPUNKT VIELER GEWERKSCHAFTS-KOLLEGEN
nicht. Ich erlaube mir auch kein Urteil
darüber, ob die Abreise der Delegation
des Industrieverbandes Bergbau, als die
Verhandlungen ins Stocken geraten wa-
ren, zu billigen ist oder nicht, doch hätte
man zumindest erwarten müssen, daß sie
im Interesse des Saarbergbaus, den sie ja
zu vertreten hatte, weiterhin mit der in
Paris verbliebenen Saardelegaiion Füh-
lung behalten hätte, das umsomehr, als
es auch den Bergbaudelegierten nicht
unbekannt war, daß die Verhandlungen
in Paris nicht zuletzt durch die Initiative
des Arbeitsministers Kirn und auch mei-
ner Person ihren Fortgang genommen
hatten.
Ich muß es als Präsident der Einheits-
gewerkschaft ganz besonders bedauern,
daß ich von dem Memorandum des In-
dustrieverbandes Bergbau erst in Paris
mit den übrigen Mitgliedern der gesam-
ten Saardelegation Kenntnis erhielt, was
meines Erachtens ganz bestimmt nicht im
Interesse der Sache lag.
Ein Vergleich der tatsächlich abge-
schlossenen Bergbaukonvention mit dem
Memorandum des I. V.-Bergbau läßt mei-
ner Ansicht nach klar erkennen, daß die
wesentlichen Forderungen der Saarberg-
leute von der in Paris verbliebenen Saar-
delegation durchgesetzt worden sind. Um-
so unverständlicher muß mir das Miß-
trauensvotum der Sulzbacher Revierkon-
ferenz erscheinen, wobei ich jedoch be-
tonen möchte, daß Letzten-Endes die Ein-
heitsgewerkschaft nicht nur aus dem In-
dustrieverband Bergbau bzw. aus den in
Sulzbach Versammelten besteht, sondern
daß über mein Verhalten in Paris die ge-
samte Einheitsgewerkschaft ihr Urteil fäl-
len muß. Diesem Urteil sehe ich mit Ruhe
entgegen, da ich der festen Ueberzeugung
bin, in Paris als Saarländer und als Ein-
heitsgewerkschaftler meine Pflicht im In-
teresse der schaffenden Menschen an dar
Saar getan zu haben.
Erfolgreiche Lohn-
und Gehaltsverhandlungen
des Industrieverbandes Eisenbahn
Seit längerer Zeit steht der Industrie-
verband Eisenbahn in Verbindung mit
den französischen Gewerkschaften in
Verhandlungen mit der französischen
Regierung, sowie der saarländischen Ei-
senbahndirektion, um eine allgemeine
Lohn- und Gehaltserhöhung.
Ohne den in nächster Zeit beginnenden
Tarifverhandlungen vorzugreifen, wurde
vereinbart, daß ab 1. Januar 1950 auf die
zu erwartende allgemeine Erhöhung der
Löhne und Gehälter monatlich ein Vor-
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4. Jahrgang
Saarbrücken, 1, April 1950
Nr. 7
Reif zur Entscheidung
Immer wieder wird die Arbeitnehmerschaft rum Kampf aufgerufen. Demo-
kratische Mittel, Abstimmungen, Verhandlungen, Argumente und schließlich auch
scharfe Aktionen, aber nicht mit Schlagwörtem und Pamphleten sind dafür ge-
geben.. In unzähligen Verhandlungen und Versammlung, die Beweise von unge-
brochener Zähigkeit und Geschicklichkeit verlangten, waren so im Laufe der
Jahre vielerlei Erfolge zu verzeichnen. Verzichten wir heute darauf, sie einzeln auf-
ruzählen. Es geschah im Rückblick mir Jahreswende, und es war eine lange
Liste.
Wir haben die Demokratie gewählt und verhalten uns darnach, und wenn ein
Problem hundert Sitzungen erfordern sollte. Aber wir können diese Methode
nicht zu unserem Schaden mißbrauchen lassen.
Zwei der wichtigsten Forderungen, die die Arbeitnehmerschaft noch zu stel-
len hat, sind ein neues Befriebsräfege setz und ein neues Tarifvertragsgesetz.
Diese beiden Forderungen sind reif zur Entscheidung! Die Gewerkschaft ver-
langt endlich Taten!
Wir haben es in der Vergangenheit nicht nur bei der Erhebung der Forderun-
gen bewenden lassen. Unser Entwurf zum Betriebsrätegesetz dürfte hinläng-
lich bekannt sein. Die Berechtigung dieser Forderungen ist keineswegs in. Frage
zu stellen. Aber immer werden neue Schwierigkeiten gemacht. Doch wir las-
sen nicht lockerl
Heute sei erneut im einzelnen über die Wege zum neuen Tarifvertragsrecht
hier Stellung genommen. Damit wird jedem Gewerkschaftler das Rüstzeug ge-
geben, sodaß er selbst mit Hand an legen und mithelfen kann, die Dinge unter
cl'en Umständen vorwärts zu treibet!. Jeder, der sich mit verantwortlich fühlt,
soll gründlich vorbereitet sein. Auf dem Wege zum Ziel ist mit viel Nachdruck
schon einiges erreicht worden. Das Gelände ist sondiert und verschiedenes
geklärt. Wir zweifeln auch nicht daran, daß es weiter vorwärts geht. Nur
muß gerade dann, wenn die Dinge zur Entscheidung reif sind, sich alles sam-
meln und keiner darf gleichgültig beiseite stehen odeT sich gar nörgelnd und
gewerkschaftsschädigend — und damit sich selbst betrügend — gebärden.
F. R — Die vor einiger Zeit erfolgte
Verabschiedung des Kollektivvertrags-
gesetzes durch die französische Na-
tionalversammlung gibt Veranlassung, im
gegenwärtigen Zeitpunkt einige Betrach-
tungen über die Wege zu einem freien
Tarifvertraqsrecht im Saarland anzustel-
len.
Die ln Frankreich durch eine falsch-
ge’eitete Wirtschafts- und Lohnpolitik in
deT Nachkriegszeit aus dem Gleichge-
wicht gebrachte soziale Struktur hat die
breite ^Masse der ..frauzosiacljep Arbeit-
nehfherschafr in Not und Elend gestürzf,
so daß es nicht verwunderlich evscheint,
wenn ständig neue Lohnkämpfe das fran-
zösische Wirtschaftsgefüge mehr oder
weniger stark erschüttern. Es war daher
eine Se’bstverständlichkeit, daß das Sy-
stem der staatlich gelenkten Lohnpolitik
baldigst durch das System der freien
Vereinbarung des Lohnes zwischen Ar-
beitnehmer- und Arbeitgeberverbänden
ersetzt werden mußte, um das Gleich-
gewicht der sozialen Struktur wiederher-
zustellen.
Warum freier
Wie zuvor bereits erwähnt, sehen wir
ln dem freien Tarifvertrag das wichtig-
ste Mittel zur Erreichung dieses Zweckes.
In ihm werden die Rechte und Pflichten
der vertragsschließenden Parteien, sowie
die Rechtsbeziehungen der von seinem
Geltungsbereich erfaßten Arbeitnehmer
Und Arbeitaeber geregelt. Beiden Parteien
des Arbeitslebens werden gesunde recht-
liche Grundlagen gegeben und, was nicht
von unwesentlicher Bedeutung ist, Ar-
beitskämpfe vermieden.
Est ist daher eine zwingende Notwen-
digkeit, daß auch im Saarland baldigst
vom Landtag ein Tarifvertragsgesetz ver-
abschiedet wnd.
Wenn w r jedoch heute von einem Tarif-
vertrag sprechen, so denken wir nicht
an einen Vertrag, der weitgehendst
einer staatlichen Beeinflussung unterwor-
fen ist, sondern an eine Kollektivverein-
barung, die ausschließlich von dem Wil-
len freier Inleressenvereinigungen der Ar-
beitnehmer und Arbeitgeber getragen und
aus eigenem Recht ohne jeden staatlichen
Einfluß geboren ist. Nur ein so zustande-
gekommenes Vertragswerk wird der Idee
der kollektiven Regelung der Arbeits-
bedingungen gerecht werden können.
Oberster Leitsatz eines im Saarland
zu schaffenden neuen Tarifrechtes muß
daher sein, daß die Vertragsparteien die
alleinige Herrschaft über ihren Vertrag
von seinem Anfang bis zu seinem Ende
besitzen. Der Gesetzgeber muß der Ent-
wicklung des modernen Tarifrechtes in-
sofern Rechnung tragen, als er die Vor-
aussetzungen für die Regelung von Tarif-
angelegenheiten durch die Arbeitnehmer-
ünd Arbeitgeberorganisationen in eigener
Verantwortung schaffen muß.
Es erscheint nur als selbstverständlich,
daß jeder staatliche Zwang, sei äs Ün
Form von Genehmigung oder konstitu-
tiver Wirkung von Registereintragungen,
abgelehnt werden muß.
Das Prinzip der freien Vereinbarung
darf durch keinerlei staatliche Bevor-
mundung beeinträchtigt werden, wobei
man sich jedoch darüber im Klaren sein
Wenn wir an der Saar trotz der Wirt-
schaftsunion mit Frankreich derartige
Auseinandersetzungen nicht erlebt haben,
so kann daraus nicht der Schluß gezo-
gen werden, daß das soziale Gleich-
gewicht erhalten geblieben wäre, im Ge-
genteil, die noch immer anhaltende Ver-
teuerung des allgemeinen Lebensstan-
dards verlangt auch bei uns gebieterisch
eine Anpassung der Löhne an die Preise.
Daß das Gleichgewicht zwischen Lohn
und Preis durch eine staatliche gelenkte
ton,
hat die jüngste Vergangenheit zur Ge-
nüge bewiesen. Die einzige Möglichkeit,
wieder zu geordneten Lohnverhältnissen
zu kommen, kann nur in einer baldigen
Rückkehr zum freien Tarifrecht gesehen
werden.
Es muß wieder ein Zustand erreicht
weTden, der eine ruhige und geregelte
Arbeit zuläßt und dem Arbeitnehmer das
beruhigende Gefühl stabiler Arbeitsbe-
dingungen vermittelt.
Tarifvertrag?
muß, daß dieses Zurückdrängen der staat-
lichen Einflußnahme auf die Tarif- und
Lohnpolitik nicht etwa als Schwäche
der staatlichen Ordnung ausgelegt wer-
den darf. Einzig und allein die Erkennt-
nis muß sich "Bahn brechen, daß die
Regelung der Arbeitsbedingungen durch
die am Arbeitsleben unmittelbar Betei-
ligten viel ungezwungener, sachgemäßer
und lebensnaher erfolgt, als dies durch
Verordnungen vom grünen Tisch über-
haupt möglich ist.
Aber einen weiteren nicht zn ver-
leugnenden Vorteil bietet dieses System,
nämlich den, daß durch die unmittel-
bare Beteiligung der Parteien des Ar-
beitslebens dem Arbeitsfrieden und dem
sozialen Wohlstand ein größerer Dienst
erwiesen wird, als dies eine staatlich
gelenkte Lohnpolitik zu tun vermochte.
Der demokratische Staat von heute
muß sich in einem solchen System einzig
und allein mit der Rolle eines Helfers
begnügen, jede weitere Beteiligung se:ner-
seits würde ein nicht wiedergutzumachen-
der Rückfall in das zu verlassende Lohn-
amtssystem bedeuten, dessen Schäden un-
absehbar wären.
Wir müssen uns jedoch darüber klaT
sein, daß die Abkehr von der staatlichen
Lohnpolitik und der Uebergang zur eigen-
verantwortlichen Gesamtvereinbarung
Schwierigkeiten von mehr oder weniger
großem Ausmaße mit sich bringen wer-
den, in solchen Situationen dürfte eine
helfende — nicht jedoch befehlende —
Mitwirkung des Staates manchmal nicht
unerwünscht sein.
Gar manchem, der sich zu sehr an
den al'einbefehlenden Staat gewöhnt hat,
mag der Abschied von der staatlichen
Lohnpolitik schwerfallen, aber er muß
erkennen, daß er bei der Regelung dieser
Fragen nur noch ein Außenstehender
isi und daß den Kollektivparteien nun-
mehr das Recht der autonomen Recht-
setzung verliehen ist und diese innerhalb
der ihnen gezogenen Grenzen Allein-
herrscher sind.
(Fortsetzung Seite 2)
USA-Gewerkschaftsführer lohn Lewis (rechts)
nach dem letzten großen Erfolg des amerikanischen Bergarbeitervexbandes. Ganz
links der Vertreter der Grubenbesitzer. John Lewis erweckt zur Zeit noch das
besondere Interesse der breiten Oeffentlichkeit, da er Vorkehrungen getroffen hat,
Um seinem alten Plan, eine Einheit der amerikanischen Gewerkschaften zu errei-
chen, neuen Auftrieb zu geben.
Probleme der Schlüsselindustrie
Die Generalversammlung des I.V. Baugewerbe
Am vergangenen Sonntag trafen sich im Keglerheim, Saarbrücken, an die hundert
Delegierte des I.-V. Baugewerbe der Einheitsgewerkschaft zu ihrer 2. ordentlichen
Generalversammlung. Es war dies die erste Generalversammlung seit dem Jahre
1947. Schon rein zeit^Ä betrachtet, war daher mit viel Beratungsstoff zu rechnen.
Erst recht aber war Grund zur Stellungnahme gegeben durch die derzeitige Lage
im Bairgewerbe. An Eifer fehlte es oe; den Delegierten nicht. Es ist zu verstehen,
wenn sich immer noch Unterschiede ieststellen lassen zwischen Gewerkschaftsta-
gungen vor Jahrzehnten und denen von heute. Mehr als nachteilig machte es sich
bemerkbar, daß die Werktätigen über ein ganzes Jahrzehnt keine gewerkschaftli-
chen und keine demokratischen Erfahrungen sammeln konnten. Versammlungsleiter
haben es daher besonders schwer, eine umfangreiche Tagesordnung ersprießlich
durchzuführen und Abschweifungen zu verhindern, mögen diese von noch so gu-
ten Absichten getragen sein.
Kollege Jakob Schäfer, ein erfahrener Gewerkschaftler, der die . Versammlung
leitete, vermochte trotz mancher Abschweifungsversuche die vielstündigen Beratun-
Sen in einer zweckdienlichen Bahn zu halten, so daß Zeit und Energie im weseht-
chen den sachlichen und dringlichen Aufgaben des Augenblicks zugute kam. Man-
chen schönen Wünschen, wie eie in der Diskussion z. B. in bezug auf verkürzte Ar-
beitszeit vorgetragen wurden, müßte mit den zur Zeit realisierbaren Forderungen ge-
geben werden, wobei die wirtschaftlichen Gesichtspunkte, wie die Wirtschaftspoli-
tik der Nachbarländer und verschiedenartige Zusammenhänge zu berücksichtigen
sind. Andere Vorschläge, die zur Zeit bereits aktuell sind, wurden dagegen lebhaft
aufgegriffen, fanden entsprechende Unterstützung und werden in nächster Zukunft
ausgewertet’ werden. Ein dringliches Gebot der Stunde ist — das hat auch diese
Tagung wieder bewiesen — eine weitere Schulung der Funktionäre sowohl in so-
zialer und wirtschaftlicher Hinsicht, als auch in der Dialektik und Rhetorik. Mit be-
sonderer Genugtuung denkt man bei solchen Gelegenheiten an die im Vorjahre im
Saarland gegründete Akademie der Arbeit, deren wertvolle Früchte ja wohl in
nicht zu ferner Zeit zu erwarten sind.
Kollege Jakob Schäfer eröffnete die
Generalversammlung mit der Begrüßung.
Unter anderen waren neben den Delegier-
ten erschienen Herr Ministerialdirektor
Ptaft als Vertreter des Arbeitsministers,
Vertreter der Industrieverbände und Kreis-
verwaltungsstellen sowie der Hauotver-
waltung der Einheitsgewerkschaft. Schäfer
stellte fest, daß man bei Bewertung des
Rechenschaftsberichtes die besondere Si-
tuation auf dem Baumarkt nicht übe~sehen
dürfte. Auch sei es wichtig, zu erkennen;
daß die Bauwirtschaft fast durchweg kei-
ne Profitwirtschaft, sondern eine Bedarfs-
wirtschaft sei. Trotz aller Z ihwierigkeiten
scheine aber das Baugewerbe wieder
nach und nach als das Sch‘üsselgewerbe
in Erscheinung zu treten, c 'ei müsse es
aber auch wieder dazu ko: nen, daß die
Arbeitnehmer im Baugewt ie, die heute
zu den Schlechtbezahlteste zählen, wie-
der eine Spitzenstellung ei; lehmen, wie
das der Bedeutung der Bau /irtschaft zu-
komme.
Kollege M u n a r i gab sod mn den Ga-
ge h ä ft s b e r i c ht. Er betonte u. a.:
Die Einheit der Gewerkscf ft geht über
alles, und man darf nichts n den Kreis
der Gewerkschaft einbezieben, was die
Einheit schädigen kann. Der Redner wies
auf die Schwierigkeiten hin, die dem Bau-
markt durch die Umrechnung der Mark-
bestände in Franken und ferner durch die
seinerzeitige Ueberschwemmungskata-
strophe entstanden sind. Nach der wirt-
schaftlichen Angliederung habe sich zu-
nächst in der Lohnverrechnung in bezug
auf die zugrunde gelegten französischen
Tarife fast niemand ausgekannt. Die Ge-
werkschaftsorganisation sei aber ent-
echlossen, an diese wie andere Dinge he-
rangegangen, um Klarheit um.. Fortschritt
zu erzielen und um die Mitg’.-^dsr auizu-
Klären. In der Berichtszeit seien abge.
halten worden: 560 Belegschaftsversamm-
lungen, 400 Betriebsratssitzungen, 70 bei
der Saarregierung vqrgenommenen Ver-
handlungen und zahlreiche Versammlun-
gen für Juaendliche. Die Größe der ge-
werkschaftlichen Aufgabe ergebe sich aus
der Zahl der im Baugewerbe beschäftigen
Aus dem Inhalt:
Stimme der Verbände
ZuTage für Sozialrentner
Die Lohnzahlungen an Feiertagen
„Hoorbucksl“ am Pranger
Defaitisten, Schwächlingen und
Schwätzern Ins Stammbuch
Forderungen der Belegschaft der
Burbacher Hütte
Oaffentl. Versammlung ln St. Wendel
Freier Nachmittag im Groß- und
Einzelhandel
Zur Beachtung für Saargrenzgänger
Wichtige Gewerkschaftstagung in Brüssel
Wie lange noch?
Guter Plan — gut getan I
Aufbesserung für Arbeitslose
Sozialberatungen im Parlament
An Betriebsräte’ und Kreis Verwaltungen I
Aus der Tätigkeit der Arbeitsgerichte
Seite 2
April 1950
.DIE ARBEIT“
Arbeitnehmer, die im Saarland 26 000 ba-
trage.
Kollege Munari schilderte die besonde-
ren Schwierigkeiten, die sich für die Orga-
nisation im Baugewerbe gegenüber ande-
ren Verbänden ergeben. Zunächst seien
es die saisonbedingten Schwankungen der
Beschäftigtenzahl, dann die Vielzahl der
Betriebe (etwa 1600) und die Abwande-
rung in andere Industriezweige und nach
Frankreich. Besonders im Baugewerbe
dürfe der Gewerkschaftler nicht alles Heil
von den Hauptfunktionären erwarten. Eins
rege gewerkschaftliche Tätigkeit von den
vielen einzelnen Stutspunkten aus sei un-
erläßlich. Erhaltung des Arbeitsplatzes
und wirtschaftliche und soziale Verbesse-
rungen, diese beiden Punkte stünden im-
mer im Vordergrund. Die 10,5 Milliardär»
Franken, die von der Regierung für den
Bausektor im Jahre 1950 vorgesehen seien,
müßten endlich zur Verfügung stehen;
denn sogar jetzt im Frühjahr seien noch
Arbeitslose im Baugewerbe vorhanden.
Viele Arbeiter haben einen bedeutenden
Lohnausfall. Was die Ausgleichsunter-
stützungen angeht, so komman manche
infolge der Karenzzeit und durch Entlas-
sungen um diese Beträge. Die Pflicht zur
Abholung der Unterstützung in Saarbrüc-
ken verursache manchem große Fahrtaus-
Jagen, die unbedingt den Arbeitern zu-
xückerstattet werden müßten.
Kollege Munari befaßte sich mit der
Höhe des Gewerkschaftsbeitragas. Man
müsse unbedingt über Mittel verfügen,
wenn man die kommenden Auseinander-
setzungen bestehen wolle. Der Redner
verwies auf die Forderungen des Gewerk-
schaftsausschusses, das allgemeine Exi-
stenzminimum auf 19000 ffrs. festzusetzen
und forderte die endliche Zahlung des
Wartegeldes von 3000 ffrs., zumal dem
Baugewerbe von seiten der Regierung für
diese Auszahlung bereits entsprechende
Kredite zu gesagt seien.
Hierauf erstattete Kollege Diederich
den Kassenbericht. Auch er appel-
lierte an den wahren Gewerkschaftsgeist,
zudem eine satzungsgemäße Zahlung der
Beiträge gehöre. Er faßte seine Gedanken
in die Worte r „Schafft stark» Kassen, dann
habt ihr gute Waffen!"
Diskussion
In der Diskussion kam zum Aus-
druck, daß eine neutrale Gewerkschaft
am besten ist. Der. jetzige Stundenlohn
von 63 ffrs. für Hilfsarbeiter sei keine Exi-
stenzgrundlage. Eine Aufbesserung müßte
unbedingt erfolgen. Für die Kassierung
der Gewerkschaftsbeiträge wurde vorge-
- schlagen, daß nicht die Industrieverbände
einzeln ihre Beiträge einziehen, wodurch
manchmal bis zu fünf verschiedene Kas-
sierer bestimmt werden, die für alle Ver-
bände gleichzeitig einkassieren sollen.
Aui die Bemerkung, wie es um das Be-
triebsrätegesetz stehe, bemerkte Kollege
Schäfer, daß di« Gewerkschaften weiter
drängen, um vorwärts zu kommen. Zu ei-
ner weiteren Behauptung stellte er fest:
Die Einheitsgewerkschaft sei und bleibe
parteipolitisch und religiös neutral.
Nachdem unter lebhafter Zustimmung
aller Anwesenden gegen die immer noch
bestehende Ueberwachung der Gewerk-
schaftsversammlungen durch Polizeiorga-
ne protestiert und wie schon von anderen
Industrieverbänden die Gleichstellung der
Witwe des Arbeiters mit der des Ange-
stellten und Beamten in bezug auf den
Rentenauszahlungstermin gefordert wur-
de, nahm Ministerialdirigent P f a f f das
Wort zu einer Feststellung über die 3000
ffrs., die als Wartegeld auf die zu erwar-
tende Lohnerhöhung bezeichnet werde.
Aus seinen Worten ergibt sich folgendes:
Vertreter des Baugewerbes erklärten, daß
sie in bezug auf die Zahlung der 3000 ffrs.
zahlungsunfähig seien (bei den niedrigen
Löhnen im Baugewerbe kommt dieses
Wartegeld für die übergroße Mehrheit in
Betracht). Daraufhin wurde regierungssei-
tig ein sogenannter Ueberbrückungskredit
vorgesehen. Die Verpflichtung zur Zah-
lung der 3000 ffrs. bestand für den 8. 3.
1950. Man einigte sich schließlich auf den
20. 3« 1950 als Auszahlungsterm in, weil
anzunehmen war, daß dann die Kreditver-
handlungen abgeschlossen seien. Es
scheint jedoch, daß es nicht so schnell
geht. Die Verpflichtung zur Zahlung mit
dem Termin vom 8. 3. 1950 besteht jedoch
weiter und ist einklagbar. Andere An-
sichten hierüber sind unrichtig.
Zum Tarifvertrag
Die Stellungnahme des I.-V. Baugewerbe
zum kommenden Tarifvertrag führt«
hieraul zu einer nützlichen Darlegung und
Aussprache. Jakob S c h äf e r, der die-
ses Gebiet durch seine gewerkschaftliche
Tätigkeit besonders gut beherrscht, konn-
te die Stellungnahme des Verbandes klar
heraussteilen. Im allgemeinen sind die
Bauarbeiter für eine kurze Kündigungs-
frist und für wöchentliche Entlohnung und
zwar freitags. Da, wo 14iägige Entloh-
nung erfolgt, soll an dem dazwischen lie-
genden Freitag eine Vorschußzahlung er-
folgen. Die Dauer eines Tarifvertrages für
das Baugewerbe soll möglichst nur ein bis
zwei Jahre betragen mit etwa dreimonati-
ger Kündigungsfrist. Jemand, der nicht
den vertragschließenden Parteien ang«.
hört, soll auch keinen klagbaren Rechts-
anspruch auf darin festgelegte Rechte gel-
tend machen können. Die Unorganisierten
seien entsprechend aufmerksam zu ma-
chen. Im Tarifvertrag, so betonte Kolleco
Schäfer am Schluß, wird sich di« Stärka
o^r Organisation zeiaan, auf ihn beruh«
die Eessenrag des Lebensstandard««.
Das Ringen um die Konventionen
Heinrich Wacker über die Voraussetzungen und das Ergebnis von Paris
Obwohl schon so vieles über die Pari-
ser Konventionen gesprochen und ge-
schrieben worden ist, zeigen sich den-
noch Unklarheiten und täglich kommen
neue hinzu. Es scheint nun einmal nicht
jedermanns Sache zu sein, die Dinge klar
sehen und beurteilen zu können. Bei man-
chen fehlt es vielleicht auch än der ent-
sprechenden Einstellung, und eine andere
Wunschwelt verdeckt die Sicht. Es war
daher nur zu begrüßen, daß zu einer öf-
fentlichen Versammlung der Einheitsge-
werkschaft im Feierabendhaus in St.
Wendel Kollege. Wacker als Referent
erschienen war. So konnten auch in die-
sem Kreise einmal di« Dinge beim Namen
genannt und klarer Wein einge s chenkt
werden. Kollege Wacker sah sich auch
gezwungen, sich energisch gehen die Dif-
famierung seiner Person, die von gewis-
sen Seiten weiterhin versucht wird, zu
wenden. , . ,
Vom Recht der Diskussion wurde viel-
seitiger Gebrauch gemacht.
*
Geschäftsführer Wagner vom Orts-
auschuß St. We al der Einheitsgewerk-
schaft eröffnet« cua Versammlung mit der
Begrüßung der Erschienenen. Er hieß be-
sonders den Sprecher des Abends, den
Prä-identen der Einheitsgewerkschaft» Kol-
lege Wacker, willkommen. Unter den Gä-
sten sah man u. a. Kreissyndikus Schmitt,
Stadtbürgermeister Fuchs u. a. m. Ausge-
hend von der Entstehung der Einheitsge-
werkschaft im Jahre 1945, sagte Wagner,
daß man damals keine neue Gewerk-
schaftsbewegung geschaffen habe, son-
dern nur ein neues Kapitel in der Ge-
schichte derselben, und daß die Gewerk-
schaften in der neuen Phase dieser Ge« ■
schichte eine andere Stelle in Staat, Wirt-
schaft und Gesellschaft bezogen haben,
als sie sie bisher inne hatte. Die Einheits-
gewerkschaft habe bislang nichts unver-
sucht gelassen, dort entscheidend ein zu-
wirken, wo es galt, für die Schaffenden
der Saar und deren Familien eine Besser-
stellung auf sozialem, wirtschaftlichem,
beruflichem und kulturellem Gebiet zu er-
reichen Und vieles sei erreicht worden.
Auch die Pariser Verhandlungen sind mit
ein Fortschritt der gewerkschaftlichen Tä-
tigkeit und bedeuten eine Besserstellung
und Weiterentwicklung der gesamten
Wirtschaft.
Um die Gleichberechtigung
Dann sprach der Präsident der Einheits-
gewerkschaft, FWhrich Wacker, übe«
die Pariser Konventionen. Ausgehend von
den Verhältnissen nadht 1945 in Deutsch-
land und insbesondere an der Saar, zeigt«
er in großen Zügen die Entwicklung bis
Paris aut und betonte, daß die erste Sorge
, der Einheitsgewerkschaft den Arbeitern
galt, ihnen Arbeit und Brot zu erhalt an,
Betriebe aufzubauen, Demontagen zu ver-
hüten und die soziale Not zu mildern.
Heute noch seien ca. 100000 Rentner zu
versorgen. Der wirtschaftliche Anschluß
sei nicht ohne Reibungen verlaufen. Die
Einheitsgewerkschaft habe immer wieder
versucht eine absolute Gleichberechti-
gung mit Frankreich an der Saar herzu-
stellen. Und diese Gleichberechtigung für
die Konventionen in Paris war für die Ge-
werkschaften Voraussetzung. Und man
habe erreicht, daß nach Festsetzung der
Befugnisse des Hohen Kommissars ein«
Zusammenarbeit beider Regierungen di-
rekt erfolge. Konsularische Vertretungen
werden in den Ländern errichtet, in de-
nen das Saarland Interessen zu vertre-
ten hat. Die saarländische Polizei sei in
Zukunft allein berechtigt, Ruhe und Ord-
nung im Saarland auf recht zu erhalten.
Der Redner gab Erläuterungen zu den
einzelnen Konventionen, insbesondere übe*
die Hoheitsrechte, die politische Konven-
tion, Wirtschafts- und Niederlassungskon-
vention, die wirtschaftlichen Interesses
der Saar in Lothringen und Frankreich, di»
Zuteilung von Rohstoffen, den Direktkauf
der saarländischen Industrie und des Han-
dels beim Erzeuger in Frankreich usw. Di«
Niederlassungkonvention habe groß«
Schwierigkeiten verursacht. Oftmals muß-
ten die Gewerkschaften in die Verhand-
lungen eingreifen. Jetzt aber sei die saar-
ländische Arbeitnehmerschaft in Frank-
reich den französischen und die franzö-
sischen Arbeitnehmer im Saarland den
saarländischen Arbeitnehmern gleichge-
stellt in bezug auf alle sozialen Bestim-
mungen. Die Einheitsgewerkschaft habe
den Wunsch, daß derartige Abkommen
mit allen Ländern der Welt getroffen wer-
den sollten, sie seien der beste Weg zur
Verständigung.
Hieraut beleuchtete Kollege Wacker, di«
Taritangleichungen an die franz. Tarife,
die bisherigen Nachteile der pharmazeu-
tischen Industrie an der Saar, die nun-
mehr in die Lage versetzt sei, ihre Arznei-
artikel auch in Frankreich verkaufen zu
können, die Verhältnisse bei den Trans-
portuntemehmungen usw., um zu betonen,
daß man in Frankreich die gültigen Ge-
setze des Saarlandes und im Saarland die
gültigen Gesetze Frankreichs respektiere.
Das Fürsorgeabkommen sehe vor, daß ein
Saarländer, der in Frankreich arbeitet und
krank wird, die Fürsorge der Franzosen
genieße, umgekehrt der Franzose im Saar-
land nach saarländischen Für&orgebe-
stimmungen behandelt werde. Bei den Ei-
senbahnen des Saarlandes werden di«
führenden Stellen wieder von Saarlän-
dern besetzt sein, «ine Koordinierung der
Eisenbahn nach Ost und West werde kom-
men, bessere Verhältnisse werden an den
Grenzbahnhöfen zu erwarten sein. AU*
Abreden wurden unter der Voraussetzung
getroffen, den Bestimmungen des Frie-
dens Vertrages nicht vorzugreiflen.
Die Grubenkonvention
Bezüglich der Grubenkonvention gab es
Zwischenruf« im Saale, so daß der Ver-
sammlungsleiter ««ingriff. Man habe bei
den Verhandlungen die Interessen von
270 000 Menschen zu vertreten gehabt, be-
tont» der Referent. Die Grubenkonvention
sei sehr stark umstritten. Die französisch*
Regierung hatte einen Entwurf vorgelegt,
den man zuvor nicht kannte und der Sr
die Gewerkschaftsvertreter unannehmbar
war. Mett» sei aber nicht nach Paris ge-
fahren, um ein Diktat entgegenzunehmen.
Die Verhandlungen waren schwierig. Ein
Memorandum des Industrie verbandes
Bergbau ‘ _ wurde
ausgearbeitet, auf das man sich einigt«.
Tag für Tag hätten Verhandlungen statt-
gefunden, und die Franzosen wollten hart-
näckig an ihrem Entwurf festhalten, aber
Minister Kim habeesi dann ab gelehnt,
weiter zu verhandeln. Erst nach 12tägi-
gem Kampf konnte paritätisch verhandelt
werden.
Dann schilderte der Redner die genü-
gend in der Presse bekanntgegebenen Er-
gebnisse der Grubenkonvention, um zu ■
betonen, daß die Aufrechterhaltung der
oa. 70 000-Mann-Belegschaft vom Absatz
abhänge; es sei versichert worden, daß
kein Abbau erfolge. Durch Herabsetzung
der Kohlenpreise werde man konkurrenz-
fähig werden müssen, und auch dis eisen-
schaffende Industrie könne auf dem Welt-
markt konkurrenzfähig werden. Frank-
reich sei ein Kohlenimportland und durch
den Abschluß der Konvention sei der Boh-
lenabsatz-des Saarlandes gesichert.
Zum Schlüsse seines Referates sagt»
Kollege Wacker, daß man an der Saar
alle Möglichkeiten ausnutzen müsse, da-
mit di* Saareinwohner nicht wieder ins
Verderben geführt werden. Eine Verteidi-
gung seiner Person selbst bezüglich der
Pariser Verhandlungen habe er nicht not-
wendig, denn die nahe Zukunft werde be-
weisen, ob die Handlungsweise richtig
war.
Die anschließende Diskussion wurde
dann recht lebhaft geführt, und die einzel-
nen Sprecher befaßten siah teils mit den
zur Debatte stehenden Fragen, teils aber
beleuchteten sie persönliche Unzufrieden-
heit. Zum Schluß der Veranstaltung ver-
las der Versammlungsleiter eine Entschlie-
ßung, die eine Vertrauenskundgebung fü*
den Präsidenten Wacker war und von der
Versammlung gegen acht Stimmen ange-
nommen würde. Sein Schlußappell war
der, die Einigkeit und Einheit der Einheits-
gewerkschaft zu wahren und mitzuarbei-
ten, die gesteckten Ziele zu erreichen.
Wortlaut der Entschließung:
„in der am Samstag, dem 25. 3. 1950, im
Feierabendhaus zu St. Wendel stattgefuh-'
denen öffentlichen Gewerkschaftsver-
sammlung der. Einheitsgewerkschaft, Orts-
ausschuß St. Wendel, haben die versam-
melten Arbeiter, Angestellten und Beam-
ten den Bericht des Kollegen Wacker über
die in Paris stattgefundenen Verhandlun-
gen mit größter Aufmerksamkeit entge-
gengenommen. Sie sprechen dem Kolle-
gen Wacker für seine bisherige in der
Einheitsgewerkschaft getestete Arbeit und
ganz besonders für seine Tätigkeit und
sein korrektes Verhalten in Paris ihren
Dank und ihr vollstes Vertrauen aus.
Die Versammelten weisen die bisher
von bestimmter Seite auftretenden Diffa-
mierungen gegen die Kollegen Wacker,
Kirn und Weiter aufs schärfste zurück.“
Ortsjugendgruppe St. Wende!
Die Gewerkschafts jugendgruppe der
Einheitsgewerkschaft, Ortsausschuß St.
Wendel, führte am Mittwoch, dem 22. 3. 50,
im Lokal Tholey eine Mitgliederversamm-
lung durch.
Nach der Eröffnung durch den 1. Vor-
sitzenden, Koll O. Schmitt, konnte Kolleg«
C. Wagner in einem Rückblick auf die Ent-
Entwicklung der Gewerkschafts - Jugend-
gruppe sowie di» zukünftige Gestaltung
der gewerkschaftlichen Jugendarbeit ein-
gehe n. Im Verlauf seiner weiteren Aus-
führungen behandelte W. ganz besonders
di* Notwendigkeit des gewerkschaftlichen
Zusammenschlusses der Jugendlichen bei-
derlei Geschlechts in der Einheitsgewerk-
schaft.
Anschließend wurde di* Neuwahl des
Vorstandes vorgenomroen, in dem ver-
schiedenen Berufsgruppen angehörend®
Jugendliche vertreten sind. Wa.
Reif zur Entscheidung
(Fortsetzung)
Di« dem alten Tarifrecht bekannte
Möglichkeit der Einwirkung des Staates
auf den Tarifvertrag aus Gründen des
Gemeinwohles muß bei «ii^er Neurege-
lung dieses Rechts gebiete« im Saarland
abgelehnt werden. Diese Auffassung fin-
det ihre Berechtigung in der Tatsache,
daß eine solche Einwirkung dem Prinzip
des freien Tarifvertrages widerspricht.
Will der Staat eine bestimmte Lohnpolitik
beschreiten, so mag er das auf dem
Wege über den Gesetzgeber tun. Ist
eine gesetzliche Regelung jedoch nicht
erfolgt, bleibt die Gestaltung der Löhne
allein Sache der Kollektivvertragsparteien
und dem Staat muß jede Möglichkeit der
Einwirkung genommen bleiben.
Die Ausschaltung deT staatlichen Be-
einflußung des freien Tarifrechtes findet
jedoch in einem Punkte eine natürlich«
Begrenzung und zwar durch die soge-
nannte Allgememverbindlicherklärung,
aut die trotz aller gegenteiligen Argu-
mente nicht verzichtet werden kann. Aber
auch si« darf sich nicht zu einem Macht-
instrument staatlich gelenkter Lohnpoli-
tik entwickeln, sondern sie darf nur als
Ausnahme in zwingenden Fällen in Er-
scheinung treten und dann auch nur,;
wenn sie von einer Tanfvertragspartei
beantragt wird.
Wenn die zuvor kurz aufgezeigten Leit-
sätze für die Gestaltung des neuen, saar-
ländischen Tarifrechtes in gebührender
Weise berücksichtigt werden, dann dürfte
nach unserer Auffassung der Weg zu
einem freien, autonomen Tarifrecht ge-
ebnet und damit auch di» letzten Ueber-
reste der durch den Krteg bedingten
staatlich gelenkten Lohnpolitik beseitigt
sein.
Zu diesem Thema wurden aus der Ver-
sammlung Angaben über Mißbräuche in
einigen Betrieben laut, so die unzulässi-
gen Schießpausen bei Hartsteinwerken.
Erfolge, die die Einheitsgewerkschaft in
manchen Betrieben erzielt hat, fanden Er-
wähnung. Ein Redner forderte, man müsse
es ablehnen, in Zukunft mit Unorganisier-
ten zusammenzuarbeiten, und ein andere*
vertrat den Standpunkt, daß Baufirmen,
die Unorganisierte beschäftigen, keine öf-
fentlichen Kredite erhalten dürften. Nie-
mand dürfe Ueberstunden leisten, solange
es Arbeitslose und Kurzarbeiter gäbe. Die
40-Stunden-Woche wäre wirtschaftlich
durchaus tragbar bei gleicher Bezahlung
wie die 48-Stunden-Woche, wenn nur «sei
Friede rsproduktkxn in Frage kam3. Die
Entlohnung der Bauarbeiter soll nur auf
der Dienststelle und zwar innerhalb der
Arbeitszeit erfolgen. Keinesfalls dürf-
ten Auszahlungsstellen in Gastwirtschaf-
ten eingerichtet werden. Die vorgesehen«
Zuschußaktton der Regierung müsse bald
auf dem Baumarkt in Erscheinung treten.
Es mute so an, als wollten gewisse Kreis«
die Bauaktion hincruszögem, bis der Tarif-
vertrag abgeschlossen ist, um durch di»
ungünstige Lage für die Unternehmer Vor-
teile herauszuschlagen. Ferner sei es not-
wendig, darauf aufmerksam zu machen,
daß Tariflöhne immer Mindest löhne sein
müßten.
In einer Debatte übeT die Einzelqualifi-
zierung der im Baugewerbe Beschäftigtem
ergaben sich zweifellos einige Auffassun-
gen, die einer einwandfreien Kritik nicht
ganz standhalten können. Das Prüfungs-
wesen, der Wert des Leistungsprinzips,
wurden nicht von allen Seiten mit der er-
forderlichen Klarheit betrachtet. Im Vor-
dergrund muß aber doch immer die Forde-
rung stehen, daß der Hilfsarbeiter ei«
wichtiges Glied ist, das unentbehrlich ist
und daß sein Existenzmrnimum unter allen
Umständen gewährleistet werden muß.
Zu dem vorgelegten Satzungsentwurf
wurden einig* Abänderungsvorschläge er-
örtert. Im großen und ganzen fand der
Entwurf Zustimmung. Die neuen Satzun-
gen werden ab 1. Mai 1950 in Kraft treten..
Der neue Vorstand
Hieraut erfolgte die Wahl des Vor-
standes.
Zum 1. Vorsitzenden wurde Kollege Ja-
kob Schäfer gewählt, 2. Vorsitzender
wurde Bernhard Munari.
Der Übrige Vorstand setzt sich wie folgt
zusammen:
1. Kassierer: Günter Diedench
2. Kassierer: Peter Heiser
1. Schriftführer: Heinrich Gimbel
2. Schriftführer: Emst Bier
Jugend Vertreter: Siegfried Göbel
Beisitzer: Peter Blum, Ludwig Sander,
Nikolaus Hartmanh, Ernst Bora.
Die Generalversammlung endete mit ei-
nem wannen Appell an die Delegierten
und an die Mitglieder zur weiteren ge-
meinschaftlichen vertrauensvollen Arbeit
in der Gewerkschaft. Die Anwesenden
waren überzeugt, daß die Generalver-
sammlung die Einheit gestärkt und die
Ziele des I.-V. Baugewerbe klar vorge-
zeichnet hat. Man weiß, was man sich
und was man der Gewerkschaft und was
man dem Gesamtwohl schuldig ist, erwar-
tet aber, daß auch die Unternehmer und
die Regierung sich den Notwendigkeiten
nicht verschließen werden. Denn von die-
ser Einsicht wird es abhängen, ob der
weitere Kampf um Recht und sozialen
Fortschritt sich im allseits gewünschten
Rahmen vollziehen kann. In Erwartungen
ist mancher allerdi~gs schon oft getäuscht
worden. Es wäre leichtfertig, sich irgend-
welchen Illusionen hinzugeben. Auf der
Generalversammlung kam es auch klar
zum Ausdruck: Nichts kann mehT impo-
nieren als die Geschlossenheit, die eigen*
StärfPe und der Mut zur Tat.
April 1950
„DIE Afc-i£iT“
Seite 3
PME STIMME DER VERBÄNDE
I, V. Post« und Fernmeldewesen
Wie berechne ich mein
ßesoldungsdienstalter (BDA)?
In letzter Zeit häuten sich die Fälle, daß
Postkollegen mit der Behauptung an uns
herantreten, daß ihr BDA nicht richtig be-
rechnet worden sei. Eine Nachprüfung hat
in allen Fällen ergeben, daß die Berech-
nungen richtig waren. Um etwa noch be-
stehende Zweifel zu beheben oder in künf-
tigen Fällen Zweifeln vorzubeugen, sollen
die nachstehenden Ausführungen jedem
Kollegen die Möglichkeit geben, stein BDA
selbst zu berechnen bezw. nachzuprüfen.
Das BDA der planmäßigen Beamten be-
ginnt mit dem Tage der Anstellung in der
jeweiligen planmäßigen Stelle. Von die-
sem Zeitpunkt ab sind die Zeitabschnitte
für das Verbleiben im Anfangsgehalt und
für das Aufsteigen in die höheren Dienst-
altersstufen zu rechnen. Die vor der plan-
mäßigen Anstellung aim Arbeiter-, Ange-
stellten- oder außerplanmäßigen Beamten-
verhäitnis verbrachte Dienstzeit oder diie'
nach dem Eintritt bei der Verwaltung ab-
geieistete Arbeits-, Militär- und Kriegs-
dienstzeit können auf das BDA angerech-
net werden. Die Zeit einer vollen Beschäf-
tigung gegen Entlohnung im Arbeiter- oder
Angestelltenverhältnis wird angerech-
net,'sofern der Beamte mit Aussicht auf
dauernde Verwendung mit den Dienst-Ver-
richtungen eines Beamten betraut gewe--
sen ist und die Beschäftigung in unmittel-
barem Anschluß daran bei der gleichen
Dienstlaufbahn zur Uebernahme in das
Beamtenverhältnis geführt hat. Hiernach
ist es erforderlich, daß die Beschäftigung
vorher keine erheblichere Unterbre-
chung erfahren hat. War ein Beamter
vor seiner Uebernahme in das Beamtten-
^Verhältnis freiwillig ausgeschieden und
hat die Unterbrechung mehr als einen
Monat gedauert, so kann die vor der
Unterbrechung liegende Dienstzeit nicht
auf das BDA angerechnet werden. Ar-
beits-, Militär-. und Kriegsdienstzeiten
vor dem Eintritt bei der Verwaltung
können ebennfalls nicht angerechnet
werden. Von den auf das BDA cm zu-
rechnenden Zeiten sind abzuziehen:
1. Die Vorbereitungszeit von 1 Jahr bei
Beamten der Emgangsgruppen A IQ
und A 9, von 2 Jahren bei Beamtin-
nen der Eingangsgruppe A 8 b und von
3 Jahren bei Beamten der Eingangs-
gruppe A 4 c 2.
(Die vor dem vollendeten 2Q. Lebens-
jahr zurückgelegten Dienstzeiten wer-
den immer auf die Vorbereitungszeit
angerechnet; bei Beamten der Eingangs-
gruppe A 9 tritt an die Stelle des
20. Lebensjahres das vollendete 21.
Lebensjahr).
2. Die Diätendienstzeit von 5 Jahren.
I. Planmäßige Anstellung:
a) Postfacharbeiter (Pfarb)
Beispiel 1:
Pfctrb A geboren: 1. 4. 1920
einge treten: 15. 1. 1937
planmäßig angestellt 1.10. 1949
DyS Zeit vom 15. 1. 1937 bis 31. 3. 194Q
(Vollendung des 20. Lebensjahres), d. s.
3 Jahre 2 Monate 16 Tage, wird auf die
Vorbereitungszeit angörechnet, die da-
mit als erfüllt gilt.
Das Diätendienstalter (DDA) ist fest-
zusetzen auf den 1. 4. 1940. Da die Zeit
vom 1. 4. 1940 bis zum 1. 10. 1949 (dem
Tage der planmäßigen Anstellung) = 9
Jahre 6 Monate die Diätendienstzeit um
4 Jahre 6 Monate überschreitet, ist das
BDA um diese Zeit zu verbessern; es ist
also auf den 1. 10. 1949 => 4 Jahre 6 Mo-
nate, d. h. auf den 1. 4. 1945 festzusetzen,
Beispiel 2:
Pfarb. B geboren 15. 4. 1916,
bei der Verwaltung beschäftigt
vom 11. 2. 1938 bis 25. 9. 1939,
„ 24. 8. 1947 „ 3a 9. 1949,
Militärdienst vom 1. 10. 1936
bis 25. 9. 1937,
Kriegsdienst vom 26. 9. 1939
bis 10. 8. 1947.
Das BDA ist wie folgt zu berechnen:
Militärdienst vom 1. 10. 1936 bis 25. 9.
1937 zählt nicht-, da vor dem Eintritt bei
der Verwaltung.
7 Monate 15 Tage
7 Jahre 10 Monate 15 Tgge
2 Jahre 1 Monat 7 Tage
11 Jahre 7 Monate 7 Tage
Postdiensf |
Kriegsdienst
Postdienst
11. 2. 1938 bis 25. 9. 1939 =
26. 9. 1939 bis 10. 8. 1947 =
24. 8. 1947 bis 30. 9. 1949 =
zus.
1 Jahr
Der Tag des Eintritts bei der Verwal-
tung liegt nach der Vollendung des 20.
Lebensjahres. Mithin sind 1 Jahr Vor-
bereitungs- und 5 Jahre Diätendienst-
zeit == 6 Jahre abzuziehen.
Oas BDA ist demnach festzusetzen
auf den 1. IQ. 1949 — 5 Jahre 7 Monat«
7 Tage^ = 24. 2. 1944.
b) Telegraphenbauhandwerker (TBHdw)
Beispiel:
TBHdw C, geboren: 15. 9. 1919
eingetreten: 1. 3. 1937
planmäßig angestellt: 1. IQ. 1949
1. 3. 1937 bis 14. 9. 1940 (Vollendung
des 21. Lebensjahres) *=* 3 Jahr» 6
Monate 14 Tage,, d. h. Vorbereitungs-
zeit erfüllt.
15. 9. 194Q bis 14. 9. 1945 = 5 Jahr»
Dätendienstzeit mithin BDA = 15. 9.1945
c) Postangestellte (weiblich) — PAng
Beispiel 1:
PAng D, geboren: 5. 1. 1923
eingetreten: 18. 3. 1939
planmäßig angestellt 1. 1. 1950
Berechnung: 18. 3. 1939 — 4. 1. 1943
(Vollendung des 2Q. Lebensjahres) =*
3 Jghre 9 Monate 17 Tage,
Vorbereitung szeit erfüllt.
Weiter beschäftigt:
vom 5. fr. 1943 bis 16. 4, 1944
„ 17. 4. 1944 „ 30. 9. 1944
„ 1.10. 1944 „ 19. 3. 1945
„ 20. 3. 1945 „ 30. 6. 1945
1. 7. 1945 „ 31.12. 1949 »= 4
zus.: 6
ab Diätendienstzeit
bleiben: 1
Das BDA ist festzusetzen auf den 1. i.
1950 — 1 Jahr 6 Monate 1 Tag, d. i.
30. 6. 1948.
Beispiel 2:
PAng E, geboren: 1. 6. 191Q
eingetreten: 15. 9. 1928
freiwillig ausgeschieden: 30. 6. 1937
wieder eingestellt: 15. 8. 1937
planmäßig an ge stellt: 1. IQ. 1949
Berechnung:
Die Dienstzeit vom 15. 9. 1928 bis 3Q. 6.
1937 kann nicht cmgerechnet werden,
Jahr 3 Monate 12 Tags
3 Monate (krank)
5 Monate 19 Tage
— — — (ohne Beschäfti-
gungsgelegenh.)
Jahre 6 Monate — Tage
Jahre 6 Monate 1 Tag
5 Jahre — —
Jahr 6 Monate 1 Tag
weil di« Unterbrechung (1. 7. 1937 bis
14. 8. 1937) mehr als 1 Monat beträgt
Von der nachfolgenden Dienstzeit vom
15. 8. 1937 (nach Vollendung des 20. Le-
bensjahres) bis 30. 9. 1949 = 12 Jahre
1 Monat 16 Tage, sind abzurechnen 2
Jahre Vorbereitungs- und 5 Jahre Diäten-
dienstzeit = 7 Jahre.
Das BDA ist festzusetzen auf den 1. IQ.
1949 — 5 Jahre 1 Monat 16 Tage —
15. 8. 1944.
I, V, Verkehr und Transport
für Ratifizierung der Konventionen
Im Lokale E n s c h in Saarbrücken fand
am vergangenen Dienstag, dem 21. 3. 50,
eine Funktionärkonferenz der Betriebs-
gruppe der Saarbrücker Straßenbahnen
statt. Die Tagesordnung umfaßte u. a. die
Aussprache über die in Paris abgeschlos-
senen Konventionen für das Saarland,
Aufstellung von Forderungen für den Aus-
bau des Tarifvertragsrechtes.
Der Kollege Klaus Heinz, Geschäfts-
führer des Verbandes Verkehr und Trans-
port, ergriff das Wort und behandelte das
Für und Wider der Pariser Konventionen.
In ruhiger und sachlicher Berichterstat-
tung stellte er in seinem ins einzelne ge-
henden objektiven Vortrag die Bedeutung
der Konventionen für das Saarvolk her-
aus. Noch sei nicht alles erreicht worden,
es sei Aufgabe, nicht zuletzt auch der Ein-
heitsgewerkschaft, dafür zu sorgen, daß
im kommenden Friedens vertrag die abso-
luten Rechte der Saarbevölkerung gewahrt
werden. Bis zum Abschluß eines Frie-
densvertrages sei diese Lösung der Rati-
fizierung der in Paris abgeschlossenen
lyid Unterzeichneten Konventionen die be-
ste gewesen. Heinz wies auch auf die
Gegensätze der Meinungen innerhalb der
einzelnen Industrieverbände hin und
brachte zum Ausdruck, daß letzten Endes
auch in diesem Falle sich die Minderheit
im Bergbau der Mehrheit der Gesamtein-
heitsgewerkschaft fugen müsse.
Im Anschluß wurde vom Kollegen Heinz
die Vertrauensfrage gegenüber unserem
Präsidenten angeschnitten und eine Reso-
lution verfaßt, die dem Kollegen Wacker
das Vertrauen der organisierten Straßen-
bahner in Saarbrücken etnbrachte.
Im weiteren Verlauf der Versammlung
wurde von den anwesenden Funktionären
der Zwiespalt innerhalb des Zahlungsmo-
ll. Beförderungen:
Beim Uebertritt aus einer Besoldungs-
gruppe (= Bes. Gr.) in eine afdere mit
gleichem oder höherem Endgrundgehalt
exhält der Beamte den nächsthöheren
Grundgehaltsatz und bezieht ihn 2 Jahre
lang. Wäre er jedoch in der verlassenen
Bes. Gr. schon vor Ablauf dieser Zeit
in den nächsthöheren Grundgehaltsatz
aufgestiegen und damit in den Bezug
eines Grundgehalts gelangt, das über
das ihm in der neuen Bes. Gr. gewährte
hinausgeht oder ihm gleichkommt, so
steigt er auch in der neuen Bes. Gt.
in den nächsthöheren Grundgehaltsatz
bereits zu derselben Zeit, zu der er in
der verlassenen Bes. Gr. aufgöstiegen
wäre.
Das BDA wird beim Uebertritt
aus der Bes. Gr. A 10 in die Bes. Gr. A 9 (neu) höchstens um 4 Jahre
I» M >1 „ A 9 (neu),, 9l •> A 8 a „ „ 4 „
»» II i* „ A 8 b „ „ tf .. A 7 a „ „ 4 „
l> *1 l| „ A 8 a „ A 7 a „ 4
*> *» >» „ A 8 a n h „ A 6 „ 4
•l »* >, .. A 7 a *. A 5 b „ 13 "
*» »* »* A 4 c 2 „ »> *t „ A 4 b 1 „ „ 8
gekürzt. Es wird beim Uebertritt aus der Bes. Gr. A 9 (neu) in die Bes. stehend sollen für jede Bss. Gr. einige Beispiele von Aenderunaen des BDA (Be- förderungstag: 1. 10. 1949) angeführt wer-
Gr. A 9 (alt) nicht geändert. Nach- den :
1) von Bes, Gr. A 10 nach A 9 (neu):
altes BDA in A 10: 25. 9. 1944, neues BDA in A 9 (neu): 1. 9 194*,
„ „ „ A 10: 15. 6. 1947. „ „ ., A' 9 „ 1. 6. 1947,
2) von Bes. Gr. A9 (neu) nach A9 (alt):
Wie zu 1)
3) von Bes. Gr. A 10 nach*Bes. Gr. A P a:
altes BDA in A 10: 15. 7. 1947, neues BDA io A 8 a: 1. 10. 1949,
„ „ „ A 10: 10. 4. 1945, A 8 a: 1. 4. 1949.
91 „ „ A 10: 8. 7. 1939, A 8 a: 1. 1. 19 ß
4) von Bes. Gr. A 9 nach Ees. Gr. A 8 a:
altes BDA in A 9: 1. 8. 1946, neues BDA in A 8 a. 1. 10. 1949,
ft „ * A 9: 1. 9. 1944 A 8 a: 1. 9. 19 8
5) von Bes. Gr. A8a nach Bes. Gr A 7 a (neu):
altes BDA in A 8 a: 1. 9. 1948, neues BDA in A 7 a: 1. 10. 19 9,
t> 9t „ „ • A 8 a: 1. 5. ,1946, A 7 a: 1. 10. 1949.
„ „ A 8 a:' 1. 2. 1944. A 7 a: 1. 2. 1947,
6) von Bes. Gr. A 7 a (alt) nach Bes. Gr A 5 b:
altes BDA in A 7 a: 1. 7. 1947, neues BDA in A 5 b: 1. 7. 1947,
„ „ A 7 a: 1. 8. 1945, ” A 5 b: 1. 8. 1945,
„ „ A 7 a: 1. 6. 1940, r> A 5 b: , 1. 6. 1942,
„ „ A 7 a: 1. 4. 1936. A 5 b: 1. 4. 1940,
„ „ A 7 a: 1.12. 1931, A 5 b: 1. 10. 1937,
„ „ A 7 a: 1. 6. 1929, »» f9 A 5 b- 1. 10. 1937,
7) von Bes. Gr. A 6 nach Bes. Gr. A 5 a:
altes BDA in A 6: 1. 6. 1945, neues BDA in A 5 a: 1. 10. 1947,
Ct „ „ A 6 ' 1. 2. 1943 » A 5 a: 1. 2 1915,
9; „ „ A 6 1. 4. 1929, A 5 a‘ 1. 10. 1935,
8) von Bes. Gr. A4c2 nach Bes. Gr. A 4b 1:
altes BDA in A 4c2: 1. 1. 1943, neues BDA in A 4b 1: 1. 10. 1949,
f» „ „ A 4c2: 1. 6. 1929, .. i> A 4bl: 1. 6. 1937.
Wenn wir auch nicht auf alle Feinheiten
eingeben konnten, so glauben wir doch,
daß auf Grund der vorstehenden Aus-
führungen alle Zweifel, die bisher noch
bestanden haben, behoben sind. Gleich-
zeitig dürften die Ausführungen auch den
Kollegen ein Hilfsmittel zur Berechnung
des BDA bei künftigen planmäßigen An-
stellungen und Beförderungen sein.
Schulungslehrgang in Kirkel
In dem herrlich gelegenen Haus der Na-
turfreunde bei Kirkel führte der Industrie-
verband Post- und Fernmeldewesen der
Einheitsgewerkschaft den ersten Schu-
lungslehrgang seiner Funktionäre durch.
Obwohl für die Teilnahme der Erholungs-
urlaub zur Verfügung gestellt werden
mußte, war die Zahl der Meldungen so
groß, daß nicht alle in einem Lehrgang
erfaßt werden konnten. Der nächste be-
ginnt am Samstag, dem 22. April.
Diese Tage in Kirkel brachten den Kol-
legen neben einem reichhaltigen Wissen
auch eine schöne Erholung. Man hatte
so in genialer Form das Ange ahme mit
dem Nützlichen varoundcn. Interessante
Voriräge und lebhafte Diskussionen las-
se len oie Zuhöre: und.gaben ih en gleich-
zeitig das notwendige Rüstzsr.g für ihre
gewerkschaftliche Tätigkeit m Krens ih-
rer Arbeitskollegen. Den Ausgleich schu-
fen die Wanderungen in dis schöne Um-
gegend von Kirkel und nicht zuletzt ein
ausgezeichneter Küchenz« s •
Zusammenfastend kann n:er nochmals
festge stellt wer: en, daß dieser erste Schu-
lungslebrgang e.n voller Erfolg war. Es
wäre dem Industrieverband Post- u.Fern-
meldewesen eine Genugtuung, wenn noch
recht viele Kol egen die Ge'er enheit wahr-
nehmen würden, in komme idsn Lehrgän-
gen sich für die gewerkschaftliche Auf-
bauarbeit zu schulen. Zum Schluß sei
dem Kollegen John und sehnen freiwil-
ligen Halfern besonde.-s gedankt «für ihre
aufopferungsvolle Arbeit zur Gestaltung
dieser Schu’ungslehrgängs.
Werner Arend, PA 2.
dus für die Warteprämie gebrandmarkt
und in der folgenden Resolution Stel-
lung genommen:
„Die Einheitsgewerkschaft hat sich um-
gehend mit den zuständigen Stellen der
Regierung ins Benehmen zu setzen, daß
die 3000 ffrs. Warteprämie auch für den
öffentlichen Dienst gezahlt werden. Ferner
verlangen die anwesenden Funktionäre,
daß aui dem kürzesten Wege Verhand-
lungen über Lohnerhöhungen mit den ver-
schiedenen Direktionen auf genommen wer-
den mit dem Ziele, den Arbeitnehmern ihre
Lebensexistenz den heutigen Verhältnis-
sen anzupassen und weitestgehend zu
sichern."
*
Tags zuvor fand in Saarlouis eine
Belegschaftsversammlung der Kiavag
statt, bei der der Kollege Heinz und
Herr Hi’llenbrand (CGS) über Lohn-
probleme referierten. Die Straßenbahner
forderten auch dort, daß die Gewerk-
schaften* sich sofort für die Auszahlung
des Wartegeldes für die öffentlichen Be-
triebe einsetzen mögen. Außerdem ver-
langen die Versammelten ebenfalls auf
dem schnellsten Wege Verhandlungen mit
den zuständigen Straßenbahndirektionen
und Ministerien aufzunehmen, damit end>
lieh eine reale Lohnbasis gefunden
werde, die es dem Schaffenden ermög-
licht, das Lebensniveau den gegebenen
Verhältnissen anzupassen.
Die Straßenbahner sprachen sich dafür
aus, sich für diese ihre dringenden For-
derungen jederzeit geschlossen einzu-
setzen.
Anm. d. Red.: Wie wir erfahren, hat die
Verbandsleitung am 22. 3- in ihrer Bezirks-
tagung die Wünsche, Anregungen und
dringendsten Forderungen aus diesen Ver-
sammlungen vertreten und beschlossen,
im Namen des gesamten Verbandes mit
den zuständigen Stellen der saarländi-
schen Regierung in diesbezügliche Ver-
handlungen zu treten. Wb.
8,V, Groß- u. Einzelhandel
Wann freier Nachmittag im Groß-
und Einzelhandel ?
Unter den zahlreichen Prob.eman, die
die Gewerkschaft in dar Nachkriegszeit
aufgeworfen hat, befindet sich auch das
eines freien Nachmittags für die Ange-
stellten der Groß- und Einzelhandelsbe-
trieben. Die Notwendigke t <ri 'es solchen
freien Nachmittags wurde wiederholt dar-
gelegt und im einzelnen begründet. Dabei
wurden auch die Belange der Betriebe,
ihre Struktur, Konkurrenzrücksichten, Ver-
meidung der Unrentabilität und die Frage
unnötiger Belastung nicht aus dem Auge
gelassen. Nach langem Hin und Her
'scheint die Angelegenheit, de für viele
Arbeitskräfte, lnsbesbndere weibliche und
alleinstehende Personen von besonderer
Wichtigkeit ist, soweit gediehen zu sein,
daß mit einer endgültigen Entscheidung
der Regierung in bejahendem Sinns als-
bald zu rechnen sein wird. Damit geht
dann ein langgehegter Wunsch vieler Kol-
leginnen und Kollegen endlich in Erfül-
lung. Der Industrieverband für Groß- und
Einzelhandel wird das endgültige Ergeb-
nis sofort nach Bekanntwerden durch
Rundschreiben den Betriebsräten und Be-
triebsobmännern zuleiten.
Seite 4
„PIE ARBEIT11
April 1950
Forderungen der Belegschaft
der Burbacher Hütte
Eine überaus stark besuchte Beleg-
schäftsversammlung, zu der der Betriebs-
rat der Burbacher Hütte eingeladen hatte,
nahm Stellung zu den verschiedenen, die
Belegschaft angehenden Wirtschafvsfra-
gen. Die Versammlung stand unter einem
ungünstigen Stern, da, wie der Betriebs
ratsvorsitzende Kollege Wolf ausführte
200 Arbeitskollegen die Kündigung in den
Händen haben und der größte Teil davon
schon entlassen ist. Bange Sorge erfüllt
die Herzen der Belegschaft der Burba-
cher Hütte, weil niemand weiß, ob diese
Entlassungen nur eine einmalige Maß-
nahme sind, oder der Beginn einer Krise
Der Betriebsratsvorsitzende führte aus,
daß das Gerücht, wonach der Betriebs-
rat den Entlassungen zugestimmt hat
nicht der Wahrheit entspricht, sondern
,Bein^frat habe lediglich durch die
Werksdirektion von den beabsichtigten
Entlassungen Kenntnis erhalten.
Nachdem auch der Vertreter der Ein-
heitsgewerkschaft in längeren Ausführun-
gen auf die Lage der saarländischen Ei-
senindustrie hingewiesen hatte, erfolgte
flne anregende Diskussion. Die Versamm-
lung nahm zum Schluß folgende Resolu-
tion an:
1. D e versammelten Arbeitnehmer der
Burbacher Hütte fordern von der
saarl. Regierung, daß sie sich m°hr
einsetzt für die Erhaltung der saar-
ländischen Hüttenwerke. Sie stehen
fest, daß seit 1945 nichts Wesentli-
ches zum Ausbau und Wiederaufbau
der Werke geleistet wurde. Sie ver-
weisen darauf, daß im nahen Lothrin-
gen mit der MarshaiJhi'fe moderne
Werke aufgebaut werden, die später
zu einer scharfen Konkurrenz führen
die vielleicht so stark int, daß die
saarl. Hüttenwerks zum Erlieaen kom-
men. Als zweitgrößte Industriegrupge
ees Saarlandes muß die Schwerei~en-
lncustae, die schließlich die Existe.iz-
grundlage vieler Arbeitnehmer bildet,
ei halten und weiter ausqebaut wer-
oen, und es muß unter allen Umstän-
den verhindert werden, dlaß die saar-
ländische Schwereisenindustrie zu ei-
nem Spekulationsobjekt ausländi-
scher Kapitalisten wird.
2. Die Versammelten fordern von der
Saarland. Regierung baldige Verab-
schiedung des Tarifvertragsgesetzes.
Man ist der Meinung, daß gegenüber
den Leistungen, dis die Arbeitnehmer-
schaft zu vollbringen hat, die jetzigen
Lohne und Gehälter zu niedrig sind.
Wenn schon, wie die Unternehmer
immer behaupten, die Lohnhöhe der
allem bestimmende Faktor in der
Preisbildung sein, so müßten, gemes-
sen an den niedrigen Löhnen und Ge-
haltem, die Preise bedeutend falten.
Die Versammelten stellen fest, daß
die Leistungen der Arbeitnehmer
heute auf dem gleichen Niveau ste-
hen, wie 1939, die Preise jedoch heute
viel höher liegen und sich somit der
Feallohn für dön öinzölnen Arb^i^iah-
mer um 30 bis 40 Prozent verschlech-
tert hat. Die versammelten Arbeitneh-
mer der Burbacher Hütte verlangen
rn-hts anderes, als eine Bezahlung
lerer Arbeitsleistung, die sich aus der
Wertzunahme des Produktes durch
die Arbeit ergibt. Sie wissen wohl
daß manche Mehrleistung der Wirt-
schaft durch den Krieg bedingt ent-
standen ist, sie sehen aber nicht ein,
daß die Lasten des Krieges restlos
auf die Schultern der Arbeitnehmer-
schaft abgewälzt werden.
Wenn die Regierung sich dazu au-
torisiert fühlt, Löhne und Gehälter
festzusetzen, dann muß sie auch von
sich aus die Macht besitzen, bestim-
mend bei der Preisbildung zu wirken.
Wenn die saarländ. Regierung ein-
mal zeigt, daß sie in der Lage ist,
Lohne u. Preise in ein gesundes Ver-
hältnis zu bringen, wird auch die
saarl. Arbeitnehmerschaft der Reoie-
rung die nötige Achtung schenken,
ohne daß besondere Gesetze erfor-
derlich sind.
3. Die Versammelten protestieren ein-
stimmig gegen die Ueberwachung der
Gewerkschaftsversammlungen durch
aie saarländische Polizei Die Ar-
beitnehmerschaft will nichts anderes
als den Frieden und kämpft für ihren
gerechten Lohn, den sie sich durch
Jhre Arbeitsleistung verdient hat.
Durch die Anwesenheit der Polizei in
den Versammlungen haben viele Kol-
legen Hemmungen in der Diskussion
zu sprechen, weil sie wissen, daß
der Polizeibericht an die höhere Po-
lizeistelle, an die Regierung und an
verschiedene andere^ Stellen geht.
Sie verlangen daher, daß der Artikel
6 der saarl. Verfassung in Kraft ge-
setzt wird, wonach jeder Saarländer
as Recht hat, sich ohne Anmeldung
oder besondere Erlaubnis unbewaff-
net zu versammeln.
Die Versammelten richten in Anbetracht
der wirtschaftlichen Lage der Arbeitneh-
merschaft des Saarlandes an alle Ar-
beitnehmer den Appell, sich zu organi-
sieren, um so einig und geschlossen den
Kamof für bessere Löhne und Gehälter,
für Verbesserung der Sozialpolitik und ein
vorbildliches Arbeitsrecht su führen,
Der „Hoorbucker am Pranger
Defaitisten, Schwächlingen und Schwähern ins Stammbuch
Ein älterer Kollege, där früher bereits
aktiv in der Gewerkschaftsbewegung tä-
tig war, sagte mir vor kurzem, daß unsere
Beiträge zll niedrig seien. Er verwies da-
rauf, daß früher durchschnittlich ein Stun-
denlohn als Wochenbeitrag entrichtet
wurde und rechnete nur vor, daß wir heute
ungefähr ein Vieriei dessen bezahlen. Ein
anderer Kollege schrieb einen erbosten
Brief, daß ihm die Beiträge zu hoch seien.
Em dritter schickte seine Austrittserklä-
rung mit der Begründung, daß er die Bei-
träge wegen ihrer Höhe nicht mehr leisten
könne. — Drei Menschen, drei Meinun-
gen, gleich in ihren Einkommensverhält-
nissen, gleich die Verwaltung, bei der sie
beschäftigt sind, gleich die Vorteile, die
sie durch das Wirken der Gewerkschaft
einstecken, ungleich die Einstellungen
zu ihrer Berufsorganisation.
Man wird den Schlüssel zu diesen ver-
schiedenen Aeusserungen nicht damit in
der Hand halten, wenn man auf die Ver-
schiedenheit der Menschen im allgemei-
nen hinweist und etwa davon redet, daß
sie sehr schlecht unter einen Hut zu
bringen seien. Wer die Angelegenheit da-
mit abtut, geht an ihr vorbei.
Man hat einmal im Saargebiet für die
Unorganisierten den Namen „Hoorbuckel“
geprägt. Ihre Zahl war damals sehr klein,
und es galt in hohem Maße als schimpf-
lich, nicht organisiert zu sein. Das ist
lange her. Wie ist es heute? Man hört
den Ausdruck „Hoorbuckel“ nur noch sel-
ten, und das ist mehr nur als Ver-
geßlichkeit. Es kommt auch nicht von un-
gefähr, daß man die Gewerkschaften
gerne für sich einspannt, ohne die selbst-
verständlichen Konsequenzen daraus zu
ziehen. Mehr noch: man läßt sich die Ar-
beit machen und vergißt nachher, den
Aufnahmeschein auszufüllen. Vor mehr
als 15 Jahren waren diese- üblen Zeiter-
scheinungen fast gänzlich ausgeschlos-
sen.
Ausgerechnet passieren diese Dinge in
einer Zeit, in der man gerne davon spricht,
daß Demokratie und Freiheit auf dem Pa-
pier stünden. Das sei nicht demokratisch,
jenes unterdrücke die persönliche Würde
und Freiheit. Stimmt! Es gibt vieles, was
Papierwerk geblieben ist. Die Praxis redet
eine andere Sprache. Aber warum? Weil
viele Menschen schlafen, weil sie ihren
Verstand in die Schublade einschließen,
anstatt ihn zu gebrauchen, weil sie die
Hände m den Schoß legen und warten,
daß ihnen alles wie eine reife Frucht in
den Schoß falle.
Jeder, der auf ein Recht verzichtet, wer
schweigt, wo er reden müßte, wer gegen
seine Ueberzeugung schön tut, macht sich
schuldig. Die Entscheidung beginnt und
endet bei jedem einzelnen, keiner kann
sich davon ausnehmen. Abseitsstehen be-
deutet deshalb Mißbrauch der anvertrau-
ten Freiheit, die in einem gewissen Punkte
zur größten Unfreiheit ausarten kann und
oft — wie das oben erwähnte Beispiel
zeigt — auch tatsächlich ausartet. Die
individuelle Freiheit ist nämlich keines-
wegs unbegrenzt, uferlos; eine natürliche
Grenze liegt da, wo die Gemeinschafts-
interessen gröblich verletzt werden. Um
eine solche Verletzung handelt es sich
zweifellos oben, weil die Berufsinteressen
allen gemeinsam sind und sie dann am
zufriedenstellendsten gelöst werden kön-
nen, wenn wir alle in eine Richtung hinein
an einem Strick ziehen.
Es gab einmal eine Zeit, da dachten die
Partei und ihre Organisationen für uns.
Durch verschlossene Türen bis ins Ehebett
hinein machten Sie dies sehr gründlich.
Wir waren allen persönlichen Entschei-
dungen enthoben. Wie HarppelmänneT
• wurden wir an einer unsichtbaren Strippe
bewegt. Die Beiträge zur DAF und zum Be-
amtenbund behielt man einfach vom Lohn
oder Gehalt ein. Wir knurrten nicht und
fragten nicht einmal danach, was für
uns leisten. Das war alles einmal. Jeder
von uns hat es persönlich erlebt und weiß
auch, wo wir am'Ende damit hingekom-
men sind.
Es 'wird darum höchste Zeit, daß wir
uns der anvertrauten Freiheit und persön-
lichen Würde erinnern, sie richtig gebrau-
chen und durch unsere Berufsvertretung
zu wirkungsvollem Einsatz bringen. Noch-
mals: Sie besteht nicht in Redensarten,
im Abseitsstehen und in Austrittserklä-
rungen. Freiheit ist positive Mitarbeit,
ständiger Einsatz und Kampf. Alles, was
auf sozialem und •wirtschaftlichem Gebiet
geschieht, ist eine Frage von Machtver-
hältnissen. Haben wir die Macht, etwas
durchzusetzen, oder haben wir sie nicht?
Das ist die Frage. Die Antwort liegt bei
jedem einzelnen.
Wichtige Tagung des fl! FT in
In Brüssel tagte der Kleine Ausschuß
des Internationalen Bundes Freier Ge-
werkschaften, der in unregelmäßigen
Zeitabständen Zusammentritt, wenn wich-
tige Fragen eine sofortige Behandlung
verlangen, ohne daß es notwendig oder
möglich wäre, sämtliche an allen vier
Enden der Welt lebenden Mitglieder
der Exekutive zusammenzurufen. Diesem
ständigen Kleinen Ausschuß gehören
außer dem Präsidenten, dem Belgier Paul
Sinei, und dem Generalsekretär des I.B.
F.G. Oldenbroek, noch folgende Persön-
lichkeiten an: Sir Vincent Tewson (Eng-
land), Franzisco Augirre (Kuba), Eimer
Cope — C.I.O. — (USA), Irving Brown —
A.F.L. — (USA), Deven Sen (Indien),
Hans Böckier (Deutschland) Und Leon
Jouhaux — Force Ouvirexe — (Frank-
reich), wobei diese Persönlichkeiten in
diesem Rahmen aber nicht ihre Landes-
organisationen vertreten.
Die Konferenz beschloß zunächst, am
22. und 23. Mai, unmittelbar vor dem
Zusammentreten ihres Exekutivkomitees
in Brüssel, eine Tagung in Düsseldorf
abzuhalten, auf der das Ruhrproblem im
Mittelpunkt stehen wird und an der außer
den Gewerkschaften d-er acht an dieser
Frage besonders interessierten Länder
auch die Gewerkschaftsintemationalen
der Berg- und Metallarbeiter teilnehmen
werden.
Der Konferenz lag ferner ein Bericht
über den Aflantikpakt vor, in dem der
I.B.F.G. ein Instrument der Verteidigung
gegen jeden möglichen Angriff erblickt.
Er ist deshalb entschlossen, seine Durch-
führung mit allen Mitteln zu verteidigen
Diese seit langem im internationalen
Gewerkschaftsleben umstrittene Frage
der Beziehung zwischen einer Internatio-
nale und den verschiedenen internatio-
nalen Berufssekretariaten ist auf dieser
Tagung in Brüssel erneut behandelt und
einer positiven Lösung näher gebracht
worden.
Der Kleine Ausschuß der I.B.F.G. be-
schäftigte sich auch in Gegenwart eines
spanischen Delegierten mit der spanischen
Frage und nahm mit besonderem Inter-
esse davon Kenntnis, daß die beiden
amerikanischen Gewerkschaftszentralen
C.I.O. und A.F.L. entschlossen sind, ge-
gen jeden Versuch amerikanischer Poli-
tiker und auch Regierungsvertreter das
Franco-Regime anzuerkennen, zu kämp-
fen.
Auf einer Pressekonferenz aus Anlaß
dieser Tagung des I.B.F.G. hatte der
Präsident der deutschen Gewerkschaften,
Hans Böckier, Gelegenheit, die Vertreter
des belgischen und internationalen Prä-
sidiums zu begrüßen und seiner Befrie-
digung darüber Ausdruck zu geben, daß
die deutschen Gewerkschaften sich wie-
der das Vertrauen ihrer ausländischen
Kollegen zurückerworben haben und nun-
mehr im Rahmen des neugegründeten
Internationalen Bundes der Freien Ge-
werkschaften im Beglriffe sind, wie in
früheren Zeiten ein wesentlicher Bestand-
teil des internationalen Gewerkschafts-
lebens zu werden, nachdem es ihnen ge-
lungen ist, eine eigene Organisation auf
rein demokratischer Basis aufzubauen
und zu einem schlagkräftigen Instru-
ment der deutschen Arbeiterschaft zu
gestalten.
Oldenbroek fährt nach den Vereinigten
Staaten
Der Generalsekretär des Internationa-
len Bundes der Freien Gewerkschaften,
J. H. Oldenbroek, wird im Aufträge
seiner Organisation zu einem kurzen Auf-
enthalt in die Vereinigten Staaten ab-
reisert, wo er mit den Führern der ameri-
kanischen Gewerkschaftszentraler, der
American Federation of Labor und dem
Congress of Industrial Organisation, Ge-
legenheit haben wird, die auf der Brüsse-
ler Tagung des Kleinen Ausschusses des
I.B.F.G. aufgeworfenen Fragen eingehend
zu besprechen.
Entsendung einer Delegation nach Süd-
ostasien
Ferner wurde auf der Brüsseler Ta-
gung beschlossen, eine aus vier De-
legierten bestehende Abordnung nach
Südostasien zu entsenden, die die Lage
in Indien, Pakistan, Burma, Malayen,
Indonesien, Indochma Siam und auf den
Philippinen prüfen und dem I.B.F.G. Vor-
schläge zur Stärkung der freien Ge-
werkschaftsbewegung in diesem Teil der
Welt unterbreiten soll.
SbciefkasteH
(Die Redaktion erteilt ui Gewerkschaftsmitgliedern
an dieser Stelle oder schriftlich auf schriftlich© An-
fragen kostenlos Auskunft.)
N. E., M. Der Jahresurlaub beginnt am 1.
6. und endet am 30. 5. — Der Süchtag ist
der 1. Juni. — Bei so langer Tätigkeit müßte
es afeer doch möglich Bein, auch dann, wenn
die Rechtslage zu ihren Ungunsten ist, über
den Betriebsrat ein Entgegenkommen zu er-
reichen. Man kann sich kaum vorstellen, daß
ein so großer Betrieb so kleinlich sein könnte,
und sich sträubt.
Kollege Jakob Schäfer,
der auf der Generalversammlung des I. V.
Baugewerbe zum 1. Vorsitzenden des Ver-
bandes gewählt wurde
Transferierung von Pensionen
und Renten
Die Regierung des Saarlandes — In-
mationsamt teilt mit:
Zahlreiche Anfragen lassen erkennen,
daß Behörden, Firmen und Privatperso-
nen, die an der Zahlung von Pensbien
usw. in das Umlaufgebiet der westdeut-
schen D-Mark oder am Empfang derarti-
ger Zahlungen aus diesem Gebiet inter-
essiert sind, die diesbezüglichen Abma-
chungen des französisch-deutschen Zah-
lungsabkommens nicht erfahren haben. Es
wird deshalb auf die Bekanntmachung Nr.
4’3 u *d 444 des Office des Changes (De-
visenknuotsfelle Paris) im Amtsblatt des
Saarlandes Nr. 14 (F) vom 24. 2. 1950 —
Seite 139 und 144 verwiesen. — Wer aus
dem Saarland na~h Westdeutschland zu
zahlen hat, muß durch eine zugelassene
Bank bzw. die Saarländische R-diskont-
bank. in Neunkirchen, Saarlouis und St.
Ingbert beim Office des Changes, Dele-
gation Saarbrücken, Neumarkt 26, einen
Antrag stellen, dem Bew i unterlagen bei-
zufügen sind. Nähere Auskunft erteilen
die saarl. Kreditinstitute und das Refe-
rat 3 des Ministeriums für Wirtschaft,
Saarbrücken, Rathausstraße 20, Tel. 3323.
Saarlandbewohinerrf, die aus dem Um-
laufgebiet d. westdeutschen DM Zahlun-
gen für Pensionen usw. zu erhalten haben,
wird empfohlen, dte Kassen, Firmen oder
Perronen, welche diese Zahlungen schul-
den. auf das Bestehen des oben erwähn-
ten Zahlungsabkommens hinzuweisen.
Diese Schuldner müssen ihre Ueber-
weisnugsanträge bei den für sie zuständi-
gen Lande ,wirtschaftsm is' eiiem bzw.
Landwirtschaftsämtern eir*reichen.
Die Transfer Vereinbarungen beziehen
sich auch auf rückständige, noch
nicht überwiesene Pensionen usw. Wenn
diese Rückstände au’ Konten bei Kr di In-
stituten eingezahlt worden sind — im
Saa^and auf Warteko en, in Deute h-
land auf Sperrkonten — so muß der Be-
sitzer eines solchen Kontos salbst che
kontofübrende Stelle veranlass am, das
entstandene Gutachten zu überweisen.
Arbeitsmarktanzeiger
Der Arbeitsmarktänzeiger vom 27. März
meldet wieder offene Stellen, für die bis-
her keine geeigneten .Kräfte gefunden
werden konnten. Hauptsächlich weiden
gesucht: in Saarbrücken: 30 Gipser und
Verputzer, 100 Maurer, 10 Plattenleger und
5 Bohrwerks- u. Karusselldreher; in Sulz-
bach: 5 Maurer; in Völklingen: 4 Bau-
und Möbelschreiner, 4 Maler und Anstrei-
cher, 5 Gipser und Verputzer; in Brebach:
2 Spitzendreher; in Heusweiler: 5 Mau-
rer; in Ludweiler: 9 Maurer und 2 Zimme-
rer; in Neunkirchen: 20 Maurer, 3 Gipser;
in St. Wendel: 50 Maurer, 10 Eisenf.echter;
in Illingen: 21 Maurer; in Ottweiler: 5 La-
boranten für organische und anorgani-
sche Chemie;, m Saarloujs: 4 Großstück-
schneider für Herrenbekleidung, 5 Blech-
schlosser für Apparatebau; in Merzig: 4
Gipser; in Schmelz: 6 Bruch- und Back-
steinmaurer; in St. Ingbert: 15 Maurer, 3
Spitzendreher (erste Fachkräfte).
Nach wie vor suchen Stellen in der
Hauptsache Lohn- und Bilanzbuchhalter,
Schriftsetzer, Drogisten, in Saarlouis auch
Bau schlosser.
50 Jahre im Dienst der Saar-Zeitung
Saarlouis.
Am Samstag, dem 1. 4. 1950, feierte bei
der Druckerei „Saar-Zeitung“ in Saarlouis
Kollege Gottlieb Klau sein 50jähriges
Dienstjubiläum. D6r Besitzer und die Be-
legschaft fanden sich zu einer kleinen
Feier zusammen, in der der Jubilar neben
zwei Jubiläumsurkunden auch ein ansehn-
liches Geldgeschenk für treue Dienste im
Betrieb der „Saar-Zeitung“ erhielt.
Die Einheitsgewerkschaft, insbesondere
der i,-V. Graphik, schließen sich den
Glückwünschen an!
April 1950
„DIE ARBEIT“
Die USA-Gewerkschalten
zum Ruhrpioblem
Di1© europäischen Vertreter der beiden
großen amerikanischen Gewerkschafts-
zentralen, der American Federation of
Labor (A.F.L.) und der Congreß oi£ In-
dustrial Organisation (C.I.O.), haben vor
einigen Wochen gemeinsam mit den Ge-
werkschaftlern der am Ruhrproblem in-
teressierten Länder alle mit der Ruhr
zusammenhängenden Fragen einerseits
in gemeinsamen Beratungen in Aachen
und Düsseldorf und andererseits ift Be-
sprechungen mit den maßgebenden Per-
sönlichkeiten der Internationalen Ruhrbe-
hörde untersucht und haben nunmehr
das Ergebnis dieser Arbeit dem Präsi-
denten Truman und dem Außenminister
Dean Acheson unterbreitet.
Die amerikanischen Gewerkschaften
stehen insofern in einem gewissen Ge-
gensatz zu ihrer Regierung, als sie der
Meinung sind, daß eine zu weit getrie-
bene Entflechtung der deutschen Kar-
telle und die Schaffung einer lediglich
auf dem freien Wettbewerb basierenden
deutschen Industrie, in der z. B. auch
der amerikanische Hochkommissar
McCloy die Lösung des Problems sieht,
sich letzten Endes lediglich zugunsten
der Russen auswirken könnte. Die Frage
stellt sich für die amerikanischen ge-
werkschaftlichen Beobachter, di» in einer
durchorganisderten Industrie keineswegs
das Uebel an sich sehen, daher ledig-
lich in der Form eine« Mittelwegs, der
die Nachteile beider Systeme vermeidet
und die deutsche Vorkrieg skarte E«
durch eine neue Form der wirtschaftli-
chen Reorganisierung ersetzt, bei der
die technischen Vorteile einer durchge-
henden Planung erhalten bleiben, ohne
daß die wirtschaftliche Starrheit der Kar-
telle und ihre politische Macht weiter-
hin in Erscheinung tritt.
In den, den amerikanischen Regie-
rungsstellen nunmehr überreichten Vor-
schlägen fordern die amerikanischen Ge-
werkschaften zunächst einmal, die Ge-
werkschaften der einzelnen Länder soll-
ten verlangen, daß die einzelnen Ver-
treter der Länder bei der Internationalen
Ruhrbehörde einen ständigen Vertreter
In der Person eines Gewerkschaftlers
erhalten, so wie das bereits für die
Vertretung Deutschlands der Fäll ist. Da-
bei würde es naturgemäß den Mefall-
und Ber gwerks orrbe item obliegen, das
Prinzip der gewerkschaftlichen Vertre-
tung bet der Ruhrbehörde durchzusetzen.
Weiterhin wird darin gefordert, daß der
kürzlich geschaffene internationale Ge-
werkschartsausschuß für die Ruhr, des-
sen Sitz in Luxemburg ist, an den Arbei-
ten der Ruhrbehörde teilnimmt, um nach
einiger Zeit deren gewerkschaftlicher
Beratungsausschuß au werden,, wobei
auf die analogen Einrichtungen bei den
Vereinten Nationen und dem Internatio-
nalen Arbeitsamt hingewiesen wird. Die
Aufgabe eines solchen beratenden Aus-
schusses würde nicht nur in der ständi-
gen Verbindung mit der Internationalen
Ruhrbehörde zwecks gegenseitigen Ma-
terial- und Informationsaustausches be-
stehen, sondern auch in der Möglichkeit,
einen ständigen Meinungsaustausch mit
der Ruhrbehörde und insbesondere deren
Generalsekretariat zu pflegen, um in der
Lage zu sein, bei wichtigen Entschei-
dungen Einfluß nehmen zu können.
Darüber hinaus fordern die amerika-
nischen Gewerkschaften von ihrer Re-
giexung, dafür Sorge zu tragen, daß die
lternationa!« Ruhrbehörde nicht aufge-
löst, sondern lm Gegenteil zu einer
europäischen Organisation ausgeweitet
wira, der die wirtschaftliche Kontrolle
der Kohlen-, Eisen- und Stahlindustrie in
Nordwesteuxopa, von der di« RuhT ja
nur ein Teil ist, übertragen wird. Zwischen-
zeitlich und bis „zur Erreichung dieses
Endziels wenden sich die amerikanischen
Gewerkschaften gemeinsam mit ihren
deutschen Kollegen gegen jede Revision
des Gesetzes Nr. 75, dessen Abschaf-
fung die Position der deutschen Gewerk-
schaften schwächen und die Tür zur
Rückkehr der alten- Eigentümer öffnen
würde.
Ganz generell fordern die amerikani-
schen Gewerkschaften die Ersetzung des
Kartensystems im Vorkriegssinne durch
ein« neue Form der wirtschaftlichen Re-
organisierung der Schlüsselindustrien:
Kohle, Stahl und Eisen, im europäischen
Maßstab, für die Ruhr, die Saar, Elsaß-
Lothringen und die Beneluxländer. Bei
einer derartigen Lösung würde die falsch
gestellte Frage, ob Entflechtung oder
nicht, ebenso verschwinden und gegen-
standslos werden wie die „freie Wirt-
schaft odeT Planung“. Nach Ansicht der
amerikanischen Gewerkschaften käme es
vielmehr darauf an, die Vorteile beider
Systeme zu verbinden und gleichzeitig
den zu enggesteckten Rahmen der natio-
nalen Wirtschaften zu verlassen und end-
lich ©inen ernsthaften Schritt zur Schaf-
fung einer europäischen Wirtschaft zu
tun. Dies i^ürde auch einen Schritt zur
Demokratisierung der Wirtschaft bedeu-
ten, die dadurch garantiert werden könn-
te, daß die Kontrolle dieser auf die
europäische Ebene erweiterten interna-
tionalen Behörde gemeinsam von Unter-
nehmer-, Arbeiter- und Regierungsseite
ausgeübt wird.
Sozialberatungen im Saar-Parlament
Mit besonderer Aufmerksamkeit wurden
die Berichte über Veröffentlichungen über
die Sozialberatungen in der Landtags Sit-
zung vom 30. März aufgenommen. Zu-
nächst handelte es «ich um einen Ge-
setzentwurf über die Gewährung einer er-
neuten einmaligen Zulage in der Sozial-
versicherung. Der Entwurf wurde in er-
ster Lesung angenommen. (Wer über die
Einzelheiten' der Vorlage, die ja wohl als-
bald Gesetzeskraft erlangen wird, nicht
aufgeklärt ist — es handelt sich um ein«
Zulage für Rentner, Pensionäre, verwit-
wete Personen und Waisen — kann Nähe-
res bei der Gewerkschaft erfahren.)
Weiter fand das von der Gewerkschaft
wiederholt in den Vordergrund gestellte
Problem der Bezahlung der gesetzlichen
Feiertage in zweiter Lesung Zustimmung.
Diese Vorlage besagt u. a.:
§ 1. Der 1. Januar, der Ostermontag,
der Pfingstmontag, der 1. Mai und der 1.
und 2. Weihnachtsfeiertag, sofern diese
Tage aui einen Wochentag fallen, gelten
als bezahlte Feiertage.
§ 2. Der für diese Tage gezahlte Lohn
tat frei von Abgaben zur Sozialversiche-
rung sowie zur Kasse für Familienzulagen.
§ 3. Arbeitnehmer, die an den in § 1 ge-
nannten Feiertagen arbeiten, erhalten zu
ihrem Lohn einen Zuschlag van 100 Proz.
(Man wird annehmen dürfen, daß die
Aussprache und die endgültige Verab-
schiedung dieses Gesetzentwurfs alsbald
erfolgen werden.)
Von besonderer Wichtigkeit waren die
Ausführungen, die in der Sitzung der Ar-
beitsminister über ein großes Reformwerk
zur Neugestaltung der Sozialversicherung
machte. Danach werden u. a. erwogen:
Herabsetzung der Einheitsgrenze für die
Invalidität auf das 6Q. Lebensjahr, An-
gleichung des Begriffs der Invalidität in
der Invalidenversicherung an den Begrifi
der Berufsunfähigkeit in der Angestellten-
versicherung, allgemeine Erhöhung der
immer noch nicht ausreichenden Renten.
Diese wie die weiteren Ausführungen des
Aibeitsministers brachten Klarheit und
widerlegten Vorwürfe, die zum Teil m der
Oeffentlachkeit an die Adresse des Mini-
steriums erhoben worden waren. Bis zur
endgültigen Regelung dieser verschiede-
nen Sozialfragen wird die Gewerkschaft
noch eingehend Stellung nehmen, wenn
auch unser Standpunkt zu den wesentlich-
sten Punkten schon wiederholt deutlichen
Ausdruck fand. Wie bei so manchen frü-
heren Gesetzen, so werden auch hier die
gewerkschaftlichen Gesichtspunkte in der
Waagschale nicht fehlen.
MMssenng der iMMwwize f mnise
Das Ministerium für Arbeit und Wohl-
fahrt teilt mit:
Aue Anlaß der mit Bezug auf den Mo-
nat Oktober des vergangenen Jähres cm
bestimmte Kategorien von Lohn- und Ge-
haltsempfängern ausgezahlten einmaligen
Zulage ist auch für di« Empfänger von
Arbeitslosenunterstützung di« Auszahlung
einer besonderen Zulage angjeördniet wor-
den. Da der Kreis der Empfänger von
Arbeitslosenunterstützung nicht konstant
ist, konnte die Zählung einer einmal gen
Zulage nicht in Betracht gezogen werden.
Eine solche einmalig« Zulag« wäre mir
den Unterstützungsempfängern zugekom-
men, die gerade während des besonder«
bestimmten Zeitraum# Arbeitslosenunter-
stützung beziehen. Es wurde deshalb der
Weg einer laufenden Zulage zu wöchent-
lichen Arbeitslosenunterstützung für di»
Wintermonate gewählt.
Nachdem ein großer Kiel« vom Lohn-'
una Gehaltsempfängern zur Zelt erneut
ein« einmalige Zulage von ihrem Arbeit-
geber erhält, ist die Geltungsdauer für die
Zahlung der laufenden Zulage für di»
Empianger von Arbeitslosenunterstüt-
zung, die nur für die Wintermonate vorge-
sehen waren, bis auf weiteres ausgedehnt
worden.
Gleichzeitig mit dieser Aufbesserung dter
Unterstützungssätze für Arbeitslose ist für
di« zurückgekehrten Kriegsgefangenen,
die nach einer Ausnahmeregelung ohne
den Nachweis einer Anwartschafts zeit Ar-
beitslosenunterstützung nach einem be-
stimmten Einheitssatz erhalten können,
angeordnet worden, daß für di« Bemes-
sung der Unterstützungshöhe künftig das
während einer kurzfristigen Beschäfti-
gung erzielte Arbeitsentgelt zugrunde ge-
legt wird, wenn sich dadurch ein höherer
Unterstützungssatz ergibt.
Zusätzlicher Verdienst!
För jeden. Leichte Arbeit zuhause.
1 Stunde tfiglldi z. Züchten von weißen
Mausen und Meerschweinchen für
Laboratorien.
Sofortige Lieferung. - Absatz
der Tiere vertraglich garantiert
Auskünfte gegen Einsendung von 30.: ft'rs.
Sonderbedingungen. Ang. BROTHfER M.
3 Melntenon (E. A L.)
Seite 5
Wichtig für „Saar-Grenzgänger"
Am 8. 2. 1950 hat di» Geschäftsstelle
• -omburg, auf Grund mehrerer Be-
schwerden ihrer Mitglieder eine Eingabe
an das Landespaßamt gerichtet, um für
die Grenzgänger, die im Sommer mit
ihrem lahrrad und im Winter mit der
Eisenbahn nach und vom der Arbeits-
teile fahren die zweite Uebergangs-
' stelle auf den Grenzpaß vermerken zu
lassen.
Unsere Kollegen begründen ihre For-
derung, daß sie im Nebenberuf noch
Landwirtschaft betreiben. Es betrifft vor
ailem für die Arbeiterschaft aus dem
Grantal zu, daß sie im Sommer mit
dem Fahrrad über Eichelscheid und im
Winter mit der Eisenbahn über Jäcrers-
burg fahren.
Bis zur Einziehung und Verlängerung
der Grenzgängerpässe, waren" zwei
Übergangsstellen eingetragen; als die
Pässe wieder vom Arbeitsamt zurück
kennen und ausgehändigt wurden, war
eine Uebergangssteile und zwar Eichel-
scheid ausgestrichen.
Auf unsere Eingabe wurde uns am
10. 3. 50 folgendes Antwortschreiben
übersandt:
Abschrift.
Regierung des Saarlandes
Ministerium des Innern
Landespaßstelle
D 2 - 1320 — Tgb. Nr. 415/50
Saarbrücken, den 9. 3. 50.
An die
Einheitsgewerkschaft
— Kreisgeschäftsstelle —
Homburg - Saar
v. Denisstr. 1
Betrifft : Genehmigung weiterer
Grenzübergangsstellen an Grenzgän-
ger.
Ihrem Anträge, einer größeren Anzahl
von Grenzgängern mehrere Grenzüber-
gangsstellen auf der Gre nzgängerkarta
zu vermerken, können nur einer be-
schränkten Anzahl und bei erwiesener
Notwendigkeit für eine weitere Ueber-
gangsstelle stattgegeben werden. Un-
ter Vorlage der Gremzgängerkarte mit
den erforderlichen Beweisunterlagen
ist vom Interessenten ein Antrag auf
Genehmigung der zweiten Grenzüber-
gangsstelle bei dem zuständigen Bür-
germeisteramt- zu stellen.
L A.
gez. Zimmermann
Reg.-Amtmanni
„E K“ EINHEITSPREIS-KAUFHAUS f. d.
Werktätigen. Gut und billig: Textilwaren,
Schuhe usw. Stets Sonderangebote,
49 St. loh. Markt 49.
Internationaler Suchdienst, Arolsen bei Kassa!,
suchte
Niebudek, Josef, Pole, gab 1928/29 in Kiele»,
letztbekannte Adresse: Saarbrücken,
Altenkesseler Straße;
Damarf, Raymond Jules, Belgier, geb. 26. 9. 28
in Athua, wurde am 19. 6. 44 nach Buchen-
wald deportiert;
Zu de ft OstecfeieclaqeH
a£ien Qemetkschafiiem
und £eseen
die testett Wünsche!
Restaurant „Treff $ punkt“
SAARBRÜCKEN 3 * DUDWEILERSTRASSE 33
- Inh.: LAND SCHMITT SEPP
bringt den Vereinen u. Gewerkschaften seinen modern eingerichteten
300 Personen fassenden
Versammlungs- Saal Erinnerung.
Versorgung - Soziale Sicherheit
(Fortsetzung und Schluß)
Aber auch die Sozialversicherung für
sich allein betrachtet, bietet ebenfalls ge-
nügend Anlaß zux Kritik. Seit 70 Jahren
©twa sparen Millionen und aber Millionen
von Versicherten ihre Beiträge, um durch
Ansammlung von bedeutenden Summen
die Auszahlung der Rentenleis hingen in
Zeiten der Not zu ermöglichen. Versiche-
rung bedeutete ehemals Sicherheit. Die
bürgerlich kapitalistischen Mächte aber,
die die Sozialversicherung geschaffen ha-
ben, haben ln zwei Weltkriegen die äu-
ge sammelten Reserven verpulvert, und
was danach noch blieb oder wieder ge-
spart wurde, fiel den Krisen des Kapita-
lismus (Inflation, Arbeitslosigkeit) zum
Opfer, so daß heute für die aus Genera-
tionen von Menschen herrührenden Ren-
tenansprüche und Anwartschaften keiner-
lei Mittel mehr vorhanden sind, womit
dann aber der Versicherungsgedanke als
zerschlagen betrachtet werden kann.
Heute kann pur das ausgezahlt werden,
was die Allgemeinheit zu geben bereit ist.
Hier wollen wir die Versicherten, die
durch den Umstand, daß ihre Ansprüche
in Versicherungsrecht gekleidet sind, dar-
auf hinweisen, daß ihr Blick zu sehr auf
die Versicherungsträger gerichtet ist. Iil
Wahrheit haben die versicherten Arbeiter,
Rentner und Pensionäre Ansprüche auf
Sicherung ihres Daseins gegen die Allge-
meinheit, der sie ja durch ihre Arbeit das
Bestehen ermöglichten und ihr sogar zu
Wohlstand verhalten bezw. verholten ha-
ben.
Wir haben eben festgestellt: Versiche-
rung bedeutet Sicherheit, um danach aus-
drücklich festzustellen, daß die Sozialver-
sicherung diese Sicherheit heut» nicht
mehr bieten kann.
Versicherung bedeutet aber auch, da
sich Leistung und Gegenleistung ent-
sprechen, und daß bei gleicher Leistung
gleiche Gegenleistung zu erwarten ist, das
heißt wir halten es für selbstverständlich,
daß in der Zuerkennung und Bemessung
der Leistungen zur Milderung der sozia-
len Nöte oder zur Sicherung der gefähr-
deten Existenz Gerechtigkeit walten muß,
soziale Gerechtigkeit.
Wer wagt es aber, es als gerecht zu
bezeichnen, wenn in der Unfall versiehe* *
rting bei gleicher Erwerbsbeschränkung
und bei gleichen beruflichen Vorausset-
zungen die Rente des einen etwa dreimal
so hoch ist wie die des anderen, bloß des-
halb, weil der Unfall des letzten vot 25
Jahren stattgefunden hat; wenn in der
hüttenknappschaftlichen Pensionsversi-
cherung die Witwe oft eine niedrigere
Rente erhält als di« Waise, oder wenn di»
Waisenrente über der des Versicherte»
liegt; wenn in der knappschaffliehen Ren-
tenversicherung bei zwei Kohlenhauern
mit gleicher Dienstzeit di» Rente des ei-
nen dreimal so hoch sein kann wie di«
des anderen.
Wir wollen noch auf einen weiteren Um-
stand aufmerksam machen, der uns di«
Reformbedürftigksit der Sozialversiche-
rung noch von einer anderen Seite her be-
leuchten soll.
Der Bergmann Müller aus B. ist Kriegs-
versehrter und hat nach seiner Wiederan-
fahrt auf der Grube einen Unfall erlitten.
Er ist daher wegen Berufsunfähigkeit von
der Saar knapp schaft pensioniert, arbeitet
mir einer leichten Beschäftigung weiter, ist
verheiratet und hat 3 Kinder. Wegen sei-
ner Versorgungsrente wendet er sich an
das Versorgungsamt; wegen seiner Unfall-
rente tritt er mit der Bergbau-Eerufsgenos-
senschaft in Verbindung. Wegen seiner
Knappschaftsrente richtet er sich an die
Saarknappschaft; wegen Regelung seines
Anspruches auf Kinderzulage hat er mit
der LandesveTsicherungsanstalt, Abt. Fa-
milienzulagekas&e, zu tun.
* Viermal werden Akten angelegt, Kartei-
karten ausgefüllt, Adremaplatten gestanzt
und was sonst noch alles dazu gehört,
um einen Fall verwaltungsmäßig zu be-
arbeiten. Die Zahl der in diesem einen
Fall tätig werdenden Angestellten und Be-
amten ist garnicht festzustellen.
Ueber die Folgerungen, die aus diesen
Betrachtungen zu ziehen sind, werden wir
in einer der nächsten Nummern berichten.
Seite 6
DIE ARBEIT11
April 1950
M
Ein Vormittag beim Arbeitsgericht
An die Betriebsräte und an die
Kreisverwaltungen
Es wird gebeten, ta den Betrieben um-
gehend Erhebungen darüber anzu stellen,
inwieweit noch Lohn- und Gehaltsemp-
fänger vorhanden sind, die während des
letzten Krieges zu Schanzarbeiten einge-
setzt waren, ohne daß ihnen dafür Be-
siige ausbezahlt wurden.
Die Betriebsräte und Kreisverwaltuai-
gen wollen die gemachten Erhebungen
alsbald an die Hauptverwaltung
übermitteln.
Zufriedene Mitglieder
Wir haben schon wiederholt darüber be-
richtet, daß die Abteilung Rechtsbera-
tung und Rechtschutz von den Mitgliedern
unter den gewerkschaftlichen Einrichtun-
gen mit am meisten in Anspruch genom-
men wird.
Diese Abteilung, die jährlich Tausenden
von Mitgliedern mit Rat und Tat zur Seite
steht und die durch Rechtsberatung vor
Schaden bewahrt und ihnen durch den ge-
währten Rechtschutz zu ihrem Rechte ver-
hütt, erstreitet jährlich viele Millionen
vorsnthaltene Lohn-, Urlaubs- und andere
Gelder für die Mitglieder.
Es ist nichts Seltenes, daß die Gewerk-
schaft von ihren Mitgliedern Briefe be-
kommt, in denen diese Leistungen beson-
ders anerkannt werden, wie e-s beispiels-
weise der nachfolgend abgedruckte Brijef
wiederum beweist.
An die
Einheitsgewerkschaft der
Arbeiter, Angestellten und Beamten
des Saarlandes
Kreisgeschäftsstelle
Saarloul«
Alte Brauereislr. 3
Roden, den 37. 3. 1990
Liebe Kollegen!
Ich bestätige hiermit den Eingang der mir
zugesandten
70 952— Franken
als Erlös aus meinem Prozess gegen meine
frühere Firma. Bin sehr erfreut darüber,
daß es Euerem zähen und energischen
Einsatz gelungen ist, mir zu meinem Rechte
zu verhelfen, was mir, das gebe ich zu,
ohne Euere Hilfe nicht gelungen wäre. Ich
danke Euch für die viele Mühe und Arbeit,
die Ihr meinetwegen gehabt habt. Erst
jetzt, wo ich um meinen wohlverdienten
Lohn gebracht werden sollte, habe ich den
Wert der Gewerkschaft erst so richtig
kennengelernt. Ihr könnt Euch darauf ver-
lassen, daß ich von nun an zu Eueren
tüchtigsten Werbern zählen werde.
Mit kollegialem Grüßt
Christian Balg
Saarlouis-Roden
Gerberstraße 4
Wie lange nach ? . . .
... will ein Arbeitgeber seinen Arbeitern
verb eten, sich in der Einheitsgewerkschaft
zu organisieren und bei Nichtbefoigung
mit Entlassung drohen?
... wird ein Arbeiter mit 36 Prs. Stun-
denlohn bezahlt?
... weigert sich ein Arbeitgeber, d*e vom
Gesetzgeber bestimmte Ausnahmezulage
von 3000 ffrs. zu zahlen.
...soll auf das Betriebsrätegesetz ge-
wartet werden?
. . dauert es, bis das Tarifvertragsge-
•etz zustande kommt?
... sollen die Gewerkschaftsversammlun-
gen polizeilich überwacht werden?
Aus der Erkenntnis, der breiten Masse
der Schaffenden gegenüber der Willkür
mancher Unternehmer zum Recht zu ver-
helfen, wurden die Arbeitsgerichte ge-
schaffen. In den meisten Fällen sind es
Arbeitnehmer, die entlassen und nirl
durch die Arbeitsgerichte klären lassen,
ob sie zu Recht oder Unrecht aus dem
Betrieb entfernt wurden. Auch treten Fähe
auf, bei denen die Arbeitsgerichte die
Unternehmer für die tarifliche Bezahlung
ihrer Arbeiter und Angestellten verpflich-
ten müssen. Dies ist aber nicht allein die
Aufgabe der /abeitsgeucnte, sondern die
Tätigkeit dieser Gerichte ist je nach Be-
gebenheit bedeutend umfangreicher. Wenn
man den Verhandlungen ab und zu bei-
wohnen kann, und das sei jedem Arbeit-
nehmer empfohlen, dann muß man in vie-
len Fällen die unangenehme Feststellung
machen, daß der Unorganisierte sich
selbst verteidigen muß und daher sein ge-
wünschtes Ziel nicht immer erreicht.
%
Ein Beispiel eines Unorganisierten, der
diesem Umstand einen nich«. unbedeuten-
den wirtschaftlichen Schaden zu verdan-
ken hat, beweist, wie notwendig die Ver-
tretung durch die Gewerkschaft nun ein-
mal ist. Ein Arbeiter eines kleinen Be-
triebes wurde wegen einer Verfehlung
fristlos entlassen. Er klagte beim Ar-
beitsgericht aut Bezahlung des entfallenen
Lohnes für die im Betrieb übliche Kündi-
gungszeit. Nachdem die Verfehlung vom
Kläger zugegeben war und sie al's Grund
zu einer fristlosen Entlassung aus-
reichte, mußte die Klage abgewijesem wer-
den. Bei diesem Falle wäre nichts beson-
deres aufgefallen, wenn sich nicht aus
der eingeklagten Lohnsumme ergeben
hätte, daß der betreffende Unternehmer
nicht einmal den gesetzlichen Mindest-
lohn gezahlt hatte. Hätte der Kläger ei-
nen gewerkschaftlichen Vertreter stellen
können, so hätte für diesen die Möglich-
keit bestanden, die Klage umzufoarmulie-
xen, um den zu wenig erhaltenen Lohn
rückwirkend einzuklagen.
Wer am vergangenen Mittwoch, dem 29.
März, das Arbeitsgericht in Saarlouis be-
suchte, der konnte zwei Verhandlungen
ejleben, die interessant, aufschlußreich
und für die Beklagte bezeichnend wa-
ren. Der Kläger K. war bis zu seiner Ein-
berufung zum Wehrdienst als Leitungs-
aufseher bei der Merzig-Büschieldler Ei-
senbahn beschäftigt. Vor etwa zwei Jah-
ren kehrte dieser aus der Gefangenschaft
in seine Heimat zurück und seilte sofort
seine Arbeitskraft der Bahn zur Verfü-
gnug, wurde aber aus politischen Grün-
den nicht eingestellt. K. ließ die vorge-
brachten Gründe seitens des Unterneh-
mens nicht gelten und betrieb seinje Epu-
ratäan. Nachdem er diese erhalten hatte
und als Mitläufer eingestuft worden war,
bewarb er sich erneut um seine Stelle.
Wieder fand man seitens der MBE unan-
nehmbare Gründe, die die Einstellung des
Klägers verzögerten. Die Gewerkschaft
legte ihm nahe, sein Recht durch das Ar-
beitsgericht zu suchen. Es kam zur Ver-
handlung, und als deT Vertreter der MEB
seine Einwendungen machte, die dler Rich-
ter absolut nicht akzeptieren konnte und
auf den § 13 des Bereinigungsgesetzes
fußten, machte der Richter eine Bemer-
kung, die im Zuhörerraum schaltendes
Gelächter ausiäste. D'.e Klage lautete auf
Anerkennung des Dienstverhältnisses
durch die MBE. Diese hatte dem Kläger
niemals gekündigt, so daß die Beklagte
wohl oder übel, nach langem Zögern und
Ueberwindung einer „Angstpsychose“ des
mit Vollmachten des Geschäftsführers
ausgerüsteten „Vertreters“ der MEB auf
einen Vergleich eingehien mußte. Danach
besteht das Dienstverhältnis des K. nach
wie vor und die MBE ist verpflichtet, ihn
einzustellen und seinen Lohn seit derEpur
ration nachzuzahlen.
Aber nicht immer sind es Arbeiter und
kleinere Angestellte, die die Hilfe der Ar-
beitsgerichte in Anspruch nehmen müs-
sen, sondern es gibt auch höhere Ange-
stellte und Beamte, die
durch den Arbeitsrichter eine Entschei-
dung herbeiführen müssen. Am gleichen
Mittwoch fand in Saarlouis eine Verhand-
lung des ehemaligen Direktors He. der
Merzig-Büschfelder Eisenbahn statt, der
mit Hilfe des Gerichtes gegen das ge-
setzwidrige Verhalten der Geschäftsfüh-
rung ankämpfen mußte. Der Zuschauer-
raum wot wie auch beim vorgenannten
Falle fast bis auf den letzten Platz besetzt,
meistens ^Arbeiter und Angestellte der
MBE. Der Kläger stellte zu Beginn der
Verhandlung den Antrag an das Gericht,
daß dieses feststellen möge, ob das Ar-
beitsverhältnis auch in seinem Falle noch
besteht. Die Verhandlung währte nicht
lange. Der Arbeitsrichter stellte an die
Beklagte mehrmals die Frage, ob dem
ehemaligen Direktor gekündigt worden
sei, worauf dieser verneinte. Im Verlaufe
dei Verhandlung trat nur zu deutlich zu-
tage, daß das Arbeitsverhältnis besteht
und niemals gekündigt war. Der Kläger
war darüber hinaus in der Lage, einen
Dienstvertrag auf Lebenszeit, wie bei der
SEB, vorzulegen. Auch in diesem Falle
war die Beklagte zu einem Vergleich ge-
nötigt, so daß Herr He. seinen Dienst wie-
der an treten kann.
Wenn wir den letzten Fall in der „Ar-
beit“ ebenfalls kurz zitieren, so geschieht
es deshalb, weil der ehern. Direktor auf
eine rechtswidrige Art und Weise
seines Amtes enthoben wurde und stets
als Fachmann mit gesundem Sozial- und
Rechtsempfinden geachtet war. Das ge-
samte Personal hatte sich unlängst 100-
prozentig für die Wiederkehr des H. m
einer Betriebsversammlung ausgespro-
chen. Ein Zeichen dafür, daß das Perso-
nal seinerzeit gerecht behandelt wurde
und ihrem Vorgesetzten vertrauten. Wiel-
che Zustände heute herrschen und welch*
Gründe eine Rolle spielen, daß beide
Kläger noch nicht im Dienst sind, wer-
den wir in einem ausführlicheren Bericht
in einer der nächsten Nummern kommenr
tieren.
Eines steht fest, daß auch dieser Be-
trieb sich dem Recht beider Arbeitnehmer
beugen muß, und daß irgendeine Rück-
sichtnahme auf Einzelinteressen oder gar
parteipolitische Zielsetzungen auf keinen
Fall in Frage kommen kann und darf.
J. Wb
Herausgeber: Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, Brauersti. 6-8,
Verantwortlich für den Gesamtinhalt: Heinrich
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schuhler, Industrieverbände, Jugend
sowie Feuilleton J. P. Wambach. — Druck»
Druckerei Saar-Zeitung Dr. Nikolaus Fontaine«
KONSUMGENOSSENSCHAFT
FBANTZEN
/ Qutec Plan
Nachdem der Frühling im Lande wieder
seinen Einzug gehalten hat, ist die Zeit
des Wanderns und der „Fahrten ins Blaue“
gekommen. Wie im vergangenen Jahr
werden von den Betriebsgruppen auch
in den kommenden Monaten derartige Er-
holungsfahrten für die Belegschaften ver-
anstaltet, die «ich sicher reger Beteili-
gung erfreuen werden. So wollen wir
schon jetzt an die Erholungsstunden den-
ken und durch folgenden Bericht über
e-’ne Fahrt ins Blaue den Funktionären
und Gewerkschaftsmitgliedern zeigen, wie
durch Initiative und Kameradschaftsgeist
auch auf dem Gebiete der Freizeitge-
staltung etwas wirklich Schöne« vollbracht
werden kann. Damit solohes Werk gelingt,
muß man allerdings rechtzeitig planen
und mit Lust und Liebe dabei sein.
Funktionäre stellen fortwährend einen Teil
ihrer freien Stunden der Allgemeinheit zur Ver-
fügung. Ganz gleich wo sie stehen, Freizeit
gilt es jederzeit zu opfern. Daß nach Wochen
und Monaten angestrengter Tätigkeit der Ge-
danke eines Ausgleiche auftaucht, oder die
bessere Ehehälfte eine nicht unberechtigte For-
derung stellt, wonach der Ehemann die Fa-
milie nicht benachteiligen darf, ist nur zu gut
zu verstehen. So war es zu begrüßen, daß tn
einer Funktionärsitzung des 1- V. VerkehT und
Transport, Betriebsgruppe, der Saarbrücker
Straßenbahn der Vorschlag gemacht wurde,
eine „Fahrt bis Miaue“ zu veranstalten. Ein
herrliches Wetter bot Gelegenheit zur genüge.
An einem frühen Sonntagmorgen setzten
sich die beiden Autobusse mit 75 Teilnehmern
in Richtung Elsaß in Bewegung. Im flotten
Reisetempo führte der Weg über Saargemünd,
Saaralben, Saarunion, Drufingen nach Lützel-
- gut getan !
stein. Nach einer Frühstückspause hatten die
Teilnehmer Gelegenheit, die Burg, die ihrer
schönen Lage wegen auf steiler Bergeshöhe
•inen nachhaltigen Eindruck hinterließ, zu be-
sichtigen. Weiter ging die Fahrt an schönen
Sägemühlen und Höfen vorbei ins Zinseltal.
Die Verhältnisse, die in Grafthal sich darboten,
sind bemerkenswert, denn dieser Ort ist durch
seine noch jetzt benutzten Höhlenwohnungen
bekannt. Es war dies früher, ehe die Holz-
industrie bis nach hier vordrang, eine sehr
arme Gegend und es scheint bis heute auch
noch nicht besser zu sein, denn sonst
dürften di« Höhlenwohnungen längst der Ver-
gangenheit angehören. Die Fahrtroute führte
die Funktionäre mit ihren Frauen weiter nach
Phalzbourg, ein hübsches kleines Kanton-
städtchen mit einem großen Marktplatz, der
früher als Exerzierplatz diente, als es noch
Festung war. Nach Genehmigung eines kurzen
Frühschoppens, gings dann weiter nach
Lützelbourg im Zomtal. Hier war die
große Mittagsrast vorgesehen, die aber
nicht elngehalten werden konnte wegen un-
günstiger Platzgelegenheit. Es war sehr schade,
denn viele hatten sich schon auf die Burgbe-
sichtigung gefreut. Vielleicht bietet sich später-
hin einmal Gelegenheit um dies nachzuholen.
Um nun einen Ausgleich zu schaffen fuhren
wir kurz entschlossen nach Dagsburg. Dieser
Abschnitt der Fahrt wird den meisten unver-
geßlich bleiben. Wunderbar windet sich di«
Straße über Schäferhof durchs Tal aufwärts.
Imposant war der Anblick der Leokapelle auf
ihrem hohen Felsen, als wir sie nach einer
Kurve mitten über dem Tclende auftauchen
sahen. Bei unserer Ankunft in Dabo um 12,15
Uhr merkte man aber auch, daß es ein
Touristenzentrum erster Ordnung war. In einem
Lokal, das für die Gesellschaft gerade aus-
reichte, wurde nun Mittagsrast gehalten.' Die
Unentwegten hatten sich kaum die Zeit ge-
gönnt, um rechtzeitig auf die Felsenkapelle
zu kommen. Ein anderer Teil war zu bequem,
um die Strapazen des Aufstieges auf
Bich zu nehmen. Herrlich war der Aus-
blick über das weite Lothringer-Land und
die Vogesen. Gegen 15,30 Uhr wurde der Heim-
weg angetreten. Bei Artzviller hatte man noch
Gelegenheit ein Kunstwerk der Technik, den
Kanal- und Eisenbahntunnel sich anzusehen,
ein Bauwerk, das für die meisten der Teil-
nehmer etwas ganz Neues war. In den späten
Abendstunden traf der Transport wieder in
Saarbrücken ein.
Diese Fahrt wird den dabei Beteiligten sehr
lange im Gedächtnis bleiben, war sie docK
getragen von dem Geist echter Kameradschaft
die letzten Endes der Grundzug unserer ganzen
Gewerkschaftsarbeit ist. Auch möchte ich di«
Worte unseres Vorsitzenden, Kollegen Adolf
Presser, nicht unerwähnt lassen, die er in
seiner Ansprache an die Teilnehmer gesprochen
hat, als er erklärte, was eigentlich der ZwecK
dieser Fahrt war. Er sprach von dem inneren
Zusammenhalt der einzelnen Funktionäre unter
sich und bat sie, diesen Zusammenhalt auch
auf die anderen Betriebs- und Gewerkschafts-
kameraden zu übertragen, damit unsere ge-
werkschaftlichen Ziele auch den Boden finden,
auf dem sie gedeihen können. B,
j Eilig.: 2 J AVR. 1950
Aula.
I weiter an
4. Jahrgang
Saarbrücken, 20, April 1950
Nr. S
WELTFEIERTAG DER ARBEIT!
von HEINRICH WACKER
Am 14. Juli dieses Jahres sind es 61
Jahre, seit der internationale Arbeiter-
kongreß in Paris zu einer einheitlichen
Kundgebung der gesamten Arbeiterschaft
der Welt aufrief. Jeher Kongreß erklärte
C3 als Pflicht der Arbeiter aller Länder
am 1. Mai jeden Jahres gegen eine so-
ziale Ordnung zu demonstrieren-, die jede
nersönliche Freiheit unterdrückt, in der
dfe Mensehen 12 und 14 Stunden zu ar-
beiten gezwungen waren, in weicher Kin-
derarbeit eine Selbstverständlichkeit war.
Seit jenem 1. Mai 1890 kämpfen dfe Ge-
werkschaften gegen die Willkür des Un-
ternehmertums, gegen Unterdrückung u.
Ausbeutung. Sie kämpfen um die Gleich-
berechtigung aller Schaffenden in Wirt-
schaft und Staat, um eine neue soziale
Ordnung.
Seit jener Zeit gilt aber auch ihr Kampf
dem Unverstand der Massen und deT ln-
teressenlosigkeit eines großen Teiles der
Werktätigen, die schon wieder verges-
sen haben, daß noch vor wenigen Jah-
ren dfe Gegner der Gewerkschaften nicht
dflavor zurückschreckten, die Kämpfer für
Freiheit, Demokratie und soziale Gerech-
tigkeit in Gefängnisse, Zuchthäuser und
Konzentrationslager zu werfen, ja s#e
selbst ihres Leben» beraubten.
Der alle Völker umschließende Feier-
tag der Arbeit soll auch in diesem Jahr
Mahnruf sein, indem wir erneut die Mas-
seü der Schaffenden auffordem, gemein-
sam für eine bessere Zükunftr xu kämp-
fen, indem wir erneut uns der Verpflicn-
ftirtg bewußt werden, die wir an fernem
14. Juli Jöä? übernommen, den schaffen-
den Menschen einer besseren Zukunft ent-
gegenzwführen, einem Leben der sozia-
len Sicherheit und Würde.
Die hinter uns liegende Erfahrung der
letzten Vergangenheit, mit dem erneuten
Verlust der persönlichen Freiheit, hat
die schaffenden Menschen innerhalb un-
serer Gewerkschaftsbewegung zusam-
men geführt. Alle, ohne Unterschied der
Partei und sorialen Rangstellung mar-
schieren an diesem 1. Mai wieder zu
Tausenden, um für ihre Forderungen, für
eine ausreichende soziale Versorgung,
gerechte Entlohnung und Gleichberechti-
gung in Wirtschaft und Staat zu demon-
strieren.
Sfe marschieren in dem Bewußtsein,
daß heute mehr denn je die Einigkeit al-
ler Schaffenden notwendig fst, um die
Wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele
der Gewerkschaften gegenüber dem wie-
dererstarkten Unternehmertum im unse-
rem jungen Staat durchzusetzen.
In dem Bewußtsein, daß die politische
Demokratie nur eine Halbheit ist, gilt, un-
ser Streben der Verwirklichung der in der
Verfassung festgelegten Grundsätze zur
Schaffung einer Wirtschaftsdemokratie.
D;C letztere allein ist die Voraussetzung
der sozialen Befriedigung und der wirt-
schaftlichen Entfaltung. Nur in der Wirt-
schaftsdemokratie ist eine tatsächliche u.
erfolgreiche Mitbestimmung im Betrieb
und in der Gesamtwirtschaft möglich.
Die organisatorische Macht des Unter-
nehmertums tritt heute wieder in ver-
stärktem Maße dem Wollen der gewerk-
schafrtich-organrtierten Kräfte entgegen.
Sie nimmt für sich das alleinige Mitbe-
stimmung® recht in der Wirtschaft in An-
spruch. D e Arbeitrehmerschaft des Saar-
iandes fordert seit Jahrsn das volle Mit-
bestimmungsrecht im Betrieb und in der
Wirtschaft. Das Betriebsrätegesetz ist
Ausgangs stufe in dieser Entwicklung. Die
paritätische Besetzung der Körperschaf-
ten in der Wirtschaft, die Nationalisierung
der Grundstoffindustrien sind die weite-
ren Etappen und Aufgaben auf dem von
uns zu fliehenden Wege, der allem zur Be-
friedigung der Menschen, zur Schaffung
einer besseren sozialen Ordnung führen
kann und zugleich Voraussetzung eines
endlichen Völkerfriedens ist.
Die bis jetzt im Saarland öurchgeftihrtef
staatlich gelenkte Lohnpolitik ist ohne
Rücksicht auf die dauernde Steigerung
der Arbeitsleistung und ohne Rücksicht
«rät die dauernden Preissteigerungen zurrt
Nachteil aller Schaffenden durchgeführf
worden. Es ist Pflicht der Regierung des
Saarlandes, das Tarifvertragsgesetz mit
Schlichtungswesen endlich Gesetz werden
zu lassen, damit den Arbeitnehmeroiga-
hisationen die Möglichkeit gegeben wird,
entsprechend der Struktur der saarländi-
schen Wirtschaft und der Leistung der
Arbeitnehmer, durch Abschluß von Tarif-
verträgen wieder zu einer gesunden Lohn-
politik und einer Besserung des Lebens-
standards zu kommen. Auf die Dauer
kann eine Volkswirtschaft fficht dazu die-
nen, die Gewinnquoten eiäffldm'et sicher-
zustelJen, sondern die Wirtschaft .hat den
Zweck, all denen, die in der Wirtschaft
tätig sind, eine Lebenssiche'rung zu
schaffen.
Ebenso notwendig ist aber auch die
Sicherung der Lebensstellung der arbei-
tenden Menschen, sei es bei Krankheit,
Unfall, Invalidität usw. Es ist ein unmög-
licher Zustand innerhalb des demokrati-
schen Staates, daß Menschen nach jahr-
zehntelanger Tätigkeit in dieser Wirt-
schaft heute Renten beziehen, die unter
den Sätzen der Wbhlfahrtsönterstützung
liegen. Wohl sind wir durch den Krieg
arm geworden, doch hier hat der Staat
und dfe Gemeinschaft die Pflicht, diesen
Notzustand gemeinsam zu überwinden u.
die Zuschüsse zu leisten, die die Ver-
sicherungsträger in die Lage versetzen,
die Renten der Lebenshaltung anzupas-
sen.
Zur Erhaltung der Arbeitskraft und der
Gesundheit unseres Volkes ist dem so-
zialen Wohnungsbau innerhalb der ge-
samten Bauwirtschaft die Priorität ein-
züräumen. Wohl hat der Staat im Rahe
men seiner Möglichkeiten Mittel zur Ver-
fügung gestellt um der Wohnungsnot zu
steuern, aber die zur Verfügung gestell-
ten Mittel reichen bei weitem nicht aus,
auch nur in etwa diesen Notzustand zu
beheben. Nicht zuletzt haben die gemein-
nützigen Baugenossenschaften in allerer-
ster Linie als Träger des sozialen Woh-
nungsbaues ein Recht darauf, die volle
Unterstützung des Staates für sich in An-
spruch zu nehmen.
Die Trümmer unserer Städte, die ma-
terielle und geistige Notlage unseres Vol-
kes dis Folge des Krieges, der pikta-
tur und einer Wirtschaftsordnung, die uns
die Vergangenheit auf gezwungen hat,
müssen uns endlich zu der Erkenntnis
bringen, daß nur Einigkeit und Entschlos-
senheit uns die Macht verleihen, diese
An alle Schaffenden des Saarlandes
Wiederum Feiern wir den Ehrentag
der Arbeiter, AngesfteUten und Beamten,
den 1. Mai, als den Kampftag all derer,
dfe in einem abhängigen Lahn- oder Ge-
haltsverhältnis stehen.
Dieser Tag, der von unseren Vätern
unter Einsatz aller Kräfte und unter HLnt-
ansetninq jeglicher persönlichen Vorteile
in machtvollen Demonstrattoneh und Wil-
lenskundgebungen begangen wurde, soll
und muß auch heute in entscheidungsvol-
ler Stunde als ein Tag eines einmütigen
Wolfens und Kampfes in die Geschichte
unserer Gewerkschaftsbewegung etn-
gehen.
Unsere Gegner wollen die Arbeiter-
klasse in Uneinigkeit treiben.
Vielfach ist die Not, die uns auf den
Nägeln brennt und den sozialen und wirt-
schaftlichen Aufbruch der Arbeitnehmer
zum Gebot der Stunde macht.
Wir wissen, daß «ine neue Gesell-
schaftsordnung nicht geschaffen werden
kann durch Uneinigkeit.
Wir wissen, daß nur in einem intensive»
Kampt um die Besserstellung der Arbei-
terschaft und in einer völligen Fin-
müUgke’it der Schlüsse! zum Erfolg
liegt.
Die Einheitsgewerkschaft hat seit ihrem
Bestehen alles durchgeselzt und nichts un-
versucht gelassen, das schaffende Volk
aus dem Chaos des Krieges und der
Nachkriegszeit so schnell wie möglich
herauszu führen.
Eine ganze Reihe von Erfolgen konnte
sie auf IhTem Konto buchen.
(Fortsetzung Seite 2)
Ü
rrrr
Hf
Kräfte niemals wieder zur Macht kom-
men zu lassen, die in einem neuen Krieg
all das wieder zerstören, was die arbei-
tenden Menschen an Werten und Wohl-
stand schaffen.
Einig und geschlossen wird der letzte
Kollege und jungte Kamerad an diesem
f. Mai in einer mächtigen Großkundge-
bung demonstrieren im Kampf um
ein einheitliches und fortschrittliches
Arbeitsrecht für das gesamte Arbeiter-
tum,
für ein Betriebsräieg.esetz, das die volle
Mitbestimmung und Gleichberechtigung
der Arbeitnehmer sicherstellt,
für die Schaffung eines Tarifvertrags-
rechtes mit Schlichtungswesen,
für den Ausbau des Kündigungsschut-
zes und des Kündigungsrechtes,
den Ausbau der Jugendarbeitsschutz-
gesetzgebung,
die endgültige Reform der gesamten So-
zialversicherung mit dem Ziel, den Ver-
sicherten eine ausreichende. Lebenshal-
tung bei vorübergehender oder dauern-
der Erwerbsunfähigkeit zu sichern
durch Anpassung der Renten an die
Löhne und Gehälter,
für die restlose Verwirklichung der Zen-
tralisation der Versicherungsträger zur
Beseitigung der unwirtschaftlichen Zer-
splitterung, zum Zwecke der Vereinfa-
chung und Verbilligung der Verwaltung
und der schnellsten Durchführung der
Selbstverwaltung mit dfem maßgeben-
den Einfluß der Versicherten.
Die Verwirklichung dieser Forderungen
ist die einzige Garantie für den Erhalt der
persönlichen Freiheit, für den Wiederauf-
bau einer Wirtschaft, die dem Frieden
dient und in der dfo soziale Gerechtig-
keit absoluter Grundsatz ist.
Unsere Mai-Demonstration soll aber
auch erneut der Welt zeigen, daß die Ar-
beitnehmerschaft an der Saar bereit ist,
alles einzusetzen ftÄr die Verständigung
der Völker, für einen gerechten Frieden
und damit einer neuen Ordnung Europas,
Die zentrale Maikundpüung
in Saarbrücken
Aufstellung: 9.00 Uh* am Ludwigsberg.
Kundgebung: gegen 10:30 Uhr auf dem
Landwehrpfatz,
Anmarschweg: Der Demonstrationszug
bewegt sich durch folgende Straßen: Trie-
rer Straße, Bahnhafst*., Mainzer Straße,
Arndstraße, Mäx-Braun-Straße, Land“
wehrplatz.
Zubring erdien st:
Bei der Eisenbahn verkehren die fahr-
planmäßigen Züge des Sonntagsverkehrs.
Für alle Fahrten nach Saarbrücken wird
eine Fahrpreisermäßigung von 30 Prozant
gewährt. Die Arbeiterwochenkarten ha-
en laut Mitteilung der Eisenbahndirek-
tion trotz des Feiertages auch am 1. Mai
Gültigkeit.
Die Straßenbahnen verkehren am 1. Mai
wie üblich.
Inwieweit sonstige Verkehrsmittel ein-
gesetzt werden (Autobusse usw.), wird
durch Rundschreiben der Lidustriever-
bände noch bekanntgegeben.
Folgende Zü^e verkehren am 1. Mat
*950 auf den Hauptstrecken:
J. Strecke Saatpemünd—Saarbrücken: An-
kunft: 8.38 Uhr.
Abfahrizellen: Hinweiler-Ri chingen 8.08
Uhr; Auermacher 8.14 Uhr, Kleinblitters-
dorf 8.18. Bübingen 8.22, Güdingen 8.20,
Brebach 8.31.
2. Strecke Homburg—Kirkel—Saarbrücken
Ankunft: 9.04 Uhr.
Abfahrtzeiten: Homburg 8.19, Homburg-
West 8.23, Limbach 8t28, Kirkel 8.35, Rahr-
bach 8.43, St. Ingbert 8.49.
9. Strecke Homburg—Einöd—Saarbrücken.
Ankunft: £.19 Uhr.
Abfahrtzeiten: Homburg 7.57, Beeden
8.02, Schwarzenacker 8.06, Ein öd 8.20,
Bierbach 8.26, Lautzküchen 8.31, Würz-
Seite 2
DIE ARBEIT“
April 1950
*«
buch 8.39, Hassel 8.45, Rohrbach 8.50,
St. Ingbert 8.56, Rentrich 9.02, Schaidt
9.06, Bischmisheim 9.11.
4. Strecke Saarhöbbach—Saarbrücken.
Ankunft: 8.39 Uhr.
AbfahTfzeiten: Saarhölzbach T.13, Mett-
lach, 7.18, Besseringen 7.23, Merzig 7.3|,
Fremersdorf 7.42, Backinjeu 7.48, Dillia-
gen 7.55, Saarlouis 8.0i, Ensdorf 8.07,
Bous 8.13, Völklingen 8.21, Luisenthal
8.28, Burbach 834.
5. Strecke Türkismühle—Saarbrücken: An-
kunft: 8.05 Uhr.
Abfahrtzeitan: Türkismiihle 5.58, St.
Wendel 636, Ottweiler 6.54, Wiebalsldr-
chen 7-Qö, Neunkirchen 7.20, ^andswei-
ler-Reden 7.28, BÜdstock 7.34, Friedrichs-
thal 739, Sulzbach 7.47, Dudweiler 7.55,
Jägersfreude 7.59.
6. Stracke Nonnwei er—Wadern—Saar-
brüken: Ankunft: 7.45 Uhr.
Abfahrtszeiten: Wadern 5.16, Lebach
6.07, Wemmetsweiler 7.09, dann wie
Nr. 7.
7. Strecke Neuzjdicfcen—Wemmetsweiler:
Ankunft; 7.45 Uhr.
Abfahrtszeiten: Naunkirchen 6.37, Schiff-
weilar 6.44, Wemmetsweiler 7.09, Merch-
weiler 7.13, Quierschied 7.36, Schleif-
miiiile 7.42.
Ortsausschuß Saarbrücken
PROGRAMM
am 1. Mai 1950 für die Stadt Saarbrücken.
9.00 Uhr: Aufstellung am Ludwigsberg
zur Demonstration. Der Dsmonsüations-
zug bewegt sich durch folgende Straßen;
Trierer Straße, ßabuhofstraße, Mainzer
Straße. Arndtstraße, Max-Braun-Straße,
Lcnäwefcrpfafz. 1030 Uhr: Kundgebung.
Abendveranstaltungen
ab 7.00 Uhr m folgenden Lokalen:
Wartburg: Von 19.00—21.90 Uhr künst-
lerische Darbietungen unter Mitwirkung
namhafter Künstler des Sfcxdtthnaters
Saarbrücken und von Rundfunk; anschlie-
ßend bis 3 Uhr Tanz. Es spielt die Ka-
pelle Heinz Gebhardt.
Keglar heim: Von 19.00—20.30 Uhr künst-
lerische Darbietungen, ausgeführt von
namhaften Künstlern des Stadttheaters. Es
spielen zum Tanz zwei Kapellen.
Dieselben künstlerischen Darbietungen
mit anschließend Tanz in folgenden Lo-
kalen:
Grmdi: Dudweiler Straße (Unioa-TbecL,
Gasthaus Jum Hirsch“, Saarbrücken 6,
Saargemünder Str.
Lokal ,Zum Treffpunkt“, Dudwei er Str.,
{gegenüber Beethovenplatz).
Auf der „Bellevue“.
Lokal Ho! zwarft», Saarbrücken 2, Rast-
p uhL
In den genannten Lokalen wird kein Ge-
tränke auf sch’ag erhoben. Die Getränke
werden zu den üblichen Preisen verab-
reicht
An alle Schaffenden!
(Fortsetzung)
Vieles bleibt aber noch zu tun in diesem
Kampf.
In einem neuen Betnebsrätegesetz muß
das Mitbestimmungsrecht der
arbeitenden Menschen tn Betrieb, Wirt-
schaft und Staat gesetzlich veran-
kert werden.
Das Tarüvertragsgesetz muß die Tarif-
vertragsfreiheit bringen und damit dem
Zustand der staatlich gelenkten Lohnpo-
litik ein Ende bereiten.
Ein Kündigungsschutzgesetz muß ge-
schaffen werden, das jedem seinen Ar-
beitsplatz sichert
Wir fordern einen weiteren Aus- und
Au b u der ger am'en Sozialgesetzgebung,
um damit den Rentnern und Pensionären,
den Opfern des Krieges und der Arbeit
und den Kranken eine sichere Existenz-
grundlage zu gewährleisten.
Ais vordringlichste Aufgabe betrachten
wir die stärkste Förderung des sozialen
Wohnungsbaues als Voraussetzung für
eine gesunde Weiterentwicklung unseres
Volkes, insbesondere der Jugend.
Dia Mitbestimmung in der gesamten
Wirtschaft unseres Staates ist unerläß-
liche Voraussetzung zur Schaffung einer
Wirtschaftsdemokratie und zur Sicherung
des Fr edens u d der Völkerverständigung.
SCHAFFEND! DES SAARLANDES!
VEREINT werden wir Armut und Ausbeu-
tung überwinden und eine Welt
das Wohistcnces und der Sicher-
heit schaff an!
VEREINT werden wir Tyrannei und Unter-
drückung Gusmeizen und eine
Welt der Freiheit und Menschen-
würde errichten!
VEREINT werden wir die Kriegshetzer und
Angriff slustkgen besiegen und
eins Welt des Friedens und der
Gerechtigkeit au [bauen!
Beteiligt Euch an der Großkundgebung
der Einheitsgewerkschaft am 1. Mai in
Saarbrücken!
Es geht um Eure eigene Zukunft und
Existenz!
Es gehl um den sozialen Fortschrift!
Es lebe dar Weltfeiertag der Arbeit!
Es lebe der I-‘ernattoaale Bund Freier
Gewerkschaften I
Dar CevreTRsch-of*'!.Ausschuß
der Einheitsgewerkschaft.
Entscheidende Stellungnahme
des Gewerkschaftsausschusses
Am Donnerstag, dem 6. April 1950, tagte
der Gewerkschaftsausschuß, um zu den
entscheidenden Tagesfragen grundsätz-
lich Steilung zu nehmen. Zur Verhand-
lung standen die Vorgänge der letzten
Wochen innerhalb der Einheitsgewerk-
schaft unter besonderer Betrachtung der
Pressepolemik, das neue, dem Landtag
vorliegende Betriebsräte ge setz, das Ta-
rifvertragsrecht mit Schlichtungswesen
sowie die übrige soziale Gesetzgebung.
Entsprechend einer Eingabe von Mit-
gliedern des Gewerkschaftsausschusses
wurden die Vorgänge bei der Sitzung d.
Ortsausschusses Saarbrücken aufs
schärfste verurteilt. Einstimmig waren die
Mitglieder des Gewerkschaftsausschus-
ses dei Meinung, daß das Verhalten ein-
zelner Mitglieder in dieser Sitzung sich
zum Schaden der Gesamtbewegung aus-
wirken muß, umsomehr als in unsach-
lich sterForm zu den abgeschlossenen
Staatsverträgen Stellung genommen und
die führenden Kollegen in unfairster
Weise persönlich angegriffen wurden.
Der Gewerkschaftsausschuß faßte mit
allen gegen 1 Stimme bei einer Stimm-
enthaltung folgende Enschließung:
Der Gewerkschaftsausschuß der Eir>
heitsgewerksehaft gibt nach eingehender
Aussprache über die nach der Pariser
..„nferenz zum Ausdruck gekommenen
verschiedenartigen Auffassungen seiner
grundsätzlichen Meinung dahingehend
Ausdruck, daß
1. die vorzeitige Abreise der Delegation
des Industrieverbandes Bergbau
durch Beschlüsse der eigenen Orga-
nisation bedingt war. Das Verhalten
der Delegation war somit von den
Beschlüssen der eigenen Organisation
bestimmt.
2. Das weitere Verbleiben und das Ver-
halten des Kollegen Wacker auf der
Pariser Konferenz war durch allge-
mein-gewerkschaftliche u. wirtschaft-
liche Interessen bedingt.
Der Gewerkschaftsausschuß kann
nicht anerkennen, daß aus dem Ver-
halten des einen noch des anderen
Rückschlüsse gezogen werden, die
das Vertrauen zur Einheitsgewerk-
schaft und zu deren Funktionäre un-
tergraben könnten.
Die parteipolitische und religiöse Neutralität
Klar und eindeutig war die Stellung-
nahme der Mitglieder des Gewerkschafts-
ausschusses zur parteipolitischen und
religiösen Neutralität. Mit aller Entschie-
denheit verwahrten sich die Mitglieder
gegen die Einmischung insbesondere der
kommunistischen Parteipresse gegen die
Gewerkschaftspolitik als solche unter be-
sonderer Betonung des Beschlusses des
Kongresses der Einheitsgewerkschaft, der
mit überwältigender Mehrheit den An-
schluß der Einheitsgewerkschaft an den
Internationalen Bund freier Gewerkschaf-
ten beschlossen hat. Der Gewerkschafts-
ausschuß war sich in seiner überwiegen-
den Mehrheit darin einig, daß dieser
Zersetzungsarbeit gewisser Kreise mit
allen Mitteln entgegengetreten werden
muß und daß Mitglieder, die die Partei-
politik in die Bewegung hineintragen,
keinen Platz mehr in der Einheitsgewerk-
schaft haben.
Der Beschluß, die Maidemonstrationen
in diesem Jahr einheitlich zusammen zu -
fassen zu einer Großkundgebung in Saar-
brücken ist darauf zurückzulühren, daß
die Vertreter aller Industrieverbände im
GevJo.rkSchaftsausschuß sich, der kom-
menden großen Aufgaben für die Ver-
wirklichung des Mitbestimmungsrechts
der Arbeitnehmer im neuen Betriebs-
rätegesetz als auch des in Vorbereitung
befindlichen, Tarifvertragsgesetzes mif
Schlichtungswesen bewußt sind und bei
der Maikundgebung auch in breitester
Öffentlichkeit zum Ausdruck kommen
so!’, dcß hinter diesen Forderungen die ge-
schlossene Arbeitnehmerschaft des Saar-
landes steht. Soweit die Abendveranstal-
tungen am 1. Mai stattfinden, isst es Auf-
gabe der Ortskartelle bzw. Ortsausschüs-
se, diese auf eigene Veranlassung und
eigene Verantwortung durchzuführen.
Aber auch dabei soll der einheitliche
Diskussion über die
Einen breiten Raum innerhalb der ge-
samten Diskussion nahm die Weiterent-
wicklung der Sozialversicherung in An-
spruch. Es wird und muß Aufgaben der
Einheitsgewerkschaft sein, bei Schaffung
der neuen Versicberungsordnung die Be-
stimmungen der ehemaligen Brüning’-
schen Notverordnungen endgültig zu be-
seitigen, die Gleichstellung der Witwen
in der Invalidenversicherung analog der
Angestelltenversicherung durchzusetzen
und insbesondere die Altersgrenze für
den Rentenbezug einer besonderen Prü-
fung zu unterziehen.
Der Gewerkschaftsausschuß ist sich ab-
solut einig in dem Bestreben, die Renten
der gesamte! Sozialrentner den tatsäch-
lichen Löhnen wieder anzupassen, um
die noch vorhandene Notlage der Pen-
sionäre, Witwen und Waisen zu besei-
tigen und ihnen in etwa einen anständi-
gen Lebenstandard zu garantieren.
Verschiedene Anfragen betr. der Fa-
mitienkasse, die eine außerordentlich leb-
hafte Diskussion zur Folge hatte, führten
zu der einstimmigen Meinung, daß unter
besonderer Berücksichtigung der saarlän-
dischen Verhältnisse die Familienkasse
und deren Leistungen in der bisherigen
Form weitergeführt werden soll umso-
mehr, als bei eintretender Wirtschafts-
krise es eine besondere Aufgabe für uns
als Gewerkschaft sein muß, den kinder-
reichen Familienvater vor Arbeitslosig-
keit zu schützen.
Die grundsätzliche Frage der Herein-
nähme der Bergarbeiter ln die Arbeits-
losenversicherung wurde vom gesamten
Gewerkschaftsarusschuß bejaht. Die Ver-
treter des Industri'everbandes Bergbau
■wesen auf die bis jetzt durchgeführten
Feierschichten hin und vertraten den
Standpunkt, daß für die Bergarbeiter auch
hier die Arbeitslosenversicherung die
Ausfaliunterstützung bezahlen muß, um
die Bergarbeiterschaft des Saarlandes
vor weiteren Lohneinbußen zu schützen.
Wille der Gesamimiigiiedschaft der Ein-
heitsgewerkschaft zum Ausdruck kom-
men.
Was das Betriebsrat eg es efz selbst an-
belangt, liegt der Entwurf der Einheitsge-
werkschaft nunmehr dem Landtag zur
Beratung vor. Neben diesem Entwurf hat
die Regierung des Saarlandes einen Ent-
wurf ausgearbeitet, ebenfalls die Ange-
stelltenverbände der Christlichen Ge-
werkschaften sowie die Arbeitgeberver-
bände. Für uns als Einheitsgewerkschaft
wird und muß es Aufgabe sein, die in
der Betriebsräteverordnung vom 1. 8. 47
vorhandenen Mängel zu beseitigen und
dafür zu sorgen, daß auch in der Wirt-
schaft durch die Mitbestimmung der Ar-
beitnehmer die Grundlage einer Wirt-
schaftsdemokratie geschaffen wird.
Die Gesetzesvorlage über das vorlie-
gende Tarifvertragsrecht mit Schlich-
tungswesen, das ebenfalls in den näch-
sten Sitzungen dem Landtag vorgelegt
wird und dem bereits verschiedene Aus-
sprachen bei der Regierung vorausgin-
gen, muß in setiner Fassung in den ein-
zelnen Artikeln eine wesentliche Aende-
nmg erfahren. Auch hier wird und muß
es Aufgabe der Vertreter der Einheitsge-
werkschaft sein, alles daran zu setzen,
den seitens der Einheitsgewerkschaft ein-
gereichten Entwurf des Gesetzes zur
Durchführung zu bringen. Die Form des
vorgesehenen Schlichtungswesens und die
bevorstehenden Verhandlungen innerhalb
der Kommissionen des Landtags werden
einer besonderen Beachtung und Be-
handlung bedürfen. Der Gewerkschafts-
ausschuß ist sich darüber einig, daß, so-
bald der Entwurf der Regierung über das
Schlichtungswesen endgültig bekannt ist,
innerhalb des Gewerkschaffsctusschusses
bzw. der zuständigen Kommission eine
besondere Sitzung stattfinden muß.
Sozialversicherung
Der einstimmige Beschluß ging dahin, daß
bei den kommenden Verhandlungen mit
allem Nachdruck gefordert werden muß,
daß die Bergarbeiterschaft in ihrer Ge-
samtheit der Arbeitslosenversicherung zu-
geführt wird.
Unter Punkt Verschiedenes lag ein
Schreiben des Wirtschaftsministeriums
vor zwecks Bildung eines Verkehrsbei-
rates. Die vom Wirtschaftsministerium ge-
machten Vorschläge konnten den Ge-
werkschaftsausschuß keinesfalls befriedi-
gen, umsomehr, als die Besetzung der
Ausschüsse durch Vertreter der Gewerk-
schaften absolut unzureichend ist. Eine
besondere Eingabe an das Wirtschafts-
ministerium ist auf Antrag des Gewerk-
schaftsausschusses bereits erfolgt, und
erst dann, wenn das Wirtschaftsministe-
rium den von uns gemachten Vorschlä-
gen Rechnung trägt, werden seitens der
Einheitsgewerkschaft entsnrechende Vor-
schläge der einzelnen Industrieverbände
für die Vertreter innerhalb der einzelnen
Ausschüsse gemacht. Bei einer unbefrie-
digenden Beantwortung unseres Schrei-
bens hält es der Gewerkschaftsausschuß
für notwendig, in einer besonderen Ein-
gabe an die Regierung die auf ge stellten
Forderungen des Gewerkschaftsaus-
schusses erfolgreich durchzuführen.
* Die bevorstehende Lohnregelung er-
fordert ein einheitliches Vorgehen des
Landesvorstandes der Einheitsgewerk-
schaft, In seinen Beratungen kam des-
halb der Gewerkschaftsausschuß zu
dem einmütigen Beschluß, daß diese die
Ge samtarbeitnehmerschaft betreffenden
Fragen in der Form ihre Erledigung fin-
den müssen, daß in Verbindung mit dem
Landesvorstand diese Forderungen auf
einer gemeinsamen Linie auf gestellt u.
unter Einsatz der ganzen Kraft der
Einheitsgewerkschaft durchgeführt wer-
den müssen. Notwendig für die kom-
menden Lohnverhandlungen ist die Mit-
arbeit der Betriebsräte, die in engster
Zusammenarbeit mit dem Landesvor-
stand das notwendige Material der ein-
• zelnen Unternehmen zur Verfügung stel-
len müssen.
Bei dieser Diskussion zeigte sich aber
auch, wie notwendig der rasche Erlaß
des neuen BRG. ist, da in den einzelnen
Betrieben unsere Betriebsräte bei ihrer
Mitarbeit auf die größten Schwierigkeiten
der einzelnen Direktionen stoßen. Immer
und immer wieder zeigt sich der Herr-im-
Hause-Standpunkt, bei dem für die Ar-
beitnehmerschaft lediglich Pflichten vor-
handen sind, andererseits ihnen jedes
Recht der Mitbestimmung streitig ge-
macht wird.
Gewerkschaftsausschuß
und Jugendsekietariat
Zu einer klaren Stellungnahme kam der
Gewerkschaftsausschuß betr. der Angrif-
fe gegenüber dem Leiter des Jugendse-
kretariats, Kollegen Blaß. Einmütige Be-
schlüsse des Jugendsekretariats werden
in Zukukunft mehr wie je mit aller Un-
terstützung des gesamten Gewerkschafts-
ausschusses durchgeführt, dies umso-
mehr, als gerade innerhalb der Jugend-
bewegung allergrößter Wert darauf ge-
legt werden muß, die Parteipolitik, die
sich besonders bei den Jugendlichen in
verheerendem Maße auswirken muß, mit
allen Mitteln fernzuhalten. Umso bedau-
erlicher ist es, wenn innerhalb der Ju-
gendarbeit Funktionäre glauben, sich
nicht an die Richtlinien des Jugendse-
krefcariats halten zu müssen. Der G&-
werkschaftsaus^chuß ist sich darübeT
ganz klar, daß die entscheidenden Fra-
gen unserer Jugendbewegung Fragen
der Gesamtbewegung sein müssen und
ganz grundsätzlich die Richtlinien für
die Jugendarbeit selbst mit Aufgabe des
Gewerkschaftsausschusses sein müssen.
Die Ablehnung der Teilnahme an Kund-
gebungen, die durch politische Parteien
aufgezogen werden, wird und muß auch
in Zukunft für unsere Jugendbewegung
oberster Grundsatz bleiben.
Zusammengefaßt kann gesagt werden,
daß die verantwortlichen Funktionäre
des Gewerkschaftsausschusses darin ei-
nig gehen, daß unter besold^ r Be-
rücksichtigung der großen und schweren
Aufgaben, sowohl was die Loh politlk
als auch die gesamte Sozialpolitik anbe-
?angt, alle Kräfte erforderlich sind und
Mne einheitliche gemeinsame Zusammen-
arbeit dringend notwendig ist.
Rückgang üei Arbeitslosigkeit
Das Ministerium für Arbeit und Wohl-
cahrt gibt bekannt:
Nach der verhältnismäßig starken Zu-
nahme der Belastung des Arbeitsmarktes
in den Monaten Januar und Februar ver-
langsamte sich in der ersten Märzwocha
die um diese Jahreszeit noch übliche Zu-
nahme der Arbeitslosigkeit beträchtlich,
um io der zweiten Märzhälfte zu einer
gegenläufigen Entwicklung überzugehen.
Dies kam in einer Abnahme der Arbeits-
losenzahl bei den Männern um 742 ge-
genüber dem Stand von Ende Februar
zum Ausdruck.
Die Zahl der Arbeitslosen belief sich
Ende März auf 7 900 (davon 4 606 Männer
und 3 294 Frauen) gegenüber 8 415 (da-
von 5 348 Männer und 3 067 Frauen) Ende
Februar 195Q. Während somit die Ar-
beitslosigkeit bei den Männern gesunken
ist nahm sie bei den Frauen noch um
227 zu.
Bemerkenswert für die Entwicklung der
Lage auf dem Arbeitsmarkt ist die auch
schon in früheren Monaten beobachtete
Gegenläufigkeit der Zahl der Arbeitslo-
sen und der Zahl der beschäftigten Ar-
beitnehmer. Während bei den Männern
die Zahl der Beschäftigten einschließlich;
der in das Saarland kommenden Grenz-
gänger um 681 auf 276 684 gestiegen ist,
was ungefähr dem Rückgang der Arbeits-
losenzahl entspricht, ist bei den Frauen
trotz der Zunahme der Arbeitslosenzahl
die Zahl der Beschäftigten ebenfalls ge-
stiegen, und zwar um 241 auf 49 859.
Vergleicht man somit die Zahl der Ar-
beitslosen nach dem Stand von Ende!
März mit der Zahl der beschäftigten Ar-
beitnehmer am gleichen Stichtag, so er-
gibt sich eine Zunahme der Beschäftig-
ten um 922, während die Zahl dei Ar-
beitslosen nur um 515 gesunken ist.
Die zunehmende frühjahrsmäßige Bele-
bung des Arbeitsmarktes geht aber auch
aus Vier Zahl der noch zu besetzenden Ar-
beitsplätze (offene Stellen) und der Ver-
mittlungstätigkeit der Arbeitsämter her-
vor So wurden Ende März noch 1 563 of-
fene Stellen für Männer (Vormonat 1051)
und 583 für Frauen (Vormonat 519) gezahlt.
Die Zahl der Arbeitslosenunterstüt-
zungsempfänger ist bei den Männern um
420 auf 2 635 gesunken und bei den Frauen
um 9 auf 1 137 gestiegen.
Malplaketten!
Zum 1. Mai wird auch in diesem Jahr»
eine Mai-PLakelte ausgeben, die jeder Ge-
werkschaftler am Feiertag der Arbeit mit
besonderer Betonung tragen soll.
Die Plakette kostet 20 Frs. Sie ist ein-
zeln und in größeren Mengen erhältlich
bei jedem Betriebsobmann und in jeder
Kreisgeschäftsstelle.
Das zentrale Mai-Komitee*
April
1950
.DIE ARBEIT1
Seite 3
D IDE STIMME DER VIER B AN ID IE
j.V. öffentliche Betriebe
Entwurf einer Tarifordnung
Erläuterung und lebhafte Diskussion der DchtspielhausangesteUten über den neuen
Entwurf.
Die Einheitsgewerkschaft hat heute fast
olle Berufsgruppen innerhalb der Industrie-
Verbänden erfaßt. So befinden sich in
den Reihen des I. V. Oeffeniliche Betriebe
und Verwaltungen nicht nur die Fachgruppe
der Forsten, der Landwirtechait, der Ban-
ken, Sparkassen und Versicherungen, son-
dern die Kino-Angestellten haben eich eben-
falls zu einer Pachgruppe zusammenge-
schlossen. Auch eie haben Sorgen und
Nöten, sind fast lOOprozentig organisiert und
wollen sich von der Einheitsgewerkschaft
vertreten wissen. Zur Debatte steht zur /.eit
der Entwurf der Tarifordnung- Doch darüber
in folgendem Versammlungsbericht mehr.
Die Fachgruppe der Lichtspielhausange-
slellten der Einheitsgewerkschaft veran-
staltete in Saarbrücken eine gutbesuchte
Delegiertenversammlung, die sich in der
Hauptsache mit der neuen Tarifordnung
beschäftigte. Vorsitzender Magold eröff-
net* die Versammlung. Gewerkschaftsse-
kretär Hektor sprach über Stundenlohn,
Urlaub, Entlassung und Einstellung, Fest-
legungen und Abänderungsvorschläge in-
nerhalb des neuen Entwurfs eines Tarif-
vertrages und gab den 71 erschienenen
Delegierten die notwendige Aufklärung.
D e neue Tarifordnung, eie für alle Licht-
spieltheater des Saarlandes Geltung hat,
sieht vor allem eine Regelung der Arbeits-
zeit vor. Die 48-Stundenwoche darf nicht
überschritten werden, es sei denn, daß die
vom Arbeitgeber angeordnete Mehrarbeit
durch einen Zuschlag von 25 Prozent bzw.
50 Prozent vergütet wird. Die Arbeitszeit
ist bei drei Vorstellungen auf acht Stun-
den, bei zwei Vorstellungen auf 5,5 Stun-
den’ und bei einer Vorstellung auf drei
Stunden festgelegt. Der Stundenlohn be-
trägt für Vorführer mit fachlicher Ausbil-
dung und einem Prüfungszeugnis gestaf-
felt nach den verschiedenen Ortsklassen
70 bis 100 Frs. Der Stundenlohn für Um-
roller, Platzanweiser, Kontrolleure, Garde-
robefrauen und Portiers je 56 Frs. und für
Kassierer 64 Frs. Durch einen Zuschlag
zum Grundlohn (Stundenlohn) von 3 bis
15 Proz. erhöht sich dieses Einkommen.
In Theatern mit mindestens sechs Spiel-
tagen in der Woche ist bei regelmäßig 6
bis 11 Vorstellungen wöchentlich in jeder
zweiten Woche ein freier Tag zu gewäh-
ren. In Theatern mit regelmäßig 12 und
mehr Vorstellungen fällt in jede Woche
ein freier Tag. Bei einer Beschäftigungs-
zeit von mindestens vier Wochen oder 25
Arbeitstagen ist dem Lohnempfänger nach
dem 21. Lebensjahr pro Monat ein Tag,
vor vollendetem 21. Lebensjahr 1l/g und
vor Vollendung des 18. Lebensjahres für
jeden abgeleisteten Monat zwei Urlaubs-
tage zu gewähren. Die Gewährung von
Zusatzurlaub ist ebenfalls genau geregelt.
Hinsichtlich der Kündigung gelten die je-
weils bestehenden gesetzlichen Bestim-
mungen. Gewerkschaftssekretär Hektor
stellte anschließend die neue Tarifordnung
zur Diskussion, wobei er scharf die Ver-
zögerungstaktik der Unternehmer kritisier-
te, die zum Schaden der Angestellten die
Tarifordnung so lange hingezogen hatten.
Die Geduld der Fachgruppe sei aber end-
lich erschöpft, und es sei angebracht, ihre
Forderungen, falls die Verzögerungstaktik
weiter beibehalten wird, eine Streikparole
auszugeben. — In der Diskussion wurde
vor allem die Frage der Zweitaufführungs-
theater eingehend besprochen, und die
Versammlung zeigte sich mit der entspre-
chenden vorliegenden Aufstellung nicht
ganz einverstanden. Diese Frage fand in-
sofern große Beachtung, weil Zweitauffüh-
rungstheater mit niedrigeren Lohnstufen
arbeiten.
*
Eine Mitteilung
Die Fachgruppe der Banken, Sparkassen
und Versicherungen teilt mit, daß *14
neuer Tarifvertragsentwuri für Banken und
Sparkassen ausgearbeitet wurde.
Die Ausarbeitung eines neuen Tarifvetft-
tragsentwurfs für Versieherungsangestellfe
ist in Kürze fertiggestellt.
I. V. Post- und Fernmeldewesen
Erbitterung unter dem Personal
Wann kommen die Anstellungen und Beförderungen?
Im Rechnungsjahr 1949 erhielt die Post-
und Telegraphenverwaltung des Saarlan-
des 300 von den im Rechnungsjahr 1948
gestrichenen 331 Planstellen zurück. Der
Ersatz war allerdings nicht vollwertig, da
laut § 6 des Haushaltsgesetzes lediglich
die Umwandlung von 300 Arbeiter- und
Angestelltensteilen in Beamtenstellen vor-
gesehen war. Dies hätte zur Folge gehabt,
daß lediglich die Eingangsgruppen A lö,
A 9 und A 8 b hätten besetzt werden kön-
nen, wohingegen die Absetzungen im
Rechnungsjahr 1948 auch die übrigen Be-
soldungsgruppen erfaßten. Den Vorstel-
lungen und Eingaben von Gewerkschaf-
ten und Verwaltung gelang es, den Land-
tagsbeschluß vom 10. 6. 1949 herbeizu-
führen, demzufolge die 300 Eingangs st ei-
len. als Beförderungsstellen ausgebracht
wurden. Die Zuweisungen erfolgten am 24.
7. 1949. Damit war sowohl den auf ihr*
Ernennung als auch den auf eine Beför-
derung Wartenden Rechnung getragen.
Es ist verständlich, daß die PTV exet
mit dem Tage der Zuweisung die vorbe-
reitenden Arbeiten in Angriff nahm, woll-
te sie doch vermeiden, daß unter dem
Personal falsche Hoffnungen geweckt
würden. Aber bereits am 5. 9. 49 gingen
16 Vorschlagusten an die Regierung ab;
weitere folgten in der Reihenfolge, wie die
notwendigen Vorarbeiten zum Abschluß
gekommen waren. Mitte Dezember konn-
te ca. ein Drittel aller Ernennungen und
Beförderungen ausgesprochen werden.
Seitdem hat sich nichts mehr ereignet.
Die anfängliche Enttäuschung über die
schleppende Behandlung der eingereich-
ten Vorschläge ist mit fortschreitender
Zeit in tiefe Erbitterung umgeschlagen.
Was ist geschehen? Der Landtag hat
am 27. Januar 1950 eine Sperre beschlos-
sen. Er will hinsichtlich der Stellenpläne
für 1950 erst dann seine Entscheidungen
treffen, wenn er die notwendige Gesamt-
prüfung vorgenommen hat. Diese in Rede
stehende Sperrebestimmung ist wohlge-
merkt in den Haushaltsplan für 1950 ein-
gebaut worden und soll u. a. demzufolge
auch nur für das Rechnungsjahr 1950
Gültigkeit haben. Trotzdem wurde sie
auch auf unsere Rückstände aus 1949
ausgedehnt.
Wenn wir uns fragen, ab dies die Ab-
sicht des Landtags war, so müssen wir
die Frage mit einem eindeutigen Nein!
beantworten. Schließlich war es der Fi-
nanz- und Haushaltsausschuß des Land-
tags, der die Anstellungs- und Beförde-
rungsverhältnisse bei. der PTV nach ein-
gehender Prüfung als ungünstig bezeich-
nte und für 1950 die Zuteilung weiterer
Planstellen in Aussicht stellte. Das Ziel
War, den Stellenverlust aus 1948 auszu-
gleichen und eine schrittweise Verbesse-
rung der Personalverhältnisse herbefzg-
ren. Wir können nicht glauben, daß dies*
nach reiflicher Prüfung gefaßte Absicht
von »0 kurzer Lebensdauer gewesen seih
soll. Noch unglaublicher erscheint es und.
Maß der Landtag mit dieser Sperrbestim-
mung etwas, dem er im Haushaltsjahr
1949 seine Zustimmung bereits gegeben
hat, hemmen oder aufheben wollte. Wenn
dies der Fall wäre, so hätte er das
zum Ausdruck gebracht. Da er es nicht
tat, müssen wir annehmen, daß Gasfüh-
rende Organe übers Ziel hinausgeschos-
sen sind und das Kind mit dem Bade
ausgeschüttet haben.
Wie lange aber solllen cg. 800 Bediet>
stete noch auf ihre länget ßttügen Anstel-
lungen und Beförderungen warten?
Kraftfahrer fragen an
An die Adresse des Verkeh rem ln is t e r iums.
Wir gestehen offen, daß wir uns mit dem
Verkehrsministerium ungern ln einen
Schriftwechsel einlassen. Bel keiner an-
deren Behörde wird die Geduld auf ein«
derartig harte Probe gestellt.
So sind wir am 10. 10. 1949 an das At-
beitsministerium mit einer Eingabe heran-
getreten, die die Bezahlung cber Ueberia-
gerzeit des Kraftfahrpersonals zum Ge-
genstand hat.
Die Stellungnahme der OPD passierte
gut dem Rückweg das Verkehrsminista-
rium und liegt nun schon Monate dort
fest. Die Vermutung Hegt nahe, daß sich
zentimeterdicker Staub darauf gelegt hat,
weshalb wir uns erbieten, den Vorgang
mit der nötigen Anzahl von Staublappen
wieder freizubuddeln, damit wir noch vor
Ablauf des 10. 10. 1950 beim ATbeitsmini-
sterium die Angelegenheit zu Ende brin-
gen können.
Nochmals Graupäßlerproblem
Vor einem Jahr war dieses Problem noch
kein richtiges Problem. Bis dahin blieb es
aut die Paß färbe beschränkt. Anders
wurde die Situation im leinten Viertel des
Jahres 1949, als plötzlich — gewisserma-
ßen über Nacht — langjährige Beamte mit
grauen Pässen nicht mehr befördert wer-
den konnten.
Wenn wenigstens das „Tempo“ der Ein-
bürgerungen heraufgesetzt worden wäre,
könnte man von einem halbwegs gelunge-
nen Ausgleich sprechen. Aber nach gut
einem halben Jahr vergeblichen Wartens
wagen wir die Feststellung, daß die Hoff-
nungen enttäuscht wurden.
Als wir auf unserer Generalversamm-
lung Anfang November 1949 das Thema
behandelten, antwortete Minister Dr. Sin-
ger, daß gewisse Gründe es hätten ge-
raffen erscheinen lassen, Vorsicht an den
Tag zu legen. Der Kollege John antwor-
tete damals in seinem Schlußwort, daß,
wer auf diese Art den. Nationalismus aus-
treiben wolle, einem Manne gleiche, der
mit Benzin dem Brand seines Hauses zu
Leibe gehe. An dieser Ansicht halten wir
auch heute noch fest. Dann unterbreiteten
wir unsere Stellungnahme dem Personal-
amt der Regierung des Saarlandes, frei-
lich mit dem Erfolg oder besser Mißer-
folg, daß man bis heute keine Zeit (?) zu
einer Antwort gefunden hat. Das Problem
also hat sich vertieft, weil es undurch-
sichtiger denn je geworden ist.
Wenn wir heute erneut darauf zurück-
kommen, so erstens wegen dem Schick-
sal der Betroffenen, das uns nicht gleich-
gültig sein kann, zweitens aber aus kon-
kretem Anlaß. Das Amtsblatt der Regie-
rung des Saarlandes — Nr. 21 —« meldet
nämlich, daß ein Postbediensteter den ro-
ten Paß bekommen hat. Viele andere fra-
gen sich mit uns: Lichtblick oder Aus-
nahme? Die nächsten Wochen werden
uns so oder so die Antwort geben. Je
nachdem, wie sie ausfällt, müssen wir um
einige Grade deutlicher werden.
Eine notwendige Aufklärung
An dos
Ministerium für Arbeit und Wohlfahrt
Referat A 3
Saarbrücken
AUeestraße 15.
Betr.: Bezahlung der Mehrarbeitsstunden,
Eine Beschwerde, die an uns herange-
tragen wurde, veranlaßt uns, in nachste-
hender Sache um Ihre Entscheidung nach-
zukommen:
Die Arbeitszeit bei der Post- und Tele-
graphenverwaltung, insbesondere im Post-
fachdienst, ist auf die Erfordernisse der
einzelnen Dienstzweige abgestimmt und
daher häufig von Woche zu Woche ver-
schieden. So kann es Vorkommen, daß
in der ersten Woche 41, in der zweiten
53, in der dritten 43 und in der vierten 55
Stunden abgeleistet werden müssen. Als
Lohnberechnungsgrundlage wurde bisher
einheitlich die 48stündige Arbeitszeit an-
genommen.
Mit dieser Auslegung der Lohnanord-
nung vom 18. 6. 48 können wir uns nicht
einverstanden erklären. Nach unserer
Auffassung ist die Lohnanordnung so zu
verstehen, daß die Woche — unabhän-
gig davon, ob Wochenlohn- oder Monats-
lohnzahlungen erfolgen — als Rechnungs-
einheit zu gelten hat. Demnach müssen
Arbeitsstunden, die während dieses Zeit-
raumes über die 4Q Stunden hinaus gelei-
stet werden, auch für diesen Zeitraum ver-
rechnet werden. Eine Uebertragung von
Arbeitsstunden der einen Woche auf eine
andere und umgekehrt zu dem Zweck,eine
einheitliche und für alle gleiche wöchent-
liche Stundenzahl von 48 zu erreichen, ist
demnach unzulässig. Diese Handhabung
mag zwar gewisse Erleichterungen beider
Ausrechnung der Löhne zur Folge haben,
ist aber für das Personal wegen der Ver-
schiedenheit des Mehrarbeitszuschlags
(41.—48. Stunde 25 o/o, 49.—56. Stunde 50* 0)
von Nachteil.
Wir legen Wert darauf, abschließend
festzustellen, daß die Arbeitszeitregelung
als solche von uns nicht in Zweifel gezo-
gen wird und es uns lediglich darauf an*,
kommt, dem Personal den zustehenden
Lohn zu sichern.
Mit vorzüglicher Hochachtung!
I. V. Post- u. Fernmeldewesen
gez. John.
I, V. Baugewerbe
Unsere Lohnforderungen
Die am 34. 3. 1950 slattgefundene General-
versammlung des Industrieverbandes Bauge-
werbe befaßt* eich eingehend mit dem bevor-
stehenden freien Tarifvertragsgesetz. Nach
längerer Diskussion brachte man allgemein zum
Ausdruck, daß der zukünftige Tarifvertrag für
das Bau- und Baunebengewerbe einfach und
sachlich erstellt werden muß, damit dieser
Vertrag einem jeden Arbeitnehmer die Möglich-
keit gibt «einen Tariflohn und die Arbeitsbe-
dingungen klar zu ersehen.
Hierdurch bedingt tagt* am 7. 4. 1950 der
neu gewählte Verbandsausschuß im Sitzung*-
saal unseres Gewerkechaftsbauses mit dem
Tagesordnungspunkt „Stellungsnahme zum neuen
Tarifvertrag.“ Nach lebhafter Diskussion aller
Vorstandsmitglieder über die Lohn- und Preis*
Gestaltung war man sich darüber einig, daß
die Löhne und Gehälter unserer Schaffendes
dringend einer Neufestsetzung bedürfen. Mit
Zustimmung des gesamten Verbandsausschus*
6es wurde der geschäftsführende Vorstand be-
auftragt, sofort nach den Osterfeiertagen unter
Zugrundelegung des Maurerecklohnes von 120.—
Frs. unsere Lohnforderungen dem Arbeitgeber«
verband mit Wirkung vom 10.. 4. 1950 einzu*
reichen. Aufgrund dieses Beschlusses wurde
gm M. 4. 1950 nachstehendes Schreiben an
den Arbeitgeberverband übersandt*
An den
Arbeitgeberverband de*
BauiftcluBtri© des Saarland©8
Saarbrücken 8
Ufsvlinenetraße 31.
Betr.t Neuregelung der Lob ne und Gehäl-
ter im saarländischen Baugewerbe.
Die heute sich noch nach den Lohnver-
fügungen ln Anwendung befindlichen Löh-
ne und Gehabter im saarländischen Bau-
gewerbe bedürfen dringend der Neufest-
setzung. Weit davon entfernt auch nur
annähernd eine Existenzgrundlage darzu-
stellen, reichen dieselben nicht einmal da-
zu aus’, um den Bauarbeitern die Möglich-
keit zu geben, damit das Allernotwendig-
ste zu ihrem und ihrer Familien Lebensun-
terhalt zu beschaffen. Auftragsgemäß for-
dern deshalb die Unterzeichneten Bauar-
beiterverbände eine Neufestsetzung der
Löhne und Gehälter auf der weiter unten
iri Vorschlag gebrachten Grundlage.
Die von uns vorgeschlagenen Sätze ent-
behren ebensowenig der Berechtigung, wie
ihnen die Realisierung abgesprochen wer-
den könnte. Sie entbehren schon deshalb
nicht der Berechtigung, weil mit ihnen
nicht mehr gefordert wird als das, was
die Bauarbeiter in den Jahren vor Aus-
bruch des letzten Krieges besaßen, in ei-
ner Zeit, als man ihre Löhne und daran
ihren Lebensstandard auf den tiefsten
Stand heruntergedrückt hatte. In dieser
Tatsache schon allein liegt die Berechti-
gung der erhobenen Forderung voll und
ganz begründet. . ,
Vielleicht wenden Sie ein, die Bauwirt-
schaft könne in diesem Sinne eine Neu-
regelung der Löhne nicht ertragen. Dem
ist aber nicht so. Die Preise für Bau-
materialien und damit die Baupreise über-
haupt betragen heute bis weit über das
200fache dessen, was sie einmal in Mark
betrugen. In Vergleich hierzu bieiben die
geforderten Lohnsätze noch sehr weit zu-
rück. Der Anteil der Löhne an den Bau-
kosten beträgt heute kaum die Hälfte des-
sen, was er einmal betragen hat. Ein Ein.
wand in vorerwähntem Sinne wäre un-
haltbar.
Unter Wegfall der Lohnzonen fordern
wir für das saarländische Baugewerbe ab
10. April 190 folgende Lohnsätze:
1. Gelernte Arbeiter:
a) Maurer, Zimmerer, Betonbauer. An-
streicher u. Steinbrecher pro. Std.
120 Frs.
b) Pflasterer pro Std. 140 Frs,
0) Steinhauer pro Std. 135 Frs,
d) Gipser und Stukkateure
pro Std. 132 Frs,
e) Rammer pro Std. 118 Frs.
f) Zimmerer im Betonbau
pro Stunde 126 Frs.
2. Ungelernte Arbeiter:
Erd- und Bauhilfsarbeiter
pro Std. 108 Frs.
8. Poliere und Schachtmeister:
monatlich 33.280 Frs.
oder pro Stunde 160 Frs.
4. Oberpoliere und Oberschachtmeister:
monatlich 36.610 Frs,
oder pro Stunde 176 Frs.
Für die kaufm. Angestellten sollen die
Gehälter, für die Lehrlinge die Lehrlings-
beihilfe und für alle in der vorstehenden
Aufstellung nicht besonders angeführten
Berufsgruppen die Lohnsätze in demsel-
ben prozentualen Verhältnis erhöht wer-
den.
Wir bitten Sie höfhehst, die Erledigung
dieser Angelegenheit als besonders vor-
dringlich zu betrachten und mit uns einen
Zeitpunkt für eine baldmögliche diesbe-
zügliche Besprechung zu vereinbaren.
EG. gez. Schäfer. CGS. gez. Horn.**
*
Kollegen, der Vorstand appelliert hiermit an
alle Mitglieder unseres Verbandes, daß sie
sich die Tragweite dieser Lohnforderung be-
wußt sein müssen und fordert dazu auf,
durch aktives Werben in den Betrieben und auf
den Baustellen unsere Einheit zu stärken, um
somit gegenüber dem Arbeitgeberverband den
Beweis zu erstellen, daß alle Lohn- und Ge-
haltsempfänger unseres Industriezweiges sich'
1000/oig hinter die vom Vorstand gestellte
Lohnerhöhung stellen und zu jeder Zeit dazu
bereit sind unter Anwendung aller moralisch
und sittlich einwandfreien gewerkschaftlichen
Kampfmitteln für die Verwirklichung der ge-
stellten Forderungen im Interesse aller Schaf-
fenden einzutreten.
Zur ßeitragsfrage
Werte Kollegen!
In den kommenden Tagen weiden durch die
Betriebs- und Hauskassierer unseres Verbandes
einem jeden Kollegen die am 26. 3. 1950 von
der Generalversammlung beschlossene Satzung
unseres Industrieverbandes ausgehändigt und
sehen wir uns veranlaßt, auf folgendes hin-
zuweisen.
Die in den Salzungen festgesetzten Beitrag«
Seite 4
„DIE ARBEIT“
treten ab 1, 5. 50 in Kraft und ist ein jedes
Mitglied verpflichtet, im • Interesse unserer Or-
ganisation diesen ordnungsgemäßen Beitrag
monatlich an den Verband abzuführen, da die
Von uns gestellte Lohnforderung an den Ar-
beitgeberverband einem jeden Kollegen sehr
deutlich beweist, daß wir eine Kampforganisa-
tion sind und ln erster Linie dazu auch im
Interesse unserer Mitglieder den nötigen Kampf-
fonds schaffen müssen. Wir haben in den ver-
gangenen Monaten immer noch etliche Ausnah-
men im Bezug auf Beitragszahlung machen
können, jedoch weisen wir nochmals daraufhin,
daß wir in Zukunft in dieser Hinsicht keinerlei
Ausnahmen von Seiten des Vorstandes machen
können, da hier in dieser Frage der Kollege
schon selbst seinen Willen bekundet ob er den
erforderlichen Gewerkschaftsgeist in sich trägt,
da der Beitrag der an die Organisation gezahlt
Wird in erster Linie dazu dient, die z. Zt.
katastrophalen Lohnverhältnisse im Interesse
unserer Mitglieder schnellstens zu heben. Diese
ordnungsgemäßen Beiträge stellen in keiner
Weise eine Beitragserhöhung dar, da diese
schon seit der Frankeneinführung den Mit-
gliedern unserer Organisation bekannt sind.
Die Berechnung des zu zahlenden Beitrages
wurde bei Arbeitnehmern, die im Stundenlohn
beschäftigt sind, unter Zugrundelegung nach-
stehender Richtlinien für das gesamte Saar-
land festgelegt: Stundenlohn x 2C0 Arbeitsstun-
den im Monat = Bruttobetrag abzügl. 2 000.—
Frs. ■= Nettolohn und laut Satzung zu zahlen-
der Beitrag.
Beispiel:
Stundenlohn 90— Frs. x 200 Arbeitsstunden
«= 16 000.— Frs. abzüglich 2 000.— Frs. Pauschal-
abzüge = 14 000— Frs. Nettolohn demnach zu
zahlender Beitrag lt. Satzung 180.— Frs.
Der Vorstand weist daraufhin, sobald es
die finanzielle Lage dem Verband erlaubt, außer
den schon satzungsgemässen Unterstützungen,
weitere soziale Einrichtungen bei Krankheit,
Unfall und Arbeitslosigkeit im Interesse unserer
Mitglieder einzuführen.
Kollegen, erschwert dadurch den Kassierern
unseres Verbandes in den kommenden Tagen
nicht ihre Arbeit, da dieser Kollege nur im
Interesse aller Mitglieder seine außerordent-
lich wichtige Arbeit vollbringt und appellieren
wir an alle Kollegen, diesen Kassierern die
Arbeit zu erleichtern, indem ein jeder bedacht
Sein muß, Mitgliedsbuch mit dem Beitragsgeld
für diesen bereit zu legen, um dadurch zu be-
kunden. daß man von Seiten unserer Mitglieder
diese ehrenamtliche Tätigkeit der Kassierer
Zu würdigen weiß.
Aufruf zum I. Mai 1950
An alle Kolleginnen und Kollegen der
LV. Holz
I. V. Groß- u. Einzelhandel
Wiederum formieren sich die schaffen
den. Menschen zum Mai-Aufmarsch. 60
Jahre wiederholt sich diese Manifestation,
die geboten ist aus der Erkenntnis der
Arbeiter. Heute bedeutet der 1. Mai aber-
mals den Kampftag aller Werktätigen zur
Erfüllung unserer Forderungen. Die For-
derungen, die wir zu stellen haben, sind:
Besserstellung in der Lebenshaltung, Mit-
verantwortung und Mitbestimmung im Öf-
fentlichen und Wirtschaftsleben, sowie in
unserer Industrie. Des weiteren die so-
fortige Verabschiedung des Tarifvertrags-
gesetzes und. des Kündigungsschutzge-
setzes. Vor allem ist es eine zwingende
Notwendigkeit geworden, uns unsere For-
derungen von Regierungsseite aus zu ge-
nehmigen. Wir verlangen und fordern
eine schnelle Verabschiedung unserer Ein-
gaben, damit der wertschaffende Mensch
nicht ohne den berechtigten Schutz im
Lebenskampf steht.
Wir rufen daher alle Schaffenden auf,
nehmt alle an unserer Demonstration
restlos Teil, damit auch unseren Forde-
rungen der sichtbare Nachdruck verlie-
hen wird. Unsere diesjährige Demonstra-
tion findet in Saarbrücken statt. Wir
hoffen daß sich jeder Schaffende bewußt
ist, wie bedeutungsvoll unsere diesjährige
Manifestation zur Erreichung unserer Ziele
ist.
In der Erwartung einer vollzähligen
Teilnahme verbleiben wir mit gewerk-
schaftlichem Gruß!
Der Vorstand des
Indus*rieverband Holz
Der Vorstand des
I. V. Groß- u-’d Einzelhandel.
Aus dem Inhalt:
Beschlüsse des Gewerkschafts-
ausschusses
Stimme der Verbände
Der junge Gewerkschaftler
Erstes Richtfest der Baugenossenschaft
Saarland
Gesundheitsschäden in Industriegebieten
Die Theatergemeinde teilt mit
Rückgang der Arbeitslosigkeit
Post aus dem Ausland
Briefkasten
Aus dem Arbeitsgerrchtssaal
Mai-Proklamation des Internationalen Bundes
freier Gewerkschaften
dem gemeinsamen Wohl und nicht Son-
derinteressen zu dienen, gehören zu den
weiteren Aufgaben.
Der Ausgang des Kampfes zwischen
Demokratie und Diktatur wivd von dem
Erfolg und der Geschwindigkeit cbhän-
gen, mit der die demokrai-iche Welt die-
ses Programm verwirklichen kann.
Gestärkt durch unsere Ueberzeugung,
daß demokratische Methoden und Ein-
richtungen denen der Diktaturen unend-
lich überlegen sind, haben wir keinen
Zweifel über den Ausgang des Kampfes,
Polizeistaaten können niemals leistungs-
fähig sein; Zuchthaus- und Sklavenarbeit
kann wenig vollbringen. Nur die Arbeit
freier Menschen kann eine Welt des
Friedens und der Fülle aufbauen.
Die Arbeiterbewegung darf aber nie-
mals voraussetzen, daß der Fortschritt
automatisch kommen wird. Die Unterneh-
mer bemühen sich ständig, enge und
selbstsüchtige Interessen über diejenigen
der Gemeinschaft zu stellen; ihnen muß
Einhalt geboten werden. Es gibt Regie-
Richtlinien zum 1. Mai
Der Gewerkschaftsausschuß erläßt an
alle Industrieverbäade, Ortsausschüsse und
Ortsgruppen der Einheitsgewerkschaft die
nachstehenden Richtlinien. Sie betreffen die
Durchführung von Tanzlustbarkeiten, Sport-
veranstaltungen und wichtige Steuerfragen.
I. Durchführung von Tanzlustbarkeiten (Aus-
zug aus dem Schreiben des Innenministeriums).
1) Tanzlustbarkeiten sind lediglich für die
aus Anlaß des 1. Mai 1950 durchzuführenden
Veranstaltungen den Gewerkschaften zu ge-
nehmigen; Anträgen von Privaten, Vereinen
oder anderen Organisationen ist nur dann
stattzugeben, wenn die zuständigen örtlichen
Gewerkschaftsvertreter sich schriftlich dahin-
gehend geäußert haben, daß in der betreffen-
den Gemeinde nicht beabsichtigt sei, Veran-
staltungen durchzuführen; das gilt nicht nur
für den 1. Mai, sondern auch für den 30. 4..,
soweit gewerkschaftliche Maifeiern bereits am
30. 4. beabsichtigt sind.
II. Freistellung von der Umsatz- und Einkom-
mensteuer.
Wie uns das Finanzministerium auf unsere
/Eingabe fernmündlich mitteilt, entfällt wie in
den Vorjahren auch in diesem Jahre die eigene
Steuerpflicht der Einheitsgewerkschaft bei der
Umsatz- und Körperschaftssteuer für alle an-
läßlich des 1. Mai 1950 durchgelührten Veran-
staltungen.
III. Befreiung von der Vergnügungssteuer.
Wie in den Vorjahren hat auch in diesem
Jahre das Innenministerium die Gemeinden an-
gewiesen, die Veranstaltungen der Einheits-
gewerkschaft am 1. Mai 1950 von der Ver-
gnügungssteuer freizustellen.
IV. Durchführung des Lohnsteuerabzuges bei
Beschäftigung von Musikern, Künstlern usw.
anläßlich von Musik-i Tanz- und Theaterver-
cmsfaltungen.
Da die praktische Handhabung des Lohn-
steuerabzuges durch die Veranstalter von ge-
selligen Veranstaltungen stets auf Schwierig-
keiten gestoßen ist, hat das Finanzministerium
verfügt, daß der Steuerabzug vom Arbeitslohn
pauschal gehandhabt werden kann. Es versteht
sich, daß diese generelle Regelung auch für
den 1. Mai 1950 zur Anwendung kommt.
Nachstehend geben wir Euch einen Auszug
aus dem Merkblatt des Finanzministeriums!
Um Schwierigkeiten bei späteren Lohnsteuer-
prüfungen zu vermeiden und dem Arbeitgeber
die Berechnung der Lohnsteuer zu erleichtern,
hat das Ministerium für Finanzen und Forsten
durch Verfügung vom 25. Oktober 1949 III B/XI
Tgb. Nr. 1689/49 S. 2220 und S. 2775 an die
Finanzämter eine Pauschalierung in der Weise
angeordnet, daß als Lohnsteuer ein Pauschal-
betrag v. 10 v. H. des Bruttolohnes durch den
Arbeitgeber einzubehalten und abzuführen ist.
Dieser Hundertsatz (vom tatsächlich ausge-
zahlten Bruttolohn) ist anzuwenden, wenn der
Arbeitgeber die Lohnsteuer trägt.
Diese Regelung ist jedoch nur auf gelegent-
lich beschäftigte Musiker anzuwenden. Als
solche sind Musiker anzusehen, die von Fall zu
Fall bei Tanz-, Musik- oder Theaterveranstal-
tungen für einen, höchstens jedoch für 2 Tag®
beschäftigt werden. Eine gelegentliche Beschäf-
Die Sozialversicherung der USA-Bergarbeiter
rangen, die die Zeichen der Zeit, in der
wir leben, nicht verstehen; der Einfluß
der Arbeiterbewegung muß in ständig
steigender Weise auf sie ausgeübt und
sie müssen dazu gebracht werden den
rechten Weg zu beschreiten.
Der I. B. F. G. ist dabei, seine Ar-
beit über die ganze Welt auszudehnen,
davon überzeugt, daß kein Manifest und
keine Entschließung irgend etwas errei-
chen können, es sei denn, daß die Macht
und die Handlungen der organisierten Ar-
beiter dahinterstehen. Die Worte der von
unserem ersten Kongreß herausgegebe-
nen Proklamation besagen:
Vereint werden wir Armut und Aus-
beutung überwinden und eine
Welt des Wohlstands und der
Sicherheit schaffen!
Vereint werden wir Tyrannei und Un-
terdrückung ausmerzen und
eine Welt der Freiheit und
Menschenwürde errichten!
Vereint werden wir die Kriegshetzer
und Angriffslustigen besiegen
und eine Welt des Friedens
und der Gerechtigkeit auf-
bauen!
Wir rufen die arbeitenden Menschen
der Welt auf, sich mit uns in diesem gro-
ßen Streben zusammenzuschließen!
tigung liegt nicht vor, wenn die Musiker für
mehrere Tage in der Woche oder im Monat —■
etwa für jeden Samstag und Sonntag — ver-
pflichtet werden.
Bei der Pauschalierung der Lohnsteuer für
Musiker ist hinsichtlich der Kirchensteuer,
Wiederaufbauabgabe und der Führung des
Lohnkontos wie folgt zu verfahren:
Die Kirchensteuer ist mit 8 v. H. der pau-
schalierten Lohnsteuer zu berechnen. Sie ist
mit je der Hälfte des errechneten Betrages als
katholische und evangelische Kirchensteuer an-
zumelden und abzuführen.
Die Wiederaufbauabgabe (Gesetz über die
Erhebung einer Wiederaufbauabgabe ABL. S.
685) ist mit 5 v. H. des Gesamtbetrages der
pauschalierten Lohnsteuer — abgerundet auf
5 volle Franken — zu berechnen. Eine Einzel-
berechnung für jeden Arbeitnehmer ist nicht
vorzunehmen.
Das Lohnkonto (§ 31 LStDB) ist in ein-
fachster Form zu führen. Es genügt, wenn aus
ihm hervorgeht;
1. Tag der Lohnauszahlung,
2. Zahl der beschäfügtea Arbeitnehmer,
3. Gesamtbetrag des ausgezahlten Brutto-
lohnes,
4. Gesamtbetrag der Lohnsteuer, Kirchen-
steuer (evangelische und katholische)
und Wiederaufbauabgabe.
Diese Regelung für die Pauschalierung der
Lohnsteuer ist auch auf Aushilfskräfte (Kas-
sierer, Tanzordner usw.) anzuwenden, die ge-
legentlich bei Tanz-, Musik- und Theaterver-
cmstaltungen beschäfügt werden.
Die einbehaltene Lohnsteuer ist anzumelden
und abzuführen:
spätestens am 10. Tage nach Ablauf eines
Kalendervierteljahres,
wenn die einbehaltene Lohnsteuer und
Wiederaufbauabgabe im letzten vorange-
gangenen Kalendervierteljahr nicht mehr
als 3 000.— Frs. betragen hat,
spätestens am 10. Tag nach Ablauf eines
Kalendermonats,
wenn die einbehaltene Lohnsteuer und
Wiederaufbauabgabe im letzten voran-
gegangenen Kalendervierfeljahr mehr als
3 000.— Frs. betragen hat.
Die Vordrucke für die Lohnsteuer-Anmeldun-
gen sind beim Finanzamt erhältlich.
Beispiel:
Am 10. Oktober 1949 hat der Fußballverein
X eine Tanzveranstaltung durchgeführt, bei
der 5 Musiker und 1 Saalardner beschäftigt
wurden. Vereinbarungsgemäß wurden jedem
Musiker 1 200.— Frs. und dem Saalordner 600
Frs. ausgezahlt. Die Lohnsteuer trägt der Fuß-
banverein. Lohnsteuerkarten wurden nicht vor-
gelegt.
Bruttolohn der Musiker (5 X 1 200 Frs. =
6 000 Frs.
Bruttolohn des Saalordners
Zusammen 6 S00 Frs.
Lohnsteuer 10 v.. H. von 6 600 Fr#. — 660 Frs.
Kirchensteuer 8 v. H. v. 660 Frs. = 53 Frs.
davon V* kath. *= 27 Frs.
davon 14 «vgl. = 26 Frs.
Wiederaufbauabgabe 5 v. H. von 660 Frs. = 33 Frs. abgerundet 30 Frs.
zusammen: 745 Frs.
Zum traditionellen Tage der internatio-
nalen Solidarität der Arbeiter, dem ersten
Maitag, den wir seit der Gründung des
Internationalen Bundes Freier Gewerk-
schaften begehen, entbieten wir unseren
5Q Millionen Mitgliedern in 53 verschiede-
nen Ländern unsere brüderlichen Grüße.
Wir grüßen auch die vielen Millionen Ar-
beiter in der Tschechoslowakei, in Spa-
nien, Venezuela, Polen, Argentinien, Un-
garn, Peru, Jugoslawien, Rumänien, Do-
minikanische Republik, Ost-Deutschlaad,
Nicaragua, Bulgarien, Estland, Lettland
und Litauen. Auch sie sind im Geiste
mit uns, aber außerstande, sich mit un-
seren demokratischen Kräften zu verbin-
den, denn ihre Gewerkschaften sind von
faschistischen, militaristischen und kom-
munistischen Kräften zerstört worden
oder mußten ihnen, oft nach heroischem
Widerstand, weichen.
Wir erstreben nichts weniger als wirt-
schaftliche Sicherheit und soziale Ge-
rechtigkeit für alle, was auch immer ihre
Nationalität, Hautfarbe, Rasse oder Glau-
ben sei und wie sehr sie sich auch unter-
einander in ihrer Entwicklung und in ihrer
Lebensweise und -betrachtung unterschei-
den mögen. Wir verlangen wirtschaftli-
che und politische Demokratie für aile,
die Anerkennung der grundlegenden Men-
schenrechte in allen Teilen der Welt, und
schließlich und vor allem Frieden.
Wir werden uns nicht mit der Erfüllung
einiger dieser Ziele zufrieden geben, denn
sie sina untrennbar verbunden, und kei-
nes kann voll erreicht werden, ohne die
anderen. .
Wir stehen in schärfster Opposition zum
Militarismus, und wir haben nichts als
Verachtung für diejenigen, die den Mai-
tag nicht besser zu begehen wissen, als
mit militärischen Paraden und Geschütz-
feuer; sie sind nicht dazu bestimmt, die
Arbeiter im Geiste der Rechtschaffenheit
ihrer Sache anzufeuern, sondern sollen
ihnen die Macht der Staatsmaschine zei-
gen und sie ihre eigene Machtlosigkeit
fühlen lassen.
Wir wollen wirklichen Frieden. Wir
wünschen Frieden für Oesterreich, das
von Sowjet-Rußland weißgeblutet wird,
weil das Land den Kommunismus in
freien Wahlen ab ge lehnt hat, so wie es
alle Völker tun, wenn immer die Wahlen
frei sind. Wir wollen Friedensverträge für
Deutschland und Japan, so daß die Län-
der wieder in volle Beziehungen zu den
anderen Nationen der Welt gebracht wer-
den können.
Es ist unser grundlegendes Streben, dem
großen Prinzip von der Brüderschaft der
Menschheit zur Wirklichkeit zu verhelfen.
Dies ist keine neue Idee: sie hat die gro-
ßen Glaubensbekenntnisse und Reforma-
toren der Welt in allen Zeitaltern ange-
feuert, ist aber nie verwirklicht worden,
da ihre Erringung ohne die Gleichheit in
der Stellung und den Möglichkeiten der
Menschen und Völker undenkbar ist.
Wir wollen Vollbeschäftigung und wirk-
liche soziale Sicherheit. Es gibt noch im-
mer Millionen Arbeitslose, obwohl Arbeit
für alle durch intelligente wirtschaftliche
und soziale Maßnahmen geschaffen wer-
den könnte. Wer nicht arbeiten kann, muß
angemessen von der Gemeinschaft un-
terhalten werden.
Trotz des Fortschritts, dessen sich die
Welt rühmt, erfreut sich nur eine Minder-
heit ihrer Bevölkerung mehr als der nack-
ten Mindestmenge an Nahrungsmitteln, die
notwendig ist, um am Leben zu bleiben,
während Millionen über Millionen unter
Bedingungen existieren, in denen lautes
Denken eine Gefahr für Leben und Frei-
heit ist.
Der I, B. F. G. wurde geboren, als sich
die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ih-
rem Ende näherte. Zu Beginn des Jahr-
hunderts war die Arbeiterbewegung in
den am meisten fortgeschrittenen Ländern
noch in den Kinderschuhen. Die großen
Fortschritte, die die Arbeiterklasse wäh-
rend dieser fünf Jahrzehnte wirtschaftlich
und sozial gemacht hat, sind hauptsäch-
lich cruf die unermüdlichen Anstrengungen
ihrer eigenen freien Gewerkschaften zu-
rückzuführen. Wo die Gewerkschaften
nicht frei waren, bat es auch keinen Fort-
schritt gegeben. Wir wollen jedoch mehr
in die Zukunft als in die Vergangenheit
blicken. Wenn es möglich ist, die Prinzi-
pien und Ideale des I. B. F. G., so wie sie
in seinem auf dem Gründungskongreß an-
genommenen Programm zum Ausdruck
kommen, zu verwirklichen und wenn der
Friede erhalten werden kann, so daß die
gewaltigen Produktivkräfte der moder-
nen Technik für die Wohlfahrt der
Menschheit und nicht für Zwecke der
Zerstörung Verwendung finden können,
gehen wir einem Zeitalter des Fort-
schritts und Wohlstands entgegen, wie eg
die Welt noch nicht gesehen hat.
Die Erreichung dieser Ziele macht di«
Hilfe aller Menschen guten Willens not-
wendig. Die Unterstützung der Länder, de-
ren Wirtschaft durch den Krieg aus den
Fugen gerissen wurde, ist erforderlichi
Hilfe für Gebiete, deren Völker bis jetzt
noch nicht Herren ihres eigenen Ge-
schicks waren, ist unerläßlich. Ein viel-
seitiges Erholungsprogramm weltweiten
Ausmaßes und gesteigerte wirtschaftliche
Zusammenarbeit der Länder mit dem Ziel,
Der Wohlfahrts- und Ruhestandsfonds
der United Mines Workers of Amerika
ist für die dortigen Bergarbeiter die So-
zialversicherung. Dieser Fonds bedeutet
für di« arbeitsunfähigen und pensionier-
ten, auch für Hinterbliebene verstorbe-
ner Bergarbeiter, eine zusätzliche finan-
zielle Hilfe. Er ist durch intensive Ver-
handlungen der amerikanischen Bergar-
beiter mit den Bergwerksuntemehmen zu-
stande gekommen. Für jede geförderte
Tonne Kohle ist ein bestimmter Betrag zu
entrichten. Legt man die Kohlenproduk-
tion in Amerika von 1948 zugrunde, so
erhält der Wohlfahrts- und Ruhestands-
fonds im Jahre rund 100 000 000 Dollar.
Zu den Vertrauensleuten, die den Fonds
verwalten, gehört auch J. L. Lewis.
Die Zahlungen zugunsten der Bergarbei-
ter erfolgen:
a) bei vorübergehender Arbeitsunfä-
higkeit, ganz gleich, worauf sie zu-
rückzuführen ist,
b) bei Erreichung der notwendigen Al-
tersgrenze,
c) Zuschuß cm Witwen und Hinterblie-
bene verstorbener Bergarbeiter.
Als weitere Hilfe aus dem Fonds er-
halten die Bergarbeiter freie ärztliche Be-
handlung, Krcmkenhauspflege usw.
Eine der Hauptaufgaben der ärtzlichen
und medizinischen Hilfe ist dem Fonds
dadurch gestellt, daß für eine ausrei-
chende Behandlung und Wiedergesun-
dung derjenigen Bergarbeiter zu sorgen
ist, die durch schwere Unfälle oder durch
teilweise Paralyse arbeitsunfähig gewor-
den sind. Für derartige Behandlungen hat
man Spezialhospitäler errichten lassen.
Seite 5
April 1950
„DIE ARBEIT“
1. Mai und Jugend!
Schaffende Jugend des Saarlandes!
Nach alter Tradition der Gewerkschaften feiern wir auch in diesem Jahre den
i- Mai als den Tag, an dem wir unsere Forderungen in aller Oeffentlichkeit ge-
schlossen und einheitlich erheben.
Der 1. Mai ist somit, dem Charakter einer Gewerkschaftsorganisation entspre-
chend,
der Kampftag der gesamten Arbeiterklasse
zur Erreichung weiterer Verbesserungen der Lebensbedingungen des schaffenden
Volkes.
Die Jugend unseres Landes darf in diesem edlen Kampf keineswegs beiseite
stehen.
Sie muß vielmehr in vorderster Linie der kämpfenden Arbeiterschaft zu finden
sein. Dieser Kampf, der nicht um des Kampfes Willen geführt wird, sondern der
Arbeiterklasse in einer ungerechten Gesellschaftsordnung aufgezwungen ist, hat
sich hohe Ziele gesteckt, für die es sich lohnt, mit allen Kräften einzutreten.
Wir kämpfen für eine neue Gesellschaftsordnung, in welcher der Mensch nicht
mehr der Willkür gewissenloser Ausbeuter und Akrobaten der Produktionskurven
ausgesetzt ist.
Wir kämpfen für gerechte Löhne, die jedem ein menschenwürdiges Dasein er-
möglichen.
Wir kämpfen um die Erhaltung und den weiteren Ausbau der durch unsere Väter
und uns selbst erzielten Erfolge.
Wir kämpfen gegen jede Diktatur, da sie der Würde des Menschen zuwider-
läuft und die Freiheit der Person vernichtet.
Die Jugend unseres Landes kämpft daher in engster Verbundenheit mit der wirk-
lich friedliebenden Jugend der anderen Völker für den Durchbruch der Demokra-
tie in Staat und Wirtschaft als Garant eines dauerhaften und gerechten Friedens
unter den Völkern.
Außer dem Kampf um die Verwirklichung der zentralen Losungen der Einheits-
gewerkschaft erhebt die Jugend der Einheitsgewerkschaft folgende besondere For-
derungen:
1. Für den Erlaß eines Berufsausbildungsgesetzes.
2. Für die Verwirklichung der Forderungen der Jugend im neuen Betriebsräte-
geseiz.
3. Für die sofortige Bildung des Jugendarheitsausschusses.
4. Für die sofortige Bildung der Berufsausbildungsausschüsse in Industrie,
Handel und Handwerk unter gleichberechtigter Hinzuziehung der Gewerk-
schaft.
5. Für die Schaffung ausreichender Lehrstellen und gut ausgerüsteter Lehr-
werkstätten.
6. Für die Hinzuziehung der Gewerkschaften bei den Jugendgerichten.
7. Für Beibehaltung der jetzigen Lehrzeit.
8. Für Beibehaltung der Urlaubregelung für Jugendliche.
9. Für die Mitbestimmung der Gewerkschaft im Berufsschulwesen.
10. Für ausreichenden Unfall- und Gesundheitsschutz.
11. Für eine kulturelle Freizeitgastaltung.
12. Gegen Ausbeutung der lugend.
13. Gegen jede Kriegshetze in Film, Presse und Rundfunk.
14. Für die parteipolitische Unabhängigkeit der Gewerkschaft.
15. Für Frieden, Freiheit und Völkerverständigung.
SCHAFFENDE JUGEND DES SAARLANDES!
Wir stehen in einem entscheidungsvollen Abschnitt nicht nur der Gewerkschafts-
bewegung als solcher, sondern der Umgestaltung der gesamten Gesellschaftsord-
nung.
Entweder wird die neue Gesellschaftsordnung eine gerechte und soziale sein,
oder die Menschheit wird bald erfahren müssen, daß sie sich selbst jeglicher Exi-
stenzgrundlage beraubt hat.
Die Jugend, und insbesondere die schaffende, ist vor die klare Entscheidung ge-
stellt, entweder mitzuhelfen an einem Neuaufbau auf wirklich demokratischer
Grundlage oder aber sie wird dem sicheren Untergang geweiht sein. Ein Abseits
stehen gibt es dabei nicht.
Das Jugendsekretariat ruft daher die Jugend auf, fern von jeden parteipolitischen
Tendenzen am 1. Mai geschlossen an den Veranstaltungen der Einheitsgewerk-
schaft teilzunehmen.
Es geht um das Wohl der schaffenden Menschen an der Saar.
Es lebe der Frieden und die FreiheitI
Es lebe der Internationale Bund Freier Gewerksehaftenf
Jugend Sekretariat
der Einheits gewerkschaft
gez. Rudi Blaß.
Für die Industrie verbände Abt. Jugend:
I. V. Metall:
Friedei Bauer
I. V. Bergbau:
Paul Schmidt, Günther Heckmann*
Arnold Spengler
I. V. Eisenbahn:
Hans Biehl
I. V. Bau:
Siegfried Goebel
I. V. Transport und Verkehr;
Klaus Heinz
I. V. Oeffentllche Betriebe und Ver-
waltungen
Stephan Wallacher
I. V. Holz:
Herbert Schneider
Wir sind wachsam!
Eine eindeutige Abfuhr an gewisse Schrei-
berlinge.
Seit einigen Wochen führt die „Neue
Zeit“ und die ihr treu ergebene „Gefolg-
schaft“ der FDJ. einen Kampf gegen das
Jugendsekretariat der Einheitsgewerk-
schaft, insbesondere gegen den Jugsnd-
sekretär der Einheitsgewerkschaft Kollege
Rudi Blaß.
Die Methoden dieses Kampfes lassen
dabei an Gemeinheit und Beleidigung
nichts zu wünschen übrig. Um so mehr
aber lassen sie einen eindeutigen und kla-
ren Rückschluß auf die Wahrheitsliebe
und politische Reife jener geifernden Arti-
kelschreiber zu, wenn nicht sogar in der
Form und m dem Inhalt der Hstzartikel
die innere Ohnmacht der Verfasser ge-
kennzeichnet ist.
Wir kennen diese Art aus einer ver-
gangenen Epoche, in der man ebenfalls
unter Anwendung größter Dreckkübel an-
ständige und ehrliche Menschen '„be-
schmutzen“ zu müssen glaubte, weil sie
nicht gewillt waren, sich den „Errungen-
schaften“ der damaligen Diktatur zu beu-
gen.
Wir kennen diese Art des gewerk-
schaftsschädigenden Verhaltens auch aus
der Zeit kurz vor der „Machtübernahme“,
als man ebenfalls die anständigen und
verarriwortungsbewußten Gewerkschafts-
funktionäre als Verräter, Bonzen und Lum-
pen hinstelite, selbstverständlich nicht
ohne den frommen Augenaufschlag, daß
man „selbst sich zu den besten Ge-
werkschaftlern zähle und nur das Wohl
aer gesamten Arbeitnehmer im Auge ha-
be, wenn man die reaktionären, rechtsge-
richteten Gewerkschaftsführer bekämpfe“.
Es liegt uns fern, an dieser Steile
etwa gegenüber den Führern der Hetzka-
nonade verteidigen zu wollen — dazu ha-
ben wir geeignetere Mittel —, aber es ist
doch ganz interessant, einmal die Stel-
lungnahme des Deutschen Gewerkschafts-
bundes zur Teilnahme der Gewerkschafts-
jugend an dem „Pfinstmarsch der FDJ“
nach Berlin kennenzulernen.
Das ist um so interessanter, wenn man
die „Neue Zeit“ vom 8. 4. 50 dabei zur
Hand nimmt. Dort steht nämlich wort-
wörtlich unter der Ueberschrift „Wir müs-
sen einen neuen Jugendsekretär wählen“
folgendes:
„Die Erklärung des Jugendsekretariates
der Einheitsgewerkschaft, welche durch
den im SclVeppkru des Arbeiterverräters
Wacker hängenden Blaß inspiriert worden
war und sicu gegen das Deutschlandtref-
fen der Jugend an Pfingsten 195Q in Ber-
lin richtet, hat nicht nur den elenden Dop-
pelzüngler Blaß endgültig entlarvt, son-
dern auch einen Widerstandsgeist in den
Kreisen der jungen Gewerkschaftler ge-
weckt. In keinem anderen Teil Deutsch-
lands ist eine offizielle Ablehnung durch
irgend ein Jugendsekretariat zu verzeich-
nen, so daß die hiesige Erklärung ein Prä-
zedensfall der Verlogenheit und Bestech-
lichkeit des Verfassers darstellt.“
Wir wissen nun nicht, ob der Artikel-
schreiber m der „Neue Zeit“ die Deutsche
Bundesrepublik überhaupt noch als einen
Bestandteil des Deutschen Reiches be-
trachtet, jedenfalls sind-wir in der Lage,
die kühne Behauptung, daß in keinem an-
deren Teil Deutschlands eine offizielle
Ablehnung durch irgend ein Jugendsekre-
tariat zu verzeichnen sei, gründlich zu
widerlegen.
Wir geben daher den Inhalt eines Rund-
schreibens des Deutschen Gewerkschafts-
bundes — Landesbezirk Baden — Ab-
teilung Jugend, vom 24. 2. 1950 zur
Kenntnis. Wir tun das selbst auf die Ge-
fahr bin, daß nun sämtliche Gewerk-
schaftler des Deutschen Gewerkschafts-
bundes in den Verdacht kommen, „im
Schlepptau der .saarländischen Arbeiter-
verräter1 zu hängen“.
Werte Kollegen!
Wie Euch wohl bekannt ist, beabsich-
tigt die FDJ. an Pfingsten ein Treffen in
Berlin durchzuführen. Zu diesem Treffen
hat der Bundesvorstand wie folgt Stellung
genommen:
„Die Gewerkschaftsjugend wird sich ais
Orqani'at’on an dem von der Freren Deut-
schen Juaend geplanten „Pfingstmarsch“
mach Berlin nicht beteiligen.
Der Bundesvorstand des Deutschen Ge-
werkschaftsbundes bedauert, daß schon
wieder die im Dritten Reich üblichen Me-
thoden angewendet werden, um die Ju-
gendlichen zu Propagandazwecken , zu
mißbrauchen. Der von der FDJ. geplante
„Pfingstmarsch“ nach Berlin ist ein sol-
cher Mißbrauch und wird deshalb vom
DGB. abgelehnt. Der Bundesvorstand
warnt die jugendlichen DGB-Mitglieder
davor, sich zu .politischen Zwecken miß-
brauchen zu lassen.
Der Gedanke der deutschen Einheit wird
■— »o wird von seiten des Bundesvorstan-
des betont — vom Deutschen Gewerk-
schaftsbund bejaht. Es wäre aber zu be-
grüßen, wenn die Jugendlichen aller Par-
I. V. Nahrungsmittel und Genuß, Groß-
und Einzelhandel, Leder- und BekL-
und Fabriakarbeiter
Willi Kuhnen
feien und Konfessionen in der Ostzone die
Koalitionsfreiheit und damit die Möglich-
keit der freien Betätigung erhielten, wie
sie für die Jugendlichen und Jugendver-
bände in der Bundesrepublik gegeben
sind.“
Wir bitten um Kenntnisnahme und Be-
achtung.
Mit kollegialem Gruß!
Deutscher Gewerkschaftsbund, Landes-
bezirk Württemberg-Baden, Landes-
bezirksvorstand. gez.: Schleicher.
Abt IX Jugend
gez.: WaEenmaier,
Wir machen dabei auf die Tatsache auf-
merksam, daß der einstimmige Beschluß
des Jugendsekretariates der Einheitsge-
werkschaft zur Ablehnung der Teilnahme
an dem FDJ-Marsch nach Berlin in der
Sitzung vom 27. 2. 1950 geifaßt und in
Nr. 6 „Die Arbeit“ vom 17. 3. 50 veröffent-
licht wurde, wogegen das Rundschreiben
des Deutschen Gewerkschaftsbundes das
Datum vom 24. 2, 5Q trägt.
Ebenso dürfen wir darauf hinweisen,
daß der 1. V. Bergbau, unabhängig vom
Gewerkschaftsausschuß, für seinen Ver-
I. V. Graphik:
Wilhelm Lauer
I. V. Post- und Fernmeldewesent
Karlheinz Bauer
bandsbereich ebenfalls aus Gründen der
parteipolitischen Neutralität in einen» ein-
stimmigen Beschluß des «gesamten Vor-
standes eine Teilnahme an parteipoliti-
schen Demonstrationen abgelehnt hat, und
damit ist auch die Teilnahme der Gewerk-
schaftsjugend dieses Industrieverbandes
an dem Berliner FDJ-Treffen als abgelehnt
zu betrachten.
Es muß wegen der Vollständigkeit auch
betont werden, daß der gesamte Gewerk-
schaftsausschuß in seiner Sitzung vom 11.
4- 1950 einstimmig die vom I. V. Bergbau
gefaßten Beschlüsse hinsichtlich der par-
teipolitischen und religiösen Neutralität
auf die gesamte Einheitsgewerkschaft
ausgedehnt und dem. Jugendsekretariat
ebenso einstimmig die Richtigkeit seines
Verhaltens in bezug auf das FDJ-Treffen
bestätigt hat.
Wenn wir uns jetzt nicht ganz täuschen,
wird bald in der „Neue Zeit“ zu lesen
sein:
„Wir müssen einen neuen Gewerk-
schaftsausschuß wählen! Der Vorstand
des 1. V. Bergbau muß weg! Er hat sich
Das Jugendsekretariat aktiv
Auf Einladung der Industrie- und Han«
delskammer nahm das Jugendsekretariert
der Einheitsgewerkschaft auch dieses
Mal an den Frühjahrsprüfungen der Kam-
mer teil.
So wurden z. B.inHomburg die Be-
triebe Fürst u. Söhne, Seibert und Kraft-
werk Homburg besucht, um dort Einblick
zu erhalten in die Prüfungen der Indu-
striegehilfen- und Facharbeiter.
In Saarbrücken interessierte uns
die Kaufmannsgehilfenprüfung. Die Teil-
nahme als Beobachter bei den Prüfun-
gen in Einzelhandel, Industrie, Großhan-
del sowie im Drogistenfach zeigten,
welche Anforderungen an die Prüflinge
gestellt werden.
Der Jugendsekretär der Einheitsgewerk-
schaft nahm außerdem noch an den Prü-
fungen im Graphischen Gewerbe teil. In
der kurzen Schlußfeier war ihm Gelegen-
heit gegeben, neben dem Verbands Vor-
sitzenden Koll. Stärk zu den Prüflingen
zu sprechen und sie auf die Besonderhei-
ten gerade ihres Berufes hinzuweisen.
Vor allem möchten wir von dieser Stelle
aus den objektiven und gut vorbereiteten
Verlauf aller Prüfungen hervorheben.
Gleichzeitig sei damit auch der Dank
an alle Prüfungsleiter und an die Indu-
strie- und Handelskammer öffentlich aus-
gesprochen, da wir Einblick nehmen konn-
ten in alle Prüfungsunterlagen.
Wertvolle Unterhaltungen mit den ein-
zelnen Herren der Prüfungsleitung zeig-
ten, daß man den Bestrebungen des Ju-
gendsekretariates seit 1947 nicht nur
Rechnung trägt, sondern auch auf eine
weitere Vertiefung der Zusammenarbeit
bedacht ist.
Wir dürfen das sicher als ein gutes
Vorzeichen für unsere kommenden Ar-
beiten ansehen.
Erfreuliche Nachrichten
Der Fachverband des modeschaffend an
Handwerkes hat uns aus eigener Initia-
tive zu seiner Sitzung am 8. Mai 1950 ein-
geladen. Wir wollen hoffen, daß diese
Einladung den Beginn eines Gedanken-
austausches im gesamten Handwerk be-
deuten möge, der sich für unsere schaf-
fende Handwerkerjugend günstig auswir-
ken kann.
Aus einem Bezirk meldet die saarlän-
dische Tagespresse das Ergebnis der
Frühjahrsprüfungen im Schneiderhand*-
werk. Während 2 Prüflingen mit dem Prä-
dikat „Sehr gut“ ausgezeichnet wurden,
konnten alle übrigen mit „gut“ bestehen.
Wir danken den Meistern, die. durch
das Prüfungsergebnis den Beweis er-
brachten, daß sie sich bei einer dreijäh-
rigen Lehrzeit der Lehrlinge so mit ihren
Lehrlingen beschäftigt haben, daß diese
mit Ruhe und Sicherheit in die Prüfung
gehen konnten.
*
Im Zuge der Behandlung von Berufs-
ausbildungsfragen und Beschäftigung mit
den Problemen der schulentlassenen lu-
gend fand im Sitzungssaal der Einheits-
gewerkschaft auf Einladung des Jugend-
sekretariates eine informatorische Aus-
sprache des gesamten Jugendsekrstana-
tes mit dem Arbeitsministerium, Abt. Be-
rufsberatung und Berufsnachwuchslen-
kung, statt.
Es wurde uns wertvolles statistisches
Material zur Kenntnis gebracht, das wir
in Kürze veröffentlichen werden.
Außerdem wurden wichtige aktuelle
Probleme der werktätigen Jugend bespro-
chen.
aut die Seite der Kriegshetzer und Impe-
rialisten gestellt!“
Das würde uns beileibe nicht wundern,
denn allmählich sind wir solche Dinge
gewöhnt.
Jungkolieginnen! Jungkollegen I
So also sieht sich manches an, wenn
mail es nur von einer Seite betrachtet.
So kommen auch nicht von innen, son-
dern von außen manche Entstellungen
und Verzerrungen, die sich leider oft ge-
nug dann auch zu Schwierigkeiten in un-
serer gesamten Organisation auswirksn.
Wir fragen Euch: Wollt Ihr das? Oder
sollen wir nicht lieber uns mit unseren
Problemen der Gewerkschaftsjugend be-
fassen? Eines aber dürfen wir all denen
zurufen, die da glauben, auf diese Art
und Weise unsere gewerkschaftliche Ar-
beit und das gegenseitige Vertrauen zu
stören oder zu untergraben:
Wir sind wachsam!!!
Jugendsekretariat
der Einheitsgewerkschaft.
Seite 6
April 1950
„PIE ARBEIT**
Arbeit und Recht:
Aus dem Arbeitsgerichtssaal
Der schaffende Mensch ist heute mehr
denn je auf Gedeih und Verderb mit sei-
nem Arbeitsplatz verbunden und deshalb
fast jeder Arbeitnehmer vom Arbeitsrecht
erfaßt. Es wird vielfach die Beobachtung
gemacht, daß nicht nur die Unorganisier-
ten, sondern auch Gewerkschaftler und
darunter viele aktive Gewerkschaftler,
sich viel zu wenig mit dem praktischen
Arbeitsrecht befassen. „Es ist unverständ-
lich“ sagte einmal ein erfahrener Arbeits-
richter, „daß unter den Arbeitnehmern in
arbeitsrechtlichen Dingen eine fast noch
größere Unkenntnis als in allgemeinen
Rechtsfragen besteht.“ Sind dies nicht
Gründe genug, die es notwendig
machen, daß wir uns im Organ „Die Ar-
beit“ mit den lehrreichsten Verhandlun-
gen der Arbeitsgerichte des Saarlandes
befassen? Wir werden laufend Urteils-
sprüche und den Verlauf von Arbeitsge-
richtsverhandlungen, die von allgemeiner
Bedeutung sind, veröffentlichen.
In. der nächsten Ausgabe wollen wir
einmal überprüfen, in wie weit die Ar-
beitgeber die vor den Schranken des
Richters geschlossenen Vergleiche oder
Urteilssprüche in die Tat umsetzen und
so den Arbeitnehmern das Recht gewäh-
ren, das ymen mit Hilfe des Arbeitsrich-
ters 2uerkannt wurde. Wir werden uns an
Nachruf
Am 31. März 1950 verstarb im Alter von
2S Jahren ganz plötzlich und unerwartet
unsere Kollegin Irene KALLENBORN. geb.
Otto. Als technische Angestellte stand sie
seit dem 1. April 1947 im Dienste des In-
dustrieverbondes Metall. Sie war in der
Kreisgeschäftsstelle Diliingen tätig. Wir
verlieren in ihr eine gute Kraft, die an
selbständiges Arbeiten gewöhnt war und
die die an sie gestellten Aufgaben zu
unserer besten Zufriedenheit erledigte.
Der Vorstand des Industrieverbandes,
die technischen Angestellten wie auch
die Kollegen von Dil’ingen trauern mit den
Angehörigen um den allzufriihen Heim-
gang von Irene Kallenborn.
Wir werden ihr ein ehrendes Andenken
bewahren.
Die Geschäftsleitung des
Industrie verbände« Metall
gez. F 11 e g 1 e r.
einen besonders krassen Fall erinnern,
der sich z. Zt. noch bei der Merzig-Büsch-
felder Eisenbahn abspielt und bei dieser
Gelegenheit zitiert werden soll.
Aber heute wollen wir uns, da der Früh-
ling und die Urlaubszeit wieder ihren Ein-
zug gehalten haben, mit einer Tatsache
befassen, die für alle Arbeitnehmer auf-
schlußreich sein wird.
Kollege M. ist fest davon überzeugt,
daß ihm, als er im vergangenen Jahr,
wegen wichtiger Aufträge seiner Firma,
von sich aus auf den Urlaub verzichtete,
hierfür eine Geldentschädigung gewährt
werden muß.
In diesem Falle hat sich der Arbeitge-
ber geweigert das Entgelt zu zahlen,
2)tc JAeatecoemeinde teitt mit:
Miete 1 21. Mai Vorstellung.
Miete 2 22. Mai Vorstellung
Miete 3 30. Mai Vorstellung
Die letzte Rate, 250 Frs., ist bis zum 15.
Mai fällig.
50jähriges Be'ufsjubiläum
Am 4. April fand sich die Belegschaft
der Schlosserei der Menesa in Neun-
kirchen zu einer kurzen Feierstunde aus
Anlaß des 50. Berufsjubiläums des Kol-
legen August Erbe zusammen. Seit 1940
arbeitet Erbe bei der Menesa als Be-
triebsklempner. Nach Ende des zweiten
Weltkrieges war er mit einer der ersten,
die die neue Gewerkschaftsbewegung
aufbauten.
Im Verlaufe der Jubilarenehrung über-
brachte der Kollege Schneider als Be-
triebsratsmitglied dem Kollegen die be-
sten Wünsche der Belegschaft und über-
reichte ihm gleichzeitig eine ansehnliche
Spende. Als Vertreter des I. V.-Metall
richtete der Vorsitzende der BGG. herz-
liche Worte an den verdienten Jubilar.
Möge Kollege Erbe uns weiterhin als
aktiver Gewerkschaftler erhalten bleiben.
Betriebsgewerkschaftsgruppe:
Menesa.
weshalb M. sofort beim Arbeitsgericht
Klage erhob. M. hat seinen Antrag ge-
hörig begründet, insbesondere darauf hin-
gewiesen, daß er zufolge Vereinbarung
mit dem Arbeitgeber seinen Urlaub nicht
üehmen konnte. Trotz dieses Verzichts
bleibt aber unter allen Umständen der
Anspruch auf Auszahlung des Urlaubs-
entgeltes bestehen. Eine gütliche Eini-
gung,, die, wie wir wissen, jedem ar-
beitsgerichtlichen Streitverfahren voraus-
geht, war nicht zustande gekommen. Es
kam in der ersten Instanz des Arbeitsge-
richtes zur Verhandlung. Das Urteil ist
dahin ergangen, daß der Arbeitgeber zur
Zahlung der Urlaubsentschädigung ver-
urteilt wurde.
Zum Schluß wollen wir festhalten, daß
an die Stelle des Urlaubsanspruchs in
natura der Anspruch auf Zahlung des
Urlaubsentgeltes als Entschädigung für
nicht erhaltenen Urlaub zu treten hat.
—'
y<rK«
r / ?
G. M. B. H.
GEPFLEGTE HERRE NKLEI DU NG
RATHAUSSTRASSE 7 u. 7o
„E K“ EINHEITSPREIS-KAUFHAUS f. d.
Werktätigen. Gut und billig: Textilwaren,
Schuhe usw. Stets Sonderapgebote.
49 St. Joh. Markt 49.
J(atteqe Jifenb 70 Jahce aCt
Wiederum beglück-
wünschen wir einen al-
ten Gewerkschaftskol-
legen, der fast ein Men-
schenalter in unseren
Reihen steht. Kollege
Klenk, schon 19jährig
Miiglied derOrtsverwal-
tung Neustadt an der
Haardt des Me a larbei-
terverbandes, feiert am
1. Mai seinen 70. Ge-
burtstag. ln Edenkoben
(Pfalz) wurde er 1901
:um Vorsitzenden der
Ortsgruppe der Metall-
arbeiter gewählt und
durch zahlreiche Lohnkämpfe, die er bis
1914 erfolgreich führte, bekannt. 1917 lenkte ihn
das Schicksal nach Rohrbach und 1920 nach
Blieskastel. Als langjähriger Funktionär stellt er
heute noch seine Kraft und Erfahrung in den
Dienst der Einheitsgewerkschaft.
Möge Kollege Klenk in seinem gewerkschaft-
lichen Elan uns noch lange erhalten bleiben und
der Jugend zum Vorbild dienen. Die Einheitsge-
werkschaft schließt sich den Glückwünschen des
Ortsausschusses und der Mitglieder von Blies-
kastel an und wünscht ihm im Kreise seiner
Familie für die Zukunft noch lange Gesundheit
und Wohlergehen.
^Bcielkasten:
K- U., Völklingen. Gerichtlich wurde das Ver-
langen der Volkswagensparer abgewiesen. Da-
mit ist für insgesamt 300 000 Sparer ein Wunsch-
traum zerronnen. Wie das Werk bekannt gibt,
müsse es zur Belieferung dieser ..Altsparer" 720
Millionen DM aufwenden, während der Wert der
Werksanlagen etwa 50 Millionen DM ausmache.
Das Lieferungsverlangen sei demnach also nicht
nur eine juristische, sondern auch eine wirt-
schaftliche Unmöglichkeit.
13, Homburg. Ein Schwejzerdegen ist ein
Druckereifachmann, der als Schriftsetzer und
Drucker ausgebildet ist.
W., Merzig.. Der Stifter des Friedenspreises
war Alfred Nobel. Er starb 1896 und hinterließ
der Nachwelt eine große Aufgabe: Aus den Zin-
sen seines Vermögens sollen jährlich fünf Preise
verteilt werden, für die besten Leistungen auf
dem Gebiete der Physik, Chemie. Physiologie
und Medizin, der Literatur und für die größte
Friedenstat.
Fi„ Neunkirchen. Stud. rer. pol. = Studiosus
rerurn politicarum (lat) und heißt auf deutsch:
Student der Wirtschaft»- und Sozialwissenschal-
ten.
Gesundheitsschäden
Vor Schülern der Akademie der Arbeit
hielt Dr. med. habil. Symanski, Dozent für
Arbeitsmedizin an der Universität des
Saarlandes und Landesgewerbearzt des
Saarlandes, einen Vortrag, aus dem wir
in unserm Organ ..Die Arbeit", Nr. 3,
Jahrgang 1950. einen Auszug veröffentlich-
ten. Der nachstehende Artikel, der gleich-
falls die Leser sehr interessieren dürfte,
stellt eine Fortsetzung der ersten Ver-
öffentlichung dar.
Bei meinem Vortrag vor den Schülern
ler Akademie der Arbeit lag mir daran,
hufzuzeigen, daß die Industrie, so wertvoll!
sie auch für die moderne Menschheit sein
mag, unter Umständen gewisse Nachteile
und Gesundheitsschädigungen nach sich
ziehen kann, und daß diese Gefahren
durch Betriebsunfälle und gesundheits-
schädliche Einwirkungen nicht nur den
schadenden Arbeiter selbst betreifen kön-
nen, sondern auch unter bestimmten Be-
dingungen die Allgemeinbevölkerung.
Hierbei hatte ich weniger derartig sen-
sationelle Ereignisse, wie Explosionskata-
strophen von Gaskesseln und dergleichen
oder Großbrände vor Augen, ebenso war
es nicht meine Absicht, auf die Verunrei-
nigungen unserer Flüsse durch Abwässer
oder auf Grubensenkungen einzugehen,
sondern ich beschäftigte mich vorwie-
gend mit den Verunreinigungen der At-
mosphäre durch industriebedingte Gase,
Dämpfe, Rauche und Stäube aller Art.
Wenn ich nun im folgenden in Ergän-
zung zu dem eingangs erwähnten Bericht
noch einige Zahlen über wissenschaft-
liche Untersuchungen und Erhebungen auf
diesem Gebiete bringe, so sind dies teils
schon bekannte Feststellungen der Ge-
werbehygiene, teils aber auch neue Er-
kenntnisse, die bei der Erforschung der
Berufskrankheiten — gewissermaßen so
nebenbei — gewonnen wurden.
Jeder weiß, wie die Sonne momentan
durch eine Rauchwolke verfinstert wer-
den kann; aber daß z. B. die auf Ham-
burg jährlich niedergehende Rußmenge
auf 1—2 Millionen Kilogramm berechnet
wurde, wird nicht überall bekannt sein.
Reine Industriegegenden und Großstädte
sind natürlich von derartigen Einwirkun-
gen am meisten betroffen. Im Bannkreis
von Hamm in Westfalen hat man z. B.
festgestellt, daß an einem Wintertag 800
Zentner Schmutzteilchen, davon 1/3 unver-
brannte Kohlenteilchen, niedergingen. In
London wurde der Niederschlag aus der
Luft in einem Wintermonat auf über 54 000
Kilogramm berechnet, wovon knapp die
Hälfte aus Teer, Kohle und Sand, also
unlöslichen Bestandteilen und der grö-
ßere Teil aus löslichen Chemikalien, wie
Chlor usw, bestand. Französische Wis-
in Industriegebieten
senschaftler stellten fest, daß über einer
französischen Großstadt im Jahr 9000 kg
Schwefeldioxyd und Salzsäure entstanden
und daß infolge der Verbrennung von
Koks, der noch 1 Prozent Schwefel ent-
hält, z. B. über Großstädten 30—40 Vo-
lumenteile Schwefeldioxyd auf 10 Mil-
lionen Volumenteilen Luft enthalten sind,
während auf dem Lande nur 1 Volumen-
teil Schwefeldioxyd in der gleichen Menge
Luft enthalten ist.
Ebenso interessant ist die Wirkung von
Industriestaub auf die Absorption der
für Gesundheit und Leben wichtigen im
Sonnenlicht enthaltenen ultravioletten
Strahlen. Für Berlin wurden z. B. ermit-
telt, daß im Durchschnitt nur ein Drittel
des Sonnenlichtes zur Wirkung kommt.
In einer anderen Statistik wurde festge-
stellt, daß ständig 20 Prozent der Sonnen-
wärme durch die in der Luft schweben-
den Fabrikrauche absorbiert werden.
Jedes Ruß- oder Staubpartikelchen, wel-
ches bei einer Größe von einem tausend-
stel mm sich tagelang schwebefähig in
der Luft hält, kann entweder direkt oder
durch indirekte Begünstigung der Bildung
einer Nebelschicht die Absorption von
Sonne und Licht hervorrufen, da ja je-
des Nebelteilchen ein Ruß- oder Staub-
partikelchen als Kern besitzt.
Man könnte die Reihe solcher Beispiele
beliebig verlängern. Es ist klar, daß die
aufgeführten Möglichkeiten für Gesund-
heitsstörungen für die Bevölkerung großer
Industriezentren nicht als gleichgültig be-
zeichnet werden können. Es wird immer
unser aller Ziel sein müssen, daraus her-
zuleiten, diese Schädigungen soweit wie
möglich einzudämmen. Die Erfolge der
Verschickungen unserer Kinder in Ferien
und Erholungslager, und der Ferien- und
Urlaubsaufenthalte der Erwachsenen in
sonnenreichen staubfreien ländlichen
oder waldreichen Milieu sprechen eine
beredte Sprache, wenngleich dabei na-
türlich noch andere Umstände eine Rolle
spielen. Es wird im Einzelfalle oft schwer
seih, festzustellen, ob beispielsweise das
schlechte Aussehen eines einzelnen ledig-
lich durch den ständigen Aufenthalt in
einer mit Industrierauchen und Abgasen
geschwängerten Atmosphäre einer Fa-
brikstadt hervorgerufen ist, oder ob der-
selbe nicht vielmehr auf eine konstitutio-
nelle Schwächlichkeit überhaupt, oder auf
eine unzweckmäßige Ernährung, schlechte
Wohnverhältnisse, Ueberanstrengung und
Hast bei der Arbeit zurückzuführen ist,
bzw. auf alles zusammen oder vielleicht
auch auf eine bestimmte organische
Krankheit, etwa ein Magengeschwür oder
ein Herzleiden usw.
Man darf daher auch nicht über das
Ziel hinausschießen, wie dies etwa vor
15 Jahren in Berlin der Fall gewesen ist,
wo behauptet wurde, daß in einer dicht
bevölkerten Wohngegend im Norden Ber-
lins 2000 Menschen infolge der in diesem
Bezirk liegenden großen Gasanstalt an
chronischer Leuchtgas- also Kohlenoxyd-
gasvergiftung litten.
Die darauf eingestellten Untersuchun-
gen in dem damaligen Universitätsinsiitut
für Berufskrankheiten, an dem ich früher
tätig war, ergaben die Haltlosigkeit die-
ser Behauptung. Es handelte sich um eine
Reihe anderer innerer Krankheiten an de-
nen die angeblich Gasvergifteten litten
und überdies ergaben die zahlreichen in
der gesamten Umgebung des Gaswerkes
zu verschiedenen Zeiten und unter ver-
schiedenen atmosphärischen Bedingungen
vorgenommenen Luftanalysen, das prak-
tisch überhaupt kein Kohlenoxyd in der
Luft vorhanden war. Die manchmal auf-
tauchenden Befürchtungen über die chro-
nische Vergiftung unserer Großstadtbe-
völkerung infolge einer Verpestung der
Luft durch die kohlenoxydhaltigen Ab-
gase der Kraftfahrzeuge und Industriebe-
triebe sind unbegründet, zumal anderwei-
tige Untersuchungen durch französi-
sche und japanische Forscher ergeben
haben, daß Kohlenoxyd in der Luft zu
Kohlendioxyd oxidiert, also abgebaut
wird und verschwindet.
Die Schlußfolgerungen aus diesen Aus-
führungen für uns an der Saar lassen sich
nicht in einer kurzen Zusammenfassung
beantworten. Vorteilhaft ist jedenfalls,
daß wir an der Saar nicht solche großen
Industriezusammenballungen haben,' wie
es z. B. in der westfälischen Großindu-
strie der Fall ist. Auch werden bei uns
solche Katastrophen niemals möglich
sein, wie sie infolge ganz besonders ge-
lagerter geographischer Umstände sei-
nerzeit im Maastal mit 70 Todesfällen u.
Tausenden von Erkrankungen durch fluor-
haltige Fabrikabgase zustande gekom-
men waren. Im übrigen trägt eine ver-
nunftgemäße Lebensweise da, wo es sich
nicht vermeiden läßt, unter der Einwir-
kung von Industrieabgasen und Stäuben
zu leben, zweifelllos viel dazu bei, um
etwaige Schäden auszugleichen. Spiel u.
Sport in frischer Luft, Wanderungen oder
Spaziergänge bilden einen gesunden Aus-
gleich und dienen dazu, die sogenannte
„Selbstreinigung der Lungen“ zu för-
dern, Dr. Symanski.
In der ersten Veröffentlichung in Nr. 3 waren
bei der Kürzung des Artikels einige Unrich-
tigkeiten entstanden. Es muß richtig heißen:
Die Zahl von 30 000 kg. Staub, die täglich von
den Schornsteinen des Saarlandes ausgestoßen
werden, bezieht sich tatsächlich nicht auf
mehrere Schornsteine, sondern nur auf einen
Schornstein einer bestimmten Industrieanlage.
Die Schädigung der Tierwelt durch arsenik-
haltige Abgase haben sich bei Freiburg in
Sachsen ereignet und die Maaskatastrophe bei
Lüttich in Belgien fand im Jahre 1930 statt.)
Teilaitsicht von Völklingen mit der Hütte, deren Schornsteine täglich lausende Kilogramm
Rauch und Staub ausspaien. Zu einem großen Teil gehen diese Rauch- und Slaubmengan
aut die Ortschaft nieder.
April 1950
„DIE ARBEIT»
Seite 7
J*&st aus dem Ausland
Arbeitsmarktlage im März 1950
Wirtschaftszweigen und Berufsgruppan
Frankreich. Man kann zur Zeit eigenartige
Preisentwicklungen in Frankreich beobachte^.
Die Fleischpreis« steigen, wenn auch nur im
geringen Ujnfang.. Kartoffeln haben zur Zeit
ein Preisniveau, wie man es seit langer Zeit
nicht gekannt hat. Das Kilo neuer Kartoffeln
wird in Paris gegenwärtig mit 75 bis 80
Franken bezahlt und Vorjahrskartoffeln kosten
35 bis 40 Franken. Für Frischgemüse werden
unerhörte Preise gefordert ln eingeweihten
Kreisen führt man die hohen Preise der letzten
Wochen auf umfangreiche Exporte zurück.
Frankreich. Die französische Kohlenförderung
betrug in sämtlichen französischen Kohlen-
becken der Metropole in den Monaten Januar
und Februar 1950 9,2 Millionen Tonnen. Gegen-
über dem Vorjahr ist eine geringe Steigerung
der Produktion festzustellen, die aber im Febr.
durch einige Streiks verringert wurde. Die
diesjährigen Erträge werden jedoch mit ge-
ringerer Belegschaft erzielt. Die Einzelleistungen
sind dank der Modernisierung der Bergwerks-
anlagen nicht unwesentlich gestiegen.
Schweiz. Die Zahl der Arbeitslosen vermin-
derte sich in der Schweiz im Februar um
10 000. Die Zahl der Voll-Erwerbslosen beträgt
nun 20 000. Der Rückgang ist im wesentlichen
auf das Anziehen der Tätigkeit im Bauge-
werbe zurückzuführen. Aber auch in anderen
Industriezweigen hat die Aktivität zugenommen.
Der Lebenshaltungsindex sank im Laufe des
letzten Vierteljahres um 0,7 o/o. Im gleichen
Maße bessert sich die Situation der Arbeit-
nehmerschaft.
England- Die Zahl der in den englischen
Kohlengruben beschäftigten Bergarbeiter geht
seit einigen Monaten andauernd zurück. Jede
Woche verlassen einige hundert Bergarbeiter
ihre bisherige Beschäfligung, um in anderen
Industrien • Arbeit anzunchmen. Trotz der be-
deutenden Verbesserung der hygienischen Ein-
richtungen und der Arbeitsbedingungen über-
haupt ist die Arbeit in den Gruben auch
weiterhin eine der schwersten und anstrengend-
sten.
Gewerkschaftliche Urabstimmung. Die 37 Ge-
werkschaften der im englischen Schiffsbau be-
schäftigten Arbeiter, etwa 2 500 000, haben vor
einigen Monaten die Forderung auf eine Lohn-
erhöhung von 1 Pfund Sterling pro Woche ge-
stellt. Die Forderung ist von den Industriellen
abgelehnt worden, obwohl der Schiffsbau in den
letzten Jahren fortgesetzt steigende Profite ein-
gebracht hat. Die Vereinigung der 37 Gewerk-
schaften hat kürzlich beschlossen, nunmehr
unter ihren Mitgliedern eine Urabstimmung dar-
über durchzuführen, ob der Forderung durch
einen Streik Nachdruck gegeben oder aber ob
sie dem Schiedsverfahren überwiesen werden
soll.
Spanien. Die Kohlenproduktion Spaniens er-
höhte sich im Jahre 1949 um 150 000 Tonnen
auf rund 11 Millionen Tonnen. (Zum Vergleich
sei die saarländische Produktion des Jahres
1949 hier angegeben. Sie betrug 14,4 MilL
Tonnen.)
U.S.A. Der amerikanische Innenminister er-
klärte, daß im Staate Nord-Maryland neue
Kohlenvorkommen festgestellt wurden, deren
Umfang auf 600 Millionen Tonnen geschätzt
wird.
Das Nationaleinkommen in Westeuropa
Obwohl ein Vergleich des Nationaleinkom-
mens in den verschiedenen Ländern auf man-
cherlei Schwierigkeiten stößt, so ist von der
amerikanischen Verwaltung der Marchallhilfe
doch eine Berechnung in den Jvesteuropäi-
sehen Ländern vorgenommen worden. Danach
betrug das Nationaleinkommen für das zuletzt
ermittelte Jahr {meist 1948) in Millionen Dollarsi
Dänemark 5 810; Westdeutschland 23 210; Eng-
land 48 600; Frcfikreich 26 720; Griechenland
1 260; Holland 5 550; Irland 1 590; Italien 1216;
Norwegen 2 230; Oesterreich 1 500; Schweden
7 070. Es handelt sich dabei um das Gesamt-
Nationaleinkommen. Eine Berechnung de3 Durch-
schnitts-Einkommens pro Einwohner würde zwi-
schen den einzelnen Ländern fast ebenso
große Unterschiede ergeben.
Das französische Nationaleinkommen erreicht«
im Vorjahr eine Höhe von 6 500 Milliarden
Franken. Auf Löhne und Sozialleistungen ent-
fielen 50 Prozent. Auf freie . Berufe, Landwirt-
schaft, Handels- und Industrieeinkommen 42
Prozent und auf Kapitalerträge 4 Prozent. Das
französische Nationaleinkommen betrug vor dem
Kriege — im Jahre 1938 — 366 Milliarden Franken
{damal. Währungsstand)
Die Situation in den einzelnen
Landwirtschaft:
In allen Arbeitsamtsbezirken sind zahlreiche
offene Stellen mangels Bewerber unbesetzt ge-
blieben. Nach den übereinstimmenden Berich-
ten der Arbeitsämter wird der Arbeitskräfte-
bedarf auch in den nächsten Monaten nicht
zu befriedigen sein.
Bergbau:
Im saarländischen wie im lothringischen
Bergbau ist die Lage unverändert.. Den Ab-
gängen infolge Invalidisierung usw. stehen
keine Neueinstellungen gegenüber. Lediglich
heimgekehrte Kriegsgefangene haben ihre frü-
heren Arbeitsplätze wieder eingenommen,
Industrie der Steine und Erden:
Die für Anfang April angekündigte Wieder-
aufnahme der vollen Produktion in den bau-
stofferzeugenden Betrieben hat bereits einge-
setzt. Die günstige Auftrags- und Absatzlage
hat verschiedene Betriebe veranlaßt, mit einer
Erweiterung ihrer Produktionsstätten zu be-
ginnen. Der Arbeitskräftebedarf ist auf 50 —
allerdings Überwiegend voilarbeitsfähige Män-
ner — gestiegen. Die Kalk- und Hartstetn-
werke sind voll beschäftigt Den Betrieben
der keramischen Industrie konnten 75 Arbeits-
kräfte zugewiesen werden. Mit weiteren Ein-
stellungen ist zu rechnen. In der Glasindustrie
konnte der bisherige Beschäftigungsgrad ge-
halten werden.
Eisenerzeugende Industrie:
In der Hüttenindustrie ist die Zahl der
Beschäftigten um 139 gestiegen, nachdem das
Neunkircher Eisenwerk bereits im März mit der
Wiedereinstellung ehemaliger Belegschaftsmit-
glieder begonnen hat. Die übrigen Hüttenwerke
können wegen ungenügender Aufträge kein«
Arbeitskräfte mehr aufnehmen.
Eisen- und metallverarbeitende Industrie:
In den Wirtschaftszweigen Maschinen-, Kes-
sel-, Apparatebau und Eisen- und Metallwaren-
herstellung ist der Beschäftigungsgrad noch
leicht gestiegen; dagegen ist er im Handwerk
weiter gesunken.
Wesentlich gebessert hat sich die Auftrags-
lage bei Stahlbau- und Montagefirmen. Nur im
Bezirk Saarlouis haben derartige Firmen ver-
einzelt Arbeitskräfte freigesetzt
Eine Herdfabrik mußte wegen saisonmäßigen
Rückganges der Aufträge mehrere Arbeits-
kräfte entlassen.
Die elektrotechnische Industrie erwartet durch
die Belebung in der Bauwirtschaft Auftrags-
eingänge und damit eine Besserung der Be-
schäftigungslage. Verschiedene Großbetriebe
haben schon jetzt ihren Bedarf an Arbeits-
kräften angezeigt.
Bau- und Baunebengewerbe:
Die Bautätigkeit hat . der Jahreszeit ent-
sprechend nur schwach eingesetzt Gegen-
über dem Vormonat ist die Zahl der Beschäf-
tigten im Bau- und Bauuebengewerbe um 56T
gestiegen. Insgesamt wurden 1 422 Arbeits-
kräfte in die Bauwirtschaft vermittelt Ende
März standen noch 351 arbeitsuchende Bau-
facharbeiter zur Verfügung.
Angestelltenvermittlung:
Die Zahl der arbeitsuchenden kaufmänni-
schen und Btiroangestellten ist unverändert
hoch geblieben. Vereinzelt konnten jüngere An-
gestellte mit Kenntnissen in Stenographie und
Maschinenschreiben und Angestellte mit fran-
zösischen Sprachkenntnissen vermittelt werden.
Holz- und Schnitzstoffgewerbe;
Trotz des saisonbedingten Auftragsrück-
ganges im Schreinerhandwerk besteht verein-
zelt noch Bedarf an Facharbeitern. Der Mangel
an Bauschreinern ist behoben.
Die Möbelindustrie war im Berichtsmonat
besonders gut beschäftigt, desgleichen die
Sägewerke und Stuhlfabriken.
Sonntags- und Ferienfahrten
Für unsere Mitglieder und deren Angehörige
haben wir billige Fahrten in die Vogesen
organisiert. Die Sonntagsfahrten per Omnibus
führen über Saarburg — Donon — Schirmeck
Brenscl tcl zur Hochkönigsburg bei Schlettstadt.
Die 1. Fahrt findet am 14. Mai, die zweite erm
4. Juni statt. Der Fahrpreis bebägt 850.— Frs.
und muß vorher einbezahlt weiden.
Die Kolleginnen und Kollegen, die für einen
zehntägigen Ferienaufenthalt in den Südvogesen
interessiert sind, bitten wir, sich an uns zu
wenden, damit wir Ihnen ausführlichen, schrift-
lichen Bescheid zukommen lassen können.
Die erste Fahrt findet voraussichtlich am 23.
Mai statt.
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ä Maintenon (E. & L.)
Herausgeber : Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, Brauerstr. 6 3.
Verantwortlich für den Gesamtinhalt: Heinrich
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schuhler, Industrieverbände, Jugend
sowie Feuilleton I. P. Wambach. — Druck:
Druckerei Saar-Zeitung Di. Nikolaus Fontaine,
Seite 8
,D!E AR3EIT.
April 1950
Richtfest der Rauqenossenschaft Saarland
Die Baugenossenschaft Saarland feierte
kurz vor Ostern das erste Richifesf arff
der Unner in Güdingen. In dieser land-
schaftlich schönen Laae werden in ge-
schlossenem Bauprojekt für hundert Woh-
nungssuchende Familien Eigenheime ge-
schaffen. Schlüsselfertig für 1,6 Miilfonen
umfaßt jedes Haus in der oberen und un-
teren Etage je eine Wohnküche mit Koch-
nische und Speisekammer, Bad und zwei
schöne und große Räume. Auch di 3 Woh-
nung in der oberen Etage hat überall
gerade Wände.
Von dem erwähnten Gesamtvorhaben
sind bei Güdingen zehn Einzelhäuser im
Rohbau bereits erstellt. Zum Richtfest
hatten sich Ehrengäste und die Mitglieder
des Aufsichtsrates und des Vorstandes
der Baugenossenschaft eingefunden. Nach
der Besichtigung der Häuser ergriff Hein-
rich Wacker als Vorsitzender des ehren-
amtlichen Aufsichtsrates das Wort. Nach-
dem er die Notwendigkeit dieses Bauak-
tion herausgestrfchen hatte, betonte er
insbesondere den obersten Grundsatz der
Baugenossenschaft: Auch dem Wirtschaft-
lieh Schwachen soll ein Eigenheim gege-
ben werden, so billig wie möglich und so
gut wie möglich. Alffe techn. Neuerungen
sollen in diesen Wohnhäusern Berück-
sichtigung finden, damit die Menschen
sich in ihren neuen Heimen auch wohl-
fühlen können.
Der Redner wies auf die tatkräftige Un-
terstützung hin, dis das Ärbeitsmimste-
rium bisher dem sozialen Wohnungsbau
angedeihen ließ. In seinen Dankesworten
wandte er sich besonders an die Bauar-
beiter, die in unermüdlichem Fleiß und ge-
stützt auf hervorragende praktische Er-
fahrungen und handwerkliches Können m
so kurzer Zeit die Eigenheime in guter
Ausführung erstellt haben. Auf die Bex-
bacher Bauaussteilung vom vergangenen
fahre hinweisend, betonte Präsident Wak-
ker, es gelte, nun alles daran zu setzen,
damit von seiten der Regierung und über
den Landtag weitere Mittel zur Verfügung
gestellt werden, die cten Wiederaufbau
über so manche schöne Planungen hin-
weg weiter vorwärts bringen. Man wolle
jedoch nicht übersehen, was schon getan
worden sei. Beim sozialen Wohnungsbau
müsse jede finanzielle Spekulation aus-
geschaife«.. bleiben. Die Verteilung der
Geldmittel der Regierung müsse entspre-
chend der Tätigkeit der einzelneit Genos-
senschaften auf absolut gerechter Basis
erfolgen. Durch faire Zusammenarbeit al-
ler, so betonte der Präsident abschließend,
werde es ge.ingen, auf dem sozialen Woh-
nungsbau weitere Fortschritte zu erzielen.
Im Anschluß an diese Ausführungen
sprach Arbeitsminister Richard Kirn, Zu-
nächst begrüßte er den EifeT und die Initia-
ative zur Tat, die allein ausschlaggebend
seien. Der Gesamtwiederaufbau im Saar-
land könnte weiter gediehen sein. Es seien
aber Fehler gemacht worden, die man
hätte vermeiden können. Mancher wäre
billiger zu einem Heim gekommen, als es
jetzfin einigen Monaten der Fall stein kön-
ne. Durch Koppelung von Hoch- und Tief-
bauarbeiten m den Wintermonaten hätte
manches mehr getan werden können.
Durch Beschäftigung von Bauarbeitern in
deT Baustoffindustrie während der Winter-
monate hätten manche nicht arbeitslos zu
sem brauchen. In der jetzt beginnenden
Bauperiode fehle es an fkmmate-
rial. Der Minister sprach die Hoffnung
aus, daß man in diesem fahre daraus die
Schlußfolgerungen ziehen werde, denn
sonst sei erneut ein bedeutender Verlust
für die Saarwirtschaft und dann auch
durch die ungeregelte Beschäftigung für
die Sozialversicherung z« verzeichnen.
Der Minister fuhr fort: In einigen Wo-
chen werde man beginnen müssen, einige
‘ausend Maurer, Facharbeiter usw ins
Saarland zu holen. Es sei für einen Mini-
ster nicht angenehm, solchen Schaffen-
den zunächst für eine Saison Arbeit ga-
rantieren zu können. Unsere Baustoffin-
dustrie müsse mit dem Handwerk in einer
gesunden Wese gekoppelt werden. Selbst-
hilfe allein sei eine Gefahr für das Hand-
werk und darüber hinaus. Der Minister
erklärte, daß alle Anstrengungen, das
schreckliche Wohnungselend zu beseiti-
gen, weiterhin seine volle Unterstützung
una — wie er hervorhob — auch die des
Ministerpräsidenten finden werden.
Minister Kirn gab eine interessante An-
bei Baugenossenschaft Saarland ist es gelungen, in Verhältnismäßig kurzer Zeit einen
Tel! ihrer Plane in die Tal umzuseizen. Obiges Biid stellt einen Teil der Gruppe jener Häuser
dar. die soeben von der Baugenossenschaft ln Güdingen erstellt worden sind. Das vor-
gesehene Bauprogramm wird mit Entschlossenheit weiter durchgeführt. Befreit von allem
unnötigen bürokratischen Beiwerk, mit den geringstmöglichen Mitteln und dennoch ein-
wendfrei wird hier einer Geißel der Menschheit zu teibe gegangen, die überall dort wo
sie nicht grundlegend beseitigt werden wird, zu schweren Erschütterungen des gesellschaft-
lichen lebsns führen muß.
“Man nennt ‘ASPRO' oft zutreffend
den “Schutzengel der Familie"
1 Es ist tatsächlich ein ausgezeichnetes Hausmittel
Es bringt Hilfe bei häufig auflretenden Unpässlichkeiten, die
niemanden», ob gross oder klein.erspart bleiben: Kopfschmerzen,
Neuralgie, Rheumatismus, ERKÄLTUNGEN.
Es bekämpft das Fieber, während Sie auf den Arzi
warten. Es gehört, wie Alkohol und Jod, in Ihre
Hausapotheke.
Sie müssen sich noch heute
'ASPRO'
besorgen!
\
Bei den ersten Anzeichen r
Niesen, Verkühlung genügen
meistens schon ein oder zwei
Tabletten ‘ASPRO’ in einem
Glas warmen Wassers auf.
gelöst, um eine Erkältung im
Keim zu ersticken.
'ASPRO' wird gut vertragen,
weil es eia reines Erzeugnis
«s und weil es -dank seiner
Verpackung - diese Qualität
bis zum Gebrauch bewahrt.
Die 3 'ASPRO' Modelle
Dose von 25 Tabletten
Dose von 60 Tabletten
die sparsamste für
die Hausapotheke
Dose von 500
Tabletten für die
Giossahnehmer
regung, die er , Voisubmissionierunc|‘'
nannte. Dcrunte* sei zu verstehen, daß
alle Vorarbeiten- d. h. alle Ausschreibun-
gen schon vor effer Bewilligung der Mittel
durch. den Landtag geschehen sein müß-
ten, damit, wenn des Haushalt verab-
schiedet sei, sofort gebaut werden könne.
Alle Sprecher. eTnSchl. des Sprechers
glücklicher Baugenossen$ die bald in ihr
Heim auf der Unner bei Güdingen ein-
ziehen werden, lobten die^ geleistete Ar-
beit und brachten den Wunsch zum Aus-
druck, daß auch an dten übrigen Bau-
vorhaben der Genossenschaft bald be-
gonnen werden möae.
Es sei hier noch bemerkt, daß sich z.
Zt. noch mehrere. Bauprojekte der Bau-
genossenschaft Saarland in Vorbereitung
Befinden, so in Wiebelskirchen, Sulzbach,
Ottweiler, Homburg, Diliingen, Rehlingen,
Scheidt und Fechingen. In Bexbach sind
die Bauarbeiten soweit fortgeschritten,
daß hi Kürze ein Richtfest von 25 Häu-
ser» sein wird.
BerediUgungskofclen
an Gefo’gschaftsimtglietfei
der Eisenbahn und Hüttenwerke
Auf Grund des Rundschreibens des Wirf-
schaitsministeriums vom ». ?. 1950 an die
tandräte des Saarfandes, waren u,- a. die Be-
legschaftsmitglieder der Eisenbahn und der
Hüttenwerke von dem Bezug der Ge-
meindeberechtigungskohlen ausgeschlossen.
Nach Intervention der Einheitsge-
werkschaft in dieser Frage teilt nun das
Wirtschaftsministerium ln einer Zuschrift an
die Ldndräte und den Bürgermeister der Stadt
Saarbrücken u. a. mit!
„Die R£gie des Mines de kr Sarre hat
•ich grundsätzlich damit einverstanden er-
klärt, daß den GefofgecbaftsmitgUedern
der Saarländischen Eisenbahn sowie den
saarländischen Hüttenwerken die Berech-
tigungskohienkarteniausgehend?gt werden.“
Kongreß der Jugend im Industrieverband Bergbau
In der Festhall© zu Sulzbach fand vor
einiger^,Tagen dfeil. Kongreß der Gewerk-
schaftsjugend de& Saaxberabaues statt.
Kollege Paul ^bmidf eröffnet« die-
sen L Kongreß. 25Q Delegierte und zahl-
reiche Gast« warfen erschienen. Unter
ihnen befanden sich Vertreter der Berg-
behörde, der Ausbildungsabteilung, des
KiÄtusnunisteriumg und der Gewerkschaf-
ten Frankreichs und Luxemburgs. In der
Eröffnungsansprache Betonte Kollege P.
Schmidt, daß man jetzt den Grundstein
fi» die zukünftigen Arbeiten leggn müsse.
Die Delegierten sollten sich bewußt sein,
daß auf ihren Schultern in der Zukunft
eine große Verantwortung läge. Im Be-
wußtsein der Stärke als Glied der Ein-
heitsgewerkschaft müsse die Jugend sich
genügen^ vorbereiten, damit sie den kom-
menden wichtigen Aufgaben gewachsen
sei.
Paul Schmidt, de* Jugendsekretär des
Industrieverbandes Bergbau, gab vor dem
Kongreß eine Schilderung der Entwick-
lung der Jugendarbeit innerhalb des Ver-
bandes Bergbau seit Gründung der Ein-
heitsgewerkschaft. Er kam auf den Aus-
bau der Abt Jugend za sprechen und rief
zum. Schlüsse seines Referates aus: tvDie
enorme Leistung, die wir vollbracht ha-
ben, ist nur deshalb möglich gewesen,
weil wir einig waren. Mögen wir auch
in Zukunft unter dem Banner der Einheit
unsere Aufgaben vollbringen, dann kann
es uns um unsere Zukunft nicht bange
sein!“
ln seinem weiteren Referat behandelte
Peru! Schmidt die Aufgaben der Abt. Ju-
gend. An seine Ausführungen, die darin
gipfelten, daß die Schulung aller Jugend-
ftmktionäre und aller Mitglieder der Ga*
rant für den Erfolg uncKdie Erreichung des
Zieles sei, schloß sich eine lebhafte po-
sitive Diskussion.
Die von der Ortsjugendgruppe Wem-
metsweiler eingebrachfe und von der Ver-
sammlung bei zwei Stimmenthaltungen
angenommene Verfrauensresolütion, be-
stätigt den richtigen Weg der Gewerk-
schaftsjugend im Saarbergbau.
Ih den Landesjugendausschuß wurden
gewählt: Paul Schmidt, Heckmann, Speng-
ler; für die Bezirkt©: Oswald Schmidt,
Schwarz, Monzel, Kannengießer, Krächan,
Fischer, Reimann, Mayer. Hans Schmitt;
für die Bergbauangestellten*: Sßindler; für
die Grenzgänger: Schneider und Ridschar.
Gewerkschaftskonferenz in Rom
Die Konferenz der freien Gewerkschaften
in Rom. über die wir bereits berichtet haben,
befaßte sich u. a. auch mit praktischen Vor-
schlägen zur Bekämpfung der Arbeitslosig-
keit und weitgehender Sieherung emer Voll-
beschäftigung.. Große Aufmerksamkeit fand di«
interessante Anregung, eine europäische Ar-
beitslosen-Kompensationskasse zu schaffen.
Von italienischer Seite wurde eine stärkere
Beteiligung der Gewerkschaften an den wirt-
schaftlichen und industriellen Organisationen
gefordert, ferner eine großzügige Förderung;
der europäischen Auswanderung, vor allem
für italienische und deutsche Arbeiter. Di«
falsche egoistische wirtschaftspolitische Hal-
tung einzelner Länder wurde schart kriti-
siert Die Gewerkschatten sind gewillt sieb
nach Kräften gegen die.die Gesamtheit schä-
digenden Tendenzen -’H Wehr zu setzen,
KONSUM
GENOSSENSCHAFT
E. G. M. B. H.
SAARBRÜCKEN
Jahresschluss-Bilanz vom 31. Dezember 1949
Aktiva
Passtva
t. Immobilien x)
% Mobilien x)
3. Beteiligungen
4. Warenvorrat*
5. Forderungen
6. Flüssige Mittel
(Bargeld, Postscheck- und
Bankguthaben)
Franken
13745.227,-
1*1.164.678,-
184.000,-
152.5F9.26Ä, -
24.M2.mW
73.291.°85,50
28«,737.40t ,51
1. Gesehaftegutbnben
2. Reserven
3. W ertberiehtigungen
4. Burhforderung der
SequestcrverwnlUiug
5. Pensionekasae
6. Rückstellungen
7. Verbindlichkeiten
8. Gewinn 1949
Aufwendungen
Verlust- und Gewinnredhnung
Franken
30.034.718,-
19.a64.756.70
1.521.307.59
24.802.070, -
7.424.435.80
9.830.975, -
118.603.810,00
76.545.207.52
288.737.461,51
fcrtröge
1«== - — -—’g-raag.gaaa Frauken i Franken
1. Pereonalkoaten 2. Sac h \ ereicheran g*koe te» 3. Abschreibungen 4 Mieten B. Steuern, Beitrage, elftentl, Abgaben 6. Reparaturen, Energie- und Materialkosten 7. Fremde BeförderungakoEtei» 8. Grundstückukosten 9. verschiedene Knuten fO. Außerordentl. Aufwendungen fl. Gewinn 1949 160.305.436,- 1.054.594.- »8.431 39<- 10.469.130,- 67.735.389,- 1. Warenrohcrtrfige 2. Skonto 3. Zinseinnahmen 4. Mieteinnahinen 5. Verschiedene Ertrage 6» Außerordentliche Ertrüge 373.292.526.07 2.872.382. - 274.456.20 2.044.624, - 4.912.016.44 9.006,167,88
39.106.536,60 5.156.463,- 200.712,- 7.778.646,88 5.618.073,59 76.545.297,52 /
392402.172,59 392.402.172,59
™ i nu . . .
Mitgliederstand Geichaftsguthab°n derMitglieder
Zahl der Mitglieder
am 1. 1. 1949
Zugang in 1949
Abgang in 1949
durch Ton
durch Autspeheiden
Slam! am t. 1. 1950
21.565
5.244
18
108
26.809
126
26.683
Haftsumme der Mitglieder
Stand am 1. 1. 1949
Zugang in 1949
Abgang ui 1949
Stand am t. 1. 1950
Fr*, 64.695.000,
„ 15.732.000,
Fr*. 30.427.000,
„ 378.000,
Fr*. 30.049.000.-
Stand am 1. 1. 1949 Fra. 20 016.057.-
Zugang in 1949 10.133.527,-
Abgang in 1949 64.866,— „ I0.O6Ö.661,—
Stand am 31. 12. 1949 Fr«. 30.084.718,-
fiaarhrücken, im Mflrz 1950.
j) Die un* früher gehörenden Hfluser, Gnind-
atück*, Maschinen and GcRchfifteemrirlitungen
■ind auch in dem ahgelaufrnrn Geechfiftejnhr
noch nicht an un* xurückiiberlmgen worden. Die
mit x) gezeichneten Betrage stellen daher nur die
Werte dar. die von der Genosnensrhaft *cit ihrer
Wiedergründung crutellt und angescliafft wurden.
DER VORSTAND.
Vorstehende Bilanz sowie Vertuet- und Cewinnrechnimg haben wir geprüft und mit den nrdnungs-
mä'-.'-ig geführten Hüehcrn der GenoBsenechaft übereinstimmend und richtig befunden.
Saarbrücken, im Mär/. 1950.
DIE REVISIONSKOMMISSION DES AUFSICM S1UTEB
Ministeriu
4. Jahrgang
Saarbrücken, 5, Mai 1950
Nr 9
Mißbrauchte Toleranz
„Schottendes Volk
mit uns am 1.
Mai!“
Dieser Parole
der Einheitsge-
werkschaft waren
weit über Zehn-
tausend Demon-
strcnüen in der
Saarhauplstadt
gefolgt. Das Biid
zeigt die Massen
der Werktätigen
auf dem Saar-
brücker Lcmd-
wehrpiafz, wo,
von idealem Wet-
ter begünstigt, der
Rahmen für eine
der eindruckvoll-
sten Maikundge-
bungen vorhan-
den war.
Initiative auf die Maivorfälle
Durchgreifende Maßnahmen des Gewerkschaftsausschusses
Noch den Saarbrücker Zwischenfällen vom 1. Mai trat am 5. Mai der
Gewerkschaftsausschuß zusammen. Es war die Aufgabe dieses wichtig-
sten Gremiums der Einheitsgewerkschaft, Stellung zu nehmen und entspre-
chend dem Votum der Mitglieder Entscheidungen zu fällen bezw. vorzube-
reiten. In allen gewerkschaftlichen Kreisen und darüber hinaus sah man im
ganzen Lande mit gespannter Aufmerksamkeit den Entscheidungen ent-
gegen.
Ohne die Angelegenheit zu überschätzen, sie ober ouch nicht unterschät-
zend und einer allgemein feststellbaren Stimmung innerhalb der Gewerk-
schaft folgend, ergrifft die Hauptverwaltung bereits am 2. Mai die Initia-
tive, indem sie’ folgende Erklärung veröffentlichte;
Am 1. Mai 1950 feierten die Werktäti-
gen der Welt zum 60. Mal ihren Welfe-
ieiertag. Seitdem die neue Botschaft er-
scholl für die modernen „Fischer und Ar-
beiter, die das Salz der Erde sind“, für
die Fronarbeiter in den Ketten des Kapi-
talismus, das;
„Proletarier aller Länder, vereinigt euch",
seitdem tritt am 1. Mai die Arbeiterklas-
se m allen Ländern der Weit auf dis
Straße. Unermüdlich erzeugt das arbei-
tende Volk in Stadt und Land durch sei-
ner Hände Arbeit den Reichtum, das
Glück und die Schönheit für die Nutz-
nießer seiner Arbeit.
An einem Tag im Jahr aber wirft die-
ser moderne internationale Riese der Welt
seine Last von sich und erhebt seine For-
derungen laut und deutlich auf Gleich-
berechtigung, Leben und Lebensrecht. Die-
ser Tag muß dem wertschaffenden Volk
das Bewußtsein geben, daß nach diesem
einen Tag die Zeit kommen muß, ln der
die ganze Welt, die das Volk der Arbeit
erbaut, auch ihm gehört.
Kollegen der Einheitsgewerkschaft!
Erwägend, daß die Kraft und Macht der
Einheitsgewerkschaft am
1. Mai 1950 zusammengeballf in Er-
scheinung rieten soll,
erwägend, daß Saarbrücken Sitz der Re-
gierung und vieler Industrien ist,
erwägend, daß dem geforderten Mitbe-
stimmungsrecht der Arbeitnehmer-
schaft durch eine Massendemonstra-
tion Nachdruck verliehen werden soll,
hatte der Gewerkschaftsausschuß der Ein-
heitsgewerkschaft einstimmig beschlos-
sen, der diesjährigen Maidemonstration ln
Saarbrücken besondere Beachtung zu
schenken.
GewerkschaftskoEegen! Neben den aus
besonderen Verhältnissen bedingten Auf-
märschen in Neunkirchen und Homburg
haben 12 00C Arbeiter, Angestellte und
Beamten in Saarbrücken am 1. Mai dem
Ruf der Einheitsgewerkschaft Folge ge-
leistet und für zahlreiche aktuelle For-
derungen demonstriert. Das arbeitende
Die Maidemonstration der Einheitsge-
werkschaft in Saarbrücken war organi-
siert unter Beachtung strengster partei-
politischer Neutralität. Darüber hinaus
wurde alles vermieden, was diesem Tag,
dem Weltfeiertag hätte Abbruch tun kön-
nen.
Das schaffende Volk an der Saar hat
deswegen mit dem Blick nach Osten
nicht protestiert:
gegen die dortigen Konzentrations- und
Arbeitslager,
gegen die totalitären Regime,
gegen die Hochverratsprozesse, Säube-
rungsaktionen und andere Errungen-
schaften des monopolitischen Staates,
gegen die Verschleppung von 20 000 grie-
chischer Kinder.
Das schaffende Voik an der Saar hat
mit dem Blick nach Osten für die dorti-
gen modernen Sklaven eines Staatskapi-
talismus nicht gefordert:
für die demokratischen Freiheiten im
Osten,
für freie Gewerkschaften,
für ein Streikrecht,
für eine durchzuführende Erhebung der
Lage der Arbeiter in den autoritären
Ländern durch eine internationale Or-
ganisation.
Das schaffende Volk an der Saar, ge-
werkschaftlich organisiert in der Einheits-
gewerkschaft, hat gegenüber den Zustän-
den im Osten eins Toleranz an den Tag -
gelegt wie nirgends in freien demokrati-
schen Ländern. Die Machenschaften, wie
sie am 1. Mai sich in Saarbrücken ge-
zeigt haben, haben klar und eindeutig ge-
zeigt, daß diese Toleranz um jeden Preis
eme Schwäche der Einheitsgewerkschaft
des Saarlandes ist.
Hans Jahn, der Vorsitzende der Ge-
werkschaft der Eisenbahner Deutschlands,
hat inr Namen von 400 000 Eisenbahnern
aut einem Kongreß soeben folgende Fest-
stellung gemacht:
„Wir waren früher der Meinung, die
Kommunistische Partei sei eine Liwks-
Volk an der Saar, organisiert in der Ein-
heitsgewerkschaft, hat in
Zucht und Disziplin
durch die Macht seiner Masse und Größe
seinen Willen dokumentiert, den 1. Mal
zu einem Kampftag werden lassen.
Gegen die Zerstörer der Gewerkschafts-
einheit
Der 1. Mai 1950 als der Aufmarsch tag
der Einheitsgewerkschaft liegt hinter uns.
ln einer machtvollen Demonstration wurde
in Saarbrücken der Beweis erbracht, daß
der alte Kampfgeist wieder aufleuchtet.
Mit diesem echten gewerkschaftlichen
Kampfgeist gilt es aber auch den Kampf
aufzunehmen gegen all die parteipoliti-
schen Kräfte, die in ihrer Verblendung
glauben, auf dem Feuer der Einheitsge-
werkschaft ihre Parteisuppe kochen zu
können.
Wenn die Masse der christlichen Ar-
beitnehmerschaft sich in eine Gesamt-
front, in eine Einheitsgewerkschaft amge-
reiht hat, sich zu der einzig möglichen
Machtfrontbildung an der Saar bekennt,
um dadurch zu einer zielsicheren posi-
tiven Politik als Etappe des sozialen Be-
freiungskampfes zu kommen, so bezeich-
net sie die Vorkommnisse am 1. Md in
Saarbrücken, hervorgerufen durch eine
außerhalb der Einheitsgewerkschaft ste-
hende Gruppe, als Verrat an der Gewerk-
schaftseinheit.
Ohne das christliche Volk der Schaffen-
den geht es an der Saar nicht. Das mögen
sich die Alt- und Jungkommunisten hinter
die Ohren schreiben, die glauben, bei
Massenaufmärschen der Einheitsgewerk-
schaft im Trüben fischen 2U können. Der
religiöse Sektor innerhalb der Einheitsge-
werkschaft ist eine lebendige Realität und
h *£ > ^besonders im Industrieverband
Bergbau seine gemeinschaftsbildende
Kraft unter Beweis gestellt.
Mit allen nur gewerkschaftlich orien-
tierten Kräften in der Einheitsgewerk-
schaft gilt es, den gemeinsamen Kampf
zu führen gegen die parteipolitischen, ge-
werkschaftszerstörenden, anarchistischen
Machenschaften, wie sie am 1. Mai offen
zu Tage getreten sind.
partei. Daß das aber eine irrige An-
sicht war, darüber sind wir inzwir-
schen zur Genüge aufgeklärt worden.
Die Kommunistische Partei ist eine
kapitalistische, militaristische und fa-
schistische Partei.
Kapitalistisch, weil sie ein Aus-
beutersystem begünstigt, das in den
Stachanov- und Hennecke-Methoden
seinen schlimmsten Ausdruck findet.
Militaristisch, weil in Ostdeutsch-
land bereits wieder militaristische
Formationen zu dunklen Zwecken auf-
gezogen werden.
Faschistisch, weil die Konzentra-
tonslager unter dem komrr unirischen
Regime nicht nur nicht aufgelöst, son-
, dem im Gegenteil sogar vergrößert
und verschlimmert worden sind.“
WaT nicht von jeher der 1. Mai eine De-
monstration für den Weltfrieden, gegen
Militarismus und Krieg. Wie aber zeigt
er sich in Moskau? In militärischen Pa-
raden und Schauspielen. Die Macht des
Staates wird dort gezeigt und damit dem
Volk seine eigene Machtlosigkeit zum Be-
wußtsein gebracht.
Gewerkschaftskollegen! Die Einheitsge-
werkschaft macht keine Radaukrawalle.
Sie „hetzt“ keine jungen Menschen auf,
Dummheiten zu machen. Sie weiß, Ge-
werkschaftsarbeit bedarf einet anderen
Kraft, hat andere politische und wirt-
schaftliche. Machtmittel zum Erfordernis
als Straßenkämpfe. Gewerkschaftsarbeit
ist keine Sache eines Chaos, keine An-
gelegenheit des Niederreißens oder Blut-
bades, sondern eine gewaltige histori-
sche Aufgabe, die in der Einheit aller
Schaffenden liegt.
Gewerkschaftskollegen! Wir resignie-
ren nicht ob der Vorfälle vom 1. Mai in
Saarbrücken, sondern wollen nur eisern
schlußfolgern. Wir schlußfolgern: Wenn
wir den Feinden der Gewerkschaftseinheit
einen Damm setzen, dann wird der 1. Mai
1950 zu einem Markstein, zu einem neuen
Markstein. Aloys Schmitt.
„Die Organe der Einheitsgewerkschaft
hatten alle Voibeieätungen getroffen, um
die Großkundgebung ln "'brücken an-
läßlich. des 1. Mai 1950 zu eineT wirkungs-
vollen und disziplinierten Demonstration
der Werktätigen zu maohen. Es wird fest-
gestellt, daß auch die einzelnen Industrie-
verbände die Demonstration in «älter Diszi-
pliniertheit durchgeführt haben.
Die Störung der Maikundgebung wurde
von der Kommunistischen Partei bewußt
organisiert. Sie versuchte, die Kundge-
bung der Einheitsgewerkschaft zu ihren
parteipolitischen Zwecken auszumutzeh.
Um dieses Ziel zu erreichen, waren ge-
schlossene Gruppen der KP und der FDJ
nach Saarbrücken geführt worden, dar-
unter auch eine Gruppe der FDJ aus Kai-
serslautern. Wegen der durch diese Grup-
pen verursachten Störungen sah sich der
Leiter der Kundgebung, Kollege Stärk, ge-
zwungen, die Veranstaltung auf dem
Landwehrplatz zu schließen.
Die Einheitsgewerkschaft bedauert und
verurteilt die unwürdigen Vorfälle am
Feiertag der Arbeit. Der Gewerkschafts-
ausschuß wird nach Vornahme eingehen-
der Untersuchungen noch im Laufe die-
ser Woche zu den Vorkommnissen am 1.
Mai Stellung nehmen und diese Stellung-
nahme der Oeffentlichkeit unterbreiten.“
In der erwähnten Sitzung des Gewerk-
schaftsausschusses vom 5. 5. 1950 hat der
Ausschuß dann die gesamte Materie ki
Angriff genommen. Er kam zu folgendem
Beschluß:
In Anbetracht deT Tatsache, daß füh-
rende Funktionäre der Kommunistischen
Partei durch ihr Verhalten bei der Groß-
kundgebung auf dem Landwehrplatz in
Saarbrücken die Störung der von den In-
dustrieverbänden diszipliniert durchge-
führten Demonstration der Einheitsge-
werkschaft verursacht haben und damit
sowohl das Ansehen der Einheitsgewerk-
schaft geschädigt als auch den Grund-
satz der parteipolitischen Neutralität der
Einheitsgewerkschaft auf das gröblichste
verletzt haben, hat der Gewerkschaftsaus-
schuß in seiner Sitzung am 5. Mai 1950
folgenden Beschluß gefaßt:
1. Mitglieder der Einheitsgewerkschaft»
welche am 1. Mai die von der Kom-
munistischen Partei organisierte Ak-
tion unterstützt haben, werden aus der
Einheitsgewerkschaft ausgeschlossen.
2. Mitglieder der einzelnen Industrievar-
bände, die den Grundsatz der partei-
politischen Neutralität der Einheitsge-
werkschaft durchbrechen und die Sat-
zungen verletzen, sind durch ihre In-
dustrieverbände auszuschlieften.
t. In Anbetracht der Tatsache, daß die
FDJ. sich von der Kommunistischen
Partei bestimmen ließ, die Vorkomm-
nisse am 1. Mal zu inszenieren,
wird der vorstehende Beschluß insbe-
sondere im Hinblick aut die Mitglie-
der der FDJ. gefaßt und auf dies*
ausgedehnt
Die Saarbrücker Kundgebung hatte alle
Vorbedingungen erfüllt, um in ihrem Ver-
lernt eme Maidemonstration der Schaffen-
den von grandiosem Ausmaß zu werden.
Die Teilnahme von weit über 10000 Arbeit-
nehmern war dazu angetan, m dieser Form
einmal wirklich die Prinzipien und Forde-
rungen der Einheitsgewerkschaft vor aller
Oeffentlichkeit mit Nachdruck kundzutun.
Es war der wirkliche Anlaß und der Rah-
men gegeben, einen Fortschritt zu erzielen
für die schaffenden Menschen, um ihnen
immer mehr zu ihrer wahren Bestimmung
als Schaffende im Arbeitsprozeß und als
Manschen überhaupt zu verhelfen.
Die Kundgebung hätte ein bedeutsamer
Markstein in der Geschichte der Einheits-
gewerkschaft werden können. So ist sie
aber immerhin ein bewundernswertes Bei-
spiel für die beträchtliche ge werks chalts-
politische Reife und Disziplin der organi-
sierten Arbeitnehmer geworden.
Nun hat der Gewerkschaftsausschuß die
Konsequenzen gezogen. Jetzt dürfte es
nicht anders sein, als daß diejenigen, die
noch der Organisation fernstehen, durch
ihren Beitritt die Phalanx noch verstärken,
damit aut dem Wege der Einheit durch
das Gewicht der disziplinierten Massen
weitere Fortschritte ermöglicht werden,
auf die der schaffende Mensch Anspruch
hat. Denkt an den Begriff der Kamerad-
schaft. Ueberlaßt die weiteren Entschei-
dungen nicht den andern allein.
riiHijniimifflinimimnjiimimmmiiiraiilüniimiimitHmimiHUiimmimöKüHin»
Aus dem Ojnhaßt:
Die Ansprachen zum 1. Mai
Der Verlauf der Demonstrationen
I. V. Eisenbahn nimmt Stellung
Eindrucksvolle Versammlung der
Straßenbahner
Arbeit und Recht
Kirchenfürst zu Sozialhagen und Einheits-
gewerkschaft
Appell Böcklers an Frankreich
Kameradschaftshilfe
So geht es nicht weiter
Zulage für Rentner
Briefkasten
Der FDGB unter der Lupe
Post aus dem Ausland
Die Theatergemeinde teilt mit
si5HiHiUHin»u!mi!ii:uiiimimuiHnnniii»mi!»iuiinimnHiunuuuu»ii»»imumHi»»
Wir können auch anders!
Seite 2
Mai 1950
aOHI ARBEIT“
Die Ansprachen zum 1. Mai
Bild gewaltigen Ringens — Für Solidarität, Demokratie und frieden
Kollege Josef Delbeid hatte es über-
nommen, zur Großkundgebung -der Ein-
3aeil*s(ewnstäsaKä«oft am 1. Men in Saar-
brocks» im Itfsmen der Einhensgewes'js.-
m sprechen. Nachstehend »vird
der weeeniSadim T«*t der »fide. wie mm
vorgesehen war, veröffentlicht. Die Leser,
von den«« viela tut Saarbrücker Kundge-
rmnQ erschienen waren, bekommen nun
aoeäk wann auch etwas verspätet,
einen Eindruck davon, was die Einheits-
gewerkschaft an «Uesens t. Mas den Weck-
tatigea es der Saar und darüner Vgnan»
der ÄegäernB® der breitwa Oefl-antbcfc-
keii derzasäefflea itaffltte. Säe Ausführungen
ergeben ein fcVmmc Bild unserer Ln pa,
ar,f*m- Nöte, unserer Forderungen, aber
fmA unserer bertubngien Hoffnungen- un-
seres Willens unserer Sädhtiiruen Sur
das weeteseaa Weg.
„Wenn wir heute hier m Saarbrücken
}. Moa feiern !ffw*air Tgytmlizne der Be-
hörden, so waffls»i«n wir ranfai denken, cfcrÄ
üi--. immpT so gewesen wäre und wu müs-
sen dfe Jongeien. umfter nrry* Üamw dalilnllfl
erinnern, öaS es früher mtoütf. so war.
Vom l. Isaferaaticsneüea Arbeit Exkan-giteB
1889, der <h»n l, Men xnm Webfeiertfig er-
hob, bis heute begi ein Weg gewaltigen
Ringens p?Tl den Aufstieg der <xr.DertendeTi
Menschheit, für die Freiheit und. Men-
schenrechte, Sr die sozfede Geredatigkeit,
für den Frieden der Völker in der Weit.
Viele sind heute Nutznießer dieser Erfolg s,
nphmsn sie «srft efeer Selbstverständlich-
keit hin, ohne daran, zu denken, wievtst
Opfer hierfür gebracht werden mußten.
Trotz aller Gegenströmungen mit oder
ohne Unfemehmerunterstützung, trotz al-
ler Schikanen rückständiger Staatsmänner
ist der \. Mm zu dem .geworden, was er
heule ist: ein Kampfxeferiag ems eigenere
Recht f
Aber der i. Man ist auch ein Tag, an
dem die Arbeiter und ihre Träger geehrt
und geadelt werden sollen.
Nicht umsonst sind seit 69 Jahren die
Marschkolonnen am t, Mm marschiert.
Große und .stolze Erfolge sind errungen,
ich brauche nur an das Koalitionsrecht,
an den 8-Srimdezdag, an das Tcrrfrecht
usw. zu erinnern. 16 bis 18 Stunden Arbeit
am Tage, auch fer Fronen und Kmaei,
waren früher keme Sehenhect.
Den Kampf werterzmfuhren, sind ws
auch denen schuldig, die auf diesem We-
ge des Aufstiegs als Märtyrer blieben 1
Viele mußten ins Gefängnis oder Ja Kon-
zenfrattaJMstagern wandern! Ihr Kampf,
ihr Leben, ihr Los muß uns Beu^ael und
Verpflichtung sein!
Manchmal haben die Gegner über uns
triumphiert. Aber auf die Dauer lassen
sich unsere gerechten Forderungen nach
Freiheit und Gerechtigkeit, mach Frieden
tn der Welt nicht besiegen, sweBu das Stecht
auf unsere Seite ist.
Der 1. Man ist au da. ein Kampftag inso-
fern, als wir uns saarnier daran emnaaexa
wollen, daß wir uns auf dem Wege des
Aufstieges befinden und daß dieser Wüte
Dicht emsdtkrfea darf, mich ment dam«,
wenn der 1. Mas. zu» gesetzlichem Fesex-
tag erklärt ist und bezahlt wird., Die alten
Kämpfer haben ihn nie b&zahM bekom-
me»- Sie sind oft stunden- und kilotme tex-
tetet gelaufen, mal für ihr» Ideen zs de-
monstrieren.
Große erstrebenswerte Ziel© der Ge-
werkschaftern stehen noch offen. Der Ar-
bettnehmerstand Wt noch jafefct cäs gleich-
berechtigter Faktor in Staat; Wirtschaft
mnd Gesellschaft emgeoffdnet. Die Gierch-
berachtigung vom Kapital waä Arbeit hm
ist n©A Jemge nkfet em&isdteL
Auch heute müssen wir unsere Forde-
rungen wieder heiaussteäten;
Wir fordern:
V Ein etnheititefaes nnd fortscfertäöick^s
Arbeitsrecht Jtrr ehe Arbeihiefe-
merschaft aller Berate.
2~ Ein Betriebsrölegeseiz, dom
die volle Mitbestimmung und Gleich-
berechtigung sicherstem.
Wir fordern das, um die Gl ei eb-
be richtig ung von Kapital und
Arbeit te Betrieb zu ertafefeen. denn
ohne Wirtschaftsdemokratie keine po-
litische Demokratie!
Wir fordern dies auf Grund der Ent-
schlfeßöng des Socfemser Katholi-
kentages, die «l <bl sagt:
Der Mensch steht im Mittelpunkt je-
der wirtschaftlichem «ad befria&swirt*
scfeafäbciteÄ Betatigang. Das b^h en-
ge Wirtschoftsracht muß durch eia
Betrrfhsrecfai ersetzt werden, das
den Mensche* fz sesvest Rechten und
Pfbchiea fa dsi Vordergrund rückt.
Dux-h die MtSbeejjsmemng im Betrieb
so’l "'am Befegsc&afftsBtfferiied ein ge-
wt e Keimet « ü sl Sa * - |-«m Betnab
und ctarcäi den Betrieb gegeben wer-
den.
Wir fordern rffe Stbaßtmg eines Ta-
rif v ertragsrechtes mit Schlich-
tun grwesem.
Ee' dte er Forderung s'Litzen wir uns
a*t d e EazyMIka OteoSncgesimo An-
no. Famst Pisse XL sagt in dieser
u. xx.:
„So wenig dvz Wo&Ml otase dieAr-
beft, *o wsnsg fezaa. die Arbeit oba-e
Kapital bestehen. Es widerstreitet da-
her den Tatsachen, einem der beiden,
dem Kapital oder der Arbeit, die Ai-
leinursäciüicfakea am dem Ertrag de»
Zus ansmenwjrkeas tf Wirt»dbtt.*_
Pas Tarß verfcragsgesetz muß die Ta-
liffreihett bringen und der rinntttril
gelenkten Lohnpolitik ein Ende berei-
ten. Nur in Ausnahm »falten soll dar
Staat eingreifen.
Es soll uns eine A n p o s s u n g d ef
Löhne andl*?rels« bringen.
Wirferdexn™«-h höh ertLöhna.
Der Export hat sich im Jahre 1949 ge-
genüber 18« verdoppelt. Dieser Auf-
stieg wurde durch die ArbeSfsknaft ge-
schaffen. md H«»«hrrir> soll der Arbeit-
nehmer hieran gerecht beteiligt wer-
den.
Wir fordern die Abschaffung
der lohixoaes Das Saarland ist
viel za klein, daß es noch durch Lohr
zonen zerrisse« weiden solL
Wir fordern, daß hier dasselbe Exf-
steMEßinknran zugesichert wird wie
für die französische Aibeitaehmer-
schcft; oSso 19 890 Frs. Wir nehmen
für sss in Anspruch, daß diese For-
derung berechtigt ist, denn die Ar-
beitnehmerschaft an der Saar hat in
Ihrer Gesamtheit In den letzten fah-
ren bewiesen, daß sie in uneigennützi-
ger Weise am Wiederaufbau unserer
Wirtschaft gearbeitet hat
Wir fordern weiter die sofortige Aus-
zahlung der MW Frs. Prämie für alle
Lohn- and Gehaltsempfänger bis zum
Abschluß von Tarifverträgen,
4. fordern wir den Ausbau des Kün-
digungsschutzes und des Kün-
digungsrechtes.
9> den Ausbau des lugendarbei-
terschutzges e tzes, Erlaß eines
Berufsau sbilduugsgesetses «nd Bil-
dung von Berufsausbiidungsaus-
schüsseu in Industrie, Handel und
Handwerk unter gleiehberecbögter
Himatztehung der Gewerkschaften.
4 die endgültige Reform der ge-
samten Sozialversicherung
mit dem Ziel, den Versicherten eine
ausreichende Lebenshaltung zu si-
chern bei Krankheit, Unfall, Invalidität
und After.
Wir fordern eine Erhöhung der
Renten, Gleichstellung der Witwe
des Arbeiters mit der Witwe des An-
gestellten, Herabsetzung der Alters-
grenze von 65 auf 68 Jahre. Wer als
Arbeitsloser nicht arbeiten kann, muß
von der Gemeinschaft einen aasgem.es-
nen Unterhalt bekommen.
Die einzelnen Industrieveibämde haben
noch eine Anzahl besonderer Berufs for-
dere ngen.
Wir fordern weitere Förderung des so-
zialen Wohnungsbaues, nicht nur vom
Standpunkte des Wohnrauraes, sondern
auch von der moralischen und sittlichen
Satte aus gesehen. Es geht nicht an, daß
das Hauptgewicht zunächst in Städten
und Dörfern auf eine schöne Geschäfts-
straße gerichtet wird und dahinter grauen-
haftes Wohnungsefend herrscht Sicher-
lich verkennen wir auch hier nicht die An-
strengungen, die gemacht wurden von Re-
gierung und Landtag; aber es müssen
Mittel und Wege gefunden werden, die
hier noch mehr Abhilfe schaffen. Sind
die Seibsthilfebestrebungen der Arbeiter-
schaft, vom KetteJsive nein angef angec bis
zur Bausparkasse nicht Beweis genug,
daß hier auch staatlicherseits noch mehr
getan werden muß? Abhilfe muß auch
vom gesundheitlichen Standpunkt ans ge-
troffen werden-, denn unsere Taberkulose-
sahlen steigen von Monat zu Monat.
Für ein Leben in Freiheit
Der t. Mai ist auch em Feiertag der
Freiheit und des Rechtes! Freiwillig und
uabefohten bewegen sich bei uns di»
y^-rfcr^fcrfignTM«? nm heutigen Tage. Wenn
wir Freiheit verlangen, dann weifen wir
auch dis grundlegenden Rechte anderer
im Lebe« der Menschheit nicht misüaciitsn.
Heute sehen wir hn Leben der Welt zwei
Strömungen. Finmal sehen wir ein Stre-
ben nach Macht, das andere Mal das
Erzeugen von Furcht. Zwischen diesen
Strömungen steht der furchtlos und auf-
■wärt&strebenäfi Mensch.
Unser Streiken gitt der Frefiirft für den
Pferyjg iTn&nsrl^ti sowohl als für di© Ge-
sellschaft. Diese Freiheit ist nur dort: mög-
lich, wo -die Achtung von Mensch -za
KAftn «-.-fr vorhanden ist und Menschenrecht
und Menschenwürde Galligkeit haben.
Wir wollen die Demokratie, da« das
sr'ngq, die Menschenwürde iß de*
Mittelpunkt etteaa Geschehens steM,
Der L. M™ jst auch ©m Festtag des
Friedens nach innen und außen. Wenn,
wir TVfr-rh Frieden rufen, daun müssen wir
auch m erster linfe dafür sorgen, daß
der Friede zn unseren eigene® Reösen ge-
wahrt blesM.
Viele stehen heute abseits, weil sie
glauben, di» Geweiksciiaftein hätten, mctit
mehr dsn arten Kampfgeist. Diese Ab-
seits stehenden giM es für unsere Sach»
za überzeugen. Einmal können wir »m»
neue Gesellschaftsordnung nicht durch
Uneinigkeit schaffen. Das andere Mal
tzäftt es nicht zu, ctaß dte Gewerkschaf-
ten. von heute kein» Kampf o rganisaho n an
Staate oder einer Partei ansgehen. In der
Sozfattsteruiig muß m. E. die Lösung m
der Richtung gesucht werden, daß diejeni-
gen, die die Wert© schaffen, auch mitbe-
teiligt werden <am Gewinn, d. h. daß z. B.
der SacDtfergaxb^ter am Gewinn der Gru-
ben beteiligt wird, wenn die politische Ee-
reänigungsöag» stattgefunden hol, d. h.,
daß die MetaDcnbeiter in den Hüttenwer-
ken und in dm* Ferugindustne, ehe ihren
Schweiß und ihr Können am fertigen Pro-
dukt zur Verfügung gestellt haben, auch
mitbeteiligt werden am Gewinn dieser
Werke. Wir müssen gerade in den Schlüs-
selindustrien den Anfang machen und
dann versuchen, etappenweise vorzudrin-
gem in den übrigen Industrien.
Für den Frieden im Innern ist es not-
wendig, daß kein Stand, daß kein Beruf
innerhalb des Volkes versuchen soll, sich
bessere LebensbedimguEgen zu ergattern
ouj Kosten des anderem.
Der Fließe nach anfka!
Das Ringen zwischen Arbeit und Ka-
pital auf dem wirtecfaaffclicfaen und sozi-
alen Sektor, das Ringen der geistigen, po-
litischen una weltanschaulichen Kräfte um
die Formierung des staatlichen und ge-
sellschaftlichen Lebens tritt über die
Landes grenzen hinaus, sprangt zu anderen
Völkern über, denn Gottfried Keller sagt:
„Geist weht, wo er will.“
Diese geistigen Sitrömungem führten
auch zu unseren internationalen Verbin-
dungen. Mit Hilfe dieser intern aüonalea
Verbindungen wollen wir versuchen, un-
serer eigenen Lage und die der Welt zu
meistern, der Widerstande Herr zu wer-
den, den Frieden in der Welt zu sichern.
Wie di® Stände sich in die Volksge-
meinschaft eines Volkes emraordmen ha-
ben, so sollen sich auch die einzelnen
Völker in die Völkergemeinschaft einfü-
gen. Jedes Volk muß Verständnis aul-
bnngen für die Lage und die Nöte des an-
deren Volkes. Stellen die Völker sich so
ein, dann wird der Ruf wahr werden, nie
wieder Feindschaft, nie wieder Krieg, nie
wieder Völkermorden. Dann brauchen wir
nicht mehr zu rufen „Gibt uns die Kriegs-
gefangenen frei“! Heute darf schon ge-
sagt werden: Der Weg des Arbeiters ist
der Weg unserer Zeit und das Schicksal
des Arbeiters ist das Schicksal cter euro-
päischem Kultur. Ohne sozialen Frieden
kein wirtschaftlicher und kein politischer
Frieden*
An der politischen, wirtschaftlichen und
sozialen Front stehen unsere Besten in
vorderster Reihe tm Kampfe. Sie stehen
auf dem Boden ihres eigenen Volkes, sie
stehen auf internaffonalem Boden draußen
in der Welf! Die Kräfte des sozialen Rin-
gens sollen alle Stände eines Volkes
und darüber hinaus alle Völker der Welt
verbinden mit dem Mörtel sozialer Ge-
sinnung. Ueber alle Stände eines Volkes,
über alle Völker der Wielf soll ein Dach
der Liebe gewölbt werden, damit wir in
wirtscämftächer Sicherhett und sozialer
Gerechtigkeit, in internationaler Solidari-
tät zu einem wahren Völkerfrieäen ge-
langen und den Grundsatz von der Bru-
derschaft der Menschheit verwhk icben."
Ansprache des Kollegen Stärk auf dem Landwehrpiatz
Es trifft jedoch zu, daß die alte» Maß-
stäbe mtdtt mehr gelten. Der Kampf wird
beste vielmehr auf anderen Ebenen, mit
anderen. Mitteln und ohne viel Lärm aus-
getragen. Der Rohbau des Gewerkschafts -
nau.se & ist gleichsam unter Dach und
Fach, m&d nsm beißt ex, an di» hmemsao-
ndhtuTvg heranzugeäjeo. Wir müssen da
mit verfeinerten Mitteln und Methoden
kämpfen.
Bei der Innarteimiehtung unseres sozi-
alen. Gbäu-äes müssen all* betten. Die
Arbeiter des Geiste» müssen planen, die
Arbeiter der Faust sollen bauen. Der Ne u-
bau braucht sie alte. Di* Planer in Büro»
und Kon struktions we xkstätten mit ihren
Konstrokttonen und Kalkulationen, den
Handwerker mit Beinern Handwerkszeug,
den Bergarbeiter, den Hütten- und Metall-
arbeiter, den Bau- und Transportarbeiter,
die dem Handel und den Büros, die
mt dem öffentlichen Dienst.
Alles ist in Bewegung. Ich bxeruebe nur
zwei Fragen hesauszirgreifen: Einmal ist
es d*e Eigsntums&age, die revidiert wer-
den muß. Es kann nicht weiter hinge-
nommen werden, daß einige wenige, fast
die alleinigen Besitzer cm Grand und Bo-
den und Produkt!onsmitfein ssnd und
Mdbonen nicht einmal eunen Blumen topt
Erd« als Eigentum haben. Die besten 5o~
nalpoiitdeer suchen hier nach eisern Aus-
weg.
Eng mit der £igeniurasfrage ist dfo
Frage der Saslaäsferang verkosipft Auch
iuer müssen neue Wege gesucht werdan,
um zu einer befTdedigendan Lösung zu
gelangen.
Dadurch, daß map den Staat an dte
Steile des privaten Besitzers setsea will,
ist keine befriedigende Lösung gefunden.
Wir müssen ums gegen nT.e tolalitären
Besiiebungen wenden, egal, ob sie vom
faMnUitem desr sich steiger®ö«a Störungen
auf öeao Loaadweiirplatz verschaffte sich
Kotiege Stork kure entschlösse® Gehör
und hielt folgende Aiisprache:
Sch affend« Männer und Fr auen des Saar-
landes!
Kolleginnen und Kollegen!
Im Aufträge des Gewerksdbaftsaas-
schusses der Einheitsgewerkschaft und im
Namen des zentralen Maikomitees eröffne
ich die Großkundgebung in Saarbrücken.
Am Festtag der Arbeit demonstrieren
die Werktätigen in alten Kulturländern der
Welt für die Erfüllung ihrer Forderungen
und ein gemeinsames Band verbindet alle
Schaffenden. Wir bringen durch unsere
Kundgebung den einmütigen Wüten und
di» Bereitschaft zur friedlichen internatio-
naleo 7««mmaaaiainnnbait mit etilen Völkern
der Weli zum Ausdruck.
Wir stehen am Anfang einer neuen Epo-
che für viele, wenn nicht für alle Länder
Europas. Der Krieg hat vieles zerbro-
chen, m mancher Beziehung ein Chaos hin-
ter lassen und zum großen. Teil auch die
Grundlagen der Kultur zerstört. Der Neu-
aufbau muß mit dem Geiste des sozialen
Humanismus erfüllt werden, jener Mensch-
lichkeit, die ina andern nicht den Feind,
sondern dm Bruder sucht, und die in der
Umgestaltung der sozialen Verhältnisse
nnH der Wandlung des Menschen die Lö-
sung der schier unüberwindlich sich auf-
tärmenden Gegenwartsprobleme sieht.
Wenn am heutigen Tage alte Räder Still-
stehen und jede berufliche Tätigkeit rufet
und wenn auch der heutige Tag dem saar-
ländischen Volke als gesetzmäßiger Feier-
tag gegeben worden ist, so ist dies er Tag
doch ein Kampftag von höchster Bedeu-
tung geblieben.
Wir sind eine Einheit, ob Arbeiter, An-
gestellter oder Beamter, ob parteilos oder
parteipolitisch orientiert, ob Mann oder
F»au. Durch diese Einheit sind war zu ei-
ner machtvollen Bewegung geworden, die
heule von niemand mehr übersehen wer-
den kann.
Große Aufgaben im Interesse des werk-
tätigen Volkes harren noch ihrer Lösung.
Durch immer engeren Zusammenschluß,
durch Kollegialität und Solidarität werden
wir diese Auf gabe meistern und einer Er-
ledigung im Sinne des schaffenden Volkes
entgegenführ an.
Ein Großteil der Forderungen, di© die
Männer am 14. Juli 1889 aufgesteftt ha-
ben. sind bereits verwirklicht worden. Uns
aber bleibt die groß© Aufgabe, die durch
die veränderten Zeitverhältnisse notwen-
dig gewordenen Forderungen ihrer Ver-
wirklichung entgegenzufuhreini. Und wir
sind gewiß, daß die Werktätigem in aller
Welt unsere Forderungen unterstützen
werden.
Das bittere und traurige Erbe des Nazis-
mus lastet immer noch schwer auf uns:
Als Gewerkschaft wollen wir die Wegbe-
reiter einer besseren Zukunft sein unter
der Devise:
Für so-zialen Fortschritt!
Für VölkerfriedenJ
Für Demokratie und Freiheit!
Die Maikundgebungen in aller Welt
Da filier Welt fcwHäem «am 1. Mai Kundge-
bungen statt Im allgemeäßen verliefen die
besBacanEtraüffloco etoe »»»entliehe Zwischen-
lälle. Gewaltige Massen waren es. die in den
Weltstädten und Idadaistriewsextren demonstrier-
ten, Die französische Hauptstadt war, wie
jedes Jahr, Mituerpu-nirt groBer Veranstaltungen,
fa Berlin famdea zwei große Kundgebungen,
dfewseit« tmd jen-seft« des Brandenburger Tores,
«tfiDh Während m Westberlin vor 500 000 Zu-
hörern der Vertreter de* «amerikanischen Ge-
werk s c hattsverbandes AFL, Irving Brown, und
Brandesminister für {gesamtdeutsche Fragen,
tedtob Kaiser, Ansprcreihen hielten, wickelte sieb
im Osteektor hn Lustgarten unter Leitung von
Ministerpräsident Otto Grotewohl die Kund*
oebuKsg ab. — In Maüan begannen die Mai-
feiern auf dem Roten Platz schon in früher
Morgenstunde, ah» Stalin die Ehrentribühne
betrat und der Stabschef der Armee. General
Schtemenko, die Parade afonahm. Wie Radio
Moskau berichtet, kreiste «ine Luitparade über
dem Platze, die vom dem Sohn des Marschalls.
Geuerabeuüianl Wassili Stalin, geleitet wurde,
ln Wien eröffnet® eine Jugendorganisation am
Sonntagabend die Maifeiern mit einem Fackel-
ntg Gtuf der Ringstraße. Als sie an der sowje-
tischen Könasnamtemfer vaatoeimarschierten, rie-
fen sie in SprecMaöran: „Oestereich wird nie-
mals eine VoIfcsdeeaokraS® werden!“ und for-
derten den Aanog der Besatzungsmächte. — In
Born wamSe" der L Mai ebenfalls festlich be-
gangen. Die Kumdgefeungai standen unter dem
Motto: «Für Arbeit Fri.ed.en und Freiheit."
Herausgeber: Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft Saarbrücken 3, Brauerstr. 6-3,
Verantwortlich für de» Gescrmtinhalt: Heinrich
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schuhler, Industrieverbänd«, lugend
sowie Fmahleton I. F, Wambach. — Druck j
Druckerei Scat-Zeltar.g Dt. Nikolaus Fonlatno*
Mai 1950
Seite
I.V. Eisenbahn zu
Der auf der Delegiertenkonferenz vom
22. und 23. April 1950 in Sulzbach gewähl-
te Vorstand des I. V. Eisenbahn der Ein-
heitsgewerkschaft war am 4. Mai 1950 zu
Seiner ersten außerordentlichen Sitzung
zusammengetreten und hat nachfolgende
Erklärung einstimmig zu c'en Verkomm i>
ßen zum 1. Mai beschlossen:
i. V. Eisenbahn, gegründet auf partei-
politischer und religiöser Neutralität, gibt
zu den Vorfällen am 1. Mai folgende Er-
klärung ab:
Die religiöse und politische Neutralität
der Berufsorgane ist die Grundlage, auf
' welcher sich alle Arbeitnehmer, Beamten
und Angestellten zur Wahrneh-
mung ihrer berechtigten Interessen kraft-
voll vereinigen können. Diese Tatsache
isi für die zukünftige Entwicklung be-
deutungsvoll und darum sehr beachtens-
wert. Die Wiederaufrichtung der europä-
ischen Wirtschaft für die Vereinigung der
Staaten Europas ist nur möglich, wenn
der soziale Friede, d. h. der beiden
Wirfschaftsgruppen, Arbeitgeber und Ar-
beitnehmer, gewahrt bleibt. Die Verant-
wortung für die Wahrung des sozialen
Friedens ist aber abhängig von der An-
erkenntnis der berechtigten Forderungen
der Arbeitnehmerschaft durch Staats-und
Wirtschaftsführung. Ebenso notwendig ist
die Wahrung des Friedens zwischen den
Nationen. Die Störung beider FAedensbe-
zirke bedeutet Störung des Wiederauf-
baues Europas. Es ist unbestritten, daß
die Kommunistische Partei, gestützt auf
eine ausländische Macht, wohl unter der
Parole des Friedens, ihre Agitation be-
treibt, jedoch ihre tatsächlichen Aktionen
sind darauf abgestellt, im besonderen den
sozialen Frieden zu stören. Diese Behaup-
tung wird bewiesen durch Vorfälle in den
einzelnen Berufsorganisationen aller Län-
der.
Der 1. Mai, von den Berufsorganisatio-
nen gedacht als eine wirkungsvolle De-
monstration für die Forttreibung und Er-
füllung berechtigter Forderungen der In-
dustrieverbände, wurde von der Kommu-
nistischen Partei dazu ausersehen, ihre
eigenen parteipolitischen Ziele der Mas-
senversammlung vorzutragen.
Dem Demonstrationszug, organisiert und
geordnet durch den Gewerkschaftsaus-
schuß, wurde schon am Anbeginn seines
Aufmarsches durch die Zwischenschal-
tung kommunistischer Jugendgruppen ein
anderes Gepräge gegeben. Die Ordner
des Demonstrationszuges selbst verzich-
teten aut eine tätliche Auseinanderset-
zung mit den Störern. Somit wurde diese
■Tatsache eine Angelegenheit der Funktio-
näre der öffentlichen Ordnung.
Aus der Besorgnis heraus, daß die zen-
trale Veranstaltung der Kommunistischen
Partei die Möglichkeit gibt, Unruhe zu
organisieren, hat in der Sitzung des Ge-
werkschaftsausschusses vom 27. 4. 1950
der Vorstand des I. V. Eisenbahn eine
Erklärung in diesem Sinne abgegeben.
Was wir befürchteten, ist ein getreten.
Im Hinblick darauf, daß die von der
Kommunistischen Partei organisierten Ak-
tionen die wahrhafte luteres senwahrung
der organisierten Arbeiterschaft schädi-
gen, kann es nicht mehr länger geduldet
Was im Jahre 1889 für die Arbeitnehmer-
schaft noch ein Traum war, ist heute
Wirklichkeit. Der 1. Mal ist in allen Kul-
tur Staaten zum Feiertag der Arbeit er-
klärt. Wir erinnern uns noch, wie bei uns
Im Saarland engstirnige Arbeitgeber ihren
Belegschaften verboten, den 1. Mai zu
feiern. Wieviele Entlassungen und son-
stige Schikanen mußten die Arbeitnehmer
hmnekmen, die es wagten, gegen dien Wil-
len der Arbeitgeber den 1. Mea zu feiern.
Der Kampf um den 1. Mai als Feiertag
der Arbeit und der Sieg, den die Arbeit-
nehmerschaft davongetragen hat, ist für
uns der schlüssige Beweis, daß *der Ar-
be.inehmer heute in einem ganz anderen
Verhältnis zur Gesellschaft steht als noch
vor wenigen Jahrzehnten.
Die Sozialtheoretiker, die den Gedan-
ken im Jahre 1889 gefaßt haben, den 1.
Mai zum Feiertag der Arbeit zu erklären,
Wußten sehr wohl, daß dies nicht nur ein
Feiertag schlechthin ist, sondern ihr Ent-
schluß war von tieferer psychologischer
Bedeutung getragen. Es waren noch nicht
allzu viele Arbeitnehmer, die das Symbol
des 1. Mai damals richtig verstanden,
denn dazu fehlte ihnen die Bildung una
Erkenntnis. Es ist nachgewiesen, daß in
allen Ländern der Erde die Arbeitnehmer-
schaft durch die herrschende Gesellschaft
immer nur so weit unterrichtet wurde, ais
das, um überhaupt in der Produktion tätig
sein zu können, notwendig war. Aber die
zunehmende Verfeinerung der Produktion
brachte mit sich, daß dem Arbeitnehmer
mehr Bildung vermittelt werden mußte.
Der frühere Staat und die herrschenden
Kreise sahen lange verächtlich auf die Ar-
beiterschaft und unterschätzen d&ren Be-
deutung, Mit deT Arbeiterbewegung war
es genau wie mit allem anderen Neuen.
Zuerst verfiel sie der Lächerlichkeit, dann
versuchte man, die Leute, die es wagten,
etwas zu fordern oder zu propagieren,
was mit den gesellschaftlichen Verhält-
nissen nicht in Einklang stand, unmöglich
zu machen. Aber wenn eine Forderung
durch die Verhältnisse der Zeit begün-
stigt wird und der Kampfeswille derjeni-
gen Gesellschaftsschiclit vorhanden ist,
um diese Forderung zu verwirklichen, wird
„QIC ARBEIT»
den Maivorfäilen
werden, daß die Mitglieder dieser Partei
innerhalb der Organisation die Anstän-
digkeit und das Vertrauen der Mitglieder
zu parteipolitischen Zwecken mißbrau-
chen. In Anlehnung an die Satzungen, daß
unsere Organisation auf der Basis partei-
politischer und religiöser Neutralität ge-
wahrt bleibt, muß von jedem Mitglied mit
Recht verlangt werden, sich an die Sat-
zungen zu halten. Mitglieder, die gegen
diese Prinzipien verstoßen, haben keinen
Platz mehr in den Reihen unserer Orga-
nisation.
Aus diesen Gründen ist der Vorstand
entschlossen, jedes Mitglied, welches sich
für die Ziele der Kommunistischen Paafeja
innerhalb der wirtschaftlichen Vereinigun-
gen einsetzt, aus dem Verband auszu-
echUeßen.
Der Vorstand faßt folgenden Beschluß:
a) Mitglieder, welche am 1. Mai die von
der Kommunistischen Partei organi-
sierte Aktion unterstützten, werden
aus der Organisation ausgeschlossen,
b) die Mitglieder des I. V. Eisenbahn,
welche innerhalb der Gewerkschaft
Fraktionsarbeit für eine po 1 ische Par-
tei leisten, werden ausgeschlossen.
Saarbrücken, den 4. Mai 1950
Der Vorstand
des I. V. Eisenbahn
FDGß-Propaganda unter der Lupe
Seit Kriegsende ist der Wiederaufbau
der Gewerkschaften in den freien Ländern
der Welt mit viel Mühe, Opfern und
finanziellen Anstrengungen erfolgt Dieser
Wiederaufbau und die weitere Entfaltung
stießen nicht nur auf Schwierigkeiten, di«
sich normalerweise aus der kapitalisti-
schen Gegnerschaft und den Auswirkun-
gen der privat-kapitalistischen Wirtschafts-
Struktur ergeben, sondern in Immer stär-
kerem Masse machten sich dis Stören-
friede und Schädlinge geltend, die in aus-
ländischem Auftrag und meistens mit rein
parteipolitischen Zielen innerhalb der Ge-
werkschaften in den westlichen Ländern
tätig ihre Methoden zur Geltung zu brin-
gen versuchten. Zahlreich sind die Be-
weise für das gewerkschaftsschädigende
Verhalten. Aus den vielen Beweisen sei
hier eine Auslassung ab gedruckt, die in
Gewefkscbafteorgan „Der Bund“ über die
Machenschften des kommunistischen FDGB
erschienen ist:
„Seit Monaten, aber ganz besonders in
den letzten Wochen versendet die FDGB-
Propaganda-Zentrale per Post an viele
Tausende von Gewerkschaftlern un Wa-
gten ganze Stöße von Broschüren, Flug-
blättern und Zeitungen. Hierbei wird die
Wochenausgabe der „Tribüne“ verwandt,
die dazu seit einiger Zeit eine besondere
Seite als „Westdeutsche Tribüne“ aui-
macht. Daß an jeden Adressaten gleich
zehn und noch mehr Exemplare von je-
dem Pamphlet gesandt werden, hat na-
türlich den Zweck, daß dieses Material
verteilt werden soll. Viele KPD-Mitglie-
der im Westen besorgen dies auch ge-
treulich.
Keine Nummer der „Westdeutschen Tri-
büne“, in der nicht unter böswilligen Ver-
drehungen und Verfälschungen di© Tätig-
keit der westdeutschen Gewerkschaften
heruntergerissen wird. Die Kollegen Böck-
ler, Karl, Reuter, Jahn und viele andere
werden persönlich verleumdet und als
„Agenten des Kapitals“, als „Steigbügel-
halter der Neuyorker Wallstieetimperialir
sten“, als „gekaufte Subjekte des engli-
schen Geheimdienstes“ bezeichnet
Der Kommentator des Ostzonen - Rund-
funks, Schnitzler, lügt über die Kollegen
Jahn (Vorsitzender des Eisenbahner-Ver-
bandes), Willi Eichler, Rosenberg und
Hansen (DGB-Bezirkseekretäx von NRW)
das Blaue vom Himmel herunter und
■schreibt dann (wörtlich): .Jansen (ge -
meint isi Hansen, DGB-Sekretär für
NRW), der zuerst Sekretär des britischen
Agenten und sozialdemokratischen Chef-
redakteurs Eichler war, dann recht© Hand
von Böckler, dann beim Nordwestdeut-
schen Rundfunk und heute beim DGB in
Hamburg.“ Man sieht, je weniger Ah-
nung, desto größer die Lügen.
An anderer Stehe der „Tribüne“ wird
dummdreist mitgeteilt, daß der Zentral Vor-
stand der IG. Bergbau der Ostzone an
die Ruhrkumpels Briefe schreibt. Wörtlich
beuchtet die „Tribüne“: „In dem Schrei-
ben werden die Ruhrkumpels aufgefor-
dert, zu dem stattfindenden Gewerk-
schaftskongreß in Florenz Entschließun-
gen zu fassen, in denen die Forcierung der
Bergarbeiter der Westzone auf Aufnahme
in den WGB gefordert und dem Interna-
tionalen Gewerkschaftskongreß der Berg-
arbeiter in Florenz das Vertrauen ausge-
sprochen wird“
Bergarbeiter-Kollegen an der Ruhr! Seht
Ihr, s o kommen die von einem „biederen
Kumpell“ eingebrachten „Einheits“-Reso-
lutionen zustande. Wer kann von Euch
ahnen, daß die ganze Komödie von Berlin
aus dirigiert ist.
An verlogenen Berichten über den Ber-
liner Eisenbahnerstreik erhalten die
Adressaten gleich zwei Stöße von Pam-
phleten, eine dicke Broschüre und ein
anonymes Flugblatt mit der Unterschrift:
„Viele Eisenbahner, die die UGO verlas-
sen haben.“
Der „Bund“ schreibt weiter:
„Wir haben hier nur einen winzigen Aus-
zug aus deT Flut von Verleumdungen der
FD GB - Propa ganda-Zentrale wie d er ge g e -
ben. Um alle Lügen und Verdrehungen zu
widerlegen, wären dicke Bücher notwen-
dig. Doch wir denken nicht daran, auf
allen Schmutz einzugehen. Es sind diesel-
ben Kreise, die sich täglich heiser schreien
und sich die Finger wundschreiben mit
dem Ruf nach Einheit der Gewerkschafts-
bewegung“, nach „Nationaler Einheit
Deutschlands“. Wer könnte aber ange-
sichts dieser Methoden noch an die Ehr-
lichkeit dieser Leute glauben? Wer könn-
te sich vorstellen, wie mit diesen Kräften
eine wirkliche dauerhafte Einigkeit mög-
lich wäre? Jetzt muß jedem klardenken-
den Kollegen verständlich sein, warum
der WGB auseinanderfiel und es zu kei-
ner einheitlichen gesamten deutschen Ge-
Rückständige Schanzerlöhne
anmeiden!
Ea wird gebeten, in den Betrieben um-
gehend Erhebungen darüber anzustellen,
inwieweit noch Lohn- und Gehaltsemp-
fänger vorhanden sind, die während des
letzten Krieges zu Schanzarbeiten einge-
setzt waren, ohne daß ihnen dafür Be-
züge ausbezahlt wurden.
Die Betriebsräte und Kreisverwalfun-
gen wollen die gemachten Erhebungen
bis spätestens 20. Mai der Hauptverwal-
tung einsenden. Später eingehende Mel-
dungen können nicht mehr berücksichtigt
werden.
^Briefkasten
C. H, Um Gewerbelehrer zu werden, ist zu-
nächst die Ablegung der Meisterprüfung er-
forderlich. Ferner kommen drei Jahre Studium
ip Frage. Nähere Auskunft erteilt das Kultus-
ministerium, Saarbrücken, Schillerstraße 11,
Zimmer &
K. M. Der Muttertag fällt in diesem Jahre
auf den 14. Mai, den zweiten Sonntag des
Monats.
Wassergeld, Es ist kaum möglich, einen
allen gerecht werdenden Satz zu finden. Man
rechnet im allgemeinen für Familien, die ein
Bad besitzen eine Person extra hinzu, also
wenn vier Familienmitglieder vorhanden sind
werden fünf berechnet Bei größeren Familien
zwei Personen mehr.
Tg. Da es sich um eine Forderung vor der
Frankeneinführung handelt erfolgt die Um-
rechnung des früheren Schuldbetrages zu 1 M
glefch 20 Frs.
werkschaftsbewegung kommen konnte.
Zum Schluß sei der „Tribüne“ noch ge-
sagt: Es wäre besser, sie würde ihre
„Westdeutsche Tribüne“-Seite sparen und
statt dessen auch nur ein klein wenig die
himmelschreiende Not von Millionen nicht
an der sowjetischen Krippe sitzenden
Menschen in der Ostzone unter die kri-
tische Lupe nehmen. Welch riesigen
Stoff zur Kritik hätte die „Tribüne“ altem
gegenüber der Tatsache, daß die Alten,
Invaliden, Niedrig-Entlohnten nicht genug
zum Essen haben, während ein großer
und der beste Teil der in der Ostzone er-
zeugten Nahrungsmittel in den sogenann-
ten freien Läden und Restaurants zu Wu-
cher.■> reiten fei'geboten wird, aber nur * oa
Schwerverdienern und Schlemmern be-
zahlt werden kann. Darüber und über
vieles andere, wie z. B. über die im Osten
viel umfangreicheren Demontagen ais im
Westen, über Konzentrationslager organi-
sierten Menschenraub, Terror u. Zwangs-
verschickung, schreibt die „Tribüne“ aber
kein Wort Würde sie darüber schreiben,
wäre sie mit demselben Tage unterdrückt,
und ihre Redakteure säßen in KZ. Sie fa-
brizieren da schon lieber „Westausga-
ben“ zur Zersetzung unserer Gewerkschaf-
ten. Die Gewerkschaften der Westzonen
werden sich dagegen mit alter Energie zur
Wehr setzen“.
Tatsachen aus sechs Jahrzehnten
das gesteckte Ziel erreicht. So war «e
auch mit dem 1. Mai,
Um di© Erfolge der Arbeiterbewegung
richtig zu würdigen, muß man einige Jahr-
zehnte zurückblicken, dann erst kann man
feststellen, wie segensreich der Zusam-
menschluß für die Arbeitnehmerschaft
war. Die Arbeitnehmerschaft hat sich tm
Laufe der Zeit ein Arbeitsrecht erkämpft,
das dem Arbeitnehmer das Leben weit-
gehend erleichtert. Wenn hier auch Män-
gel sind, die beseitigt werden müssen, so
hat die Arbeitnehmerschaft heute auf ih-
rem Arbeitsplatz doch einen gewissen
Schutz und ist nicht mehr ganz der Will-
kür der Unternehmer ausgeliefert.
Doch das Hauptproblem ist di© Lohn-
frage. Aut diesem Gebiet wurden zwei-
fellos bisher die meisten Kämpfe geführt.
Läßt sich die Sozialgesetzgebung und das
Arbeitsrecht gesetzlich festlegen, so ist
das bei Löhnen und Gehälter nicht mög-
lich. Durch die stete Steigerung der pro-
duktiven Leistung der Arbeitnehmer konn-
ten zwar die Löhne und Gehälter langsam
erhöht werden, doch hat die Arbeitneh-
merschaft auf diesem Gebier noch be-
deutende Forderungen.
Als erstes fordert die saarländische Ar-
beitnehmerschaft eine ihrer Arbeitslei-
stung entsprechende Entlohnung. Die
Vergütung der Arbeitsleistung muß »ach
anderen Gesichtspunkten erfolgen. Löh-
ne, Gehälter und Preise müssen aufeinan-
der abgestimmt werden. Zwar behaup-
ten unsere Unternehmer und Geschäfts-
leute immer, daß die Löhne und Gehälter
allein preisbildend sind, dt© Tatsachen
sprechen jedoch dagegen. Die Arbeitneh-
mer im Saarland haben ja schließlich auch
ein Erinnerungsvermögen, und wenn sie
aut die frühere Zeit zurückbhcken und
Vergleiche ziehen, stellen sie immer wie-
der fest, daß ihr Verdienst vor 1935 min-
destens 30 Prozent mehr Kaufkraft hatte
als heute. Ich glaube kaum, daß sich je-
mand findet, der nach weisen kann, daß
heute die Arbeitnehmer weniger leisten
als früher. Soweit wir wirtschaftlich zu-
rückblicken können, stellen wir stets und
zu allen Zeiten Leistungssteigerung fest.
Wenn aber trotzdem der Verdienst der Ar-
beitnehmer um 30 Prozent gesunken ist,
muß also logischerweise der Gewinn auf
der anderen Seife um so viel gestiegen
sein, oder das Wirtschaftssystem zeigt
Mängel auf, die zu einer derartigen Ent-
wicklung führen. Heut© handeln viele Un-
ternehmer an ihren Beschäftigten direkt
verbrecherisch, indem sie skrupellos die
Notlage derselben ausnützen und mit der
Drohung der Entlassung diese von der
Forderung ihres gerechten Lohnes abhal-
ten. Darum müssen wir ein Gesetz for-
dern, durch das allen asozialen Unter-
nehmern die Leitung der Betriebe entzo-
gen werden kann.
Als zweites fordern wir ein Arbeits-
recht, das dem Arbeitnehmer Existenz-
schutz gibt. Der Arbeitnehmer besitzt im
Durchschnitt außer seiner Arbeitskraft
kein Vermögen. Daher ist die Arbeitsge-
setzgebung für ihn von ungeheuerer Wich-
tigkeit. Wenn schon, wie das bei uns im
Saarland der Fall ist, der größte Teii der
Gesamtbevöikerung Arbeitnehmer ist,
dann müssen auch die Gesetze darauf
abgestimmt sein. Die Gesetzgebung muß
dem Arbeitnehmer das Gefühl der Besitz-
losigkeit nehmen und darf dem Unterneh-
mer nicht das Recht und die Freiheit ge-
ben, die Arbeitskraft einfach als Ware
zu behandeln. Der Arbeitnehmer muß
durch die Gesetzgebung Einfluß auf den
Betrieb, in dem er beschäftigt ist, haben.
Die Arbeitsrechtsgesetze müssen von der
Grundtendenz ausgehen, daß die Wirt-
schaf tsbetriebe in erster Lira© dazu da
sind, um ihrer volkswirtschaftlichen Funk-
tion zu genügen. Eigentum darf nur rela-
tiv sein, dort wo dasselbe den Interesse»
der Allgemeinheit entgegensteht, muß im-
mer zu Gunsten der Allgemeinheit ent-
schieden werden. Alle Industrie- und son-
stigen Wirtschaftsbetriebe sind nichts an-
deres als auf gespeicherte Arbeit, daher
muß der Besitz, der nicht ans persönli-
cher Arbeit entstanden ist, unter beson-
dere Jtechtsformen gestellt werden. Wir
werden im Saarland recht bald das zwei-
felhafte Glück haben, uns mit dieser Theo-
rie auseinandersetzen zu müssen.
Das wichtigste Arbeitsrechtsgesetz ist
für uns zweifellos das Belrfebsrätegesetz.
Hierin muß die RechtsStellung des Be-
triebsrates eindeutig lest umnssen sein.
Dieses Gesetz muß der Anfang einer le-
bendigen Wirtschaftsdemokratie werden.
Dem Betriebsrat muß durch dieses Ge-
setz in alten betriebswirtschaftlichen Fra-
gen das Recht der Mitbestimmung zuge-
standen werden. Sei es in bezug auf Ein-
stellung und Entlassung od«T Einsicht-
nahme in die Lohn- und Gehalts.iste, die
Mitbestimmung ist in all diesen Fragen
unerläßlich. Daß sich unsere saarländi-
schen Unternehmer gegen ein solches Ge-
setz wehren, ist verständlich, doch an der
gesellschaftlichen Entwicklung können
auch konservative Arbeitgeber nichts än-
dern.
Man kann wohl die gesellschaftliche
Entwicklung etwas ciufhaVten, sich ihr je-
doch aul die Dauer enigegenzustelten ist
unmöglich. Das eherne Entwicklungsge-
setz wird nicht vor dem Wunsch einer
kleinen Mens rhengruppe halt machen,
und so kann diese auch niemals verhin-
dern, daß sich das Neue bahnbricht. Ge-
setze und Rechte dürfen sich nicht wie
eine ewige Krankheit von Generation zu
Generation forterben, sondern müssen
den Verhältnissen angepaßt werden.
Als drittes fordern wir ein© Sozialge-
setzgebung, die jedem Arbeitnehmer dis
Angst vor der Zukunft nimmt. Renten und
Pensionen müssen für aile Arbeitnehmer
so gestellt werden, wie das für die Be-
amten bereits geschieht. Sie müssen auf
den Verdienst abgestimmt sein und dürfen
rächt unter dem Existenzminimum liegen.
Für aile Renten und Pensionen muß der
Staat die Garantie übernehmen. Die un-
terschiedliche Behandlung der Staatsbür-
ger muß aufhören. Entweder man erkennt
den Arbeitnehmer im heutigen .Staat als
Staatsbürger an und gibt ihm die erfor-
derlichen Rechte, oder aber der Arbeit-
nehmer wird den Staat erobern und den-
selben nach seinen Rechtsgrundsät zen
ausbauen.
Seite
DIE ARBEIT»
Mai 1950
tl
F n Tel' des imposanten Demonstrntionszi'.ges
der Einheitsgewerkschaft am 1. Mai beim
Durchmarsch durch die Max-Braun-Straße.
Verlauf der
Saarbrücker Zwischenfälle
Die zahlreichen Diskussionen, die sich an
die diesjährige Maidemonstration in Saar-
brücken geknüpft haben und noch knüpfen,
geben uns Veranlassung, hier eine Schilderung
des Verlaufs zu geben:
Selbst viele Teilnehmer, die von Anfang an
dobei waren, haben von dem gesamten Her-
gang kein genaues Bild gewinnen können, da
sie "sich ja durchweg an einem bestimmten,
wenn auch wechselnden Standort befinden muß-
ten.
Der G-evv'erkschcftsausschuß mit den Spitzen-
funktionären bhdeien beim Abmarsch am Lud-
wiqsberg die Spitze des langen Zuges. An sie
schlossen sich mit mehreren Musikkapellen
die einze'nen Verbände in imposanten, langen
Kolonnen an, in einzigartiger vorbildlicher Ord-
nung, wozu die eingehenden Vorbereitungen
des Maikorri ees. die Unermüdlichkeit der Ord-
ner. aber nicht zuletzt die Disziplin und aus-
geze'ehrsete Haltung der Masse der Kundgeber
beitrugen.
Aber e;n ers'er Zwischenfall, der offensicht-
lich provoziert war, da er den bekannten Wei-
sungen der Gewerkschaft völlig entgegenge-
setzt war, ereignete sich schon vor dem Ab-
marsch.
Es war bekannt, daß der Gewerkschaftsaus-
sekuß eins immig beschlossen hatte, zur ge-
werkscfcahl eben Maidemonstration keine Fah-
nm ?u n asse n außer der schwarzen Fahne des
I. V. Bergbau. Das hinderte aber eine Anzahl
Kommunisten und FdJler. die sich zu einer
G:uppe zusankrengeschlossen hatten, nicht,
eine große FdT-Fahne und mehrere Wimpel mit
dem Fdl-Zeichen demonstrativ zu entfalten.
Zur gleichen Zeit wurde auch eine rote Fahne
von der Gruppe entrollt Nachdem die Polizei
e ngeschrir'en war, verschwand zunächst die
FdJ-Fal;ne. Die Wimpel hatte man von den
Fahnenstangen entfernt Unter dem Gesang
der Internationale schwenkten die einzelnen
Träger ihre wimpellreien Stangen.
Unmittelbar nach dem Abmarsch des Zuges,
in den sich auch die erwähnte Gruppe ein-
reifcte. kam es kurz vor der Unterführung am
Ludwigsberg zu einem neuen Zwischenfall.
D.e Gruppe marschierte jedoch alsbald inner-
halb des Zuges in Richtung des Stadtzentrums
vreiter. In der Nähe der Hauptpost konnte man
nun neben der roten Fahne auch eine große
schv/arzrotgoidene Fahne erblicken, (die jene
Kreise bekanntlich sonst nicht im posiiiven
Sinne zu beachten pflegen). In einem
kurzen Handgemenge mit der Polizei wurde
schließlich de Gruppe zum Teil zerstreut
Aber schon kurz darauf war das Gros der
Omppe wieder im Zuge und marschierte wei-
ter mit dem gesamten Zuge durch die Bahn-
bolstraße, die tote wie die schwarzrotgoldene
Fahne s tets mit sich führend.
Ein größerer Zwischenfall ereignete sich
dann in der Verlängerung des St Johanner
Marktes. Unterwegs hatten die Kommunisten
wiederholt mit Sprechchöre die Aufmerksam-
keit auf ihre Gruppe zu lenken versucht)
ferner hatten sie Transparente mit eigenen
Parolen im Zug.
Am St Johanner Markt griff nun ein größe-
rer Trupp des Saarbataillons zugleich mit
Folizei ein. Man sah, wie ein großes Trans-
parent in ei :e Poiizeigruppe flog und hinterher
ein dicker S-.ein. Aas dern Gewühl kam bald
ein erheblich verletzter Polizist mit völlig ver-
schmutzter Uniform hervor und kurz darauf
• zwei verletzte Zivilisten. Schließlich schien es,
als sei die Gruppe zerstreut und im wesent-
lichen nach der Seitenstraße zur Saar abge-
drängt worden.
Sie halte sich jedoch bald wieder ge-
sammelt Es kam zu einem erneuten Zu-
sammenstoß an der Paul-Marienstraße. Schließ-
lich zog die kommunistische Gruppe ein-
schließlich der FdJ, unter Vorantragen der
Fahne, auf den Landwehrplatz und postierte
sich unmf.telbar vor der Tribühnc auf. Vor den
Augen Tausender spielten sich dann die be-
kannten Ereignisse ab.
*
Einen reibungslosen Verlauf nahmen die
Kundgebungen der Einheitsgewerkschaft ln
Neunkiichen uud Homburg, da die Stören-
friede es zweifellos darauf abgesehen hatte»)
Kardinal Frings zu Arbeiterproblemen
Stellungnahme des Kirchenfürsten zur Einheitsgewerkschaft
Kardinal Frings, der als Kircheniürst sehr bekannt ist wegen seiner klaren
Einstellung zu den großen sozialpolitischen Fragen unserer Zeit, hielt im Rah-
men einer Feierstunde im Kölner Dom eine aufschlußreiche Ansprache, die
bemerkenswerte Aeußerungen zur Frage des Rechts der Arbeit enthielt. In be-
zug auf die Haltung der katholischen Arbeitnehmer sagte Kardinal Frings fol-
gendes:
„Was fordert demgegenüber heute der christlich-katholische Arbeiter? Ich sage,
er fordert den freien, entproietaris:erteil, für Alter und Krisenzeiten gesicherten Ar-
beiter, der einen gerechten Lohn gemäß seinen Familienverhältnissen empfängt,
der die Möglichkeit hat, ein wenigstens bescheidenes Eigentum, vor allem ein ei-
genes Heim zu erwerben, und der sowohl in seinem Betrieb wie in der Gesamtwirt-
sChafi so viel Mitsprache und Mitbestimmungsrecht besitzt, daß er diesen Betrieb
und die Wirtschaft auch als seinen Lebrnsraum empfinden kann. Dieses große
Ziel verwirklichen zu können, bedarf es der Koalitionsfreiheit in der Gewerk-
schaft, deren Aufgabe es ist, die berechtigten Interessen des Arbeiters zu vertre-
ten. Seit vie;en Jahrzehnten betont die Kirche das Koabtionsrecht des Arbeiters und
fordert die katholischen Arbeiter auf, in den. Gewerkschaften mitzutun. Das tut
die Kirche auch heute, auch zur Zeit der Einheitsgewerkschaft, Und sie fordert die
katholischen Arbeiter auf zur Mitgliedschschaft und zur tätigen Mitarbeit in der Ge-
werkschaft. Und sie bedauert es, daß nicht noch mehr katholische Arbeiter in der
Führung der Einheitsgewerkschaft tätig sind.“
Hans Böckler: Gemeinwirtschaft Garant des Friedens
„Eine Ueberführung der Schlüsselindu-
strien cm Rhein und Ruhr in Gemeineigen-
tum unter starker Einschaltung der Arbei-
ter und ihrer Organisationen ist der si-
cherste Garant dafür, daß die Macht, die
m dem- Wirtschaftspotential der Rhein-
Ruhrindustrie liegt, nicht wieder 2U poli-
tischen Zwecken mißbraucht wird." Diese
Ansicht vertrat der Vorsitzende des Deut-
schen Gewerkschaftsbundes, Hans Eöck-
Jer, in einem Gespräch mit einem Korre-
spondenten der AFP über die von den
Westornierten beabsichtigte Neufassung
des Gesetzes Nr. 75.
Er wisse, so betonte Böckler, daß Frank-
reich bei einer Regelung der Eigentums-
verhältnisse der deutschen Kohle- und
Stahlwirtschaft entsprechend der alten
Fassung des Gesetzes Nr. 75 sein S] eher-
ne, tsbedürfnis nicht genügend berücksich-
tigt findet.
Nach den Vorgängen zweier Weltkriege
sei der Wunsch und das Bestreben Frank-
reichs durchaus verständlich. Die deut-
schen Gewerkschaften sind aber über-
zeugt, daß gerade eine gemeinwirtschaft-
iiche Verwaltung der deutschen Grund1
stofiindustrien bei einer maßgeblichen
Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft
die beste Gewähr dafür bietet, daß die
westdeutschen Schlüsselindustrien nicht
em weiteres Mal für aggressive Pläne
ausgenutzt werden. Gerade die arbeit-
nehmende Schicht ist es, dite — bei uns
genau so wie im französischen Volk —
nichts sehnlicher wünscht, als Frieden und
Eintracht zwischen den beiden großen Na-
tionen Westeuropas wie zwischen den
übrigen Völkern der Welt, denn sie hat
nach jedem Kriege die größten Opfer
bringen müssen.
Z)ie JAeateeg^meUide teilt mit:
Miete 1, 21. Mai, lakobowsky und der Oberst
(Komödie)
Miete 2, 22. Mai, Jakobowsky und der Oberst
(Komödie)
Miete 3, 30. Mai, Der Rosenkavalier
Die letzte Vorstellung beginnt um 18 30 Uhr*
Rosenkavalier
Zur Saar messe
Die Saar messe 1950 ist von vielen Seiten be-
trachtet und gewürdigt worden. Die Arbeit-
nehmer, die Gelegenheit hatten, diese Aus-
stellung zu besuchen, betrachteten sie be-
greiflicher Weise sehr interessiert In einer
solchen Musterschau die vielen Produkte des
täglichen Schaffens geordnet zu überblicken,
ist einmal von besonderem Reiz für diejenigen,
die mit ihrer Arbeitskraft vom Rohprodukt bis
zur fertigen Ausstellung durch Hand- und Kopf-
arbeit den wesentlichen Beitrag dazu geleistet
haben. Die Arbeitnehmer richten ihr Interess®
auch auf die Expoitauswirkuiigen und den
damit zusammenhängenden Absatz, beziehungs-
weise, Beschäftigungsgrad. Zum Abschluß der
Messe werden wir die Leser über den tatsäch-
lichen Nutzeffekt der Saarmesse näher unter-
richten.
lüie Sange -nach?. . .
... müssen in verschiedenen Betrieben Ue'-
bersiunden ohne Bezahlung geleistet wer-
den?
... ist es möglich, daß sich auf Eingaben,
die an das Verkehrsministenum gerichtet
sind, Staub bilden kann?
... sieht das Verkehrsministenum als Auf-
sichtsbehörde zu, wie bei der Marzig-
Büschfelder Eisenbahn die Ergebnisse der
Arbeitsgerichtsverhandiungen nicht be-
achtet werden?
... müssen sich Arbeiter in menschenun-
würdigen Aufenthaltsräumen während der
Einnahme ihrer Mahlzeiten aufhalten.?
NiimiHiimiiiimmiimmimiimminiimiiiiiimmiimmmnimiimuiiiiiiitmimiiiiiin
Zulage für Rentner und Pensionäre
An zeigen in der Gewerk-
schaftsleitung „D i e A rb e i t"
Gesetz über die Gewährung einer einmaligen
Zulage in der Sozialversicherung
Vom 4. April 1950.
Der Landtag des Saarlandes hat folgendes
Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wjrdt
§ t
(1) Die einmalige Zulage erhalten alle Rentner,
Ruhegeldempfänger, Pensionäre, Witwen, Witwer
und Waisen, die am 1. April 1950 einen Renten-,
Ruhegeld- oder Pensionsanspruch gegenüber
der Invalidenversicherung, Angestelltenversiche-
rung, kncppschaftlichen Renten- oder hütten-
knappschaftlichen Pensionsversicherung haben.
(2) Die Zulage beträgt
J 800.—- Franken für Rentner, Ruhegeldem-
pfänger und Pensionäre,
1200.— Franken für Witwen und Witwer,
600.— Franken für jede Waise.
(3} Der Knappschaftssold gilt nicht als Rente
oder Pension im Sinne dieses Gesetzes.
(4) Die Knappschaftsrentner erhalten die Zu-
lage nur auf Antrag sie wird nur gewährt,
wenn der Antragsteller am 1. April 1950 in
keinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis
oder sozialversicherungspllichtigen Beschäfti-
gungsverhältnis steht.
(5) Selbständige Landwirte und selbständige Be-
rufstätige erhalten die Zulage auf Antrag, so-
fern ihr Einkommen aus dieser Tätigkeit nur
geringfügig ist Ein Einkommen ist als gering-
fügig anzusehen, wenn es unter den Fürsorge-
iichtßätzen liegt
5 2
Die Zulagen werden nur aus einem Versiche-
rungszweig gezahlt und zwar ungekürzt und
in voller Höhe.
§ 3
In Fällen der Wanderversicherung obliegt die
Auszahlung der Zulagen dem Versicherungs-
träger (Versicherungszweig), der die Gesamt-
leistung festgesetzt hat. UebeT die Abrechnung
zwischen den Versicherungsträgern bestimmt
das Landesversicherungsamt für das Saarland
das Nähere.
§ 4
ln Fällen des § 1279 der Reichsversicherungs-
oränung wird die Zulage zu der Rente gezahlt»
die zur höchsten Zulage berechtigt
§ 5
(1) Auf Antrag erhalten die Rentenempfänger
der gesetzlichen Unfallversicherung die Zu-
lagen nach § 1, Abs. 2, wenn die Erwerbs-
minderung 663'i o/o oder höher ist und der
Unfallrentner keinen Anspruch au« der Renten-
oder Pensionsversicherung hat
(2) Die Einschränkung der Erwerbsminderung
greift bei den Hinterbliebenen-Rentenempfängern
nicht Platz.
8 6
(1) Auf Antrag erhalten eine Zulage solch*
Personen, die im Monat Januar 1950
a) bei einem gesetzlichen Krankenversiche-
rungsträger arbeitsunfähig krank gemeldet
und nicht mit Krankengeld ausgesteuert
waren oder
b) sich auf Kosten eines Rentenversicherungs-
trägers in Heitstätteubehandlung befanden
und für Monat Januar 1950 oder Teile desselben
nur deshalb keine Zulage nach der Verordnung
betreffend Zahlung einer Zulage an Lohn- und
Gehaltsempfänger vom 16. Februar 1950 (ABI.
S. IAO) erhalten können, weil sie aus dem Be-
schäftigungsverhältnis ausgeschieden waren.
(2) Die Zulage wird von dem zuständigen So-
zialversicherung sträger für jeden Tag des Mo-
nats Januar 1950, an dem der Berechtigte nach-
weisbar arbeitsunfähig krank oder in Heil-
stättenbehcmdlung war ünd für den Dun nicht
eine Zulage auf Grund anderweitiger Bestim-
mungen zusteht, gezahlt. Sie beträagt täglich
60.— Franken, höchstens aber 1800.— Franken,
§ 7
Anträge auf Gewährung der Zulagen gemäß
i 1 Abs. 4 und 5, §§ 5 und 6 können nur
bis zum Ende des Monats, der auf den Monat
der Inkrafttretung des Gesetzes folgt, bei dem
zuständigen Versicherungsträger gestellt wei-
den.
8 B
Die einmaligen Zulagen sind steuerfrei. Sie
bleiben bei der Prüfung der fürsorgerechtli-
chen Hiifsbedürftigkeit außer Ansatz. Ansprü-
che nach den §§ 1531 ff. der Reichsversicha»
rungsordnung können auf di« einmaligen Zu-
lagen nicht geltend gemacht werden.
§ 9
Dieses Gesetz tritt mit dem Tag seiner Ver-
kündigung ln Kraft
Saarbrücken, den 4. April 1950,
Regierung des Saarlandes
Der Ministerpräsident
1. V.
Kirn
Der Minister für Arbeit und Wohlfahrt
Kirn
verbürge« Erfolg I
Utllllllil!ip!IlltlipUllli:i!nilllllilI!llRII!!illl!llimilllMll]IIUmilllliniHHl!!MIIIM!i»
„V}ett dec At&eit“
Wie wir unlängst berichteten, hat der Deut-
sche Gewerksohaftsbund für das Gebiet der
Bundesrepublik mit dem 1. Januar 1950 das
gewerkschaftliche Pressewesen neu gestaltet,
Di« von den am 31. Dez. 1949 aufgelösten
Zonen- und Landesgewerkschaftsbünden her-
ausgegebenen Zeitungen und Zeitschriften ha-
ben mit dem Jahresende 1949 ihr Erscheinen
eingestellt. Ab 1. Januar 1950 gibt der Bundes-
vorstand des DGB im Bund-Verlag in Köln
eine für das ganze Gebiet geltende Wochen-
zeitschrift
„WELT DER ARBEIT"
heraus, die inhaltereich und ‘Stark bebildert
mit sieben Landesbeilagen erscheint. Die Lan-
desbeilagen heißen: „Stimme der Arbeit aus
Bayern, aus Hessen, aus Niedersachsen und
Bremen, aus der Nordmark, aus Nordrhein-West-
falen, aus Rheinland-Pfalz und aus Würtemberg-
Baden. Diese Wochenzeitschrift kann in abseh-
barer Zeit bei den saarländischen Postämtern
zum Preise von DM 0,70 zuzüglich Zustellgebühr,
bestellt werden.
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h Maintenon (E. & L.)
planmäßig alles auf eine Akütm in Saarbrücken
zu konzentrieren. Unter starker Teilnahme der
Werktätigen brachten die Redner die Forde-
rungen der Gewerkschaft klar zum' Ausdruck
und legten den Zuhörern die Richtlinien der
Gewerkschafispolitik im einzelnen aufschluß-
reich dar. Die mit starkem Interesse und bei-
fällig aufgenommenen Ansprachen bewiesen
(las Einverständnis der Versammelten und die
Entschlossenheit, den Weg zur praktischen
Durchführung ohne Eigenbrötelei und ohne
Weisungen von parteipolitisch angehauchten
Elemente zu gehen. Auch das unerschütterliche
Vertrauen in die Gewerkschaftsführung und
das Sirenen nach weiterer Festigung und Stär-
kung der Einheit traten deutlich in Erscheinung.
,71
(Jlel igiulitii t jUnti eeit
SAARBRÜCKEN 3 / ß £ T Z E N S T R A S S E 1
------- INH.: FRAU HEINRICHS -
EMPFIEHLT IHRE LOKALITÄTEN
TREFFPUNKT VIELER GEWERK SC HAFTS-KOLLEGEN
'*ädl
flRGBH DIR {IHHBTSGMHStHBrüH OER ARBEITER, RNGESTELLTEN UND BEAMTEN
4. Jahrgang
Saarbrücken, 20. Mai 1950
Nr. 10
Industrie-Union und Arbeitnehmer
Der Schumanplan hat begreiflicher-
weise in Gewerkschaftskreisen sofort
große Aufmerksamkeit hervorgerufen. Mit
der Aufmerksamkeit allein hat es aber
nicht sein Bewenden. Auf den Start des
Planes folgt die Stellungnahme und Ein-
flußnahme. Manche Initiativen der euro-
päischen Gewerkschaften seit Kriegsende
wiesen übrigens in dieselbe Richtung, in
die der Schumanplan zeigt, soweit nicht
versucht wird, ihn zu einseitigen groß-
industriellen Zielsetzungen umzudeuten.
Kohlet
Frankreich und Saar
Deutschland
Stahlt
Frankreich und Saar
Deutschland
Fortschrittliche Arbeitnehmerkreise ha-
ben längst erkannt, daß auf die Dauer
gesehen die Einzelglieder Europas sich
nur gesund entwickeln können, wenn alle
Glieder, vor allem die Hauptglieder ge-
sund sind und bleiben. Dabei kann es
sich keineswegs darum handeln, daß eine
Angleichuna der Lohn- und Sozialverhält-
nisse zwischen den verschiedenen Län-
dern nach unten erfolgt, sondern sie muß
sich nach oben entwickeln.
Die Gewerkschaften begrüßen die neue
Lade umso mehr, wenn sich herausstellt,
daß tatsächlich ein Versuch gemacht
wird, eine wirtschaftliche Großraumpoli-
tik auf fried’iche Weise durchzuführen.
Man erinnert sich hierbei unwillkürlich
an Ambitionen in der Vergangenheit, irt
der mit ungeheurem Einsatz und gewal-
tiaen Verlusten wirtschaftliche Groß-
räume mit Waffengewalt geschmiedet
werden sollten.
Die Gewerkschaften werden bei den
weiteren Beratungen und schließlich, i)venn
es zur Bildung einer Industrieunion
kommt, auch in der betreffenden Körper-
schaft nicht nur beratend, sondern mitbe-
stimmend beteiligt sein müssen.
Das leuchtet ohne weiteres ein, wenn man
die Aufgaben befrachtet, die einer sol-
chen Körperschaft zufallen müßten: Len-
kung der Produktion, Investitionen, Ab-
satzplanung und Ausgleich der sozialen
Verhältnisse.
Der Plan ist aber nicht nur unter wirt-
schaftlichen Gesichtswinkeln zu beurtei-
len, sondern seine politische und geistige
Auswirkung au? die Zusammenarbeit der
Völker kann von weittragender Bedeu-
tung sein. Die bisherigen Bemühungen
um eine feste Grundlage für einen dau-
erhaften Frieden zwischen Deutschland
und Frankreich können hier eine starke
Fundamentierung erfahren.
Für die Arbeitnehmer ist es auch von
besonderer Anziehungskraft, daß man in
den Diskussionen d. Planes von einer Stär-
kung des Friedens spricht und selbst'die
Aufgabe von gewissen staatlichen Sou-
veränitätsrechten ernsthaft zu erörtern
scheint und an eine Ausdehnung auf an-
dere, Länder denkt.
Ueberblickt man die vielen positiven
Gesichtsounke, so wird man allerdings
auch nicht die Schwierigkeiten, Schatten-
seiten, Risiken und Befürchtungen über-
sehen, Sie drängen sich vor allem im
wirtschaftlichen Bereich auf. Da stellt sich
die Frage, welche Branchen bzw. Be-
triebe bei einer umfassenden Neurege-
lung nicht mehr über ihre bisherige Exi-
stenzgrundlage verfügen. Es stellt sich
weiter die Frage, welche Opfer auf dem
Wege zur notwendigen Spezialisierung
gewisser Industrien zu bringen sind. Es
stellt sich die Frage nach den Währun-
gen und Kapitalen und vor allem die nach
der Vollbeschäftigung. Und viele andere
Fragen tauchen auf. Aber wenn man wei-
ter in die Zukunft schaut, so stellt sich
vor allem die Frage: Sind die Vorteile
des Planes nicht größer als die Nach-
teile ?
Die Diskussionen gehen weiter. Von Ge-
werkschaftsseite aus wird alles gesche-
Wie weit die Gewerkschaften eine Stär-
kung des gesamteuropäischen Industrie-
potentials durch Zusammenschlüsse be-
?rüßen, hängt von der Durchführung der
läne ab. Es kommt darauf an, daß mit
einer engeren Zusammenarbeit eine wirt-
schaftliche und soziale Besserstellung der
Arbeitnehmer einhergeht,
Richten wir einen Blick auf die Kapa-
zität von Kohle und Stahl der in Frage
kommenden Industriegruppen.
pro
mögl. Höchstleistung
gegenwärtig
mögl. Höchstleistung
67 000 000 to
73000 000 to
11,7 000 000 to
163 000 000 to
gegenwärtig
künftig
gegenwärtig
später, eventuell nach Auf-
hebung der für die Bundes-
republik noch geltenden
Beschränkungen
10 900 000 to
14 000 000 to
9 500 000 to
14000 000 to
he«, um auf der gegebenen Plattform
energisch, erfolgreich und dringlich die
mit der Planung eng verknüpften Inter-
essen der Saararbeitnehmerschaft zur
Geltung zu bringen. Vorschläge von an-
derer Seite, Zumutungen und das Verlan-
gen nach Konzessionen, die die Arbeit-
nehmer betreffen, werden ihre entspre-
chende Prüfung und demgemäße Entschei-
dung erfahren. Der Standpunkt der Ein-
heitsgewerkschaft wird noch im einzelnen
seine weitere Darstellung und Begründung
finden. C. S.
, Graphische Darsteifung zu dem Industrie-Union-Plan.
Die Darstellung gibt einen genauen Aufschluß über die Kohlenfelder und Erzgruben im
französischen, saarländischen und westdeutschen Raum. Diese reichen Sodenschätze sind
bekanntlich Gegenstand des Schumanschen Vcschlages einer Industrieunion. (Zahlen über
die Kapazität der einzelnen Industrien der betreffenden Gebiete und Erläuterungen des
Planes enthält nebenstehender Artikel.)
An die Mitglieder des I.V. Bergbau der E. G.
DER VERBANDSVORSTAND
BETONT, daß der Industrieverband Bergbau, als Glied der Einheitsgewerkschaft,
keine Fortsetzung früherer gewerkschaftlicher Organisationen ist. Unter
Berücksichtigung wichtiger Erfahrungen und Lehren der Vergangenheit
stellt er nach Form und Inhalt Neues dar.
In der Form.
durch die Zusammenfassung aller früheren gewerkschaftlichen Richtun-
gen in Industrieverbänden .
Dem Inhalt nach
durch eine Konzentrierung aller Kräfte, um die so notwendigen gewalti-
gen gewerkschaftlichen Aufgaben erfüllen zu können. Die erste Voraus-
setzung dazu ist die strikte Einhaltung der parteipolitischen Neutralität.
DER VERBANDSVORSTAND
STELLT FEST, daß die diesjährige 1. Mai-Demonstration in Saarbrücken durch par-
teipolitische Gruppen mißbraucht wurde. Die Handlungsweise stellt eine
grobe Verletzung der parteipolitischen Neutralität der Einheitsgewerk-
schaft dar. Durch diesen parteipolitischen Mißbrauch wurde der impo-
sante, gewaltige und vielversprechende Aufmarsch der saarländischen
Werktätigen in Saarbrücken in seiner Auswirkung geschwächt, zur
Freude der saarländischen Reaktion.
DER VERBANDSVORSTAND
ERKLÄRT seinen Abscheu vor diesem parteipolitischen Mißbrauch der Saarbrücker
Maidemonstration zum Vorteil der Feinde der Arbeiterklasse. Desunge-
achjet erklären wir unser tiefes, unerschütterliches Vertrauen in die Zu-
kunft der Gewerkschaftseinheit, in Aktivität gegen die Zerstörer der Ge-
werkschaftseinheit.
DER VERBANDSVORSTAND
BESCHLIESST daher den sofortigen Ausschluß der Mitglieder:
Fritz Nicolay, Dudweüsr,
Baptist Werken, Ludweiler,
nach § 2 des Verbandsstatuts wegen Zuwiderhandlung gegen die Grund-
sätze der parteipolitischen Neutralität,
DER VERBANDSVORSTAND
FORDERT jedes Mitglied auf zur Verteidigung der Gewerkschaftseinheit. Die Er-
fahrungen am 1. Mai in Saarbrücken haben gezeigt, daß diese partei-
politischen, gewerkschaftszerstörenden Kräfte in ihrem gewerkschaft"
liehen Bewußtsein sich noch nicht weiterentwickelt, sich von der partei-
politischen Engstirnigkeit noch nicht befreit haben! Kämpft für den Er-
halt der Einheitsgewerkschaft als freie Gewerkschaftsbewegung, kämpft
gegen jede auf ihre Zerstörung gerichtete Kampagne, sowie gegen die
Infiltrierung antigewerkschaftlicher Kräfte innerhalb der Einheitsgewerk"
Schaft!
Es lebe die Gewerkschaftseinheit!
Gegen die Gewerkschaftszerstörer!
Das saarländische
Lohnsystem
Von H. LA WAL.
Es ist im Saarland eine dringende Not-
wendigkeit, die Neuordnung des Lohnge-
füges entsrechend den neuen wirtschaft-
lichen und sozialen Bedingungen durch-
zuführen. Diese Neuordnung ist um so
zwingender, weil trotz der verantworten g
vollen Haltung der Einheitsgewerkschaft
die Beseitigung der grofyen Spanne zwi-
schen Preisen und Löhnen nicht gelungen
ist. Das Verantwortungsbewußtsein der
Einheitsgewerkschaft ist nicht auf die ent-
sprechende Haltung bei der Gegenseite
gestoßen.
Bestimmt wurde der Kampi der saar-
ländischen Gewerkschaften um eine ver-
nünftige Lohn-Preisordnung mit Senkung
der Preise vornehmlich durch die Tat-
sache, daß wir in unserem kleinen Lande
nahezu 200000 Versorgungsberechtigte
haben, die mit ihre« Angehörigen sozial
unterstützt werden müssen und für die
Lohnerhöhungen keine Aenderung der
menschenwürigen Existenz bringen. Da
aber bei einem Lohneinkommen, das am
Reallohn gemessen im Durchschnitt 30
Prozent unter dem Stand von 1938 liegt,
die Produktion annähernd an die Vor-
kriegsproduktion heranreicht, ist anzuneh-
men, daß die Unternehmergewinne min-
destens um den gleichen Betrag, also um
30 Prozent über den Stand von 1938 lie-
gen.
Es gibt keinesfalls, wie dies immer von
Unternehmer seit© betont wird, eine ein-
heitliche Produktionsminderung. Im Ge-
genteil, eine erhebliche Zahl der saarlän-
dischen Industriebetriebe liegt in ihren
Produktionsergebnissen auf , wenn nicht
über den Stand von 1938. Dort, wo der
Leistungsstand von 1938 noch nicht er-
reicht ist, liegt dies weniger an der Min-
derleistung der Arbeitskraft, als an an-
deren Produktionsbehinderungen der Be-
triebe. Die Forderung der Einheitsgewerk-
schaft nach einer Neuerung des Lohngs-
iüges ist daher nur zu begründet. Nun ist
es eine Tatsache, daß die Unternehmer al-
len Aenderungen des Lohnsystems ableh-
nend gegenübersfcehen. Sie wenden vor
allem ein, daß für sie aur längere Zeit
festgelegte Lohnsätze die unentbehrliche
Voraussetzung jeder Kalkulation des Wa-
renpreises, jeder Wettbewerbsmöglichkeit
mit inländischen und vor allem mit aus-
ländischen Firmen, ja jedes soliden Ge-
schäftes sind. Dieser Einwand, der schein-
bar sehr wichtig ist, traf schon vor dem
Kriege nicht zu, und hat auch jetzt jeg-
Seite 2
Die Lohnforderungen der Bauarbeiter
Wichtige Feststellung des Arbeitsministers
Eindrucksvolle Protestkundgebung
Zu etr>er großen gewerkschaftlichen. Kundgebung halten sich am 11. Mai im
Johannishof in Saarbrücken — gemeinsam vom 1. V. Baugewerbe der Einheitsge-
werkschaft und der Gewerkschaft der Christi. Bau- und Holzarbeiter des Saartan-
des auigefordert — die Arbeitnehmer ans der Sauwirtschaft augetodea. Der große
Saal des Johaunisholes konnte die Massen bet wettern nicht fassten. Im Verlauf
der Kundgebung kam der einmütige und entschlossene Wille nun Ausdruck, kein
gewerkschaftliches Mittel unversucht xu lassen, um die katastrophale Lohnlage im
saarländischen Baugewerbe auf schnellstem Wege zu beseitigen. Auf der Kund-
gebung wurde das im folgenden Berich! veröffentlichte Schreiben des Arbeitsmi-
nisters über Lohnabkommen bekanntgegeben, das auch für alle anderen Industrie-
verbände von besonderer Wichtigkeit ist
Die Bauarbeiter der Saarbrücker Beine-
für edn&eizen, daß eine Lahmverekibarung
rechtskräftig werde, wenn man mit dem
be batten am Nachmittag des 11. Mai auf
kurze Zeit ihre Arbeit unterbrochen, um
zu der Protestkundgebung zusammenzu-
kommen. Zu dieser Versammlung war es
notwendigerweise gekommen, weil der Ar-
beitgeberverband in vo ran ge g an g enen
Verhandlungen mit den Gewerkschaften
eine Ablehnung«- und Verzögerungstaktik
fti pfflan.nm ma« hotte. Vor allem hat sich
der Verband darauf berufen wotUen, daß
noch keine gesetzliche Qnadksge für
Loinrverbandiunge n bestünde.
Demgegenüber ist es wichtig festxustei-
len — und das interessiert auch die Ar-
beitnehmer in andern Berufsgruppen
was der Minister für Arbeit und Wohl-
fahrt in einem Schreiben vom 6. Mau auf
eine Anfrage der Einheitsgewerkschaft
dieser geantwortet hat. 4
Das Schreiben des Arbeitsminister»
Dieses Schreiben lautet:
„Es ist an mich mehrfach die Frage
heran getragen worden, ob bis zum Inkraft-
treten des Tarilvsitragsgesetzes Verein-
barungen über Lohne abgeschlossen wer-
den können, Ich weise darauf hin, daß du»
rechtliche Grundlage hierfür in der Ver-
ordnung übe; Lohn- und Gahaiisve: =in-
baruagen zwischen saarländisch m
Gewerkschaften und den Arbeitgebern
vom 2. 3. 1948 (ABL Nr. 17, &. S09) gege-
ben ist. Im § 1 dieser Verordnung beißt es,
daß die anerkannten saarländische n. Ge-
werkschaften als Vertretung der fei ihnen
zosammengeschlossenea Arbeitnehmer u.
Arbeitgeber ermächtigt werden, im Rak-
me.i der gesetzlidhen Bastimmoagan
schriftliche Lohn- und Gehaltsvereinba-
racgen zn treffen- Der Ausdruck „im Rah-
men der gesetzlichen Bestimmungen“ be-
deutet, daß die durch den Staat erlasse-
nen Lohuverfügungen als Minäestbestim-
mungen zu betrachten sind. Diese Vor-
schrift der Eiah.aJfuag der gesetzlichen
Mlade stfc sstimmungen ist auch In dem
kommenden Tarifvertragsgesetz vorge-
sehen.
Auf Grund der genannten Verordnung
sind für verschiedene Wirtschaftszweige
in der Vergangenheit mehrfach Abkorar
men geschlossen, durch mich genehmigt
und im Amtsblatt veröffentlicht worden.
Vereinbarangen über Löhne, sofern die
gesetzlichen Mindestbastimmungen ieinge-
halten sind, werden durch mich möglichst
schnell genehmigt. Beanstandungen hin-
sichtlich der Höhe der Löhne nach oben
sind nicht zu erwarten.
Ich empfehle, insbesondere zur Auf-
rechterhaltung des Arbeitsfriedens, der im
Interesse der Arbeitnehmer und Arbeitge-
ber liegt, mit den Vertretungen der Arbeit-
geber s o f er t in Verhandlungen zu treten
und abgeschlossen« Verträge mir zur Ge-
nehmigung vorzulegen.“
Zu diesem Schreiben hat dar Minister
noch erklärt, er werde sich persönlich do
Aibmtgeberveiband verhandle.
Mithin konnte also von dem Fehlen ei-
ner Grundlage für Tarifverfoanrijtmgen
nicht gesprochen werden. Man kann es
als unverantwortlich bezeichnen, wenn
durch die bewußte Hinauszögerung einer
mehr als berechtigten LohnregeLung eia
Unruhefaktor geschaffen und die Sache
auf die Spitze getrieben wird.
In der Kutte qebung im Johannishof nahm
nach der Eröffnung durch Koll. Jost der
1. Vorsitzen ui des L V. Baugewerbe der
Einheitsgewerkschaft, Kollege Schäfer,
die Gelegenheit wahr, einten genauen Ue-
berblick über die Lohnentwicklung im Bau-
gewerbe zu geben. Er konnte dabei die
Behauptung der Arbeitgeber, sie könnten
kerne höheren Löhne zahlen, glatt wider-
legen. Die Preise für Baumaterialien .seien
gegenüber der Markiert um 200 Prozent
gestiegen, aber auch im gleichen Verhält-
nis die ßauprsis«. Dagegen seien die
Löhne komm 50 Prozent erhöht worden.
Früher habe der Lohmmtei'l am Baupreis
45 bis 50 Prozent betragen, heute betrage
er nur noch 20 bis 25 Prozent.
Die geforderten Lohnsätze
Folgende Lohnsätze müßten jetzt
gefordert werden und dtese Sätze blieben
noch hinter dem zurück, wo* auf Grund
der Baupreise möglich sei:
Gelernte Arbeiter: Maurer, Zimmerer,
Betoribauer, Anstreicher und Steinbrecher
pro Stunde 129 Frs., Pflasterer 140 Frs.,
Steinmauer 135 Frs., Gipser und Stukka-
teure 132 Frs, Bicmroer 118 Frs„ Zimmerer
im Betonbau 126 Frs.
Ungelernte Arbeiter: Erd- und Bauhilfs-
arbeiter pro Stunde 108 Frs.
Poliere una Schachtm erster: monatlich
33 280 Frs. oder pro Stunde 160 Frs.
Die aufrüttelnden und überzeugenden
Ausführungen des Redners fanden ihren
zu«amraengefcrßten Niederschlag in sei-
nen mit lebhaftem Beifall ' quittierten
Schlußworten: „Man soll ja nicht glauben,
wir wären nicht in der Lage, unser Ziel
zu erreichen.“
Kollege Munari, 2. Vorsitzender des
L V. Baugewerbe der EG-, umtemcii-
tete die Versammelten über die mit dem
Arbeitgeberverband gepflogenem Verband-
lungeti. woraus der deutliche Wunsch der
Gewerkschaften ersichtlich war, im Inter-
esse des sozialen Friedens möglichst aut
gütlichem Wege das Ziel zu erreichen.
Doch seien alfe Versuche cm der unnach-
giebigen Haltung der Arbeitgeber ge-
sichert.
Für die Christliche Gewerkschaft sprach
Kamerad Horn. Er hob den überaus zahl-
reichen Besuch der Versammlung hervor
und unterstrich die verfehlte Taktik der
Unternehmer und die Methode der letzten
_____________________________Mat 1950
Jahre, die Preispolitik auf Kosten dar Ar-
beitnehmer durchzuführen. Auch er
drückte das feste Vertrauen aus, daß
das Ziel der Arbeitnehmer erreicht wird
durch feste Organisation und Hand-in-
Hcradarbeäfen.
. Eine lebhafte und ausgiebige Diskus-
sion folgte den mit Beifall auf genomme-
nen Darlegungen der drei Referenten. Hier-
bei wurde mit Fug und Recht drastisch
auf die klägliche Rolfe hmgewaesem, die
die Unorganisierte® spielen. Ein Redner
forderte passiven Widerstand bei Nicht-
gewährung der Erhöhung und weiterer
Verschleppung, Ein anderer verlangte ein
Ultimatum mit St re ikandrohung. Als von
einem Sprecher wieder in Erinnerung gg.
rufen wurde, daß es Stundenlöhne von 63
und 67 Frs, im Baugewerbe für schwer®
Arbeit gibt» da bekam man so recht ei-
nen Begriff für die Hervorhebung, daß die
hier zusammengedrängten und dringender
Klärung entgegensehjenden schaffenden
Menschen ein® in jeder Beziehung diszi-
plinierte Versammlung ab gehalten haben.
Einstimmig wurde dis nachstehende
E nt s chließumg cnna-STjornmen:
EntSs.tiiH.bu n $
„Die am u. Mai 1950 im großen Saal
des Johannishof es zn Saarbrücken ta-
gende Protestvfisrsammiaag der Bauarbei-
ter nimmt Stellung mir Haltung der Ar-
beitgeber verbände m der saarländischen
Bauindustrie gegenüber den berechtigten
Lohnforderungen der Bauarbeiter.
Die Versammlung beauftragt die Leitun-
gen der beiden Gewerkschaften, sofort
erneut an d e Arbeitgeberverbände heran-
zutreten mit deT Forderung auf entgehende
Verhandlungen zur dringend notwendigen
Neuregelung der Löhne im <siqnj> der ein-
gereichten Forderungen, hinter denen die
Versammelten geschlossen stehen und um
die durchzuaetzan sie edles tun werden.
Die in der Nr. 187 vom 1L Mai 1950 der
„Saarbrücker Zeitung" erschienene Notiz
„Profestversammlung der Bauarbeiter und
eine Stellungnahme der Arbeitgeberver-
bände der Bauwirtschaft“ enthält unbe-
gründete Behauptungen, die wir unter Hin-
weis auf das Schreiben des Herrn Ar-
baifsministers vom 6. Mai 1950 entschie-
dest in Abrede steifen.“
Die nächste Ausgabe des „Saarberg-
ban“ ersefeefett infolge techMsdher Schwie-
rigkeiten Anfang Juni.
Jjje teilt mit;
!
‘
Miete I
:UL res»: JLustige Witwe“, Opeueife.
lt Juri; „Dm Maulkofö“, LBstspiei.
Miete 2
1Z Juni; „Poganiaf“.
IQ. Jfflls; Erzählung e»“.
Miete 3
38- Mai; JD&r Roseekaraher“.
Die Varste 1u*g „Fe P.osenkavaffer'“ be-
ginnt um 18-38 Uhr.
Sondervorstellung.
Am 27. Juni finde! einte Sonder vor Stal-
lung; .JPsgtanipj“ für olle MStglldder dar
EG. und Angehörige statt. Preis 118 Frs.
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Die Geschäftsstelle der Einheits-
gewerkschaft Vdf klingen
Poetstraße 21, befiadef sich ob 15. Mal
1950 in Völklingen, BouserStraS* J5,
direkt neben den Kinwer Branstüb’L Die
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An Pfingsten ins Cali JiüMmtai Kurbetrieb
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EDUARD MÜLLER, Merchingen 2
liehen Schein der Bereciitigang verloren.
Um zu kalkulieren, ist nicht nur ertoräer-
lich, die Preise der Löhne zu kennen, man
muß auch die Kosten der Rohstoffe, die
Preise der Verkehrskosten und der Geld-
darlehen berücksichtigen. Nun sind Koh-
le, Benzin, Benzol, Eisen, Kupfer, Zinn;
Nickel, Textilien, Lecfer usw. den aller-
größten Preisschwankungen ausgesetzt,
die oft die Schwankungen des Lohnes bei
weitem übertreffen. Selbst eine vollkom-
men genaue Festsetzung der Löhne wurde
den Unternehmern nicht nützen, weil ade
übrigen Produktionskosten großen
Schwankungen ausgesetzt sind. Anderer-
seits müßte man zur Annahme neigen, daß
die Unternehmer seibs, kein Interesse an
gieichbfeibeaden Löhnen haben, da die-
selben bei ansteigenden Preisen die Lei-
stungsfähigkeit der Arbeitnehmer nur un-
günstig beeinflussen. Die Einheitsgewerk-
schaft begrüßt daher die Federungen der
französischen Gewerkschaften nach Ein-
führung der gleitenden Lohnskala und
schlägt ihrerseits zur Garantierung eines
gleichbleibenden Reallohnes die Einfüh-
rung dieses Lohnsystems auch bei uns
an der Saar vor. Die zu erwartenden Ge-
genargumente der Unternehmer entkräften
wir bereits jetzt, indem wir darauf hin wei-
sen, daß es auch bisher nicht an beweg-
lichen Lohnteilen wie Prämien,^Akkordlöh-
nen mit garantierten Grundlöhnen usw.
fehlte. Auch weisen wir darauf hin, daß
man in England bereite in der z"weiten
Hälfte des vorigen Jahrhundert die glei-
tenden Löhne einführte- Wir sehen in der
englischen shding scale eine gleitende
Lohnskala mit einem beweglichen Lohn-
anteil, der den von den Unternehmern er-
zielten Gewinnen cm gepaßt war. Schon in
der Zeit um 1860 wurden m der englischen
Kahlen-, Eisen- und Baumwollindustrie Ar-
be:tsverixag-e mit gleitenden Lohnskalen
abgeschlossen, die zum Inhalt hatten, die
Löhne entsprechend dem Steigen und Fol-
ien der Verkaufspreise herauf- und herab-
zusetzen. Man wollte damit erreichen, daß
sich Löhne rmd Gewinne paraflei ändern,
v Und noch vor wenigen Tagen wurde
ems Helsinki gemeldet, daß die gleitende
Lohnskala als Ergebnis eines angedrohten
Generalstreiks m Finnland von den Ar-
beitnehmern erzwungen worden ist.
In der amtlichen Lohnregulierung, wie
sie in Australien eingefühxt wurde, läßt
cer Staat die vorgeschriebenen Minimal-
iöhne durch eigens dafür eingesetzte
Srihiedsinstanzen ständig cm die Lebens-
tnhtelpreise anpassen.
Es gibt also schon seit langer Zeit be-
wegliche Löhne, die auch vielfach von den
Industriellen selbst lebhaft befürwortet
werden.
Wie stehen wir uns dun das neue saar-
ländische Lohnsystem vor und was er-
warten wir von der giert enden Lohnskala?
Aus allen Betrachtungen über die Lohn-
politik, die die saarländische Arbeitneh-
merschaft weit mehr als andere im Zuge
der staatlichen und wirtschaftlichen Neu-
bildung «jr'h ergebende Erwägungen in
Anspruch nimmt, ergibt sich die zwin-
gende Notwendigkeit, dfe Arbeitnehmer
von dem Risiko zu entlasten, das die an-
haltende Geldentwertung und die ande-
ren preistreibenden Erscheinungen der
Volks- und Weltwirtschaft immer wieder
von neuem bervorrufen. Jedes andere Ri-
siko, zum wesentlichen Teil crus den glei-
chen Quellen stammend, und die Produk-
tionskosten mindestens ebenso streik be-
einflussend, trägt das Unternehmertum als
eine Last, die es als selbstverständlich
empfindet, weil es sie nicht abbürden
kann. Es wäre ungerecht und widersin-
nig, sollten die Arbeiter, Angestellten und
Beamten das aus der Preisrevolutioaiie-
rang für ihre Lebenshaltung erwach eene
Zeit, in der zahlreiche neue Probleme auf-
tauchen, in der die Weft in manrogfacher
Richtung umgeformt wird, nach neuen For-
men und Methoden streben, um die kör-
perliche und geistige Leistungsfähigkeit
der Werktätigen zu sichern: Deshalb muß
dem Arbeitetertrag neue Gestalt und
neuer Inhalt gegeben werden*. Die Ar-
beitsleistung muß durch eine gesicherte
Kaufkraft garantiert werden. Die Vollwer-
tigkeit der Arbeitskraft kann sch ein»
Volkswirtschaft nur durch die Anpassung
der Gehälter und Lehne an die Ver-
brauchsgüteTpreise sichern. Das ist eia»
Voraussetzung für eine Sicherung der Ar-
beitsleistung. Wer sich detej entgegen-
stellt, trägt mit Schuld an dem Schwanken
der Arbeitskran und der Arbeitsleistung
und bringt ein Moment der Unruhe in den
Produktionsprozeß.
Diese Nachteile für unsere Volkswirt-
schaft werden nur vermieden, wenn nicht
der Geldausdruck der Löhne, sondern ihre
tatsächliche Kaufkraft als das entschei-
dende Moment bei Feststellung von Lohn-
skalen, bei Bestimmung von Zeit- und Ak-
kordlöhnen wirkt. Man muß ganz bewußt
vom Nominal- oder Geidloim zum Real-
John übergehen. Dieser Rsalioha darf
mehr ein sichtbarer Naturallohn sein, aber
er maß als RaaLobn die Möglichkeit schaf-
fen, such trotz aber Preisschwankungen
all das durch Kauf zu sichern, was in
der Naturalwirtschaft zur ausreichenden
Wiederherstellung der Arbeitskraft, zur
genügenden Ernährung der Werktätigen
und ihrer Familien gewährt werden maß.
Wie ist dieses nun erreichbar? Durch
gleitende Löhne, die neben einem beweg-
lichen Teil noch einen festen Teil beste-
ben lassen. Aus der Erkenntnis heraus,
daß schon in normalen Zeiten die Kosten
für die Ernährung drei Fünftel der Aus-
gaben Wirtschaft der Werktätigen crusma-
chen, würde durch die Anpassung an die-
sen Teil der Lebenshaltungskosten schon
ein stark ordnendes. Moment in dis Bilan-
zierung des Haushaltes der Arbeitnehmer
kommen.
Natürlich sind bei der ersten Regelung
sehr verschiedenartige Möglichkeiten ge-
geben. Da die Ausgaben für Ernährung,
Heizung und Beleuchtung rund 60 Prozent
der Gesamtausgaben der Leb cnshaltun ge-
kosten ausmach an, müßten 60 Prozent des
Lohnes und Geholtes zum beweglichen
Lohnanteil gemacht werden. Man kann
bei der ersten Einführung der gleitenden
Lohnskala nur mit rohen Verhäitniszahten
rechnen. Ist aber dieses System erst ein-
mal eingewurzelt, dann wird man zu fei-
neren Unterscheidungen gelangen. Man
soll sich jedoch nicht durch Unmöglich-
keiten stören lassen, daß eins absolute
Genauigkeit und Klarheit der rechneri-
schen Unterlagen bei der ersten Einfüh-
rung des Systems nacht m sichern ist.
Dar Einfachheit halber mußte, um den
Uebergang vom gegenwärtigen Lohnsy-
stem auf das von uns er stiebte zu er-
leichtem und um auch die Widerständ«
der Unternehmer rascher zu äbervrioden,
aut Grand der aiimonatiacben Veröffent-
lichungen der Indexzahlen für Ernährung,
Heizung und Beleuchtung für da« rücklte-
gande Vierteljahr die Anpassung der Löh-
ne an die kommenden drei Monate statt-
finden. Doch könnte man später nach
Einführung des Lohns ystems zsi monatli-
chen Feststetinmgen wie auch zu Voraus-
bestimraungesn der Löhne für den der Fest-
stellung sich anschließenden Monat ge-
langen.
In der Praxis würde sich dies folgen-
dermaßen cmewirken; Nehmen wir einen
Auges teilten mit einem Monatseinkommen
von 20 000 Frs. und einen Arbeiter mit ei-
nem Wochenlohn von 5000 Frs. zur Grund-
lage unserer Betrachtung. Wenn wir 40
Prozent von Gehalt und Lohn als festen
Satz und 60 Prozent als be weglichen Lohn-
anteii betrachten, «o bleibt im Rahmen
des Tarifvertrages der für eine bestimmte
Zeit fesizaseizen ist, beim Angestellten
8000 Frs. «n Monat, beim Arbeiter 2 000
Frs. in der Woche fester Lohnbeetandteil.
Es bleibt dann als beweglicher Lohnanteil
für den Angestellten 12000 Frs. im Mo-
nat, für den Arbeiter 3 000 Pr«. *n der
Woche. Ergeben die Statistiken für Er-
nährung, Kohle, elektrischen Strom und
Gas beispielsweise tm 1. Vierteljahr eine'
Erhöhung der Preise um 20 Prozent gegen-
über dem fetzten. Vierteiljahr des vorange-
gangenen Kalenderjahres, so würde für
das 2- Vierteljahr des laufenden Kalen-
derjahres der bewegliche Teil des Loh-
nes beim Angestellten für den Monat von
12000 Frs. auf 16000 Frs. im Monat und
damit sein Gesamteinkommen auf 24 000
Frs. im. Monat tmiomatmch ohne' jede
Lohnbewegung steigern. Beim Arbeiter
mit WochenJohn errechnet sich der be-
wegliche Lobxuanteii ähnlich. Hier würde
Bür ostenden sind von ß—12.30 Uhr und
von 2—4 Ufer nachm, (außer Samsfngaarf*-
mittagL
die 20pr oze»tige Preässfeagemang «me 20-
prozentige Lohnerhöhung und damit edafe
automatisch© Erhöhung des beweglichen
Lohnanteils von 3 900 Frs. auf 4 DDO Frs.
bewirken.
Die Einführung der gleitenden Löhne
hätte eine wesentliche Vereinfachung des
Lohne ystems zur Folge. Jeder Werktätige
könnte auf Grund, der in den Zeitungen
veröffentlichten Statistiken Ober die Le-
benshaltungskosten im Saariand die rich-
tige Berechnung des neuen Lohnes fest-
stellen und kontrollieren.
Es darf in Zukunft nicht mehr dem nach
reinen Protitinferessee wirtschaftende*»
Unternehmer überlassen bleibe?!, wo und
wie die aus den Arbeitsleistungein -der
Werktätigen stammenden Gewinn ver-
wandt werden. Notwendig und entschei-
dend wird es sein, cm diesen Gewinn«»
die Werktätigen zu beteiligen und damit
die Kaufkraft und den Lebensstandard der
breiten Massen zu erhöhen». Dar erste
Schrift aber hierzu führt nach unserer Mei-
nung über den Abbau des offen Lohng»#.
füges rand Einführung der von was emptoh-
lenen gleitenden Lohnskala.
Wer sich die Gesamtprabtenoatik der
Lohnpolitik vor Angern führt, weiß, welcher
verantwortungsbewußter Arbeit «• bedarf,
um von Gewerkschaffcseeite au» di» not-
wendigen Voraussetzungen für eine wirt-
schafte- und sozialpolitisch, vertretbar©
Lohnpolitik zu schatten. •
Mai 1950
DIE ARBEIT“
Seite 3
DDE
0(1
STIMME OIE IR VERBÄNDE
I.V. Metall
Einstufung und Besoldung
des Werksaufsichtspersonals (Wächter und Torhauspförtner), der Feuerwehrleute,
Kiaftwagenfahrer und Putzfrauen in der Metallindustrie
Am 3. November 1949 wurde zwischen
dem Arbeitgeberverband für die Metallin-
dustrie und den Gewerkschaften eine
Lohnvereinbarung für die obengenannten
Berufsgruppen getroffen, die mit Wirkung
vom 1. November 1949 Gültigkeit haben
soll- Die Vereinbarung ist nun noch wie-
derholtem Drängen unseres Verbandes im
Amtsblatt Nr. 28 vom 10. Mar 1950 erschie-
nen und tritt rückwirkend ab dem ge-
nannten Zeitpunkt in Kraft. Damit ist nun
endlich eine Lücke in der Einstufung und
Besoldung für diejenigen Berufsgruppen
geschlossen, die in der Lohnverfügung 47-
100, die für die Metallindustrie zustän-
dig ist, noch offen stand.
Sieht man zunächst von dem Ergebnis
der Vereinbarung ab, das in diesem oder
jenem Falle nicht voll befriedigt, so war
dennoch die Vereinbarung notwendig,
weil in der Mehrzahl der Betriebe die
Bezahlung nicht nach einer einheitlichen
Grundlage geschah. Die Festsetzung der
Arbeitszeit sowie die Bezahlung der Löh-
ne und Ueberstundenzuschläge wichen in
den einzelnen Betrieben stark voneinan-
der ab. Dieser Mangel soll durch den
vorliegenden Abschluß zunächst als be-
seitigt zu betrachten sein.
Ungünstig in der Vereinbarung ist die
Festsetzung der Arbeitszeit für das Werk-
aulsichtspersonal und die Feuerwehrleute,
soweit sich ihr Diznst nur aut die nackte
Ueueiwachung erstreckt. Der Abschnitt B
der Vereinbarung, Ermittlung des Lohnes,
unterteilt die Arbeitszeit in Anwesenheits-
stunden und sogenannte Leistungsstun-
den. Mit allen Mitteln hatten wir ver-
suche, diese Festlegung in der vorliegen-
den Form zu unterbinden. Leider war
dies nicht möglich, da die Arbeitgeber
sich auf eine Verfügung der französischen
Regierung beriefen, wonach der departe-
mentale Direktor der Arbeit und der Ar-
beitskräfte diese Regelung für das ost-
französische Industriegebiet getroffen u.
in einem besonderen Beschluß festgelegt
hat. War es für uns unmöglich, diesen
Beschluß in seiner Tragweite zu erfassen,
so ließ uns der Schlichter, den wir um
seine Stellungnahme baten, mitteilen, daß
auch er beim Fälllen eines Schiedsspru-
ches dem Sinn dieser Anordnung keine
andere Auslegung geben könnte und er
sich an den Beschluß als gebunden be-
trachtet fühlt. Soweit neben diem Ueber-
wachungsdienst noch zusätzliche Arbei-
ten verrichtet werden, ist die gesamte An-
wesenheitszeit als Dienstzeit zu betrach-
ten und sämtliche geleistete Stunden sind
zu bezahlen.
Einen weiteren Widerstand setzte der
Arbeitgeberverband der Bezahlung der
Sonn- u. Feiertagszuschläge entgegen. Es
bedurfte mehrerer Aussprachen, um sie
davon zu überzeugen, daß in der lothrin-
gischen Metallindustrie diese Zuschläge
bezahlt werden.
Die Dienstalterszulage ist anwendbar
für dasjenige Personal, das im Angestell-
tenverhältnis steht und monatlich besol-
det wird. Nach unseren im lothringischen
Industriegebiet getroffenen Feststellungen
"wird dort das Wächter- und Pförtnerper-
sonal im Monats’ohn besoldet und damit
bezugsberechtigt für diese Zulage. Wir
empfehlen unseren Betriebsräten, sich da-
für einzusetzen, daß die Wächter, Tor-
hauswärter und Pförtner m das Angestell-
tenverhältnis übernommen werden, da
durch diese Vereinbarung die Möglichkeit
gegeben ist.
Der Zuschlag von 5 Prozent, der in der
Hüttenindustrie für die durchgehenden Be-
triebe gezahlt wird, findet ebenfalls An-
wendung für das Weiksaufsichtspersonal,
soweit, es in diesem Kreislauf arbeitet.
Bei den Kraftfahrern unterscheidet man
Lohn- und Gehaltsempfänger. Der Stun-
denlohnempfänger ist nach einjähriger Be-
triebszugehörigkeit ins Angestßlltenver-
hältms zu übernehmen. Die Bezahlung dei
Ueberstunden erfolgt ab der 47. Stunde
mit 25 Prozent und ab der 55. Stunde mit
50 Prozent Zuschlag. Diese Vereinbarung
lehnt sich ebenfalls an eine Regelung an,
die in Frankreich besteht und gesetzlichen
Charakter hat. Für Kraftfahrer, die un-
ter erschwerenden Umständen ihre Arbeit
verrichten müssen, sind Zulagen zu ge-
währen, insbesondere für die Beförderung
von gefährlichem Transportgut, für Holz-
gasfahrer und für Lastkraftwagenfahrer
mit einem oder mehreren Anhängern.
Der Stundenlohn für Putzfrauen ist ein-
heitlich, und zwar für alle Putzfrauen,
einerlei, ob sie täglich acht Stunden oder
weniger arbeiten, auf 56,53 ffrs. festge-
legt, der dem gesetzlich garantierten Min-
destlohn entspricht.
Den Text dieser Vereinbarung haben, wir
bereits in unserem Mitteilungsblatt Nr, 6
vom Dezember 1949 zum Abdruck ge-
bracht. In der Veröffentlichung im Amts-
blatt wird der Text dahingehend ergänzt,
daß neben der Unterscheidung in Anwe-
senheits- und Leistungsständen, bei einer
Anwesenheit von 40 Stunden, dieselben
geichzusetzen sind mit 40 Leistungsstun"
den, die auch zu bezahlen sind.
Von Bedeutung ist, daß mit der Einfüh-
rung dieser Verordnung alle Zuschläge
berufsüblicher Art, die bisher bestanden
haben, davon nicht betroffen werden und
somit weiter ja. Anwendung bleiben. Nach
den uns vorliegenden Unterlagen bedeutet
für die Mehrzahl der Betriebe dieser Ab-
schluß eine Vereinheitlichung der Arbeits-
bedingungen für die betreffenden Berufs-
gruppen. Sollten jedoch in einem Betrieb
auf Grund eines bisherigen Arbeitsver-
trages günstigere Bedingungen bestanden
haben, so bleibt es bei der bisherigen
Vereinbarung. Der Abschluß einer Ver-
einbarung darf in keinem Falle zu einer
sozialen Schlechterstellung führen.
Der Arbeitgeberverband für die Metall-
industrie empfiehlt 5proz. Lohnerhöhung.
Unter dem Datum vom 29, 4. 1950 hat der
Arbeitgeberverband in einem Schreiben
seinen Mitgliedern empfohlen, eine Lohn-
erhöhung von 5 Prozent auf den Effektiv-
lohn zu gewähren, die rückwirkend ab 16.
Februar dieses Jahres zu;r Anwendung
kommen soll. Nicht einzubeziehen in
diese Erhöhung sind die Nachtzulage,
Auslösungssätze, Fahrgelderstattung und
Kleiderzulagen.
Diese Empfehlung kann nicht als eine
mit uns abgeschlossene Lohnverhandlung
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WIR SIND DA!
DIE NEUEN STERNE
DER SEIFENFABRIK
betrachtet werden. Wir haben nach Be-
kanntgaben unverzüglich bei dem Arbeit-
geberverband Einspruch erhoben und um
eine mündliche Verhandiunggebeten.
Unsere Forderungen auf Lohnerhöhung
liegen schon mehrere Monate zurück. In
ständiger Verfolgung der Preisentwicklung
haben wir bereits im Monat Oktober des
vergangenen Jahres um Verhandlungen
nachgesucht, die aber erfolglos waren,
weil nach der Annahme des Arbeitge-
berverbandes die Voraussetzungen für
eine erfolgversprechend« Verhandlung
fehlten. Mit dem Erlaß des Kollektivver-
tragsrechtes in Frankreich wurde eine vor-
läufige Erhöhung von 5 Prozeent auf die
Effektivverdienste in der Metallindustrie
I. V. öffentliche Betriebe
zugestanden, die der Arbeitgeberverband
nunmehr auf Grund unserer Eingaben, an-
gelehni an die Wirtschaftskonventionen,
auch hier seinen Mitgliedern empfiehlt.
Wenn auch das Tarifvertragsgesetz hier
an der Saar noch nicht verabschiedet ist,
so besteht dennoch die Möglichkeit, mit
dem Arbeitgeberverband zu einer Verein-
barung zu kommen, da das Arbeitsmini-
stenum hierzu seine Zustimmung erteilt
hat. Im Rahmen der gesetzlichen Be-
stimmungen ist von den Mindestlöhnen
auszugehen, so daß nach obenhin auf
dem Wege einer freien Vereinbarung
keine Grenzen mehr bestehen. Wir rech-
nen damit, daß wir in den nächsten Ta-
gen zu einer Aussprache kommen wer-
den.
2>uc QenecaloecsamHttimg,
am 17. und 18. Juni 1950 in St. JngUct
Der vor- und aufwärts strebende Mensch lebt sein Leben niemals allein. Er lebt
als Gefährte unter Gefährten; und er weiß, wieviel Pflicht, wieviel Verantwortung
ihm dieses Zusammenleben auferlegt. Aus diesem verantwortungsbewußten Zu-
sammenleben heraus wuchsen Kultur und Zivilisation.
Kultur und Zivilisation schufen uns die Verwaltung, die öffentlichen Betriebe.
Arbeiter, Angestellte und Beamte der Verwaltung und der öffentlichen Betriebe ga-
ben dem Staate, den Gemeinden das Gepräge. Ein Gepräge, das in seinen Zeit-
läufen alle guten und auch schlechten Noten aufzuweisen hätte, wenn die Zeit-
läufe zensiert würden. Die Verwaltung war fast immer ein Kind, ein Spiegelbild
ihrer Zeit, und es kann auch, zum wenigsten in ihren Spitzen, nicht anders sein.
Und so erleben wir auch heute nach diesem großen Zusammenbruch wieder Be-
1 Etrebungen zur Reorganisation unserer Verwaltungen.
Im Verbände der öffentlichen Betriebe sind nun diejenigen versammelt, die mit-
berufen sind, verantwortungsbewußt für das Wohl der Saarbevölkerung eine
gut funktionierende Verwaltung zu schaffen. Derjenige Arbeiter, Angestellte und
Beamte, der die Verantwortung, die ihm das Leben zugeteilt, ganz erfaßt hat, der
wird sein ganzes Ich, sein ganzes Können für die ihm anvertrauten Menschen auf-
wenden. Er wird seine ganz« Arbeitskrait in den Dienst der Allgemeinheit stellen.
Stellt er sich so ein, dann darf er auch vom Staate, von den Gemeinden, von sei-
nen Arbeitgebern erwarten, daß sie ihm und den Seinen erträgliche Lebensbedin-
gungen gewähren, daß er als Mensch gewertet und behandelt wird.
Die zweite Generalversammlung des I. V. Oeffentliche Betriebe wird rückwärts,
schauend Rechenschaft ablegen über das in der Vergangenheit Geleistete, vor-
wärtsbhekead die Richtlinien festlegen für die Aufgaben der Zukunft. Es gilt, die
Belange klar herauszustellen für die im öffentlichen Dienst, in Banken und Ver-
sicherungen Beschäftigten.
Möge diese Tagung in St. Ingbert fruchtbare Arbeit leisten!
Möge sie bei der Regierung und Gemeinden, bei den Banken und Versiche-
rungen auf fruchtbaren Boden fallen!
Möge diese Tagung uns einen harmonischen Ausgleich der gegenseitigen In-
teressensphären bescheren! Das soll Zweck und Ziel dieser Generalversammlung
sein! gez. DELHEID.
Gehaltserhöhung ab 1. April 1950
Achtung Banken- und Sparkassenange-
stellte!
Durch Verhandlungen der Gewerkschaf-
ten mit dem Bedingungsausschuß der Ban-
ken sowie dem Sparkassen- und Girover-
band, wird ab 1. 4. 1950 eine 7prozentige
Gehaltserhöhung eingeführt.
In Frankreich wurde die 7prozentige Ge-
haltserhöhung ab 1. 2. 1950 gewährt. Die
Gewerkschaften haben Verhandlungen
aufgenommen, daß auch im Saarland die
7prozentige Gehaltserhöhung ab 1. 2. 1950
eingeführt wird.
Ueber den Verlauf dieser Verhandlun-
gen gibt die Fachgruppe Banken, Spar-
kassen und Versicherungen der Einheits-
gewerkschaft nach Abschluß das Resul-
tat sofort bekannt.
Urlaubsbeihilfe für Banken- und Sparkas-
senangestellte.
Die Gewerkschaften haben dem Bedin-
ungsausschuß der Banken sowie dem
parkassen- und Giroverband mitgeteilt,
daß der Bankensektor in Frankreich die
Urlaubsbeihilfe für das Jahr 1950 in der
gleichen Höhe wie im Vorjahre gewährt.
Der Bedingungsausschuß — sowie der
Sparkassen- und Giroverband haben da-
raufhin beschlossen, auch im Saarland für
das Jahr 1950 die Urlaubsbeihiife wie im
Jahre 1949 zu gewähren.
Achtung, Versicherungsangestellte!
Die Verhandlungen der Gewerkschaf-
ten mit der Berufsvereinigung der Versi-
cherungsangesteilten, die im Saarland tä-
tig sind, wegen Zahlung einer Urlaubsbei-
hilfe für das Jahr 1950, sind noch nicht
abgeschlossen, da durch die Berufsver-
einigung erst die Feststellung getroffen:
wird, wie hoch sie in Frankreich gezahlt
wird.
Achtung, Versicherungsangestellte der
Vorläufigen Verwaltung!
In einer kurzen Verhandlung der Ein-
heitsgewerkschaft, Fachgruppe Banken,
Sparkassen und Versicherungen beim Ho-
hen Kommissariat, mit dem Herrn Präsi-
denten der Vorläufigen Verwaltung der
Versicherungsgesellschaften, Provinzial
Feuer und -Leben, Volksfürsorge, Vo.ks-
hiife, Terra-Leben, Bayern und Volksbu i:'t
erfolgte durch den Herrn Präsidenten d e
Zusage, daß auch für das Jahr 1950 die
Urlaubsbeihiife in. der gleichen Höhe wie
in Frankreich gezahlt wird.
i, V. Verkehr und Transport
Die Lohnverhandlungen der Gewerkschaften
Um zu einem praktischen Ergebnis zu
kommen und die durch die Spannung zwi-
schen Löhnen und Preisen längst beding-
ten Lohnerhöhungen zu erzielen, haben
die Gewerkschaften mehrere Verhandlun-
gen mit den zuständigen Stellen der Ar-
beitgeber und Verwaltungen geführt.
Am Montag, dem 15. Mai, hat unter
anderem eine Verhandlung der Gewerk-
schaftsvertreter für I. V. Verkehr und
Transport mit Vertretern des Aufsichts-
rats der Straßenbahn Saarbrücken statt-
gefunden. (Die Gewerkschaftsvertreter
forderten für alle Arbeitnehmer eine
Lohn zu läge pro Monat von 3000 Frs., rück-
wirkend ab Januar 1950.
Diese Erhöhung soll solange Gültigkeit
haben, bis durch einen endgültigen Tarif-
vertrag eine Dauerlösung festge.egt wird.
Der Bürgermeister von Saarbrücken als
Aufsichtsratsvorsitzender hat in Verfolg
dieser Verhandlungen für Dienstag, den
22. Mai, eine dringliche Aufsichtsratssib-
2?ung einberufen, um dabei zu den Lohn-
forderungen Stellung zu nehmen.
Wir gauben annehmen zu können, daß
die zuständigen Stellen im großen und
ganzen die Berechtigung der gewerk-
schaftlichen Forderungen nicht abstreiten,
und es ist daher wohl mit einer Stimmen-
mehrheit für die vorläufige Lohnrege’ung
zu rechnen. Diese Lohnregelung wird ei-
nen Personenkreis von etwa tausend al-
lein bei der Straßenbahn Saarbrücken um-
fassen.
Der Geschäftsführer des I. V. Verkehr
und Transport, Klaus Heinz, hatte bereits
am Mittwoch, dem 17. Mai, eine Bespre-
chung mit der Direktion und dem Betiiebs-
rat der Straßenbahn m Neunkirchen.
Auch in Neunkirchen wird der Aufsichts-
rat der Straßenbahn bald zusammentre-
ten, um zu denselben Lohnforderungen
wie in Saarbrücken Stellung zu nehmen,
und auch hier dürfte mit einem positiven
Resultat zu rechnen sein.
Die Lohnverhandlungen bei den Stra-
ßenbahnen Saarlouis und Völklin-
gen sind für die kommende Woche vor-
gesehen, und auch hier wird man sich der
Notlage der Arbeitnehmer und damit dsh
Lohnforderungen nicht verschließen kön-
nen.
Kollege Klaus Heinz wird in den näch-
sten Tagen auch an den Arbeitgeberver-
band des Transportverbandes sich wen-
den, um ebenfalls die gleiche Lohnforde-
rung zu erheben. Es handelt sich hierbei
vor allem um die Kraftfahrer bei denSpe-
ditions- und Transportunternehmen. (Wir
verweisen bei den gestellten Lohnforde-
rungen. des I. V. Verkehr und Transport
aut das Schreiben des Arbeitsministers
auf Seite 2 dieser Ausgabe.)
Seite 4
Hai 1950
„DIB ARBEIT“
Die Konsumgenossenschaft ASKO
ein wichtigei Teil unseiei saarländischen Wirtschaft
V* „ war dar Verbraudttr bisher ln der Wirtsdteft? — Nldits.
W« rollt« «r «In? — Alt«*.
Di« Gemeinsdwft ist für ihn de.
Zweck und Ziel de* wirts<h«Widi*n G«*di«h«M 1*1 d«r Verbrauch;
df« Produktion !*t nur da*
Charta* Gida
ftoftnot am C»U*«a da Franca
Beim Lasen das Ge-
schäftsberichts 1949,
den di« Konsumge-
nossenschaft ASKO
Saarbrücken v« kur-
zem veröffentlichte,
hat uns dar neben-
stehend abgedruckte
Ausspruch auf. Uns
scheint, daß da«
Unternahmen sich die-
sen Ausspruch eines
in der Genossenschaftsbewegung sehr
bekannten Mannes zur Richtschnur seine*
Handelns gemacht hat: Dem Verbraucher zu
dienen und ihm zu verhelfen, die Stelle ln der
Wirtschaft einzunehmen» die ihm gebührt
Wer sind nun die Träger dieser „alten*
Konsumgenossenschaft, die im nächsten Jahr
Ihr 70-jähriges Bestehen feiern kann? — Au*
dem Geschäftsbericht entnehmen wir die Ant-
wort di« nur den überrascht der über ge*
nossenschaftiiche Dinge wenig unterrichtet i*ti
26 *83 saarländische Familien
haben sich in der Genossenschaft zur Förde*
rung ihrex Hauswirtschaft zusammen geschlos-
sen. Die berufliche Aufgliederung dieser Men*
sehen möge da« nachstehende Schaubild ver-
deutlichen, das wir dem Geschäftsbericht ent-
nehmen.
Gliederung der Mitglieder nach Berufsgruppen
Wenn mau in Bedacht zieht daß jedes Mit-
glied der Genossenschaft eine Familie ver-
körpert so wird man wohl nicht fehl gehen,
wenn man die Zahl der von der Konsumge-
nossenschaft ASKO Saarbrücken versorgten
Menschen mit über 100 000 annimmt
Seit der Wiederaufnahme ihrer Geschäfts-
tätigkeit nach dem Kriege hat die Genossen-
schaft einen steten Zustrom von Mitgliedern m
verzeichnen. Die nachstehend dem Geschäfts-
bericht entnommene Zeichnung vermittelt von
dem Anwachsen der MitgUederzahl eine gut«
Vorstellung.
MitgUederstand seit der Wiedergründimg
W» wir erfahren, ist dis Mitgliederzahl ht
den ersten 4 Monaten des Jahres 1950 bereits
Schon auf 29 000 angestiegen.
Sacht man nach den Ursachen für dae
durch diese Zahlen bewiesene Vertrauen, dae
unsere Bevölkerung dem genossenschaftliche«
Unternehmen «ntgegenbringt, so gibt der Ge-
schäftebericht beim aufmerksam«! Lesen di«
Antworten hierauf. Wir werde« daher im Nach-
folgenden den Geschäftsbericht möglich** selbe!
sprechen lassen.
Restaurant „Treff # punkt“
SAARBRÜCKEN 3 * DUDWEILERSTRA38E »3
Ink.: LAND-SCHMITT SEPP
bringt den Vereinen u. Gewerkschaften seinen modern eingerichteten
300 Personen fassenden
Versammlungs- Saal
Erinnerung.
Die verschiedenes Betrieb« der Genossen-
schaft, nämlich
das Zentral Warenlager,
die Großbäckerei,
die Konditorei,
dt« Teigwarentorbrlk und
dt« K«U«r«i
beliefern mit einem Autopark von 20 Last-
kraftwagen
di* 127 Verkaufsstellen der Genossenschaft,
die über da* ganze westliche Saarland ver-
streut sind und in denen dis Mitglieder alle«
kaufen können, was sie für den täglichen
Gebrauch benötigen.
hi diesem Zusammenhang verdienen di«
Umsätze, die in den 127 Verkaufsstellen er-
zielt werden konnten, eine besonder« Be-
achtung.
Die Omsatzentwicklung
wo&mtmmx.
194-8
IM DAHfiF 194-9
3AN. FEB MÄR! APR MM 3UN» 3U4I AU6 S£PT 0KT KO* OEZ
Die graphische Darstellung zeigt daß der
durchschnittliche Monatsumsatz, der in 1948
bei etwa 95 Millionen Franken lag, in jedem
Monat des Geschäftsjahres 1949 überschritten
worden ist Die Kurve zeigt außerdem einen
steten Umsatzanstieg, der das ganze Jahr über
anhielt Der Monatsumsatz im Jahre 1949 be-
trug im Jahresdurchschnitt 134 Millionen Frs.
Der Verkaufsstellen-Umsatz bat betragen
im Jahre 1940 l 143 954 803.— Frs.
im Jahre 1949 1 611 832 366.— Frs.
da« i«t also ein« Steigerung von 40,9 ö/b.
Eine so günstige Umsatzgestaltung war nur
möglich bei einer sorgfältig ausgewogenen
Preispolitik.
Wie weit die Auffassungen der Geschäfts-
leitung des ASKO mit unseren gewerkschaft-
lichen Auffassungen über Preise und Löhne
ü bere ins timmen, zeigen nachfolgende Ausfüh-
rungen des Berichtes:
„Wenn auch die Vollbeschäftigung in fast
allen Zweigen unserer saarländischen Wirt-
schaft jedem Arbeitswilligen ein sicheres
Einkommen gewährleistet, so ist es aber
doch eine nicht hinwegzuleugnende Tatsache
daß das Auskommen dagegen für viele
unserer Familien weniger gesichert ist Die
Gesamt-Lebenshaltungskosten (Ernährung, Be-
kleidung, Hausratbedarf usw.) sind insge-
samt für die Verbraucherschaft zu hoch.
Löhne und Preise sind also nicht ausge-
glichen. Dabei sind die Kosten der Ernäh-
rung noch am ehesten den Einkommens-
Verhältnissen angepaßt, aber schon die Auf-
wendungen für Wäsche. Bekleidung und Möbel
stehen in einem krassen Mißverhältnis zum
Einkommen des Festbesoldeten. . . . Vom
Standpunkt der sozialen Sicherheit ist es auf
die Dauer untragbar, das augenblickliche
Lohnniveau,' das etwa 75,ra des Vorkriegs-
standes erreicht weiter bestehen zu lassen."
Es ist ein Wesensmerkmal des konsumge-
nossenschaftlichen Unternehmens, daß der aus
der geschäftlichen Tätigkeit erzielte Ge-
winn restlos wieder den Mitgliedern zugute
kommt, und zwar in Form der jährlichen
Rückvergütung
Die Bilanz weist für das Jahr 1949 einen
Reingewinn aus in Hobe von Frs. 76 545 297.52.
Lieber die Verteilung dieses Gewinnes sagt der
Bericht folgendes:
a) Den ASKO-Mitgliedern wurde auf ihre
Einkäufe, die sie im Jahre 1949 mit der
Genossenschaft erzielten, eine Rückver-
gütung in Höhe von 5°/e
gewährt = Frs. 70 000 000.—
b) dem gesetzlichen Reserve-
fonds der Genossenschaft
, werden überwiesen Frs. 4 000 000.—
c) dem freien Reservefonds
werden zugeschrieben Frs. 2 545 297.52
zusammen: Frs. 76 545 297,52
Wenn der eine oder andere Gewerkschaft-
ler sich vielleicht fragen sollte, warum wir
dem Geschäftsbericht des ASK.O einen so
großen Artikel widmen, so können wir hm
darauf antworten: Die Konsumgenossenschaft
ASKO ist eine gemeinnützige Einrichtung zum
Wöhle der Schaffenden an der Saar. Während
die Gewerkschaft um bessere sozialpolitische
Bedingungen für den Arbeitnehmer kämpft, be-
müht sich die Konsumgenossenschaft um eine
Besserstellung der arbeitenden Bevölkerung in
ihrer Hauswirtschaft. Beide. Gewerkschaft und
Genossenschaft, verfolgen also das gleiche
Ziel einer sozialen Besserstellung der Be-
völkerung mit verschiedenen Mitteln. Wenn da-
her die beiden Organisationen gute Bezie-
hungen zueinander pflegen, so kann das für
den Arbeitnehmer nur nützlich sein.
KONSUMGENOSSENSCHAFT
MAM48EN
Mai 1950
.DIE ARBEIT**
Seite 5
junge ffieoerkfdiofllec
i>as Jugendsekretariat
bei Arbeitsministei Kim
Kürzlich hatte das Jugendsekretariat
der Einheitsgewerkschaft eine zweistün-
dige Aussprache mit dem Minister für
Arbeit und Wohlfahrt, in deren Verlauf
eine ganze ReihJe wichtiger Fragen be-
züglich des neuen Jugendarbeitsschutzge-
setzes, der Gewerbeordnung, der Berufs-
ausbildungsfragen, der Erziehungsbeihil-
fen und des Jugendarbeitsrechtes behan-
delt wurden.
Das Ergebnis dieser Aussprache, die in
einem erfreulichen Geiste geführt wurde,
darf als zufriedenstellend bezeichnet wer-
den. In verschiedenen Eingaben wurden
unsere Anregungen und Forderungen dem
Ministerium unterbreitet. Wir hoffen, daß
wir bald in der Lage sein werden, über
den Erfolg dieser Eingaben berichten zu
können.
Das neue Jugendarfeeitsschutzgesstz
in Kraft
Es besteht Veranlassung, nochmals dar-
auf hinzuweisen, daß seit dem 1. 1. 1950
das neue Jugendarbeitsschutzgesetz in
Kraft ist.
Wir werden jedoch erst nach erfolg-
ter Veröffentlichung der genauen Durch-
führungsbestimmungen, die noch einige
Besprechungen notwendig machten, zu
den einzelnen Pharagraphen Stellung neh-
men.
Vorweg sei gesagt, daß der Berufs-
schultag als voll geleisteter Arbeitstag
gilt und deshalb auch voll zu zahlen ist.
Gewerbelehrerverband
des Saarlandes gegründet
Wie uns der 1. Vorsitzende des Ge-
werbelehrer-Verbandes des Saarlandes,
Herr L. Dehnen, mitteilte, haben sich
die Gewerbelehrer und Gewerbelehrerin-
nen, sowie die Werkschullehrer des Saar-
landes zu einem Verband zusammenge-
schlossen.
Der Verband, dem sich bereits 80 "/o der
Lehrer angeschlossen haben, hat sich als
Hauptziel die Förderung der Hauswirt-
schaftlichen und Berufsschulen, sowie der
Werkschulen gesetzt. Er möchte in seiner
Arbeit in enger, vertrauensvoller Fühlung
mit den Organisationen der Wirtschaft
bleiben und bittet deshalb, die Mitarbeit
bei der auch uns am Herzen liegenden
Förderung des beruflichen Schulwesens
in Anspruch nehmen zu wollen.
Das Jugendsekretariat begrüßt die
Gründung dieses Verbandes und wünscht
ihm in seinen Arbeiten vollen Erfolg.
Mit Freude nehmen wir das Angebot
enger Zusammenarbeit an und hoffen, auf
diesem Wege für die Zukunft unserer Ju-
gend gute Ergebnisse erzielen zu kön-
nen.
Das Jugendsekretariat wird vor allem
bei der Schaffung eines Entwurfes zum
Berufsausbildungsgesetz die Erfahrungen
der Mitglieder des Gewerbelehrerverban-
des in Theorie und Praxis zu schätzen
wissen und diese wertvollen Kräfte an
der Ausarbeitung des Entwurfes interes-
sieren und zu Rate ziehen*
Konstituierende Sitzung
des Ausschusses für kaufmännische und
gewerbliche BerufsausbTdung.
Die „Mitteilungen der Industrie- und
Handelskammer des Saarlandes“, Heft 9
vom 5. Mai 1950 berichten von der kon-
stituierenden Sitzung des Ausschusses für
kaufmännische und gewerbliche Berufs-
ausbildung im Rahmen der Industrie- und
Handelskammer des Saarlandes.
Der Ausschuß darf nicht verwechselt
werden mit dem von dem Juqendsekreta-
riat geforderten „Berufsausbildungsaus-
schuß.“
Diese Feststellung darf jedoch nicht als
eine Ablehnung des soeben gebildeten
obengenannten Ausschusses gewertet
werden.
Im Gegenteil: Wir freuen uns, daß die
Kammer sich so intensiv mit den so wich-
tigen Fragen der Berufsausbildung be-
faßt und wünschen dem Ausschuß, der
unter dem Vorsitz von Herrn Köhl steht,
vollen Erfolg bei seiner Arbeit.
Da wir als Gewerkschaft zu sämtlichen
Prüfungen im Bereich der Industrie- und
Handelskammer eingeladen werden, ist
die Gewähr einer guten Zusammenarbeit
gegeben.
Arbeitstelle
für kaufmännische und gewerbliche Be-
rufsausbildung im Saarland.
Der von uns geforderte „Berufsausbil-
dungsausschuß“ wird den Namen „Ar-
beitsstelle für kaufmännische und ge-
werbliche Berufsausbildung“, der ein rei-
werbliche Berufsausbildung im Saarland"
tragen.
Zum Unterschied von dem „Ausschuß
füür kaufmännische und gewerbliche Be-
rufsausbildung“, der ein reiner Unterneh-
merausschuß ist, wird die „Arbeitsstelle“
ein Organ des WirtschaftsministeriumF
sein und amtlichen Charakter haben.
Alle interessierten Kreise sind in die-
sem Gremium vertreten, selbstverständ-
lich auch die Gewerkschaften. Man hofft,
daß die „Arbeitsstelle“ noch im Juni zu
ihrer konstituierenden Sitzung zusammen-
treten kann. Eine entsprechende Eingabe
wurde von uns an das Wirtschaftsministe-
rium geleitet. Sobald die Satzungen ver-
abschiedet sind, werden wir über die
Aufgaben der „Arbeitsstelle" berichten.
Gewerkschaft und Kriegsgefangenenfrage
Kolleginnen und Kollegen I
Vor einigen Tagen horchte die Welt auf bei der Verkündung des amtlichen
sowjetischen Nachrichtenbüros TASS' wonach sich in- Rußland außer rund
11 000 Verurteilten, keine deutschen Kriegsgefangenen mehr befinden.
Diese Nachricht löste begreiflicherweise eine Welle der Empörung aus, insbe-
sondere in den Familien, die noch einen oder mehrere Angehörigen aus Rußland
erwarteten.
Der Jugendsekretär der Einheitsgewerkschaft sprach am 14. 5. 1950, dem Mut-
tertag, besondere jenen Frauen und Müttern, die von dieser Schreckensnachricht
getroffen wurden, die herzliche Anteilnahme der Gewerkschaft an ihrem tragi-
schen Schicksal aus.
Er führte in seiner Rundfunkansprache „Wir gedenken unserer Mütter“ hierzu
u. a. folgendes aus:
„Manche Träne wird besonders in diesem Jahre in der Heimat und in der
weiten Feme fließen wegen der Trennung, die nun schon jahrelang andauert.
Wieviele Frauen warten noch auf die so lang ersehnte Heimkehr ihres Gat-
ten, damit sie endlich nicht mehr die schwere Bürde des Alleinseins mit all sei-
nen Auswirkungen zu tragen hätten;
wieviele Mütter sahen ihre Söhne und Töchter hinausziehen aus dem Eltern-
haus in eine kalte Fremde, in der oft genug der Tod auf sie wartete;
wieviele Mütter wissen heute noch nicht, wo sich ihre lieben Kleinen be-
finden, die ihnen auf dem großen Zug des Elendes und der Unmenschlichkeit
als Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus ihrer Obhut entrissen worden sind;
und endlich: Wieviele Tausende und abermals Tausende von Frauen und Müt-
tern brachen vor wenigen Tagen innerlich und äußerlich, seelisch und körper-
lich, fast zusammen unter der Last einer Nachricht, die nur der in ihrer ganzen
Furchtbarkeit verstehen kann, dessen Herz sich noch mit letzter Kraft an die Hoff-
nung einer möglichen Heimkehr des Gefangenen oder Vermißten an das treue
Mutterherz und in den Kreis der Familie geklammert hat.
Wie Faustschläge in das eigene Gesicht der Verkünder wirkte diese Nach-
richt, die in der ganzen Kulturwelt einen Aufschrei der Empörung erwecken mußte,
und stellte jeden einzelnen vor die Frage, ob er noch länger mit geschlossenen
Augen einer so gestalteten sogenannten „Politik des Friedens“ die Ohren öffnen
kann.
Unsere Gedanken sind daher heute gerade bei den Müttern und Frauen,
die sich nach jahrelangem Warten nunmehr vor eine derartige amtliche Mel-
dung gestellt sehen. Wir fühlen mit Euch, ihr Tapferen und Schmerzgebeugten
so weit es uns menschlich überhaupt möglich ist.
Wir rufen aber auch diejenigen auf, die eigentlich eine bessere Wirkungs-
möglichkeit haben müßten als wir, sich einmal in diesem Sinne für die Befrie-
dung Deutschlands, des Saarlandes und auch auch anderer Völker Europas ein-
zusetzen, indem sie zusammen mit allen gesitteten Menschen gegen jene Unge-
heuerlichkeit in aller Osffentlichkeit protestieren, anstatt noch nach Entschuldif-
gungsgriinden zu suchen.
Man sage uns nicht, daß uns das als Gewerkschaft nichts angeha. Wir den-
ken nämlich auch an die Verhältnisse sozialer und wirtschaftlicher Art, die durch
eine solche Ungewißheit l^eileibe nicht gebessert werden.“
Jugendausschuß des I. V. Bergbau schafft Klarheit
Das Jugendsekretariat teilt mit:
Bekanntlich wurde dem Jugendsekretär der Einheitsgewerkschaft, Koiiege Rudi
Blaß, auf dem Jugendkongreß des I. V. Bergbau am Schlüsse des Kongressesauf
Antrag eines Teilnehmers mit Stimmenmehrheil das Mißtrauen ausgesprochen.
Da dem Kollegen Blaß einerseits bisher eine klärende Stellungnahme inner-
halb der Jugend des I. V, Bergbau persönlich nicht möglich war, andererseits j*-
doch die gesamten von außen in die Gewerkschaft hineingetragenen unsachlichen
Diskussionen und Angriffe in einer gewissen Presse und in der Oeffentlichkeit ge-
eignet waren, sich gewerkschaftsschädigend für unsere zukünftige Jugendarbeit
auszuwirken, hatte der Lcmdesjugendausschuß des I. V. Bergbau zu seiner ersten
Sitzung den Kollegen Blaß, hinzugezogen, um die Angelegenheit genauestens zu
überprüfen und einer Klärung entgegenzuführen.
Nach mehrstündiger eingehender Aussprache, die im echten Gewerkschafts-
geist verlief, veröffentlicht der Landesjugendausschuß des I. V. Bergbau mit 11
Stimmen gegen 1 Enthaltung folgendes Kommunique:
Der Landesjugendausschuß des I. V.Bergbau, zusammengetreten zu seiner er-
sten Sitzung am 14. 5. 50 im Gewerkschaftshaus zu Saarbrücken, geht aus von
der Erwägung, daß eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Jugendsekreta-
riat d£r Einheitsgewerkschaft zur Erfüllung dar allgemeinen Gewerkschaftsarbeit
in Zukunft notwendig ist und erklärt, daß er daher auch unter allen Umstand m
nach Klärung verschiedener Mißverständnisse unter Wahrung der satzungsgemä-
ßen Souveränität des Verbandes mit dem Jugendsekrefariat, sow e mit dem Jugsnd-
sekretär der Einheitsgewerkschaft, Kollege Rudi Btefl, srus-amme^UTrbeiten ge-
willt ist.
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Hauptbüro Saarbrücken, Alleestraße 44
Industrie und Handelskammer
anerkennt Notwendigkeit des Berufsaus-
bildungsgesetzes.
In einem besonderen Merkblatt „Auf-
gabe und Tätigkeit der Abteilung Be-
rufsausbildung und Sozialwirtschaft der
Industrie- und Handelskammer des Scar-
landes“ wird nach sehr aufschlußreichen
und erfreulichen Ausführungen über die
Tätigkeit der Kammer auf dem Gebiete
der Berufsausbildung zum Berufsausbil-
dungsgesetz wie folgt Stellung genom-
men:
„... Nun wäre es — wie billigerweise
zugegeben werden muß — eine starke
Zumutung vor altem für die große Zahl
der Mittet —, Kleine und Kieinstbetriebe,
„Spezialisten“ für die Bearbeitung sol-
cher oder ähnlicher damit zusammenhän-
gender Fragen (gemeint sind die Fragen
des Jugendarbeitsrechtes, Ausbildungs-
rechtes, Jugendarbeitsschutzgesetz usw.
D. Red.) zu unterhalten. Aber gerade des-
halb darf es als eine wichtige Aufgabe
der Kammer betrachtet werden, Bera-
ter und Wegweiser durch das auf
den ersten Blick als sehr kompliziert und
unübersichtlich empfundene „Gewirr der
Pharaoraohen“ zu sein.
Die Hoffnung ist nicht unbegründet, daß
das zur Zeit im Stadium der Vorbereitung
sich befindliche BerufsausbiJdungsgesefz
zugleich eine bisher entbehrte umfassen-
dere Kodifizierüng des sporadisch zer-
streuten Jugendausbildungsrechtes brin-
gen wird.“
Das Jugendsekietariat der Einheitsge-
werkschaft glaubt, in obigen Ausführun-
gen die Bestätigung und somit Anerken-
nung seiner Bestrebungen erblicken zu
dürfen, zu einem Berufsausbiidungsge-
setz zu kommen.
Es ist für das Sekretariat selbstver-
stänalich, bei Beibehaltung einer in allen
Beiuisausbitdur-gslragen vonseiten der In-
dustrie- und Handelskammer geübten ab-
soluten Objektivität auch mit Freuden und
aus dem echten gewerkschaftlichen Ver-
antwort ungsbewußtsein mit der Industrie-
und Handelskammer in allen diesen Fra-
gen auf das Engste zusammenzuarbeiten,
um somit gemeinsam dem Wohle unserer
schaffenden Jugend zu dienen. In Fragen
der Berufsausbildung haben bereits zahl-
reiche Besprechungen mit Herrn Dr. Bern-
hard stattgefunden, die zu einem positi-
ven Ergebnis führten.
Demokratie und Freiheit!
In den Demokratien kann zwar das
Volk scheinbar tun, was es will; allein die
po’itische Freiheit besteht nicht darin, tun
zu können, was man will. In einem Staats,
das heißt in einer Gesellschaft, wo es Ge-
setze gibt, kann die Freiheit nur darin be-
stehen, tun zu können, was man wollen
darf, und nicht gezwungen zu werden,
das zu tun, was man nicht wollen darf.
Man muß sich darüber klar werden,
was Unabhängigkeit und was Freiheit
ist. Die Freiheit ist das Recht, alles tun
zu dürfen, was die Gesetze erlauben; und
wenn ein Bürger tun dürfte, was sie ver-
bieten, so würde die Freiheit aufhören,
weil dis andern ganz dieselbe Befugnis
hätten.
(Auszug aus „Der Geist der Gesetze,
Buch XI, Kapitel 2 und 3 von Montes-
quieu, welcher im Jahre 1755 starb).
Ausflugsgaststätte t'ty MERZIG
In unmittelbarer Bahnhofsnähe • Höhenlage « Herrliche Aussicht
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Seite 6
„DIE ARBEIT"
Mai 1950
Revue der Schaffenden in Völklingen
Unter den frohen Walzerklängen dreier
Stimmungskapellen begann der große ..Bunte
Abend“ der Einheitsgewerkschaü am 1. Mai
in der Turnhalle Völklingen. Hunderte von
Schaffenden mit Ihren Angehörigen erfreuten
sich eines reichhaltigen Programms, das sie
alle ohne Ausnahme in bester Laune ver-
setzte. Vortrefflich waren die Darbietungen
des MG. „Eintracht“ und der Jugendgruppe der
E. e. Völklingen und besonders die Solotänze
Hierbei verdient die Landesmeisterin im Tur-
nen. Gisela Jochurn. besonderer Erwähnung,
das waghalsige, aber gut gekonnte Leiter-
turnen, einige Akrobatik- und Artislenstück-
chen,' sowie der Balanceakt zeugten von dem
hohen Stand des Turn- und Spielvereins Völk-
lingen. Auch der Walzertanz der Rosalinde
Schwarz war sehr ansprechend. Die musi-
kalischen Darbietungen der Kapelle wurden
mit Dank aufgenommen. Mit dem „Tanz der
bösen Buben" ist ein kleines Bravourstück-
chen aeboten worden. Raffiniert aufgelührf
wurde der Einakter „Hallo Baby“ der an
Kraftproben alles bisher Dagewesene Tn den
Schatten steifte. Organisation, Programmge-
staltung und Ansage lag in den Händen un-
seres Kollegen Friedrich Rink. Alles in allem
war es ein wirklich schöner Abend, der den
Schaffenden noch lange als würdiger Ab-
schluß des 1. Mai 1950 im Gedächtnis haften
bleiben wird. — An dieser Stelle sei den
Kolleginnen und Kollegen, sowie dem Man-
nergesangverein „Eintracht“, dem Turnverein
usw. nochmals herzlichst gedankt für ihre
freundliche Mitwirkung.
30jährige Betriebs- und Gewerkschafis-
zugehöngkeit.
Der Kollege Wilhelm Blechschmidt ist
am 25. Mai 1950 30 Jahre bei der Firma Fürst-
Söhne in Homburg beschäftigt. Als Schlos-
ser hat er seine Laufbahn begonnen, untf
heute ist der gut geschulte Handwerker zum
Bcuiebsassistenten aufgerückt. Vor 30 Jahren
ist der junge Schlosser Blechschmidt dem
Deutschen Metailarbeilerverband beigetreten
Im Jahre 1945, als die Einheitsgewerkschaft ge-
gründet wurde, war er Gründungsmitglied und
übernahm im Betrieb den ■•Posten als Obmann
ries vorläufigen Behiebsausschusses. Heute
steht er als Funktionär in der Gewerkschafts-
bewegung und vertritt im Betrieb als zweiter
Beauflrgter des Betriebsrates seine Kollegen
Immer wenn in der Gewerkschaft schwierige
Fragen zu lösen sind, ist er dabei, um
Schwierigkeilen zu beseitigen, zu helfen. Die
Geschäftsstelle Homburg des I. V. Metall
wünscht dem Jubilar noch lange Gesundheit
und tatkräftiges Mitarbeiten in der Gewerk-
schaftsbewegung.
Matthias Ludwig Schroeder, der Schriftstel-
ler der Arbeit und der Kameradschaft, ist im
Alter von nur 46 Jahren in Hilden bei Düssel-
dorf gestorben. Schxoeder ist im Saarland
geboren. 1904 kam er in Saarbrücken
als Sohn eines Arbeiters zur Welt. Nach Er-
lernung des Installationshandwerks war er
in vielen Gegenden Deutschlands in Arbeit.
Fs war Heinrich Lersch, der auf sein Talent
aufmerksam wurde, un es zeigte sich daß
Schroeder schriltslelleiisch hervorragend be-
gabt war. Von ihm stammen eine ga.ize Reihe
besonders humorvoller Geschichten und Roma-
ne, die gerade für die Mußestunen des ar-
beitenden Menschen geeignet sind.
Hier baut die Baugenossenschaft Saarland
1 E ialthasar Huppert, Bauunternehmung GUDINGF 'l-SAAR Jühlerstraße 154 ) elefon Nr. 49 66
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Die Neubauten sind ein Teil der von der Baugenossenschaft Saarland auf der
Unner in Güdingen vorgesehenen großen Siedlung. Diese mustergül ig-en Eigen-
heime sind nach den Plänen des Brebacher Architekten Willi Morgen errichtet
worden. Sie sind erst ein Teil der Gesamtsiedlungen, die vorerst fünfzig Woh-
nungen umfassen wird.
In der nächsten Aus. werden wir über den Stand und weiteren Gang
der Siedlungsbauten berichten. So auch über die Projekte in Saarlouis, Dillingen,
Rehlingen, Wiebelskirchen, Ottweiler, Sulzbach, Homburg, Scheidt, und Fechingen.
^\\L|l!lllllllllllffflHf!lllllllffillillllf!lllll!lllltllllll}lllllllllllllllll}llillllHlllliillllllllllllllllllllll!IIIIHIIIIilllllllllllllllllllllillll|llllllllllllllllllllllfllllllllllIIIII!llll!l///^;>
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Mai 1950
u
DIE ARBEIT“
Seite 7
Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer
Die Grundlage des Betriebsrätegesetzes
Wie wichtig die Tätigkeit von. Gewerkschaftlern in den Parlamenten für die
Belange der Arbeitnehmer sein kann, ist nicht hinreichend bekannt und anerkannt.
Es gibt jedoch Beispiele genug für die unerläßliche und fruchtbare Arbeit, die von
Parlamentarieren, die die Interessen der Schaffenden in den Vordergrund stellen,
in den" Parlamenten geleistet wird. Es kommt dabei aber nicht nur darauf an,
sich irgendwie“ für die Arbeitnehmer einzusetzen, sondern wesentlich ist, daß
dabei” bei den politischen Debatten eine klare Stellungnahme erfolgt, unterbaut
von positiver Kritik, von praktischen Vorschlägen, die der Arbeitnehmerschaft
dienen Nachstehend sind die Ausführungen veröffentlicht, die Kollege Wacker in
der Landtagssitzung vom 20. 4 1950 gehalten hat. Die Lektüre dieser Darlegun-
gen vermittelt jedem Arbeitnehmer einen klaren Blick in wichtige aktuelle Fragen
und stellt Forderungen auf, deren Verwirklichung für die Arbeitnehmer einen wei-
teren großen Fortschritt bedeuten wird. Daß es sich hier nicht nur um Pläne han-
delt daß die Sprecher der Gewerkschaft keine Illusionspolitik treiben, das hat die
Entwicklung der letzten Jahre bewiesen. Ueber weitere Aktionen auf dem parla-
mentarischen Sektor, die die Interessen der Arbeitnehmer betreffen, werden wir
demnächst berichten.
Nach dem Zusammenbruch 1945 stan-
den wir alle vor der Tatsache, daß uns
nichts übrig geblieben war als die Ar-
beitskraft der schaffenden Menschen, die
allein die Möglichkeit gab, aus dem uns
umgebenden Chaos wieder herauszukom-
men. Dieser Tatsache konnten sich auch
die Siegermächfce nicht verschließen; des-
halb gaben sie schon Ende des Jahres
1945 der Arbeitnehmerschaft die Möglich-
kiet, ihre gewerkschaftlichen Organisatio-
nen aufzubauen. Im festen Glauben an
die guten Kräfte unseres Volkes hat die
Arbeitnehmerschaft im Interesse der Ge-
meinschaft alles getan, um das Ganze zu
retten.
Die Arbeitnehmerschaft war sich aber
auch bewußt, daß beim Neuaufbau der
Wirtschaft der Einfluß der Arbeitnehmer
wesentlich größer sein muß, als dies bei
dem hinter uns liegenden privatkapitälisti-
schen Wirtschaftssystem mit seinem Mo-
nopolcharakter der Fall war. Es kann und
dort nicht wieder zu wirtschaftlichen Zu-
sammenballungen kommen, die in politi-
sche Macht umgesetzt, ein demokratisches
Staatsgefüge zerstören, so wie es einmal
in der deutschen Republik der Fall war
und es darf nicht sein, daß aus den Er-
trägnissen der Großkonzerne d/eir Wirt-
schaft wieder politische Kräfte gezüchtet
und gefördert werden, die nachher dazu
gebracht werden die politische Demokra-
tie zu zerschlagen.
Diese Erkenntnis war auch wohl maß-
Sebend bei den Alliierten beim Erlaß des
hrundgesetzes Nr. 22, das die Voraus-
setzung dazu schuf, in den auf ge teilten
Zonen des ehemaligen Deutschen Reiches
Betriebsrätegesetze zu erlassen, die dlejr
Arbeitnehmerschaft die Sicherung ihrer
sozialen und wirtschaftlichen Belange in
den Betrieben ermöglichten, aber auch
die Mitwirkung im Betrieb zusicherten.
Auf Grund dieses Gesetzes bat auch
die zurückliegende Regierung des Saar-
kmdes die Betriebsräteverordnung vom 1.
8. 1947 erlassen. Diese Betriebsräteverord-
nung bat die Gewerkschaften nie befrie-
digt, weil sie ln keinem Fäll die Voraus-
setzungen einer Volksdemokratie gab,
aber unter dem damaligen Zustand der
Militärregierung war es den an den Bera-
tungen teilnehmenden Funktionären der
Gewerkschaft nicht möglich, die notwen-
dige Mitbestimmung der Arbeitnehmer-
schaft, die zum Aufbau einer wirklich de-
mokratischen Wirtschaft notwendig ist, zu
verankern. >
Die politische Entwicklung des Saarktn-
des zum autonomen Staat mit eigener
Verfassung, gibt der Regierung die Mög-
lichkeit, den berechtigten Interessen der
Arbeitnehmerschaft Rechnung zu tragen.
Im Abschnitt 5, Artikel 43—49, sind die
Grundlagen der Wirtschafts- und Sozial-
ordnung der saarländischen Wirtschaft
verankert.
Der Artikel 43 lautet: „Die Wirtschaft
hat die Aufgabe, dem Wohls des Volkes
und der Befriedigung seines Bedarfes zu
dienen. Durch Gesetze sind die erforder-
lichen Maßnahmen zu treffen, um die Er-
zeugung, Herstellung und Verteilung der
Wirtschaft sinnvoll zu beeinflussen, um
jedem Menschen einen gerechten Anteil
am Wirtschaftsertrag zu sichern und ihn
vor Ausbeutung zu sichern.“
Der Artikel 58 sagt weiter: „Zur Ver-
tretung im Betrieb und zum Zweck der
Wahrung ihrer wirtschaftlichen und so-
zialen Interessen wählen die Arbeitneh-
mer einen Betriebsrat, das Nähere regelt
das Betriebsrätegesetz.“
Aut Grund dieser in der Verfassung
festgelegten Grundsätze fordern dte Ar-
beitnehmer seit Bestehen unseres jungen
Staates das Betrtebsrätegiesetz an Stelle
der bestehenden BetrLebsräteVerordnung.
Alte unsere Bemühungen blieben bla heute
ohne Erfolg, und deshalb hat es die So-
zialdemokratische Fraktion als eine ihrer
dringlichsten und wichtigsten Aufgaben
erachtet, den Entwurf eines Betriebsräte-
gesetzes dem Landtag einzureidhen ln der
festen Ueberzeugung, daß die gewählten
Vertreter des saarländischen Volkes ent-
sprechend den in der Verfassung der Ar-
beitnehmerschaft gemachten Zusagen, die
Notwendigkeit der Schaffung eines Be-
triebsrätegesetzes an Stelle der alten Be-
triebsräteverordnung anerkennen und der
Landtag selbst das Betrlebsrätaaesetz so
rasch wie möglich verabschiedet.
den Herr-im-Hause-Standpunkt eingenom-
men hat und glaubt, ohne dte Mitwir-
kung der Arbeitnehmer wieder wirtschaf-
ten zu können. Verantwortungsbewußte
Vertreter der Belegschaften haben unter
den schwierigsten Verhältnissen im In-
teresse der ihnen anvertrauten Beleg-
schaftsmitglieder immer und immer wie-
der versucht, deren Rechte wahrzuneh-
men und mußten dabei wiederholt dte
traurige Erfahrung machen, ihre Stellung
zu verlieren. In dutzencten und aberdut-
zenden Fällen mußten zur Erreichung ctr-
beitsrechtlicher und lohnpolitischer, ge-
setzlich verankerter Rechte dte Arbeitsge-
richte und die Vermittlung der Regierung
in Anspruch genommen werden, weil ein
Großteil der Arbeitgeber die in der Be-
triebsräteverordnung verankerten mangel-
haften Bestimmungen völlig außer acht
gelassen haben.
Wenn wir dte Forderung auf eine De-
mokratisierung der Wirtschaft und auf
Mitbestimmung im wirtschaftlichen Ge-
schehen erheben, so betrachten wir als
Ausgangspunkt hierzu dte Betriebsdemo-
kratie. Die Gewerkschaften nehmen diese
Demokratie nicht nur als Recht für sich in
Anspruch, sondern betrachten es auch als
ihre Pflicht aus rein ethischen Gründen.
Die Arbeitnehmerschaft ist der Meinung,
daß der schaffende Mensch auch dann,
wenn er nichts anderes als seine Arbeits-
kraft in das Unternehmen einbringt, als
völlig gleichberechtigt und gleichver-
pflichtet neben dem Unternehmer zu ste-
hen hat. Es ist ein Trugschluß, dte Be-
hauptung aufzustelien, daß bei solcher
MitteiLhaberschaft das Risiko des Betrie-
bes infolge der Besitzlosigkeit der mei-
sten Arbeitnehmer einseitig den Unterneh-
mer belaste. Auch die Arbertnehmerscaft
trägt an diesem Risiko einen großen Teil
durch Arbeitszeit und Lohnverluste und
durch Arbeitslosigkeit. Das bedeutet
zweifellos einen außerordentlich großen
Anteil am gemeinsamen Risiko, das vom
Arbeitnehmer weniger verschuldet als
vom Arbeitgeber, der in vielen Fällen
durch Festhalten an einer überlebten Wirt-
schaftsordnung und Be trieb sge staltung
mir zu den Krisenerscheinungen in den
Betrieben beiträgt.
Der Mensch steht im Mittelpunkt
In unserem Bestreben um die Mitbestim-
mung haben wir immerhin Verbündete,
von denen Sie wohl alle sagen dürfen,
daß diese bloß das Wohl der Menschen
im Auge haben. Ich erinnere Sie dabei an
den Beschluß des Katholikentages in Bo-
chum, der in einer Entschließung sagt:
$ „Der Mensch steht im Mittelpunkt jeder
wirtschaftlichen und betriebswirtschaftli-
chen Betätigung. Das bisherige Wirt-
schaftsrecht muß durch ein Betriebs recht
ersetzt werden, das den Menschen in sei-
nen Rechten und Pflichten in den Vorder-
grund rückt. Das Mitbestimmungsrecht
aller Arbeitenden bei sozialen, personel-
len und wirtschaftlichen Fragen ist ein
natürliches Recht in gottgewollter Ord-
nung, dem die Mitverantwortung aller ent-
spricht.“
Ich darf weiter an die Enzyklika Qua-
dragesimo Anno Papst Pius XI. erinnern,
der sagt: „So wenig das Kapital ohne die
Arbeit, so wenig kann die Arbeit ohne Ka-
pital bestehen. Es widerstreitet daher den
Tatsachen, einem der beiden, dem Kapital
oder der Arbeit, die Älleinursächlichkeit
an dem Ertrag des Zusammenwirkens zu-
zuschreiben. Vollends widerspricht es der
Gerechtigkeit, wenn der eine oder andere
Teil auf diese angebliche Alleinursäch-
lichkeit pochend, das ganze Ergebnis für
sich beansprucht. Lange genug konnte in
der Tat das Kapital ein Uebermaß für
sich vorwegnehmen. Das gesamte Erträg-
nis, dte gesamten Ueberschüsse nahm
das Kapital vorweg für sich in Anspruch,
dem Arbeiter kaum die Notdurft für die
Erhaltung der Arbeitskraft und ihre Re-
produktion überlassend.“
Wenn ich die Entschließung des Bochu-
mer Katholikentages sowie die Aeußenan-
Der Entwurf zum Betriebsrätegesetz
Bei der Schaffung des vorliegenden
Entwurfes gingen wir von der Tatsache
aus, daß es vornehmste Aufgabe dies
demokratischen Staates sein muß, zum Er-
halt der politischen Demokratie auch die
-Wirtschaftsdemokratie zur Tat werden zu
lassen. Wir wissen, daß alle Forderun-
gen der schaffenden Menschen, sofern sie
an Grundsätzlichem rühren, stärksten Wi-
derstand in den kapitalistisch interessier-
ten Kreisen hervorrufen, andererseits aber
stehen wir auf dem Standpunkt, daß wir
weder etwas Unbilliges, noch dem Ge-
meinwohl Abträgliches oder rechtlich
nicht Begründetes durch das Betrieb aräte-
gesetz verlangen. Sie edle aber dürfen
auch davon überzeugt sein, daß eine Wie-
clerhe xStellung des hinter uns liegenden
Wirtschaftssystems, unter völliger Außer-
achtlassung der in der Wirtschaft tätigen
Arbeitnehmerschaft nicht dazu angetan
sein kann, die immer stärker m die Er-
scheinung tretenden sozialen Spannungen
zu beseitigen und den Frieden zu sichern.
Die Arbeitskraft, geschwächt durch den
Krieg, hat in der zurückliegenden Zeit ei-
nen enormen Wiederaufbau geleistet und
noch zu leisten. Sie ist weiter vorbela-
stet mit der Wiedergutmachung, der Ver-
sorgung der Kriegsopfer und Kriegshin-
terbliebenen, der Beschaffung von Wohn-
raum, Beschaffung von den notwendigsten
Bedarfsartikeln, und es wäre unmoralisch
>rDu lachst ja nicht, wenn der Chef einen
Witz erzählt...?“
„Hab* ich nicht nötig, wo mir doch zum
Ersten gekündigt wurde .,
und unverantwortlich,
wollte man der Arbeitnehmerschaft er-
neut wieder zumuten, neben diesen zu tra-
genden Lasten ein Wirtschaftssystem auf-
zubauen, das im Vordergrund die Sicher-
stellung der Gewinnquoten als seine Auf-
gabe betrachtet und dabei der ArbeiLieh-
schaft selbst jedes Mitbestimmungsrecht
verweigert.
Der Gedanke der Mitbestimmung ist
nicht bloß eine Forderung der Arbeitneh-
merschaft des Saarlandes, sondern eine
Forderung der Arbeitnehmerschaft aller
Industriestaaten.
Der Ihnen vorliegende Entwurf ist in
engster Anlehnung an diie zum Teil in der
Bundesrepublik geltenden Be trieb srätege-
setzs ausgearbeitet, nicht zuletzt an das
in Hessen und Württemberg gültige Be-
triebsrätegetz.
Im Saarland selbst hat der Gedanke
des Betriebsrätegesetzes in den zurück-
liegenden Monaten zu einer ziemlich aus-
gedehnten Pressepotemik geführt, insbe-
sondere da, wo es sich um die Mitbestim-
mung der Arbeitnehmerschaft an Stelle
der sogenannten Mitwirkung handelt.
Ich darf wohl auch hier nochmals zum
Ausdruck bringen, daß dte Arbeitnehmer-
schaft des Saar Landes gegenüber dem
Staat, der Wirtschaft und der Geseß-
schaft von 1945 bis heute, ihre Pflicht voll
und ganz erfüllt hat. Die Gewerkschaften
als Vertreter der Arbeitnehmer • sind sich
genau so wie die Regierung absolut be-
wußt, auch in Zukunft ihre Arbeitskraft.
dem Wohle des Volkes zur Verfügung zu
stellen und die Gesetze des Staates zu
achten.
Aber als notwendig erachten wir dabei
die wirtschaftliche und gesellschaftliche
Gleichstellung, d. h. der schaffende
Mensch nimmt für sich die Rechte und
Freiheiten ln Anspruch, die «ln demokra-
tisches Staatswesen seinen Bürgern ge-
währleistet Die schaffenden Menschen
wollen nicht nur als politische Staats-
bürger ihre Pflicht erfüllen, sondern sie
wollen auch mit raten und mit verant-
worten in allen wichtigen Dingen des Le-
bens der Gesamtheit, vor altem aber in
den Angelegenheiten der Wirtschaft.
Die zurückliegenden fünf Jahre hab*n
uns den Beweis erbracht, daß trotz Be-
trieb sräteverord nung ein großer Teil des
Arbeitgebertums <m der Saar bis heute
gen des Papstes hier anführe, so deshalb,
weil auch in dar Pressepotemik insofern
Bedenken zum Ausdruck kamen, daß dos
von den Gewerkschaften geforderte M.t-
bestimmungsrecht gegen die Grundsätza
des Christentums verstößt. Wir persön-
lich stehen auf dem gegenseitigen Stand-
punkt, dies um so mehr, als immer und.
immer wieder von führenden Männern der
Regierung die Tatsache festgestellt wurde,
daß der schaffende Mensch im Mittel-
punkt des wirtschaftlichen Gesche-
hens steht.
Dies trifft insofern zu, als er die Pflicht zur
Arbeit auferlegt bekam, ohne jedoch auf
die Erträgnisse dieser Arbeit und auf die
Produktionsgestaltung, von der seine und
seiner Familie Existenz abhängt, irgend-
welchen Einfluß zu haben.
Ich halte es deshalb für notwendig, in
meinen Ausführungen gerade auf dte in
dem Entwurf enthaltenen Bestimmung:!!
einzugehen, die an Stelle der Mitwirkung
und Mitberatung dte Mitbestimmung vor-
sehen.
In der Betriebsräteverordnung vom 1. 8.
1947 sind im § 7 die Aufgaben der Be-
triebsräte festgetegi, in weichen sie bera-
tend und mitwirkend tätig sein sollen. Es
sind dies:
1. politische Aufgaben zu dem Zweck,
jede Kriegsproduktion zu verhindern,
2. soziale Aufgaben, in denen den Be-
triebsräten das Recht der Mitwirkung bei
der Wahrnehmung der unmittelbaren Ar-
beiterinteressen im Betrieb zugesichert ist
und
3. wirtschaftliche Aufgaben hih'pidWt ich
des Mitwirkungsrechtes bei der Währung
mittelbarer Arbeitermteressen.
(Fortsetzung folgt)
Achtung! Achtung I
Hausfrauen
und Schneiderinnen!
Kommen auch Sie zu unseren
Tageskurse und Abendkurse
Nächster Beginn 4. Juni
Anmeldung:
Foimosa-Zuschnside-Institut
Hanna Schneider
Saarbrücken 3, Schumannstraße 27
(Aufgang Kirchentreppe St. Michael)
Eg bedarf keiner großen Erklärungen, daß die Hausfrauen in heutiger Zeit darauf ange-
wiesen sind, in ihrer Haushaltsführung so wirtschaftlich wie möglich zu verfahren. Dabei
ist es eben der Vorzug .der einen vor der anderen, wenn sie mit den gleichen Mitteln
das Doppelte herauszu wirf schäften versteht.
Ganz besonders fallen jene Ersparnisse ins Auge, die die Frau für ihre eigene Person
machen kann, d. h. für ihre eigene Garderobe oder iür die ihrer Lieben. Wie viele duf-
tige und nette Kleidchen kann sie sich mehr leisten, wenn sie selbst schneiem kann!
Das bekannte und führende Zuschneide-Institut ..Formosa“, das von Frau Hanna Schnei-
der geleitet wird, hat sich gerade auf diesem Gebiete große Verdienste erworben. In geson-
derten Lehrgängen für Hausfrauen und Seime iderinnen werden von ersten Fachkräften nach
bewährter Lehrmethode Kurse im Zu schneiden und Höhen durchgeführt In den Nähkursen
arbeiten die Teilnehmerinnen ihre eigene Garderobe vom ersten bis zum letzten Stich unter
fachkundiger Anleitung. Sie werden dort in die Lage versetzt ihre m der Heimschneiderei
anfallenden Kleidungsstücke geschmackvoll, gutsitzend und in einwandfreier Verarbeitung
selbst herzustellen.
In besonderen Fachkursen wird der Fachnachwuchs herangebildet
Das Formosa-Institut hat sich zum Ziel gemacht die Ausbildung sowohl der Hausfrauen
und auch der Schneiderinnen zu zeitgemäßen Preisen so zu gestalten, daß Jede Teilnehme-
rin das Unterrichtsziel voll erreicht.
Seite 8
„DIE ARBEIT,
1950
Der Versicherungsvertreter in der Saarwirtschait
Oie große Protestkundgebung der Bauarbeiter am 11. Mai im Großen Saal des Johannishofs
in Saarbrücken. Von dieser Versammlung, die für jeden Gewerkschaftler eine erhebende Kund«
gebung darstellte, nahmen die Teilnehmer das feste Vertrauen in die Stärke der gewerk-
schaftlichen Organisation und damit das Vertrauen auf einen baldigen Erfolg der Lohnver-
handlungen mit.
T>as JntecftcUiouaCe Ackeit&amt
Ein unverkennbarer Faktor in der Saar-
wirtschaft ist unbestreitbar die große An-
zahl der hier tätigen Lebensversiche-
rungs- u. Sachversicherungs-Gesellschaf-
ten. Es ist nicht au überblicken, in welch
großer Zohl etwa 50 verschiedene Orga-
nisationsformen für ihre Ziele eintreten
und versuchen, sie in guten Produktions-
zahlen zum Ausdruck zu bringen. Der
wesentlichste Moment bei der Betrach-
tung dieses Wirtschaftszweiges ist die Tä-
tigkeit der Außenorgane, die vom Inspek-
tor bis zum Werber eine enorme Arbeits-
leistung erfüllen müssen, um durch ihr
überzeugendes Auftreten wirkliche Erfolge
zu erzielen. Wir denken zurück an die
Zeit der modernen Lebensversicherung,
die oftmals nur den besser situierten
Volkskreisen Vorbehalten war, während
die h'-eite Masse sich weniger mit die-
sem Gedanken befassen durfte.
Ohne die Nachwirkungen der vergan-
genen Kriege zu beschönigen, muß ge-
sagt werden, daß gerade die Epoche des
Krieges und der in dieser Epoche zu er-
füllenden Verpflichtungen in weitgreifen-
dem Umfang den Gedanken des Versi-
ehe u^gsabseblusses forcierten.
War die private Lebens- bzw. Volks-
versicherung in England zuerst beheima-
tet, so hat sie sich später stark verla-
gert, und gerade bei uns im Saarland
darf man behaupten, daß das Bedürfnis
zum Abschluß von Versicherungen mit-
unter größer ist, als in rein wirtschaft-
lich aufgebauten Provinzen anderer Län-
der. Der gefahrvolle Beruf unserer Berg-
arbeker ued Beschäftigten in der Schwer-
und Bauindustrie, vor allem aber das Ver-
sorgungsbedürfnis für die eigne Familie
sind die Voraussetzungen.
Es ist folgerichtig und nachweisbar,
daß die Außenorpanisa ion von Versiche-
rungsvertre e :n große Erfolge erzielt ha-
ben, wenn die Grundlage ihrer Werbung
auf der reellen Aufklärung des Kunden
vorherrschend war. Man darf den Ver-
sicherungsvertreter, der in Einzelorgani-
sationen auch die Bezeichnung Vertrau-
ensmann führt, nicht als einen Laien ein-
Echälzen, denn an ihm werden im höch-
sten Maße Anforderungen an kaufmän-
rrischem Wissen und geschäftlicher Ue-
bersicht gestellt. Man soll seine Tätig-
keit nicht nur von der Verdienstbasis aus
betrachten, sondern Verständnis dafür
cuibringen, daß er seine größte Eigen-
schaft für diesen Beruf unter Beweis stellt,
wenn er den Schwerpunkt der Werbung,
die reelle Ueberzeugung des Kunden voll-
bri icrt.
Daß die Tätigkeit des Versicherungs-
vertre'e.s mit der Kundenwerbung nicht
beendet ist, sondern dort erst den An-
fang nimmt, wird oftmals nicht erkannt,
weil man den Aufbau einer Versiche-
rungsgesellschaft nicht kennt und vor al-
le i Dinge i übersieht, daß entsprechend
der besiehe, den Vorschriften, die angs-
sammeilen Kapitalien, dis Eigentum der
Versiehe u rgscehmer sind, mündet icher
angelegt we den müssen. Wenn heute die
Ka italgestel ung für den gemeinnützigen
Wohnungsbau noch nicht in ausreichen-
dem Maße nachgewiesen wird, so liegt
dies ledia i h an einigen technischen
Schwielig:«. i en, dis man erfahrungsge-
mäß überbrücken muß.
Daß dennoch eine Vielzahl von Millio-
nen Franken den Weg in die Bauwirt-
schaft und sicheren Anlagewert gefun-
den haben, ergibt die Nachweisung in
der saarländischen Presse, die vor einiger
Zeit die Namen der Gesellschaften
nannte, die weit über 100 000 000.— Fran-
ken für den Wiederaufbau in den Städten
Saarbrücken und Saarlouis bereitgestellt
haben.
Nachdem die durch die Währungsum-
stellung verursachten Schwierigkeiten
fast bei allen Gesellschaften oder Ge-
sellschaftsgruppen als überwunden an-
zusehen sind, wird man in Bälde damit
rechnen können, daß die Dispositionen
zeitlich voraussehend erfolgen können
und es wird der Fall werden, daß vor
allen Dingen der Wohnungsbau durch
eine erträgliche Zinsbelastung finanziert
wird.
Von dieser Perspektive aus gesehen ist
der Versicherungsvertreter in unserer
Saarwirtschaft ein nicht wegdenkbarer
Finanzberater für alle Volksteile und zu-
gleich Sammelbecken der Kapitalien für
Notfälle im menschlichen Leben.
J. H.
{Die Fachgruppe Banken, Sparkassen und
Versicherungen der Einheitsgewerkschaft hat
es sich zur Aufgabe gemacht mit vorstehenden
wie weiteren grundlegenden Ausführungen ein-
mal der Berufsgruppe der Versicherungsver-
treter und ihrer verantwortungsvollen Tätig-
keit gerecht zu werden, und zum andern soll
die breite Schicht des Publikums auf die
volkswirtschaftliche und nicht zuletzt auch so-
ziale Bedeutung des Versicherungszv/eiges ln
sachlicher Form aufmerksam gemacht werden.)
Herausgeber; Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, Brauerstr. 6-8.
Verantwortlich für den Gesamtinhalt: Heinrich
Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schuhler, fndustrieverbände, lugend
sowie Feuilleton I. P Wambach. — Druck:
Druckerei Saar-Zeitung Dr, Nikolaus Fontaine.
Zusätzliche! Verdienst!
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Ratsch!, gegen frankierten Umschlag. V1LLETTE LE
COUDRAY PAR VILLIERSLE MORHIER$(E.&L.)
Das Internationale Arbeitsamt ist von
einer derart hervorragenden Bedeutung für
die Arbeitnehmerschaft, daß sich jeder
Gewerkschaftler die Mühe machen soll,
sich über diese Institution ein klares
Bild zu verschaffen. Der nachstehende
Artikel behandelt die Entwicklung des
Internationalen Arbeitsamts. In einem wei-
teren Beitrag werden die bisherigen Er-
folge und die weitere Zielsetzung behan-
delt werden.
1897 tagte in der Schweiz ein van Schwei-
zer Arbeitsorganisationen einberufener in-
ternationaler Arbeiterschutzkongreß. Im
gleichen Jahr wurde in Brüssel auf einem
internationalen Kongreß die „Internatio-
nale Vereinigung für gesetzlichen Arbei-
ierschutz“ gebildet. 1901 g ündete die Ver-
einigung als ständiges Büro ln Basel das
„Internationale Arbeitsamt“. Diese Ver-
einigung, die allerdings noch eine rein
private Organisation darstellte, trug we-
sentlich zu den Vorarbeiten für die Schaf-
fung ener offiziellen internationalen Ar-
beitsorganisation bei. Auf ihr Betreiben
und aui Veranlassung der Schweizer Re-
gierung traten 1906 und 1913 in Bern Re-
gierungskonferenzen zusammen, die zu
den ersten internationalen Arbeiterschutz-
abkommen — Frauen- und Jungarbeiter-
schutz, Verbot der Verarbeitung von wei-
ßem Phosphor — führten.
Bereits 1914, nach Ausbruch des Krie-
ges, forderte die „Federation of Labour“,
gleichzeitig mit der Friedenskonferenz ei-
nen Arbeiterkongreß einzuberufen, der
Mindestforderungen für Arbeiterschutz zur
Aufnahme in den Friedensvertrag aufstel-
len sollte. Auf Gewerkschaftskonferen-
zen in Paris und Leeds wurde 1916 diesem
Plan zugestimmt. Gleichzeitig wurde ein
Programm aufgestellt, das u. a. die Schaf-
fung eines internationalen Arbeitsamtes
enthielt.
Entsprechend diesen Beschlüssen bil-
dete die in Versailles zusammen getretene
Friedenskonferenz am 31. Januar 1919 eine
Kommission, die Vorschläge für eine in-
ternationale Arbeitsorganisation im Rah-
men des Friedensvertrages’ ausarbeiten
sollte. Den Vorsitz hatte der amerikani-
sche Arbeiterführer Samuel Gompers. Die
von diesem Ausschuß entworfene Verfas-
sung für eine internationale Arbeitsorga-
nisation wurde am 11. April 1919 von der
Friedenskonferenz angenommen und dem
Versailler Friedensvertrag eingefügt. Da-
mit war die Rechtsgrundlage für eine
internationale Arbeits- und Sozialpolitik
geschaffen.
Nach dieser Satzung des Friedensver-
trags wurde die ILO dem Völkerbund als
Organisation mit weitgehenden autono-
men Rechten angegliedert. Zum ständigen
Sitz der ILO-Zentralle bestimmte man
Genf. Alle Völkerbundmitgliedstaaten
waren automatisch Mitglieder der Inter-
nationalen Arbeitsorganisation. Mitglieder
der ILO brauchten dagegen nicht dem
Völkerbund an zu geh Ören.
V/ährend die Tätigkeit zwischen den
beiden Weltkriegen sich ausschließlich
cul reine Arbeitsfragen beschrankte und
während des letzten Krieges in starkem
Maße gelähmt wurde, erfolgte 1945, nach
Kriegeende, ein ve-stärkter Einbau der Or-
gan iadon in da: i ternalionalie Leben un-
ter Anpassung an die veränderte weltpo-
litische Lage. Die 26. Internationale Xr-
„E K“ EINHEITSPREIS-KAUFHAUS f. d.
Werktätigen. Gift und billig: Textilwaren,
Schuhe usw. Stets Sonderangebote,
49 St. Joh. Markt 49.
beitskonferenz, die 1944 in Philadelphia
zusammengetreten war, hatte bereits ein
erweitertes Programm für die Organisa-
tion aufgestellt und am 20. 4. 1944 in der
sog. „Declaration of Philadelphia“ be-
kanntgegeben. Diese Erklärung wurde
von allen Mitgliedstaaten einstimmig an-
genommen.
Im Rahmen dieses neuen Programms
und der neuen Aufgaben, die der ILO
nach Kriegsende zufielen, schloß diese als
erste internationale Organisation ein Ab-
kommen mit den Vereinten Nationen ab,
das ihr den Status einer besonderen Kör-
perschaft der Vereinten Nationen verlieh«
Bereits 1945, nach Unterzeichnung der
Charta der Vereinten Nationen, die den
Anschluß besonderer Körperschaften vor-
sah, hatte die 27. Internationale Arbeits-
konferenz — die erste Konferenz der ILO,
die seit 1939 wieder in Europa stattfand
— in einer Entschließung die Charta be-
grüßt und gleichzeitig den Anschluß an
die Vereinten Nationen befürwortet. Der
Völkerbund bestätigte in seiner Schlußsit-
zung im April 1946 die Aufhebung der
bis dahin vorhandenen Bindungen der ILO
an seine Organisation. Gleichzeitig wur-
den die Besprechungen über den Anschluß
der ILO an die Organisation der Verein-
ten Nationen aufgenommen. Am 30. Mai
1946 wurde von dem Wirtschafts- und So-
zialrat der Vereinten Nationen und dal
ILO in New York ein Vertragsentwurf un-
terzeichnet, der die Koordinierung der Ar-
beitsweise und Geschäftsführung beider
Organisationen festlegte. Dieses Abkom-
men wurde am 2. Oktober 1946 auf der
19. ILO-Konferenz in Montreal ratifiziert.
Nachdem am 14. Dezember 1946 auch die
Generalversammlung der Vereinten Na-
tionen ihre Zustimmung gegeben hatte,
fand am 19. Dezember 1946 die offizielle
Unterzeichnung des Vertrages durch den
Generalsekretär der Vereinten Nationen,
Trygve Lie, und den damaligen General-
direktor der ILO, Edward Phelan, statt.
Das Abkommen sieht die gegenseitige
Entsendung von Vertretern zu den Konfe-
renzen, den Austausch von Informationen,
Statistiken und sonstigen Ermittlungser-
gebnissen sowie die Mitarbeit der ILO
beim Sicherheitsrat und Treuzänderrat vor.
Heute gehören dem Internationalen Amt
über sechzig Mitgliedsstaaten an. (In ei5*
nem weiteren Artikel werden wir auf die
bisherigen Erfolge und die weiteren Pla-
nungen des Internationalen Arbeitsamtes
eingehen.)
Goneraldire7:'* fi'T •“-"IV 1 Arbeitsamt«*, .
3<
ORGHN DER HNHEITSGEWERHSlHim DER ARBEITER, RNGESTfLLTEH UND BEflmTEN
4, lahrgang
Saarbrücken, 5, Juni 1950
Nr. 11
Kritische Betrachtung
des Schuman-PIanes
Von H. LAWAL.
Betrachten wir, bevor wir Stellung neh-
men, zunächt noch einmal die Situation
vom 9. Mai, als Minister Schuman seinen
Plan unterbreitete: Der Minister schlug da-
mals folgendes vor:
Zusammenfassung der gesamten Koh-
len- und Stahlerzeugung Frankreichs, des
Saarlandes und Deutschlands unter eine
gemeinsame Behörde. Kohle und Stahl
sollen auf den Märkten dieser Länder un-
ter geichen Bedingungen abgesetzt wer-
den und der Export nach anderen Ländern
nach gemeinsamen Richtlinien und unter
den gleichen Bedingungen erfolgen. Die
Modernisierung der Unternehmungen wird
gleichermaßen garantiert. Der Austausch
von Kohle und Stahl soll von Zöllen be-
freit und nicht durch Differenzialtarife des
Transportwesens betroffen werden. Die
Lebensbedingungen der Arbeitnehmer sol-
len einander angeglichen werden.
Das sina die wesentlichen Punkte des
Schumanschen Planes, die einer Erörte-
rung zu einem späteren Zeitpunkt bedür-
fen. Allgemein kann gesagt werden, daß
Schuman mit kühlem Wirkhchkeitssinn an
die Lösung eines der schwierigsten, aber
auch weittragendsten europäischen Pro-
b’eme praktisch herangegangen ist. Die
Unterstellung der gemeinsamen Kohlen-
und Stahlproduktion unter eine Hohe Kom-
mission, deren Entscheidungen die betei-
ligten Länder binden, stellt somit den er-
sten konkreten Schritt zur Schaffung ei-
ner europäischen Wirtschaftsunion dar,
die für die Aufrechterhaltung des Frie-
dens unerläßlich ist. Die zu schaffende
Behörde soll sich aus Persönlichkeiten zu-
sammensetzen, diie von den zuständigen
Regie uugen unabhängig bestimmt wer-
den.
.Diskussionen über den Plan haben
inzwischen einen großen Umfang ange-
nommen una reißen nicht ab. Für uns als
Gewerkschaftler ist es erforderlich, den
Plan einer weiteren Betrachtung, die kri-
tisch Steilung nimmt, zu unterziehen. Diese
Betrachtung läßt sich schon deswegen
nicht vermeiden, weil das Stahlkartell des
Jahres 1926 in noch zu lebhafter Erinne-
rung ist. Man nahm auch bei diesem
Stahlkartell an, das im Herbst 1926 zwi-
schen Deutschland, dem früheren Saarge-
biet, Frankreich, Luxemburg und Belgien
abgeschlossen wurde und den Namen „In-
ternationale Rohstahlgemeinschaft" führ-
te, daß ihm eine epochale Bedeutung m
wirtschaftlicher und auch in politischer
Hinsicht zukomme. Wenn wir heute zu-
rückblicken, kann man ohne Bedenken
äußern, daß dieser internationale Eisen-
pakt die seinerzeit angegebenen Ziele
nicht erreicht hat. Er sollte eine Anglei-
chung der Erzeugung an den Verbrauch
vnd eine Regelung der Auslandspreise
für Eisen herbeiführen und Hand in
Hand mit der Hebung der Ausfuhr-
preise den Unterschied zwischen Aus-
land- und Iniand-Effektiv-Preisen verrin-
gern und möglichst bald ganz zum Ver-
schwinden bringen.
Um nun zu vermeiden, daß die zu grün-
dende Korporation ein Sfcahlkarbell m
neuer Auflage wird, ist Vorsicht gebo-
ten, denn nach wie vor liegt die gesamte
Stahl- und Eisenproduktion in den Händen
des privaten Unternehmers, und diesem
wiederum liegt der eigene Profit näher
als der europäische Gemeinschaftsge-
danke. Wir müssen daher fordern, daß
Vertreter sämtlicher Gewerkschaften in
dieser Behörde mitbestimmend
nommen werden.
aufge-
Der neue Organismus, der nacn dem
Schumanschen Vorschlag ins Leben ge-
rufen werden soll, unterscheidet sich von
ähnlichen internationalen Korporationen,
wie sie die Vereinten Nationen oder gar
der ehemalige Völkerbund darstellen,
dadurch, daß er vornehmlich wirtschaft-
lichen Zwecken zu dienen berufen ist. Mö-
gen jene Politiker recht haben, die die
Auffassung vertreten, daß die Völker sich
besser verstehen und verständigen kön-
nen, wenn sie erst einmal die wirtschaft-
lichen Voraussetzungen zu gemeinsamer
Arbeit schaffen, ehe sie an die Errichtung
des politischen Ueberbaues gehen. Der
berechtigte Skeptizismus, mit dem beson-
ders wir Gewerkschaftler allen interna,-
tionalen wirtschaftlichen Zusammen-
schlüssen begegnen, die sich nicht grün-
den auf den ehrlichen Willen, daß auch
Nationen eigene machtpolitische Positio-
nen zugunsten einer übernatürlichen Ge-
meinschaft aufgeben müssen, darf uns
nicht die Hoffnung nehmen, daß mit der
kommenden Korporation zur wirtschafth-
(Fortsetzung Seite 2)
Zur Lohnbewegung an der Saar
Das Grundproblem für den Arbeitneh-
mer ist jenes: gerechter Lohn! Es ist sehr
einfach, zu sagen, daß ein gerechter Lohn
nicht von selbst gegeben wird, aber die
Schlußfolgerungen aus dieser Feststellung
zu ziehen, das ist weniger einfach. Nicht
einmal alle Arbeitnehmer erfüllen ihre
Pflicht, um Widerstände, die sich ihren
berechtigten Forderungen entgegenstellen,
zu beseitigen.
Es mutet eigenartig an, wenn ausge-
rechnet in Arbeitgeberkreisen bei einer
Lohnbewegung davon gesprochen wird«
daß die Gewerkschaften mit ihren Arbeit-
nehmerforderungen Beunruhigung und Un-
sicherheit in die Wirtschaft trügen.
Die Teuerung, die wir im einzelnen schon
wiederholt nachgewiesen haben und wei-
ter nachweisen, hat längst gebieterisch
die Notwendigkeit nach Lohnerhöhungen
bedingt. Die Gewerkschaft hat nicht ge-
schwiegen. Sie hat sich nach Kräften be-
müht, den Standpunkt der Arbeitnehmer-
schaft zur Geltung zu bringen. Nachdem
der Lohnstop aufgehoben worden ist und
Grundlagen gegeben sind und jetzt schon
durch die Einflußnahme des Arbeitsmini-
steriums vorliegen, haben diiei gewerk-
schaftlichen Aktionen eine konkrete ikwift
gefunden. Ihre endgültige Fundamentie-
rung wird sie in nächster Zeit durch die
Verabschiedung des Tarifgesetzes im
Landtag erfahren.
Die Gewerkschaftsvertreter haben schon
oft betont, daß es ihnen lieber gewesen
wäre, die einst in Aussicht gestellte all-
gemeine Preisherabsetzung wäre gekom-
men und man hätte dadurch eine be-
friedigende Kaufkraft ermöglicht; denn
man hat Erfahrungen mit Lohnerhöhun-
gen, die stark hinterherhinkten und denen
dann noch zusätzliche weitere Preisstei-
gerungen gefolgt sind. Es kam fast stets
zu dem berüchtigten Wettlauf zwischen
Preisen ind Löhnen.
Man kann den Gewerkschaften beileibe
nicht den Vorwurf machen, ins Blinde hi-
nein Lohnforderungen zu steilen. Was
heute von den einzelnen Verbänden ver-
langt wird, stellt erst einen Bruchteil der
Preissteigerungen dar und kann somit nur
als erste Rate betrachtet werden.
Auch die Gewerkschaftler stellen Be-
trachtungen zur Preiskalkulation und Wirt-
schaftlichkeit an, und daher wissen sie,
daß es zahlreiche Produkte gibt, bei de-
nen der Anteil z. B. einer lOprozentigen
Lohnerhöhung nur einen geringen Prozent-
satz der Gesamtgestehungskosten aus-
macht. In anderen Fabrikationszweige
wird man sich auch nicht ohne weiteres
genötigt sehen müssen, jede Lohnerhö-
hung einfach auf die Preise zu schlagen.
Wer guten Willens ist, wird auch andere
Positionen finden, um konkurrenzfähig zu
bleiben und die Gestehungskosten zu
halten oder gar zu senken. Dazu gehören
weitsichtige Unternehmer, Fabrikanten,
Kaufleute und Handwerker nicht nur mit
Kapital oder Kreditansprüchen, sondern
von wirtschaftlichem und sozialem Format.
Und wenn Arbeitgeber ihre Bilanz ziehen
und Kostenberechnungen vornehmen, so
möchte man wünschen, daß es ihrer ge-
nug gibt die nicht nur Steuern und soziale
„Lasten" im Vordergrund sehen und sich
von diesen Kopfschmerzen bereiten las-
sen, sondern daß sie auch gelegentlich
an die Verlustbilanz der schaffenden Men-
schen denken, die im Arbeitsprozeß Le-
ben und Gesundheit hingegeben haben,
oft schon in jungen Jahren, und deren
einziges Kapital ihre Arbeitskraft ist.
Wenn man auf die Zusammenhänge der
saarländischen mit der französischen
Wirtschaft blickt, blickt man unwillkür-
lich auch auf die beiderseitigen Preise,
Löhne und Gehälter und zugleich auf Pro-
duktionsleistungen und auf die garantierte
Gleichberechtigung. Wie schneiden wir da
an der Saar ab? Die Produktionszahlen
und die Qualitätsarbeiten beweisen das
eine. Hier kann man ruhig sagen, wenn
Auslandskapitalien notwendig sind, so
dürften sich die Geldgeber über die Ka-
pitalanlagen an der Saar wohl wenig
Sorgen zu machen haben. Allerdings ist
für einen weiteren glatten Verlauf des
Wutschaftsprozesses und damit des Ar-
beitsfriedens unbedingt notwendig:, daß
die elementarsten Forderungen einer Ar-
beitnehmerschaft, die mehr als ihre Pflicht
tut und seit Jahren entsprechendes öf-
fentliches Lob hört, wonach ihr der ra-
sche Wiederaufbau in erster Linie zu dan-
ken ist, berücksichtigt werden.
In anderer Beziehung stehen in
punkto Gleichberechtigung manche Wün-
sche offen. Vor allem auch in bezug auf
die Angleichung der Löhne und Gehälter.
Schauen wir, um zu Vergleichen zu
Halbmast über Zechen
Die Kunde von den zwei schwe-
ren Grubenkatastrophen in der letz-
ten Zeit brachte unendliche Trauer
in viele Arbeiterfamilien. In jedem
Menschen mit Mitgefühl verursach-
ten die Schreckensnachrichten tiefe
Erschütterung. Tiefempfundenes
Befe d gilt den Angehörigen der Op-
fer der Zeche Dahlbusch und den
Hinterbliebenen der Grubenkata-
strophe von Mariemont.
Die Trauer um die toten Kamera-
den, die als Helden der Arbeit und
n Pflichterfülilung ihren schweren
gefahrvollen Berufsweg auf so tra-
gische Weise beenden mußten, is‘
eng verbanden mit dem Gebot der
dringend» »*I Ifeleisfung für die Hin-
terbliebene i
Der Tod dieser Männer aber kann
nicht ein Vergessen bedeuten. Sie
werden fortleben in ehrendem Ge-
denken!
kommen, zurück auf das Jahr 1938. Da-
mals kostete z. B. ein Kilogramm Brot 34
Pfennig, im Januar-Februar 1950 : 39 Frs.
Der Arbeitsaufwand eines Facharbeiters
betrug für diese Menge Brot im Jahre 1938
0,21,3 Stunden, 1950 : 30 Stunden. Bei Kar»
löffeln sind die Zahlen: 0,95 RM, 26 Frs.,
0,06 Stunden, 0,20 Stunden. Bei Schuhen
11 RM, 2800 Frs., 11,5 Stunden, 36 Stun-
den. Beim Männeranzug: 66 RM, 10 00Q
Frs., 63 Stunden, 12,5 Stunden.
Für eine fünfköpfige Familie ergeben sich nach amtlichen Ermittlungen (Stat.
Amt) folgende Vergieichszahten für die Lebenshaltungskosten, Beträge, die jede
Familie als Minimum monatlich hätte haben müssen.
1938
in RM
1948
in Frs,
Ernährung
90.05
13 086
1950 (April; 13 610
Wohnung Heizung Bekleidung Verschiedenes Gesamt
28,73 10,92 23,22 32,77 185
763 853 4154 4311 22 261
1211 S87 4564 4303 24 676
Nehmen wjr zu obigen Zahlen noch hin-
zu, was uns z. B. die Bauarbeiteriöhne
lehren. Die Preise für Baumaterialien und
auch im gleichen Verhältnis die Bauprei«
se sind gegenüber der Markzeit um 200
Prozent gestiegen, die Löhne aber um
kaum 50 Prozent. So war bei den Bau-
arbeitern der Stand bis zu der vor kurzem
erfolgten Vereinbarung über eine 12pro-
zentige Erhöhung. (Weitere Einzelheiten
über Lohn- und Preisgestaltung sowie
Produktionsleistungen sind in dieser Aus-
gabe unter „Stimme der Verbände" an-
geführt.)
Aber nicht nur diese Zahlen sollen gel-
ten, sondern jeder weiß sie durch eigene
Erfahrungen zu ergänzen. In den ver-
schiedenen Ausgaben unseres Organs
„Die Arbeit" haben wir in letzter Zeit um-
fangreiche Tabellen mit Einzelangaben
über die Entwicklung der Löhnte und
Preise seit 1938 abgedruckt.
Um die Kaufkraft von 1938 zu errei-
chen, genügen also nicht einmal Lohner-
höhungen von 30 'Yo. Es gibt sogar manche
Kategorioen, in denen um das Doppelte
und mehr erhöht werden müßte, wobei
Teilansicht der Diilinger Hüffenweike.
Die Werke beschäftigen wieder 7000 Arbeitnehmer. Auf Seile 5 ist eine Reportage mit dem Be-
triebsrat der Diilinger Hütte veröffentlicht. Diese Darlegungen lassen erkennen, welche Bedeu-
tung schon einem Bruchteil der Aufgaben zuzuschreiben ist, die in einem fortschrittlichen Be.-
frjebsrätegesetz zu verankern sind. Des weiteren werden interessante Aufschlüsse über die viel-
seitige Tätigkeit eines Betriebsrates in einem modernen Großunternehmen gegeben. Einen be-
sonderen Hinweis verdienen die Mitteilungen über Bauaktionen, Werkswohnungen und son-
stige bemerkenswerte Einrichtungen.
noch nicht die Leistungssteigerungen be-
rücksichtigt sind. Diese machten in man-
chen Branchen in den letzten 10 Jahren
mehr als 10 o/o aus und kamen dem Ar-
beitgeber allein zugute. (Was den Hin-
weis auf 1938 anbetrifft, so wird man
aber nicht nur diese Zahlen sehen, son-
dern auch gewisse Begleiterscheinungen
von damals nicht vergessen dürfen).
Die Schaffenden selbst und vor allem
die Hausfrauen in den Arbeitnehme rfa>
milien wissen auch über die Kaufkraft der
Löhne und Gehälter zu urteilen. Schließ-
lich wissen auch die Frauen der Arbeit-
geber, wieviel Geld notwendig ist, um da9
Familienleben zu bestreiten. Und ein Wei-
teres in diesem Zusammenhang: „Dis
Menschenwürde, von der so viel gespro-
chen wird, kommt von selbst, wenn mar»
uns anständig bezahlt“, sagte eine Ar-
beiterin.
Von einer geringen Kaufkraft der Mas*
sen können ja schließlich Geschäfte nicht
existieren. Arbeitgeber und Kapitalgeber,
die es ehrlich mit einer auf Friedenspro-
duktion eingestellten Bedarfs Wirtschaft
meinen, sollten sich mehr auf das Gesetz
von der Prosperität durch die Kaufkraft
der Massen besinnen und bei Absatzstok-
kungen hier nach der richtigen Fehler-
quelle suchen. Das gillt nicht nur für
Großbetriebe, sondern auch für die vie-
len Geschäfte und für das saarländische
Handwerk mit seinen 12 000 Betrieben
und seinen 45 000 Beschäftigten. Auf die-
ser Ebene können sich Arbeitgeber und
Arbeitnehmer ersprießlich begegnen.
Um eine einigermaßen ideale Lösung
des Lohn- und Preisproblems, die dauer-
haft ist, zu ermöglichen, wird mit derzeit
die gleitende Lohnskala stärkere Beach-
tung verdienen, und zwar dann, wenn dij
hinter den Preisen weit zurückgebliebe-
nen Löhne auf eine angemessene Stara»
dardhöhe gebreicht worden sind.
Der Gewerkschaft obliegt es, mit
äußerstem Nachdruck den Forderungen
der Arbeitnehmerschaft, nachdem die
staatliche Lohnlenkung aufgehoben ist
(die Preise haben sich ja schon iangef
nicht an den Stop gehalten), m der Wi rt-
schaft, in der Regierung und im Landtag
Geltung zu verschaffen. C. S.
iiiimiiitmiiuiiimniiiiiiiiiiiiiiiiiimuiiimimumuiiiimmiuiniimiiiHiiimmiiiHimu
Aus dem Jttfiafr:
Stimme der Verbände
Das Mitbestimmungsrecht
Schuman-Plan und Saarwirtschaft
Gewerkschaft und Politik
Arbeit und Recht
Die Theatergemeinde teilt mit
iniiiiiHHHWjHiimimiiHniiitijmiiiiKiiiBiiiijjiiiniininniiiiiiiiiiiHiiimimiiiiiliii'Hi
Ä-l----------------------------------
Kritische Bettachtung des
Schumanpians
(Fortsetzung)
chen Zusammenarbeit doch ein erster
Schritt zur Verständigung getan werden
kann.
Die Gewerkschaften sind sich heute
einhellig darüber klar, daß nur eine ge-
plante und geregelt© Wirtschaft die Lö-
sung der vor uns liegenden europäischen
Gemeinsehaftsaufgaben bringen kann,
daß konstruktive Ideen für den zu errich-
tenden gesellschaftlichen und politischen
Neubau entwickelt und dann auch in die
Praxis umgesetzt werden müssen. Die Ent-
wicklung solcher Ideen und ihre Verwirk-
lichung kann aber nur gelingen, wenn die
Geisteshaltung der werktätigen Schich-
ten in den einzelnen europäischen Län-
dern sich in Uebereinstimmung mit der
Ideenrichtung befindet. Hier nun ergibt
sich zwangsiäufig für die verschiedenen
europäischen Gewerkschaften die Not-
wendigkeit, eine entsprechende Ideologie
aufzubauen. Unsere Mitglieder und Funk-
tionäre müssen befähigt werden, sich
nicht nur praktisch füur die Verwirkli-
chung dieser Idee einzusetzen, sondern
auch den ideologischen Kampf gegen die
Kreise zu führen, die als Interessenten
an den früheren Zuständen begreiflicher-
weise bestrebt sind, ihre ehemaligen Posi-
tionen zu erhalten.
Wir wollen em neues Europa schaffen.
Wer um das Werden der gesellschaftli-
chen Dinge unterrichtet ist, dem ist nicht
unbekannt, daß die Umformung aller gro-
ßen Epochen der Menschheit Zeit braucht,
und daß alle großen Umformungsprozesse
nicht von heute auf morgen ablaufien; er
weiß aber auch, daß er den Prozeß ab-
zukürzen in der Lage ist, wenn er das
neue Werden durch ein kräftiges Wollen
unterstützt. Dos ist es, was die Gewerk-
schaftler veranlaßt, dem Pion Schumems
für erste vorbehaltlos zuzustimmen.
Wenn die Vereinigung Zustandekommen
sollte, würde sje im Augenblick unter Zu-
hilfenahme der amerikanischen Kraftquel-
len, der Marshall-Unterstützungen die Pro-
duktion und den Absatz in planmäßige
geordnete Bahnen lenken. Darüber hinaus
aber wäre sie in ihrer Lebensdauer
nicht begrenzt auf die Zeit, wäh-
rend der der Marshall-Plan zur Durch-
führung kommt. Auch nach Ablauf die-
ser Frist würde die Vereinigung weiter
wirken- MU dieser Verpflichtung würden
sich die beteiligten Nationen zu der au-
ßerordentlich erfreulichen Einsicht beken-
nen, daß das Wirtschaftsbündnis nicht
allein der Behebung wirtschaftlicher
Schwierigkeiten dient, sondern die Grund-
lage abgeben soll für eine sich immer en-
ger gestaltende wirtschaftliche und auch
politische Zusammenarbeit. Was den po-
litischen Idealisten m der Vergangenheit
nicht gelingen wollte, die europäischen
Völker zu vereiniqea, das wollen jetzt die
Feali'te ' ^es Wirtscfccrft-'e’oens versuchen.
* ' *
Eine ausführliche Erörterung der Bedin-
gungen und Aussichten der Kohlen- unc
Stahlvereinigung würde einen sehr um-
fangreichen Fragenkomplex aufwerfen.
Jetzt sei lediglich zu Fragen Stellung ge-
nommen, die speziell die Kohlen- und
Stahlindustrie im Saarland berühren wer-
den. Blickt man auf die Gesamtmaten 3,
so kann man, obwohl schon mehr als fünf
Jahre vergangen sind, die für unsere Wirt-
schaft äußerst nachteiligen Kriegsfolgen
nicht übersehen. Von den vielen Proble-
men und Forderungen, die sich für uns er-
geben, seien hier einige grundsätzlich her-
vorgehoben, weil sie für die Zukunft un-
seres Landes von entscheidender Bedeu-
tung sind.
Erstens muß bei einer Zusammenfas-
sung der französisch-deutschen Grund-
stoffindustrien der saarländischen Schwer-
industrie, die das tragende Fundament für
das Leben unserer dichtbesiedelten Be-
völkerung bildet, innerhalb der deutsch-
französischen Industrie-Erzeugnis ein fe-
ster Platz eingeräumt werden, auf dem sie
leben und sich entwickeln kenn. Wir müs-
sen daher die Forderung nach einer
gleichberechtigten Behandlung unserer In-
dustrie im P.ahmen der französisch-deut-
schen industriellen Planung stellen.
Zweitens müssen wir eme angemessene
Berücksichtigung unserer Industrie beiden
Kontingentzuteilungen von Roh- und Hilfs-
stoffen ieder Art verlangen.
Drittens müssen wir eine einheitliche
Steuerpolitik in den drei Ländern fordern.
Eine unterschiedliche ^steuerliche Bela-
stung hat eine substanzvernichtende Wir-
kung und droht die Konkurrenzfähigkeit
der Industrieunternehmungen lahmzulegen.
Weil wir wissen, daß eine einseitig«
wirtschaftliche Orientierung auf die Dauer
zu einer wirtschaftlichen Verkümmerung
eines Grenzgebietes führen muß, erwach-
sen unserer Industrie zweifellos bei einer
Fusion der Grundstoffindustrien Deutsch-
lands—Frankreichs große Vorteile, Es
würde dadurch erreicht, was wir an dar
Saar für unsere Industrie auf Grund ihre*
wirtschaftlichen Struktur sowie ihrer Be-
zugs- und Absatzverhältnis.se schon im-
mer gefordert haben: die Freizügigkeit für
unsere schwerjndustrtelien Produkte ein-
schließlich der Kohle nach Westen und
Osten.
Begrüßenswert erscheint uns der Vor-
schlag eines Wirtschaftsredakteurs sei-
tens der saarländischen Regierung Einia-
,DIK ARBEIT11
Juni 1950
Starke Initiative
des Verbandes Post und Fernmeldewesen
Kritische Stellungnahme des Kollegen John in einer ausserordentlichen Mitgliederver-
sammlung — Forderungen des Verbandes — Lebhafte Unterstützung durch die Mitglieder
Es spricht für die rege Aktivität inner-
halb des L V. Post und Fernmeldewesen,
daß zu einer außerordentlichen Versamm-
lung der geräumige Saal Dörr bis auf den
letzten Platz besetzt war. Der Kollege
Morsch konnte zu Beginn der Versamm-
lung Herrn Ministerialdirektor Kunkel,
Herrn Oberregierungsrat Dr. Rauch, Herrn
Ministerialrat a. D. Karges, MonsieurHerr-
mann als Vertreter der PTT, Herrn Postrat
Ries und mehrere Amtsvorsteher begrü-
ßen. Neben zahlreichen Kollegen aus
Saarbrücken und Umgebung waren auch
die auswärtigen Dienststellen zahlreich
vertreten. Sem besonderer Gruß galt die-
sen Kollegen, die weder Zeit noch Mühe
gescheut hatten, um an der Kundgebung
teilzunehmen.
Kollege John wandte sich m einem
umfassenden Referat gegen die Verschlep-
pung der Stellenpläne 1950 und die Aus-
dehnung der Sperrbestimmung auf die
rückständigen Beförderungen und Anstel-
lungen aus dem Haushaltsjahr 1949, Er
forderte, daß
1. die Sperrbestimmung unverzüglich
aufgehoben werde, diie Beförderungen
aus dem genehmigten Stellenplan
1949 mit Wirkung vom 1. 10. 49 und die
Anstellungen mit Wirkung vom 1. 1. 50
ausgesprochen werden,
2. die Stellenpläne für das Haushalts-
jahr 1950 unverzüglich verabschiedet
werden,
3. der § 5 der Geschäftsordnung der Re-
gierung des Saarlandes für die PTV
in Wegfall kommt und die frühere Re-
gelung wieder eingeführt wird, derzu-
folge die PTV im Rahmen der geneh-
migten Planstellen bis zur Besoldungs-
gruppe A 4 b 1 (einschl.) selbständig
entscheiden konnte, darüber hinaus
das Wirtschafte- und Verkehrsiri iste-
rium und den Ministerrat einzuschal-
ten.
John bezeichnet® als Hauptdilemma bei
der Post- und Telegraphenverwaltung die
Diskrepanz zwischen Dienstposten und
Planstel’en, was einer Ausbeutung der Ar-
beitskraft gleichkomm®.
Dann ging er auf das Bereinigungsga-
gesetz ein. Die Postbeamten wurden bef
der Epuration besonders harr angefaßt.
Als Sühnemaßnahme wurde häufig von
der Entlassung Gebrauch gemacht. Die
materiellen Verluste übersteigen bei vie-
len Kollegen den Betrag von 1 Million Frs.
Daneben ist die Tatsache zu verzeich-
nen, daß Wehrwirtschaftsfiihrer und di®
Angehörigen freier Berufe ganze 50 000 Frs.
Strafe zahlten. Selbst wenn der entlas-
sene Beamte in der Zwischenzeit wieder
als Arbeiter eingestelllt wurde, sind ge-
genüber seinem Gehalt Verluste bis zu
13 345 Frs. monatlich festzustellen.
Die Tätigkeit der Bereinigungskommi«-
sion ist also für die Beamten von erheb-
licher Bedeutung, um so mehr, als di®
Entscheidung dieser Kommission den Be-
amten ein Rechtsmittel auf Wtedererastel-
lung in die Hand gibt. Sofern nicht durch
Gesetz ein® grundsätzlich andere Rege-
lung getroffen wird, verlangen wir, daß
die Kommission m der bisherigen Zusam-
mensetzung bestehen bleibt unc. der Mi-
niste trat unverzüglich dafür sorgt, daß
ihre Entscheidungen endgültig sind und
nicht van einzelnen Dienstherren will-
kürlich verschlechtert werden können.
Auf die Auszahlung der dritten Erhö-
hungsrate übergehend, betonte Koll.
John zunächst, daß es sich dabei um kei-
ne Gehaltserhöhung im üblichen Sinn®
handle, sondern um die verhältnismäßig
späte Hingabe von etwas, das bereits am
1. 1. 1948 anerkannt wurde. Bei den Be-
ratungen über die dritte Erhöhungsrate ist
es im sozialpolitischen Ausschuß de»
Landtags zu Meinungsverschiedenheiten
gekommen. Auf Grund der Tatsache, daß
die dritte Rate sich in den unteren Ge-
haltsgruppen nur geringfügig bemerkbar
macht, haben wir in Verbindung mit einer
Landtagsfraktion gefordert, für die unte-
ren Beamtenkategoriea eine zusätzlich«
Grundgehaltserhöhung für alle Gehälter
bezw. Grundvergütungen plus Wohnungs-
geldzuschuß zu gewähren, die dein monat-
lichen Betrag von 19 000 Frs. nicht über-
steigen. Dem Benehmen nach ist es inner-
halb der Fraktionen in der Zwischenzeit
zu einer Einigung gekommen, und man er-
wäge, in diesen Gehaltstagen zusätzliche
2000 Frs. monatlich zu gewähren.
Bei unseren Arbeitern sind Einkommeo
zwischen 13- und 14 000 Frs. die Regel.Die
Verwirklichung eines Mindestlohnes von
19000 Frs. ist nicht nur ein Akt politischer,
sondern auch wirtschaftspolitischer Klug-
heit. Es gehört zu den Fehlern der Ver-
gangenheit, daß die Unternehmerschaft in
ihrer Gesamtheit in Krisenzieiten auf dem
Sektor der Menschen, also auf Lohnsien-
kungen und Entlassungen auswich, ohna
zu bedenken, daß sich die Kris® damit
notwendigerweise verschärfen mußte, weil
die Millionen der breiten Schichten die
Käufer der Ware sind. Hinzu kommt, daß
bisher die Löhne durch staatliche Lohn-
anordnungen gebunden waren, anderer-
seits die Preise in aller Freiheit Spazie-
rengehen konnten. John forderte, daß das
Tarifvertragsgesetz auch für den Oeffent-
lichen Dienst Gültigkeit habe. Er forderte
weiter, daß sofort eine Tarifkommission
zusammengestellt werde und diese ihre
Arbeit unverzüglich aufnehme, damit nicht
wieder Leerläufe entstehen, die aus-
schließlich zu Lasten der Arbeiter ge-
hen. Ebenso erhob er die Forderung auf
Beseitigung der Lohnzonen. Das Saarge-
biet in seiner Gesamtheit ist ein einziges
Industriedorf, und der Unterschied zwi-
schen Saarbrücken und dem kleinsten Ort
des Saargebietes bestünde bestenfalls da-
rin, daß Preise in dem letzteren erheblich
über den von Saarbrücken liegen.
Scharf kritisierte John dasi Verhalten
des Wirtschaftsministeriums bezügl. einer
Eingabe des Verbandes in deir Frage der
Ueberlagerzeiten der Kraftfahrer an Sonn-
tagen. Die Eingabe war zum Zeitpunkt
der Versammlung sieben Monate Und drei-
zehn Tage unterwegs. All® möglichen
Stellen haben sich bemüht, sie unter bü-
rokratischem Staub und parteipolitischer
Verblendung hervorzuholen, jedoch bisher
ohne Erfolg. Der Vorgang ist um so ver-
werflicher, als die angestrebe Neurege-
lung eine Gruppe von Menschen zum Ziel
hat, die unter den bisherigen Verhältnis-
sen schwer zu leiden hatte.
Ein weiterer wunder Punkt ist das Grau-
päßierproblem. Es hat den Anschein, als
ob die Einbürgerungsanträge gar nicht
behandelt würden. Im Gegensatz zur Ver-
fassung, die nur auf die Anstellung als
Beamter die saarländische Staatsange-
hörigkeit vorschreibt, sind Beamte erst-
mals im November vergangenen Jahres
auch von der Beförderung zurückgestelit
worden. Alle Eingaben, Vorsprachen und
Veröffentlichungen haben bis zur Stunde
kein Licht in diese reichlich vearwprrene
Angeegenheit gebracht, geschweige denn
einen Schritt vorwärts geführt. Der Um-
stand, daß in jüngster Zeit ein Oberpost-
inspektor, der in Treptow-Rega geboren
und mit einer Französin verheirat ist, dem
roten Paß bekommen hat, spricht dafür,
daß es sich hier um ein Problem handelt,
dem man mit Beziehungen eher näher-
kommt, als mit dem frühesten Antrag und
tausend Gängen zu allen möglichen und
unmöglichen Stellen. Innenministerium u.
Hohes Kommissariat sollen sich über die
ungünstigen Auswirkungen, die eine der-
artige Hintertreppenpolitik in der breiten
Oeffentlichkeit auslöst, nicht im unklaren
sein. Bezeichnend ist, daß der betreffende
Oberinspektor sich erst nach Kriegsende
im Saargebiet niedergelassen hat. Dage-
gen weilen in unserer Mitte Kollegen, die
zehn und mehr Jahre im Saargelieb leben,
oft sogar eine Saarländerin zur Frau ha-
ben und übergenug bewiesen haben, daß
sie zu uns gehören. An der Graupäßler-
frage wird sich mit entscheiden, wo wir
im Saargabiet hinsichtlich Demokratie
und Gerechtigkeit stehlen.
Am Schluß nahm die Versammlung 6
Entschließungen über die Auszahlung der
dritten Erhöhungsrate, di® Verabschie-
dung der Stellenpläne und Aufhebung dar
Beförderungssperre, zur Tätigkeit der Be-
reinigungskommission, über die Löhn« für
Arbeiter im öffentlichen Dienst, da» Ver-
kehrs- und Transportwesen und die Grau-
päßlerfrage einstimmig an.
(Wegen Raummangel werden wir dii«
Ausführungen über das Verkehrs- und
Transportwesen und Betriebsdemokratio
und Betriebsräterecht in den nächsten
Ausgaben der „Arbeit“ veröffentlichen.)
Gegen Spaltungsarbeit
Erwiderung auf die Ausführungen de$ Kol-
legen Pink als 2. Vorsitzender des Indu"
strieverbandes Metall in der Nr. 53 vom
27. 5. 50 der „Neue Zeit“.
Seit dem wirtschaftlichen Anschluß, mit
dem ein Teil der KP sich trotz cter da-
durch erfolgten Verbesserungen für di®
Saarbevölkerung noch immer nicht au»
parteipolitischen Gründen abfinden kann,
wird von einem Teil der Funktionär®
des Industrieverbandes MSeitall und der
Einheitsgewerkschaft, soweit sie der KP
angehören, eine für die Verbände schädi-
gende Politik getrieben. Als zweiter Stein
des Anstoßes war für sie der Beschluß
der Generalversammlung der Einheitsge-
werkschaft, nichx dem Weltgewerkschafts-
bund, sondern der Gewerkschaftsintema-
tionale in London beizutreten. In dem Be-
richt des Kollegen Pink werden zwar die
Kollegen Wacker und Schmitt benannt, di®
zu der Tagung nach London gewählt wur-
den, vergessen aber hat der Autor zu be-
merken, daß er selbst auch den Antrag
zur Teilnahme an dem Gründungskongreß
in London gestellt hat. Seit dieser Zeit
muß festgestellt werden, daß kommunisti-
sch s Funktionäre der Einheitsgewerkschaft
auf Anweisung der KP des Saarlandes
Das führende Fachgeschäft für Herren- und Knabenbekleidung
SAARBRÜCKEN G. m. b. H. Rathousstraße 3-5
düngen an die deutsche und französische
Regierung ergehen zu lassen, die kom-
menden Verhandlungen über eine Zusam-
menfassung der Industrien in Saarbrücken
zu führen und gleichzeitig «in Angebot zu
unterbreiten, Saarbrücken zum ständigen
Sitz des internationalen Kohlen- und Stahl-
rates zu bestimmmen. Die geographische
Lage Saarbrückens würde einen solchen
Vorschlag durchaus rechtfertigen, und di«
Annahme des Vorschlages wäre für da»
Saarland zweifellos «in sucht zu unter-
schätzender Gewinn.
Die Fusion der Kohlen- und Stahlindu-
strie in den größten europäischen Ländern
wäre für die politische Vereinigung Euro-
pas van großer Bedeutung. Sinnfälliger
als durch dies« internationale Korporation
kann neben dem internationalen Güter-
austausch die Verflechtung des wichtig-
sten Teils der Industrien nicht zum Aus-
druck kommen. Die Übrige Wirtschhaft
wird m der internationalen Zusammenar-
beit zweifellos weitere Fortschritte ma-
chen. Sie wäre also^eg weisend in einer
Zeit, in der die politische Annäherung und
das sich gegenseitige Verstehen noch in
weiter Ferne liegen. Kohle und Stahl wür-
den somit zu Brücken, auf denen sich di®
Völker unseres Kontinent» die Hände zu
einer dauernden Verständigung reichen.
Im übrigen würde di« Verwirklichung
des Scbumansch«m Planes di« Richtigkeit
der saarländischen Politik in den letzten
drei Jahren bestätigen, einer Politik, di«
nachdrücklich auch von den verantwort-
lichen Funktionären der Einheitsgewerk-
schaft unterstützt worden ist.
eine Tendenz in die Einheitsgewerkschaft
hineintragen, um alle verbandsfühnemden
Kollegen zu verleumden, um so der Masse
den Beweis zu erbringen, daß ihre Ge-
werkschaftsbewegung nicht die wirklich«
Interessenvertretung darstellt, solang®
nicht Funktionäre der KP die Führung der
einzelnen Verbände inHcmden haben. Nach
außen hin betont man die Einheit, wäh-
rend man in Wirklichkeit bei allen wichti-
gen Fragen Fraktionsarbeit betreibt, um
so die geschlossene Einigkeit innerhalb
der Einheitsgewerkschaft zu spalten. Di®
1.-Mai-Feier 1950, die angesichts der
wichtigen Forderungen, die die Arbeitneh-
merschaft des Saarlandes an Regierung
und Arbeitgeberverband hatte, wurde aut
Anweisung oder Befehl ausgenutzt, um
der kranken KP einen Aufschwung zu ge-
ben. Es soll in diesem Artikel nicht in
Einzelheiten eingegangen werden. Der Ab-
lauf der Mai-Feier 1950 hat für diese Ziele
den klaren Beweis erbracht.
Wollen wir die parteipolitische u. welt-
anschauliche Neutralität der Einheitsge-
werkschaft beweisen und auch erhalten,
so müssen wir gegen alle, gleich wen es
trifft, der sich an der unterminierenden
verbiecherischen Spaltungsarbeit der Ge-
werkschaft beteiligt, aus unseren Reihen
entfernen. Wir sind uns bewußt, daß nicht
alle Mitglieder der Einheitsgewerkschaft,
die der KP angehören, sich für diese Ar-
beit hergeben. Erwiesen aber ist, daß ein
Teil dieser Funktionäre nicht das Wohl
und Wehe der Gewerkschaftsbewegung
im Auge haben, sondern ihrer Partei die-
nen wollen. Es wäre die Pflicht dies Kol-
legen Pink gewesen, sich auf dem Land"
wehrplatz in Saarbrücken als 2. Vorsitzen-
der des Industrieverbände« Metall und als
freigestellter Kollege der Einheitsgewerk-
schaft für Ruhe und Ordnung sowie Er-
haltung der Einigkeit einzusetzen. Dies
hat er aber nicht getan.
Der Vorstand des I. V. Metall sah sich
nun auf Grund der Satzungen des Indu-
strieverbandes Metall gezwungen, ein
Feststellungsverfahren gegen den Kolle-
gen Pink emzuleiten. Auf Grund dieser
Satzungen muß von jedem Mitglied ver-
langt werden, daß es sich für die Inter-
essen des Verbände» oder der Einheits-
gewerkschaft einsetzt, wieviel mehr wohl
von einem Spitzenfunktionär?! Wenn Kol-
lege Pink dieses Feststellungsverfahren
glaubt durch Veröffentlichung und Anru-
fung seiner Parteigenossen aufhalten zu
können, damit zugleich aber erneute An-
griffe gegen die Gewerkschaftsleitung
führt, so dürfte es ihm doch wohl klar
sein, daß nach Eeschreitung dieses Wegs»
seinerseits die Angelegenheit bis zur letz-
ten Konsequenz durchgeführt werden muß.
Es handelt sich nicht um Personenfra-
gen, sondern um Erhaltung der Einheits-
gewerkschaft und deren festgelegten Sat-
zungen. Nikolaus Fitegler.
Fehlseite(n) im Original
Tuni 1950
.OIE ARBEIT“
Seite 7
Die stehinrGdühtion und Kohieniörderunn im Jahre 1949
Ofenmaurer und Silikose
Stahl 1 Kohle
Millionen Tonnen
Großbritannien 15 215
Westeuropa Frankreich, Westdeutschland und
Benelux . Uebrige Länder 27\ J/ 31 205\ 15J 230
Osteuropa UdSSR Europäische Satelliten . , , , , 20) JJ 27 120) ÜJ 185
Insgesamt (ohne USA) 73 630
USA . . 83 576
Im Zusammenhang mit den Industrie-Union-Planen und der gesamten internationalen Ent*
Wicklung, vor allem auf wirtschaftspolitischem Gebiet sowie der Industrialisierung in den ver-
schiedenen Teilen der Welt, lohnt sich ein Blick auf die Produktionskapazität der wichtigsten
Wirtschaftsräume. Die vorstehende Tabelle gibt Aufschluß über die Stahlerzeugung und Kohlen-
förderung im letzten Vergleichsjahr. Die erwähnten Zahlen umfassen 90 Prozent der gesamten
Weltproduktion bezw. Förderung der genannten Rohstoffe. (>,Die Brücke".)
Schuman-Plan und Saarwirtschalt
Der Schuaian-Pian, über den wir an an-
derer Stelle der heutigen Ausgabe aus-
iührlich berichten, rückt immer mehr ins
internationale Blickfeld. Mit Beginn der
Verhandlungen über diesen Plan am 15.
ds. Mts. tritt er in das vorbereitende Sta-
dium.
Wir an der Saar haben an dem Zu-
standekommen des Planes ein sehr nahe-
liegendes Interesse einmal, weil wir wis-
sen, daß ein politischer Zusammenschluß
Eusopas, auf den unsere saarländische
Politik sich seit nunmehr 3 Jahren so-
zusagen ausrichtet, nur über eine enge
wirtschaftliche Verflechtung möglich ist
und zum anderen, weil eine derartige
Wirtschaftsfusion gewisse Auswirkungen
auf unsere saarländische Wirtschaft zei-
gen wird.
Diese Ueberlegungen veranlaßten den
saarlä /dischen Wirtschaftsminister am
30. Mai eine Aussprache mit Vertretern
der saarländischen Industrie, der poli-
tischen Parteien, des Arbeitsmiristeriums
und der Gewerkschaften herbeizuführen,
um deren Auffassungen über den Schu-
manplan kennenzulernen.
Das Wirtschaftsxninisterium hat über diese Be-
sprechung eine Verlautbarung herausgegeben, in
der es u. a. heißt: „Nach regem Gedankenaus-
tausch trat eine übereinstimmende Beurteilung
des Schumanpianes Zulage. Grundsätzlich wurde
Idee und Zielsetzung des Planes, soweit bisher
erkennbar, bejaht. Die Aussprache ließ erken-
nen. von welcher vitalen Bedeutung die Konzep-
tion des Schiuman-Planes nicht nur für die saar-
ländische Grundstoff Industrie und die Saarwirt-
echaft als solche, sondern für die Existenz und
Zukunft der gesamten Saarbevölkerung sein
könne.
Zur Sicherstellung einer sachverständigen Be-
arbeitung aller für das Saarland mit dem Schu-
man-plan zusammenhängenden Fragen bestellte
der Wirtschaftsminister im vertrauensvollen Ein-
vernehmen mit den anwesenden Konferenzteil-
nehmern eine ständige Kommission aus Vertre-
tern der Handelskammer, des industriellen Ver-
bandes. der Gewerkschaften und des Arbeits-
ministeriums. Diese Kommission söll im Be-
darfsfälle erweitert werden und dem Wirtschafts-
ministerium die Möglichkeit geben, sich über di«
saarländischen Wünsche und Forderungen zu un-
terrichten, um sie in geeigneter Weise zur Gel-
tung zu bringen.
Im Hinblick auf die voraussichtlich Mitte Juni
in Paris beginnenden internationalen Verhandlun-
gen über den Schuman-Plan wurde die vom Wirt-
schaftsminister in dieser Frage ergriffene Initia-
tive allgemein begrüßt und als notwendig erach-
tet. Die Konferenz gab der Erwartung Ausdruck,
dal) den Bemühungen der saarländischen Regie-
rung, über Einzelheiten des Schuman-PIanes amt-
lich unterrichtet zu werden, möglichst bald ent-
sprochen werde. Ferner wurde von Konferenz-
teilnehmern zum Ausdruck gebracht, daß das
Saarland bei den bevorstehenden Verhandlungen
auf Grund seiner geographischen Lage und der
dadurch bedingten besonderen wirtschaftspoli-
tischen Erfahrungen ein wertvoller Partner sein
könne. Angesichts des sehr beachtlichen saar-
ländischen Anteil» an Kohle und Eisen im Rah-
men des gemeinsamen französisch-saarländi-
schen Potentials dieser Grundstoffindustrie wur-
de der Erwartung Ausdruck verliehen, daß die
saarländischen Belange eine entsprechende Be-
rücksichtigung finden.'
Wir begrüßen den Entschluß des Wirt-
schaftsministers, den Gewerkschaften ne-
ben der saarändischen Industrie und den
politischen Parteien die Möglichkeit einer
Stellungnahme zum Sc humanplan gege-
ben zü haben. Wir würden es jedoch
ebenso begrüßen, wenn die saarländische
Regierung offiziell die Forderung auf Be-
teiligung saarländischer Delegierter bei
den bevorstehenden Verhandlungen stel-
len würde. Eine derartige Forderung er-
scheint uns vollauf berechtigt, denn ähn-
lich wie die „Volksstimme" in ihrer Aus-
gabe vom 31. 5. 50 erblicken wir in dem
Vertragswerk, das zum Abschuß gebracht
werden soll, nicht nur außenhandelspoli-
tische Vereinbarungen, sondern schwer-
wiegende Maßnahmen, di© tief in das
Wirtschaftsleben unseres Landes eingrei-
fen. Wir sind darum an diesem Vertrags-
werk besonders interessiert und verlan-
gen, daß saarländische Vertreter beiden
Verhandlungen zugelassen werden.
Durch Gesetz ist eine Reihe von Berufs-
krankheiten den Betriebsunfällen gleichge-
stellt worden, darunter auch die Silikose
(Staublungenerkrankung), deren Verhütung
eine wichtige Auigabe ist Nach dem ge-
genwärtigen Stand der wissenschaftlichen
Erkenntnis ist davon auszugehen, daß Sili-
kose in der Hauptsache durch Einatmen
von Staub entsteht, der frei« Kiesel-
säure enthält, wie sie namentlich in Quarz,
Quarzit, Sand und Sandstein vorkommt Ge-
bundene Kieselsäure (Silikate) ist gleichfalls
gesundheitsschädlich. Sie ist Hauptbestand-
teil oder als Verunreinigung enthalten in
Feldspat, Talk, Ton, Kaolin, Schamotte u. a.
In einer saarländischen Zeitung war vor
einigen Wochen ein Referat enthalten, das
sich mit den Gefahren des Staubes bei
verschiedenen Arbeiten in der saarländi-
schen Eisen- und Stahlindustrie befaßte.
Da von dem Verfasser verschiedene, den
Tatsachen nicht ganz gerecht werdende
Feststellungen gemacht wurden, die im In-
teresse der Sache nicht unwiderlegt blei-
ben können, soll auf die Frage der Staub-
gefahr nochmals näher eingegangen wer-
den.
U. a. beklagte sich der Verfasser über
das mangelnde Interesse der Oeffentlicü-
keit an dem Los der Ofenmaurer und
macht den mit der Gesundheitsbetreuung
der Arbeiterschaft beauftragten Stellen
den Vorwurf, sich nicht genügend um die
in ihrem Beruf schweren gesundheitlichen
Gefahren ausgesetzten Ofenmaurer zu
kümmern.
Als technischem Aufsichtsbeamten der
Landesversicherungsanstalt für das Saar-
land obliegt dem Schreiber dieser Aus
führungen die Ueherwachung der Unfall-
verhütung in den eisen- und metallerzeu-
genden und -verarbeitenden Betrieben,
wozu auch die Verhütung der Berufskrank-
heiten gehört. Der Verfasser hat daher
einen umfassenden Ueberblick auf diesem
Gebiet und erlaubt sich, auf den genann-
ten Artikel eine ausführliche Erwiderung
zu bringen.
Der Unfallversicherungsträger für das
Saarland hat ais Rechtsnachfolger der
früheren Berufsgenossenschaften im Jahre
1947 die Röntgenuntersuchungen der
Staubarbeiter in der Eisen- und Metall-
industrie erstmals nach dem Krieg auf-
genommen, nachdem diese laufenden Un-
tersuchungen letztmalig im Jahre 1944
stattgefunden haben.
Entsprechend den „Richtlinien für dis
Bekämpfung der Silikose in der Eisen- Und
Metallindustrie“, Fassung 1940, wurden
die Nachuntersuchungen im Jahre 1949,
d. h. vor Ablauf von drei Jahren, durch-
geführt.
Die erste Untersuchung der Staubarbei-
ter im Jahre 1947 wurde als generell«
Durchmusterung aller steinstaubgefährde-
ten Arbeiter der Eisen- und Metallindu-
strie aufgenommen, um in einer ersten
ärztlichen Kontrolle und Sichtung die Be-
legschaftsmi g ieder von Sandstrahtereien,
Gußputzereien, Schleifereien, Ofenmaurer-
betrieben (Bauabteilungen von Hüttenwer-
ken), auf ihre körperliche und gesundheit-
liche Eignung zu prüfen. Nach Wieder-
aufnahme der Arbeit 1945 in den Betrie-
ben war es in den meisten Fällen ver-
säumt worden, die neueingestellten Guß-
putzer, Schleifer, Ofenmaurer und Sand-
strahler bei der Wiedereinstelhing ärztlich
untersuchen zu lassen. Auf diese Weis«
sind eine Anzahl von Menschen auf sol-
chen Arbeitsplätzen eingestellt worden*
die aut Grund ihrer körperlichen Konsti-
tution nicht für schwere, heiße oder
staubige Arbeiten geeignet waren. Diät
erste Durchmusterung alter Staubarbeiter
sollte daher zu dem Ziele führen, dies»
gesundheitlich nicht einwandfreien Men-
schen herauszugreifen und sie durch
Austausch an einen Platz zu stellen, der
ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit
mehr entsprach.
Das Ergebnis rechtfertigte tatsächlich
die vorbeugende Maßnahme; konnte doca
eine Anzahl von Erkrankten rechtzeitig er-
faßt und vor weiterem Schaden bewahrt
werden. Ungefähr die Hälfte der Erkrank-
ten waren solche, die cm Krankheiten lit-
ten, die nicht mit der Berufskrankheit in
Zusammenhang standen, während die an-
dere Hälfte Staublungenveränderungea
aufwies. Von über 400 Untersuchten muß-
ten insgesamt rund 11 Prozent ihren bis-
herigen Beruf aufgeben.
Die Nachuntersuchungen im Jahre
19 4 9 haben folgendes Ergebnis gebracht:
Anzahl der
Werk Untersuchten
beginn, leicht.
Befunde
Silikose
mittL schwere
Sonstige
Veränderungen
zus.j
1 150 8 N — — 8 —
n 105 9 — — — 9 13
in 45 7 — —- — 7 1
IV 160 — — — — — —
V 21 1 1 — — 2 1
Vl 68 6 — — 1 7 3
VII 55 11 1 — — 12 7
604 42 2 — 1 45 25
Aus der vorstehenden Tabelle geht her-
vor, daß von 604 Staubarbeitem der Eisen-
und Stahlindustrie des Saarlandes 45 an
Silikose erkrankt sind, davon betreffen 42
nur beginnende Fälle einschl. sol-
cher, die überhaupt als Staub Veränderun-
gen fraglich erscheinen.
Lediglich eine schwere S-likose
konnte festgestellt werden. Dieser Ar-
beiter wurde sofort aus dem Staubmilieu
entfernt Er erhielt eine Beschäftigung m
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frischer Luft. Außerdem wurde ihm ein«
dem Grade der Erwerbsfähigkeit ent-
sprechende Unfallrente zuerkcmnt. Alte
übrigen Silikosen sind noch nicht entschä-
digungspflichtig. Zudem sind durch die
unverzüglich vorgenommenjan Aibeits-
platzverlegungen Verdienstverminderun-
gen nicht entstanden, da durch die soziale
Einstellung der Werke den Leichterkrank-
ten andere Arbeitsplätze mit dem glei-
chen Verdienst zugeteilt wurden. Sie blei-
ben in dauernder betriebs- oder hcrusärzt-
licher Ueberwachung.
Zwei Tbc-Fälle sind dem hierfür zustän-
digen staatlichen Gesundheitsamt zur
weiteren gesundheitlichen Betreuung zu-
geieitet worden.
Die betrieblichen Verhältnisse wurden
von dem technischen Aufsichtsbeamten
und den Beamten des Gewerbeaufsichts-
amtes besichtigt und mit den Sicherheits-
ingenieuren und Betriebsleitern der Be-
triebe die notwendigen Schutzmaßnahmen,
insbesondere zur Bekämpfung des Stau-
bes erörtert und festgelegt.
Können an deu Entstehungsstellen di«
Staubnebel nicht unmittelbar abgesaugt
werden, so müssen für die Dauer der
Staubarbeit Feinstaubmasken getragen
werden.
Es werden heute derartig« Atem-Schutz-
masken hergestellt, die den Träger kei-
neswegs behindern.
Der Atemwiderstand dieser Gerate i
sehr gering; die Filterleistung sehr hoch,
so daß der Arbeiter einen fast lOOprozen-
tigen Schutz bei Benutzung der Maske
hat.
Das Gesichtsfeld wird kaum beein-
trächtigt, der Maskenkörper legt sich
leicht und doch gut abdichtend im Ge-
sicht an. . , _ ..
Es muß jedoch aus hygienischen Grün-
den verlangt werden, daß jeder Stcrubar-
beiter eire Maske für sich hat.
Nach Arbeitsenäe ist die Maske zu rei-
nigen und an einem staubfreien Platz auf-
zu.oewafiren.
Von Zeit zu Zeit, ja nach der Dauer
der Benutzung, ist der Großstcrub- und.
der Feinstaubfilter auszuwechseln.
Allgemein kann zur Frage der Benut-
zung von Atem-Schutzmasken gesagt
werden, daß sie einen Behelf carste.ieu
und trotz aller neuzeitlichen Verbesserun-
gen nicht die ganz« Schicht zum Tragen
zu ge mutet werden könnem.
Für Staubarbeiten vorübergehender Art,
wie überall dort, wo Absaugungen nicht
angebracht werden können, bleibe a«
Staubschutzmaske als wirksamer Schutz
gegen den gefährlichen kieseisäurshu lü-
gen Staub, . ®J*
(Fortsetzung folgt!)
Seite 8
.DIE ARBEIT.
Juni 1950
Zur Verteidigung der Einheit
Antwort an die „Neue Zeit“ Erklärung des Kollegen Fiiegler
Die .Neue Zeit” veröffentlicht in ihrer
Nummer 54 vom 31. 5. 1950 einen Artikel,
überschrieben: „Die Einheit muß vertei-
digt werden", auf den ich folgendes er-
widere:
Wer den Artikelschreiber kennt, wun-
dert sich nicht mehr über eine derartige
Verdrehung von Tatsachen, wie sie hier
klar zum Ausdruck kommt. Zweck dieser
Konferenz war Stellungnahme der ersten
und zweiten Beauftragten unseres Ver-
bandes in den Betriebsräten zur Loh.a-
Irage. Als Leiter der Versammlung habe
ich bei deren Eröffnen die erschienenen
Kollegen gebeten, nach dem Bericht
des Kollegen Geiß und. Rauch m klaren
und deutlichen Ausführungen die Lage der
einzelnen Betriebe zu kennzeichnen. Das
Vorgehen des anwesenden Polizeibeam-
ten,~der bei Eröffnung der Diskussion ver-
langte, daß jeder Diskussionsredner seine
volle Anschrift angeben müsse, gab Ver-
anlassung zur ersten Empörung der An-
wesenden. Wenn der Aitikelschreiber der
„Neue Zeit” bemerkt, Fiiegler habe die-
sem Antrag zugestimmt, so muß dies als
eme ganz infame Lüge bezeichnet wer-
den. Wahr ist, daß ich erklärt habe, wir
brauchen unsere Anschriften nicht zu ver-
decken, denn was wir reden, wollen wir
offen reden, aber in Anbetracht dessen,
daß ich hierin eine Bespitzelung der Per-
son sehe, lehne ich diesen Antrag ab.
Ich erklärte ferner wörtlich, daß ich in vie-
len Versammlungen seit 1945 gesprochen
habe, ohne daß seitens der Polizei dieser
Antrag gestellt wurde. Weiter habe ich
erklärt, daß ich als Versammlungsleiter
jede Verantwortung übernehme und auch
dann die Versammlung weiterführe, se bst
wenn die Polizei beabsichtigt, die Ver-
sammlung zu schließen. Die Angelegen-
heit fand ihr Ende durch eine telefonische
Aussprache mit dem Polizeidirektor.
Alle weiteren Beschuldigungen, die Im
dem Artikel mir vorgeworfen werden, muß
ich als Verleumdung zurückweisen. Es
trifft nicht zu, daß ich in irgendeiner Wei-
se versucht habe, den Kampfeswillen der
Metallarbeiter zu unterbinden. Ich war
als Versammlungsleiter gezwungen, dar-
auf zu achten, daß die von gewisser Seite
hereingetragene parteipolitische Tendenz
in dieser Versammlung nicht Platz greift
und lediglich zum Tagesordnungspunkt
Stellung genommen wird. Ich lehnte es
entschieden ab, daß hier über die Frage
Pink und Obermeier gesprochen wurde.
Was die Aktionseinheit mit der Christli-
chen Gewerkschaft betrifft, so muß doch
jeder verwundert sein, daß ausgerechnet
dieser Antrag mir von führenden Kollegen
der KP gestellt wurde. Ich selbst bin je-
derzeit bereit, mit der Christlichen Ge-
werkschaft eine Aktionseinheit zu bilden,
wenn diese mich darum angeht. Es muß
dabei bemerkt werden, daß wir in der
Vergangenheit in aktuellen Fragen vor je-
der Verhandlung mit den Vertretern der
Christlichen Gewerkschaften in Verbin-
dung standen, was sehr oft Mißfallen auf
der anderen Seite ausgelöst hat.
Kollegen in der Metallindustrie!
Schon diese kurze Berichtigung eines *
Artikels der „Neue Zeit“ beweist, mit wel-
chen Mitteln men seitens dieser Partei
seit Monaten .vorgeht, um führende Funk-
tionäre Eurer Gewerkschaft zu verleum-
den und zu diffamieren. Man nützt Ver-
sammlungen aus, um Stimmung zu ma-
chen, aber man übersieht, welche Folgen
wohl solche Machenschaften haben kön-
nen. Ich als Vorsitzender des Verbandes
habe wirklich erwartet, daß in dieser
Fanktionärkonferenz der Kampfeswillen
füüx eine Lohnerhöhung, die ja eine be-
rechtigte Forderung der Arbeitnehmer ist,
zum Ausdruck kommt. Ich habe weiter er-
wartet, daß meine führenden Funktionäre
in den Betrieben nichts anderes im Auge
haben, als für ihre Forderung zu kämpfen
und auch wie eine Mauer dahinter stehen.
Wenn man kämpfen will, so muß man
sachlich bleiben; denn es gibt nichts
Schlimmeres, als der Oeffentlichkeit zu
zeigen, daß man eigentlich ja gar keine
Machteinheit darsteilen will, sondern po-
litische Ziele verfolgt. We(nn man eine
Einheit erhalten will, so muß man in jedejr
Beziehung bei der Wahrheit bleiben, und
man soll dieses Wort doch nicht für
schmutzige Zwecke verwenden. Gerade
die „Neue Zeit” stellt das Wort Einheit
wohl immer an die erste Stelle, und ich
glaube, daß jeder klardenkende von Euch
einsieht, wozu dieses Wort dort imme,r
wieder mißbraucht wird und daß gerade
die „Neue Zeit“ in dieser Hinsicht doch
wohl vorsichtiger sein müßte. Wer erhält
die Einheit, und wer ist immer bereit, sie
zu zerschlagen? Wer nützt denn immer
wieder eine Versammlung aus, um Zwi-
stigkeiten und Zwischenfäälle hervorzu-
rufen?
Ich warne alle, die glauben, von schmut-
ziger Wäsche oder schmierigen Angele-
genheiten sprechen zu müssen. Es wäre
wohl ein Verhängnis für einige Kollegen,
wenn ich einmal öffentlich sagen muß, wo
schmutzige Wäsche zu finden ist. Ich will
zunächst davon absehen, aber man soll
die Toleranz nicht mißbrauchen. Wenn ich
auch lange geschwiegen habe, so lasse
ich mir von anderen meine Arbeit und
Ehre nicht beschmutzen.
Ich möchte zum Schluß meiner Ausfüh-
rungen nur noch sagen, daß mein ober-
stes Gebot im Leben war, für die Hebung
des Arbeitersbandes und für das Wohler-
gehen derselben und deren Familien zu
kämpfen. Nikolaus Fiiegler.
Die Darstellung gibt einen Ueberblick über die Verteilung der Erdbevölkerung und
zugleich über ihre Aufteilung in entwickelte, teilweise entwickelte und rückstän-
dige Gebiete. Mit besonderem Interesse wird der Betrachter die Darstellung über
das voraussichtliche weitere Wachstum der Menschheit zur Kenntnis nehmen. In
20 Jahren soll bereite die Drei-Milliardengrenze erreicht sein gegenüber 400 Millio-
nen Menschen, die im Jahre 1700 die Erde bevölkerten. Nach Forschungen aus
neuerer Zeit läßt sich nun die immerhin tröstliche Feststellung machen, daß von
den kultivierbaren 52 Prozent der Erdoberfläche bisher ©Tst 7 bis 10 Prozent wirk-
lich richtig ausgenutzt sind, wenn man die modernsten Kultivierungsmöglichkei-
ten in Betracht zieht, und sofern die neugewonnenen Auffassungen sich als rich-
tig erweisen. Trotz der bevorstehenden weiteren Bevölkerungszunahme ist ein«
Erhöhung des Lebensstandards möglich, bei Vermeidung kriegerischer Auseinan-
dersetzungen und vor allem bei Vermeidung dementsprechender Rüstungen, das
heißt, daß der Friede gesichert wird, wozu gehört, daß nicht die Freiheit der Welt
in Gefahr gerät.
SMtlALHAUS fön MERWiN
K NABEN BEKLEIDUNG
DilLINGEN / SAAR STUMMST«. NO. 38
Post aus dem Ausland
USA. Der Vollzugsausschuß der A. F. of L.
bat in seiner letzten außerordentlichen Sit-
zung vier Vorstandsmitglieder, darunter den
Präsidenten Green, beauftragt, mit einer mit
der gleichen Aufgabe betrauten Delegation
des C. L O. über die Frage der Vereinigung
der beiden großen amerikanischen Gewerk-
Schaftsorganisationen zu verhandeln. Bekannt-
lich haben die beiden Gewerkschaftszentra-
ien ihr außenpolitisches Programm schon seit
einiger Zeit in stillschweigendem Abkommen
aufeinander abgestimmt, was besonders
während der Gründungsversammiung des In-
ternationalen Bundes Freier Gewerkschaften
und seitdem auf anderen internationalen Ge-
werkschaftskonferenzen zum Ausdruck kam.
ftn übrigen hat der Vollzugsausschuß der
A. F. of L. erneut wieder das außenpolitische
Programm der amerikanischen Gewerkschaften
gutgeheißen, in dem unter anderem die An-
erkennung der Souveränität der Westdeutschen
Bundesrepublik mit der Zuerkennung diploma-
tischer Rechte gefordert wird. Ferner ver>
langen die amerikanischen Gewerkschaften die
Unterzeichnung eines vorläufigen Friedensver-
trages mit der Westdeutschen Bundesrepublik,
die Verteidigung Asiens gegen den Kommu-
nismus und die Erteilung wirtschaftlicher Hilfe
an Jugoslawien. Es ist bezeichnend, daß die
A. F. L. Wert darauf legte, diesen Forderun-
gen gerade nach Abschluß der Londoner
Außenministerkonferenz Ausdruck zu verleihen.
Feiner fällt die Erklärung mit der offizielle?
Austrittserklärung der jugoslawischen Gewerk-
schaften aus dem Weltgewerkschaftsbund zu-
sammen.
Frankreich. Die Finanzkommission der fran-
zösischen Nationalversammlung beschloß
Steuerfreiheit für Einkommen bis zur Höhe
von 180 000 Franken vorzuschlagen. Der Be-
schluß erfolgte mit einem Stimmverhältnis, das
noch keine Rüchschlüsse auf die endgültige
Regelung ziehen läßt Die Antragsteller lie-
ßen sich offenbar von dem Gedanken leiten,
daß es unmöglich sei, Steuern von ersonen
zu fordern, die gerade das Lebensminimum ver-
dienen.
Italien- Die christlichen und republikanischen
Gewerkschaften Italiens schlossen sich am
Vorabend des 1. Mai zu einem neuen Ge-
werkschaftsverband zusammen. In der Fusions-
erklärung wird der Mißbrauch der Gewerk-
schaften zu politischen Zwecken verurteilt.
Die JAeatecqemeUide teilt mit:
Miete II:
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Die Arbeitsmarktlage
Das Ministerium für Arbeit und Wohl*
fahrt teilt in seinem letztem Monatsbericht
u. a. mit:
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich
weiterhin gebessert. Die Zahl der Beschäf-
tigten hat mit 271 701 Ende April bereits
den höchsten Stand des Jahres 1949 über-
schritten. Innerhalb eines Jahres ist so-
mit die Gesamtzahl der Beschäftigten um
rund 10000 gestiegen.
Die Zahl der Arbeitscu he nden ist von
12 944 im April 1949 auf 9850 Ende April
ds. Js. gesunken, während die Zahl def
Arbeitslosen sich kaum verändert hat.
Dies erklärt sich daraus, daß der Kreis
der Arbeitslosen sich überwiegend aus
Erwerbsbehinderten, Frauen, Jugendlichen
und Angestellten zusammensetzt, die nur
leichte Arbeiten verrichten können, an de-
nen es aber im Saarland — im Vergleich
zu den mittelschweren bis schweren Ar-
beiten — zu sehr mangelt. Und dennoch
ist nach Auffassung der Arbeitsämter eine
zweckmäßige Unterbringung dieser von
einer Dauerarbeitslosigkeit bedrohten
Arbeitskräfte möglich, wenn den Arbeite*
marktvorschriften entsprechend alte offe-
nen Stellen der öffentlichen Arbeitsver-
mittlung gemeldet werden, damit die leich-
ten Arbeiten vorwiegend für die Erwerbs-
behinderten — unter Berücksichtigung ihre»
Eignung — reserviert bleibien.
Die Lage in einzelnen Wirtschaftszwei-
gen und Berufsgruppen.
Landwirtschaft: Die Landwirtschaft hat,
bedingt durch die Frühjahrsarbeiten, ei-
nen erhöhten Bedarf an Fach- und Hilfs-
kräften. Es wird notwendig sein, rund 200
auswärtige Arbeitskräfte heranzuziehen-,
weil saarländische Bewerber nicht zur
Verfügung stehen.
Bergbau: Die Gesamtbelegschaft det
saarländischen Gruben beträgt an Unter*
und Uebertagearbeitem rund 62 000. Die
Gruben können auf lange Zeit keine wei-
teren Arbeitskräfte aufnehmen.
Industrie der Steine und Erden: Der Be*
schäftigungsgrad ist unverändert hoch.
Die angeforderten vollarbeitsfähigen Kräf-
te konnten nicht restlos gestellt werden,
so daß verschiedene Betriebe, vor allem
Baustoffwerke, dazu übergehen mußten,
weibliche Arbeitskräfte einzustellen.
Die Kalk- und Hartsteinwerke konnten
noch Arbeitskräfte aufnehrnen.
Eisensrzeugend© Industrie: Die saarlän*
dischen Hüttenwerke, vor altem die Dil-
Ünger Hütte und das Neunkircher Eisen
werk, waren für Arbeitskräfte wieder auf-
nahmefähig.
Eisen- und metallverarbeitende Indu-
strie: Die Auftragslage blieb im ganzen
gesehen noch gut.
Die Betriebe der keramischen und Glas-
industrie in Merzig, Mettlach und Wad*
gassen nehmen in geringem UmfangS
noch Arbeitskräfte auf.
Bau- und Baunebengewerbe: Die Bautäi-
tigkeit hat zwar zwei Monate früher als
im Vorjahr, aber nur zögernd eingesetzt.
Die Zahl der Beschäftigten ist gegenübet
dem Vormonat um 806 gestiegen.
ORGAN OER EINREHSGEIllERHStHRFTEN DER RROEITER, ANGESTELLTEN ONO GERRITEN
4. fahrgang Saarbrücken, 20. Juni 1950 N*. 12
— ......— —....- ■■ - ■■ ■" — ................. ■ ■ -..........-■* --------------- ----------------
Gewerkschaftliche Tatkraft
Das Ergebnis der Generalversammlung des I.V. Öffentliche Betriebe - Wiederwahl des
Kollegen Josef Beiheid - Ansprache des Arbeitsministers - Die wichtigsten Forderungen
Die Generalversammlung dies I. V. Oeffenthche Betriebe und der in Bankert,
Sparkassen und Versicherungen Beschäftigten, die am 17. und 18. Juni in St.
Ingbert stattfand, wurde zu einer starken Manifestation gewerkschaftlicher Po-
litik. Die Tagungsarbeit nahm ihren Ausgang von den speziellen Problemen
des Landesverbandes. Diese sind aber nicht zu trennen von den Problemen,
die durchweg alle Gewerkschaftler, ja die ganze Bevölkerung an gehen. Das
Ergebnis der zweitägigen Beratungen, die nach den Richtlinien der Einheits-
gewerkschaft harmonisch verliefen, ist in mehreren Entschließungen niederge-
legt. Nun gilt es, diesen Entschließungen, die die Aufmerksamkeit weitester
Kreise verdienen, den nötigen Nachdruck zu verleihen. Der bisherige Vorsit-
zende des Landesverbandes, Kollege Josef Delheid, wurde auf dem Kongreß mit
großer Stimmenmehrheit wiedergewählt.
In der letzten Zeit wurden häufig Gewerkschaftsvertreter in Zeitungen und Rund-
funk im Zusammenhang mit wichtigen politischen und wirtschaftlichen Vorgängen
genannt. Obiges Bild zeigt namhafte Gewerkschaftsvertreter auf einer Tagung des
Ausschusses für den europäischen Hilfsplan in Paris. In der Mitte des Bildes
der amerikanische Delegierte von der A. F. L., Irving Brown; am gleichen Tisch,
hinter ihm, G. Fastore, Generalsekretär des Verbandes der Freien Gewerkschaf-
ten Italiens (L. G. G. I. L.) und sein Uebersetzer; am gleichen Tisch gegenüber N.
Sinot vom Internationalen Bergarbeiterverband, und Niel Miller, Vertreter der E. C.
A. Am Tisch zur Rechten, von links nach rechts: O. Becu, Internationaler Trans-
portarbeiterverband; G. Bernasconi vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund; R.
Champion, Sachverständiger der französischen Gewerkschaftsorganisation Force
Ouvriere; M. C. Bolle, Sekretär der Internationalen Berufssekretariate.
Energischer Vorstoß
Neunkircher Kundgebung gibt berechtigtem Unwitfen scharfen Ausdruck
Nach Eröffnung des Kongresses durch
den Kollegen Delheid gedachte die Ver-
sammlung ehrend der in den letzten Jah-
ren verstorbenen Mitglieder; Bürgermei-
ster Bleif, St. Ingbert, sprach dann ein
herzliches Willkommen aus, ebenso Kol-
lege Kennerknecht vom Ortsausschuß.
Geschäftsführer Roll. H e c k 1 e r erstat-
tete den Geschäftsbericht, der die Auf-
wärtsentwicklung des Verbandes seit 1948
schilderte. Hervorgehoben sei, daß die
Mitgliederzahl von Frauen und Jugendli-
chen recht ansehnlich ist. In der Berichts-
zeit überstieg die Zahl der Versamm-
lungsteilnehmer über 30 000. Der Ge-
schäftsbericht enthält eine Reihe von Ein-
zelheiten, die eine vorzügliche Begrün-
dung der in den Entschließungen enthal-
tenen Forderungen darstellen. Im großen
und ganzen war der Bericht recht zufrie-
denstellend. (Einzelheiten aus dem Ge-
schäftsbericht sowie über die GV. werden
in einem Mitteilungsblatt den Mitgliedern
noch bekanntgemacht werden.)
Ein besonders erfreuliches Bild konnte
sodann Kollege Rektor über die Ent-
Wicklung der von ihm aufgebauten und
geleiteten Fachgruppe Banken, Sparkas-
sen und „ Versicherungen abgeben. Man
bekam dabei auch einen Eindruck von der
• mühseligen Kleinarbeit, die einem solchen
Aufschwung vorangehen muß. Ko 11. Hek-
tar konnte überzeugend darlegen, daß ein
weiterer Aufstieg der Fachgruppe und da-
mit ein weiterer Erfolg für die Mitglieder
gewährleistet ist.
Eine lebhafte und ausgiebige Diskus-
sion {die ebenfalls im Mitteilungsblatt
ihre besondere Auswertung finden wird),
stand auf einem hohen Niveau, und man-
che Ausführungen werden sich befruch-
tend auf die weiteren Verbandsarbeiten
auswirken. Kritik, auch am Vorstand,
wurde durchaus begrüßt, soweit sie po-
sitiv gehalten war. Erfreulich war auch
der Kameradschaftsgeist, der sich in der
Forderung zeigte, nichts unversucht zu
lasseh, um in erster Linie den niedrig be-
zahlten Kräften zu helfen und ebenso den
Kleinrentnern und Pensionären. Die Stel-
lungnahme der Einheitsgewerkschaft zum
Betriebsrätegesetz, zum Tarifvertragsge-
setz und zur Mitbestimmuung fand eifrige
Verfechter, Lebendig war auch der R\u
nach noch mehr Solidarität.
Der zweite Kongreßtag begann mit
der Begrüßung der Gäste und deren An-
sprachen. Es waren vertreten das Innen-
ministerium, das Wirtschaftsministerium,
das Ministerium für Arbeit und Wohlfahrt
und das Hohe Kommissariat. Admmistra-
teur Rieth betonte über die Glückwün-
sche hinaus, daß das Hohe Kommissariat
berechtigten Ansprüche der Arbeitneh-
merschaft voll unterstütze und sich für das
Prinzip der Gleichstellung der Löhne und
Gehälter zwischen Frankreich und der
Saar stets einsetzen werde.
Josef Delheid,
1. Vorsitzender des I. V. OeffentlichO
Betriebe und Verwaltungen.
Die Verzögerung der Feiertagsbezah-
lung läge nicht am Hohen Kommissar,
sondern die französische Regierung habe
Instruktion gegeben, daß aus grundsätzli-
chen wirtschaftlichen Erwägungen heraus
die gemischte Kommission sich damit be-
lassen solle.
Mit einem Hinweis aut den Schuman-
plan unterstrich der Redner diie Notwen-
digkeit der europäischen Wirtschaftsein-
heit und betonte, daß die Gewerkschaften
hier vor einer großen Aufgabe stünden.
In einem grundsätzlichen Fe Sera t behan-
delte Kollege Delheid die Gewerk-
schaftsarbeit. Als erfahrener Gewerk-
schaftler konnte er ein packendes Bild der
gewerkschaftlichen Entwicklung geben —
angefangen von den ersten sozialen.
Kämpfen bis heute. Sozialgesetzgebung,
Achtstundentag, Tarilgesetze, Streik recht
sind nur einige der Meilensteine auf dem
Wege des Aufstiegs.
Mit großem Nachdruck begründete der
Redner die Richtigkeit und Notwendigkeit -
der gewerkschaftlichen Einhte-it. Die Lo-
sung unserer Tage sei .wirtschaftliche und
soziale Neuorientierung. Dite Arbeitneh-
mer fühltesich mitverantwortlich ihr die
Entwicklung der Gesamtwirtschaft und
der Verband der öffentlichen Betriebe für
die Entwicklung in Staat und Gemeinde.
Ein gerechter Ausgleich vn dier gesamten
Wirtschaft sei eme bessere Friedensbürg-
schaft als Verträge und Rüstungen.
Der Redner befaßte sich mir den beson-
deren Forderungen dies Verbandes und
der Fachgruppen. Die Ausführungen wa-
ren eine energische und beweiskräftige
Begründung der später angenommenen
Entschließungen und ein Nachweis da-
für, daß heute von den Arbeitern, An-
gestellten u. Beamten viel verlangt wird.
Zur Mitbestimmung stellte der Redner
fest, es stehe nirgends geschrieben, daß
die Eigentumsfrage nicht Wandlungen un-
terworfen sei. Das volle Mitbestimmungs-
reeht müsse den Arbeitnehmern auch im
öffentlichen Dienst zugesprochen werden.
Die Schaffung einer Arbeitskammer sei
ein dringendes Erfordernis.
Das Berufsbeamtentum werde von der
Gewerkschaft in keiner Weise angetastet.
Der Beamte müsse von seiner Abhängig-
keit befreit werden. Die Haltung der Ge-
werkschaft resultiere aus manchen bitte-
ren Erfahrungen der Vergangenheit.
Mit großer Aufmerksamkeit waren die
Delegierten dem Referat gefolgt, das noch
einer Veröffentlichung im einzelnen be-
darf.
Der Präsident der Einheitsgewerkschaft,
Wacker, ergriff hierauf das Wort. Er
hob zunächst die steigenden Leistungen
der Saararbeitnehmerschaft hexvor und
betonte, daß die Lohnfestsetzung zwischen
Frankreich und der Saar nicht unter dem
Gesichtspunkt einer absoluten Gleichma-
cherei betrachtet werden könne. Die be-
deutende Produktionssteigerung gebe uns
das Recht, die bescheidene Summe, die
durch die Bezahluung der Feiertage ge-
geben sei, von der Wirtschaft zu verlangen.
Die ungesunde Spanne zwischen Löhnen
und Preisen müsse endlich ausgeglichen
werden. Es sei dringend erforderlich, daß
der sozialpolitische Ausschuß des Land-
tages noch in diesen Tagen zu einer Ver-
ständigung über das Tarifvertragsgeselz
und auch über das; Betriebsrätegesetz
komme. Es sei unbegreiflich, daß man an
der Saar versuche, der Beamtenschaft
die Gleichberechtigung in bezug auf die
wirtschaftspolitische Staatsbürgerschaft
abzusprechen. Die Arbeitnehmer haben
in ihrer Gesamtheit beim Neuaufbau des
Staates und der Wirtschaft gearbeitet und
wollen mit gleichen Rechten, Pflichten und
Verantwortung ausgestattet sein. Außer
einer Arbeitskammer müßten wir auch ei-
nen Wirtschaftsrat für das ganze Saar-
land gründen, in dem Arbeitgeber und Ar-
beitnehmer gleichberechtigt vertreten sind.
Der Privatkapitalismus habe nicht bewie-
sen, daß er im Interesse von Staat und
(Fortsetzung Seite 2)
Was die Gewerkschaft will, was zur
Zeit die wichtigsten Forderungen sind,
das war Gegenstand einer Versammlung
am 13. Juni im Bergmannsheim in Neun-
kirchen. Von der gut besuchten Versamm-
lung wurden an Regierung und Landtag
eindringliche Resolutionen gerichtet. Man
sollte erwarten dürfen, daß die zustän-
digen Stellen den Resolutionen besondere
Aufmerksamkeit widmen, einmal wegen
ihrer Dringlichkeit, dann aber auch aus
Prinzip, um den demokratischen Formen
gerecht zu werden und sie zu stärken und
um darzutun, daß man allseits ge-
willt ist, demokratisch zu verfahren und
dem, was demokratisch zu Recht besteht,
Gehör zu schenken und die damit die Er-
füllung berechtigter Ansprüche zu ge-
währleisten. Kollege Hammerschmidt der
als Ortsausschußvorsitzender die Ver-
sammlung eröffneie, gab nicht ohne
Grund dem steigenden Unwillen innerhalb
der Gewerkschaft Ausdruck, als er sagte:
„Wir müssen Regierung und Landtag kiar-
machen, daß die bisher geübte Politik
und Taktik nicht weitergehen kann.“
Die Löhne entsprechen bei weitem nicht
den Leistungen.
Koll. Dreher hatte das Referat über-
nommen, in dem er folgende drei Haupt-
theroen behandelte: Preise und Löhne, Ta-
rifvertrags- und Betriebsrätegesetz und
Mietpreiserhöhung.
Zunächst kritisierte der Redner die Po-
litik der Repieru-ng und der Arbeitgeber
m der Lohnfrage. Bei gutem Willen der
Gegenseite hätte man zumindesten in den
Privatbetrieben schon längst Tarifver-
träge abschließen können. Das Gesetz
über die Zahlung der Feiertage, das der
Landtag verabschiedet habe, sei bis heule
noch nicht in Kraft.
EoUege Dreher behandelte hierauf die
wirtschaftliche Entwicklung, um die Zah-
lungsmöglichkeit der Arbeitgeber in Be-
zug auf gerechten Lohn darzutun. Die
Großhandelsumsälze haben sich in ei-
nem halben Jahre um 25 °b erhöht. Im
Vorjahr wurden im Saarland 79 Mi1 har den
Frs. umgesetzt (ohne die 50 Milliarden
vom Bergbau). Mit Recht fragt man sich,
wie soll man da die Haltung der Arbeit-
geber bezeichnen, die sich weigern, die
Feiertage zu bezahlen und die sich jetzt
bemühen, die dafür notwendigen Gelder
allgemein auf die Steuerzahler abzu-
wälzen. ^
Der Redner gab einige besondere Zah-
len aus dem Wirtschaftsbereich des Berg-
baues bekannt. Seit Januar dieses Jah-
res ist die Kopfleistung des saarländi-
schen Bergmannes von 1462 kg täglich auf
1533 kg gestiegen, also um 16 o/o. Man ist
bereits mit 97,65 % an den Leistungsstand
des Rekordjahres von 1938 herangekom-
men So sind die Leistungssteigerungen,
aber seit Oktober vorigen Jahres gab es
im Bergbau keine Lohnerhöhung mehr.
Für die Metallindustrie ergeben sich
folgende Zahlen: Im letzten Halbjahre
1949 wurden an der Saar an Roheisen
787 000 Tonnen gegen 576 000 Tonnen im
Halbjahre 1948 produziert. An Rohstahl
883000 Tonnen gegen 606 000 Tonnen, an
Walzerzeugnissen 617 000 gegen 444 000
Tonnen.
Wie sieht die Lebenshaltung aus?
Der Redner stellte Vergleiche an. die
sich aus den Zahlen des Statistischen Am-
tes ergeben, woraus sich ergibt, daß im
Vergleich zum Jahre 1938 haute Durch-
sehnittslöhne von 24000.— ffrs. gezahlt
werden müßten, statt wie in vielen Fällen
10 bis 14000.— ffrs. monatlich. Die Ein-
heitsgewerkschaft hat schon vor gerau-
mer Zeit ein Fxlsteizmi1 imum von 19 000 —
ffrs. verlangt und eine Warteprämie von
von 3000.— ffrs, monatlich bis zum Ab-
schluß von Tarifverträgen.
Wo bleibt unsere Regierung?
Diese Frage muß gestellt werden. In
Frankreich wurde eine Kommission gebil-
det, um ein Existenzminimum fesHuleaen.
Die Arbeiten sind noch im Gange. Sollen
wir nun warten bis diese für das Gesamte
Frankreich sich kompliziert und zeitrau-
bend gestaltende Umfrage und Festigung
.beendet ist? Wo bleiben da die starken
Männer unserer Regierung? Es wäre an .
der Zeit, die Gewerkschaften an den Ver-
handlungstisch mit heranzuziehen, damit,
soweit Löhne und Existenzminimum in Be-
tracht kommen, es endlich voranaeht.
Wir benötigen endlich eine feste
Rechtsbasis. Man hat uns erklärt, das
saarländische Arbeitsrecht falle nicht
unter die Justizkonvention, und was ist
geschehen? Zuständig für Lohnfragen
und entsprechende andere Fronen ist
nicht mehr unser Landesarbeitsgericht cd 9
zweite Instanz, nicht mehr der Senat für
Arbeitssachen, sondern eine oemisch1«
Kommission, die sich aus Saarländern
und Franzosen zusammensetzt.
Wir müssen uns aufraffen und energisch
Einhalt gebieten. Aus dem wirtschaft-
lichen Anschluß heraus müssen sich die
Dinge anders gestalten. Wir haben daher
beantragt, uns der Kommission, die ih
Paris das Existenzminimum festiegt, her-
anzuziehen. Aber wir wollen hierbei zu-
gleich betonen, daß nicht alles, war m
Frankreich zur Anwendung kommt, ohne
weiteres für die Saar gelten kann. Dos
ergibt sich z. B. aus folgendem:
An der Saar sind 99 °/o der Bergleute
Saarländer. In Frankreich dagegen nur
25 o/o der dortigen Bergleute Franzosen»
95 o/o der unter Tage Beschäftigten haben
an der Saar die Hauerprüfung abgelegt,
in Frankreich vielleicht 20 °/o. Bei der
Lohnfestsetzung muß man also — und
das gilt nicht nur für den Bergbau —.
Bevölkerungsverhältnisse und fachliche
Ausbildung berücksichtigen.
Kollege Dreher richtete dann einen
eindringlichen Appell an die Landfags-
abgeordneten, ihre Pflicht gegenüber dea
Seite 2
Jt>« ARM1T“
Juni 1930
Gewerkschaftliche Tatkraft
(Fortsetzung von Seite 1)
Ewerkschatt liehen Belange» aufs du-
rste zu erfülle». Abei auch an die Ar-
itnehmer selbst appellierta er. Ohne
dem Sport zu nahe zu treten, sei es an-
scheinend notwendig, darauf hinzu weisen,
daß dringende wirtschaftliche Fragen
wohl nicht auf den Sportplätzen gelöst
werden können. Bei starkem Einsatz werde
•s schließlich gelingen, auch in dem
schweren Kampf um das Mitbestimrasrng*-
recht Erfolge zu erzielen.
Die Ausführungen des Kollegen Dreher
wurden oft von Beifall unterbrochen. Sie
hätten Gegenstand noch lebhafterer und
zweckmäßigerer Diskussion sein können,
wenn alle Diskussionsredner weh mehr
sachlich auf die Punkte der Tagesord-
nung konzentriert hätten. Ein Vertreter
des Mieterverbanäes sprach sich u. a
für Senkung der Steuerlasten für den
Hausbesitz aus, (allerdings wird man sich
dabei fragen, auf welche Weise die dann
entstehenden Ausfälle im Budget gedeckt
Die Kundgebung aller Schaffenden cm Diens-
tag, dem 13. 4. 19». ln Neunkircben. (ordert
von der Regierung und vom Landtag in kürzester
Frist, die Verabschiedung des Tarifvertrags- und
Be'riebsrtttegesetz nach dem Vorschlag der Ein-
heitsgewerkschaft
Wir steilen lest daß man die Verabschiedung
dieser beiden für die Arbeiter wichtigen und not-
wendigen Gesetze in der Vergangenheit b e -
walt verschleppt bat während Gesetze, die
im Interesse der Regierung lagen, in einet
Si'zung in drei Lesungen durchgepeitscht wur-
den.
Wir weisen die Regierung und den Landtag
darauf hin. daB die Mehrheit der Wähler, auf
Grand deren Vertrauen sie ihr Amt ausüben, an«
Arbeitnehmern aller Berufsstäude besteht Re-
gierung und Landtag haben deshalb die morali-
sche Verpflichtung, unsere Forderung auf schnell-
ste Verabschiedung dieser Gesetze zu verwirk-
lichen.
Resolution, ^
Die am Dienstag, dem 13. S. 1950, hl Keunt-
kirchen statt gefundene Versammlung de« Orts-
ausschusses der Einheitsgewerkschaft nahm zuz
allgemeinen Frei«- und Lohnbewegung Stellung
und forderte den GewerkschaftsausschuB und
Landesvorstand aut bei der Regierung des Saar-
landes vorstellig zu werden und derselben die
Forderung zu unterbreiten, unverzüglich Maßnah-
men einzuieiten, daß in kürzester Zeit eine spür-
bare Preissenkung auf dem gesamten
Wirtschailsmarkt durebgeiührt wird.
Sollte die Regierung es als naa&gUch abwei-
sen, so bitten wir, der Regierung mttzuteifeo,
daß der GewerkschaftsausschuB bezw. der Las-
tiesvorstand sich in dieser Angelegenheit direkt
an die französische Regierung wenden wtrd.
Als GrundmaBnahme betrachten wir die Sen-
kung des Kohlentarifes, sowie der
Transport- nnd Energtetaxlfe. Da
diese Grundindustrien in Verwaltung der fran-
zösischen Regierung stehen, betrachten wir ee
als durchaus möglich, eine aktue Preissenkung
auf dieser Basis durchzuführen.
Die Entwickelung unserer allgemeinen Lohn-
bewegung für alle Berufe hat gezeigt daß man
nicht gewillt tot, unsere berechtigten Forderungen
cmzuerkennen, obwohl die Preise bedeutend ge-
»hegen sind.
Um die Kaufkraft der Lähme von 193« zu er-
reichen, sind wtr bereit, Jede Kampfmaßnahme
der Einheitsgewerkschaft zu unterstiizen.
Resolution zur Mietpreiserhöhung
Die Versammlung nahm Kenntnis von der ge-
planten Mietpreiserhöhung der Regie-
tung.
Wir erkennen efee gewiss« Berechtigung die-
eer Forderung «n. sind aber nicht der AnKan-
eung, das dieser nur durch eine Mietprefeerfaö-
Die internationale Ge werks dbaftskonfa-
x&nz über die Ruhr, die der Internationale
Bund Freier Gewerkschaften für den 22,
und 23. Mal nach. Düsseldorf ednberufen
hatte und bei der die Gewerkschaftsver-
bünde Belgiens, Frankreichs, der Deut-
schen Bundesrepublik, Großbritanniens,
Luxemburgs, der Niederlande, Schwedens
und der Vereinigten Staaten sow**a der
I.B.F.G. selbst, das Koordinierungskomitee
der Internationalen Berufssekretariate und
die internationalen Verbände der Bergar-
beiter, der Metallarbeiter und der Arbeiter
der chemischen Industrie sowie das Inter-
nationale Gewerks chaftskomites über di«
Ruhr vertreten sind,
erklärt, daß die freien Gewerkschaften
an einer vernünftigen Organisation der
Schwerindustrien Westeuropas entschei-
dend interessiert sind, und
stellt mit Genugtuung fest, daß ein Plan
für eine solche Organisation von M Schu-
man im Namen der französischen Regie-
rung unterbreitet wurde.
In Anbetracht dessen, der Erfolg
eines solchen Planes von der Mitarbeit der
Arbeiterschaft und ihrer freien Gewerk-
schaften abhängt,
empfiehlt die Konferenz, daß der Exeku-
tiv- Ausschuß des IJJ.F.G. auf einer ange-
messenen Vertretung der freien Gewerk-
schaften bei jeder Erörterung auf nationa-
ler oder internationaler Eben« zum Zweck«
dar Bestimmung der Grundsätze und zur
Ausarbeitung der Einzelheiten dieses Pla-
nes besteht, und
fordert den Exekutiv-Ausschuß des I_B.
K.G. auf, einen Ausschuß zu bilden, in
dem die nationalen Gewerkschaftsverbän-
de und die internationalen BerufssekreUi-
rurte vertreten sind, der sich unverzüglich
mit dem genauen Inhalt des Planes be-
schäftigen sah.
werden sollen bexw. wo sie dann in Er-
scheinung treten oder Abstriche erfolgen).
Weiter« Diskussionsredner befaßten sich
mit Einzelfragen, so mit dem Hinweis, daß
bei genauester Anwendung d. Bergbau be-
stimm ungen die jetzige Kohlenförderung,
bei der übrigens eine verhältnismäßig
hohe Unfallziffer zu verzeichnen sei, von
54 000 Tonnen auf 40 000 Tonnen täglich
berabgemindert werden würde. Ein Ver-
treter der jungen Generation setzte sich
in Erwiderung von verschiedenen Angrif-
fen sehr lebhaft für die Befolgung der Idee
der Einheit innerhalb der Gewerkschaft
ein. Er forderte unbedingte Aemderung in
der Lohn- und Preispolitik und wies auf
die schlimmen Wohnverhältnisse für die
jungen Mensche» im heiratsfähigen Alte«
hin.
Das praktische Ergebnis aus dem Re-
ferat und der Diskussion fand seinen
Ausdruck in nachstehenden Resolutionen,
die einstimmig angenommen wurden.
fr.mg, oha« daß die Kaufkraft der Löhne auf
dea Stand von 193« gebracht worden ist Rech-
nung gefangen werden kann.
Vor allem »eben wir zur Erfüllung der Forde-
rungen der Hausbesitzer eine Swkuzg- der
Grund- Und Gebäudesteuer für Altwohnungen ai«
erforderlich an.
In Anbetracht der wirtschaftlichen Not unserer
Sozialrentner kann eine Mietpreiserhöhung erst
in Frage kommen, wenn Pensionen und Renten
der Grundlage des Existenzminlmums entspre-
chen, das kl Frankreick 190« Fra. beträgt und
dessen Einführung im Saarland eise Grundfon-
derung der Einheitsgewerkschaft Ist
Zusatz-Resolution.
Wir fordern den Landesvorstand und den Ge-
werkschaftsausschuß auf. an die Regierung und
den Landtag die Forderung zu stelle«, daß da»
Tarifvertrags - und Retrlebsrätege-
setz noch in dieser Tagungsperiode verab-
schiedet Werden-
Ferner verlangen wtr die sofortige Inkraftset-
zung de« bereits verabschiedetes Feiertag»*
gesetzes sowie die Bereitstellung von aus-
reichenden Mitteln zur Erhöhung d«rRen-
t«s nnd Pension«» Die Mittel hfer« kön-
nen ans dem Milttaoeafonds. der zur Abfindung
der Tabakgroßhändler vorgesehen Ist, Iretge-
macht werden.
Sollten unsere gerechten Mindestta-rdeumgen
wie in der Vergangenheit nicht berücksichtigt
werden, sind die Anwesenden gewillt, unser«
Vertreter zu beauftragen, bei den Verhandlun-
gen durch die gewerkschaftlichen Mittel, die
uns zur Verfügung stehen, dea Fordern »gen de«
entsprechenden Nachdruck zu verleihen.
Ein weiterer unwürdiger Zustand tat es. dal
unsere Zusammenkünfte und Versammlungen im-
mer noch unter Polizeiaufsicht stehe«.
Ale freie demokratische Arbeiter tfeden wir die-
sen Zustand einer Demokratie unwürdig und tos-
dern sofortige Aufhebung diesbezüglicher Ver-
fügung, weü sie dem klare« Wortlaut der saar-
ländischen Verfassung widersprechen and des-
halb ungesetzlich sind.
In einem Schlußwort appellierte Kol-
lege Dreher an di« Disziplin, die Solida-
rität und Aktivität der Arbeitnehmer. Bel
Erörterung der Mietpreiserhöhung rück«
logischerweise die Lohntage sofort in
den Vordergrund. Man werde sich keines-
wegs gegen eine angemessene Erhöhung
der Miete sträuben, sobald die Lohn- und
auch di« Rentenfrage entsprechend ge-
klärt sei. Alles in allem habe die Gewerk-
schaft im Laufe der fahre schon manches
geleistet und erreicht, und e# werde auch
m Zukurtff vorwärts gehen.
In der Verwaltung der International len
Ruhrbehörde — oder einer etwaigen Nach-
folgeorganisation dieser Behörde —, di«
errichtet worden ist, um d e Einhaltung dar
International«» Verpflichtungen der Ruhr-
Industrien zu »ehern, sind che gewerk-
schaftlichen Interessen voB und ganz
durch die Teilnahme eines Internationalen
Gewerkschaftsbeirates an de» Arbeiten
der Ruhrbehörd« zu sichern, und sie sind
ferner durch das Recht der im I.B.F.G. zu-
sammangesefrossenen Gewerkschaften zu
sichern, bei der Benennung der Regie-
rung sdelegierten im voraus zur Beratung
herangezogen zu werden.
Die Regierungen der Deutschen Bundes-
republik, Belgiens, Frankreichs, Großbri-
tanniens, Luxemburgs und der Nieder-
lande sollen Verhandlungen eröffnen, um
eine inte reu ropääschte Behörde für die
Kohlen-, Eisenerz-, Eisen- und Stahlindu-
strien zu bilden, und dabei die Tür zu die-
ser Behörde für weiter« Staaten offen zu
halten.
Die Konferenz fordert schließlich die Ge-
werkschaftszentralen auf, auf ihre Regie-
rungen und auf die Besatzungsbehörden
des deutschen Bundesgebietes dahinge-
hend ein zu wirken, dieses Programm zur
Neuordnung der Ruhr Industrien und zur
Organisation der Schwerindustrien West-
europas zu ihrem eigene» zu machen und
ru seiner Verwirklichung schnellstens di«
erforderliche» Schritte in die Wege zu
leiten.
Des weiteren hat der Exekutivausschuß
des Internationalen Bundes Frater Gewerk-
schaften als Ergebnis seiner Sitzungen
vom 25. bis 77. Mai ebenfalls eine Ent-
schließung gefaßt, die den Grundsätzen
der Ruhriran tuen z ausdrücklich zustunmt
und sie bekräftigt.
Volk handele; man brauche bloß auf di»
kriegerisch« Vergangenheit xu schauen
und jeder wisse, daß nach jedem
Krieg die Arbeitnehmer das Zerstörte wie-
der aufbauen mußten. Würde in der von
der Gewerkschaft aufgezeigte» Richtung
nichts geschehen, dann müßten die Span-
nungen sich verstärken. De» Gewerk-
schaften ginge es nicht um Effekthasche-
rei, sondern um einen besseren Lebens-
standard für die Schaffenden und die Pen-
sionäre, für die noch viel zu tun sei. Die
steigenden Bankkonten bewiesen, daß es
mit der Saarwirtschaft nicht schlecht ste-
he. In einem Jahr seien auf den Bank-
konten 10 Milliarden Frs. Zuwachs zu ver-
zeichnen. Um zu weiteren Erfolgen zu
kommen, seien eine noch stärkere Kolle-
gialität und Toleranz, Aufgeschlossenheit
und echter Gewerkschaftsgeist erforder-
lich und eine weitere Gewinnung Unor-
ganisierter. Die Regierung habe die Pflicht
— und das sei auch in der Verfassung
verankert — dem schaffenden Menschen
di« volle Gleichberechtigung zu geben,
und diese Gleichberechtigung sei auch
durchaus im Gesamtinteresse von Volk
und Staat.
Arbeitsminister Kirn betonte in seiner
Ansprache unter anderem, die Frage des
Beamtenbesoldungsgesetzes könne .rieht
von derBesoldung der Angestellten getrennt
betrachtet werden. Es gehe nicht an, daß
man die gering besoldeten Angestellten
mit mäßigen Erhöhungen abspeise. Der
wirtschaftliche Anschluß bedeute nichts
anderes, als daß die saarländische Wirt-
schaft nicht stärker belastet werde, als
di* französische Wirtschaft. Die Regie-
rung habe die Verpflichtung, die sozialen
Probleme als unteilbares Ganze zu be-
trachten. Wie wir alle gemeinsam an dem
Wiederaufbau teilnehmen, so möchte die
Gesamtheit auch gemeinsam an dem Er-
folg teilhaben. Was den Begriff wohler-
Die versammelten Delegierten nahmen
u. a. zu den Bestrebungen, die Regiebe-
trieb« in ihrem Wirkungskreis einzu-
schränken bezw. abzubauen, Steilung.
Regiebetriebe, wie sie heute bei a Uen
Städten, Gemeinden, Gemeinde verbänden
oder Staatsunternehmungen bestehen, sind
aus den zwangsläufigen Bedürfnissen der
Bevölkerung entstanden, ausgebaut und
erweitert worden.
Die Regiebetrieb« stellen heute in Ver-
kehr, in der Versorgung der Bevölkerung
mit Wasser, Gas, Elektrizität, in Straßen-
bau und weiteren anderen Wirtschafts-
zweigen für de» gesamten Wirtschaftsab-
lauf einen außerordentliche» wichtigen
und wertvollen Faktor dar.
Der Verband für Oeffenthcbe Betriebe
und Verwaltungen wird sich daher im
Interesse der gesamten Bevölkerung und
insbesondere der Arbeitnehmerschaft ge-
gen jede Bestrebungen, Regiebetriebe iu
ihrer Funktion einzuschränken bezw. ab-
zubauen, mit alter Energie wenden.
Zur Regelung der Zusatzversorgung for-
derten die Delegierten, daß vor Erlaß
neuer Satzungen die Gewerkschaften ein-
gekzden und insbesondere folgende Punk-
te» berücksichtigt werden:
Die zum Verbaadsfcag am 17. und 18. 6.
i9S9 ta St. Ingbert versarhmdten Delegier-
te» des L V. Oeffentliehe Betriebe und
Verwaltungen erhebe» folgende Forde-
runge»:
1. Uneingeschränkte Geltung des Be-
trtebsrätegesetzes auch hinsichtlich
der darin verankerten Mitbestim-
mungsrechte für den gesamten öf-
fentlichen Dienst einschließlich der
Beamten.
1. Baldige Verabschiedung eines Tarif-
vertragsgesetzes, in das der gesamt«
öffentliche Dienst — einschließlich der
Beamten — einbezogen ist.
I. Schaffung eines neuen Beamtensta-
tuts auf demokratischer Grundlage.
4. Anerkennung — auch der Beamten-
vertrehmg — durch die Regierung und
damit Einbeziehung fai alle Beratungen
über Einführung, Veränderung und
Aufhebung von ßestimmuungen usw.,
die das Dienst- oder Feamtenverhält-
nis im öffentlichen Dienst berühren,
J. Neuordnung der Tarife für Angestellte
im öffentlichen Dienst.
4. Angleichung der Bezüge der Lohn*
empfänger im öffentlichen Dienst an
die Bezüge der Angestellten und Be-
amten durch Einführung der Indexre-
gelung.
7. Reform der Sozialversicherung unter
besonderer Berücksichtigung dar
Herabsetzung der Altersgrenze auf 60
Jkrh’-e. Gteichsfelllung der Hinterblte-
b« eh der In der Invalidenversicherung
versicherter Arbeitnehmer mit denje-
nigen der ArvcestelltenVersicherung u.
der Beamtenrersorgung.
5. Fo'o tige Aufhe'rtrg der Beförderungs-
sperr«.
7. Unverzügliche Verabschiedung de*
Gesetzes über dl« 3. und 4. Erhö-
faungsrate für Angestellte und Beamte
ton öffentlichen Dienst und sofortig«
ungeschmälerte Auszahlung der in
diesem Gesetz festgetegete» Erhö-
hungen.
10. Fotertkre Auszahlung der Ausnahme-
Zulage für die Arbeiter und AngesteU-
worbene Rechte anbetreffe, so habe jeder
einen Anspruch darauf, der regelmäßig
sein« Beiträge an die Sozialversicherung
zahle. Das Tarifvertragsgesetz, das mehr
als ein Jahr dem Landtag vorläge, müssa
nun alsbald verabschiedet werden. Das
Mitbestimmuagsrecht habe viel Staub auf-
gewirbelt. Dasselbe sei auch einmal der
Fall gewesen, als man vor Jahrzehnten
das Dreikiassenwahirecht authob. Man-
che hätten damals furchtbare Erschütte-
rungen prophezeit. Heute würde es kei-
nem Menschen mehr einfallsn, zu den da-
maligen Zuständen zurückzukehren. Die
Wirtschaftsdemokratie gehöre unbedingt
zur politischen Demokratie. Der Minister
sprach sich ebenfalls für die Schaffung ei-
ner Arbeüskammer und eines Landwirt-
schaitsrates aus und hofft, daß dem Land-
tag bald ein Entwurf über die Arbeits-
kammer vorgelegt wird Zur Faiertagsbe-
zahlung erklärte der Minister, das Gesetz
sei verabschiedet, und es länge im Inter-
esse der Autonomie und des soriäen Frie-
dens, es zu verwirklichen.
Den Ausführungen der Redner, die mit
lebhaftem Beifall auf genommen wurden,
folgte eine Diskussion, die beson-
ders aus den Kreisen einzelner Fachgrup-
pen getragen war. Hierbei wurden ge-
werkschaftliche Erfolge und Teilerfolge
anerkannt und auch konkrete Vorschläge
gemacht, wobei auch nicht übersehen
wurde, daß die Gewerkschaft, was die
Erfolge wie auch 'oifengabliebene Forde-
rungen und Wünsche anbetrifft, nicht rar
aus dem Vorstand, sondern auch aus den
Delegierten, Funktionären una Mitgliedern
bestellt Uebar die Feststellung, daß die
Gewerkschaft sich aus Prinzip gegen
jede Ausweisung wendet — wie das auch
der GewerkschaftsausschuB bereits ein-
mütig betont hatte - waren sich alle An-
wesenden einig.
In früheren Zusatzversorgungskassen
erworbenen Rechte und Anwartschaften
müssen aufrechterhaitea und angerechnet
werden.
Alle Verwaitungan sind verpflichtet, je-
den Arbeitnehmer bei der Zusatzversor-
gungskasse anzumeiden und die vollen
Beiträge ohne Beanspruchung des Arbeit-
nehmers zu zahlen.
Gewährung derZusatzrenten der Arbei-
ter wie bei den Angestellten und Beamten.
Etwaige andere Renten dürfen bei der
Gewährung der Zusatzverordnungskasse
nicht angeordnet werden, weil d ss dem
Charakter der Zuscrtz Versorgung wider-
spricht. w -
Die Forderung dar Fachgruppe der Ar-
beiter erstreckte sich auf die Urlaub so rd-
nung. Die Arbeiter verlangten, daß der
Urlaub für Arbeiter, Angestellte und Be-
amte des öffentlichen Dienstes gleich ist
und daß der letzte Satz des Artikels 1 der
Urlaubsordnung vom 10. 12. 1948 wie folgt
geändert wird:
„Dienstversäumnisse aus oben nicht
angeführten Gründen können, sofern sie
über einen halben Tag hinaus gehen, mit
Zustimmung des Beschäftigten auf den
zu stehenden Erholungsurlaub ein gerech-
net werden.“
ten der öffentlichen Betriebe Beseiti-
gung der Lohnzoran innerhalb des
Saarland as.
Der Verband ist entschlossen, mit alten
gewerkschaftlichen Mitteln seinen Forde-
rungen Nachdruck zu verleihen
*
Die nun folgende
Neuwahl des Vorstandes
zeitigte folgendes Ergebnis:
1. Vorsitzender: Kolleg« Josef Delheid
mit 123 Stimm an (27 Stimmen entfiele»
auf den Kollegen Schaal),
2- Vorsitzender: Kollege Wagner, Saar-
brücken,
Schriftführer: Kollege Werner Wilhelm,
Neunkirchen,
Jugendvertreter: Koll. Engel, Dudw-eiler,
Frauen vertrete rin: Kollegin Alt.
Sodann dankte der Vorsitzende für die
Wiederwahl und das damit zum Ausdruck
gebrachte Vertrauen und ließ über meh-
rere Entschließungen abstimmen, die ein-
stimmig angenommen wurden. Er schloß
den Kongreß und dankt« den Delegierten
für ihre Tätigkeit, durch die eine Fülle
von Aufgaben zufriedenstellend erledigt
werden konnte. Nun gelte es in dem
neuen Abschnitt mit neuem Elan an die
Arbeit zu gehen.
0
Der Kongreß zeigte, daß der Verband
auf einem festen Fundament steht, aufge-
baut auf Vertrauen und Verantwortungs-
gefühl. Viel Arbeit, Unverdrossenheit und
Geschick werden aber notwendig sein, um
weitere Fortschritte zu erreichen. Man sah
offensichtlich in der Kritik das Bestrebe»,
Zeit darauf zu verwenden, gut« Seiten zu
finden und nicht einseitig herunterzurei-
ßen. Immer mehr setzt sich die Erkenntnis
durch, daß eine Organisation, eine gut«
Organisation, sehr wichtig ist, daß aber
der Geist, der alle Glieder beseelt,
ausschlaggebend ist. Die Wiederwahl von
Männern, die sich bereits bewährt haben,
hat gezeigt, daß das Vertraue» der Mit-
glieder, die Vorbedingung für weiteren
Fortschritt, vorhanden ist.
An Regierung und Landtag
Ergebnis der Ruhrkonferenz
Stellungnahme der Fachgruppen
Die dringlichsten Forderungen
Timt 1953
„DU AUCEIT“
gelte 3
DIIE STIMME DER YE1RIBÄNDE
I. V. Baugewerbe
Ke Loim- und »ttnlerüip und ne Me
Am 7. April tsm teat der Vsabandaausschnß
de* L V. Baugewerbe zusammen, um au der
Lohn- »ad F**isae®taÄtu»3 Stallung au nehmen.
Dia Forderungen wurden, in der Nummer i „Dia
Arbeit Idoi 1950,. a»r Kenntnis gebracht
NacA der foiiaulierucg hoben wir uns an den
christlichen Bau- und Hoizaibeitervarband ge-
waadt» ob « bereit sei, sich unserer Forderung
anznscMre-ßen, Am ik 4. 1950 wurde dann die
geiakinsam» Eingabe gemacht: ^Neuregelung der
Löhne und Gehälter im saaihmdUscheu Bauge-
werbe“. Am tß 4. 19öh erklärte* »ich der Arbeit-
geberverband bereit, nach seiner Sitzung. <ü«
am, 20. 4. 1950 stettfiudan werde, mit uns einen
Termin sa ve-rein bar ent. Am 4 Mai 1950 wurde
dann zu unserer Eingabe vom tt. 4. 1950 Steilung
genommen, in dieser Sitzung erklärten di« Ar-
beitgeber. daß laut der Verfügung vom 2. 3- 1949
keine Lohn- und Gehabt**®*«!nbarungen getrof-
fen werden könnten. Die Verhandlungen wurden
abgebrochen.
Wh erwirkten noch am selben Morgen beim
Minister für Arbeit und Wohlfahrt ein« Audienz,
in der der Minist« nochmals darauf hinwies, daß
Löhne vereinbart werden könne«, jedoch nicht
nach unten, aber nach oben wäre« keine Bean-
standungen hinsichtlich der Löhne und Gehälter
zu erwarten. Am nächsten Tage sprachen wir
nochmals bei dem Arbeitgeberverband vor und
machten ihn darauf auhsrerksam. daß seitens des
Ministers keine Bedenken varbegen würden. Der
tvT n_ster gab aret &. Mai 1950 eilt Rundschreiben
an alle Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände
heraus, um sie auf das oben Erwähnte aufmerk-
sam zu machen.
Da es aber zru keinen Verhandlungen kam,
befaßte sich am Nachmittag der geschäftsfüh-
rende Vorstand des !. V. Bau mit dem Verhalten
des Arbeitgeberverbandes und beschloß, an den
christliche» Bau- und Halrarbeite**er ba nd bei an -
zu treten, um mit ihnen eine gemeinsame
Protest Versammlung ttanbanhn. Am
11. V I960 fand die Piotestversamadung im Johan-
nishof zu Saarbrücken statt Ehe Verbandsleitua-
gen hatten die Arbeite« und Angestellten auf-
gerufem. um 1.80 Uhr ruhte die Arbeit in den
Büros und auf den Baustellen.
Wie der Aufruf befolgt wurde, bewies di« voll-
ständige Arbeitsruh®, die machtvoll® Protest-
kundgebung, Di« Polizei sab sich veranlaßt, aus
SidMkdMiiuaM^Mtiu ä*u Saal &u sperreu, und ei-
nige hundert Bauarbeiter konnten an der Kund-
gebung nicht teilnehmen, Die Bauarbeiter be-
wiesen in der Diskussion, daß sie gewillt waren,
mit ihren Verbärgen bis zum äußersten zu gehen.
All diejenigen, die an der Piote&tversamrulung
teilgenonjmen haben, konnten an diesem Tag
Kraft und Kräften» rhälbüs klar erkennen. Die be-
schäftigten Bauarbeiter i*> Saarbrücken sind die
Vertreter der Bauarbeiter aus dem ganzen Saar-
land.
Worauf es uns ankam. war. daß der Arbeitge-
berverband überhaupt mit uns in Verhandlung
treten sollte. Am 12. Mai 1950 übermittelten wir
dem Arbeitgeberverband Bau.Wirtschaft, baust©!?*
erzeugeaden. Industrie und der Vereinigung der
Zentralheizungs-, Lüftungs- und san. Installa-
tions-Unternehmungen das Resultat der Protest-
versammlung vom 11. 3. 195A Am 13. k 1950 er-
hielten wir bereits die Antwort der Bereitwillig-
keit, mit uns, in Verhandlungen einzutreten. Am
14. 5. 1950 — nachmittags 13.00 Uhr — fand dann
die Verhandlung statt, in welcher nach längerer
Debatte einer Erhöhung bis 10 0'q von den Ar-
beitgebern zugestimmt wurde. Wir waren jedoch
mit dem Ergebnis nicht zufrieden und beantrag-
ten, daß der Schlich tungsaugschuß angerufen
wird um hier ein« Entscheidung zu treffen. Am
22. 5. 1950 tagt« der Schiichtuogsausschuß. Dort
wurde nochmals zur Gesamtfrage Stellung ge-
nommen. Mach Anhömn dar Meinungen der
Parteien — Arbeitnehmer und Arbeitgeber —
wurde dann der Schiedsspruch gefällt: 1 2 ö/o
war der Schiedsspruch.
Am 23- 31 1950 mußten wir erfahren, daß dt«
12 1« nur für die Bauarbeiter gelten sollten, di«
technischen und kaufmännischen Angestellten je-
doch bei diesem Schiedsspruch nicht berück-
sichtigt worden seien. Wir rieten nochmals den
Schlichtungsausschuß an. Am 3S. 5. 1950 tagte
der SchMchtungsausschuß wieder. Hier wurde
zur Frag« Treue und Glaube Stellung genommen,
denn unsere Eingabe lautete: Neuregelung der
Löhne und Gehälter. Wae wir verhandelt hat-
ten, waren einzig und allein die Prozentsätze.
Nach den Feststellungen, die wir gemacht haben,
was auch durch uns zum Ausdruck kam. war
und ist daß außer den Lohnempfängern im
Baugewerbe die technische« und kauhetäsml-
schen Angestellten di« schtecfetbezaMteete
Grupp« gegenüber allen anderen Industriezwei-
gen ist
Wir wollten nicht «her ruhen, bi» da» letal«
von dem begangenen Unrecht wieder gutg«-
macht ist Die Polier« und Schachtmeister wur-
den dann prozentual in der Höhe und im Zeit-
punkt den Eauarbeiter gleichgestellt. Die Arbeit-
geber vertraten, nun den Standpunkt, daß de»
übrigen technischen und kaufmännischen An-
gestellten keinerlei Gehaltserhöhung zugespro-
chen werden kann. Der Schlichtungsausschuß
nahm zu den Vorschlägen der Arbeitgeber und
Arbeitnehmer Stellung. Die Arbeitgeber hatten
im ersten Anhieb zu 4 nach weiteren Debat-
ten au 6 o/o« nach dem Schiedsspruch schließlich
zu 8 o,‘o ihr Einverständnis erklärt. Des» Antrag
der Arbeitgeber, erst dann im darauffolgenden
Monat nach der Veröffentlichung im Amtsblatt
die Erhöhung au gewähren, konnten wir nicht
zusümmea. Es wurde dann erzielt, daß die An-
rechnung der 8 9/y ab 16. 5. 1950 erfolgt
Für die baustafferzeugende Industrie wurden
die Abschlüsse dureh einen Schiedsspruch ge-
fällt. der für Arbeiter und Angestellte mW 8 e/o,
für die Arbeit«* ab 22. V 1950 und die Angestell-
ten ab 16. $. 1950 angenommen wurde. In der
Heizungs-Industrie wurden nach längeren Debat-
ten die in nachstehenden Tabellen angeführten
Lohnerhöhungen erreicht. Für di« Angestell-
ten waren wir beleih sofort zu verhandeln, ob»
wohi man versucht halte, uns die Kompetenz ab-
zusprechen, da der Vertreter der Angestellten
der christlichen Gewerkschaft nicht anwesend
war. Dar entscheidende Teil dar Angestellten
Ist Mitglied der Einheitsgewerkschaft, und aus
den Rücksichten dar gemeinsamen Aktion haben
wir Abstand genommen, jedoch verfangt, daß
der Schiichtungsausschuß schnellsten» zur Frag«
der Angestellten Stellung nimmt, und für sie den-
selben Zeitraum der Gehaltezahlung ab Mai foet*
legt, wie e» in den ersten Schiedssprüchen «nb
halten war.
Einig« kurze Betrachtungen zur Geaam Horde-
rung: Resultat: Was ist zu tunt Zu wiederholen»
wie Lohn- und Preisgestaltung Übereinstiminen,
wäre Zeitversehweodung, da wh das Gesamt«
seihst miterlaben. Die von uns gestellte Forde-
rung besteht zu Recht Niemand kann bei ei-
nem Vergleich der Löhn« und Gehälter mit den
Preisen uns da» Recht auf die gestellten Forde-
rungen absprechen.
^ Die alten Redewendungen: „Gibt es eine Lohn-
erhöhung, dann steigen die Preise**, „«ine Schrau-
be ohne Ende**, sind für uns jätet nicht aktuell,
denn ehe wir uns mit dieser Frag« beschäftigten,
gab es bereits eine Preissteigerung, die 30—48
und 50 Oy war, aber demgegenüber stand noch
keine einzige Lohnerhöhung. Folglich kann man
diese Redewendungen nicht in den Gesichtswin-
kel dieser Betrachtungen steilen- Der Kolleg«
Schäfer sagte richtig den Vertreter» da» Wirt-
schafte» und Finanzministeriums, daß e» nicht
ihre Angelegenheit ist. gegen die Lohnerhöhung
Stellung zu nehmen, sonder» daß «i» ein dank-
bares Aufgabengebiet haben, nämlich sich um
di« Preisgestaltung zu kümmern.
Es braucht niemand damit zu rechnen, daß ihm
irgend etwas geschenkt wird. Das ganz« Leben
bedeutet einen Kämpf. Di« Arbeitnehmerschaft
muß sich darüber im klaren »et» daß jeder «ein
Recht verteidigt Der Arbeitgeber mit seinen Mit-
teln, die Arbeitnehmer mit den ihrigen. Die Ar-
beiter und Angestellten müssen mehr erkennen,
daß sie ohne Organisation sozusagen Freiwild
sind. Wenn das Verhältnis der Bauarbeiter, or-
ganisatorisch gesehen, besser wird, dann Ist mit
anderen Resultaten auteuwartea, als mit dem,
was abgeschlossen wurde. Wir rufen all« aut
ebenso verantwortungsbewußt gegenüber Ihre»
Organisation zu sein, wie ei» es gegenüber Ihrem
Arbeitgeber tun, wie es einzig und alleine ihre
.Pflicht und Verantwortung int, fite Ihre Familie
zu sargen. Die Organisation i»t ein
Bestandteil de» Famlliek I» gib jetzt,
alle Kräfte zu sammeln, denn wenn wir nach der»
Erlaß de» Tarifoertragaaeaetee* in die «adyülh»
gea Absehiußverhaadlungen der Tarife kommen,
dann ist nicht mir bedingt, daß die wirtschaft-
lichen Verhältnisse eine Roß« hierbei spielen,
sondern das OrganisatfonsverhäHni». Da» Star«
kevertkjltnin gleich Machtfrage, ist ein «steche*,
dender FuakL dar bei. all diesen Verhandhmgea
ein« ausschlaggebend« und entscheidende Roll«
spielt Darum, organisierte» Kamerad, kläre Du
Dein» Kameraden auf! Werdet alte aktiv« Mit-
glieder der Organisation, da Ihr bis jetzt die «uv*
zigen seid, die da» Pulver dazu beferE damit
auah geschossen werden kcaun Unser Ruf «oll
sein; Einer für aller h»d «U« fh*
eine»! & M.
Gehaltstäfel • Büropersonal
de» Bau- und bauatoiferseugeaden Industrie laut Schiedsspruch vom 23, i 1950 bezw, 4. 195a —
Gehaltserhöhung von 8 9/6 — ab 15. 5. 1950 (gültig ab IS. 5. 1950).
Kate®, Stufe Koei „ Ortski. 1 *<¥« OrtskL II 10 o/o Ortski. III Ortekl. IV 20 y<>
H 4M 14224- 12.524- 11.831.— 11.134—
V US tim— 12.78«.- 12.078.— 11.364—
\A U« 447SL— 13.029.- 12.304- 11,58t,—
l,v'4 423 44174- U429.- 12.682.— 14,937.-
2/i 42» 1459».— 13.829,— 13060 — 12.292 —
2/2 134 15.126.— 14309.- 13,514.— 42.720.—
2/3 138 15.444.— 14638- 13.8t#.— 43005,—
V» 447 16.205.— 15.350 — 1449«.- 13.646.—
b* 438 16,454— 15.590- 14924.— 43.859—
3/3 158 17.135.— 16.230.— 45.329.— 1442».—
4/1 470 1 $ V* öd r* ihm- 14,239.— 15.282—
4/2 m W.417.— 18.393- t93ri.- 16,35a—
T/2 240 24,534— 20-395.— 19.26X— 18.129.—
T/3 245 24438.— ».199.- 21,909,— «1.420—
T/4 300 29.13X— 29.601.— 24.069.— 24333-
Jugendliche erhalten: vom 14—Iß Lebensjahre SQ ty»
vom tl—14 Lebensjahre 60 oj9
vom 14—19. Lebensjahre 70 &/6
vom 47.—14 Lebensjahre 80 tyo
übe» tt Jahre 100 hh
Gehaltstäfel der Poliere und Schachtmeister
laut Schiedsspruch vom 34 Mai 1950 — Gehaltserhöhung 12 o/e — ab 22. 5. 1950
(Gültig ab 22. Mai 19S0)
Poliere und
Sehachtmelstet
Koat 236 24.060.— 22.810.— 21.544- 20.277.—
O-Poltere, Schachtmeister, Poltere, Eisenbeton, Stute t Koei 260 V 26.710.— 25.302.— 23.897.— 22.490.—
Poltere tu Eisenbeton Stuten Koef. 290 29.340.— 27.792,- 26.210.— 24,705.—
Lohnvereinbarung für die Arbeitnehmer der Zentralheizung®-, Lüftungs- Unternehmungen — Gültig ab 1» 4 1930 — für 40»Stunden-Woch« und »an. Instaßalions»
Obeimonteure 112 Fra.
Monteure K» Fr».
Hilfsmonteure 93 Frs.
Heller 81 Frs.
Ungel Heiter 91, Fr».
Installateure 102 Frs.
Jung-b»*talki teure K Ft*.
Hilfsarbeiter n. Fr».
Diese Stundenlöhne gelten für alte Arbeitnehmer dar Heizung»-, Lüftung»- und san. Installation»*
Unternehmungen im Saarland.
I.V. Metall
Funktionärversammlung in Völklingen
Funkttoiärv»riCtt»srla»g in Völklingen. In einer
am Mittwoch, dem U Juni 190, im Lokal Roller
sla«gefundenen Funktionärversammlung sprach
der Kreisgeschätte«teile«leiter, Kollege Hauser,
über Lohn - und wiitschaftUcheFra-
g e n. In der derauffofoeuueu Diskussion, die
vom gewerkschaftlichen Geiste getragen war
und von dem Arbeitswillen der Funktionär«
Zeugnis ablegte, wurden di« zur Debatte stehen-
den Fragen ausführlich behandelt Da» Ergebnis
dieser Versammlung fand in einer einstimmig ge-
faßten Resolution seinen Niederschlag.
In ihr heißt es:
Die Funktionäre c'es fmjustriev-erbanöes Metall,
Kr aisveiwalhmgt Vbiklingeiv fordern di« sofor-
tig« Verabschiedung des Tarif vertragsge sehr®.*
unter Ablehnung jeder Beschneidung der Rechte
des Arbsitsraisisteüuras und di« sofortig« Aa-
gleicfcung der Mtnciesflöhne an das Erdstern:mi-
ni raum von 19 000 Franken; die sofortige Ver-
abschiedung cf®* Betriabsrätegesetzes nach der
Vortage der Einheitsgewerkschaft und warnen
vor der Bescheidung des Mitbestimmungsrech-
te*; sofortig« Vewütentiichaag des Feiertagsgs»
setoe* im Amtsblatt des Saar lande* Sollte dies
bi* Ende Juni nicht erfolgt sein, fordern sie die
Hauptverwaltung der Einheitsgewerkschalt auf,
alt* Schaffende« zu einem Nstüncftgen Protest-
streik aufzurufen; di* Inangriffnahme und Ver-
abschiedung einer neuen sozialen Gesetzgebung
und die sofortig® Bereitstellung der Mittel zur
Erhöhung der Mt&äes tränte; bei ein trete öder
Kurzarbeit die Bezahlung von 60 «y'e durch den
I.andesstock and die restlichen 40 % gaben au
lasten des Arbeitgebers, der in der Hochkon-
junktur auch der einzige Nutznießer war, da kai-
löhne Im Bauwesen und bei öffentlichen Arbeiten
Verfügung Nr. 47—104 (Stunden löhaa + 120/0 Lohnerhöhung ab 22, 5. 1954,
Gültig ab 22. Mai 1950.
1. ZOQ«t 1—5°/o U-ioo/o IU-IS^’9 IV-20^9 V->5&^
Stundenlöhne etesehließlich Teuerung*. 1 |
Mind«»tlohn: 63.31 59.75 5465 53.31 49.9»
HiUsarbeiter siehe obigen Mindeatfohn 59.43 5572
Spezial-HUtearbeiter 70. S8 64.85 63.13
Angel. Arbeiter Stuf® I 7482 7686 6693 6299 59.Q*
Angel. Arbeiter Stuf® II 79.26 75.07 70.92 66./3 62-56
Angel. Arbeit«! Stuf* UI »1.47 9T.18 72,89 68.71 6-1.33
Einheitsstute 78.13 74.02 49.91 6579 »1.4»
Facharbeiter Stuf« I 85.93 81.40 76.88 72.3S 67.»d
Facharbeiter Stute H 90.37 8572 sa 85 96.09 71.34
Facharbeiter Stufe UI 92.80 #7.92 83.04 7ßl5 9527
Hochwertiger Facharbeiter 97.47 92 34 87.21 82.0S 96.93
Löhne In der Steinbruch- und Baustoffindustrie
Verfügung Nr, 43—404 (StundenKJhnel + Lohnerhöhung ab 22. S. 1954
I. Zulagen Zone; I-S'ft u-iea% ra-«<te IV-2Q9« V-SSift
Stundenlähne «inschließlich Mindestlohn: Teuerungs- 61.0S und Stundenaukig« (Gültig ab 22. 5 90) 59.83 54.63 SL41. 48 22
Hilfsarbeiter siehe obigen Mindesttohn 54.22 53.70
Spezlalhilfaarbeiter I *6.77 »3,24 59.73
Spezial-Hilfaarbeitar 11 »8.4» 44.89 61.29 S7.6» 54.0»
Angel. Arbeiter Stufe 1 7214 68.33 64.54 60.74 56.9»
Angel. Arbeiter Stufe II 7443 7239 68.37 64.35 40.33
Angel. Arbeiter Stufe 111 78,56 74.42 70.29 66.16 62.02
Facharbeiter Stufe 1 82»» 78.4» 94.13 69.77 65-40
Facharbeiter Stute II 87.14 82.56 97.96 73.37 68-80
Facharbeiter Stute III 89.4» 8478 80.07 7513»
Hochwertiger Facharbeiter 94. OQ 69.05 64.10 79.15 74.20
nem Schaffenden an der Saar eine Schmälerung
seines Einkommen* io dar heutigen Zeit »uga-
mutet werden kann; Zurückstellung des Miet-
proisgesetz®* bis ®ln« endgültige Lohnerhöhung
durchgeführt ist; sofortig® Lohn Verhandlung® n
mit dem Arbeitgeberverband auf der Basis ei-
ner 25prozenäpen Erhöhung de» Reallohne«. Die-
se Erhöhung darf unter keinen Umständen auf
dl® Verkaufspreise umgetagt werden, sondern ist
aus dem Gewinn der Unternehmer zu tragen;
schärfste Ueherwachimg der Preis« vom Erzeu-
ger bis zum Verbraucher und Festlegung einer
gesetzlichen Gewinnspanne.
Die Funktionär« warnen di® in Frage kom-
menden Stetten vor der Verschleppungstaktik, di»
seit längerer Zeit bei jeder sozialen Gesetzge-
bung angewandt wird. Sie erklären ausdrücklich,
daß sie zu jeder Minute bereit siud, wenn not-
wendig, den Kampf duf]mn*hmen für ihre berech-
tigten Forderungen und zur Erhaltung unserer
Demokratie,
t Sterbetafel t
Maslob Wilhelm, SaarweMin^Mn
Müller Matthias, SacuweUingen
Erb Nikolaus, Mettlach
SchuMer Peter, Hüb ringen
Thies Adalbert, Wadern
Jost Viktor, Saarwelhngen.
Di« Industr»verbünd« dor labtikarbai-
ter und Ledar vmd Bekleidung werden ih-
ren toten Kameraden, ein ehrende-s Ange-
denken bewahren.
Seite 4
DIE ARBEIT»
Juni 1950
ZI
Ofenmaurer und Silikose
I.V. Holz
Die Lohnforderungen
Zunächst 8% Erhöhung für die Sögeindustrie bewilligt
Im Zuge der all-gemeinen Verschlechte-
rung hi der Lebenshaltung des schalten-
den Menschen unseres Wirtschaftszwei-
ges, sah sich der Industrieverband Holz
gezwungen, mit einer erneuten Lohnforde-
rung an die Arbeitgeberverbände der
Säge, sowie der holzverarbeitenden Indu-
strie heranzutreten.
Unter Berücksichtigung der Lebenshal-
tungskosten des Jahres 1947/48 muß die
Feststellung gemacht werden, daß Lebens-
mittel, Bekleidung, Verkehrsmittel usw.
einen enormen Aufschlag erfahren ha-
ben. Insbesondere sei hier der Aufschlag
bei den Verkehrsmitteln hervorgehoben,
die e.ne Erhöhung bis zu 150 ‘>/o erreichen.
Wänrend die Lebenshaltung laufend eine
Verschlechterung erfahren hatte, blieben
die Löhne seit September 1948 auf dem
g.eichen Satz- bestehen. Es ist somit für
den schaffenden Menschen eine Situation
geschahen worden, die keinesfalls mehr
tragbar ist.
Der Industrieverband hat aus diesem
Grunde heraus den Entschluß gefaßt, fol-
gende Lohnforderung an die Arbeitgeber-
verbände zu stel.en, die Stundenlöhne wie
folgt festzu'.egen:
den Stuncenohn eines Hilfs-
- arbeiters 80 Frs,
den Stundenlohn eines an-
gelernten Arbeiters 100 Frs.
den Stundenlohn eines
Facharbeiter 120 Frs.
den Stundenlohn eines
hochwertigen Facharbeiters 160 Frs.
Bis zum Abschluß eines Tarifvertrages
hat der Industrieverband die Forderung
auf Auszahlung von 3000 Franken im Mo-
nat an alle Arbeitnehmer. Diese gestellte
Lohnforderung gilt für die Säge sowohl
auch für die holzverarbeitende Industrie.
Vorstehend geforderte Lohnsätze wären
in etwa eine Angle.chung an die derzei-
tigen Lebenshaltungskosten.
Auf Grund unserer Eingabe teilt uns der
Arbeitaebarverband der Holzwirtschaft im
Saarland, am 15. Juni 1950 mit, daß in-
nerhalb der Sägeindustrie eine 8prozent.
Lohnerhöhung auf den Grundlohn ab 1.
Juni 1950 erfolgen soll.
Dagegen steht die Beantwortung unse-
rer Eingabe an den andern Verband, näm-
2)ie JAeatecqemeutde teilt mit.
4. Juli: Miete 3 .Lustige Witwe*
10. Juli: Miete £ .Hoffmann’s
Erzählungen*
16. Juli: Miete 1 ,Der Maulkorb"
Die beiden ersten Vorstellungen beginnen
um >9.30 Uhr Die Sonntagsvorsteilung
am 16. Juli um 20 00 Uhr. Für die beiden
Vorstellungen am 10. und 16. Juli sind
noch Eirrzeikarten erhältlith.
lieh den Arbeitgeberverband der holzver-
arbeitenden Industrie, bis zum heutigen
Tage noch offen.
Um unseren gerechten Forderungen den
notwendigen Nachdruck zu verleihen, ist
es eine zwingende Notwendigkeit, daß
sich alle Arbeitnehmer aktiv für die ge-
stellten Forderungen einsetzen und sich
geschlossen hinter ihre Organisation
stellen. Jeder Unorganisierte bedeutet eia
H-mmschuh in unseren Forderungen. Es
darf in der Zukunft keiner mehr abseits
stehen; denn nur die Geschlossenheit und
Einigkeit aller Arbeitnehmer führt zum
vollen Erfolg.
Einheitsgewerkschaft der Arbeite*,
Angestellten und Beamten
Industrie verband Holz.
Eröffnung einer Freilichtbühne
Die 1927 gegründete Freilichtbühne Hülzweiler,
im Herzen des Kreises Saarlouis, wird nach ihrer
Instandsetzung am 25. Juni wieder eröffnet. Als
wertvolle Kulturstätte dient sie hauptsächlich den
Kreisen Saarlouis und Merzig, deren arbeitenden
Bevölkerung der Genuß guier Theatervorstellun-
gen wegen der Entfernung zur Landeshauptstadt
erschwert i&L
ln diesem Jahre gelangt „Die Jungfrau von
Oileans“ zur Aufführung. Die Eintrittspreise sind
volkstümlich gehalten und für jedermann er-
schwinglich.
Wie die Kulturvereinigung Hülzweiler mitteilt,
gewährt sie geschlossenen Gewerkschaftsgrup-
pen mit mehr als 30 Besuchern auf die Plätze
von 150 und 100 Frs. 25 <Vo Ermäßigung bei Vor-
anmeldung oder Vorausbestellung.
...an der Saiar
Datum Name und Ursache Tote
28. 1. 1907 Reden, Schlag. Wetter 160
16, 3. 1907 Gerhard, Seilbruch 22
15. 3. 1907 Klein-Rosseln, Schlag. Wetter 81
10. 8. 1908 Dudwsiter, Schlagende Wetter 14
1930 Maybach 96
23. 12. 1948 Ensdorf 20
...im Ruhrgebiat
17. 1. 1901 König Ludwig, Schiaß- arbeit 10
7. 3. 1901 Konsolidation, Durch-
schlagen der Flamme Sicherheitslampe 18
12. 11. 1908 Radbod, Vermutlich
durch Lampe 848
9. 12. 1910 Holland, Vermutlich durch Lampe 10
30. 11. 1925 Lothringen, elektrische Funken 10
1930 Anna II-Alsdorf 271
19. 10. 1931 Mont Cenis, zerbrochene Glühbirne 17
16. 7. 1935 Adolf von Hansemann, Fahrdraht! okomotive 17
31. 8. 1936 Vereinigte Präsident, Gru-
benbrand 28
2. 7. 1937 General Blumenthal, Schießarfceit 18
(Fortsetzung und Schluß)
Im kommenden Jahr 1951 werden wie-
derum alte Staubarbeiter geröntgt und
ärztlich untersucht.
Sollte sich ein zur Zeit noch in Ent-
wicklung befindliches Gerät, das der Kon-
trolle der Atem- und Leistungsfähigkeit
der Lungen dienen soll, bewähren und für
die Zwecke der Untersuchung von Staub-
arbeitern geeignet sein, so könnte der
Turnus der laufenden Ueberwachung häu-
figer stattfinden.
Vielleicht können außerdem durch An-
schaffung eines transportablen Sc'nirm-
biidgeräts die regelmäßigen Untersuchun-
gen verdichtet und zusätzlich auf andere
Berufsgruppen ausgedehnt werden. Die
saarländischen Hüttenwerke sind bereits
seit längeier Zeit von sich aus dazu über-
gegangen und haben die Arbeiter der
Sinteranlagen geröntgt und bezie-
hen diese in den Kreis der Staubarbeiter
(wie Thornasmühlen), die einer steten ärzt-
lichen Untersuchung zugeführt werden, ein.
Aus den Ausführungen geht hervor, daß
die in der saarländischen Großindustrie
beschäftigten Arbeiter, soweit sie durch
die Einwirkung kieselsäurehaltigen Stau-
bes einer erhöhten Gesundheitsgefähr-
dung ausgesetzt sind, von den dazu maß-
gebenden Stellen medizinisch und gewer-
behygienisch überwacht werden.
Werden Schäden der Lungen festge-
ßteldt, so werden zur Verhütung von Ver-
schlimmerungen und zur Vermeidung von
Verdrenstausfälien mit den Betrieben Maß-
nahmen getroffen, um diese Arbeiter an
für sie geeigneten Arbeitsplätzen einzu-
setzen. m schwereren Fällen werden, so-
fern durch die Verlegung auf einen staub-
freien Arbeitsplatz wirtschaftliche Nach-
teile für den Erkrankten eintreten, soge-
23. 9. 1939 Hannover 1/2, Spreng-
schuß 20
4. 7. 1940 Hansa, Schießarbeit 62
11. 11. 1940 König Ludwig, Gruben-
brand W
26. 2. 1941 Zollern 6/9, elektrische
Grubenlampe 29
24. 4. 1941 Bruchstraße, Schießarbeit 34
26. 6. 1942 Köln-Neuessen, Schacht
Fritz, elektr. Lichtanlage 45
23. 8. 1943 Dahlbusch, Schießarbeit 38
16. 3. 1944 Hansa, Grubenbrand 95
3. 4. 1944 Sachsen, Glimmbrand 169
11. 9. 1944 Grillo, unbekannt 107
20. 2. 1946 Grimberg, unbekannt 408
28. 6. 1947 Minister Achenbach,
Grubenbrand 9
... in Schlesien
9. 4. 1920 Casteilengo OS., Kohlen-
staubexplosion 80
1923 Heinitzgrube OS. 140
1930 Wenzesiaus (Schl es.) 181
BERICHTIGUNG. Im Artikel „Zur Lohnbewe-
gung an der Saar“ (Ausgabe vom 5. 6. 50) muß
es richtig heißen: „Der Arbeitsaufwand für die
Menge Brot im Jahre 1950 beträgt 0.30 Stunden.“
Beim Männeranzug muß es heißen statt 12,5
Stunden 125 Stunden.
nannte Uebergangsrent&n durch den zu-
ständigen Unfallversicherungsträger ge-
zahlt. Ergibt das ärztliche Gutachten ewei
schwere Silikose oder eine Silikose in
Verbindung mit einer aktiv fortschreiten-
den Lungen-Tbc, d. h. das Vorliegen einer
entschädigungspflichtigen Berufskrank-
heit, so wird eine dem Grad der Erwerbs-
unfähigkeit entsprechende Unlallrente ge-
währt.
Bei Fäl'e r, die der LandesversicherungB-
anstalt für das Saarland — Abteilung All-
gemeine Arbeitsunfallversicherung —
nachträglich von aus der Arbeit ausge-
schiedenen, pensionierten Hüttenarbeitern
zur Meldung gelangen, erfolgt ebenfalls
eine genaueste Nachprüfung, um alle
Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen, die
evtl, den Tatbestand der Staubeinwirkung
während der früheren Arbeitszeit und da-
mit das Vorhandensein einer entschädi-
gungspfichtigen Berufskrankheit begrün-
den. Es kann daher niemals Vorkommen,
wie schon behauptet worden ist, daß eine
einwandfrei nachgewiesene Berufskrank-
heit abgelehnt wird.
Um die Staublungenerkrankungen in den
gewerblichen Betrieben des Saarlandes
weitgehend in ihrer Gefährlichkeit zu be-
schränken, werden sowohl von dem tech-
nischen Aufsichtsbeamten der Landes-
versicherungsanstalt für das Saarland,
den Beamten des Gewerbeaufsichtsamt
und dem staatlichen Gewerbearzt alle not-
wendigen Maßnahmen zusammen mit den
Betrieben getroffen:
Beschränkung der Verwendung von
Sand als Strahlmitte];
bevorzugte Verwendung von geschlos-
senen Gebläsen gegenüber den Frei-
strahlgebläsen;
Anwendung von Absaugungen mit be-
weglichem Luftschlauch;
Einführung direkter Antriebe ohne offen
laufende Riemen;
Trennung der Staubräume von den übri-
gen Arbeitsräumen;
tägliche Reinigung der Arbeitsplätze;
Verwendung geeigneter Schutzmasken.
Br.
An unsere Mitarbeiter. Wir freuen uns —
und nicht zuletzt unsere Leser — über jede
Mitarbeit an der textlichen und bildlichen
Ausgestaltung der Gewerkschaftszeitung. Ge-
genüber den Vorjahren ist in dieser Bezie-
hung mancher Fortschritt zu verzeichnen. Um
aber den Einsendern von Beiträgen unnöüga
Arbeit zu ersparen, bitten wir dringend, die
Beiträge so kurz wie möglich zu halten.
Im allgemeinen soll ein Beitrag nicht über
300 Wörter enthalten. Kürzere Beiträge haben
stets den Vorzug.
*
Nachahmenswerter Solidaritätsgeist
Eine in dem Betrieb der Saar-Tonindustrie
Kleinblittersdorf beschäftigte Arbeiterin und Be-
triebsratsmitglied, Maria Dengler» verstarb in-
folge Krankheit. Sie lebte mit ihrer alten
Mutter (72 Jahre) allein, deren Stütze sie war.
Da rief der Obmann zur Sammlung auf, an der
sich die Direktion sowie die ganze Beleg-
schaft (65 Mann) rege beteiligte. Das Ergebnis
war ein Betrag von 3570.— Frs. der durch
den Obmann der alten Mutter übergeben wur-
de. Die Mutter dankte aufrichtig den Spender».
Grubenkatastrophen seit 1900
...aber
vergessen Sie nicht
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Herausgeber: Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, Brauerstr. 4-8.
Verantwortlich für den Gesamtinhalt: Heinrich
Wacker. Redaküon: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Scbuhler, industrieverbände, Jugend
sowie Feuilleton I. P Wambach. — Druckt
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5. lahrgang ____________________________Saarbrücken, 10. Juli 1950___________________________ Nr. 13
Die Losung des I.V. Bergbau
Einheit, Klarheit, Entschlossenheit - Delegierte von 38000 Mitgliedern in Sulzbach
Deutsche, französische und luxemburgische Gäste - Ministeransprachen
Der stärkste Berufs verband im Saarland, der I. V. Bergbau innerhalb der Einheits-
gewerkschaft, hielt am 8. und 9. Juli seine zweite Generalversammlung ab. Zu die-
ser Tagung, die traditionsgemäß in der Sulzbacher Pesthalle ab gehalten, wurde, wa-
ren an die’ dreihundert Delegierte erschienen. Außerdem waren Gewerkschafts-
vertreter aus Deutschland, Frankreich und Luxemburg anwesend. Die Anwesenheit
des Arbeitsministets Kim und des Wirtschaftsministers Dr. Singer, die wesentliche
Ausführungen machten, unterstrich die Bedeutung der Tagung. Besondere Aufmerk-
samkeit erweckten auch die Ausführungen des Kameraden von der Ruhr. Mehrere
Referate, Diskussionen und Entschließungen schafften Klarheit, wiesen auf Fort-
schritte wie auch auf Mängel hin, brachten einen starken Willen zum Ausdruck
und zeigten den weiteren Weg. Zum ersten Vorsitzenden für die nächsten 2 Jahre
wurde Kollege Johann Dreher gewählt.
Von der Generalver-
sammlung des Industrie-
Verband* Bergbau in
Sulzbach.
Die Kollegen Aloys
Schmitt, Johann Dreher
(der neugewählte erste
Vorsitzende) und Kurt
Weyrlch, der zum Ehren-
vorsitzenden gewählt
wurde.
Die Lohnbewegung in der Metallindustrie
Vorerst 5 Prozent Lohnerhöhung - Weitere Verhandlungen stehen bevor
Kollege Robert Bach eröffnet» die Ge-
neralversammlung am Samstagvormittag,
Er betonte die parteipolitische Neutralität
und die Bedeutung der Einheit. Am Tisch
der Ehrengäste sah man ATbeitsminister
Kim, Wirtschaftsminister Dr. Singer, Ad-
ministrateur Rieth als Vertreter des Hohen
Kommissars, Berghauptmann Dr. Schöne-
mann vom Oberbergamt, sowie verschie-
dene Behörden Vertreter und die Vertreter
auswärtiger Gewerkschaften, und zwar
von der Force Ouvriere, Paris, vom Lur
xemburgischen Arbeiterverband und et-
was später die mit großem Beifall begrüß-
ten zwei Kamerad«! von der Ruhr. Der
zweite Vorsitzende Koll. Kutsch, und der
Präsident der Einheitsgewerkschaft, Hein-
rich Wacker, waren durch Krankheit am
Erscheinen verhindert.
Arbeitsminister Richard Kirn betontein
seiner Ansprache, noch in diesem Jahre
werde voraussichtlich das neue Knapp-
schaftsgesetz verabschiedet werden. In
den einzelnen Organen, der Knappschaft
müßten dann die Arbeitnehmer die abso-
lute Mehrheit besitzen. Das Gesetz sehe
eine Reform bezüglich der Herabsetzung
des Pensionsalters vor, außerdem auch
die Gleichstellung der Witwe des Arbei-
ters mit der des Beamten und Angestellten
beim Tode des Ehemannes. Im Laufe der
kommenden Woche werde das Tarifver-
tmgsgesetz rechtskräftig werden. Es sei
erreicht worden, daß auch der Bergbau
einbezogen sei. Damit hätten die Gewerk-
schaften die Handhabe, die berechtigten
Lohnforderungen auch der Bergarbeiter
durchzusetzen. Das Gesetz bringe keine
Beeinträchtigung des Streikrechts. Auch
brauche sich die Arbeiterschaft keinem
Schiedsspruch zu unterwerfen, sondern
könne sich, wenn sie mit dem Spruch nicht
einverstanden sei, cm den Arbeitsminister
wenden. Dieser werde dann nach Fug und
Recht seine Entscheidung fällen. Zur Re-
form der Sozialgesetzgebung csn der Saar
sagte der Minister unter anderem: Dem
Landtag werde alsbald ein Gesetz über
Erhöhung der Mindestrente zugehen, und
es sei zu hoffen, daß es einstimmig ange-
nommen werde. Eine zweiköpfige Familie
werde dann mindestens monatlich 7100
Franken Rente beziehen. Die Brüning’sche
Notverordnung werde teilweise außer
Kraft gesetzt. An rückständigen Renten
aus 1945/46 könnten weitere 150 Millionen
Franken ausgezahlt werden. Es sei zu
hoffen, daß für die alten Pensionäre noch
etwa 80 Millionen Franken aus Verrech-
nungsbeträgen eines Tages zur Verfügung
stünden, die sich aus früheren Arbeitsver-
hältnissen in Lothringern beziehen. Eine
Arb eitskamm er für das Saarland sei ge-
nau so wichtig wie die anderen Kammern,
und es bestehe Aussicht, daß dieses Ge-
setz, an dem das Arbeitsministerium und
das Wirtschaftsministerium gemeinsam
arbeiten, alsbald dem Landtag unterbrei-
tet werde. Danach behandelte der Mini-
ster die große Gefahr der Silikose für den
Eergmann. Er vertrat den Standpunkt, daß
die Funktion besonderer Arbeitsärzte ge-
schaffen werden solle, die unabhängig
von den Betrieben und unabhängig von
iiiiriiHiitiiiiiitiitiiiiiiiHMiiiMiiiiiiiiMiiimiimiimiiiiDiiiiiiiimhimiiHiiiiiiiiminiiiim
Aus dem Inhalt:
Die Stimme der Verbände
Der junge Gewerkschaftler
Sind Arbeitsämter notwendig?
Gewerkschaften zum Schumanplan
Dr. Brüning für Einheit und Mitbestimmung
Redeerlaubnis für Grenzgänger
Rentenerhöhung und Elternrente
Industrielöhne ln Westdeutschland
Arbeit und Recht
Die Tagung der „Volksfürsorge“
I. V. Metall gegen Spalter
Die Theatergemelnde teilt mit
Diiirtiiiiiiiimiiiiiiimiiifiimijiniimiiiiiiiimiiiiiiiiiiimiiiiimiiiiiiitiiiitiimiiiiiiiiimii
den Versicherungsträgern sein müßten.
Die Silikose müßt© unbedingt als Berufs-
krankheit mit Rentenpflicht anerkannt wer-
den.
Den mit freudigem Beifall aufgenomme-
nen konkreten Ausführungen dös Arbeits-
ministers folgte eine Ansprache des Wirt-
schaftsministers Dr. Singer, Die Sicher-
heit des Arbeitsplatzes, sagte Dr, Singer,
werde auch nach dem Inkrafttreten det
Konventionen gewährleistet sein. Die Re-
gierung wolle die Möglichkeiten zu die-
ser Sicherheit auch lOOprozentig überneh-
men. Der Frage der Grubenschädeh wia-
me die Regierung verstärkte Aufmerk-
samkeit. Bn den nächsten Tagen werde
eine Grubenschädenkommission gebildet
werden, um wirkungsvolle Maßnahmen zu
treffen, damit den Bergleuten wie sonsti-
gen Betroffenen der Schaden ersetzt wer-
den könnte. Auf den Schumanplan ein-
gehend stellte der Minister fest, man wer-
de keine Mühe scheuen, um den steten
Absatz der Saarkohle zu gewährleisten.
Aber auch eine verstärkte Kohlenverwer-
tung im Inland sei notwendig. In der Koh-
lenveredelung könne manch Positi-
ves mein getan werden. Vom Betriebs-
rätegesetz sei zu sagen, daß mit diesem
Gesetz gegebenenfalls ein vollkommener
Strukturwandel verbunden sein werde. In
den nächsten Tagen fänden zwischen den
Parteien Beratungen über die Form, die
dieses Gesetz finden soll, statt. Auf jeden
Fall müsse in diesem neuen Gesetz zum
Ausdruck kommen, daß wir an der Saar
eine sozialgeordnete Wirtschaft haben, die
einer sozialen Wirtschaftsverfassung Raum
gebe, in deren Mittelpunkt der schaffende
Mensch stehe. Wenn die Arbeitskammer
an der Saar gegründet sei, werde man so-
fort auch an die Schaffung des Landes-
wirtschaftsrates herangehen. Der Minister
dankte zum Schluß den Bergleuten für ihr«
seit 1945 geleistete große Wederaufbauar-
arbeit.
Berghauptmann Dr. Schönemann
vom Oberbergamt sprach eingehend über
Unfallverhütung und Berufskrankheiten.
Wichtig war hier die Feststellung, daß bei
den notwendigen Aktionen aufs engste
mit der Arbeitnehmerschaft gehandelt
werde und daß man bedacht sei, die tech-
nischen und medizinischen Fortschritte
aufs stärkste zur Anwendung zu bringen.
Administrateur Rieth betonte, man er-
kenne an, daß die Arbeiterschaft berech-
tigte Wünsche habe. Vor längerem schon
habe er sich als Mitglied des Comite de
la Regie des Mines für die Herabsetzung
der Altersgrenze bei der Knappschaft von
65 auf 60 Jahre eingesetzt. Heute möchte
er sagen, die Grenze von 55 Jahren sei so-
gar gerechtfertigt. Wesentlich sei auch
die Konkurrenzfähigkeit der Gruben und
damit der Absatz sowohl nach Frank-
reich, Belgien, Luxemburg, Uebersee und
auch nach dem natürlichen Absatzgebiet
in Süddeutschland. Die Saargruben wür-
den weiter modernisiert werden. Unent-
wegt müsse der soziale Wohnungsbau
weiter gefördert werden. Der Redner be-
rührte den Schumanplan und befürwortete
eine von Kartellen freie einheitliche eu-
ropäische Wirtschaft. Er wandte sich
dann an die Vertreter aus dem Ruhrgebiet
und fand besondere Worte für die Annä-
herung zwischen Deutschland und Frank-
reich im Rahmen der europäischen Frei-
heit,
Der Sprecher des luxemburgischen Ar-
beiterverbandes begründete den besonde-
ren Wert einer einheitlichen Gewerk-
schaftsorganisation
Mit regster Aufmerksamkeit folgten die
Zuhörer den Ausführungen des Kamera-
den Stein aus Bochum. 520000 Mitglieder
zählt die Industriegewerkschaft „Bergbau“
an der Ruhr, in der auch Beamte und An-
gestellte organisiert sind. Die Aufspal-
tung in zwei Gewerkschaften an der Saar,
sagte der Redner, sei sehr bedauerlich. Im
Ruhrgebiet denke niemand ernsthaft an
eine solche Spaltung, Dort entscheide sich
(Fortsetzung Seite 2)
Der Indus trieverband Metall der Ein-
heitsgewerkschaft hatte für vergangenen
Sonjofagvormittag die große Tarifkommis-
sion, der die Funktionäre aus den größe-
ren-und mittleren Betrieben der Metall-
industrie angehören, zusammenberufen,
um über die zwischenzeitlich geführten
Tarifverhandlungen zu berichten und zu
dem Schiedsspruch Stellung zu nehmen.
Der 1. Verbandsvorsitzende Kollege'
Fliegler leitete die Veranstaltung, begrüßte
die Teilnehmer, erläuterte dien Zweck der
Zusammenkunft und gab zur Berichter-
stattung dem Gevverkschaitssekretär Koll.
Geiß das Wort.
Geiß ging bei seinem Bericht von der
Betriebsrätekonferenz im „Treffpunkt“ aus,
die die Forderungen aufgestellt hatte.
Diese Forderungen seien damals sofort
dem Arbeitgeberverband unterbreitet wor-
den. Der Arbeitgeberverband habe eine
Verhandlung für zwecklos gehalten, da
er eine solchi© bei der Höhe der Forde-
rungen für aussichtslos erachte. Darauf
habe man gleich den Schlichtungsaus-
Der Lohnkampf in der graphischen Indu-
strie.
Der Industrieverband „Graphik“ über-
reichte den Unternehmern am 20. 5. 1950
mit nachstehendem Schreiben seine Lohn-
forderung:
Eine Konferenz der mandatierten Vertreter
des Industrieverbandes „Graphik“ nahm am
20. 5. 1950 zu der Lohnfiage Stellung. In
Anbetracht der Tatsache, daß die Kaufkraft
unserer Löhne denkbar schlecht ist und daß
die Sektionen im benachbarten Elsaß-Loth-
ringen ab 25. 4. 1950 eine weitere namhafte
Lohnzulage vereinbart haben, sieht sich die
Konferenz veranlaßt, einen entsprechenden
Antrag auf Erhöhung der Löhne zu stellen.
Wir halten es nicht für notwendig, an die-
ser Stelle wiederholt im einzelnen des Nä-
heren zu begründen, wie schwer es den al-
lermeisten unserer Mitglieder fällt, mit den
heutigen viel zu niedrigen Löhnen auch nur
das nackte Leben zu fristen. Ist es Ihnen
doch so gut bekannt wie uns, daß unsere
heutigen Löhne gegenüber denjenigen von
vor dem letzten Kriege nur noch 50 bis 55
Prozent der Kaufkraft derselben besitzen.
Auf diese Tatsache ist auch der allgemein
tu konstatierende schleppende Geschäfts-
gang zurückzuführen. Wenn die Löhne ge-
rade noch ausreichen, um den Hunger zu
stillen, dann bleiben für andere, besonder«
kulturelle Zwecke, keine Mittel mehr. An-
dererseits wissen wir, daß es nicht möglich
•ein wird, unsere Löhne auf einmal so zu
erhöhen, daß sie wieder lOOprozentig ihro
Kaufkraft von vor dem Kriege erlangen. Er-
• reicht aber muß dieses Ziel werden, wenn
unsere Wirtschaft nicht langsam dem Ban-
krott entgegengehen soll. Um die Durchfüh-
rung der neuen Lohnmaßnahmen zu ermög-
lichen, beantragen wir deshalb eine Erhö-
hung der derzeitigen Gesamtlöhne um 15
Prozent unter Beibehaltung der jetzigen Ein-
stufungen. Wir gestatten uns, diese For-
derung zu unterbreiten mit der Bitte, in An-
betracht der gegenwärtigen Zeit mit ihren
sozialen Unruhen, die auch schon auf un-
sere Mitglieder übergegriffen haben, die
Prüfung unserer Forderungen nicht auf die
schuß angerufen. Dieser setzte eine Güte-
verhandlung lan. Zu einer Einigung sei es
infolge der hartnäckigen, ablehnenden
Haltung des Arbeitgeberverbandes in die-
ser aber nicht gekommen.
In einer späteren Sitzung, die am ver-
gangenen Mittwoch, dem 5. 7. 1950, unter
Hinzuziehung von Beisitzern stattgefunden
hat, wurde nach einer mehrstündigen Aus-
sprache durch den Schlichtungsausschuß
ein Schiedsspruch folgenden Inhalts ge-
fällt:
„1. Die mit Wirkung vom 15. 2. 1950 in
Frankreich für die Metallindustrie all-
gemein durchgeführte Lohn- und Ge-
haltserhöhung von 5 o/0 ist für die
saarländischen Betriebe der eisener-
zeugenden- und weiterverarbeitenden
Industrie verbindlich.
2. Soweit in Betrieben diese Lohn- und
Gehaltserhöhung bereits durchgeführt
worden ist, gilt diese Lohn- und Ge-
haltserhöhung vom Zeitpunkt der
Durchführung als rechtswirksam.
(Fortsetzung Seite 3)
lange Bank zu schieben, sondern einen
baldmöglichen Verhandlungstermin festzu-
setzen.
Auf dieses Schreiben wurde uns un-
term 25. 5. 1950 ein Schriftstück des Ar-
beitgeberverbandes übermittelt, das die
Verhandlungen mit der Motivierung ab-
lehnte, weil unser früheres Lohnabkom-
men vom 15. 12. 1949 noch nicht für ver-
bindlich erklärt sei. — Darauf haben wir
mit Schreiben vom 31. 5. 50 dem Arbeit-
geberverband mitgeteilt, daß wir ihre Ar-
gumentierung nicht anerkennen und un-
bedingt auf Verhandlungen bestehen müs-
sen. Unterm 5. 6. 50 teilte uns dann der
Arbeitgeberverband mit, daß er, unter
Aufrechterhaltung seiner früheren Beden-
ken, bereit wäre, in Verhandlungen einzu-
treten. Die erste Verhandlung fand dann
am 14., die zweite am 19. und diie dritte
am 22. Juni statt. Die stundenlangen De-
batten verliefen praktisch ergebnislos,
weil die Unternehmer durch den Vor-
schlag einer neuen Eingruppierung, das,
was sie auf der einen Seite zugestehen,
wollten, auf der anderen Seite wieder
Wegnahmen. In verschiedenen Versamm-
lungen wurde über das Verhandlungser-
gebnis Bericht erstatt und dasselbe ein-
stimmig abgelehnt. Von dritter Seite wur-
de noch am Freitag, dem 23. Juni, ein
letzter Versuch unternommen, um in letz-
ter Stunde ein» Einigung herbeizuführen.
Aber auch £n dieser Sitzung nahmen die
Unternehmervertreter einen ablehnenden
Standpunkt ein, worauf in der am gleichen
Tage folgenden überfüllten Versammlung
die Anwendung von. Kampfmaßnahm« n
beschlossen wurde.
In seltener Einmütigkeit verließen dvi
von dem Beschluß betroffenen Zeitungs-
abteiungen ihre Arbeitsplätze, um da-
durch auch zu dokumentieren, daß die ge-
samte Kollegenschaft hinter ihrer Ver-
handlungskommission steht. Bereits nach
zwei Tagen wurde von dritter Seite ein»
Besprechung beim ATbeitsministerium an-
geregt, die am 26. Juni unter dem Vorsria
des Herrn Arbeitsministeis stattfand. D*
Der Lohnkampf in der graphischen Industrie
Eine befristete Vereinbarung
Seite 2
Juli 1950
„DIE ARBEIT11
dieser Aussprache wurde festgelegt, daß
die Kampfmaßnahmen eingestellt werden
und das Schiedsverfahren im Ministerium
für Arbeit und Wohlfahrt in Anspruch ge-
nommen wird. Am Mittwoch, dem 28. Juni,
fanden dann, wiederum unter Vorsitz des
Herrn Arbeitsmimsters, die Verhandlua-
gen vor dem Schlichtungsausschuß statt.
lese führten dann zu folgender Verein-
barung:
Zwischen dem Verein der graphischen Be-
triebe einerseits und dem Industrieverband
..Graphik“ der Einheitsgewerkschatt ande-
rerseits wurde vereinbart, daß ab 1. luli 1950
auf die geltenden Lohnsätze vom 15. 12. 49
eine allgemeine Lohnerhöhung von 10 Pro-
zent für die männlichen Arbeitnehmer durch-
geführt wird. Für die Frauen, die allein-
stehend sind und Anrecht auf die Familien-
beihilfe haben, wird eine Lohnerhöhung von
2 Franken pro Stunde ab vorgenanntem Zeit-
punkt gewährt Den Einlegerinnen wird eine
Lohnerhöhung von 5 Prozent auf die jetzi-
gen Löhne zugestanden. Diese Vereinba-
rung ist auf die Dauer von zwei Monaten
befristet d. h. bis 31. August 1950.
Die Eingruppierung wird als eine arbeits-
rechtliche Angelegenheit betrachtet und be-
darf besonderer Vereinbarung, die im Man-
teltarif festgelegt wird.
Der Minister für Arbeit und Wohlfahrt:
gez. Kirn.
Verein der graphischen Betriebe:
gez. K r e m e r.
Industrieverband Graphik der Einheitsge-
werkschaft: gez. Stärk.
Durch das einmütige und geschlossen«
Handeln der Kollegenschaft konnte also
der Widerstand der Unternehmer gebro-
chen werden. Diie von ihnen geplante Auf-
splitterung der Organisation ist nicht nur
nicht geglückt, sondern auch die Zuge-
ständnisse an die gesamte Koliegen-
schaft mußten wesentlich erhöht werden.
Dies dürfte für alle Mitglieder ein Ansporn
sein, auch für die kommende Zeit einig
und geschlossen zusammenzusbehen, da-
mit die noch kommenden Anstürme eben-
so erfolgreich abgewehrt werden können.
IHarnm wurden PW und Genossen avium?
Weil die Mehrheit der Mitglieder es ver angt hat
Die Losung des I.V. Bergbau
(Fortsetzung von Seite 1)
alsbald die überaus wichtige Frage des
Mitbestimmungsrechts. Ein Teil dieses
Problems sei bereits positiv gelöst. Es sei
der dringende Wunsch, nicht nur der Berg-
arbeiter, daß zwischen Frankreich und
Deutschland endlich ein besseres Verhält-
nis geschaffen werde, um in Europa den
Frieden zu sichern. Vom Schumanplan
müsse man erwarten, daß er auch für die
europäische Kohlenwirtschaft eine zufrie-
denstellende Lösung bringe,
Der Vorsitzende des I. V, Bergbau,
Aloys S c h m it t, leitete, nachdem er mit«-
teilte, daß er für den Posten des 1. Vor-
sitzenden nicht mehr kandidieren werde,
da er seine Kräfte besser anderweitig für
den Verband geltend machen könne, die
Arbeiten des Nachmittags mit einem aus-
führlichen Referat ein, in dem er zunächst
einen Rechenschaftsberichtabgab. Dabei
unterließ er es nicht, neben den Fortschrit-
ten auch auf Fehler und Mängel hinzu-
weisen. Wenn man jedoch die vielen po-
sitiven Leistungen des Verbandes über-
blickt und die auf das Vertrauen zurück-
zuiührende Stärke des Verbandes mit 38 030
Mitgliedern und über 2000 Grenzgängern
betrachtet, dann hat man den tatsächli-
chen Maßstab für die Bedeutung des I. V/
Bergbau. Koll, Schmitt betonte, was den
Grubenbesitz angehe, so sei es dem Indu-
strieverband durchaus nicht gleichgültig,
wer Besitzer sei, sondern die Gewerk-
schaften wollten mitbestimmend und na-
türlich auch mitverantwortlich sein. Auch
die Zusammensetzung der Grubenleitung
sei für den I. V. Bergbau sehr wesentlich.
Bezüglich des Betriebsrätegesetzes wies
der Redner auf dem Standpunkt der Ga-
samteinheitsgewerkschaft hin. Man werde
sich keiner Täuschung hingeben und den-
ke unwillkürlich an die Wirtschaftskon-
vention, gegen die sich der I. V. Bergbau
gewandt hat. Der Verband müsse radikal
werden, d. h. das Uebel an der Wurzel
packen und mit Entschlossenheit seine
Forderungen realisieren.
(Das umfangreiche Referat des Kollegen
Aloys Schmitt, dem die Zuhörer aufmerk-
sam folgten, und das sich vor allem an
dia Bergarbeiter richtet, wird mit den zahl-
reichen Einzelheiten im Organ des I, V.
Bergbau erscheinen. Ebenso werden die
dort auf der Tagung gehaltenen Fachrefe-
rate im wesentlichen abgedrückt werden,
und zwar das Referat des Koll. Dreher
über das Arbeitsgebiet der Lohn- und Ta-
rifabteilung, des Kollegen Kurt Weyrich
über die Umfangreichen Angelegenheiten
der Sozial- und Rechtsabteilung und des
Koll. Glöbel über die Neugestaltung der
Sozialversicherung.)
Nach Beratungen und Abstimmungen
über Satzungsänderungen und Kommis-
sionsarbeiten wurde bereits am Sonntag-
vormittag auf Grund eines besonderen
Antrages die Neuwahl des Vorstände in
Angriff genommen. Nachdem die Wieder-
wahl des Kollegen Aloys Schmitt durch
dessen Verzicht nicht mehr in Frage kam,
wurde nach einigen Diskussionen Johann
Dreher zum 1. Vorsitzenden gewählt.
Kollege Paul Kutsch wurde als 2. Vor-
sitzender wiedergewählt. Für die Wahl
von vier Verbandssekretären waren sechs
Vorschläge eingegangen. Gewählt wur-
den Aloys Schmitt mit 209 Stimmen, die
Kollegen Podewin und Licht mit je 176 und
Otto Körner mit 167 Stimmen. Der Vor-
schlag, den Kollegen Kurt We y r i c h zum
Ehrenvorsitzenden zu wählen, fand allsei-
tige Zustimmung.
Eine Gruppe stellte den Antrag, Vertre-
ter der CGT zu der Generalversammlung
zuzulassen und ihnen das Wort zu ertei-
len. Die Abstimmung über diesen Antrag
ergab mit großer Mehrheit dessen Ableh-
nung.
Am Nachmittag kam es zur allgemeinen
Aussprache. Igel, Illingen, betonte
die Bedeutung der Zusammenarbeit aller
Industrieverbände innerhalb der Einheits-
gewerkschaft. Spindler, Neunkirchen,
erklärte, daß er im Aufträge von 10 000
Junggewerkschaftlem spreche, wenn er
verlange, daß die Jugend im erweiterten
Vorstand mit Sitz und Stimme vertreten
sein müsse, ebenso wenn er sage, dis Ju-
gend lehne jeden Kriegsdienst grundsätz-
lich ab. Den beantragten Sitz im Vorstand
wurde zugestimmt. Sehr begrüßt wurde
vom Diskussionsredner die Anwesenheit
der auswärtigen Kameraden, vor allem
der Kollegen von der Ruhr. Koll. Weiter
nahm im Anschluß än die eindeutige Wi-
derlegung eines Vorwurfs, er habe Be-
schlüsse des I.-V. Bergbaus sabotiert, Ge-
legenheit, unter lebhaftem Beifall darauf
hinzuweisen, daß noch in diesem Monat
in Stuttgart eine Tagung des Internationa-
lenTransportarbeiterverbandes stattfinden,
wird, die sich mit dem Antrag zu befas-
sen hat, die französischen, deutsch an,
saarländischen Eisenbahner und die der
Beneluxländer in eine einheitliche Orga-
nisation zusammenzufassen, damit daraus
eine einzige große europäische Gewerk-
schaftsbewegung erstehe. Daraufhin
wurde von dem Versammlungsleiter fest-
gestellt, daß sich auf der gleichen begrü-
ßenswerten Ebene wertvolle Perspektiven
auch für die Bergarbeiterverbända eröff-
neten, die insbesondere auch der Frie-
denssicherung dienlich seien. Kollege
Reinecke, Neunkirchen, kritisierte eini-
ge Punkte des Tagungsverlaufs, wobei er
die Feststellung des Koll. Glöbel hervor-
hob, daß an der Saar 33 o/o relativ mehr
Steuern zu verzeichnen saien als in Frank-
reich. Kollge Aloys Körner befaßte sich
gleichfalls kritisch mit verschiedenen
Punkten. Als Vorsitzender des Betriebs-
rats bei den Gruben konnte er besonders
eingehend auf erhebliche Mißstände auf-
merksam machen, die nicht mehr länger
geduldet werden könnten. Kollege Moll
trat warm für die im Saarland beschäftig-
ten Grenzgänger ein und wünschte, daß
endlich der kleine Grenzverkehr Platz
greife.
Weitere Diskussionsredner packten die
Probleme entschlossen an.
Für die Belange der Bergbauangestell-
ten setzte sich Kollege Roth mit Energie
ein.
Eine ganze Anzahl von Entschließun-
gen fand hierauf durchwag.' einstimmige
Annahme. Sie betreffen die soziale Sicher-
heit im Saarbergbau, die Grubensicher-
heit, die Silikose, die Lohnfrage, die Poli-
zeiüberwachung der Versammlungen, den
Schumanplan, die Feiertagsbezahlung, die
Arbeits- und Landeswirtschaftskammer.
Ferner fand ein Antrag über die Errich-
tung eines Gewerkschaftshauses Annahme.
Das Schlußwort des Kollegen Dre-
her stellte die positiven Seiten dar zwei-
tä;i;eiKongreßarbai in den Vordergrund.
Man werde mit aller Kraft darangehen,
die aufgezeigten Fehlerquellen zu beseiti-
gen. Schwere Kämpfe stünden bevor.
Durch die Entschlossenheit der organisier-
ten Arbeitnehmerschaft werde aber das
gesteckte Ziel erreicht werden.
Der neue Vorsitzende erklärte, man wer-
de unter allen Umständen in dem neuen
Wirkungsabschnitt nach der Devise han-
deln: Einheit, Klarheit und Entschlossen-
heit.
Der 1. Mai mit seinem Demonstrations-
zug und der vorgesehenen Großkundge-
bung hat den Mitgliedern die Augen ge-
öffnet. Sie haben gesehen, daß die Kom-
munistische Partei ihre Zeit als gekommen
ansah, um die Führung der Einheitsge-
werkschaft an sich zu reißen und um die
Gewerkschaftsbewegung ihren politischen
Zielen dienstbar zu machen. Sie hatten
für diesen Tag mit roten Flugblättern, die
sie im ganzen Land angeschlagen hatten,
eine Großmobilmachung aller kommuni-
stischen Mitglieder augeordnet, halten den
Vorraum der Tribüne mit Hunderten von
ihren Leuten besetzt und sich der Tribüne
bemächtigt. Demnach gab es für sie ein
Fiasko. Wem bis dahin noch nicht klar
war, was gespielt wurde, der hat es an
diesem Tage gesehen und persönlich er-
lebt.
Die späteren von der Einheitsgewerk-
schaft; speziell aber vom Industriever-
band Metall durchgeführten Versammlun-
gen und Konferenzen zeigten die gleiche
Tendenz, nämlich die der Störung und
Sprengung. Man versuchte* das große
Fiasko, das man am 1. Mai erlitten hatte,
wettzumachen. Ihr Ziel war so sonnen-
klar, daß es niemand mehr entgehen konn-
te. Sie wollen, nachdem sie in der Partei
Mitgiie<ferverluste und Mandatsveriuste zu
verzeichnen haben, die Gewerkschaft be-
nutzen, um sich wieder zu stärken. Sie
glauben auch, wenn ihnen das gelänge,
daß die nächsten Wahlen ihnen eine be-
trächtliche Stärkung ihrer Partei und ihres
Mandatseinflusses bringen würden. Nach-
dem nun aber die Einheitsgewerkschaft
aus mehr als 95—98 o/o Mitgliedern be-
steht, die nicht Kommunisten sind, so leh-
nen diese es ab, sich vor den kommuni-
stischen Karren als Zugtiere spannen zu
lassen. Sie verlangen von dem von ihnen
selbst eingesetzten Landesvorstand, daß
er die Satzung, die die 2. Generalver-
sammlung in St. Ingbert am 5. und 6. März
1949 beschlossen hat, m § 3, der die po-
litische und konfessionelle Neutralität vor-
schreibt, unter allen Umständen und ge-
gen jedermann, gleich aus welchen Par-
teien sie sind, durchführt.
So kam es, daß Betriebsräte, Gewerk-
schaftsgruppen, E inzelmitgliie der, Ver-
sammlungen mit Resolutionen (bei denen
selbst Kommunisten mitstimmten) und Be-
triebe mit Protestschreiben, die von Hun-
derten von Mitgliedern unterschrieben
wurden, den Vorstand ersucht, zwecks Er-
haltung der unbedingten Neutralität eine
energische und gründliche Säuberungsak-
tiion vorzunehmen und alle diejenigen
Quertreiber, die die Neutralität verletzen,
und verbandsschädigande Handlungen
begehen, aus dem Industrieverband Me-
tall auszuschließen.
Der Vorstand hat dann als Vollstrecker
‘ das Willens der Mitglieder am 23. 6. 1950
eine Vorstandssitzung einberufen. Er hat
dabei die Abordnungen, die aus verschie-
denen Betrieben (wahrscheinlich vom Kol-
legen Pink inszeniert) erschienen waren,
vorher angehört. Er hat dem Kollegen
Pink, nachdem ihm die Gründe seines
Ausschlusses mitgeteilt worden sind,auch
Gelegenheit zur Rechtfertigung gegeben u
hat darüber hinaus das getan, was sonst
überhaupt nicht üblich ist, er hat Pink so-
gar an derVorsfeandssitzung und selbst an
der Abstimmung teilnehmen lassen, damit
er sehen und sich selbst davon überzeu-
gen sollte, daß die Abstimmung nach de-
mokratischen Regeln ordnungsgemäß vor
sich gehe. Pink wurde in dieser Vor-
standssitzung mit Stimmenmehrheit als
Mitglied aus dem Verband ausgeschlos-
sen, wodurch zugleich auch sein Amt als
2. Vorsitzender und sein Angestelitenver-
5
In der Arbeitspause
Qwfi /llalzhiei'
Traubenzuckerhaltig- alkoholarm
%//n
#
Redeerlaufanis für Grenzgänger
Für Grenzgänger, die in Betriebsversamm-
lungen sprechen wollten, war bisher eine be-
sondere Sprecherlaubnis notwendig. Auf Ein-
gabe der Hauptverwaltung der E. G. wurde
vom Innenministerium jetzt mitgeteilt, daß die
Einholung der Erlaubnis nicht mehr erforder-
lich ist,
Mitteilungen für I.V. Baugewerbe
Schiedsspruch iib.r Lohnerhöhung
der weiteren Lohnverhandlung
In
der
In-
Zentralheizungs-, Lüftungs- und san
staHations-Industrie wurde am Dienstag-
rachmittag ein Schiedsspruch für die
■technischen und kaufmännischen Ange-
stellte dieses Industriezweiges gefällt, wo-
nach diese Berufsgruppen ab 15. 6. 1950
eine Lohnerhöhung von 8o/o erhalten.
Die Vereinbarung der Löhne der Arbeitnehmer
der Zentralheizungs-, Lüftungs- und Installations-
Unternehmungen, die in Nr. 12 der Arbeit“ vom
10. Juni 1950 veröffentlicht wurde, muß insofern
berichtigt werden, als sie nicht ab 1. 6. 1950, son-
dern erst ab 7. 6. 1950 in Kraft tritt.
Illtlllllllll#
hältnis erlosch. (Der Ausschluß der Kol-
legen Schwöbei, Kunz, Jakobs und Mruck
sollte in einer späteren Sitzung erfolgen.)
Die Gründe, die zum Ausschluß dies Kol-
legen Pink geführt haben, sind folgende:
1. Pink hat als 2. Vorsitzender des Indu-
strie verbanne s M'etall bei der Kundge-
bung am 1. Mai seinen Einfluß, den er
a s Mitglied der Kommunistischen Fartei
auf seine Parteigenossen hatte, nicht dä-
zu ausgenutzt, um auf sie einzuwtrkan,
daß die Störung der Kundgebung unter-
blieben ist. Es hätte für ihn ein Leich-
tes sein müssen, die Gruppe, die vor
der Rednertribüne stand, davon zu über-
zeugen, daß ihre Haltung falsch war u id
daß sie damit die Neutralität der Ein-
heitsgewerkschaft auf das schwerste
verletzten.
2. Der Kollege Pink hat am 27. 5. 1950 einen
Artikel in der „Neue Zeit“ verbreitet, der
gegen den Vorstand gerichtet war und
mit dem er die Mitglieder aufforderte*
gegen den Vorstand Stellung Zunahmen.
Der Ausschluß der übrigen Kollegen Kunz,
Schwöbei, Jakobs und Mruck soll erfol-
gen, weil sie durch Störungs- und Spren-
gungsversuche die praktische und posi-
tive Arbeit des Verbandes durch ihr ver-
bandsschädigsndes Verhalten verhindert
haben und weil sie die Neutralität des
Verbandes ve letzten.
Zu diesen Gründen, die zur Zeit des
Ausschlusses Vorlagen, sind inzwischen
noch eine ganze Reihe anderer Gründe
getreten. Die Genannten haben illegal
Versammlungen und Konferenzen einberu-
fen, in diesen eine Hetze gegen den Vor-
stand entwickelt und über die Einheitsge-
werkschaft und den Industrie verband Me-
tall unwahre Behauptungen auigestellt u.
versucht, die Verbandsleitung und ihran
Vorsitzenden im öffentlichen Ansehen he-
rabzusetzen. Sie haben mit einem Flug-
blatt und mit laufenden Zeitungsartikeln
in der „Neue Zeit“ den Verband ständig
angegriffen und Lügen über ihn verbreitet.
So haben sie beispielsweise ständig der
Wahrheit zuwider die Behauptung aufge-
stellt, daß der Vorstand den Verband
spalte und daß er d e Einheit des Verban-
des mit seinen Maßnahmen gefährde.
Wie sieht es nun in Wirklichkeit aus,?
Der Vorstand, hinter dem heute noch
die überwiegende Mehrheit aller Mitglie-
der trotz der Hetze steht, tut nichts ande-
res als seine verdammte Pflicht und
Schuldigkeit, die die Gesamtheit der Mit-
glieder gemäß § 3 der Satzung verlangt,
indem sie die lQOprozentige Neutralität
des Verbandes sichert. Die Störungen u.
Spaitungsversuche im Verband haben seit
1. Mai nur die Ausgeschlossenen und ihre
aus dem gleichen Lager stammenden Ge-
nossen verursaht. Wenn diese Gruppe
von Störenfrieden auch keine absolute
Gefährung der Einheit des Verbandes be-
deuten kann, so verlangt doch düe grund-
sätzliche Haltung und die Verantwortung
für die weitere Entwicklung, daß Klarheit
geschaffen wird. Die Abgabe theoreti-
scher Erklärungen der genannten Gruppe,
ebenfalls für unbedingt» Einheit zu sein,
ist zwecklos. Nur eine Befolgung der Sat-
zungen hätte den Beweis erbringen kön-
nen. Dem Vorstand aber eine Gefährdung
der Einheit vorzuwerfien, ist geradezu lä-
cherlich.
Weiter sagt man, der Vorstond sei zu
alt, er sei unfähig. Die immerhin beträcht-
lichen Erfolge der Gewerkschaftsbewe-
gung, die vielen positiven Anstrengungen,
die seit dem Zusammenbruch vollbracht
werden mußten, stammen ganz bestimmt
nicht von den sogenannten fortschrittli-
chen Funktionären, die ihre Hauptaufgabe
in der Vergangenheit in der Diffamierung
erblickten. Jeglicher Fortschritt im Rah-
men der gegebenen Tatsachen war ihren
tiefsten politischen Plänen nur ein Hinder-
nis.
Jedes warheiisliebenäe, ehrliche und
anständige Mitglied wird diese gewerk-
schaftlichen Erfolge zugeben, da es ja
selbst Nutznießer davon geworden ist,
Nachdem sie auch nicht vom Himmel ge-
fallen sind, bleibt kein anderer Schluß
übrig, als daß sie nur von den „unfähi-
gen“ Vorstandsmitgliedern geleistet wer-
den harnten. Au~h an den zur Zeit schwe-
benden Taritverhandlungan sincf die so-
genannten „fo-tidrütjicnen“ Funktionäre)
nicht aktiv beteilig:.
Wer sind nun d.a Unfähigen, d„3, die
Leistungen nachweisea können oder die-
jenigen, die jeden Beweis schuldig bleiben
müssen? Wir sind aber in der Lage, den
Unfähigkeitsbeweis für denjenigen an-
zutreten, der heute anderen unberechtig-
terweise Unfähigkeit vorwirft. Wir könn-
ten, Herr Pink, wenn Sie Wert darauf le-
gen, den Mitgliedern auch sonst noch sehr
interessante Dinge mitteilen, die bestimmt
manchen überraschen würden.
Auf die anderen Angriffe wollen wir
nicht weiter eingehen, weil sie bedeu-
tungslos sind und weil unsere Handlun-
gen in jeder Beziehung den Satzungen ent-
sprochen haben und damit im Sinne der
Mehrheil unserer Mitglieder lagen. Daß
diese natürlich Ihren Genossen nicht an-
genehm sind, mag ja schon möglich sein,
aber die demokratischen Grundsätze ver-
langen ja, daß sich die Minderheit der
Mehrheit zu fügen hat.
Und nun noch ein paar Worte zu Ihrem
Leibblatt „Naue Zeit“. Sie hat sich als ein
aktiver Kämpfer und als Paro’.enausgabe-
stelie besonders eingesetzt Sie fmg sy-
stematisch an und richtete ihre Angriffe
zuerst gegen die Einheitsgewerkschaft als
solche, dann ging sie auf den Industri»-
verband Bergbau und anschließend auf
den Industrieverband Eisenbahn los. Als
nun bei den Vorgenannten ihre Versuche
scheiterten, suchten sie sich den Industrie-
verband Metall als Ziel aus. Ein solches
Revolverblättchen muß natürlich ständig
etwas „Aktuelles und Sensationelles“
bringen, um ihren Lesern gegenüber ihr©
Daseinsberechtigung unter Beweis zu
stellen. D e Gewerkschaftsbewegung muß
sowieso dazu herhalten, täglich mit Hatz-
artikeln die Zeitung zu füllen. Es ist nicht
selten vorgekommen, daß ungefähr ein
Drittel der ganzen Zeitung diesen Zwek-
ken dienen mußte. Selbst wenn kein Ma-
terial da ist, dann wird eben etwas ge-
macht, und wenn man nur einen Berg-
lehrling über seine „natürliche“ ablehnen-
de Haltung über die Konventionen befragt.
Man hat dann wieder ein» Schlagzeile/
gefunden, wie: „60 000 Kumpels gegen dia
Konventionen“. Ja, so wird’s gemacht!
(Fortsetzung Seite 3)
Tuli 1950
Seite $
.DIE ARBEIT»
DIE STIMME DER VERBÄNDE
I.V. Metall
Die Lohnbewegung in der Metallindustrie
3.
(Fortsetzung von Seite 1)
jn Betrieben, in denen diese Lohn- und
Gehaltserhöhung noch nicht durchge-
tührt worden ist, tritt diese mit Wir-
kung vom 1, Juli 1950 in Kraft. Es
bleibt der betrieblichen Vereinbarung
überlassen, einen früheren Zeitpunkt
des Inkrafttretens festzulegen.
Bezüglich der Forderung der Gewerk-
echaiten auf eine weitere 15o/oige Erhö-
hung der Löhne und Gehälter wird den
Parteien anheimgestellt, in Verhandlungen
einzutreten, mit dem Ziel, auf der Grund-
lage einer freien Vereinbarung eine Lohn-
und Gehaltserhöhung durchzuführen.“
Ergänzend schilderten die Koll. Geiß
■und Fliegler die schwierigen Verhand-
lungen und legten die Argumente dar, mit
denen sie um eine angemessene Lohner-
höhung gekämpft haben.
Hierauf setzte dann eine lebhafte Aus-
eprache ein, an der sich die Mehrheit
aller KommrssionsmitgUeder beteiligten.
Die Aussprache zeigte eine allgemeine
Empörung über das geringe Schieds-
spruchergebnis, Verschiedene Redner
schilderten die Lage ihrer Betriebe und
Mit der einstimmigen Annahme der
nachfolgenden Entschließung nahm die
Tarifkommissionssitzung ihr Ende.
Entschließung
Die heute am 9. 7. 1950 in Saarbrücken
versammelte erweiterte Tarifkommission,
vertreten aus den größeren und mittlleren
Betrieben der Metallindustrie, hat zu dem
Schiedsspruch des Schlichtungsausschus-
*es wie folgt Stellung genommen:
Entrüstet darüber, daß der Schieds-
spruch nur eine 5o/0ige Lohnerhöhung vor-
sieht, ist die Kommission der Meinung,
daß damit die Teuerung keineswegs als
abgegolten betrachtet werden kann. Sie
verlangt eine angemessene, der verloren-
gegangenen Kaufkraft rechnungtragende
Erhöhung der Löhne und Gehälter. Sie ist
bereit, um ihre berechtigten Forderungen
zu kämpfen und wenn es erforderlich ist,
alle zur Verfügung stehende Mittel dafür
einzusetzen.
Der Schiedsspruch nimmt die Kommis-
sion nur unter der Voraussetzung an, daß
mit Erlaß des Tarifvertragsgesetzes neu«
'Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeber-
verband aufgenommen werden.
Saarbrücken, den 9. Juli 1950.
I, V. Baugewerbe
Protestversammlung der Arbeitnehmer im Baunebengewerbe
GEBR. WAGNER • HERZIG -SAAR
zeigten die nicht unbeträchtlichen Gewin-
ne auf, die heute noch erzielt werden und
die eine angemessene Lohnerhöhung
durchaus möglich erscheinen lassen. Eine
große Verärgerung entstand auch da-
rüber, daß, bevor die Lohnerhöhung Platz
gegriffen habe, bereits von einer Anzahl
Betrieben Preiserhöhungen durchgeführt
worden seien. Die Redner verlangten eine
strikte Ablehnung des Schiedsspruches
und forderten ganz energische Maßnah-
men, insbesondere den Streik.
Nach mehrstündiger Aussprache wurde
mit Rücksicht darauf, daß es sich bei dem
Schiedsspruch nur um eine Teillösung
handelt und der Schlichtungsausschuß
den Tarifparteien den Eintritt in neue Ver-
handlungen empfohlen hat, der Schieds-
spruch angenommen, um damit den Be-
legschaften derjenigen Betriebe, die diiese
5(1b bisher noch nicht ausbezahlt erhalten
haben, diese Lohn- und Gehaltserhöhung
zu sichern.
Die Tarif Kommission empfiehlt nun allen
Betriebsräten sofort mit ihren Arbeitge-
bern in Verhandlungen darüber einzutre-
ten, damit die im Schiedsspruch vorge-
sehene 5 o/oige Lohnerhöhung bereits ab
15. 2. 1950 in Kraft gesetzt wird. Die Ver-
bandsleitungr erklärt sich bereit, bei An-
ruf die Betriebsräte in diesen Verhand-
lungen zu unterstützen. Neue Tarifver-
handlungen mit dem Arbeitgeberverband
werden sofort wieder angebahnt.
Am Montag, dem 3. 7. fand im Kegler-
heim in Saarbrücken eine Versammlung
der Arbeitnehmer für das Baunebenge-
werbe statt. Es ging darum, die Lohn- und
Gehaltsfragen zu behandeln, zumal das,
was für das Baugewerbe Gültigkeit be-
sitze, auch für das Baunebengewerba
richtungsweisend zu sein habe.
Die Einheitsgewerkschaft der Arbeiter,
Angestellten und Beamten — Industriever-
band Baugewerbe — hatte die Arbeiter
und Angestellten des Bauneben ge werbes
am 3. Juli zu einer Versammlung im Keg-
lerheim eingeladen. Der 2. Vorsitzende des
Industrieverbandes Baugewerbe, Munarie,
begrüßte zunächst die erschienenen Gäsi e,
um zu Beginn seiner einleitenden Aus-
führung auf die Stellung des Baunebenge-
werbes einzugehen. In Anbetracht der
Tatsache, daß Preiserhöhungen durchge-
führt worden seien, ohne daß an eine)
Lohnerhöhung gedacht worden sei, müsse
verlangt werden, die Lohn- und Gehalts-
frage neu zu regeln. Der Redner schilderte
im folgenden die verschiedenen Wege, die
zur Verwirklichung des Zieles, der Er-
höhung der Gehälter und Löhne, führen
eine Regelung der Löhne und Gehälter
zu treffen, die Verhandlungen seien aller-
dings ohne Erfolg verlaufen. Die Vertre-
ter des Handwerks, fuhr der 1. Vorsitzen-
de fort, hätten sich sehr wohl mit ihren
Fragen befaßt, mit den Arbeitnehmern
aber nur soweit, als es die Schwarzarbeit,
die Ermäßigung der Erziehungsbeihilfe
und die Senkung der Löhne der Jungge-
sellen betroffen habe. Der Sprecher war
der Ansicht, daß es niemals Schwarzar-
beiter zu geben brauchte, wenn die Ar-
beiter, die acht Stunden gearbeitet hätten,
über ein genügend hohes Einkommen ver-
fügten. Die Erziehungsbeihilfe, die für
einen Lehrling im zweiten Jahr 500.— Frs.
pro Woche betrage, sei sehr bescheiden
und wäre gerade für das Fahrgeld aus-
reichend. Der Redner stellte fest, daß im
Baugewerbe die niedrigsten Löhne der ge-
samten Wirtschaft gezahlt würden.
Als Redner in der sich anschließenden
Diskussion kamen der Vorsitzende und der
2. Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft
des saarländischen Handwerks, auf die
Schwierigkeiten zu sprechen, mit denen
verschiedene Gruppen des Handwerks zu
kämpfen haben. Dr. Opitz, Arbeitsgemein-
schaft, war der Ansicht, daß die Arbeit-
nehmer eine falsche Frontstellung be-
zogen hätten und wünschte sich ein ge-
meinsames Vorgehen von Arbeitnehmern
und Arbeitgebern gegen eine falsche Fi-
nanzpolitik. Die Lohnforderung als solche
erkenne er an.
Der Vorsitzende der Christlichen Ge-
werkschaft des Baunebengewerbes, Horn,
schloß sich den Ausführungen des Vor-
sitzenden des Industrieverbandes der Ein-
heitsgewerkschaft an und betonte, daß
es eine christlich-moralische Verpflich-
tung der Arbeitgeber sei, wenigstens das
Existenzminimum sicherzusteilen, das
noch nicht erreicht sei.
Vorsitzender Schäfer brachte in seinem
Schlußwort zum Ausdruck, daß man sei-
tens des Industrieverbandes keine Gewalt
anwenden wolle, doch verlange man
Recht, und um dieses Recht werde mit
allen fairen Mitteln gekämpft werden.
I. V. Verkehr und Transport
Forderungen der Straßenbahner
GEBR. WAGNER • MERZIG SAAR
aoll'en, ohne jedoch ein befriedigendes Er-
gebnis gezeitigt zu haben.
Der 1. Vorsitzende des Industrieverban-
des, Schäfer, brachte zum Ausdruck, daß
man sich mit den Vertretern des Hand-
werks sachlich unterhalten wolle und
setzte sich zunächst mit einem Schreiben
des Vertreters des Arbeitgeberverbandes
für das Holzgewerbe, Dr. Schneider, aus-
einander. Der Redner erkannte an, daß
die Notlage des Handwerks besteht und
sagte Unterstützung insoweit zu, als sich
diese nicht gegen die eigenen Interessen
richtet. Der Notschrei der Arbeitnehmer
sei nicht weniger berechtigt, seit nun-
mehr drei Monaten bemühe man sich, im
Bau- und einschließlich Baunebengewerbe
Die Funktionäre der Einheitsgewerk-
schaft und der Christlichen Gewerkschaft
der Straßenbahnen von Saarbrücken, Saar-
louis, Neunkirchen und Völklingen ver-
sammelten sich am Mittwoch, dem 28.
Juni 1950, 14.00 Uhr, im Lokal Ensch, Saar-
brücken, und beschäftigten sich einge-
hend mit dem derzeitigen Stand ihrer wirt-
schaftlichen und sozialen Lage.
Einleitend erstatteten die beiden Ge-
werkschaftsvertreter Heinz und Walz Be-
richt über das Ergebnis ihrer bisherigen
Bemühungen. In der äußerst sach'ich aber
zielbewußt geführten Aussprache kam
einhellig zum Ausdruck, daß die Beleg-
schaften geschlossen und einig hinter ih-
ren Gewerkschaften stehen. Diese Ein-
helligkeit und Geschlossenheit fand ihren
Niederschlag in folgender einstimmig ge-
faßten
Entschließung.
1. Die Funktionärkonferenz findet es als
unverantwortlich, daß die Belegschaft
der Straßenbahn Völklingen bis zum
heutigen Tage das Ueberbrückungs-
geld nicht erhalten hat, das bereits die
I. V. öffentliche Betriebe * 2 3 4
übrigen Straßenbahnen im Saarland
genehmig!, und ausgezahlt haben-
Die Funktionärkonferenz erklärt sich
mit den Kollegen von Völklingen soli-
darisch und ist bereit, für diese rück-
ständige Forderung sich restlos einzu-
setzen und mit allen gewerkschaftli-
chen Mitteln zu unterstützen.
Die Funktionärkonferenz spricht den
beiden Gewerkschaften für ihre bishe-
rige Arbeit ihr volles Vertrauen aus u.
ist entschlossen, sich bei der Durch-
setzung der gestellten und berechtigten
Lohnforderung hinter die Gewerkschaf-
ten zu stellen und mit allen zu Gebote
stehenden Mitteln für die Forderung
sich einzusetzen.
Die Funktionärsit ung erwartet von den
zuständigen Behörden, daß diese For-
derungen auch von ihnen nicht nur als
berechtigt anerkannt, sondern auch re-
alisiert werden.
Für die
Christliche Gewerkschaft:
gez. Hillenbrand.
Für die
Einheitsgewerschaft:
gez. Heinz.
Fachgruppe Banken, Sparkassen und Versidierungen
In der Fachgruppentagung der Banken, Sparkas-
sen und Versicherungen am 17. 6. 1950 in St. Ing-
bert wurde nachstehende Entschließung
gefaßt und am Sonntag, dem! 18. 6. 1590, in der
Generalversammlung zur Verlesung gebracht:
Die anläßlich der Generalversammlung des In-
dustrieverbandes , Oeffentliche Betriebe und Ver-
waltungen“ am 17. 6. 1950 tagende Fachgruppe
Banken, Sparkassen und Versicherungen“ er-
klärt sich einmütig mit der Weiterführung der Ge-
schälte im bisherigen Sinne einverstanden. Sie
spricht dem Kollegen Hektor das volle Vertrauen
aus. Alle Delegierten sind überzeugt, daß er
künftig die Interessen der Angestellten dieser
Fachgruppe mit gleichem Eifer vertritt.
Der neue Tarifvertrag sowie die Lohnverhand-
lungen zur zwischenzeitlichen Erreichung einer
mindestens 15prozentigen Gehaltserhöhung sind
im Einvernehmen mit allen Beauftragten der
Tarifkommission seine zur Zeit dringlichsten
Aufgaben, Wir stehen geschlossen hinter die-
Ufaruin wurden Pink und
(Fortsetzung von Seite 2)
Wer nimmt sie überhaupt noch ernst?
Die meisten haben dadurch, daß Bi« selbst
bei Veranstaltungen zugiegen waren und
eie miterlebten, sich durch den späteren
Zeitungsartikel davon überzeugt, daß die
Zeitung lügt, verleumdet und Tatsachen
entstellt. Wer sie liest, wird von der
Kampfesweise, die sie führt, angeekelt
und legt das Blatt recht bald zur Seite).
Uns und die überwiegende Mehrheit dier
Mitglieder läßt deshalb ihr Geschreibsel
vollkommen kalt und gleichgültig. Wir
können das Urteil über das, was sie über
uns schreibt, getrost unseren Mitgliedern,
die über einen klaren, gesunden! Mlen-
echenverstand verfügen, überlassen. Bei
diesen haben sie mit ihren Artikeln kein
Glück mehr.
Insbesondere hat sich dieses Blättchen
die Göbbels’sche Emhämmerungsmethode
zu eigen gemacht. Sie versucht, ohne da-
bei auch nur im geringsten Müdigkeitser-
Echeinungen zu zeigen, täglieh den Men-
schen immer und immer wieder dasselbe
emzuhämmern, und sie bildet sich ein,
daß sie nun dabei ihr Ziel erreichen wür-
de. sie vergißt aber, daß Göbbels die1
Menschen erst idealisierte, ehe er mit sei-
ner Einhämmerungsmethodte' Erfolg hatte.
Bei den schaffen dien Menschen von heute
hat man mit dieser verbrauchten und
überlebten Methode kein Glück mehr. Sie
haben durch den Zusammenbruch eine
Benossen ausgeschlossen?
schwere Not- und Elendszeüt durchga-
macht, die eie hellhörig machte. Sie ver-
spüren absolut keine Lust mehr, sich wie-
der in ein Abenteuer hineinstürzen zu las-
sen. Sie haben noch von der Vergangen-
heit genug. Sie machten so etwas nicht
wieder mit. Selbst die schönste Tarnung,
die man hier vornimmt, verfängt bei ihnen
nicht mehr. Sie betrachten alle Dinge
heute kritisch und kommen infolgedessen
auch zu der richtigen Erkenntnis der
Dinge. Man kann sie nicht mehr dumm
machen.
Auch unsere Mitglieder wissen, was sie
wo len. Sie wo llen eine lOCprozentige Neu-
tralität der Gewerkschaft, aber keine Ge-
werkschaft unter kommunistischar Füh-
rung. Sie verlangen von ihrer Gewerk-
schaft die unbedingte Neutralität, eine
Plattform, auf der sich alle schaffenden
Menschen zusammenfinden können, um
eine große schlagkräftige Kampforgani-
sation zu sein, die allein nur in der Lage
ist, die Lebensexistenz aller schaffenden
Menschen zu sichern und ihr Lebensni-
veau zu verbessern.
I. V. Me tall.
Oie Ausschlußbeschlüsse
Der Landesvorstand des Industriever-
bandes Me tai» der Einheitsgewerkschaft
faßte folgenden Beschluß:
„Der frühere Verbandsangestellte und 2.
Vorsitzende des Industrieverbandes Me-
tall der Einheitsgewerkschaft, Hans Pink,
aus Völklingen, wurde durch Landesvor-
standsbeschluß vom 23. 6. 1950 als Mit-
glied aus dem Industrieverband Metall
wegen verbandsschädigend en
Verhaltens ausgeschlossen. Damit er-
löscht für Pink zugleich seine Funktion als
2. Verbandsvorsitzender und sein Ange-
stelltenverhältnis zum Verband.
Pink hat damit jedes Recht verloren, für
den Verband nach innen und außen ir-
gendwelche verbindlichen Erklärungen ab-
zugeben. Ebenso hat er kein Recht mehr»
Versammlungen, Konferenzen und Sitzun-
gen aller Art einzubetufen, an ihnen teil-
zunehmen und ln diesen als Redner aufzu-
treten. Auch sein bisheriges Recht, im Na-
men des Verbandes Betriebe zu besuchen*
ist hiermit erloschen.“
Der Landesvorstand des Industrieverbandes
Metall der Einheitsgewerkschaft teilt uns tol-
gendes mit:
Durch Beschluß des Landesvorstandes vom
7. 7. 1950 wurden iolgende Mitglieder wegen ver-
bandsschädigenden Verhaltens ausgeschlossen!
1. Schwöbei Ottmar
2. I a k o b Peter
3. M r u c k Karl-Heinz
4. Kunz Werner.
Sie haben damit Jedes Recht verloren, lür den
Verband nach innen und außen irgendwelche ver-
bindliche Erklärungen abzugeben. Ebenso ist
Ihnen das Recht genommen, Versammlungen,
Konferenzen und Sitzungen gewerkschattlicher
Art einzuberufen, an ihnen teilzunebraen und la
diesen als Redner aufzutreten.
sen Forderungen und sind bereit, mit allen‘ge-
werkschaftlichen Mitteln dafür einzutreten. Ins-
besondere verlangen wir bei dem neuen Tarif-
abschluß ein dem saarländischen Lebens- und
Leistungsstandard entsprechendes Mindestein-
kommen. Bei allen Betrieben wird die Schaffung
einer Alters-Zusatzversorgung gefordert.
Wir fordern mindestens die Gleichstellung mit
den in Frankreich in Kraft befindlichen Tarifen
und sonstigen Zulagen. Ebenso verlangen wir,
daß die in Frankreich gewährte Familienzulage
in gleicher Höhe im Saarland zur Auszahlung
gelangt. Es besteht kein Hinderungsgrund, uns
diese Zulage zu verweigern, da die Rentabilität
der Unternehmen erwiesen ist.
Des gleichen wird die uneingeschränkte Ver-
abschiedung des Betriebsrätegesetzes, wie von
der Einheitsgewerkschaft vorgeschlagen, vom
Landtag gefordert. Reicht die zur Zeit laufende
Zandtagssession nicht aus, dann vertreten wir
den Standpunkt daß die Bearbeitung dieses
nach unserem Ermessen längst überfälligen Ge-
setzes in Sondersitzungen erfolgen muß.
Unterschriften.
Fachgruppe Versicheiungs - Generalagenten
Die Angestellten der Versichermigs-Ge-
meralagenten, die im Saarland tätig sind,
berielen durch die Einheitsgewerkschaft,
Fachgruppe Versicherungen, ei“e außeror-
dentliche Versammlung im Saal des Lo-
kals „Treffounkt“, Saarbrücken 3, ein. Dia
dabei erhobenen Forderungen werden m
der nächsten Ausgabe eingehend veröf-
fentlicht.
Seite 4
Juli 1950
„DIE ARBEIT»
Sind Arbeitsämter notwendig?
Ein Vorfall» boi dem der Betriebsrat
eines saarländischen Industrieunterneh-
mens die Benutzung der öffentlichen Ar-
beitsvermittlung lür sein Unternehmen
glaubte ablehnen zu müssen, gibt uns
Veranlassung, zu obigem Thema Stel-
lung zu nehmen.
In der Öffentlichkeit werden zur Zelt,
wann auch nur vereinzelt, Stimmen laut,
die die Arbeitsverwaitung als Gegnerin
der persönlichen Freiheit bezichtigen.
Gleichzeitig werden Vorschläge unterbrei-
tet, die auf eine Vereinfachung der Ver-
waltung durch Abbau der Arbeitsämter
abzieten. Diese Vorschläge verfehlen im
einer Zeit der angespanntesten Finanz-
lage bei dem einfachen Mann auf der
Straße nicht ihre Wirkung.
Sind Arbeitsämter nun wirklich über-
flüssig? Wir können diese Ftage am be-
sten beantworten, indem wir auf das gro-
ße Ziel der Arbeitsvermittlung: „Vermei-
dung der Arbeitslosigkeit“ hinweisem. Nur
derjenige, den diese Problematik unge-
rührt läßt, wird solchen Vorschlägen zu-
neigen.
Die Stellungnahme der Einheitsgewerk-
schaft zu diesem Problem aber wollten wir
vorwegnehmen, indem wir darauf lunwei-
sen, daß die Gewerkschaften aller Rich-
tungen Jahrzehnte lang um die Beseiti-
gung der privaten Stellenvermittlung und
die Schaffung der staatlichen Arbeitsver-
mittlung, d. h. der Arbeitsämter, gekämpft
haben.,
Wenn daher heute solche Vorwürfe ge-
gen die Arbeitsämter erhoben werden,
muß man annehmen, daß es sich bei den
Gegnern der planmäßigen Arbeitsvermitt-
lung um Leute handelt, die mit dier Mate-
rie der Arbeitsplanung und Arbeitsien-
kung nicht vertraut sind.
Welches sind nun die Aufgaben der
Arbeitsämter und was will die staatliche
Arb eitsverwaitung ?
Auf die Arbeitsvermittlung in Deutsch-
land hat der Staat, abgesehen von der be-
sonderen Regelung dtejr gewerbsmäßigen
Stellenvermittlung im Stellten Vermittlerge-
setz vom 2. Juni 1910 einen stärkerem Ein-
fluß erstmalig durch das Arbeitsnach-
weisgesetz vom 22. 7. 22 genommen. Die-
ses Gesetz schuf einheitliche öffentliche
Arbeitsnachweise für ganz Deutschland,
in die auch die privaten Arbeitsnachweise
der Gewerkschaften, Arbeitgeberverbän-
den, Innungen und karitativen Vereinen
überführt wurden. Bis zu diesem Zeit-
punkt war eine öffentliche Arbeitsvermitt-
lung nur bei einzelnen Gemeinden über-
wiegend in der Form einer Fürsorgemafl-
nahme des Wohlfahrtsamtes zu finden.
D:e durch den 1. Weltkrieg und insbeson-
dere seinen Ausgang bedingten struktu-
rellen Veränderungen der deutschen Wirt-
schaft führten zu einer Arbeitslosigkeit,
die in erheblichem Umfang» eine Unter-
stützung von Arbeitslosen notwendig
machte. Diese Last der Erwetrbslosenun-
terstützungen weckte sowohl bei den Ge-
meinden als auch beim Staat das Inter-
esse für eine planmäßige Arbeit svermittj-
htng und Arbeitsieukung. Zu dem wohl-
fahrtspflegerischen Interesse kam in stei-
gendem Maße noch ein Wirts chaftspolv
tisches Interesse. Dieses ständig anwach-
sende Heer der Arbeitslosen mußte auf
die Dauer zu einer ernsthaften Gefahr für
Gesellschaft und Staat werden. Es wurde
daher immer notwendiger, dem Ausgleich
zwischen Bedarf und dem Ueberschuß an
Arbeitskräften in den einzelnen Betrieben,
Bezirken und Berufen einer neutralen öf-
fentlichen Einrichtung zu übertragen,
Das Gesetz über Arbeitsvermittlung u.
Arbeitslosenversicherung vom Jahre 1927
brachte schließlich durch die Errichtung
der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung
und Arbeitslosenversicherung die engere
Verbindung zwischen Arbeitsvermittlung
und unterstützender Arbeitslosenhilfe und
die Loslösung von den Gemeinden, nach-
dem es sich herausgestallt hatte, daß so-
wohl der Ausgleich der Arbeitskräfte wie
das finanzielle Risiko der Arbeitslosen-
hilfe einer breiteren Grundlage bedurften,
als die einzelne Gemeinde oder eher Ge-
meinde verband sie darstallten.
Das Gesetz über Arbeitslosen Vermitt-
lung und Arbeitslosenversicherung von
1927 hatte als eine der ersten und wesent-
lichsten Aufgaben der Arbeitsvermittlung
den Ausgleich zwischen Bedarf und Ue-
berschuß an Arbeitskräften herausge-
stellt, wie er sich, bedingt durch di)e ver-
schiedenen Gründen, auch im geordneten
und gesunden Wirtschaftskörper ständig
bildet. Bereits das erwähnte Arbeitsnach-
weisgesetz hatte in seinen sogenannten
Vermittlungsgrundsätzen betont, daß sich
dieser Ausgleich durch Einschaltung der
öffentlichen Vermittlung semrichtungen
wirtschaftlich zweckmäßiger und sozial
gerechter vollziehen würde. Die Leistungs-
fähigkeit der Wirtschaft hängt ab von der
Tüchtigkeit der ihr zugeführten Arbeits-
kräfte und die Tüchtigkeit des einzelnen
Arbeiter hängt ab von der Geeignetheit
der ihm zugewiesenen Arbeit. Immer
schwieriger wird es bei der fortschreiten-
den Aufteilung der Berufe und Verfeine-
rung der Arbeitsmethoden für den Unter-
nehmer sowohl als auch für den Arbeiter,
den Arbeitsmarkt zu übersehen. Eine Fülle
von Fehlleitungen wäre unvermeidlich,
wertvolle Arbeitskräfte würden unnötig
brach liegen, dringende Arbeiten müssen
ungetan bleiben, erhebliche Vermögens-
werte gingen der Volkswirtschaft laufend
verloren, wenn nicht ein» einheitliche Or-
ganisation planmäßig und wirtschaftlich
zweckmäßig dieisen Ausgleich der Ar-
beitsstellen und Arbeitskräfte über alle
Betriebe, Berufe und Bezirke hinweg durch-
führen würde.
Die Arbeitsämter mit ihren Arbeitsver-
mittlungen, die diese Funktion übernom-
men haben, vollziehen ihre Tätig-
keit nicht im luftleeren Raum. Diese Tä-
tigkeit stützt sich auf Vorschriften, Ge-
setze und Verordnungen, über die in ei-
nem anderen Zusammenhang »inmal ge-
schrieben werden soll. Sie ist unlösbar
verbunden mit der Wirtschaft und ihren
Problemen, mit dem kulturellen Leben, mit
der Sozialpolitik, den politischen Gege-
benheiten, den staatlichen Notwendigkei-
ten, auf der anderen Seite aber auch mit
den zur Verfügung stehenden Menschen,
ihrer Einsatzwilligkeit und Einsatzfreudig-
keit.
Wir verstehen wohl das Mißtrauen, das
die Menschen unserer Tage den Arbeits-
ämtern entgegenbringten, sind doch die
Arbeitseinsatzmethoden des Dritten Rei-
ches in noch zu lebhafter Erinnerung. Aber
diese Zwangsarbeitseinwedsungen haben
mit dem Abtreten der Nazis ihr End» ge-
funden. Sie haben einer sinn- und plan»
vollen Arbeitslenkung weichen müssen,
die jeden im Rahmen der volkswirtschaft-
lichen Gegebenheiten an den Platz stellt,
wo er nach Eignung und Neigung htnge-
hört. Das dürfen wir nicht den einzelnen
allein oder dem Strom der Arbeitsuchen-
den selber überlassen oder gar dem Spiel
der freien Kräfte, sondern es muß eine
wirkliche Arbeitsienkung durch Maßnah-
men erfolgen, deren Durchführung den Ar-
beitsämtern obliegt. Das ist keine Ein-
schränkung der persönlichen Freiheit, die
stets mit den gesellschaftlichen Erforder-
nissen übereinsttmmen muß. Planende
Arbeitslenkung ist ein zwingendes Gebot
Neigung, Eignung und Z eistreben des ti i-
zeinen müssen mit den Gesamtforderms-
sen der Wirtschaft in UeberemsÜmmung
gebracht werden.
Die Arbeitsvermittlung in ihrer Vielsei-
tigkeit, mit ihren täglich wechselnden, im-
mer wieder neu und schnell zu entschei-
den Problemen stellt höchst» Anforderun-
gen an die damit Beauftragten, an ihm
Wendigkeit, an ihre Urteilskraft, an ihre
Ueberlegenbeit und ihre Reife. Wtenn auch
ihre Tätigkeit wenig beliebt ist, so ist sie
doch die unentbehrlichste, aber auch die
schönste und dankbarste Aufgabe.
Unser Mißtrauen muß darum einem
restlosen Vertrauen weichen. Denn wir
wissen, daß die Männer und Frauen, die
diese Tätigkeit bei den Arbeitsämtern
ausüben, einen unbeugsamen Gerechtig-
keitssinn mit psychologischer Einfühlung
und sozialem Verständnis paaren und zu-
sammen klingen lassen zu einer sinnvol-
len Menschenführung. Wir wissen, daß
für diese Menschen die Arbeitsuchenden
keine Maschinen sind, sondern als Men-
schen von ihnen behandelt werden.
Bei dieser richtigen Zielsetzung und mit
den aufgezeigten Methoden wird es uns
gelingen, die Arbeitslosigkeit fernzuhal-
ten und alle Arbeitsfähigen dem Produk-
tionsprozeß zuzuführen, auch wenn die
Arbeitsfähigkeit herabgemindart ist. Un-
terstützungen sind stets vom Uebel. Sie
fördern das Gefühl, nutzlos und überflüs-
sig zu sein, während die Bereitstellung
von Arbeit das Gefühl gibt, ein vollwerti-
ger Berufs- und Staatsbürger zu sein.
Den Gewerkschaften aber fällt bei der
planmäßigen Arbeitsvermittlung eine we-
sentliche Rolle zu. Wir haben ständig mit
den Arbeitsämtern Fühlung zu halten, was
um so leichter sein dürfte, als an.zuneh-
men ist, daß di» bei diesen Dienststellen
Tätigen durchweg gewerkschaftlich or-
ganisiert sind. Wir müssen um die posi-
tive Einstellung auch des letzten Gewerk-
schaftskollegen zu den Arbeitsämtern be-
sorgt sein, die Arbeitsvermittlier mit Rat
und Tat unterstützen und eine fruchtbare
Zusammenarbeit pflegen. Denn letzten
Endes erstreben die Arbeitsämter mit ihren
Maßnahmen eine Erhöhung des Sozialpro-
duktes, auf daß alle Menschen auch unter
den gegenwärtigen ungünstigen Verhält-
nissen einigermaßen anständig zu leben
in der Lage sind.
Auf das gleiche Endziel aber sind alte
Bestrebungen der Gewerkschaften gerich-
tet: Erhöhung aes Sozialproduktes durch
Steigerung der Arbeitsintensität und Ar-
beitsfreude, Nur h erdurch wird die Grund-
lage jeden gesellschaftlichen und kultu-
rellen Fortschrittes geschaffen.
Sozialreferenten in der Diplomatie
Auf Vorschlag des Deutschen GewerkschaHs-
bundes hat jjtie Bundesregierung erstmals SozAai-
rexerenten für die deutschen Generalkonsulate in
Paris und Neuyork ernannt. Damit werden diesu
wichtigen Posten nach den Wünschen der deut-
schen Arbeitnehmer besetzt.
Nach Paris geht in dieser Eigenschaft Di.
Harald von Waldh«im, gebürtiger Sdilesrer,
seit 1926 Funktionär der Gewerkschaitsbev. egung.
Peter Keller, der nach Neuyork entsandt
wird, ist gebürtiger Ostpreufte. Er ist ern aner-
kannter Arbeitswissenschaftler, ein Fach, in dem
er zuletzt für das Wirtschaftswissenschaftliche
Institut der GewerkscHcf'**- ‘HHa war
Das führende Fachgeschäft für Herren- und Knabenbekleidutig
HAMBACH I KLEIN
SAARBRÜCKEN G. m. b. H. Rathausstraße 3-5
Arbeit und Recht:
Unangenehmes Urteil für die CGS.
Im Fall« Küsters, Kreisvexkehrsbetriebe
Saarlouis, fand beim Arbeitsgericht in
Saariouis die Verhandlung statt. Die Kla-
ge des entlassenen Küsters wurde als un-
berechtigt angewiesen. Die gesetzliche
Kündigungsfrist muß von der Kravag ein-
aehalten werden, so daß K. sein Gehalt
für drei Monate noch erhält. Di» Kravag
wurde zur Tragung von vier Fünftel und
Klisters zur Tragung von einem Fünftel
der Gerichtskosten verurteilt.
Dieses Urteil dürfte für die Christliche
Gewerkschaft sehr unangenehm sein. Be-
kanntlich hatte sie sich hinter K. gestellt,
al3 dieser von der Kravag' weil er sich
Vergehen gegen die Dienstvorschrift
schuldig gemacht hatte, entlassen worden
war. Sie hatte sogar ein» öffentliche Ge-
werkschaftsversammlung einberufen, in
der sie für Küsters Partei ergriff und die
Absetzung des Direktors der Kravag und
des Betriebsrates verlangte.
Auch in der Gerichtsverhandlung, di»
sich über einen ganzen Tag erstreckte*
Jeder hat «eine Gründe ...
„Mit Ihren Leistungen bin ich nicht ganz
zufrieden.“
„Die Gegenleistungen Herr Direktor, mit
Lohntüte, haben mich auch nicht be-
friedigt , .
versuchten die Rechtsberater der Christ-
lichen Gewerkschaft, durch Ziehen aller
Register, ihren anscheinend verdienstvol-
len Schützling reinzuwaschen. Dabei
schreckte man nicht davor zurück, sogar
die Dienstvorschriften umzudeuten. Allge-
mein entstand der Eindruck, als lege di«
Christliche Gewerkschaft nicht so sehr
Wert auf die Erforschung der Wahrheit,
als vielmehr auf die Schaffung einer Mög-
lichkeit, mit alten Mitteln di» Wiedereiu-
steliung des ehemaligen Inspektors zu er-
reichung. Die Behauphrung des Klägers,
di« Entlassung des Küsters stei «in poli-
tischer Schachzug gewisser Parteien, war
durch den Tatbestand, daß Küstera sich
fortlaufend grober Verletzungen der
Dienstvorschrift schuldig gemacht hat,
jedoch eindeutig widerlegt.
Regelung von Lohnverpflichtungen
ehemaliger Angehöriger der Org. T o d t.
Nach langem Suchen sind wir endlich
dazu gekommen, diejenige Steile zu er-
mitteln, die die Ansprüche (Lohn, Gehalt,
O. T-Sold, Kleidergeld usw.) in Deutsch-
land regeln soll. Es bestehen jedoch sehr
große Unklarheiten bei unseren Kamera-
den draußen, weil sie in der Regel nicht
wissen, ob sie nun Angehörige der O. T.
waren oder aber bei irgendeiner Baufirma
für die O, T. gearbeitet haben. Es ist nun
sehr wesentlich, diese Frage zuerst zu
klären, denn die Dienststelle der O. T.
in Hamburg hat nur die Verantwortung
für diejenigen, die direkt bei der O. T. be-
schäftigt waren. Aus vielen Eingaben,
die bei uns liegen, geht hervor, daß die
Leute glauben, sie seien bei der O. T. be-
schäftigt gewesen; aber in Wirklichkeit
trifft es nicht zu. In der Regel ist es so,
daß sie wohl bei der O.T. im Einsatz
waren, aber cm und für sich von einer
Baufirma betreut wurden. Es gibt sogar
sehr viele Fälle, wo die Betreffenden ihre
Löhne von der O. T. erhalten haben und
trotzdem bei der Baufirma ihre Bezüge
verrechnet erhielten.
Der einzelne Kamerad muß sich also
klar darüber sein, ob er nun — wenn er
Ansprüche stellt — bei der O. T. war,
oder aber ob er bei einer Baufirma war,
die Aufträge der O. T. ausgeführt hat. Wir
geben unseren Kameraden dieses zur
Kenntnis, da wir annehmen, daß ein gro-
ßer Teil von denjenigen, die bisher ihre
Ansprüche bei uns angemeldet haben, zur
O. T, gehört hat. Diejenigen Kameraden,
die nun bei der O. T. waren, bitten wir,
sich an untenstehende Adresse zu wen-
den. Von dort erhalten sie einen Frage-
bogen, den sie aus ge füllt wieder an diese
Stelle zurücksenden müssen. Das Weitere
bekommen sie dann von dort mitgeteilt.
Die Adresse heißt:
Hansestadt Hamburg
Finanzbehörde —
Landesamt für Vermögenskontiolle
Hamburg
Gänsemarkt 36
Die wirtschaftliche Mitbestimmung in Hessen
In Hessen wurde, laut „Bergbau-Indu-
strie“, bereits am 26. Mai 1948 ein Bet-
triebsrätegesetz verabschiedet, m dem di©
soziale, personelle und wirtschaftliche
Mitbestimmung der Betriebsräte festgelegt
ist. Am 1. Oktober 1948 wurde dieses Ge-
setz durch die Genehmigung der Militär-
regierung in Kraft gesetzt, allerdings wur-
den Paragraphen über das wirtschaftli-
che Mitbestimmungsrecht ausgenommen.
Die Militärregierung verweigerte hier ihre
Zustimmung mit der Begründung, daß die-
ses Teilgeb;et nur durch ein gesamtdeut-
sches Parlament geregelt werden könne.
Inzwischen ist dieses Gremium geschaf-
fen und auf das Bonner Grundgesetz auf-
gebaut, dessen Artikel 74, Ziffer 12, das
Betriebsräterecht der konkurrierenden Ge-
setzgebung zuweist, d. h., daß hier der
Bund und die Länder Gesetz» erlassen
können und daß das Länderrecht gilt, so
lange ihm kein Bundesgesetz entgegen-
steht. Da nun der Bundestag schon ein«
Reihe von Monaten tagt, ohne auf diesem
Gebiet ein Gesetz erlassen zu haben, an-
dererseits die Länder ebenfalls das Recht
der Gesetzgebung haben, wurde die Sup-
pension von dem amerikanischen Hohen
Kommissar aufgehoben. Mr. McCloy er-
klärte dazu, daß er es nicht länger verant-
worten könne, den Ländern dieses Rechts-
gebiet vorzuenthalten, wenn der Bundes-
tag von seinem Recht keinem Gebrauch
macht.
Damit haben die Arbeitnehmer das Recht
der Mitbestimmung m der Wirtschaft, und
zwar in den entscheidenden Fragen. Den
Unternehmern ist die Möglichkeit genom-
men, sich bei der Leitung ihrer Betrieb«
nur von dem Gedanken des Profitstreben*
leiten zu lassen. Andererseits ist nun-
mehr der Arbeitnehmerschaft eine Ver-
pflichtung auferlegt. Die Arbeiter und An-
gestellten haben nicht nur das Pracht,
sondern die Pflicht, sich um die Gestal-
tung der Betriebe und damit der Wirtschaft
zu kümmern. Sie haben nun gleichberech-
tigt neben dem Unternehmer die Verant-
wortung dafür zu tragen, daß die Wirt-
schaft die Aufgabe erfüllt, di« ihr im Rah-
men der Gesellschaft aufgetragen ist.
England. Die schottischen Bergarbeiter,
die in den Streik getreten sind, verlangen
ein Lohnerhöhung von zwei Schilling pro
Tag. Bisher streiken 74 000 Arbeiter auf
über 50 Zechen. (Näheres folgt.)
ITALIEN- Drei italienische Gewerk-
schaftsverbände haben sich vereinigt, um
den Italienischen Bund Freier Gewerk-
schaften mit einer anfänglichen Mitglied-
schaft von ungefähr 1,6 Millionen zu bil-
den. Die fusionierten Gruppen waren der
Frei« Italienische Gewerkschaftsbund,
weitgehend katholischer Rnriitung, der Ita-
lienische Gewerkschaftsverband, weitge-
hend sozialistisch und republikanisch, u.
der unpolitische Bund der Autonomen Ita-
lienischen Arbeiterverbände. Die neue Or-
ganisation ist vollkommen unpolitisch
und hat keine religiös» Tendenz.
NIEDERLANDE. Das Lebensniveau des
holländischen Arbeiter» ist 10—15 o/o hö-
her, als es ohne di« Hüte des Marshalk-
plans gewesen wäre, erklärte Hendrik
Westerlaken, der Vorsitzemde de» Trans-
portarbeiter-Verbände* (N.V.V.J.
füll 1950
DIE ARBEIT*1
Seite 5
M
Die MisirüvMHiniii in Uiesideutschiansi
Die Industriearbeiterlöhne in West-
deutschland geben dem aufmerksamen
Betrachter Anlaß zu interressanten Ver-
gleichen. Die angegebenen DM-Löhne er-
geben in Frs. umgerechnet einen Durch-
schnittslohn von 20 400 Fr*, (unter Be-
rücksichtigung der männlichen und weib-
lichen Arbeitskräfte). Für Facharbeiter liegt
der umgerechnete Durchschnittslohn bei
24 400 Fra Nun gilt es aber auch, die
Kaufkraft des Geldes zu vergleichen. Hier-
über wird in der nächsten Ausgabe ein
Artikel mit Einzelheiten erscheinen.
Das Jahr 1949 hat, wie aus einer Er-
hebung des Statistischen Amtes in Wies-
baden zu entnehmen ist, hinsichtlich der
Veränderung der Arbeitsverdienste in der
■westdeutschen Industrie im wesentlichen
eine Fortsetzung der seit der Währungs-
reform eiligetreitenen Aufwärtsbewegung
gebracht. Diese Erhöhung der Arbeitsver-
dienste ist im wesentlichen auf eine Ver-
längerung der Arbeitszeit, Verlagerung
zum Leistungsplan und Erhöhung der Ta-
rifsätze zurückzuführen. Indexmäßig er-
gibt sich im Vergleich zu 1939 (— 100) für
Dezember 1948 eine Wochenarbeitszeit der
Arbeiter mit 89,7, für Dezember 1949 mit
93,9; die entsprechenden Zahlen für die
Stundenverdienste lauten für Dezember
1948 140,3, für Dezember 1949 152,1; die
Zahlen für die Wochenverdiente lauten für
Dezember 1948 125,8, für Dezember 1949
142.7. Nach der von Januar bis Septem-
ber 1949 abgeschwächt fortgesetzten Stei-
gerung der durchschnittlichen Bruttover-
dienste in der Industrie nach der Wäh-
rungsreform ist im letzten Quartal 1949 ein
Stillstand eingetreben.
In absoluten Zahlen wiedergegeben, er-
gibt sich folgendes Bild:
Wochenarbeitszeit Dezember 1948 44,6
Stunden, Dezember 1949 46,9 Stunden*
Eruttove.rdenste Dez.i 48 (männl. Arbeiter
132.8, weibl. Arbeiter 84,8) Die Bruttowo-
chenverdtente beliefen sich im Durch-
schnitt für Dezember 1948 auf 50,44 DM,
für Dezember 1949 auf 56,97 DM (männ-
liche Arbeiter verdienten 63,37 DM, weib-
liche 37,55 DM im Durchschnitt.
Ein genaueres Bild ergibt die Untertei-
lung der Verdienste nach Leistungsgrup-
pen. Danach verdientem in der Woche
männliche Facharbeiter im Dezember 1948
60,20 DM, im Dezember 1949 67,96 DM;
männliche angelernte Arbeiter 57,29 DM
beziehungsweise 63,52 DM, männliche
Hilfsarbeiter 46,55 DM! beziehungsweise
53,18 DM. Weibliche Facharbeiter und
angelernte Facharbeiterinnen verdienten
im Dezember 1948 wöchentlich 32,68 E>M
und im Dezember 1949 38,96 DM; weib-
liche Hiüsarbeiterinnen 30,84 beziehungs-
weise 3545 DM.
Die Entwicklung der durchschnittlichen
Wochenverdienste in den einzelnen Indu-
striegruppen und in den Leistungsgruppen
der Arbeiterschaft geht ziemlich parallel
den Veränderungen der Wochenarbeits-
zeit; Erhöhungen des wöchentlichen Ar-
beitseinkommens treten insbesondere in
allen Zweigen der Metallindustrie, in der
Papierindustrie und im Buchdruckgewerbe
sowie in der Textilindustrie ein. Von den
einzelnen Leistungsgruppen haben ent-«
sprechend der Veränderung ihrer Wo-
chenarbeitszeit di» angelernten Arbeiter
eine geringe Erhöhung und die Hilfsarbei-
ter eine größere Abnahme des Wochen-
verdienstes gegenüber September 1949 zu
verbuchen. Bei den Facharbeitern und bei
allen Arbeiterinnen ist der Wochenver-
dienst nahezu unverändert geblieben. Die
in die Statistik der Industriearbeäterlöhne
seit September 1949 auf genommene Grup-
pe Bergbau weist für alle männlichen Ar-
beiter eine geringe Erhöhung der Stunäen-
verdienste nach.
Bei den Stundenverdiensten wiesen
Hamburg, Niedersacheen und Bayern
leichte Rückgänge auf, bei den Wochen-
verdiensten dagegen alle Länder West-
deutschlands mit Ausnahme von Nord-
Lrhein-Westfalen und Hessen.
R.P.
Von der Arbeit des Landtages
Wichtige Gesetzentwürfe verabschiedet
Unter den verschiedenen Gesetzen, die
der Landtag in seiner tagungsreichen Som-
mersession verabschiedet hat, sind eine
Anzahl, die die' Arbeitnehmer und damit
die Gewerkschaften besonders angehen.
Zu dem wichtigen Tarifvertragsgasetz
werden wir in der kommenden Ausgabe
im einzelnen Stellung nehmen. Von an-
dern Gesetzen ist nachstehend das über
die Ergänzung des Beamtenbesoldungsga-
se tzes im Wortlaut veröffentlicht:
„Der Landtag des Saarlandes hat folgen-
des Gesetz beschlossen, das hiermit verkün-
det wird:
§ 1
Die Artikel 9 des Beamtenbesoldungsge-
setzes vom 14. Juni 1949 (ABI. S. 595) und des
Gesetzes betreffend die Vergütung der An-
gestellten im öffentlichen Dienst vom 14. Juni
1949 (ABI. S. 602) erhalten folgenden neuen
Absatz 2:
„(2) Die Regierung des Saarlandes ist
ermächtigt, bei einer sich in Frankreich
ergebenden Aenderung der Besoldung
im öffentlichen Dienst eine Anpassung
der Bezüge der saarländischen Beamten
und Angestellten im öftentlichen Dienst
im Verordnungswege vorzunehmen."
8 2
(1) Die nach § 1 zu erlassende Verord-
nung muß als monatliche Mindesterhöhung
des Grundgehalts bezw. die Grundvergütung
vorsehen:
a) ab i. Januar 1950 750 Franken,
b) ab 1. Juli 1950 weitere 750 Franken,
c) ab l. Januar 1951 weitere 500 Franken,
(2) Soweit die in Anwendung des $ 1 zu
erstellenden Besoldungsübersichfen geringe-
re Erhöhungen als im Absatz 1 angegeben
enthalten, Ist der Unterschiedsbetrag zusäta
Uch zu gewähren."
In der 3. Lesung wurde ferner ein Gesetz
vom Landtag verabschiedet, das die
kriegs- und unfallbeschädigten Arbeitneh-
mer in der Privatwirtszhaft betrifft. Dieses
Gesetz hat folgenden Wortlaut:
„Der Land ag des Saarlandes hat folger-
des Gesetz beschlossen, das hiermit verkün-
det wird:
§ 1
Zu dem nach den _ Vorschriften des Ge-
setzes oder des Tarifvertrages zustehenden
Urlaub wird nachfolgender Zusatzur-
laub gewährt:
1. Beschädigten mit einer Minderung der
Erwerbsfähigkeil von 25 bis ausschließ-
lich 50 v. H. 3 Arbeitstage.
2. Schwerbeschädigten mit einer Erwerbs-
minderung von so bis einschließlich 60
v. H. 4 Arbeitstage.
3. Schwerbeschädigten mit einer Erwerbs-
minderung über 60 v. H. 6 Arbeitstage.
4. Für die anerkannten Opfer des Natio-
nalsozialismus 3 Arbeitstage.
S 2
(1) Diese 'Urlaubsregelung tritt mit Wir-
kung vom 1. Januar 1950 in Kraft.
(2) Entgegenstebende bisher gültige Vor-
schriften werden mit dem gleichen Zeitpunkt
aufgehoben-
§ 3
Die Durchführungsbestimmungen erläßt
der Minister für Arbeit und Wohlfahrt.“
Dr. Brüning für Einheitsgewerkschaft
und Mitbestimmung
Dr. Brüning, der frühere Reichskanzler,
befand sich kürzlich auf einer Europco-
reise. Dabei gewährte er der Redaktion
der „Welt der Arbeit“ ein Interview, rn
dem er sich auch mit der Emheiitsgewer
kschaft und der Forderung nach Mitbe-
stimmung befaßte. Fragen und Antworten
ergaben folgende Darstellung:
Sehen auch Sie in der Entwicklung der
deutschen Gewerkschaften von den Rich-
tungsgewerkschaften der Weimarer Zeit
zur heutigen Einheitsbewegung einen Fort-
schritt?
Eine einheitliche Gewerkschaftsbewe-
gung ist an sich ein Fortschritt. Sie würde
aber einen Rückschritt bedeuten, wenn sie
nicht unter allen Umständen parteipoli-
tisch streng neutral bleibt und sich von
jeder antireligiösen oder antikirchlichen
Propaganda freihält. Viele der älteren Ge-
werkschaftsführer und Parlamentarier bei
uns werden sich sicher daran erinnern
können, daß die sozialpolitische Gesetz-
gebung, in der Deutschland bis zur Nazi-
herrschaft in der Welt führend war, nur
möglich gewesen ist, weil starke Gruppen
der Arbeitnehmer ihre Vertretung im Par-
lament in den verschiedensten Parteien
hatten. Wenn die Arbeitnehmer sich aut
eine einzige Partei beschränken, so wird
das immer Gegenwirkungen hervorrufen,
die dem Ge samt inte resse -ter Arbeitneh-
mer und auch einer gesunden demokrati-
schen Ent- ' - '-e'ähriioh p®i’n können.
Die Gewerkschaften zur weiteren Entwicklung
des Schumanplanes
Das Komitee des Internationalen Bun-
des Freier Gewerkschaften, das zur Prü-
fung des Schumanplanes gebildet wurde,
tagte am 28. Juni in Paris. Anwesend wa-
ren. Vertreter der Gewerkschaftsverband»
aus Frankreich, Holland, Italien, den Ver-
einigten Staaten und aus dem Saarland,
der Präsident der EG., Heinrich Wacker,
Vertreter der internationalen Berg- und
Metallarbeiterorganisationen und ein Be-
obachter des beratenden Gewerkschafts-
ausschusses bei der ERP. Die Landesor-
ganisationen aus Großbritannien, Bel-
gien, Luxemburg, Deutschland u. Schwe-
den waren nicht vertreten.
Die Sitzung trug einen vorbereitenden
Charakter und bestimmte die weiteren
Schritte des IBFG hinsichtlich des Schu-
manplanes. Das Komitee bestätigte di«
Stellungnahme des IBFG, wonach die
freien Gewerkschaften von Grund aus am
wirtschaftlichen und sozialen Aufbau
Westeuropas interessiert sind, einem Aul-
bau, der nicht ohne ein« aktive Beteili-
gung der freien Gewerkschaften zu ver-
wirklichen ist. Aus diesem Grunde for-
dert der Ausschuß eine angemessene Ver-
tretung der Gewerkschaften, sowohl der
Zentralorganisationen der einzelnen Län-
der, als auch desiBFG bei dem Beratun-
gen über den Schuman-Plan. Der Aus-
schuß stellt dabei mit Bedauern fest, daß
der Versuch, diese angemessen» Ver-
tretung zu sichern, bisher wenig Erfolg
gehabt hat, und er appelliert an die zen-
tralen Landesorganisationen, daß sie ihr«
Regierungen nachdrücklichst auf die Not-
wendigkeit einer vollkommenen Anerken-
nung der Gewerkschaftsorganisationen im
Rahmen der Delegationen der einzelnen
Länder zur Beratung des Schumanplanes
hinweisen sollen. Gleichzeitig empfiehlt
der Ausschuß, eine Abordnung des IBFG
sollte sich an die französischen Behörden
wenden, um die Zulassung einer Vertre-
tung des IBFG zu den Beratungen über
den Schumanplan zu erwirken.
Der Ausschuß betonte folgende Grund-
sätze, die befolgt werden müßten:
1. öffentliche demokratisch« Kontrolle
der vorgeschlagenen Hohen Be-
hörde ;
2. Ernennung von Persönlichkeiten ta
diese hohe Behörde, die da» Ver-
trauen der freien Gewerkschaften
genießen;
3. weitgehende Vollmachten für diese
Behörde, insbesondere hinsichtlich
der Produktion, Investierungen und
Preise, um einen wirtschaftlichen
Ausbau und Vollbeschäftigung*
Schutz und Ausbesserung der Ar-
beitsbedingungen der Lohnempfän-
ger und der Sozialversicherung zu
erzielen.
Um die Arbeit der Gewerkschaften im
Hinblick auf den Schumanplan zu verein-
heitlichen, ernannte der Ausschuß einen
Unterausschuß, dem drei Gewerkschafts-
vertreter der offiziellen Delegationen zur
Sechs-Mächte-Konferenz, ein Vertreter der
amerikanischen Gewerkschaften, ein Ver-
treter der „Force Ouvrtere", ein Vertreter
des internationalen Verbandes der Berg-
arbeiter und ein Vertreter des internatio-
nalen Verbandes der Metallarbeiter ange-
hören. Der Unterausschuß wird je nach
Bedarf während der Dauer dteir Sechs-
Mächfce-Konferenz zusammentreten. End-
lich wird der IWGB auch di» Arbeit der
Gewerkschaftsvertreter in den offiziellen
Regierungsdelegationen koordinieren.
Sind Sie der Meinung, daß die sich in
/Westdeutschland anbahnende Neuord-
nung des wirtschaftlichen und sozialen
Lebens, so wie die Gewerkschaften sie
anstreben, von Nutzen für die Zukunft d?s
deutschen Volkes sein wird?
Ich hoffe, daß es zu einer wirklich auf-
bauenden, praktischen Lösung des Mitbe-
stimmungsrechtes kommen wird. Ohne die
engste vertrauensvolle Zusammenarbeit
von Unternehmern und Arbeitnehmern in
jedem Betrieb wird unser Volk die noch
bevorstehenden schweren Prüfungen nicht
überstehen. Soweit ic*1 die Dinge beur-
teilen kann, ist dies die Kernfrage. Die
wiitschaftlichen Aufgaben unseres Volkes»
vor allem in bezug auf die Seigerung des
Exports und auf den Ausgleich der Han-
delsbi'anz machen es erforderlich, daß die
Arbeitnehmer über die daraus sich erge-
benden Folgerungen für jeden einzelnen
Betrieb dauernd auf dem laufenden ge-
halten werden. Wie es in den Vereinigten
Staaten in vielen Betrieben der Fall ist,
können und müssen auch die Vorschläge
der Arbeitnehmer für eine Verbesserung
des Betriebes und der Produktion mit den
Unternehmern selbst besprochen werden.
In den Jahren zwischen dem ersten
Weltkrieg und der Machtergreifung der
NSDAP haben wir die besten und weit-
tragendsten Gesetze über die Rechte der
Arbeitnehmer in Betrieben gemacht, die
aber dann nicht richtig crusgenutzt wur-
den.
Ich hoffe, daß man bei den Verhand-
lungen über das Mitbestimmungsrecht die
traurige Erfahrungen aus der Weimarzeit
im Auge behält. Wenn nicht der richtige
Geist der Zusammenarbeit zwischen dem
Unternehmer und seiner Belegschaft und
gute persönliche enge Beziehungen be-
stehen, wenn man alles den Syndici über-
läßt, dann haben auch gute Gesetze kei-
nen Erfolg: sie können sogar für beide
Teil« schädlich werden.
Wie sich die 30prozentige Renten-
erhöhung ihr die Bezieher von
Elternrente ausgewiikt hat
Durch Regierung und Landtag wurde
ein Gesetz verabschiedet, daß ab 1. 7, 49
eine 30prozentige Rentenerhöhung für die
Pensionäre und Witwen vorsieht. Da wir
nicht annehmen, daß die Abgeordneten
des Landtages und der Gesetzgeber be-
absichtigt haben, die Rentenerhöhung
durch andere Kürzungen illusorisch zu
machen, wollen wir der Ceffentlichkeit be-
weisen, wie in der Praxis die 30prozentig»
Rentenerhähung unwirksam gemacht wird.
Dazu folgendes Beispiel:
Ein Knappschaftsrenter erhielt vor der
Rentenerhöhung:
7900.— Frs. Vollrente
1200.— Frs. Frauenzukxge
1800.— Frs. Elterateijrente
10 900.— Frs. Gesamt.
Nach der Rentenerhöhung
10 280.— Frs. Volirente
1200.— Frs. Frauenzu age
11 480.— Frs. Gesamt.
Für die jährlichen Deputatkoh'en, dia
er durch die Regie unentgeltlich erhält,
werden monatlich 750.— Frs. angerech-
net, so daß ein anrechnungsfähiges Ein-
kommen 12 350.— Frs. beträgt. Durch die
Anrechnung der Deputatkoh’en wird dia
Einkommensgrenze überschritten und der
Rentner erhält dadurch zu seiner Volirente
10 280.— Frs. zuzüglich
1200 Frs. Frauenzulage
11 480.- Frs.
eine Elternteilrente für zwei gefallene Söh-
ne in Höhe von 595.— Frs., so daß in der
Praxis die 30prozentige Rentenerhöhung
für den Rentner tatsächlich nur mit 9
in Erscheinung tritt.
Dabei ist folgendes zu beachten:
Der aktive Bergarbeiter erhält 6 Ton-
nen Kohlen im Jahr. Ihm wird die To,
Kohle im Jahr zu 500.— Frs. geliefert.
Dem Rentner wir die gelieferte Höchst-
menge Deputatkohlen von 3 Tonnen
mit 75ß— Frs. pro Monat für unent-
geltlich gelieferte Kohlen berechnet.
Wir stellen daher die berechtigte Frage;
„Wäre hier nicht auch mit Durchführung
der 30prozentigen Rentenerhöhung gleich-
zeitig eine Erhöhung der Einkommens-
grenze für die Bezieher der Elterrnente
und Elternteilrente notwendig gewesen?“
Was man im Etat der Sozialversiche-
rung ausgibt, soll man bei der Berechnung
des Einkommens der Rentner für die Für-
sorgeämter der Kriegsopfer nicht wieder
hereinnehmen. Rentner und Witwen haben
diese Berechnung nicht verdient, da ihre
Renten nicht an das geforderte Existenz-
minimum herankommen.
An die Regierung richten wir den Ap-
pell, die Einkommensgienze entsprechend
zu erhöhen, damit die Rentenempfänger
auch tatsächlich in den vollen Genuß der
Rentenerhöhung kommen
J. Liebkmg.
Neue Lohnpolitik in England
Die britischen Gewerkschaften kündigen
einen Wechsel in der britischen Lohnpo.i-
tik an, die bisher durch den sogenannten
Lohnstop gekennzeichnet war. 190 Ge-
werkschaftsorganisationen der verschie-
denen Branchen sind jetzt zu Verhand-
lungen über Lohnerhöhungen, die offen-
bar durch die Entwicklung der Preisver-
häitnisse im Anschluß an. die Pfundabwer-
tung notwendig geworden sind, ermäch-
tigt. Auf etwa 8 Millionen Arbeitnehmer
beziehen sich die angestrebten Lohner-
höhungen.
Wenn sich die gewerkschaftliche Spit-
zenorganisation zu dieser Entscheidung
entschloß, so darf angenommen werden,
daß dies im Einverständnis mit der Regie-
rung geschah, die stets größten Wert auf
die Unterstützung seitens der Gewerk-
schaften legte und der maßgebende Ge-
werkschaftsführer, u. a. Bevin angehören.
Es ist also die Regierung, die di« Not-
wendigkeit zur Neuregelung des Lohnpro-
blems durch Verhandlungen über die Er-
höhung von Löhnen und Gehältern er-
kannt hat und infolgedessen bereit ist,
von der bisherigen Politik des Lohnstop
abzugehen.
In der britischen Presse verweist man
bereits darauf, daß mit der Freigabe der
Lohnverhandlungen die Möglichkeit sozia-
ler Konflikte nicht gesteigert, sondern im
Gegenteil begrenzt werden dürfte. Denn
es war allzu offenbar, daß «m weiteres
Festhalten am Lohnstop in allernächster
Zeit zu heftigen Auseinandersetzungen auf
sozialem und wirtschaftlichem Gebiet ge-
führt hatte. Die Unzufriedenheit in den
Kreisen der Arbeiterschaft hatte bereits
einen scharf betonten Charakter ange-
nommen, als daß ein weiteres Zögern
empfehlenswert gewesen wäre.
Die HheatecqemeUide teilt mit:
Die Vorstellung vom 26. Juli ist
«uf 27. Juli, 19 Uhr verlegt.
Seite 6
Juli 1950
„DIE ARBEIT"
m junge iSemechldiofller
Junge Gewerkschaftler werden geschult
der Zeit vom 24. Juni bis 1. Juli 1950
fand m der Jugendherberge - Hom-
burg-Sanddorf der erste Schuluugskursus
der Einheitsgewerkschaft statt, an dem
20 junge O ewerk schattier teilnahmen.
Es darf als ein erfreuliches Zeichen ge-
wertet werden, daß die Teilnehmer rest-
los einen G'cßieil ihres Urlaubes geopfert
haben, um während dieses Kursus ihr ge-
werkschaftliches Wiesen zu vertiefen und
xu erweitern.
Der Lehrplan stellt» manche Anforde-
rungen an die Kollegen. Von morgens bis
abends wechselten mit nur wenigen Pau-
sen die verschiedensten Vorlesungen und
Arbeitsgemeinschaften einander ab.
Der Präsident der Einheitsgewerkschaft!
Kollege Wacker, eröffnet» den Lehrgang
in der stattlichen und herrlich gelegenen
Jugendherberge und gab den Teilnehmern
in längeren Ausführungen Richtlinien für
ihre verantwortungsvolle Aufgab» in der
Gewerkschaft mit auf den Weg.
Der Jugendsekretär der EG„ Kollege
Blaß, behandelte in einem Vortrag das
Thema: „Jugend und Gewerkschaft“ aus-
führlich die Situation der heutigen Jugend
des schaffenden Saarvolkes. Eine Diskus-
sion, wie man sie an ihrem Niveau lei-
der heute nur sehr selten in Kreisen jun-
ger Menschen vorfindet, gab die Hoff-
nung, daß die Kursusteilnehmer an ihren
Wirkungsstätten ihren Mann stehen wer-
den. Die Vorlesungen und Arbeitsgemein-
schaften, für die die Kollegen Dr. Leiner,
La wall, Eisenbeis, Rieth, Schäfer, Bouil-
lon und Zimmer verantwortlich zeichnetest,
machten die aufmerksamen Zuhörer mit
den Problemen der Allgemeinen Rechts-
lehre, Volkswirtschaftslehre, Betriebswirt-
schaftslehre, Arbeitsnechtsiehre, Sozialpo-
litik (Invaliden-, Unfall- und Krankenversi-
cherung) sowie mit der geschichtlichen
Entwicklung der Gewerkschaften von der
Entstehung bis zur Gegenwart vertraut.
Es darf dabei betont werden, daß es
natürlich nicht Sinn und Ziel dieses er-
sten Lehrganges sein konnte, diese gan-
zen Probleme so erschöpfend *u behau
dein, daß nun „fertige Volkswirtschaftlei“
den Heimweg an treten sollten, der Grund-
stein wurde jedoch gelegt. Es ist beab-
sichtigt, weitere derartige Kurse durchzu-
führen, um nachher durch eine entspre-
chende Auslese die Teilnehmer für einen
oder mehrere Aufbaukurse zu ermitteln.
Erfreulich war die Kameradschaft von
Beginn bis zum Schluß des Lehrganges.
An Frohsinn und Sehers fehlte es natur-
gemäß eben nicht. Es soll sogar welche
geben, die inbezug auf „Schabemaks“ be-
sonders herhalten mußten.
Wir wollen aber auch nicht vergessen!
den Herbergseltern recht herzlich zu dan-
ken für die liebevolle Aufnahme und vor
allem für die hervorragende Zubereitung
der Mahlzeiten.
Es war, das darf ruhig behauptet wer-
den, wie zu Hause bei Muttem. Der Dank
der jungen Gewerkschaftler gilt aber auch
ganz besonders der Hauptverwaltung der
EG. und den Dozenten, die sich all« Mühe
gaben, den umfangreichen Stoff so inter-
essant wie möglich an ihre Zuhörer he-
xrn zutragen.
In unseren nächsten Ausgaben und
Schulungsbriefen werden wir das verwer-
ten, was uns an Homburg-Sanddorf ge-
boten wurde.
Wieder „geprüfte Bausgehilfinnen"
Das Arbeitsministe r iu m hatte am 5. Juli
vu einer wichtigen Besprechung eingela-
den, die di« Wiedereinführung der Haus-
wirtschaftlehre zum Gegenstand hatte.
An der Besprechung nahmen neben dem
Jugendsekretariat der EG. noch folgend«
Organisation bezw. Behörden teil: Ar-
beitsgemeinschaft der kath. Frauenver-
bände, Evangelischer Frauenbund, Ver-
band erwerbstätiger Frauien und Mädchen,
Direktion der Mädchenberufsschule, Mini-
sterium für Kultus, Unterricht und Volks-
bildung, Arbeitsämter, Abteilung weib-
liche Berufsberatung, Jugendsekretariat
der Christlichen Gewerkschaften.
Die Referentin, Frl, Pütz, Ministerium für
Arbeit und Wohlfahrt, deren Initiative die-
se Besprechung zu verdanken ist, erläu-
tert« Sinn und Ziel der Wiedereinführung
der hauswirtschaftlichen Lehre. Di* An-
wesenden sprachen sich alle für diesen
Plan aus und brachten die verschieden-
sten Gesichtspunkte zu Gehör, welche
«ine solche Maßnahme nur allzu gerecht-
fertigt erscheinen lassen. Geht es doch
darum, der weiblichen Jugend zu helfen
und sie darüber hinaus nicht nur aus ihrer
Berufsnot, sondern auch aus der ideellen
Not herauszuheben.
Im Rahmen dieses Xurzartikels ist es lei-
der nicht möglich, auf die Einzelheiten
•inzugehen.
Es darf jedoch abschließend gesag1
werden, daß di« Besprechung in einem
•ehr guten Geist» der Zusammenarbeit
verlaufen ist und dementsprechend auch
ein Ergebnis erzielt wurde, mit dem wir
auch als Gewerkschaften durchaus zu-
frieden sein können,
Dringlictikeitsantiag
an Regierung und Landtag
In einer Eingabe an den Herrn Arbeits-
minister befaßt sich das Jugendsekretaiiat
mit der auch von anderer Seite aufge-
worfenen und von uns unterstützten Sen-
kung der Beitragsleistung zur Kasse für
Familienzulagen für Lehrlinge.
In der Eingabe heißt es u. a.:
Bezugnehmend auf unser Schreiben vom
25. Mai 1950 betr. Senkung des Beitrags-
satzes zui Kasse für Familienzulagen für
Lehrlinge von 14o/o auf 2o/o erlauben wii
uns, sehr geehrter Herr Minister, erneut
an Sie heranzutreten mit der dringenden
Bitte, noch vor Schluß der Sitzungsperi-
ode des Landtages eine entsprechende
vorläufige Regelung erwirken zu wollen.
Begründung:
Außer den bereits in unserem Schreiben
vom 25. Mai 1950 angeführten Begrün-
dungen hegen wir die Hoffnung, daß die
Einstellungsfreudigkeit der Arbeitgeber
wesentlich gesteigert werden könnte,
wenn eine Herabsetzung des Beitrags-
satzes bereits jetzt die angestrebte Lö-
sung durchgeführt werden könnte. Wir
denken dabei besonders an die Tatsache,
daß sich diese Entlastung bei den Neu-
einstellungen von Lehrlingen zum 1. 8.
1950 (Schulentlassung) nur günstig aus-
wirken wird.
In der Hoffnung, daß es gelingen möge,
die Angelegenheit durch einen Dringlich-
keitsantrag noch in dieser Sitzungsperi-
ode zu erledigen, zeichnet
mit dem Ausdruck vorzüglicher
Hochachtung
gez.: Blaß
Jugendsekretär der E. G.
Reine Herabsetzung der Eiziehungs-
beihilfen
Auf Grund verschiedener Pressemel-
dungen (Saarbrücker Zeitung vom 20. 6.
und „Neue Zeit“ vom 24. 6. 50) solltei
Arbeitsminister Kirn auf der Großkund-
gebung der Arbeitsgemeinschaft des
taarländischen Handwerkes u. a. folgen-
des erklärt haben:
„In Ihrer Handwerkerzeitung steht ge-
schrieben, daß der Arbeitsminister schon
vor längerer Zeit davon gesprochen habe,
die Erziehungsbeihilfen für Lehrlinge he-
rabzusetzen. Ich habe das nicht nur er-
klärt, sondern auch in einer Gesetzes-
formulierung dem Landtag unterbreitet,
Dieses Gesetz liegt nicht erst seit der
ersten Sitzungsperiode vor, sondern schon
seit Schluß der letzten".
Auf Grund einer Unterredung des Ju-
gendsekretariates der E. G. mit dem
Herrn Arbeitsminister Kirn teilen wir hier-
zu folgendes mit:
Obiges Zitat aus der Rede des Arbeits-
ministers entspricht nicht der Formulie-
rung und dem Sinn der Rede.
Es handelt sich nämlich hierbei nicht
etwa um die Herabsetzung der Erzie-
hungsbeihilfe für Lehrlinge, sondern um
die auch von uns angestrebte und unter-
stützte Herabsetzung der Beitragslei-
stungen des Arbeitgebers an die Kasse
für Familienzulagen bezüglich der Lehr-
linge. (Siehe auch Eingabe an das Mi-
nisterium!)
Die Schlußfolgerungen, die angesichts
dieser fehlerhaften Berichterstattung ge-
macht wurden, entbehren daher jeglicher
Grundlagen. In diesem Zusammen lang sei
auch darauf hingewiesen, daß überhaupt
nicht an eine -*• c’er
Erziehungsbeihilfen gedacht ist. Auch im
Schmiedehandwerk wurde keinerlei Kon-
zession von Seiten des Arbeitsministeri-
ums gemacht.
Eine „ein"-stimmige Resolution
Die Ausgabe Nr. 67 vom 29. 6. 50 der
„Neue Zeit“ brachte unter der Ueber-
schrift „Jugend verteidigt P. Obermeisr"
eine Resolution, die in dieser Form in
der besagten Jugendversammlung in St.
Arnual überhaupt nicht zur Abstimmung
gelangte. Selbst die dort vorgelegte Re-
solution wurde ausdrücklich als nicht ver-
ölfentllchungsreif betrachtet.
Dies bestätigte der Vorsitzende der
Ortsjugeadgruppe St. Arnual dem Jugend-
sekretär der E. G. bereits vor der Ver-
öffentlichung in der „Neue Zeit“.
Er bestätigte gleichzeitig, daß die ver-
öffentlichte Resolution, über die nicht ab-
gestimmt wurde, in seinem Auftrag erst
von dem Kollegen Knoth nach der Ver-
sammlung ausgearbeitet worden sei.
Desgleichen erklärte Kollege Hermann,
daß die überarbeitete und später ver-
öffentlichte Resolution nicht dem Inhalt
der in der Versammlung vorgelegten Re-
solution entspreche.
Wenn nun der Berichterstatter der „Neue
Zeit“ einen derartigen Bericht übergibt,
in welchem es heißt, daß die Entschließung
einstimmig angenommen wurde, so kann
es sich höchstenfalls um die „e i n-stim-
mige Annahme durch den Verfasser selbst
handeln.
Internationale Arbeitstagung
der Gewerkschaftsjugend der Eisenbahner Deutschlands
In der Zeit vom 23. bis 29. Med I960 fand
fai Schluchsee (Soh war*weftd) kn Hau-
te des Freiburger Burtituts für internatio-
nale Begegnungen «in« Arbeitstagung der
Gewerkschaftsjugend der E&eenbdhner
Deutschlands statt.
Als Vertreter d*r EmbeiU ge werkechafti,
I. V. Eisenbahn, nahmen an dstr interna-
tionalen Begegnung der Verbands jugend-
sekretär Hans Bi«hl (Neunkirahen) und
der 1. Beauftragte des Betriebsrates EAW
St. Wendel Willi Neu fang (St. Wendel)
teil.
Nachfolgend seien ta großen Umrissen
die Vorträge der einzelnen Referenten ver-
öffentlicht:
Felix Kempf (Jugendsekretär vom
DGB.) sprach Über „Die soziale Lage der
deutschen Jugend", Verführt und ge-
brandmarkt durch ein« satanisch« Pro-
paganda wurde dt« deutsche Jugend von
1939 bis 1945 auf dem Schlachtfeld an-
geblich für das Vaterland ln den Tod ge-
trieben. Das Erbe, dkxs nach dem Zusam-
menbruch angetreten worden Jst, bestand
nicht nur cruf materiellem und sozialem
Gebiet, sondern auch auf geistigem Ge-
biet aus einem Trümmerfeld.
Wenn man bedenkt, daß im Bundesgebiet
von über 1,9 Millionen Arbeitslosen ein.
Drittel Jugendliche im Alter von 18 bis 2$
Jahren sind, »o kann man verstehen,
welch umfassende Arbeit die deutsch«
Gewerkschaftsbewegung zu leisten hat.
Willi B r i t s c h , Gewerkschaftssekretär
der GdED Bezirksleitung Karlsruhe be-
faßte sich mit der sozialen Betreuung der
E senbahner Deutschlands. Genau wi«
dem schaffenden Menschen anderer Be-
rufszweige erging es auch dem Eisenbah-
ner bei der Erkämpfung eines menschen-
würdigen Daseins. Für den Kampf gegen
die Bourgeosie und zur Erreichung von
sozialen Verbesserungen müssen glühen-
de Herzen und kühles Denken vorhanden
sem. D e Kollegen der französischen Ge-
werkschaft sind uns m vielen Dingen ein
gutes Stück voran. Wir denken hier be-
sonders cm die Fortzahlung des Gehaltes
bei Erkrankungen des Arbeiters. Das vor-
teilhafte Preischeinwesen und di« günsti-
ge prozentual« Verrechnung bei Ruheset-
tung eines Eisenbahn.be diene te ten sowie
der erhöht« Urlaub von 24 Tagen gegen-
über dem Urlaub bei uns in Deutschland.
Kollege Karl Weiß, der Vorsitzende
des Bezirksbetriebsrates Karlsruhe, ging
auf die praktische Anwendung des Mit-
bestimmungsrechtes bei der SWDH im
Rahmen unserer Betriebsvereinbarung ein.
Die Arbeitnehmer Westdeutschlands er-
warten vom Bundesparlament in Bonn,
betonte er, ein Gesetz, m dem das Mitbe-
stimmungsrecht der Betriebsräte bei der
Leitung, Verwaltung und Gestaltung ihrer
Betriebe eindeutig und klar niedergelegt
wird. Für uns bedeutet das Mitbestim-
mungsrech*, politisch gesehen, nichts an-
deres als di« Erlangung der Ebenbürtig-
keit zwischen dem Wirtschaftsfaktor „Ar-
beit", mit dem Wirtschaftsfaktor „Kapi-
tal".
Franz Wetz, ROI, Mitglied des Ju-
gendparlaments Karlsruhe, referierte über
„Schiene und Straße:. Das große Problem
der Konkurrenz „Schiene und Straße“ ge-
winnt immer mehr an Bedeutung und ist
somit zu einer internationalen Angelegen-
heit geworden. Alle Kräfte müssen zu-
sammengefaßt werden, um gegen den li-
beralistischen Kapitalismus amzukämpfen,
Alois Meyer, Oberrat und Personal-
dezernent der ED Karlsruhe, stellte zu
dem Thema: „Die Dienst- und Rechtsver-
hältnisse des deutschen Eisenbahners"
fest: Durch die zur Zeit in Frankreich be-
stehende Besoldungs- und Personalord-
nung wurde für das gesamte französisch«
Eisenbahnerpersonal ein® wesentliche Stu-
fe der Aufwärtsentwicklung erreicht.
Nach Behebung einiger Mißstände' könnte
diese Besoldungs- und Personalordnung
als Grundlage für ein zentrales europäi-
sches Eisenbahnnetz dienen, Das einzig«
Hindernis für die Gutachtung dieses fran-
zösischen Systems liegt bei uns auf sei-
ten der nicht fortschrittlich und sozial
denkenden Eisenbahner im Beamtenver-
hältnis.
Dann ergriff Fernand Laurent, Sekre-
tär der Eisenbahnergewerkschaft „Force-
Ouvrier« Paris“, das Wort. Im großen
Rahmen schilderte Fernand Laurent die
Entwicklung der französischen Gewerk-
schaften,
Wir sind aus dem Weltgewerkschaftsbund
•ind aus dem Weltgewerkschaftsbund
ausgetreten, weil er aufgehört hat, eine
freie Gewerkschaftsinternationele zu sein,
weil er nur noch ein Propagandawerkzeug
Und Hilfsmittel des sowjetischen Imperia-
lismus ist, weil er wohl die Freiheitsbe-
schränkungen in den Kolonien, die Ueber-
bleibsel des Nationalsozialismus in
Deutschland, der totalitären Regime in
Griechenland und Spanien anprangert, zur
Unterdrückung des wahren Gewerk-
schaftswesens jenseits des eisernen Vor-
hangs, zu den Zwangsarbeitslagern mden
UdSSR und den demokratischen Volksre-
publiken, zu den Verhaftungen odier Mor-
den mutiger Gewerkschaftler, zur uner-
träglichen Polizeidiktatur, die in einem
Teil Europas herrscht und mit den ab-
scheulichsten Lügen die Völkieir unter-
drückt, jedoch schweigt.
Hoffen wir, daß sich an diese eindrucks-
volle und fruchtbringende Arbeitstagung
noch oft solche internationale Treffen an-
schließen mögen, um hüben und drüben
die Menschen einander näher zu bringen.
B-i.
Dozenten, Teilnehmer und Gäste heim Letirgtmg für junge Gewerkschaft« Homburg-SanddorB
Toll 1950
Seite 7
„DIE ARBEIT,,
2. Jxihce&taguny det „Volksfiicsotge.“
Im Gasthaus „Zum Hirsch“ Saarbrücken fand
am Sonntag, dem 2. Juli, die 2, Jahrestagung
der „Volksfürsorg e", der gewerkschaft-
lich-genossenschaftlichen Lebens veißicherangs-
Aktiengesellschaft statt. Ara Vormittag trafen
sich die Gruppenleiter zu einer Tagung, in der
sie sich mit allen versicherungstechnischen Fra-
gen beschäftigten und für die Zukunft wichtig«
Beschlüsse fußten, die in der folgenden Resolu-
tion wiedergegeben sind, Ara Nachmittag fanden
Sich neben 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
zahlreiche Gäste eia U, a. waren anwesend:
Geschäftsführer der Volksfürsorge Koll, Heinrich
Zimmer, der Präsident der Einheitsgewerkschaft,
Kollege Heinrich Wacker, der Beauftragte der
Einheitsgewerkschaft, für die Erhaltung der Ei-
genständigkeit der Volksfürsorge, Kollege Hektoi*
Oberregierungsrat Prümm, als Vertreter des Wirt-
Schattsministers, Administrateur Rieht, als „Vor-
läufiger Verwalter", vom Hohen Kommissariat,
Herr Rech, für die Banken, sowie Vertreter der
suarländischen Presse.
Herr Zimmer begrüßte die Anwesenden und
befaßte sich dann mit der .Vorläufigen Verwal-
tung“ der Volksfürsorge. Er betonte u. a.: „Es
.wird der Zeitpunkt nicht mehr fern sein, wo
die „Vorläufige Verwaltung*1 ihr Ende finden wird.
Wh haben dann die Gewißheit, daß wir so ar-
beiten können, wie es unsere Organisation von
Uns verlangt. Die Zeit hat für uns die Voraus-
setzung geschaffen, daß alsbald die Volksfür-
sorge im Saarland erneut ihren Anfang nimmt.
Die Gründung aer Volksfürsorge wird nicht mehr
fern sein. Wir werden künftig in den Vorder-
grund stellen, daß wir ein saarländisches Ver-
sicherung feualenie innen sind. Es steht einwand-
frei fest, daß wir den Namen ^Versicherung des
»schaffenden Volkes“ nicht zu unrecht besitzen.
Wichtig ist, daß wir ifij vergangenen Jahre un-
sere Verbundenheit mit der Einheitsgewerkschaft
zum Ausdruck gebracht haben. Es ist selbst-
verständlich, daß unsere Organisation eirffc star-
ken Rückhaltes bedurfte, aber man soll sich des-
sen erinnern, wo» dieser Rückhalt zu finden war.
Ich will kurz auf die Verhältnisse des Jahres
3947 zurückgreifen, so steht für uns einwandfrei
fest, daß es einzig und allein einmal der Initia-
tive des Kollegen Wacker zu verdanken war,
daß wir die Bindung behalten konnten.
Wenn wir uns die Entwicklung der Organisa-
tion betrachten, dann stellen wir fest, daß inso-
fern eine Wandlung erfolgt ist, als wir heute
den Standpunkt vertreten, mit Vertrauensleuten
zu arbeiten. Wenn wir im Jahre. 1949 den zen-
tralen Geschäftsbetrieb auf Organisationsbetrieb
umstellten, so mit der kühlen Berechnung, daß
wir di« Bindung zwischen unseren Vertrauens-
leuten verstärken können.
Die Zahl der Mitarbeiter betrug im Anfang
des Jahres 1949 1?7 und es waren am Ende
des Jahres 214. Dabei ist nicht ohne Bedeu-
tung, daß das Verhältnis sich noch gesteigert
hat, so daß wir mit dem Stand am 30. 6. 1950 ei-
nen Mitarbeiterstab von 236 verzeichnen konn-
ten, Unsere Gesamtorganisation ist in 33 Grup-
pen aufgeteilt.“
In den weiteren Ausführungen ging Herr Zim-
mer auf Bestands- sowie Bilanzzahlen ein. Nach
dem Geschäftsbericht ergriff der Vertreter des
Wirtschaltsministeriums, Herr Ober regierungsrat
Prümm, das Wort. Er dankte für die Einladung
und brachte zum Ausdruck, daß der Herr Mini-
ster Dr. Singer es bedaure, nicht unserer Ta-
gung beiwohnen zu können. Er wünscht« un-
serer Tagung einen guten Verlauf und schloß
mit der Hoffnung, duß die Neugründung der Voiks-
fürsorge im Saarland baldigst erfolgen kann.
Herr Administrateur Rieth, als Beauftragter
des Hohen Kommissariats, der als „Vorläufiger
Verwalter" über die verschiedenen Versicherungs-
gesellschaften im Saarland eingesetzt ist, brach-
te die Hoffnung zum Ausdruck, daß sein Mandat
uns gegenüber bald sein Ende finden wird. Er be-
tonte, daß die Volksfürsorge, gestützt auf die
Einheitsgewerkschaft sowie die Konsumgenos-
senschaften, unbedingt existenzfähig ist und
wünschte der Organisation für die Zukunft eine
gute Entwicklung und ein herzliches Glück aufl
Zum Thema: „Fortbestand der Volksfürsorge"
gab Kollege Wacker ein ausführliches Referat,
Er hob hervor, daß die Volksfürsorge schon man-
chen Sturm und manches Schicksal erlebt hat,
Kohlenherde, Gasherde
Eiektro-Herde und auch Flaschengasherde
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dem bisherigen Geschöftsfokal
zumal schon zwei Weltkriege mit ihren unange-
nehmen Folgen an ihr vorüberge zogen sind. Be-
sonders dankte er dem Geschäftsführer Herrn
Zimmer für seinen unermüdlichen Einsatz um die
Erhaltung und den Aufbau der Volksfürsorge im
Saarland. Kollege Wacker gab das Versprechen,
daß, so lange er die Möglichkeit habe, an der
Spitze der Gewerkschaftsbewegung tätig zu sein
und so lange er die Möglichkeit habe, für die
Volksfürsorge einzu treten, er dies tun werde. Er
bat die Mitarbeiterschaft Ihn in vollem Umfange
zu unterstützen und Im alten Geiste weiter zu
arbeiten.
Im Anschluß an die Diskussion wurden
folgende zwei Resolutionen zur Verlesung ge-
bracht, die von den Mitarbeitern einstimmig an-
genommen wurden:
1. Resolution :
„Der Einbeckplan, eingeführt unter Kontroll-
ratsverwaltung im deutschen Bundesgebiet, sah
vor, daß alle abgelaufenen Versicherungsverträ-
ge mit 40prozentiger Zahlung bevorschußt wer-
den. Die späterhin erfolgte Erhöhung auf 50 Pro-
zent war gleichfalls eine vorläufige Regelung.
In der Zukunft wurde festgesetzt, daß im Saar-
land die erfolgten Vorschußzahlungen als end-
gültige Regelung anzusehen sind.
Wir vertreten als „Versicherung der Schaffen-
den“ den Standpunkt daß die frühzeitige Erkennt-
nis der Versicherungsnotwendigkeit nicht ein
Strafmaß sein darf.
Von der Regierung des Saarlandes wird er-
wartet, daß je nach Finanzlage der Gesellschaft
sofortige Restregulierung gefordert wird, um spä-
ter Weg« der Sanierung zu finden.
Der von der Volksfürsorge zu zuhlende Rest-
betrag von 3 761 418 Frs. steht zur Verfügung,
Die Empfänger sind fast ausnahmslos Personen-
gruppen, die heute als Rentenempfänger ihr Le-
ben fristen, zu dem in unserem Sinne als alte
Gewerkschaftsmitglieder ein besonderes Anrecht
an die Restregulierung haben..
Aus vorstehend angeführten Gründen bean-
tragen die Vertrauensleute der Volksfürsorg**
daß der saarländische Landtag sich dieser Sa-
che annimmt und diesen zu Recht geforderten
Restbetrag von 50 bezw. 60 Prozent der Versiche-
rungssumme in Gesetzesverfügung anerkennt“
2. Resolution:
„Die am Sonntag, dem 2. Juli 1950, tagenden
Gruppenleiter beschließen hier einstimmig, daß
der Kollege Heinrich Zimmer weiterhin Ge-
schäftsführer unserer Organisation bleibt Kol-
lege Zimmer genießt das volle Vertrauen der
Gruppenleiter, sowie aller Mitarbeiter und Ange-
stellten.
Gleichzeitig wird beschlossen, daß der Kolleg«
Hektor von der Einheitsgewerkschaft den Kolle-
gen Zimmer fürderhin unterstützt und durch sei-
nen Einfluß die Ziele unserer Volksfürsorge er-
reicht werden.
Weiterhin " alle Anwesenden einmütig der
Auffassung, daß in allen Fragen der Reehtsbera-
tung die Rechtsabteilung der Einheitsgewerk-
schaft unter der Leitung des Kollegen Dr. Leiner
die Interessen der „Saarländischen Volksfürsor-
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Wacker. Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schublar, Industrieverbände, Jugend
sowie Feuilleton I. P. Wembach. — Druck»
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Seite 8
DIE ARBEIT"
Juli 1950
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Saarbrücken, 23. Juli 1950
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iHMWMMMiwwäwtMUMMtWHiWMHtiiiiwiiimimiiimuimitiiüiaHtiHWWMHimiiiiKittinüijimüiiinmiiiiiiiMMiiiiiiüiiiiiiiiiimiiniiiiiiHimiiiimmiiimiiiimiiiniai
Aus dem 3mha.lt:
Die gegenwärtige Lage — Methoden und Ziele
Bevor man die Aufgaben der Gewerk-
schaft hervorhebt, soll man sich von dem
Auistieg der Gewerkschaft ein kurzes Bild
machen. Der Weg war nicht immer ein
ebener Weg, oft war er sehr steinig. Viele
Stationen auf diesem Wege, so manche
sozialen Fortschritte, die durch die Ge-
werkschaft zustandekamen, werden heute
einfach hingenommen und kaum noch als
Erfolg beachtet. Auf Grund der Vergan-
genheit müßte die Einsicht Allgemeingut
geworden sein, daß der Arbeitnehmer sein
Schicksal nur durch die Organisation
selbst gestalten kann und muß. Es kommt
ober wesentlich darauf an, wie diese Or-
ganisation arbeitet. Es ist sehr einfach,
theoretisch radikale Lohnforderungen zu
steilen, aber schwierig ist es, etwas Prak-
tisches zu erreichen.
Die Unternehmer sind straff organisiert.
Ihre Organisation hat zudem die besseren
Voraussetzungen für ein gutes Funktionie-
ren., denn sie ist zahlenmäßig klein, also
keineswegs schwerfällig. Im Saarland
sind es vielleicht 1000 Mitglieder gegen-
über fast 300 000 Arbeitnehmern. Die re-
la 1/ k eine Ai beitgebergruppe besteht aus
geschulten Mitgliedern mit einem entspre-
chenden Bildungsstand. Sie sind auch ei-
trig und einheitlich zusammengefaßt. Ne-
ben den Saarländern sind französische,
belgische und luxemburgische Arbeitge-
ber vorhanden, ohne daß dies zu Hem-
mungen führt. Auch die religiösen Unter-
schiede spielen bei ihnen keine Rolle. Die
Arbeitnehmer dagegen, die wirtschaftlich
betrachtet schon bei weitem schwächer
sind, leisten sich auch noch den Luxus
der Aufspaltung in verschiedene Organi-
sationen, und ein ganzen Teil treibt sich
unorganisiert außerhalb der Organisatio-
nen herum. In einem Industriegebiet wie
das Saarland sind gewerkschaftliche Or-
ganisationen noch besonderen Komplika-
tionen ausgesetzt. Kommt es zu einer
Wirtschaftskrise, so sind hier ganz andere
Auswirkungen vorhanden als in einem
Land, das eine stärkere landwirtschaftli-
ch« Basis hat.
Der Stand unserer Kultur und ihrer Wei-
terentwicklung hat die Gewerkschaft im
Laufe der Jahrzehnte vor neue zusätzlich«
Aufgaben gestellt. Immer wird die Lohn-
und Preisfrage im Vordergrund stehen,
aber gleich daneben stehen wichtige Pro-
bleme, wie die der Vollbeschäftigung, der
Arbeitszeit, der Sozialgesetzgebung, der
Steuerlast und auch die Einstellung zur
Staatsbürokratie, zum Parlament und zu
sonstigen öffentlichen Institutionen, sowie
zur politischen Entwicklung im allgemei-
nen und im besondern.
Löhne, Preise und Leistungen
Betrachten wir einmal praktisch Löhne
«und Preise. Das Existenzminimum für eine
echaffende Person müßte 19 000 Frs. sein.
Aber in dem stufenweisen Kampf — dazu
gehört die Organisationskraft aller Ar-
beitnehmer ’— muß zunächst einmal er-
reicht werden, daß die Grenze von etwa
16 000 Frs. als Existenzminimum bei einer
»normalen Arbeitszeit von 208 Stunden im
Monat erreicht wird. Dabei sei festge-
stellt, daß die Leistungen, also das Er-
gebnis der Anstrengungen des Arbeit-
«aehroers, im Vergleich zum Jahre 1913
heule je nach der Berufsgruppe um 50 bis
zu 200 Prozent gestiegen sind. Der Löhn
ist aber nicht nur nicht gestiegen, sondern
stark zurückgegangen. Viele Beispiele
hierzu sind bekannt und veröffentlicht
worden, sei es in Bezug auf Kleider, Schu-
he U5W.
Dazu kommt, daß der Ertrag der Arbeits-
leistung für den Arbeitgeber, wie bereits
dargelegt, bedeutend höher ist. An der
Sea haben wi* besonders hohe wirtscta t-
Jiche Leistungen, aber die Kaufkraft des
Axbei.slohnes sinkt ständig weiter. Heute
wären 40 Prozent Lohnerhöhung gerecht-
fertigt.. Es ist klar, bei dieser Situation,
muß etwas mehr Lenkung einsetzen. Das
gilt besonders für die allgemeine Einhal-
tung einmal festgesetzter Löhne und son-
fctigsr gesetzlicher. Bestimmungen durch
die Arbeitgeber.
Wie verhält sich der Arbeitnehmer dem
Parlament gegenüber und welche Bedeu-
tung kommt dieser Haltung zu? 80 Pro-
zent der gesamten Saarbevölkerung sind
zwar Arbeitnehmer, aber nur wenige Ab-
geordnete vertreten wirklich Arbeitneh-
merinteressen im Parlament. Di« Arbeit-
nehmer müssen unbedingt im Parlament
ein stärkeres Gewicht bekommen. Gerade
jet*t braucht die Arbeitnehmerschaft • so
dringend notwendig eine stark!» Parla-
mentsvertretung für ein fortschrittliches
Eetiiebsrcitegesetz. Der Entwurf der Ein-
heitsgewerkschaft begegnet auf Grund der
Zifta nmensetzung des Parlaments dort ei-
ner starken Gegnerschaft. Auch sonst
brauchen die Arbeitnehmer gegenüber
Kapitalisten von heute, die durchweg aut
reine Profitwirtschaft aus sind, einen star-
kem Schutz.
(Die soeben erfolgte Vertagung des Be-
triebsräteges«tzes im Landtag wird zwei-
lel.os viele Arbeitnehmer veranlassen,
die Einstellung der Parteien und Abgeord-
neten gerade zu dem Thema des Betriebs-
rätegeselres und der Mitbestimmung, ge-
nau zu prüfen.)
Die Arbeiter werden vielfach von den
Kapitalisten als die melkende Kuh be-
trachtet, die sie obendrein kurzsichtiger-
v^eise nicht einmal ordentlich füttern
möchten, — um bei diesem Bild zu blei-
ben. Bei einer solchen Situation muß von
der Gewerkschaft besonders in unserem
Industriegebiet mit seinen sehr kompli-
zierten Verhältnissen eine ständige Initia-
tive ausgehen, soll nicht ein allgemeiner
Rückschlag ein treten.
ln Frankreich leben die Menschen viel-
fach unter anderen Verhältnissen, auch,
leistungsmäfiig betrachtet. Man kann
diese anders geartete Mentalität glücklich
preisen. Wir an der Saar sind es mit der
unseren, sei es in der besonders fachli-
chen. Berufsausbildung und Weiterent-
wicklung, in der Konzentration auf die Ar-
beitsleistung, in Fragen des Wohnungs-
wesens und der Bekleidung und derglei-
chen mehr. Durch hohe Leistungen wollen
wir allerdings auch «inen entsprechenden.
Verdienst erzielen. Der tote Punkt, auf
dem viele, deprimiert durch die Ereignisse
des letzten Jahrzehntes und seine Folgen
amggeiangt waren, hat uns in manche
schwache Position gedrängt. Wir müs-
sen uns veranlaßt sehen, immer mehr die-
sem Zustand zu überwinden.
Es gilt, die gewerkschaftlichen Ziele
klar zu erkennen. Die Gewerkschaft muß
von einer passiven Haltung mehr und
mehr los kommen und eine Kampforgani-
satiom werden. Man muß zu einer neuen
Methode greifen. Die beste Handhabe ist
«in neues Betriebsrätegesetz. Hierzu sei
bemerkt: Auch uns ist der Besitz heilig,
und das vergessen wir auch nicht, wenn
wir die volle Mitbestimmung fordern. Wir
erkennen den Besitz, der durch persönli-
chen Fleiß zustande gekommen ist, restlos
an, und auch das, was zum Beispiel eine
Büuernfamilie ererbt hat oder der kleine
Handwerker und Hausbesitz. Aber der
Großbesitz ist nie das Werk eines einzel-
nen. Deshalb lehnen wir auch die wirt-
schaftliche Befehlsgewalt eines solchen
Kapitalisten über Tausende und aber Tau-
sende ab. Es darf nicht mehr dazu kom-
men, wie bei der Gründung des Stahlkar-
tells unseligen Angedenkens, daß einige
Kapitalisten sagten: „Dies bezw. jenes
Werk wird einfach stillgelegt“; sondern
«s muß so sein, daß alle diejenigen, die
ein Werk mit oufgebaut haben und deren
Existenz davon abhängt — und dazu
kommt auch die Existenz von vielen klei-
nen Geschäftsleuten, Handwerkern usw.
— ein Recht haben, mitzubestimir<en.
Trotzdem das Recht auf unserer Seit©
Ist, müssen wir um dieses Mitbestimmungs-
recht noch einen harten Kampf kämpfen.
Mit den fadenscheinigsten Argumenten
will man unsere Ansprüche zurückweisen.
Man spricht unter anderem von der Mög-
lichkeit der Betriebsspionage. Außer in
der chemischen Industrie gibt es wohl
kaum noch Geheimnisse zu verbergen, es
sei denn, man rechnet die verschleierten,
und frisierten Bilanzen dazu. Dem aber
können wir nicht zustimmen.
In Bausch und Bogen spricht die Arbeit-
geberseite von der Gefährdung der Wirt-
schaft durch Forderungen der Arbeitneh-
mer, auch zum Beispiel durch Tarifver-
träge. Wann hat einmal ein Tarifvertrag
die Wirtschaft bedroht? Was dagegen dio
Wirtschaft wirklich gefährden kann, das
ist die Unvernunft der Arbeitgeber, wenn
sie alles tun, um eine demokratische Ent-
wicklung und Auseinandersetzung! und
Zielsetzung unmöglich zu machen.. Man
(Fortsetzung Seit« 2)
Einheitsgewerkschaft und politische Neu-
tralität
Von der Akademie der Arbeit
Protestresolutionen und ihr Wert
Arbeit und Recht
Ein heikles Kapitel . . .?
Löhne und Preise ln Frankreich
Soziale Betreuung
Voiksfüisorge und EG
Fachgruppe Versicherung
Umfallresilea
Post aus dem Ausland
BiiiümiimimmmimiimuuiiiiimmümmiimimuiimiimmimiiniimiiinnimmimmmiüimimimiiiiimiiüiiimiiiiimiimmuinimiiiiiiümiiimmmiiiimimiinmiimüiUiii
Neuer Erfolg Im Lohnkampf
JOprozentige Lohnerhöhung für Arbeiter Im öffentlichen Dienst
Eine Belegschaftsversammlung der Stra-
ßenbahner im Depot Saarbrücken am 20.
Juli, die überaus zahlreich besucht war,
nahm einen interessanten Verlauf. Dieser
Versammlung Jag die durch die Aktion
der Gewerkschaften erzielte Lohnerhö-
hung von 20 Prozent für die Arbei-
ter der Gemeinden, der Straßenbahnen,
der Pose und der Forstverwaltung zugrun-
de. Die Erhöhung, die auch die Dienslal-
ters- und Leislungszulagen und sonstigen
Vergütungen betrifft, ist ab 1. 7. 1950 fest-
gesetzt. Mit der Zustimmung des Mini-,
sterrates zu der Vereinbarung, die mit Be-
auftragten am 24. 7. zustande kam, chn«
weiteres zu rechnen.
Nachdem Kollege Navky die Tages-
ordnung bekanntgegeben hatte, gab Ee-
triebsobmann Kollege Keller einen Re-
chenschaftsbericht. Er wies darauf hin,
der Betrieb mit über 1000 Mann Beleg-
schaft wieder seinen äußersten Stand er-
reicht hat. ,
Einstellungswiinsche, selbst von Ver-
wandten der Straßenbahner, könnten vor-
läufig nicht berücksichtigt werden. Der
Betrieb sei aber keinesfalls mit Personal
übersetzt. Man habe sich um weitere
Bauzuschüsse durch die Siedlungsgesell-
sellschaft bemüht, um die Wohnungsnot
mildern zu helfen. Wie schwierig diese
Aktion sei, könnte man daran ermessen,
daß heute in Saarbrücken noch 11 000 Woh-
nungssuchende eingetragen 'sind. Mit der
Gemeinde Gersweiier stehe man in Ver-
handlungen, um, wenn die Direktion der
Straßenbahn einige Millionen zur Verfü-
gung stelle, dort Baugelände zu erwerben,
um so Interessenten zum Bau von Eigen-
heimen zu verhelfen, sowohl denen, die 20
Prozent Eigenkapital haben und auch lür
andere, für die der Betrieb vielleicht sich
stark machen könne. Der Redner verwies
dann auf einzelne Aktionen des Betriebs-
rates, vor allem in bezug auf die Lahn-
frage und unterstrich hierbei die not-
dige Kameradschaft zwischen Angestell-
stellten und Arbeitern,
Der Geschäftsführer des I. V. Verkehr
und Transport der Einheitsgewerkschaft,
Kollege Klaus Heinz, legte hierauf dar,
wie der Erfolg in der Lohnaktion zustande
kam. Er wies auf die verschiedenen Ver-
handlungsphasen (es waren mehr als ein
Dutzend Besprechungen mit Regierung,Di-
rektion, Aufsichtsrat, Betriebsrat und an-
deren Instanzen notwendig) hin, sowie aut
die Schwierigkeiten. Zum Teil waren es
Schwierigkeiten, die auf Verleumdungen
beruhten.
Zunächst kam die Auszahlung von 3000
Franken als Zulage für den Monat Mai zu-
stande; dann die 2000 Franken für Juni.
Da man trotz der Zusage, im Monat Juli
neu zu verhandeln, nichts Positives be-
merkte, kam es auf die Initative der Ein-
heitsgewerkschaft am 13. 7. und 14. 7. un-
ter Hinzuziehung der Christlichen Gewerk-
schaft zu Besprechungen beim Arbeitsmi-
nister. Getragen von dem Vertrauen der
Mitglieder konnten dort alle Registergezo-
gen werden. Die Folge war fine Zusam-
menkunft der Gewerkschaftsvertre er und
der Vertreter der zuständigen Ministerien
im Büro des Ministerpräsidiums. Die Ini-
tiative, die von den Funktionären der Stra-
ßenbahner ausgegangen waren, zeitigten
weitere Flüchte: Zu der Sitzung waren jetzt
Vertreter des öffentlichen Dienstes einge-
laden. In dieser Sitzung hatte sich die
Regierung auf eine eventuelle Erhöhung
auf 12 Prozent, allerhöchslens aber 15 Pro-
zent vorbereitet. Nach stundenlangen Ver-
handlungen wurde aber das Ergebnis ei-
ner 20prozentigen Lohnerhöhung erzielt, u.
zwar für etwa 5000 Arbeiter des öffent-
lichen Dienstes.
Roh gerechnet ergibt sich für die nie-
drigsten Koeffizienten eine monatliche Er-
höhung von 1500 Frs., und zum Beispiel
bei der Straßenbahn kommen bis zu 4000
Franken monatlich in Frage.
Hiercul kam Kollege Klaus Heinz auf
eine neue Situation, nämlich auf die im
Gang befindlichen rapiden Preissteigerun-
gen zu sprechen, die zweifellos durch ri-
gorose kapiia’istische Manöver, durch al-
lerlei Gerüchte, die eine Angstpsychose
erzeugen, genährt werden.. Man wolle
wieder alte Ladenhüter an den Mann brin-
gen und andere Artikel, die aufgestapelt
wurden, teurer verkaufen. Die Regierung
müsse sofort energische Maßnahmen er-
greifen, um die breite Masse zu schützen.
Die Gewerkschaft werde sich jedenfalls
mit allen Mitteln dafür einsetzen, daß hier
etwas Durchgreifendes geschehe.
Mit der Versicherung, daß der jetzt er-
zielte Erfolg in der Lohnfrage Kraft und
Ansporn für weitere Aktionen sein werde,
damit die Arbeitnehmer und ihre Familien
anständig leben können, schloß Kollege
Heinz seine Darlegungen.
Für die Christliche Gewerkschaft sprach
Kamerad Debold, der unter anderem
aut die Verwerflichkeit derjenigen Arbeit-
nehmer hinwies, die als Unorganisierte an
den Erfolgen teilhaben wollen.
In der Diskussion wurde auf die
dringende Notwendigkeit von Preisstüt-
zungsmaßnahmen hingewiesen.
Kollege Klaus Heinz versicherte noch-
mals, daß die Gewerkschaft, gestüzt aut
das große Vertrauen ihrer Mitglieder, ol-
les tun werae, um deren Existenz zu si-
chern. Jetzt gelte es, auf Grund des neuen
Tarif Vertragsgesetzes einen eigenen Tarif-
vertrag zu bekommen. Gerade für diesen
Zeitpunkt müßten auch die letzten Unor-
ganisierten zu ihren Kameraden in der Or-
ganisation hinzukommen, andernfalls für
sie das Wert „Arbeitskamerad“ nicht mehr
zutieffen könne.
Den Ausführungen waren alle Zuhörer
mit Aufmerksamkeit gefolgt.
DGß zur Mitbestimmung
Zur Frage der Mitbestimmung nahm der
Bundesausschuß des DGB folgende Ent-
schließung einstimmig an:
„Bundesvorstand und Bundesausschuß
des DGB nahmen in ihrer Sitzung vom 18.
Juli 1950 Kenntnis vom Verlauf der bis-
herigen Besprechungen über das Mitbe-
stimmungsrecht. Sie ergaben grundsätz-
liche Uebereinstimmung überdieErrichtung
eines Bundeswirtschaftsrates, von Landss-
wirtschaftsräten umtdi van Wirtschafts-
kammern an Stelle der jetzigen Industrie-
land Handelskammern. Dagegen konnte in
der entscheidenden Frage der paritäti-
schen Besetzung der Aufsichtsorgane kei-
ne Uebereinstimmung erzielt werden.
Ebenso sind die von Unternehmerseife ge-
machten Vorschläge zur personellen und
sozialen Mitbestimmung in den Betrieben
über die Informationsrechte der Betriebs-
räte als völlig ungenügend zu bezeichnen.
Der Bundesvorstand ließ sich bei den
Beschlüssen zu einem Gesetz zur Neuord-
nung der deutschen Wirtschaft davon lei-
i. daß es für den Neubau Deutschlands
i Europas unerläßlich ist, zur wirkungs-
llen Demokratisierung der Wirtschaft
> Gleichberechtigung von Kapital und
beit im Wirlschaftsgeschehen arizusr-
anen und die gleichberechtigte Veranl-
agung der arbeitenden Menschen und
er Organisationen in allen entscheiden-
n wirtschaftlichen Prägen sicherzu-
ülen.
'Jach einem Hinweis auf die Aufbau-
stungen der Schaffenden nach dem
scmmeobruch heißt es in der
tschiießung weiter: „D:e Mitbe-
rnmung in der Wirtschaft ist für dsn
sB unabdingbar und ein unteilba-
; Ganzes. Bundesvorstand und Bundes-
sschuß sind gewillt, die wirtschaftlichen
impfmiitel zur Durchsetzung dieses Ziel-
; anzuwenden. Der Geschäftsführende
ndesvorstand ward daher in Zusammen-
beit mit den Hauptvorständen der an-
s-chJcssenen Gewerkschaften die hier-
: notwendigen Vorbereitungen, trefien.4
i
Seite 2
DIE ARBEIT“
Juli 1950
______ u
Protestresolutionen, ihre Entstehung und Wert
mmtung aller Kräfte!
(Fortsetzung von Seit© 1)
sollte sich dort bemühen, die Entwicklung
7U erkennen. Es war noch immer so, daß
die Früchte fielen, wenn sie reif waren.
Gegen solches Naturgesetz; Änzugehen.
müßte schlimme Folgen haben.
Nachdem im Landtag das Tarifvartrags-
gesetz kürzlich angenommen wurde, kann
es nicht anders sein, als daß düe Ge-
werkschaft jede Möglichkeit ausnutzt, um
ietzt endlich solche Tarife zu bekommen,
auf die die Arbeitnehmerschaft einen kla-
ren Anspruch hat.
Soviel Verantwortungsbewußtsein haben
die Arbeitnehmer schon, daß sie keine
Forderungen stellen, die die Wirtschaft
und damit ihre Arbeitsstätte ruinieren
könnten. Gerade weil sie Verantwor-
tungsbewußtsein Traben, fordern sie das
Betriebsrätegesetz mit vollem Mitbestim-
mungsrecht. Wir müssen uns gegen jede
weitere Verzögerung einer Beschlußfas-
sugn über dieses Gesetz mit aller Energie
wenden. In der deutschen Bundesrepublik
ist man mit dem Mitbestimmungsrecht be-
reits weiter als hier an der Saar. Wenn
wir als organisierte Arbeitnehmer unsere
äußerste Pflicht erfüllen}, dann werden
auch wir dieses Ziel erreichen. Die
Menschheit ist aus Sklaverei und Leib-
eigenschaft überall dort, wo sie entschlos-
sen für ihre Rechte gekämpft hat, befreit
worden. Eines Tages wird unsere Gene-
ration auch den großen Fortschritt, den
weiteren großen Schritt zur Freiheit, der
durch das Mitbestimmungsrecht gewähr-
leistet wird, tun.. (Aus den Ausführungen
des Kollegen Richard Rauch auf einer De-
legiertentaauTCT in St. Wendel.;
Delegiextentag in St. Wendel
Am Sonntag, dem 16. hielt der Ortsausschuß
St. Wendel der Einheitsgewerkschaft eine sehr
crut besuchte Deiegiertentagung ab. Kollege C. Ä,
Wagner gab einen ausführlichen Geschäftsbe-
bericht. Da heißt e3 u. a.t
Die Teilnahme an Versammlungen seitens der
Belegschaften kann mit 98o/o bezeichnet werden.
Die meisten Versammlungen wurden während
der Arbeitszeit durchgeführf, was vorherig«
Rücksprache mit Arbeitgeber und Betriebsrat
erforderlich machte. In den letzten Monaten und
Wochen müssen wir aber die Feststellung
machen, daß sich einige Arbeitgeber weigern,
diese vierteljährlichen Versammlungen während
der Arbeitszeit zu gewähren. Sie stehen auf deia
Standpunkt, daß keine gesetzlich« Grundlagen
vorhanden seien. Es ist höchste Zeit, daß da«
BRG in seineT neuen Fassung verabschiedet
wird, wo uns das Recht eingeräumt ist, diese
Versammln ngen während der Arbeitszeit durch-
tuführen.
Zum Eetriebsrätegesetz erklärte er, daß seine
Verabschiedung nach dem Entwurf der E. G.
schnellstmöglichst erfolgen muß. Unsere Parole
bei diesen Neuwahlen muß sein: Kein Betrieb
und keine Verwaltung ohne Betriebsrat, kein
Betriebsrat der nicht Mitglied der E. G. ist
und kein BR ohne Frauen-Vertretung.
In seinen weiteren Ausführungen klärte
Wagner die Anwesenden über Leistungen der
Ortsverwaltung in Bezug auf Eingaben und
Schriftwechsel mit Behördenslellen, Hauptverwal-
tung der E. G. insbesondere der Rechtsschutz-
obteilung auf. Auch die Kultusarbeit habe zum
Wohl« der Mitglieder des Kreises St Wendel
eine Förderung erfahren.
Sodann hielt Kollege Rauch einen Vortrag
Über die Aufgaben der Gewerkschaft. Diese
grundsätzlichen Ausführungen vermitteln jedem
Gewerkschaftler einen klaren Ueberblick über
manche Seiten der Entwicklung, ferner über die
gegenwärtige Lage und über die zukünftige Ge-
werkschaftsarbet (Siehe die Ausführungen S. 1)
Die Wahl des Vorstandes war folgende:
1. Vors. Kaiwesch, Otto, St. Wendel, 2. Vors.
Schaal, Ernst, St Wendel. 1. Schriftt Ritzet
Willi, St Wendel, 2. Schriftt Imig, losef. Ober«
thal, 1. Beis. Schmidt Nik., Bliesen, 2. Beis,
Leidinger, Arn., St. Wendel, 3. Beis. Fickinger,
Fr., St. Wendel, 4. Beis. Wagner. Anna, St,
Wendel.
Forderungen
der Fachgruppe Versicherungen
Die Angestellten der Versicherungs-General-
agenten, die im Saarland tätig sind, beriefen
durch die Einheitsgewerkschaft, Fachgrupp«
Versicherungen, eine außerordentliche Versamm-
lung im Saal des Lokals ,.Treffpunkt" Saarbrük-
ken 3, ein, in der nachstehende Resolution
einstimmig angenommen wurde:
Die in der außerordentlichen Versammlung am
I. 7. 1950 im Saale des Lokals ,,Treffpunkt“ an-
wesenden Angestellten der Versicherungs-Gene-
ralagenten im Saargebiet erheben folgende For-
derungen :
1. die vollständige Gleichschaltung in Gehäl-
tern und Zulagen wie die Angestellten der
Versicherungsgesellschaften oder Gruppen
von Gesellschaften.
2. Sie verlangen die Aufhebung der Kannbe-
stimmung des § 11 des Tarifvertrages vofl
5. 9. 49 (13. Monatsgehalt),
3. die 5prozentige Gehaltserhöhung ab 1. 4. 50
wie bei den Gesellschaften und Gruppen
von Gesellschaften, die bereits ausgezahlt
haben,
4) die Zahlung der Urlaubsbeihilfe für 1950 in
derselben Höhe, wie sie bereits bei den
Gruppen und Gesellschaften für das Jahr
1950 bezahlt wurde,
I. Bereitstellung der 2 Prozent zur Bildung eines
Fonds für di« zu gründende Pensionskasse,
wie sie die Gesellschaften mit Wirkung vom
1, 4 1950 eingeführt haben.
In den letzten Wochen bemühen sich die
sogenannten „fortschrittlichen“ Funktionä-
re, bestehend aus KP-Angehörigen, eine
Unzufriedenheit der gesamten Mitglied-
schaft des Industrieverbandes Metall mit
der Verbandsleitung und seinem Vorsit-
zenden vorzutäuschen, die prak-
tisch aber nicht vorhanden ist. Nur we-
nige dieser „fortschrittlichen“ Funktionä-
re — die Zahl ist so klein, daß man sie
noch an den Fingern abzählen kann —
sind unzufrieden, und zwar darüber, daß
fünf ihrer gleichgesinnten Genossen we-
gen verbandsschädigenden Verhaltens als
Mitglied aus dem Industrieverband Me-
tall ausgeschlossen wurden. Diese Aus-
schlüsse” haben sie sehr schwer getroffen,
insbesondere der Ausschluß Pinks, weil
er ihr Spitzenfunktionär (und Mitglied des
Landesausschusses der KP) war. — Er
war ihre größte Hoffnung, von dem sie
erhofften und wünschten, nachdem er in
der Verbandsleitung als 2. Vorsitzender
saß und außerdem noch Verbandsange-
stellter war, daß • sie mit seiner Hilfe die
Verbandsleitung über kurz oder lang an
sich reißen könnten. Die Sache war von
langer Hand sorgfältig vorbereitet, und
man war auch schon ganz sicher, daß sie
so klappen würde. Mit seinem Ausschluß
ist für sie ein schöner Traum zu Ende ge-
gangen. Ihre direkte Verbindung zur Ver-
bandsleitung hat damit aufgehört und ihre
wertvolle Organisationsquelle ist dadurch
auch erstarrt.
Wir begreifen ihren großen Schmerz und
Kummer und haben auch für ihre Wut-
ausbrüche darüber Verständnis. Wen
würde solch großes Pech und auch der
Schreck nicht verärgern? Wir nehmen es
ihnen deshalb auch nicht übel, wenn sie
nun ganz verzweifelt Versuche machen,
um noch zu retten, was zu retten ist. Wenn
sie anständig und ehrlich dabei vorgin-
gen, würden wir uns ja mit ihnen auch
darüber auseinandersetzen.. Nachdem
aber eine objektive Behandlung von ihnen
abgelehnt wird und sie ständig nur het-
zen, lügen, beleidigen, verleumden und al-
les entstellen, müssen wir das selbstver-
ständlich im Aufträge der ca. 98 Prozent
der gesamten Mitgliedschaft, die ge-
schlossen hinter der jetzigen Verbands-
leitung und seinem Vorsitzenden stehen,
und diesen ihr volles Vertrauen nach wie
vor schenken, ablehnen. Die Mehrheit der
Mitglieder hat nur den einen Wunsch, daß
dieses künstlich erzeugte Theater der
.fortschrittlichen* Funktionäre bald aufhört,
und um dieses zu erreichen, verlangen sie
von ihrem Vorstand auch weiterhin die
Durchführung energischer Maßnahmen.
Viele Stimmen, aus den Mitgliederkrei-
sen bringen zum Ausdruck, daß man sich
sehr darüber freut, daß deT uns bisher
zu Unrecht gemachte Vorwurf, wir seien
eine kommunistische Gewerkschaft, mit
den Ausschlüssen wohl endgültig wider-
legt wurde, so daß wohl kaum noch je-
mand ernsthaft daran glauben kann.
Es ist nun für uns alle sehr interessant
einmal zu erfahren, wie nun die Protest-
Dazu folgendes Beispiel:
Durchschnittliches Monatseinkommen 12
Monate vor dem Unfall
Hiervon Vollrente zwei Drittel
Grad der Erwerbsbeschränkung 50 o/»
Durchschnittliches Monatseinkommen 12
Monate vor drfm Unfall
Hiervon Vollrente zwei Drittel
Grad der Erwerbsbeschränkung
Umrechnungsfaktor 1 Mark — 69 Frs. =*
Beide Unfälle sind von gleicher Berufs-
gruppe und gleichem Betrieb, die Verletz-
ten waren vollwertige Facharbeiter.
Der Altunfallrentner aus dem Jahre 1935
hat somit fast die Hälfte weniger Rente,
als der im Jahre 1950 Verunglückte.
Nachdem die Aufhebung des Lohnstop*
erfolgt ist und die Einkommen weiterhin
gestiegen sind, der Unfallverletzte seine
Rente jedoch nach dem jeweiligen Ver-
dienst vor dem Unfall erhält, verliert seine
Rente slttndig <m Wert
Versammlungen und Resolutionen, die in
der „Neue Zeit“ regelmäßig erscheinen u.
für die die „Neue Zeit“ das „Aleindruck-
recht“ hu>
gen den Abdruck ablehnen, wahrschein-
lich deshalb, weil sie ein solches Spiel
durchschaut haben, entstehen.. Man kennt
die Arbeitsmittel zur Genüge und man
weiß auch, was man davon zu halten hat.
Es ist nicht leicht, für eine ganz klein©
Minderheit, wenn sie die gesamte Mit-
gliedschaft vortäuschen will.. Dazu
braucht man besondere Methoden. Diese
hat man selbstverständlich auf Vorrat zur
Hand. Man spricht grundsätzlich immer
nur im Namen aller Mitglieder und spe-
kuliert dabei auf die Dummheit der Men-
schen, die das glauben. Bei unseren Mit-
gliedern hat man allerdings damit kein
Glück mehr. Sie kennen diese Kampfesart
und außerdem wissen sie ja auch, daß
das nicht wahr ist, und sie können das in-
nerhalb ihrer Betriebe ja selber am aller-
besten beurteilen.. Dann treten sie als
Redner und Diskussionsredner möglichst
gleich nacheinander auf. Jeder hat nach
der vorher ausgegebenen Parole die glei-
che Platte, die er ablaufen läßt. Dabei
verwenden sie natürlich die größte Laut-
stärke und markieren „ehrliche“ Entrü-
stung über das Geschehene. Sie tun
scheinheilig und heuchlerisch, als hätte
man ihnen ein bitteres Unrecht zugefügt
und bilden sich ein, daß alle anderen nicht
schon im Laufe des letzten haben Jahres’
sie in ihrem Tun und Treiben beobachtet
und auch richtig erkannt haben.
Es ist klar, daß man erst sorgfältig den
Kampfort und Kampfplatz aussuchen muß,
um einen Erfolg zu sichern. Dabei ist
auch zur Sicherung der Mehrheit in einer
Versammlung eine vorsichtige Voraus-
schätzung der Besucherzahl notwendig.
Die Auswahl des Versammlungsortes rich-
tet sich nach der Zahl der vorhandenen
KP-Angehörigen. Hat man an einem aus-
gewählten Orte bei Zugrundelegung der
vorgeschätzten Besucherzahl dann noch
nicht genug Gleichgesinnte zusamemn,
dann ladet man alle übrigen Industriever-
bände zu einer solchen Veranstaltung
ebenfalls ein, denn auch dort hat man
„fortschrittliche" Funktionäre. Sollte auch
dann die Zahl nicht ausreichen, dann holt
man noch solche aus den umliegenden
Ortschaften hinzu. Um nun aber ganz si-
cher zu sein, läßt man noch eine Gruppe
FDJ. aufmarschieren. Die Mehrheit ist nun
gesichert. Nun kommt noch schnell die
Aufstellung einer möglichst harmlosen
Tagesordnung. Meistens heißt es da:
Lohnfrage und Verschiedenes oder auch
Organisationsfragen. Ohne vorher anzu-
fragen und die Zustimmung dazu ein'zu-
holen, setzt man den Verbandsleiter als
Redner ein und schreibt ihm vor, über was
er sprechen soll.. Ein solches unhöfliches
Verfahren war bisher im Gewerkschafts-
leben nicht üblich.
So, nun sind alle Vorbereitungen getrof-
fen, der Mehrheitsbesuch gesichert und
die Veranstaltung gut getarnt. Jetzt kann
Betriebsunfall 1950
24 000 Frs.
16 000 Frs.
8 000 Frs.
Betriebsunfall 1935
180 Mark
120 Mark
60 Mark
4140 Frs.
Wir stellen die Frage an die Regierung:
1. Wann erfolgt die Anpassung der Jah-
resarbeftsverdienste an die heutigen
Verhältnisse?
2. Wir fordern Erhöhung der Versiehe-
rangsgrenz» auf MO 000 Frs.
3. Wir schlagen vor. einen gleitenden
Jahre arbeitsvorci nst besw. eine glei-
tende Rente.
die Versammlung steigen. Die Veranstal-
tung wird eröffnet, einleitend spricht man
von der Einhaltung der Neutralität und der
Satzung, und selbstverständlich muß der
Verbandsleiter gegen die nicht satzungs-
gemäße Zusammensetzung der Versamm-
lung protestieren. Er weist darauf hin, daß
es sich laut Einladung um eine außeror-
dentliche Mitglieder Versammlung
vom Industrieverband Metall handelt, an
der satzungsgemäß nur Mitglieder
des Industrieverbandes Metall teilnehmen
dürfen, daß alle anderen Besucher aus
den anderen Industrieverbänden, aus an-
deren Ortsgruppen der Umgebung sowie
Nichtmitglieder nicht teilnahme- und ab
stimmungsbeiechtigt sind.. Natürlich spre-
chen die sorgfäitig ausgesuchten Ver-
sammlungsbesucher dagegen. Es kommt
dann der Antrag aut Abstimmung. Wie
nicht anders zu erwarten war, werden die
Einwände von der Mehrheit der Versamm-
lung abgelehnt. Weitere Proteste werden
mit Sorechchören riedergeschrien, Der
oe'e die Gegee e \e e.i belei ijtmit
Ausdrücken wie: Arbeiterverräter! und an-
deres mehr. Wir wollen nicht alle diese
schönen Ausdrücke, die aus dem kommu-
nistischen Wörterbuch stammen, wieder-
holen. Kein anständiger Mensch läßt sich
natürlich beleiden und verläßt dann so-
fort die ungastliche Stätte.. Man hat jetzt
erreicht, was man wollte, man ist endlich
allein. Jetzt kommen die „Märtyrer", die
Ausgeschlossenen, die man, was natürlich
keinen überraschen dürfte, selbstverständ-
lich auch „eingeladen“ hat, zu Wort. Sie
legen nun los, indem sie schimpfen, hetzen
und den Verband uns seiner Vorsitzenden
beleidigen. Gegenredner sind ja nicht da,
die Wahrheit kommt ja nicht heraus. Die
Stimmung ist nun gemacht. Die Versamm-
lungsteilnehmer sind jetzt resolutionsreif.
Die Resolution ist, wie alles andere, auch
nun sauber „vorbereitet“. Sie wird ver-
lesen, Widerspruch kommt selbstverständ-
lich aus den Reihen der Gleichgesinnten
nicht-. So, das wäre gemacht. Die „Neue
Zeit“ mit ihrer Liliputauflage von ca. 10-
bis 12 000 Abonnenten bekommt nun das
„wertvolle“ Material zur Ausbeute. Hier
erhält die Sache noch den gewohnten
Schliff.
Die Methode bei Betriebsversammlun-
gen unterscheidet sich nur noch dadurch,
daß man alle Betriebsangehörigen dazu
einladet, also auch Unorganisierte, An-
dersorganisierte, die man selbstverständ-
lich mit abstimmen läßt. Nach der BRVO
gehören in Betriebe nur sozialpolitische
und rein betriebliche Angelegenheiten, un-
ter keinen Umständen aber Verbandsan-
gelegenheiten. Verbandsangelegenheiien.
gehören grundsätzlich nur in das Gre-
mium von Mitgliedern und von Ortsgrup-
pen des Verbandes,
Verstöße gegen die Satzungen
Welcher Wert ist nun diesen Protestver-
sammlungen und Resolutionen beizumes-
sen? Keiner, weil alle Maßnahmen ge-
gen die Satzung verstoßen. Nach der
Satzung haben nur Mitglieder ein Stimm-
recht innerhalb des Verbandes. Nach de-
mokratischen Grundsätzen entscheidet
stets die Mehrheit. Die Minderheit hat
sich den Beschlüssen der Mehrheit unter-
zuordnen und die Mehrheit (98 Prozent al-
ler Verbandsmitglieder) verlangt die gründ
liehe Säuberung und die unbedingte Wah-
rung der Neutralität.
Nun wollen wir die Wertlosigkeit der
Protestmaßnahmen noch an einigen Zah-
len beweisen:
In Brebach waren ca, 60 Teilnehmer, da-
von waren über die Hälfte aus anderen
Industrieverbänden und anderen Ortsgrup-
pen, so daß gut gerechnet noch 30 Teil-
nehmer verbleiben. Hiervon waren nun
aber noch ca. 15 Besucher von der FDJ.
St. Amual abgestellt. Rechnet man diese
noch davon ab, so verbleiben 15 Besucher,
vorausgesetzt, daß sie Mitglieder waren
ihre Beiträge laufend bezahlt haben, noch
übrig. Das macht kaum 1,5 Prozent des
Gesamtmitgliederbestandes der Ortsgrup-
pe aus.
In Dillingen waren 45 Besucher, davon
gehen 6 Besucher ab, die nichtteilnahme-
berechtigt waren, so daß 39 verbleiben.
Das sind, gemessen an der Gesamtmit-
gliederzahl, noch nicht einmal 2 Prozent.
Diese Beispiele könnten wir beliebig
noch fortsetzen, glauben aber, daß diese
zwei angeführten bereits genügen, um je-
den denkenden Menschen davon zu über-
zeugen, daß die Zahl der Quertreiber nur
eine verschwindend kleine Minderheit dar-
stellt
Industrieverband Metall.
Geleitschutz für unsem Kameraden Hänn’s
ara Lohntage,
■w .
In der Arbeitspause |
Gross-Malzbier (
s
Traubenzuckerhaltig - alkoholarm
^^//llltlfttftll1liütlltttfHftlötHHIHItiltfttllttfHflttWllHHItllllttttitHtlttHtttllätttWHWliilHHfllllJllt!llilltl1lll!Uniint!lillWlllHlHllltilllilUlUßll[ll{ltillillUlUHtlJIIU^s^>
Die unterschiedliche Höhe der Unfallrente
Vom Verband der Unfallbeschädigten
des Saarlandes erhalten wir folgende Zu-
schrift:
Die Rente des Betriebsunfallverletzten
muß auf einer gesunden Basis gesetzlich
festgelegt werden.
Der Betriebsunfallverletzte, versichert
durch das Betriebsunfallgesetz, hat seine
Rentenansprüche bei der Berufs gen ossen-
schaft geltend zu machen, bei welcher
sein Betrieb versichert ist.
Als Grundlage für die Höhe des Jahres-
arbeitsverdienstes ist der dreihundertf®-
che Betrag (neuerdings die tatsächlich
verfahrenen Schichten) des täglichen Ver-
dienstes vor Eintritt des Unfalles maßge-
bend. Das vom Betrieb versicherte höch-
ste Einkommen liegt jährlich bei 300 000
Frs. bezw. monatlich rund 25 000 Frs., der
Verdienst über 25 000 Frs. monatlich schei-
det also bei der Festsetzung des Jahres-
arbeitsverdienstes aus.
Der Unfallverletzte erhält von diesem
Jahresarbeitsverdienst nur zwei Drittel als
VoUrenfe, das weitere Drittel kommt nicht
zur Anrechnung.
Besonders der Unfallrentner ist infolge
der jetzigen Regelung stark benachteiligt.
I
Tuli 1950
DIE ARBE'T»
Seite 3
Ein heikles Kapstel.. .?
Die Diskussion über das Mitbeetim-
mungsrecht wird mit folgender Zu-
schrift eines Gewerkschaftlers fortge-
setzt:
Für unsere Gewerkschaft stein das Ver-
langen nach dem Mitbestimmungsrecht
der Arbeitnehmer eine Kaidmalfoiderung
dar. Es muß daher den gesamten Kreis
der Arbeiterschaft sehr befremden, wenn
sicn das Lo n agtb'att „Nach de Sei 1 ht“
in seiner Nummer 26 mit dieser Frage in
einer Weise beschäftigt, die dem berech-
tigten Verlangen aller Schaffenden wider-
spricht.
Unter der Schlagzeile „Mitbestimmungs-
• recht der Arbeitnehmer ein heikles Ka-
pitel“ hat es ein Herr C. K. für nötig ge-
funden, sich mit der Resolution des Bo-
chumer Katholikentages und mit dem Mit-
bestimmungsrecht zu beschäftigen. Er
schreibt unter anderem: „Diese Resolution
war unter wesentlicher Mitwirkung her-
vorragender Gewerkschaftler entstanden
und trug die Muttermale dieser Geburt
an sich.“ Es wird weiter ausgeführt:
„Wenn man behauptete, dieses Mitbestim-
mungsrecht sei eine klare Forderung des
Naturrechtes, so wurde seitens des Kra-
dinal Frings und jüngst durch den so so-
zial eingestellter) Papst Pius XII diese Fra-
ge dahin beantwortet, daß das Mitbestim-
mungsrecht nicht durch Forderungen des
Naturrechtes, so wurde seitens des Kar-
Im „sozialen Teil“ dieser Abhandlung
heißt es weiter: „Es ist klar, daß bei allen
Anordnungen sozialer Art in Betrieben je-
der Prägung die Arbeiter gehört werden
müssen, da es sich ja um ihr Wohl und
Wehe handelt. Zu diesem „Hören“ gehört
auch die Möglichkeit, Gründe und Gegen-
gründe vorzubringen und bei der Entschei-
dung im Rahmen der Zuständigkeit und
Möglichkeit mit abzustimmen.“
Man lese im „personellen Teil der Fra-
ge“: „Wer den Entwurf der Gewerkschaf-
ten über das Mitbestimmungsrecht liest
und den Gegenentwurf der Arbeitgeber
daneben legt, wird sehen, daß die beiden
Standpunkte in personellen Fragen unver-
einbar sind. Zunächst ist die Frage zu
beantworten: Gehören die Gewerkschaf-
ten als entscheidende Faktoren in die Be-
triebsverwaltungen? Wer das bejaht, muß
sich daraut gefaßt machen, daß einFremd-
körper in den Betrieb kommt, der niemals
assimiliert wird.“
Herr C. K. schreibt weiter: In den Be-
trieben haben die Gewerkschaften keinen
Platz. Sie können zwar ihre Anhänger be-
raten und auch Gesetzesvorlagen mitbe
raten und durcharbeiten, aber in den Be-
trieben können sie unter keinen Umstän-
den als maßgebende Faktoien eingeschal-
tet werden, das führt zu einer unerträgli
eben Zwangsherrscherft.“ \
Im „wirtschaftlichen Teil der Frage“ ver-
dient im besonderen folgender Satz be-
achtet zu werden: „Wenn zum Beispiel
Einsicht in die Bilanzen, in die Planungen,
in die Aufträge und Verhandlungen mit
Auttragsgebern, Vorlage von monatlichen
oder vierteljährlichen Finanzaufstellungen
verlangt wird, merkt man, daß den Be-
triebsleitern Fesseln angelegt werden sol-
len, die sie völlig arbeitsunfähig machen
können. Es ist ähnlich wie in der Schule.
Wenn der Lehrer ganz von den Schülern
abhängig ist, kann er sein „Handwerk“
aufgeben ..
Damit, Kollegen, hat der Artikelschrei-
ber in „Nach der Schicht“ die Katze aus
dem Sack gelassen, und ich fühle mich
als Bergmann, der täglich in seiner schwe-
ren Schicht dem Tod ins Auge sieht, ge-
radezu verpflichtet, diesem sonderbaren
Herrn meine Meinung, die dem Stand-
punkt der breiten Massen der Arbeiter-
schaft entspricht, entgegenzuhalten.
Ein logisch denkender Arbeiter fordert
heute, nach zwei schrecklichen Kriegen
und allen damit zusammenhängenden Fol-
gen ganz kategorisch das Mitbe-
stimmungsrecht. Mag man das Naturrecht
bei einflußreichen Stellen besonders be-
trachten, halte ich die vorhin erwähnte
Auslegung über das Naturrecht unter Zu-
grundelegung der religiösen Naturrechts-
auffassung für unwichtig. Die religiöse
Auffassung besagt: „Vor Gott und dem
Gesetz sind alle Menschen gleichI“ Diese
Formulierung ist die eindeutige Anerken-
nung der Tatsache, daß der Schöpferauch
den Arbeiter mit den Vorzügen seiner
ScbA—tung bedacht hat gleich dam Kapi-
taisten, der in der Wahl seiner Eltern in
ma.erieller Hinsicht etwas vorsichtiger
war als der Arbeiter.. Man darf aus die-
ser Tatsache keine falschen Schlüsse und von KLEIDERN, MÖBELN,
auch keine besondere Art von Naturrecht
herleiten. Allein der Umstand, daß der
Arbeiter diese vom Schöpfer gegebenen
Qualitäten, also seinen Verstand, seiner)
gesunden Körper und seinen schöpferi-
schen Geist in den Betrieb mitbringt und
dieses sein persönliches, unbezahlbares
Eigentum in das Getriebe der Wirtschaft
für die Allgemeinheit einbaut, gibt ihm
gleichermaßen das Recht auf Mitbestim-
mung, Wenn nun eine kleine Zahl von
Auserwählte.i aus dem vom Arbeiter ge-
schaffenen Produkt Kapital schlägt und
frei darüber verfügt, so ist das kein natur-
rechtlicher Zustand. Ein kurzer Blick in
aie heutige moderne Wirtschaft kann da-
u8r ^erhxngen dar Arbeitnehmer nur
bestätigen. Hätte sie ein Mitbestimmung»
rechr r e :abf. so hälfen wir heu e < i -e bes-
sere und fortschrittlichere Sazialordnung.
Es käme nicht zweierlei Maß in der so-
zialen Ordnung in Anwendung. ■»
Wie weit der „Rahmen der Zuständig-
keit und Möglichkeit* nach dem Gesichts-
punkt unseres C. K. gesteckt ist, haben
Zwei Semester Akademie der Arbeit
Abschlußfeier an der Universität des Saarlandes - Ergebnis, Erfahrung
und weitere Aufgaben
Zum Abschluß der ersten beiden Se-
me r.tsr der Akademie der Arbeit fanden
' .ah d:e Dozenten und Schüler in den
C ubreumeti der Universität zu einer Ab-
sch‘uß*eier zusammen. A s Gäste waren
Vertreter der einzelnen Ministerien und
Gewerkschaften erschienen.
Prof. Dr. Aufsrmann, als Leiter der Aka-
demie der Arbeit, begrüßte die Anwesen-
den und kam in einem ausführlichen Re-
fe at auf die Zweckbestimmung der Aka-
demie und auf die Erfolge und Erfahrun-
gen, die während dieses Jahres gemacht
wurden, zu sprechen. Insbesondere dank-'
te er den Schülern für ihre intensive Be-
teiligung an den Vorlesungen, zumal es
für die Schüler nicht enfach war, nach
der für manche recht anstrengenden Be-
rufsarbeit, noch den Vorlesungen auf-
merksam zu folgen. Auch dankte er den
Gewerkschaften und den maßgeblichen
Regierungsstellen für die tatkräftige Un-
terstützung. Ueberieitend zu der durch-
irten Zwischenprüfung erklärte Prof.
Dr. Aufermann, daß das Ergebnis zufrie-
denstellend ausgefallen sei. Er gab die
Prozentzahlen bekannt. Der Wirtschafts-
wissenschaftliche Wettbewerb war eben-
falls von Erfolg gekrönt, denn zehn Schü-
lern wurden wertvolle Buchpreise ausge-
händigt.
Nach dem mit regem Beifall aufgenom-
menen Referat des Prof. Dr. Aufermann
ergriff der Präsident der Einheitsgewerk-
schaft, Heinrich Wacker, das Wort. Er
stellte zunächst von der Teilnehmerzahl
ausgehend keineswegs mit Bedauern fest,
daß das Zusammenschmelzen des Kreises
auf ungefähr die Hälfte seines ursprüng-
lichen Umfanges erfolgt sei, da 60 Zu-
hörer fast noch zu viel sind, denn die
„Akademie der Arbeit“ soll das Institut
darstellen, wozu es auf Grund seines
Namens verpflichtet wäre; „Die Stätte zur
Heranbildung einer Elite der Arbeitneh-
merschaft.“
Präsident Wacker führte weiter aus:
Wenn für uns als Gewerkschaft die Mit
bestimmung der Arbeitnehmerschaft eine
unabdingbare Forderung darstellt, so er-
hebt sich auf der anderen Seite zwangs-
läufig die Verpflichtung, dafür Sorge zu
tragen, daß für den Arbeitnehmer dis Vor-
aussetzungen des Wissens und Könnens
geschaffen werden, die alleine uner-
wünschte Begleiterscheinungen des Mit-
beftimmungsrechtes verhüten können. Es
gilt also, den Arbeitnehmern das Wissen
in betriebswirtschaftlichen, volkswirt-
schaftlichen und rechtlichen Fragen zu
vermitteln, was ihn erst, gepaart mit sei-
ner im Berufsleben erworbenen Erfah-
rung, zum mitbestimmenden Faktor wer-
den läßt. Wir sind leider infolge «der räum-
lichen Enge unseres Landes und der rela-
tiv geringen Zahl seiner Menschen nicht
in der Lage, das gewerkschaftliche Bil-
dungswesen auf eine so breite Basis wie
der deutsche Gewerkschaftsbund in der
Bundesrepublik zu stellen, umso intensi-
ver müssen wir deshalb die gegebenen
Bildungsmöglichkeiten ausschöpfen. In
ununterbrochenen Schulungen müssen wir
unser Menschenmaterial zu seinen Auf-
gaben in Gewerkschaft, Wirtschaft und
Staat hercrnbilden,, die „Akademie der Ar-
beit“ soll dabei den Ausleseprozeß auf
einer höheren Ebene darstellien, aus dem
die führenden Köpfe der Gewerkschafts-
bewegung hervorgehen werden.
Im weiteren Verlauf behandelte der Prä-
sident die seit Bestehen der „Akademie
dar Aibs t‘ gaaamfre tsn Er a runcen und
führte u. a. aus:
Ich hoffe, unsere Kollegen von der
Christlichen Gewerkschaft werden uns
beipflichten, wenn wir den Teiluehmer-
kreis an der „Akademie der Arbeit“ mög-
lichst eng ziehen wollen. Das soll nicht
etwa heißen, daß wir beabsichtigen, vor
Beendigung des laufenden Lehrganges
einen Teil der Hörer auszuscheiden.
Es entzieht sich meiner Kenntnis, wie
im einzelnen die Prüfungsergebnisse über
den abge'aufenen Abschnitt liegen, doch
glaube ich, daß es das treue Durchhauen
der Teilnehmer, die sich der Prüfung
unterzogen haben, schlecht lohnen hieße,
wollte man ihnen nicht Ge'egenheit gebe«
die begonnene Ausbildung in den kom-
menden beiden Semestern zu einem Ab-
schluß zu bringen, gleichviel wie ihre
Prüfungsarbeiten ausgefallen sind. Ande.
rerseits vertrete ich jedoch die Auffaß
sung, künftig aniaufende Lehrgänge an
der „Akademie der Arbeit“ nur noch nach
einer gründlichen Auslese innerhalb den
Gewerkschaften zu beschicken.
Wenn ich vorhin die Ansicht äußerte,
man solle den Zuhörerkreis auf höchstens
40 Teilnehmer begrenzen, so deshalb, weil
eine größere Zahl die Durchführung von
Seminaren und Uebungen schlechterdings»
unmöglich macht. Gerade auf diese Form
des Unterrichts kann aber meines Er-
achtens nicht verzichtet werden, da nur
sie die Gewähr für die Uebermittlurg eines
fundierten Wissens btstet. Wovor man
sich hüten sollte, ist das Heranziehen von
Halbgebildeten, die mit ihren Pseudowis-
sen nur zu leicht eine Gefahr für ihre
Umwelt bedeuten.
Zum Lehrplan selbst gestatten Sie mir
kurze Bemerkungen: Man wird bei der
Heranbildung eines Nachwuchses, der in
der Wirtschaft die Aufgaben der Mitbe-
stimmung wahrnehmen soll, auf die be-
triebstechnischen Vorlesungen, wie insbe-
sondere das kaufmännische Rechnungs-
wesen, nicht verzichten können., doch darf
hier meiner Ansicht nach der Boaen nicht
zu weit gespannt werden..
Es wird mir wohl jeder, der sich damit
befaßt hat, bestätigen müssen, daß der
artige Vorlesungen ganz besonders dem
erhebliche Schwierigkeiten bereiten, der
nicht schon ein praktisches Wissen in
diesen Dingen mitbringt!.., Letzten Endes
gilt es ja auch nicht, auf der „Akade-
mie der Arbeit“ Buchhalter, Kalkulatoren
oder sonstige Spezialisten heranzuziehen,
sondern Menschen, die mit ihrem Arbeits-
platz und ihren Kameraden auf dem Ar-
beitsplatz eng verbunden bleiben, sich
aber mit ihrem wirtschaftlichen Wissen
und Können über ihre Umgebung hinaus-
hieb sn und so geeignet sind, den Faktor
Arbeit in Betrieb und Wirtschaft erfolg-
reich zu vertreten. Man sollte sich dai-
über keinen Täuschungen hingeben, daß
sich das Mitbestimmungsrecht dar Arbeit-
nehmer auf die Dauer anders durchsetzen
könnte, als durch eine fachkundige Mit-
arbeit, die durch ihre Qualität überzeugt.
Ich glaube deshalb, daß die Vorlesungen,
die die großen Zusammenhänge in Wirt-
schaft und Recht vermitteln, im Vorder,
grund stehen müssen.
Noch eines lassen Sie mich ausspre-
chen: Nur der wird zu seiner eigenen Be-
friedigung und zum Wöhle seiner Arbeits-
kameraden aus der Akademie der Arbeit
wirkliche Früchte ziehen können, der in
intensiven häuslichen Arbeiten das erfah-
wir klar erkannt.. Unsere Stimme wird
schon gehört, aber dabei ist es meist ge-
blieben. Diese einwandfreie Tatsache
zwingt uns geradezu, ein Mitbestimmungs-
recht zu erkämpfen, und zwar auf der
Grundlage, daß wir nicht nur gehört wer-
dne, sondern auch handeln können.
Es liegt im Wesen der Arbeitgeberkaste,
daß ihre Vorschläge immer im Wider-
spruch zu den Entwürfen der Gewcrk-
LEDER, PARKETT
durch
die geballten Aktionsmöglichkeiten zu
nehmen und um ihre Zerrissenheit den Ar-
beitgebern dienstbar machen zu können.
Wenn man am Ende noch den ge-
schmacklosen Vergleich von dem Lehrer
und den Schülern in Betracht zieht, so
könnte man nur noch leise weinen und
sagen: „O Herr, vergib ihnen....“ Im
übrigen läßt dieser Schreiber vermuten,
daß er noch nie im tiefen Schacht oder
in der Gluthitze der Hoch- und Glühöfen,
weder am Bau, noch an der Maschine sein
Brot verdient hat..
Solche Artikelschreiber tragen mit die
Schuld, wenn der Kampf um das Mitbe-
stimmungsrecht noch ein sehr harfcerKampf
sein wird. Sie würden besser daran tun,
den Arbeitgebern die wahren religiösen
Motive für eine wirklich soziale Ordnung
zu erläutern, statt den sozialen Fortschritt
zu hemmen.. Gerade in jenen. Kreisen
fehlt, wie die Praxis zeigt, die tiefe Er-
kenntnis von dem 5. Gebot, vom wahren
Naturrecht und von der Berechtigung des
Mitbestimmungsrechts.
Alois Lauter.
WAG NER'S
schäften stehen, denn die Forderungen der
Gewerkschaften verweisen die Profitgier
in ihre Schranken. Die Gewerkschaftsbe-
wegung hat sich aus der Erkenntnis der
sozialen Not gebildet.
Wenn das Gewerkschaftsrecht in die-
ser Form und von diesen Kreisen bestrit-
ten wird, so wirft sich aber eine andere
Frage auf: Warum hat mcnn überhaupt
noch christliche Gewerkschaften gebildet?
Es könnte dann ja auch heißen: „Christ-
licher Bergarbeiterverein“, oder „christli-
cher Me tailar bei te rv* re in1 ‘ ucw. Unser C.
K. läßt also leicht durchblicken, daß man
die Arbeiter nur gespalten hat, um ihnen
aus reinster Seife u. kon-
zentriertem Sauerstoff
SCHÖNT UND PFLEGT
ALLE WÄSCHE?
. WASNER MERZlC- SAAR
le-.c Wissen fest in «wen zu vtiaiiKem
sucht. Vor allem möchte ich vor dem Irr-
glauben warnen, daß das Studium an der
Akademie der Arbeit zu irgendeinem Brot-
beruf berechtigt, womit ich natürlich nicht
ausschließen will, daß hervorragend be-
gabten Schülern die Möglichkeit des Wei-
terstudiums an der Universität offen ste-
hen sollte, doch wird nur der würdig sein,
an dieser Bildungsstä te teiizuhaben, der
ln der Bereich* «ng seines Wissens Innere
Be ieJlgung findet und güten Willens ist,
seii« erworbenen Kenntnisse zum WohJe
der Arbeitnehmerschaft und damit auch
im ln!« esse von Wirtschaft und Staat zu
verwenden.
Wenn de, wissenscha*t iehe We toewerb
trotz der widrigen Umstände, die ich an-
fänglich aufgezeigt habe, erfreuliche Er-
gebnisse gezeitigt hat, so spricht das tür
Lehrer und Schüler, und ich möchte bei-
den, besonders aber Herrn Professor Au-
fermann, der sich von Anfang an für den
Gedanken der Akademie der Arbeit ein-
gesetzt hat, meinen tiefempfundenen Dank
aussprechen. Danken darf ich aber auch
der Regierung des Saatlandes und dem
Hohen Kommissariat, die durch ihre fi-
nanzielle Unterstützung dieses Bildungsin-
stitut des Arbeiters tragen helfen,
Ich weiß nicht, ob es sich technisch er-
möglichen läßt, schon im kommenden Se-
mester neben dem bestehenden Lehrgang
einen neuen anlaufen zu lassen. Viel-
leicht ist es auch nicht einmal wünschens-
wert, da wir in der Zukunft aus dem Zu-
stand des Experimentierens herauswach-
sen und erst nach gründlicher Auslese
das Material aus den Gewerkschaften
entsenden wollen, das willens und fähig
ist, die schweren Belastungen durohstuhal*
ten und die „Akademie der Arbeit" mit
vollem Erfolg zu absolvieren.
Unter allseitigem Beifall wurden die
Ausführungen von den Hörern entgegen-
genommen. Dann sprachen die Vertreter
der CGS und Regierung, worauf der ge-
mütliche Teil des Abends bei froher Un-
terhaltung und Tanz seinen Verlauf nahm.
Die neue Entwicklung der Löhne
und Preise in Frankreich
Die Preise für eine Reihe von Lebens-
mitteln haben in den letzten Wochen- in
Frankreich wieder angezogen.. Die Laye
für die Lohnempfänger hat sich dadurch
verschärft. Die Kommission, die das Exi-
stenzminimum bestimmen soll, hat noch,
kein endgültiges Resultat vorgelegl. ’nr
Sprecher hat jetzt erklärt, er hoffe, daß is
Anfang August, das heißt noch vor den
„großen Ferien“, eine alle Verhandlungs-
partner befriedigendesResultat bekanntee-,
geben werden kann. Vorerst hat man sich
auf die Summe geeinigt, die ein Pariser
Arbeiter, der sich täglich mit 2390 Kalo-
rien ernährt, im Monat allein für seine Er-
nährung ausgeben muß. Sie beträgt 7152
Franken, und für eine vierköpfige Pariser
Familie ist sie mit 22 023 Franken fest-
gesetzt worden. Soweit es sich um die
übrigen Ausgaben für Miete Wäsche, Klei-
der, Gewerkschaftsbeiträge. Vergnügun-
gen usw. handelt, hat man bis jetzt hoch
keine Summe gefunden, auf die sich alle
Verhandlungspartner hätten einigen kön-
nen.. Gerade in dieser Frage bestehen
zwischen den Mitgliedern der Hohen Kom-
mission starke Differenzen, Der Geläoe-
trag, den der Lohnempfänger nach Ab-
schluß der künftigen Kollektivvcrträqe mit
nach Hause nehmen kann, wird aber nur
seinen Wert behalten, wenn einer Infla-
tionsgefahr gesteuert werden kann. An-
dernfalls würde alles wieder über den
Haufen geworfen.. In den letzten Mona-
ten war die französische Währung durch-
aus nicht „krank“, und bis zum Ausbruch
des Koreakonfliktes waren Gold und aus-
ländische Devisen auf dem freien Markt
nicht mehr in dem noch vor zwei Jahren,
gewohnten Maße gefragt. Jetzt schnellten
die Kurse allerdings wieder herauf, und
da für die Lanc'esverter iqung wahrschein-
lich weit höhere Beträge als vorgesehen
ausgegeben werden müssen, ist der bisher
so optimistische Finanzminieter wieder
besorgt geworden. In Anbetracht neuer
Ausgaben müssen neue Einnahmequellen
gefunden werden.
Keim« Panik unter dar französischen
Bevölkerung
Di« in manchen Ländern zu verzeich-
nende Angstpsychose und das damit ver-
bundene Hamstern von Lebensmitteln ist,
wie die bisherigen Feststellungen erge-
ben, in Frankreich kaum zu verzeichnen,
obwohl man in weiten Kreisen die politi-
sche Lage nicht ohne Sorgen betrachtet.
Aber an «ine Versorgung „auf alle Fälle“
haben bisher nur ganz ängstliche Leut«
aedacht. Die französische Hausfrau liebt
es im allgemeinen nicht, sich große Vor-
räte anzulegen, und mit Ausnahme der
Landstriche in Ostfrankreich spielt das
„Einmachen“ hier keine große Roll«. So
kommt es auch, daß nur ganz wenige
Franzosen Kartoffeln „einkellern“, obwohl
ihr Verbrauch in den letzen zwanzig Jah-
ren bedeutend gestiegen ist.. Im Augen-
blick sind Lebensmittel in - genügenden
Mengen auf dam Markt und in den Lager-
hallen. Die Ernteauss’nhten sind im allge-
meinen nicht schlecht, ln den letzten Ta-
gen haben in Paris zwar die Preise für
Obst und Gemüse angezogen und auch
für Butter und Eier sind die Preise gestie-
gen. Das hat aber nichts mit einer
Angstpsychose zu tun.
\
Seite 4
Juli 1950
„DIE ARBEIT»
Einheitsgewerkschaft und politische Neutralität
Mensch, Arbeit und Kunst.
Kunstschaffen der Nachkriegszeit. Arbeiter eines metallurgischen Betriebes. Das
Bildwerk seilt eine Gemeinschaftsarbeit der Maler Strempel-Graetz-Mohr dar.
Es ist eine Erfahrungstatsache, daß der
Mensch bestrebt ist, immer Vollkommene-
res zu schaffen. Das beweist sich am
besten, wenn wir ein paar Jahrzehnte zu-
rückgreifen. Nehmen wir nur ein Foto zur
Hand, das vor 50 Jahren gemacht wurde,
dann sind wir im ersten Moment entsetzt
über die Kleidung, die Männer wie Frauen
damals trugen. Je weiter wir in der Ge-
schichte zurückgreifen, desto auffallender
zeigt sich die Veränderung an allem, was
durch Menschengeist und Menschenhand
geschaffen wurde.
Dasselbe trifft auch auf die gewerk-
schaftliche Organisation zu. Auch sie ist
dem Wandel der Zeiten unterworfen, auch
sie muß sich modernisieren und den Ver-
hältnissen anpassen. So sind wir von den
kleinen Bildungsvereinen über Fachver-
bände und Industriegewerkschaft bis zur
heutigen Einheitsgewerkschaft gekommen.
Die Form der jetzigen deutschen Ge-
werkschaften wurde zwar von den alliier-
ten Besatzungsmächten angeordnet, doch
bekommen die Gewerkschaften langsam
wieder die Bewegungsfreiheit, die ihnen
wie früher vor dem nationalsozialistischen
System erlaubt, ihre Tätigkeit zu entfalten
und ohne äußeren Druck und Beeinflus-
sung ihre Satzungen und Richtlinien auf-
zustellen. Je mehr eine Organisation sich
aus einer Menschengruppe zusammensetzt
die eine allen gleiche Idee hat, desto wir-
kungsvoller kann sie sein.
Vernünftigerweise sollte bei der saar-
ländischen Arbeitnehmerschaft in Wirt
schaftUchen Fragen genau so einheitlicher
Wille vorhanden sein, wie das bei den Un-
ternehmern der Fall ist. Die Arbeitgeber im
Saarland sind heute sehr straff organi-
siert, daher ihre Machtstellung, die sie bei
gegebener Gelegenheit die Gegenseite
fühlen lassen. Wir haben im Saarland nur
Arbeitnehmer, die entweder die saarländi-
sche oder deutsche Staatsangehörigkeit
besitzen, während die Unternehmer im
Saarland zumindest zwei, wenn nicht drei
bis vier Nationalitäten aufweisen. Diese
Arbeitgeber führen jedoch darüber keime
Diskussionen, sondern, wie uns allen be-
kannt ist, stehen bei ihnen nur reale Wirt-
schaftsfragen zur Debatte. Stellen wir dem
die Arbeitcehmerseite gegenüber, so müs-
sen wir festeteVen, daß neben der Einheits-
gewerkschaft, die bisher in allen Richtun-
gen sehr tolerant war, noch eine Christ-
liche Gewerkschaft gegründet wurde und
daß heute wieder Kräfte am Werke sind,
um die Gewerkschaft noch mehr zu zer-
snlittem.
Wir finden heute viele Angestellte der
ehemaligen Christlichen und der Freien
Gewerkschaften, die in der Einheitsge-
werkschaft gemeinsam die Interessen der
Arbeitnehmerschaft wahrnehmen. Bis
heute haben wir aber noch nicht erlebt,
daß es zwischen den ehemaligen Ange-
stellten der Christlichen und der Freien
Gewerkschaften zu einer besonders ern-
sten Auseinandersetzung gekommen wäre.
Anders verhält es sich jedoch mit den
Gewerkschaftsfunktionären, die der Kom-
munistischen Partei angehören. Diese be-
tonen bei ieder Gelegenheit, daß sie nur
für die Einheit der Gewerkschaft kämnfen,
darüber hinaus erklären sie sogar, miv den
Christlichen Gewerkschaften eine Kampf-
front bilden zu wollen, erreichen aber
gerade das Gegenteil.
Die Kommunisten glauben, im Saarland
heute ein geschicktes Spiel zu treiben, ln
dem sie sich als die alleinigen Arbeiter-
Die Einheitsgewerkschaft, Kulturabteilg.,
führt jährlich je nach den gegebenen Mög-
lichkeiten, Ferienfahrten durch. Diesmal
sind es die Südvogesen, die den Mitglie-
dern Erholung und Erbauung bieten. An-
fangs Juni wurde eine solche lOtägige Fe-
rienfahrt nach den Südvogesen gestartet*
Dazu schreibt eine Teilnehmerin:
,,Wie in der „Arbeit“ bekanntgegeben,
fand in der Zeit vom 2. bis 12t Juni eine
Fahrt in die Südvoges^n statt. In früher
Morgenstunde fuhren wir in Richtung Mul-
house. Von dort gmgs mit dem Omnibus
bis zur „Treh“, dem Unterkunftsort unse-
rer Ferienreise. Im Mulhousener Natur-
freunde-Haus fühlten wir uns gleich wie
zu Hause. Pin wunderbair gemütlicher
freunde hin stellen. Dabei lassen sie viele
schöne Phrasen vom Stapel. Wer aber
die kommunistischen Funktionäre etwas
näher beobachtet und psychologisch die
Entwicklung zu deuten vermag, wird fest-
steilen, daß die Kommunisten auch in»
Saarland versuchen, überall eänzudiingen,
um Parteiarbeit zu leisten. Wenn es geht,
machen sie vor keiner Organisation Halt.
Es sei nicht geleugnet, daß es eine An-
zahl kommunistischer Betriebsräte gibt,
die wirklich alles daran setzen, um den
von ihnen vertretenen Arbeitnehmer zu
ihrem Recht zu verhelfen, aber die Frage
muß an dieselben gerichtet werden, was
ist der tiefere Sinn dieses Wirkens?
Wer die kommunistische Parteidoktnn,
kennt, weiß, daß jeder Kommunist, wenn
irgendwie möglich, eine Funktion in einer
Massenorganisation oder in einer sonsti-
gen öffentlichen Stellung annehmen muß,
um dadurch der Kommunistischen Partei
in ihrer Agitation eine neue Position zu er-
obern.
So bewegen sich die Kommunisten wie
der angeblich gezähmte Fuchs im Hühner-
hot, der, solange er beobachtet wird, kei-
nem Huhn etwas tut, doch m Wirklichkeit
nur eine bessere Gelegenheit zur Erlan-
gung seines Zieles abwartet.
Wozu auch das große Geschrei gegen
den wirtschaftlichen Anschluß an Frank-
reich, gegen die Konventionen usw., das
ja nur zur allgemeinen Einnebelung die-
nen soll.
Wir erinnern uns noch sehr gut, mit wel-
cher Intensität die Kommunisten einstmals
Hitler und das Dritte Reich bekämpft ha-
ben, und wie entsetzt wir waren, als im
Juli 1939 Hitler und Stalin einen Friedens-
und Freundschaftspakt abgeschlossen ha-
ben, und dieslben Kommunisten, plötzlich
ihre Herzen für das nationalsozialistische
Deutschland entdeckten. Ja, dieser Enthu-
siasmus der Kommunisten ging sogar so
weit, daß sie erklärten, jetzt müsse jeder
fortschrittliche Arbeiter mit Hitler und Sta-
lin gehen, um den internationalen Kapita-
lismus zu bekämpfen. Wäre der wirt-
schaftliche Anschluß des Saarlarides an
Frankreich von der Sowjetunion empfoh-
len worden, dann würde sicherlich kein
Kommunist des Saarlandes auch nur ei-
nen Piep von sich geben.
Dasselbe Spiel erlebten wir 1935 vor der
Abstimmung. Damals haben die offiziel-
len Vertreter der KP. erklärt, wir stimmen
für die Rückkehr des Saarlandes und wenn
es in die Gefängnisse Hitlers geht. Plötz-
lich kam von Moskau her die neue Pa-
role>( die saarländischen Kommunisten
müssen bei der Abstimmung gegen das
nationalsozialistische Deutschland stim-
men, und mit derselben Leidenschaft, wie
man früher erklärte, zurück nach Deutsch-
land, behauptete man nun das Gegenteil.
Diese Beispiele könnten vielfach erwei-
tert werden. Es sei aber damit nur ge-
zeigt, daß auch die Kommunisten des
Saarlandes nichts weiter sind, als eine
unter fremden Kommando stehende politi-
sche Truppe.
Dieselben Parolenempfänger, die bereit
sind, alles durchzuführen, was von ihrer
Zentrale kommt, treiben auf dieselbe Art
liire. öewerkschaftspolitik. Unter dem
schönen Ruf: „Einheit der Arbeiterklasse“
werden alle Funktionäre der Einheitsge-
werkschaft, die nicht die kommunistische
Tendenz vertrete^, m dreckigstet Weise'1
verleumdet und in dien Versammlungen
ange-griffen. Ehrliche, fähigei und zuver-
lässige Arbeitervertreter und Funktionäre
Südvogesen
Aufenthaltsraum, schöne saubere Betten
eine gute Küchle, was wollten wir noch
mehr. Dazu das herrlichste Wtetter. Die
Tage wurden ausreichend ausgenützt fnit
schönen Wanderungen, so auch auf dien
„Grand Ballon“ und den „Schnepfenried“.
Nazh froher Wanderung saßen wir abends
bei einem guten Fläschchen Wein und
frohen Volksliedern zusammen .Es herrsch-
te eine wunderbare Kameradschaft, ganz
gleich, ob Saarländer, Franzosen, Elsäs-
ser, Schweizer oder Holländer, alle Waren
wie Brüder und Schwestern. Allzu schnell
waren die schönen Tage vorbei und
schweren Herzens nahmen wir Abschied
mit dem gegenseitigen Versprechen, daß
wir uns im nächsten Jahr Wiedersehen
auf der „Treh“. Für alle Teilnehmer ge-
staltete sich die Fahrt zu einem unvergeß-
lichen Erlebnis.
Ab Mitte August und während des Mo-
nats September sind wieder lOtägige Fe-
rienfahrten in die Südvo^esen vorgesehen.
Der Preis für Eisenbahnfahrt, Omnibus,
Aufenthaltskosten einschl. Verpflegung
beträgt 5500 Frs. für 10 Tage; Eisenbah-
ner mit Freifahrtsche.iiv 4300 Frs. Meldun-
gen sind sofort an die Einheitsgewerk-
schaft. Saarbrücken 3, Brauerstr. 6^-8. Zim-
mer Nr. 2, zu richten.
Familienausflug nach Sengscheid.
Der Ortsausschuß der Einheitsgewerkschaft
St. Ingbert, üntelffimmt am Sonntag, deni 13.
August ,1950, einen Familiengusfiüg nach dem
schönen Ausjclugsort Sengschöfcl. tn den Arf-
laqen Petgrrngmi findet ein? g£mütjiche Unter-
haltung jnit Ki.jiderbelustigung statt. Hierzu laden
wir alle Mitglieder näbst ihrer! Familien herz-
lich ein. Abmarsch 15 Uhr am Bahnhof.
sind nach ihrer Auffassung mjr Kommu-
nisten. Alle anderem sind unfähig, han-
deln materialistisch und sind nur auf das
Geldverdiemen in der Organisation be-
dacht. Daß natürlich eine Behauptung in
öffentlicher Versammlung, dieser oder je-
ner Verbandsleiter der Einheitsgewerk-
schafi sei unfähig usw., nicht gerade agi-
tatorisch für di? Einheitsgewerkschaft
wirkt, wissen die Kommunisten ganz gut,
und es ist ihnen auch bekannt, daß sie
durch ihre unsachliche Krittik manche Ar-
beitnehmer aus der Einheitsgewerkschaft
femhalten. Aber darau^kommt es ihnen
ja gerade an. Sie möchtin in der Einheits-
gewerkschaft die Machtpositionen ero-
bern. Das könnte ihnen jedoch-nur ge-
lingen, wenn es ihnen möglich wäre, die
jetzigen Funktionäre zu beseitigen. Mit-
glieder, die eine anständige Gesinnung
haben, die möchten sie hinausekeln, weil
sie gauben, dann ungehindert in entschei-
denden Posbonen schalten und walten zu
können. Ihrer Wunschträume sind gar
viele'.
Betrachten wir in diesem Zusammen-
hang die Gründungszeit der Einheitsge-
gewerkschaft. Die Gründer glaubten da-
mals, daß es Heutig sei, die leitenden Stel-
lungen unter den drei antifaschistischen
Richtungen aufzuteilen. Die ehemaligen
christlichen und die freien Gewerkschaft-
ler fanden sich ohne Hintergedanken in der
Einheitsgewerkschaft zusammen, während
die Kommunisten, wie sich mehr und mehr
zeigte, parteipolitische Ziele verfolgten.
Sie kümmerten sich weinig um die Grund-
prinzipien und aktuellen Probleme — es
sei denn in der Theorie — sondern setzten
ihre Kräfte und Zeit ein, um einen beson-
deren Einfluß auf die Arbeitnehmer in den
Betrieben zu gewinnen, während sie den
andern vorwiegend die praktischen Aus-
einandersetzungen und Regelungen um die
Lohn-, Gehalts- und sozialpolitischen Ta-
gesfragen überließen.
Es ist selbstverständlich, daß für die
Arbeitnehmerschaft in der heutigen Not-
zeit die wirtschaftlichen Fragen an erster
Stelle" stehen. Es war aber auch durch die
Verhältnisse bedingt, daß in dieser ver-
hältnismäßig kurzen Zeit die Probleme der
Arbeitnehmerschaft nicht zufriedenstel-
lend gelöst werden konnten. Diese Tat-
sache nutzten die Kommunisten aus, um
die Gewerkschaftsleitung bei der wirt-
schaftlich ungünstig gestellten Arbeitneh-
merschaft zii diffamieren.
Den Erfolg dieser Tätigkeit verspüren
wir heute in jed?r Versammlung. Es sind
dieselben Gemeinheiten, die wir vor 1935
von dieser Seife aus erleben mußten.
Daß die nichtkommunistischen Funktio-
näre der Einheitsgewerkschaft nicht ge-
willt sind, sich auf die Dauer derartige
Frechheiten bfefen und die voh .ihnen un-
ter großer Mühe aufgebauten Emheitsge-
werkscflaft zerstören zu Iqssieh, versteht
sich von seiht'.- Sie brauchen nur auf
Grund der hinter ihnen stehenden Beleg-
schaftsmitglieder und Gewerkschaftsmehr-
heit zu handeln, und der Kommunisfen-
spuk hat ein Ende. Damit sei nicht ge-
sagt., daß nun alle Gewerkschaftsfunk-
tionäre und -mitglieder, die Anhänger der
KP. sind, jetzt kein Recht mehr hätten, son-
dern es sei ihnen nur zugefufen, daß wir
Ehrlichkeit vgn ihnetl verlangen, und daß
sie uns mit demselben Respekt entgegen-
kpmmen, den wir ihnen zü zieiggn bereit
sind. Die anmaßende Haltung aber, die
einige an den Tag legen, um' so zu tun, als
seien sie tonangebend, müssen wir ener-
gisch zurückweisen. Dagegen sind wir be-
reit, mit all denen kollegial zusammenzu-
arbeiten, und sie selbstverständlich auch
als gleichberechtigt anzu*rkennen, die
sich loyal an die Satzungen der Einheits-
gewerkschaft halten.
Eines müssen wir den Kommunisten je-
doch sagen: Wenn sie glauben, mit schä-
bigen Agitationsmitteln die Einheitsge-
werkschaft zu erobern, werden sie uns in
geschlossener Front finden. Wir wünschen
nicht, daß sich das, was sich vor 1935 ge-
werkschaftlich an der Saar ereignete, wie-
derholt. Wir sind damals ohne Kommuni-
sten ausgekommen, und wenn uns keim
anderer Ausweg mehr offen steht, müs-
sen wir bedauerlicherweise wieder den-
selben Weg beschreiten. R. Rauch.
Kohlenstaubmotor
ein neues Verfahren
Wir bringen unseren Lesern einen kur-
zen Bericht über dile an der Saar in der
Entwicklung stehende Verbrennungs-
kraftmaschine für Kohlenstaub nach dem
Fritsch-Verfahren. Wir hatten Gelegen-
heit, Herrn Fritsch nebst seinem ersten
Mechaniker, Herrn Poguntke, selbst zu
sprechen, deren Ausführungen wir nach-
stehend wie der geben:
Der Gedanke, eine bei Komprimierung
von staubförmigen Kraftstoffen (Kohlen-
staub mit Heißluft) folgende Verbrennung
und deren Expansionsgefahr zur Kraftej-
zeugung heranzuziehen, ist nicht mehr
neu. Bis heute ist es jedoch noch nicht
gelungen, einen wirtschaftlichen Mo-
tor dieser Art herzusteilen, da die festen
Verbrennungsrückstände bei mechani-
scher Kompression die verdichtenden u.
steuernden Teile des Motors selbst bei
raffiniertester Konstruktion in zu kurzer
Zeit unbrauchbar machen.
Die wesentlichsten Merkmale, die das
neue Verfahren besitzt, sind folgende: Hy-
draulische Kompression mit einer wirt-
schaftlich billigen Spezialflüssigkeit. Frei-
fliegende Kolben spezieller Konstruktion.
Vollkommen geschlossener Hub- und Ver-
brennungsraum ohne Ventil© und Schie-
ber. Ausstoß der Restgas© und festen
Rückständen ohne schädigend© Einwir-
kung auf Steuerung und Verdichtung. Re-
gulierung des Verdichtungspredes durch
leicht zu bewirkende Veränderung der
komprimierenden Flüssigkeitsmenge, die
gleichzeitig als Kühlungs- u. Reinigungs-
element dient.
Leicht und schnell auszuwechselnde
Teile, die der Erneuerung bedürfen und
den Vorzug der Billigkeit haben.
Vortrocknung und Vorwärmung in der
Feinststaubmühle' unter Ausnutzung der
Ab gäs wärme.
Der theoretische Wirkungsgrad beträgt
70 o/0 eines Dieselmotors gleicher Abmes-
sung bei Verbrauch mittelw©rtiger nicht-
backender Steinkohle.
Die Betriebsunkosten betragen rund 30
Prozent einer Dampfmaschine gleicher
Leistung, was die rationellst© Ausnützung
der Kohleenergte bedeuten würgle.
Wir bemerken, daß Herr Fritsch und sein
Mitarbeiter tagsüber ihrem B6rgf nachge-
hen und ihre Forschungsarbeit seit Jahren
in der Freiheit und in So manch© Nacht
hinein durchführten.
Es wäre zu wünschen, daß das bis heu-
te entwickelte Verfahren bald durchkon-
struiert in einen besser ausgerüsteten Ver-
suchsbau gehen kanft, zü welchem aber
die Mittel fehlen.
Die wirtschaftliche Aussicht wäre gün-
stig, zumal es an der Saar an Koh’e und
Stahl nicht fehlt.
Ferien in den
Tuli 1950
„DIE ARBEIT»
Seite 5
Volksfürsorge und Gewerkschaft
War bisher die endgültige Struktur der
Volksfürsorge ein Schwebezustand und
- ihre Leitung einer „Vorläufigen Verwal-
tung“ unterstellt, so wird die jüngste Zu-
kunft die Gründung der „Saarländischen
Volksfürsorge“ als Unternehmen der Ge-
werkschaften und Konsumgenossenschaf-
ten bringen. Es ist von der gewerkschaft-
lichen Tradition ausgehend eine unbe-
dingte Notwendigkeit, daß man der Zu-
sammenarbeit in der kommenden Zeit
eine größere Beachtung schenken muß.
Es wäre falsch, der Einheitsgewerkschaft
lediglich die Pflichten der sich aus dem
Arbeitsverhältnis ergebenden Anforde-
rungen aufzuerlegen, denn die Gewerk-
schaften sind heute nicht nur Lohn- und
Gehäitsmaschinen, sie haben vielmehr
die Aufgabe, selbst als Träger wirtschaft-
licher Betriebe aufzutreten. Der Gedanke,
daß die Gewerkschaften selbst Träger
derartiger Betriebe sein können und sein
müssen, ohne, daß ihre unmittelbaren
Funktionen beeinträchtigt werden, hat
sich nun auch bei uns durchgesetzt.
Gewerkschaften und Konsumgenossen-
schaften haben gegenüber der Zeit vor
dem Jahre 1933 ihren Tätigkeitsbereich
wesentlich erweitert, vor allem haben sie
in wirtschaftlichen Fragen — mehr noch
als früher — eine gemeinsame Plattform
bezogen. Mit der _ neuerlichen Einbezie-
hung der saarländischen Volksfürsorge
ist noch längst nicht der Reigen gewerk-
schaftlich-genossenschaftlicher Unterneh-
mungen abgeschlossen, unglemein hoff-
nungsvolle Perspektiven eröffnen sich
noch um die Gestaltung unseres Wirt-
schaftslebens, sowie die Erziehung der
großen Zahl der Schaffenden zu wirt-
schaftlichem Denken.
Es sind fast 40 Jahre vergangen, wo
dieser Akt gewerkschaftlich-genossen-
schaftlichen Zusammenwirkens begann
und es lag die Entschlossenheit vor, in
die private Versicherungswirtschaft Bre-
sche zu schlagen und zunächst in der
Gestaltung der Lebensversicherung einen
eigenen Weg zu gehen. Gerade die kleine
Lebensversicherung, die sogenannte
Volksversicherung, war zum Tummelplatz
vieler Unberufener geworden und ent-
wickelte sich zu einem Ausbeutungsin-
strument im wahrsten Sinne des Wortes.
Schutz- und rechtlos waren die großen
Massen der Arbeitnehmer und Verbrau-
cher, die doch hauptsächlich für die
Volksversicherung in Frage kamen, einem
schrankenlosen kapitalistischen Profit-
streben preisgegeben. Wohl bestand seit
dem Jahre 1901 eine Reich sauf sicht über
die privaten Versicherungsunternehmen,
aber die rechtliche Grundlage der Ver-
sicherungsverträge bildeten die Versiche-
rungsbedingungen der einzelnen Gesell-
schaften. Diese Bedingungen waren mehr
oder weniger für den Versicherungsneh-
mer ungünstig und sicherten nur die Er-
werbs- und Gewinntendenzen der priva-
ten Versicherungsunternehmen. Behörden,
Sozialpolitiker, Wissenschalt'er, Fachleute
und nicht zuletzt Mahnungen aus der or-
ganisierten Arbeitnehmerschaft ließen im-
mer wieder entschieden den Ruf nach
einer Reform der Volksversicherung laut
werden. Zunächst gewährte man einige
Verbesserungen in den Versicherungsbe-
dingungen, aber man dachte nicht daran,
die .jedem sittlichen Gefühl hohnsprechen-
den riesenhaften Gewinne der Unterneh-
mungen zu mindern. Die zuständige Facb-
und Aufsichtsbehörde, das Reichsauf-
sichtsamt für Privat-Versicberungen in
Berlin, förderte diese Bestrebungen sogar.
Die wirtschaftlichen Organisationen der
Arbeitnehmerschaft forderten kategorisch
die Beseitigung dieser Mängel und Miß-
stände, beschäftigten sich auch zugleich
mit der Materie der Verbesserungen.
Wenn auf dem Kölner Gewerkschafts-
kongreß 1905 ein Antrag abgelehnt wurde,
der die Vorarbeiten zur Gründung eines
eigenen Unternehmens verlangte, so hat
die Generalkommission der Gewerkschaf-
ten Deutschlands in Verbindung mit dem
Zentral verband der deutschen Konsum-
vereine eine Studienkommission geschaf-
fen, um die Vorbereitungen zur Gründung
eines eigenen Lebensversdcherungsunter-
nehmens zu treffen.
Im Juli 1912 hielt Adolf von Elm auf dem
9. ordentlichen Genossenschaftstag des
Zentralverbandes deutscher Konsumver-
eine ein ausführliches Referat, in dem er
die Vorarbeiten der künftigen Zusammen-
arbeit behandelte. Im Dezember 1912 fand
die Gründnug der Volksfürsorge’ als ge-
werkschaftlich-genossenschaftliche ■ Vesr-
sicherungsaktiengesellschaft in Hamburg
statt. Das Aktienkapital wurde je zur
Hälfte von den Gewerkschaften und Kon-
sumgenossenschaften eingezahlt der
Geschäftsbetrieb jedoch konnte erst im
Juli 1913 aufgenommen werden. Von nun
an galt es für die schaffenden Menschen
das zu tun, was man im voraus als Ziel
gesetzt bat. So konnte die Volksfürsorge
is zum 1. Mai 1933 einer ungeheueren
Entwicklung entgegen sehen, und man hat-
miimimmiimuimiiimiimmimimuiiimiiimHnmm
Herausgeber: Hauptverwaltung der
Einheitsgewerkschaft, Saarbrücken S,
ßrauerstr. 6—8. Verantwortlich fOr
den Gesamtlnhalt’ Heinr. Wacker.
Redaktion: Soilal- und Wlrtsdtaft»-
Politik C. Schuhler, Industrlever-
bände, Jugend sowie Feuilleton
J. f. Wambach, - Drude: Druckerei
Saar-Zeltung, Dr, Nikolaus Fontaine,
Saarlouls — Einzelverkaufspreis der
»Arbeit« S. - ffrs,
{iiiimmiiiiiiiiiiiiiiiiiiiimmiiiiiiiiiiiiiimiiiiimimtiim
te zu diesem Zeitpunkt, ohne die Wirr-
nisse des 1, Weltkrieges und seiner Nach-
wirkungen zu erwähnen, rund 2,5 Mül.
Versicherungsverträge als festen Bestand
nachzuweisen.
Im Saarland konnte im Juni 1929 die
Tätigkeit aufgenommen werden und war
es damals seitens der Regierungskommis-
sion abgelehnt worden, vor diesem Zeit-
punkt die Genehmigung zur Bestandsent-
wicklung zu erteilen.
Der schwärzeste Tag für die Volksfür-
sorge überhaupt war der 2. Mai 1933
als man das Unternehmen gLeichscbal-
tete und als sogenannte DAF-Gesellscbaft
mehr und mehr ihren ursprünglichen Auf-
gaben entfremden wollte. Man war sich
darüber klar, daß das Fundament mit der
Zusammensetzung aus Gewerkschafts-
funktionären nicht erschüttert werden
konnte, und es war mit entscheidend, daß
diese Gewerkschaftsfunktionäre auch in
dieser schweren Zeit den Grundstock der
Organisation bildeten. Wenngleich im
Februar 1945, als schon die Götterdäm-
merung des 3. Reiches hereingebrochen
Arbeit und Recht:
Wieder einmal mußte die Merzig-Büsch-
felder-Eiseubahn (MBE) vor dem Forum
des Arbeitsgerichts in Saarlouis als Be-
klagte erscheinen. Wir berichteten schon
wiederholt an dieser Stelle von den ar-
beitsrechtlichen Mißverhältnissen bei die-
ser Kleinbahn.
Nachdem beide Parteien sich durch
Abschluß eines Vergleiches, der in der
vorletzten Sitzung zustande kam, geeinigt
hatten, wonach die Dienstverhältnisse der
Kläger Kl. und He. noch bestehen, hat
derGeschäftsführer der Beklagten, Landrat
Bur aus Marzig, die arbeitsnechttiche Fal-
garungen aus diestem Vergleich auf ori-
ginelle Weis© zu lösen versucht: Er hat
die von ihm anerkannten Dienstverhält-
nisse einfach aufgelöst. Für ihn war das
Ei des Golumbus entdeckt. Hierbei hat
sich aber der „kleine Diktator von Merzig“
in den Finger geschnitten. Er selbst brach-
te den Mut, vor Gericht zu erscheinen,
nicht auf. So mußte’ also ein Mitleid er-
regender Bevollmächtigter — es war nicht
wie hätte erwartet werden können, sein
gesetzlicher Vertreter — die für die MBE
peinliche Angelegenheit ausbaden.
Für KL kam es nach eindeutigen Aus-
führungen des Vorsitzenden des Arbeits-
gerichts zu einem Viergleich, wonach er
sofort weiterbeschäftigt wird. Kl. muß
sich vorübergehend gefallen lassen, auf
einem anderen Posten beschäftigt zu
werden, bis die durch Arglist zwischen-
zeitlich schnell neubesetzte Planstelle frei
wird. Die Wahrung seiner rechtlichen An-
sprüche wurde im Vergleich gesichert.
Bot diese erste Verhandlung schon inte-
ressante Höhepunkte, so gestaltete sich
die zweite Verhandlung im Falle He.
stellenweise sogar dramatisch.
Man hat mit List und Tücke versucht,
He, einige dicke Brocken ans Bein zu
war, durch eine Fusion die Volksfürsora©
verschwinden und ihr Name ausgelöscht
werden sollte; so darf man es der not-
wendigen Einsicht der Besatzungsmacht
danken, daß es nicht zur praktischen
Durchführung dieser Fusion kam.
(Fortsetzung folgtI)
nniiiiiiiiiiiiiiiiiiHiiiiiiiHfiiiiiiiiifmiiiHiiiiiiiiifiiimiiiiiiimmiiiiiiiiiiiiiKBiiiiiHiiiiu
Nicht nur blütenweiß,
sondern euch tipsauber wäscht
das selbsttätige Waschmittel mit Gewebeschoner.
Tipsauber heißt:
Der Schmutz wird restlo« und schonend
aus der Wäsche entfernt.
nnilllllliJIlllllllliilllirilllllUIINHilUifllllHIIIIHillllllfllllllHIlUJItlllllillHI Itllllllüüillt
hängen, die Grund seiner Entlassung
sein sollten. Aber es ergab sich, zur un-
geteilten Freude der Zuhörer, daß die
dicken Brocken zwar schön erdacht,
aber im Grunde genommen, wie der Vor-
sitzende, der im übrigen die Verhandlung
mit Geist und Witz würzte, so schön saerte
„dünn, sehr dünn“ waren.
Von den an den Haaren herbeigezo-
genen Beschuldigungen konnte die Be-
klagte keine einzige beweisen. Dem Klä-
ger ist es vielmehr gelungen, sie nicht
nur zu entkräftigen, sondern auch zu
widerlegen.
Das Urteil des Gerichts lautete daher
der Klage entsprechend, daß das Dienst-
verhältnis weiteT besteht und die Bezüge
zu zahlen sind.
Den Zuhörern wurde im Verlauf dar
beiden Verhandlungien klar, daß die Be-
klagte alles daran setzte, zwei qualifi-
zierte Kräfte gegen ihr Recht aus dem
Arbeitsprozeß auszuschcüteh. Es wurde
darüber hinaus erkannt, daß dem Ge-
schäftsführer jedes Mittel dazu recht war.
Der bedauernswerte Bevollmächtigte des
Herrn Bur mußte sich u. a. sagen lassen*
daß seine Auftraggeber sich unterfangen,
einen von der gesamten Gefolgschaft und
Aufsichtsbehörde anerkannten tüchtigen
und sauberen Fachmann mit fadenschei-
nigen Argumenten zu belasten, während
wegen ihnen selbst ein Untersuchungs-
verf ahren von deT Staatsanwaltschaft ein-
geleitet werden mußte. Es ist schon so;
Wer im Glashaus sitzt, tut gut daran,
nicht mit Steinen zu werfen!
Wir hoffen und erwarten, daß die maß-
geblichen Stellen der MBE nun endlich
erkennen werden, worum es geht und daß
nicht sie richten, sondern die Gerichte
Recht zu sprechen haben. -WB-
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Seite 6
Juli 1950
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wer ernten will, muß säen!
Kreissparkasse
Saarbrücken
39 Zweigstellen
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Erledigung alter
I bankmäßigen Geschäfte \
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um dm kleinen Veeis
Das Rennen beginnt Montag früh 8 Uhr
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Frottierhandtücher ICC
Reiz. R
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ApV....~r-zi
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ORCRH DER EINHEITSGEltlERHStHflfTEH DER ARBEITER, RNGESTELLTEN UND RERIRTEN
5, fahrgang
Saarbrücken, 10, August 1950
Nr. 15
Kampf um den Mindestlohn
Die Arbeiten der fianz. Kollektiv Vertragskommission — Gewerkschaftsvertreter
einigten sich auf 17 500.- Frs. — Vor weiteren Auseinandersetzungen
Zu den Verhandlungen der Obersten Kol-
lektivvertragskomimssion in Paris, die für
Lohnverhandlungen an der Saar von Be-
deutung sind, nachstehend ein sehr auf-
schlußreicher Korrespondenzbericht,
Die aus Vertretern der Unternehmer,
Handwerker, Angestellten und Arbeiter
bestehende „Oberste Kollektivvertrags-
Xommission“ ist es trotz drei Mo-
tmate dauernder Verhandlungen nicht
gedungen, sich auf einen Vor-
schlag zu einigen, dem alle interes-
sierten Kreise ihre Zustimmung hätten ge-
ben können. Die Hauptschuld am Mißlin-
gen der Ve handlungea trifft die Unterneh-
mer. Welche Direktiven sie ihren Vertre-
tern gegeben hatten und von welchem
Geist sie beseelt sind, das ließ sich aus
den Erklärungen des Präsidenten eines
Unternehmerverbandes erkennen, der die-
ser Tage ohne mit den Wimpern zu zucken
die Meinung vertrat, ein Arbeiter brauche
sich nur alle fünf Jahre einen neuen An-
zug anzuschaffen, da er ja mit getragenen
Kleidern in die Fabrik gehen könne und
seine ganze Lebensweise zwinge ihn
nicht, „unerfüllbare“ Ansprüche zu erhe-
ben. In Gewerksschaftskreisen gab mau
dem Mann zu verstehen, daß seine Worte
eine Beleidigung der Arbeiterschaft dar-
«tellen. Nebenher bemerki fuhr er, nach-
dem er vor Vertretern der Presse sein©
Weisheit zum besetn gegeben hatte, in
einem funkelnagelneuen Wagen davon.
Die französischen Unternehmer haben
yorgeschlagen, den garantierten Mindest-
lohn für emen ungelernten Arbeiter mit
12 200 Franken festzusetzen. Die Gewerk-
schaftsorganisationen hatten Summen zwi-
schen 17 000 und 21000 Franken vorge-
schlagen und die Vertreter der Handwer-
ker 14 000 Franken. Guy Moliet hatte vor
seiner Ernennung zum Minister für euro-
päische Angelegenheiten während seiner
Bemühungen um die Regierungsbildung
davon gesprochen, daß man das Mindest-
einkommen auf 16 000 Franken festsetzen
müsse. In den letzten Tagen haben sich
nun die Vertreter der Arbeiterschaft auf
einen Betrag von 17 500 Franken geeinigt.
Darunter wollten sie auf keinen Fall mehr
gehen.
In. der letzten Sitzung der Kommission
kam es nochmals zu heftigen Auseinan-
dersetzungen, Die Unternehmer gaben
nicht nach. Da die Unternehmerverbände
mit den Handwerkern in der Komnussio.1
das Uebergewicht haben, wurde der Vor-
schlag der Gewerkschaftsvertreter abge-
lehnt. Die Regierung, die nun die Entschei-
dung treffen muß, hätte gewünscht, daß
es zu einer Einigung gekommen wäre, ins-
besondere deshalb, weil sie jetzt von sich
aus nochmal die ganzen Berechnungen
anstel'Ien muß, wobei sie nicht ganz ob-
jektiv bleiben kann, da sie ja selbst in
gewissem Sinne — soweit es die natio-
nalisierten und staatlichen Betriebe an-
geht — „Unternehmer“ ist.
Ob sich nach diesem Scheitern der Ver-
handlungen die Lohnkämpfe wieder neu
entwickeln und neue Streiks entfacht wer-
den, läßt sich nicht vorausseheix Von Er--
folg können Streiks — darüber sind sich
alle Gewerkschaftsvertreter einig — nur
dann sein, wenn man sie gemeinsam
durchiührt. Im Augenblick ist aber mit
solchen Aktionen noch nicht zu rechnen.
IV. Dffentl. Betriebe zu wichtigen Tagesfragen
Auf einer Versammlung der „Fach-
gruppe Arbeiter“ im öffentlichen Dienst
innerhalb der Einheitsgewerkschaft, Orts-
gruppe Saarbrücken, die am 24. Juli im
„Keglerheim“ stattfand, kam es zur Klä-
rung verschiedener wichtiger Fragen, ln
(der nachstehenden einstimmig angenom-
menen Resolution sind die wesentli-
chen Punkte kurz zusammengefaßt.
„Die am 24. Juli 1950 im .Keglerheim“
Saarbrücken versammelten Arbeiter der
Stadr Saarbrücken sind zutiefst entrüstet
Tmd erbittert, daß die vor 10 Tagen den
Gewerkschaften zugesagte Lohnerhöhung
bisher nicht in die Tat- umgesetzt worden
ist. Sie vermissen ferner eine angemes-
sene Angleichung des Urlaubs an denje-
nigen der übrigen Bediensteten des Staa-
tes und der Gemeinden und die Sicherung
des Lebensabends der im öffentlichen
Dienst beschäftigten Arbeitnehmer. Sie
fordern von der Verbandsleitung, sofort
die notwendigen Maßnahmen zu ergrei-
fen, um
( 1. die Auszahlung der 20prozentigen
Lohnerhöhung zu sichern,
2, die Gleichstellung im Urlaub mit den
Beamten und Angestellten zu verwirk-
lichen und
3. als Altersversorgung eine Regelung
zu fordern, die jedem Bedien steten dis
Möglichkeit bietet, auch im Alter an-
ständig zu leben. Hierbei ist vor al-
len Dmgen der Unterschied in der Be-
handlung der Hinterbliebenen der In-
vaiidenversicherungs- und AngesteU-
lenversicherungspflichtigen zu besei-
tigen.
Darüber hinaus fordern sie, daß die Re-
gierung wirksame Maßnahmen ergreift,
tum die Preissteigerungen, die jeder Lohn-
erhöhung sowohl im Zeitpunkt wie in der
Höhe vorausgehen, zu verhindern, damit
»licht jede Erhöhung der Bezüge im voraus
StTusonsch gemacht und als Verhöhnung
des arbeitenden Menschen angesehen
werden kann.“
Der Fachgruppenvorsitzende Koll. Sä«
mann verlangte, daß die in Verhandlun-
gen der Gewerkschaften mit Regierungs-
Vertretern zugesagte Lohnerhöhung
von 20 Prozent ab 1. Juli bei der kommen-
den Lohnauszahlung auch ausgezahlt
werde Weiter forderte der Verband grund-
eätzlfch die Einführung einer gleitend'e/ii
Lohnskala, um Preiserhöhungen sofort be-
gegnen zu können. Für die Arbeitnehmer-
iSchaft der G smeindein müßte ebenfalls wiei
iür die anderen Arbeitnehmer ein Ee-
triebsrätegesetz mit Mitbestimmung und
ein. Tarifvertragsgesetz in Betracht kom-
men, damit auch sie mit Lust und Liebe
ihre Arbeit ira Interesse der Allgemein-
heit verrichten könnten.
In der Urlaubsfrage wurde eine
Angleichung zwischen den Arbeitern, An-
gestellten und Beamten gefordert
Sehr dringlich sei eine ne^e Regelung
der Rentenansprüche. Die Pensio-
nen seien durchweg zu gering. Es gäbe
zwar, z. B. m Saarbrücken, Rsnteüzusätze«
aber ohne Rechtsgrundlage. Eine einheit-
liche Zusatzversorgung bezw. Altersver-
sorgung für alle Gemeindearbeiber im
Saarland müsse eingeführt werden. Die
Regierung müsse dafür ausreichende Mit-
tel zur Verfügung stellen. Die so oft be-
tonte Einheit zwischen Arbeitern, Ange-
stellten und Beamten werden dann Tat-
sache werden, wenn die berechtigten For-
derungen erfüllt sind.
Die Diskussion zu dem Thema stand
gleichsam unter dem Motto: „Arbeiterin
Not!“ Die vielfachen Preiserhöhungen der
letzten Jahre wirkten sich dahin aus, daß
(Fortsetzung Seite 2)
...........................................
Aus dem J-nhah:
Leon Jouhaux zum „Appell von
Stockholm“
Soziale Betreuung im Saarland
tohnvereinbarung im Transportgewerbe
Gesetz über Tarifverträge und
Schlichtungswesen
Kamerad schaftshilfe
Der junge Gewerkschaftler
Volksfürsorge und Gewerkschaft
Eiichergilde Gutenberg
Theafergemeinde teilt mit
I.T.F.-Kongreß in Stuttgart
Teilnahmeder Delegation des I.V. Eisenbahn- Fassung wichtiger Beschlüsse
1 Unter dem Zeichen des Kampfes für Frei-
heit und Menschenwürde tagte in der Zeit
vom 21. bis 29.7.1950 in Stuttgart der 21.
Kongreß der internationalen Transportar-
beiterfederation. Zum ersten Male seitdem
Jahre 1924, als die Delegierten der 1TF in
Hamburg zusammenkamen, fand der Kon-
greß wieder auf deutschem Boden statt.
Selten wurde einem Gewerkschaftskon-
greß solche Bedeutung beigemesssn wie
diesem in Stuttgart. Nicht nur die Trans-
portarbeitergewerkschaften der Welt wa-
ren vertreten, sondern auch die verschie-
densten Regierungen, Militärbeauftragte
und Behörden hatten ihre Vertreter als Be-
obachter entsandt.
Neun Tage war Stuttgart die Stätte, in
der die Völker aller Nationen w gemein-
samer kameradschaftlicher Arbeit die
Menschheit interessierenden Probleme be-
handelte. Stuttgart, eine Stadt, die eben-
falls durch den u nglückseeiigen Krieg
schwer gelitten hat, hat den ausländi-
schen Gäsle.i und Delegierten «inen wahr-
haft brüderlichen Empfang gegeben. Wer
Stuttgart im Jahre 1945/47 gesehen hat,
kennt sich heute nicht mehr aus. Die
schwäbischen Arbeiter haben dank ihres
Fleißes eins neue Stadt aufgebaut. Beim
Betreten der Stadt bekommt man den Ein-
druck, daß hier der Krieg ohne Zerstö-
rung vorbeigezogen sei. Dem war nicht
so. Stuttgart war in Asche gelegt wie alte
übrigen Städte Deutschlands, doch der
Fleiß der Stuttgarter Arbeiter hat die
Trümmer beseitigt und der Stadt ein neues
Kleid angelegt. Die Stadt, die in einer Tal-
mulde liegt, kann mit Recht mit seinen
vielen Grünanlagen und den umwaldeten
Höhen die grüne Stadt Deutschlands ge-
nannt werden. Hotte dieser wunderbar
schöne Anblick der Stadt die Delegier-
ten. der Welt bereits überrascht, so hatte
der Empfang nicht nur durch die Behörde
und die Stadt, sondern auch die Anteil-
nahme der Stuttgarter Bevölkerung durch
Ihr freundliches und entgegenkommen-
des Wesen die Delegierten m Erstaunen
versetzt. Die Delegierten aller Nationen
fühlten sich sofort zuhause. Vergessen
war der einst von Kriegstreibern geschür-
te Haß unter den Völkern. Altes ging in
einer gemeinsamen Familie auf. Diese enge'
Verbundenheit der Völker untereinander
kam auch in der späteren Diskussion auf
dem Kongreß zum Ausdruck. Es gab kei-
nen Delegierten, der nicht in der Diskus-
sion seine Bewunderung über den Fleiß
der deutschen Arbeiter und den freundli-
chen Empfang zum Ausdruck brachte.
Ganz besonders dankten sie dem deut-
schen Eisenbahner- und Transportarbei-
terverband, der nichts versäumt hatte, den
Delegierten bei ihrer harten Arbeit den
Fünfzig Millionen protestieren gegen Korea
Das Mitteilungsblatt des Internationalen
Bundes Freier Gewerkschaften schreibt
über den Ueberfail auf Südkorea:
Der Internationale Bund Freier Gewerk-
schaften hat im Namen von 50 Millionen
demokratischer Gewerkschaftler der gan-
zen Weit aufs heftigste gegen den flagran-
ten und rechtswidrigen Angriff auf Süd-
korea protestiert.
Zur gleichen Zeit begrüßt der IBFG diel
Maßnahmen des Sicherheitsrates der Ver-
einten. Nat o ei c«;ei eieren bewaffn e e l
Angriff und für die Wiederherstellung des
Friedenszustandes in Korea. Wir sind
überzeugt, daß diese Maßnahmen der Ver-
einten Nationen die aufrichtig© Unterstüt-
zung aller freien demokratischen Gewerk-
schaften finden werden, die zweifellos
auch jetzt, wie schon in früheren Fällen,
Kundgebungen sogenannter Friedensorga-
nisationen abtehnen werden, welche kein
anderes Ziel haben, als di© berechtigten
VerteidigungsmaßRahrnen demokratischer
Völker zu sabotieren. Die überwiegende
Mehrzahl der Arbeiter, insbesondere der
Transportarbeiter, cm die solche Aufrufe
gerichtet sein werden, hat bereits erkannt,
daß dadurch nur ein kaum zu verhehlen-
der Versuch gemacht werden soll, die Auf-
stellung einer fünften Kolnne für totalitäre1
Angriffszwecke zu mobilisieren.
Damit wird der neueste Schritt eines
vorher festgeiegten Plans klar, den totali-
tären Einflußbereich mit militärischen Mit-
teln auszudehnen. Was immer die Gründe
für einen Streit zwischen Nord- und Süd-
korea sein mögen, glauben wir, daß dte
Organisation der Vereinten Nationen für
die Wahrung des Friedens und eine fried-
liche Lösung der Streitigkeiten zweckent-
sprechend gehandelt hat und daß sie sich
des Vertrauens aller friedliebenden Men-
schen der Welt erfreut.
In der festen Ueberzeugung, das die
Schritte, die von den USA, England und
anderen Mitgliedstaaten der Vereinten.
Nationen unternommen wurden, geeignet
sind, den Frieden in Korea wisderherzu-
stellen sowie Würde und Ansehen der
Vereinten Nationen zu heben, fordern wir
die Gewerkschaften alliier Länder auf, die-
se Maßnahmen uneingeschränkt zu un-
terstützen.
Aufenthalt so angenehm wie möglich zu
gestalten.
Die ganze Stadt hatte Festschmuck an-
gelegt. Zum ersten Male seit Bestehen
unseres kleinen Saarlandes wehte auch
die Saarflagge friedlich unter den Fahnen
der übrigen Nationen auf deutschem Bo-
den. Die Saar hat ihre Anerkennung ge-
funden. Das bewies auch, daß bei der
Wahl des Generalrates der Kollege Weiter
als Leiter der Saardelegation auf Vor-
schlag des stellvertretenden Generalse-
kretärs der ITF, Kollege Tofahm, ein-
stimmig in den Generalrat gewählt wurde.
Bei drückender Hitze bis zu 30 und mehr
Grad, saßen die Delegierten von morgens
9 bis abends spät im Kongreßsaal, der in.
Cannstatt lag, und diskutierten über Pro-
bleme, die für alle Transportarbeiter der
Weit von entscheidender Bedeutung sind,
Auf Einladung der Gewerkschaft der
Eisenbahner Deutschlands und der Trans-
portarbeiterorganisation wurde der Kon-
greß am Donnerstag, dem 27. 7. 1950 unter-
brochen und den Delegierten die Möglich-
keit gegeben, in einem Sonderzug durch
das schöne Neckartal zum Bodensee za
fahren.
Die übrigen Tage waren angefüllt mit
Arbeiten, in denen 8 verschiedene Tages-
ordnungspunkte behandelt wurden. Die
wichtigsten davon, neben der Hilfsaktion
für Südkorea und Maßnahmen gegen den
Aggresseur friedliebenden Völkern gegen-
über waren die Einführung der 40-Stun-
denwoche, Beseitigung der Dienstdauer-
vorschriften, strenge Ueberwachung des
Transportwesens, die Schaffung eines
europäischen Verkehrsamtes und zuletzt
die Schaffung von Gebietsorganisaticnen,
Der IV. Eisenbahn hatte den Kolllegeti
WELTER bereits in seiner Sitzung am 19.
7. 1950 beauftragt, dem Kongreß den Vor-
schlag zu unterbreiten, die gewerkschaft-
lichen Organisationen, ganz besonders
Deutschland, Frankreich, Saarland und
die Beneluxstaaten enger zusammenzufas-
sen. Im Namen der saarländischen Eisen-
bahner verlangt er die Einführung der 40-
Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich
sowie die sofortige Beseitigung der
Dienstdauervorschriften. Einstimmig wur-
den auch dem entsprechende Entschlie-
ßung angenommen und die Leitung der
internationalen Transportarbeiterfedera-
tion beauftragt, sich mit dem internationa-
len Arbeitsamt in Verbindung zu setzen,
um die notwendigen Schritte in den ein-
zelnen Ländern zu unternehmen. Auch
zur Schaffung eines europäischen Ver-
kehrsamtes sowie zur Bildung von Ge-
bietsorganisationen, gaben die Delegier-
ten in einer Entschließung Ihre Zustim-
mung. Die Zustimmung zur Schaffung von
Gebietsorganisationen hat dem Wunsch
der Einheitsgewerkschaft Saar Rechnung
getragen. Es ist ein weiterer Schritt zur
engeren Zusammenarbeit der europäi-
schen Gewerkschaften, die eines Tages
in einer einheitlichen europäischen Ge-
werkschaft aufgehen, wird. Es wird aus-
serdem ein weiterer Schritt sein zur
Schaffung dar vereinigten Staaten von
Europa, das der Menschheit den Frieden
und die Freiheit sichert und die Voraus-
setzung gibt, den Wohlstand zu schaffen.
Der neugewählte Exakutivausschuß, za
dem der Kollege Brachi (Schweiz) als 1.
Vorsitzender und der Kollege Becu (Eng-
land) als Generalsekretär und der Kol-
lege Tofahm (Belgien) als sein Stellver-
treter einstimmig gewählt wurden, ergibt
die Garantie, daß die gefaßten Beschlüsse;
in die Tat umgesetzt werden. Auch der
Kollege Jahn, der Vorsitzende der deut-
schen Eisenbahnergewerkschaft, wurde in
den Exekutivausschuß gewählt.
Die 63 vertretenen Organisationen, die
über 3 300 000 Mitglieder von 5 300 000 der
ITF angeschlossen, wählten sich einen
Generatrat aus 34 Kollegen.
Der Kongreß, der Samstag, den 29 7.
1950 seinen Abschluß hatte, ist ein weite-
rer Markstein in der Geschichte der Ar-
beiterbewegung und wird mit die Voraus-
setzungen schaffen, in einem verenden
Europa, dein Frieden der Welt zu sichern,
V
Seite 2
„pik ARBirr«
August 1950
|.V. öffentlich« Betriebe
zu Tagesfragen
(Fortsetzung von Seite 1)
der Wunsch nach einer fühlbaren Preis-
senkung lauter wurde, als der nach mehr
oder weniger illusorischen Lohnerhöhun-
gen „Ich möchte heute keine Hausfrau
fein“, betonte ein Sprecher, indem er recht
drastisch die Lage einer Hausfrau in ei-
nem Arbeiterhaushalt schilderte.
Sehr eifrig diskutierte man das Problem
der gleitenden Lohnskala. Es
zeigte sich, daß der schaffende Mensch
recht praktisch, aufgeschlossen und damit
realistisch zu diesem Thema eingestellt
ist. Man will erst einmmal ein bestimmte«
Lohnniveau erreicht sehen, von wo aus
das Gleiten dann beginnen kann, und man
weiß auch, daß die Errechnung eines
Teuerun.gsin.dex’ einer besondere Methode
und Prüfung bedarf, um in etwa mit der
Wirklichkeit und der Gesamtheit des Kom-
plexes über^inzusinnmen. Man weiß auch,
daß bei Preissteigerungen die Qualität zu
beachten ist und vor allem auch der Um-
stand, ob und in welchem Umfang dann
die Waren überhaupt angelieflert und aus-
geliefert werden.
Die Verzögerung der Auszahlung der
vereinbarten 20prozentigen Lohn-
erhöhung führte zur scharfen Kritik
an Regierung und Landtag, die sich dahin
auswirkte, daß man sich für die Bildung
eines Arbeitgeberverbandes der öffentli-
chen Betriebe und Verwaltungen aus-
sprach, um ohne gesetzgebende Körper-
schaften gleichberechtigt zu freien Lohn-
und Taniabschlüssen zu kommen,
Der Versammlungsleiter Sch aa 1 be-
faßte sich mit dem letzten Verbandstag
des I. V. öffentliche Betriebe und Verwal-
tungen am 17, und 18. 6.1950 in St. Ingbert,
Er kritisierte die Burgfriedenspolitik, be-
tonte die Notwendigkeit der unbedingten
parteipolitischen und religiösen Neutrali-
tät, forderte Aufklärung über Ausweisun-
gen und unterstrich den unbedingten Ein-
satz für den Frieden.
Kollege Sämann setzte sich ebenfalls
mit Eifer für Maßnahmen zur Wahrung
des Friedens ein und betonte in diesem
Zusammenhang die Notwendigkeit einer
starken gewerkschaftlichen Organisation
und den Einsatz entschlossener Gewerk-
schaftler, Er bemängelte ferner die Hal-
tung der Unorganisierten.
Ein Diskussionsredner kam auf den Mi-
nisterialbeschluß zu sprechen, wonach,
wie er sagte, kommunistische Funktionäre
aus dem öffentlichen Dienst entlassen
werden sollen.
Dej: Verbandsvorsitzende Kollege Josef
D e 1 h «l d ergriff darauf das Wort. Er gab
zunächst seiner Freude über jede positive
Kritik Ausdruck, die allerdings von Kolle-
gen kommen müsse, die auch praktisch
mitarbeiten, denn es sei sehr bequem, in
Versammlungen dutzende Forderungen zu
stellen und dann selbstgefällig nach Hau-
se zu geben. Es sei erfreulich, daß der
letzte Verbandstag in St. Ingbert heute
noch seine Wellen schlage. Man müsse
zugestehec, es sei eine Niederlage, daß
die öffentlichen Betriebe nicht in das Ta-
rifvertrags gesetz einbezogen wurden. Das
dafür versprochene Sonderstatut Werde
der Verband prüfen, allerdings sei schon
jetzt festzusteüen, daß dann der Staat auf
der einen Seite Partei und auf der ande-
ren Seite selbst Richter ist. Man müsse
sich wirklich fragen, ob es nicht besser
sei — und er selbst sei sehr dafür — mit
einem Arbeitgeberverband der Gemein-
den zu tun zu haben, um so bei Lohnbe-
wegungen von politischen Tagesströmun-
gen unabhängig zu werden.
Was die Verfügung der Regierung be-
züglich der Kommunisten anbetrifft, so sei
hierzu folgendes festzusteiten:
„Der Vorstand des I. V. Oeffentliche
Betrieb« und Verwaltungen hat sich mit
der Angelegenheit befaßt. Ueber diese
Verfügung werden wir zu Verhandlungen
kommen.
1, weil iah mir nicht vor steile n kann, daß
die Regierung selber die Verfassung
nicht anerkennen will,
1. kann ich mir nicht vors teilen, daß die
Regierung selber die beamtennechfli-
ehen Bestimmungen nicht anerkennen
wiü,
B. kann ich mir nicht vorstellen, daß di?
Regierung sich über all« arbeite»cht-
lioiien. Bestimmungen hir.wegsatzen
kann ich mir nicht vorstellen, daß di«
Regierung sich über alte Bestimmun-
SÜS wT™ Kn89sopl6r hin-
I. kann ich mir nicht vorstallen, daß di«
Regierung einfach die besonderen Be-
stimmungen für di« Opfer der VVN
nicht achten wifl.
Man wird hierbei den gesamten
sonenkrejs zu beachten haben, dei
die Verfassung vereidigt ist und
nichts illegales nachgewiesen we
kann.
Ich glaube, daß in einer Aussor
mit der Regierung die Frage m irgend
Form bereinigt werden wird’“
Dar Redner appellierte zum Schlu
d«i Gewerkschaftler, gewillt zu sein,
mehrund mehr einzusetzen. Viele Ai
ben lägen noch vor uns. Wir müßten
susanamenstehen, um aus dem Diie
herauszukommen. In Eintracht w
aag sei «ine fed senfe st« Uefoe;
jung zu weiteren Erfolgen kommen,
A^SÜ5l!4ngSn de® **&****«, dam die
iammfung mit großer Aufmerksamkei
*oigt war, fanden lebhaften Beifall,
Soziale Betreuung im Saarland
Der Standpunkt der Vereinigung der Körperbehinderten
Von Heinrich Zimmer
Die Vereinigung der Körperbehinderten,
Unfallbeschädigten und Rentner hat in ei-
ner Großkundgebung am 21. Mai 1950 ein
14-Punkte-Forderungsprogramm auige-
stellt. Bei Betrachtung der einzelnen Pro-
grammpunkte ist festzustellen, daß sie
erst nach Erledigung schwierigster Vorar-
beiten zum direkten Verhandlungsgegen-
stand werden können. Es soll zuvor ein-
mal klar zum Ausdruck kommen, daß
diese Programmpunkte nicht nur der For-
derungsgegenstand der in dieser Einheits-
Organisation erfaßten Berufsunrallbeschä-
digten, Körperbehinderten und der durch
frühzeitigen Kräfteverfall zum Rentner ge-
wordenen Personengruppen sind, sondern
im Rahmen der sozialen Betreuung auch
all denen zugute kommen müssen, die
noch nicht die Notwendigkeit der organi-
satorischen Erfassung erkannt haben. Er-
faßt unsere Organisation einmal alle Per-
sonengruppen, die man als Körperbeschä-
digte an sprechen kann, so sei an dieser
Stelle auch erwähnt, daß man von anderer
Seite auch sich bemüht, eine Spezialorga-
nisation für Betriebsunfallbeschädigte zu
fördern,
Welches sind eigentlich die Beweg-
gründe, die zu dieser Einstellung verbie-
gen? Es erhebt sich zugleich die Frage:
warum es in dem kleinen Bereich des
Saarlandes geduldet wird, daß mit der
gleichen Grundlage aus gerichtet, Paral-
lelverbände genehmigt werden. Ich ver-
stehe einerseits, daß man der alten Tradi-
tion gehorchend, früher bestandene Ver-
bände ernennt gründet, ich verstehe ande-
dererseits aber nicht, daß man in diesen
Verbänden nur einer Berufssparta Unter-
stützung zusagt, um sogleich zu beweisen,
daß man kein« soziale Grundlage hat.
Dies ergibt sich aus der offenen Ableh-
nung der Betreuung von Zivilunfallbeschä-
digten und Körperbeschädigten infolge
anderer Einwirkungen. Unsere Vereini-
gung vertritt den Standpunkt, und es dürf-
te dtes auch der Standpunkt fast aller
Mitglieder des Spezial- Unfallbeschädig-
ten-Verbändes sein, daß bei Angleichung
der Meinungen ein Gesamtverband Kör-
perbeschädigter des Saarlandes nützlich
ist. Wir werden durch unseren Einsatz,
den wir verstärkt zu führen gedenken, den
Versuch unternehmen, von den etwa 10 000
Unfallbeschädxgten die Mehrzahl unserer
Vereinigung zuzuführen. Es ist Angele-
genheit der öffentlichen Meinung, sich mit
der Grundlage vertraut zu machen, und
man soll aus unserem Wollem erkennen,
daß wir verständnisvoll alle an uns heran-
getragenen Fragen, Beschwerden und
Wünsche behandeln. So schwer es uns
zur Zeit erscheint, den gesamten Arbeits-
anfall der Vereinigung reibungslos abzu-
wickeim, so sehr sind wir darauf bedacht,
die finanziellen Mitteln durch besondere
Aktionen zu erhalten.
Einheitlicher Schwerbeschädigtenausweis
Das Forderungsprogramm im einzelnen
sieht vor, daß für alie Kriegs-, Geburts-,
Zivil- und Unfallbeschädigten ein einhai-t
Höher Schwerbeschädigtenausweis einge-
führt wird, in dem alle Vergünstigungen,
die man zu gewähren bebsichtigt, einge-
tragen werden sollen. Es müssen ersicht-
Ucht sein, die bevorzugte Abfertigung Wen
allen Dienststellen, Behörden und sonst-
wie im privaten und öffentlichen Leben,
desgleichen Ausschaltung der Doppelaus-
weise, die F-ahrpreisermäßigungen beider
Eisen- und Straßenbahn. Ueber die Wie-
dergewährung der Vergünstigungen beim
Besuch von kulturellen Veranstaltungen u.
Lichtspieltheatern soll gleichfalls entschie-
den werden. Dies bedeutet im Falle der
Genehmigung lediglich eine Angleichung
an Errungenschaften anderer Länder.
Der Anspiuchsunterschied auf der Dis-
kussionsgrundlage über den Vorrang der
Schadensursache ist zu beseitigen, Kriegs-
beschädigte, Unfalilbeschädigte, sowie Zi-
vilbeschädigte bedürfen der gleichen Be-
urteilung. Es steht aller Körperbeschä-
digten das gleiche Recht zu, und es wurde
an niemanden die Frage gerichtet, ob es
der Wunsch ist, im Berufsleben, im
Kriegsdienst oder im Straßenverkehr be-
schädigt zu werden. Auf der Grundlage
der sozialen Ordnungsmacht des Staates
basierend, bedarf es einmal des Ausspru-
ches, daß allen das Recht des Lebens
ohne Vorurteil zu gewähren ist.
Das alte deutsche Schwerbeschädigten-
gesetz müssen wir als nichi den Bedürf-
nissen entsprechend in seiner heutigen
Fassung ablehnen. Es bedarf einer plan-
vollen Erwägung, um den Anforderungen
unseres eigenen Landes Rechnung zu tra-
gen. Der Persoriienkreis dar Schwer- und
Minderbeschädigten' muß klar definiert
werden, wobei zu beachten ist, daß de®
§ 1 m der Neufassung bereits den Rechts-
anspruch für alie Beschädigten, gleich
welcher Schadensursache, zum Ausdruck
bringt. Wenn heute der Schwerbeschä-
digte im Rahmen des Gesetzes dennoch
erhebliche Vergünstigungen beanspru-
chen kann, so ist aber zu beachten, daß
nicht in alten Fällen dieser Schutz auto-
matisch besteht, sondern zumeist auf An-
trag, weicher über die Organisation ein-
gereicht werden kann, widerruflich aner-
kannt wird. So sehr wir die Beschädigung
ab 50 Prozent Erwerbsminderung auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt für nchtig fin-
den, so muß in der Neufassung besonders
Rücksicht darauf genommen werden, daß
bei Arm- oder Beinbehindärung bzw. Am-
putation eine 40prozentige Erwerbsminde-
rung zut Gleichstellung bzw. Anerken-
nung als Schwerbeschädigter ausreichen
muß.
Einführung des Zusatzurlaubes
Unseren Forderungspunkt über die ein-
heitliche Einführung des Zusatzurlaubes
für Schwer- und Mmderbeschädigte in al-
len Betrieben finden wir bereits erfüllt.
Durch Gesetz hat der saarländische Land-
tag beschlossen, daß im Staffelungsver-
hältnis der Beschädigung drei, vier bezw.
sechs Tage Zusatzurlaub gewährt werden.
Es machen sich Bestrebungen bemerkbar,
diesen Zusatzurlaub zu be-seränken, und
im Falle der saarländischen Eisenbahnen
wird uns unterbreitet, daß man dort den
gesetzlichen Rechtsanspruch nicht aner-
kennt. Ohne die Sachlage überprüft zu
haben, wollen wir hier nicht urteilen, aber
es dürfte sich lediglich um die Beseiti-
gung von Mißverständnissen handein. Be-
sonders die Frage der Gleichstellung wird
auch in diesem Zusammenhang wiedeir in
Erscheinung treten, und es ist allen Kör-
perbeschädigten anzuempfehlen, bei den
staatlichen Gesundheitsämtern bzw. den
vertrauensärztlichen Dienststellen eine Be-
scheinigung über den Grad ihrer Erwerbs-
minderung einzuholen, denn diese ist die
Grundlage der Nachweisung im Betrieb
bezw. Antragsunterlage für die Durchfüh-
rung der Gleichstellung. Es wird Fälle ge-
ben, in denen der Zusatzurlaub durch so-
zial eingestellte Arbeitgeber noch erwei-
tert werden kann, es w-ardan aber auch
Fälle auftreten, bei denen ein« finanzielle
Belastung der Betriebsinhaber nachgswie-
sen wird, wenn sie das Soll der zu be-
schäftigenden Schwerbeschädigten über-
schritten haben. Besonders ist aber bei
dieser Sollziffer — sie besagt, daß auf 10
Arbeitnehmer ein anerkannter Schwerbe-
schädigter zu beschäftigen ist — zu be-
rücksichtigen, daß sie in absehbarerZe.it
auf sieben festgeset wird.
Wenn wir die Einrichtung einer staatlich
gelenkten Orthopc d e - Versorgungssfetie
fordern, so ist die Begründung darin zu
suchen, daß man nur durch Spezialkräfte
die Betreuung durchführen darf und bei
dieser Betreuung die Bedarfsnotwendig-
keit besonderls als behandelnden Gegen-
stand betrachten muß. Eine wesentliche
Belastung ist durch die Versorgungsstelle
nicht zu erwarten, da Kriegs- und Berufs-
unfallbeschädigte dort b ereits betr eut wer-
den Und lediglich Zivil-Unfalibsschädigte
und Behinderte anderer Art zusätzlich zu
erfassen wären. Für die staatlichen Ge-
sundheitsämter und Leiter größerer Kran-
kenanstalten wird es eine Entlastung sein,
Seit
1907
Bes fahrende Fachgeschäft für Herren- und Knabenbekieidtmg
SAARBRÜCKEN G. m. b. H. Rathausstraße 3-5
und es ist nach Lage der Dinge lediglich
die Erfüllung eines Rechtsanspruceh,
wenn man diesem Programmpunkt seinei
Zustimmung nicht versagt.
Die Einführung eines gesetzlichen
Rechtsanspruches bei der Krankenversi-
cherung wird für nicht berufstätige Kör-
perbeschädigte verlangt, und es ist nach-
weisbar, daß das Fehlen geldlicher Mit-
tel Gesundheitsschädigungen in erhebli-
chem Ausmaß verursacht hat. Es ist nicht
Gegenstand der Erwägung, daß es nicht
jedem Körperbeschädigten dieser Katego-
rie gegeben ist, bei den Fürsorgeämtern
derartige Unterstützung zu beantragen. Es
entzieh»- sich meiner Kenntnis, ob auch für
dies« Fälle eine Regreßpflicht besteht,
aber ich betrachte es als eine Notwen-
digkeit, daß eine Gesetzesverordnung
Vollzugskraft erhält, nach welcher von
staatlicher Seite aus ein Beitragssoll an
die Versicherungsanstalten abgeführt
wird, das di« Möglichkeit bietet, ohne
Hemmungen einen Rechtsanspruch auf
ärztliche Betreuung zu haben.
Kostenübemahme tür ortnopädische
Behelfsmittel
Eine unserer bedeutendsten Forderun-
gen ist die Kostenübernahme für alle or-
thopädischen Behelfsmittel durch den Lan-
desfürsorgeverband. Man hat des öfteren
■erklärt, daß sie im Grunde genommen als
Selbstverständlichkeit angesehen werden
müßte, und in Anlehnung an die Versor-
gung der Kriegsopfer nur die Ausschal-
tung eines Härfcezustandes bedeutet hätte.
Wenn wir in diesem Zusammenhang und
auch bei anderen Erfordernissen Kriegs-
versehrte erwähnen, so sollen sie nur als
Beispiel gelten. Wir begrüßen es allge-
mein, daß aus der Schwere ihres 7ustan-
des keine finanzielle Mehrbelastung be-
steht, aber wir bemängeln, daß auch in
diesem Punkt eine einheitliche Regelung
aussteht. Die Kostenübernahme durch
den Landesfürsorgsverband sehen wir als
Reallösung an, und die Abdeckung der
Anteile des Versicherungsträgers wäre
dann ihre eigene Angelegenheit. Diese
Dienststellen liegen beide unter der direk-
ten Beeinflussung eines Ministeriums, und
es könnte aus diesem Grunde eine Ge-
fährdung des Arbeitsganges nicht erwo-
gen werden.
Wir müssen auch bemängeln, daß die
Niederschlagung der Produktionssfeuer
für orthopädiemechanische Betriebe nicht
erwogen wurde. Es ist • anzuregen, daß
eine Regelung gefunden wird, nach wel-
cher für orthopädiemechanische Betrieb®
die Produktionssteuer erlassen werden
kann.
Verbesserung der Familienzulage
Das Ministerium für Arbeit und Wohl-
Leon Jouhaux zum «Appell von Stockholm"
Anläßlich der diesjährigen Jaures-Ge-
denkfeier hielt Leon Jouhaux, der Vor-
sitzende der französischen Gewerk-
schaft so rgarsisation „Force Ouvriere“ eine
Ansprache, ln der er in scharfen Worten
die betrügerischen Machenschaften mit
dem „Appell von Stockholm“ geißelt«.
„Kriege können nicht dadurch verhindert
werden, daß man den Gebrauch einar
bestimmten Kategorie von Waffen verur-
teilt. Das Verbrechen liegt nicht darin, sich
der einen oder dar anderen Waffe zu be:-
dtenen, sondern darin, daß man. den Anp
griffsgeist schürt. Im Dienste des An-
reifers werden tausende von Tanks und
charen von Flugzeugen zu ebenso ge-
fährlichen und verbrecherischen Waffen,,
wie die Atombombe“, rief Jouhaux aus,
und weiter sagte er: „Wir walten alle den
Frieden. Aber wir wollen einen Frieden,
in dem di« Existenz der breiten Massen
gesichert ist,,. Aus diesem Grunde ist
es notwendig, den Lebens Standard der
Arbeiterschaft in adten Ländern zu heben.
Eine gerechte Verteilung des Nationalein-
kommens muß zur Grundlage das Frie-
dens werden. Sozial« Sicherheit und na-
tional« Sicherheit sind eng miteinander
verknüpft. Abschaffung der Ungerechtig-
keit, Beseitigung des Elends, Verhinde-
rung der Arbeitslosigkeit — das sind Be-
dingungen, die wir heute mehr denn je
stellen müssen. Nur wenn wir für die
Besserstellung der arbeitenden Massen
sorgen, können wir ^ Zustand schaf-
fen, in d«m Woh’stand und Fre heit garan-
tiert sind. Wir müssen auch dafür sor-
gen, daß der Zustand der Angst beseitigt
wird, den die Kriegstreiber und Diktatoren
zu ihren Zwecken ausnützen. Wir müssen
den Geist des Angriffs bekämpfen, wenn
wir den arbeitenden Massen wieder das
Vertrauen an ihre eigene Stärke zurück-
geben Und ihren Willen zur Wahrneh-
mung ihrer Rechte stählen wollen. Jeder
Kampf um materiell« und moralische Ge-
rechtigkeit muß zum Mißlingen verurteilt
sein, solang« die Gefahr des Krieges
droht. Aber gerade deshalb ist es not-
wendig, die Kontrolle über di« Herstel-
lung alter Kriegswaffen in allen Ländern
ohne Ausnahme zu fordern.“
fahrt teilt mit:
Mit Zustimmung des Ausschußes für
Sozialpolitik des Landtages hat der Mi-
nister für Arbeit und Wohlfahrt angeord-
net, daß an Stelle des in § 29 Abs. 2 der
Verordnung über Familienzulagen vorge-
sehenen Ausschlußsatzes von 3500.— Fre,
mit Wirkung vom 1. Juli 1950 ein Aus-
schlußsatz von 5000.— Frs. anzuwenden,
d. h. auch für Kinder mit eigenen Ein-
künften von 3501.— Frs. bis 5000.— Frs,
Kindergeld zu zahlen ist. Jedoch wird für
Kinder mit eigenen Einkünften von 4001.—
bis 5000.— Frs., nur die Hälfte des in
Frage kommenden Satzes gewährt. Als
eigene Einkünfte gelten die Bruttobezügs,
Hierzu zählen auch Renten usw., die für
das Kind gezahlt werden,
Di« Regelung bezüglich des Kindergel-
des für Stief-, Enkel- und Pflegekinder so-
wie für Geschwister des Berechtigten wird
von der vorgenannten Anordnung nicht
berührt,
Di« Arbeitgeber sind gehalten, auf An-
trag des Arbeitnehmers festzustellen, füt
welche Kinder ab Juli 1950 Kindergeld
neu zu zahlen ist und die Zahlung m en&
sprechender Höhe vorzunehmen.
August 1950
DIE ARBEIT"
Seite 3
I. V, Verkehr und Transport
Lohnvereinbarung im Transportgewerbe
Der Industneverband Verkehr und Trans-
port kam nach mehreren Verhandlungen
mit dem Arbeitgeberverband des Trans-
portgewerbes am Freitag dem 4. August
zu nachstehender Lohnvereinbarung. Zwi-
schenzeitlich fand auch eine Verhand-
lung beim Arbeitsministerium statt, unter
dem Vorsitz von Herrn Lawall. Wir sind
nun heute in der Lage, die Vereinbarung
unseren Mitgliedern bekannt zu geben
unter dem Hinweis, daß dieselbe in
einem der nächsten Amtsblätter erschei-
nen wird. Wir machen unsere Kollegen
darauf aufmerksam, daß es sich hieT
um eine zwischenzeitliche Regelung han-
delt und zwar so lange, bis zum Ab-
schluß eines Kollektivvertrages. Der In-
dustrieverband wird innerhalb der kom-
menden Wochen Belegschaftsversamm-
lungen durchführen, um mit den Kollegen
diese neue T.^H^-renembarung durchzu-
sprechen
Lohnvereinbarung
Zwischen dem Verband der privaten
Verkehrsbetriebe im Saarland e. V. (Ar-
beitgeberverband) und dem Industriever-
band Verkehr und Transport der Ein-
heitsgewerkschaft sowie den Christlichen
Gewerkschaften wurde heute folgende
Lohnversüibarung abgeschlossen:
§ 1
Die Entlohnung der Arbeiter und Kraft-
fahrer im privaten Transportgewerbe er-
folgt grundsätzlich auf der Basis des
Wochenlohnes.
§ 2
In der Fachgruppe Spedition werden
folgende Wochenlöhne gezahlt:
Fra.
a) Kategorie I
Lagerarbeiter, Wagenwäscher,
Umschlagsarbeiter, Hilfsarbeiter,
voT arbeitsfähig 3 650
/
Fuhrleute mit einem Pferd und
Begieitlsute ohne Führerschein
Fuhrleute mit zwei Pferden er-
halten einen Zuschlag von 10o/o
b) Kategorie II
Lastkraftwagenfahrer im Stadt-
und Regional verkehr einschl. De-
partement Moselle und Bas Rhin
Die im Monat angefallenen Über-
stunden werden am Monatsende
zusammengezogen und ab der
235. Stunde 25o/0 und ab der 260.
Stunde 50o/o Zuschlag gezahlt.
c) Kategorie IU
Möb el wa genfahrer
Dte Stundenverrechnung erfolgt
wie bei Kategorie II.
d) Kategorie IV
Möbelpacker
e) Kategorie V
Möbelträger
f) Kategorie VI
Gelegenheitsarbeiter erhalten ei-
nen Stundenlohn von
§ 3
Spesen werden wie folgt gezahlt:
1. Bei 24stündiger Abwesenheit
2. Im Regional verkehr für ein Mit-
tagessen
3. Die Zahlung von Spesen für ein
Abendessen wird betrieblich
von Fall zu Fall geregelt.
§ 4
Omnibusverkehr
Omnibusfahrer erhalten einheitlich
einen Wochenlohn von
An Spesen bei 24stündiger Abwe-
senheit werden gezahlt
§ 5
Fernfahrer
Die Wochenlöhne für Fernfahrer
3 650
4 500
4 800
4100
3 650
75
750
200
5 000
750
werden wi« folgt gezahlt:
a) Jungfahrer 5 000
b) Fahrer, nach Inkrafttreten des
Tarifes 5 500
c) nach Ablauf emes Jahres, nach
Inkrafttreten des Tarifes 5 700
d) nach Ablauf des zweiten Jahres 5 900
e) darüber hinaus 6 000
Den Fahrern wird pro Woche eine
Ruhezeit von 24 Stunden gewährt.
Bei 24stündiger Abwesenheit wer-
den an Spesen gezahlt 750
§ 6
Nahverkehr
Die Kraftfahrer im Nahverkehr er-
halten
1. bei Lastkraftwagen bis zu 2 t
Nutzlast 4 200
2. bei Lastkraftwagen über 2 t
Nutzlast 4 500
An Spesen werden im Nahverkehr
gezahlt:
1. Für ein Mittagessen 200
2. Die Vergütung von Abendessen
ist von Fall zu Fall betrieblich
zu regeln.
§ 7
Vorstehend aufgeführte Wochenlöhne sind
Mindest-B ru tto-L ö hne.
§ 8
Die im Laufe des Jahres anfallenden Feier-
tage sind in den Wochenlöhnen berück-
sichtigt.
Wenn an Sonn- und Feiertagen gearbeitet
wird, so werden die geleisteten Arbeits-
stunden mii dem gesetzlichen Zuschlag •
von 50 Prozent vergütet.
§ 9
Für im Monatsiohn beschäftigte Angestell-
te werden folgende Mindestgehälter ge-
zahlt :
Frs.
1. Bote: 13 800
(bezw. Differenz zwischen evtl,
Rente und Existenzminimum)
2. Perfekte Stenotypistin 16 000
mit einer Fremdsprache 18 500
3. Hilfskassierer-, -Lageristen,
-Buchhalter u. Expedienten 16 000
4. Lageristen, Expedienten, Buch-
halter, Werks tattmonteure und
Hilfsdeklaranten 20 000
5. 1. Lagerist, 1. Expedient, 1.
Buchhalter (bilanzsicher), Haupt-
kassterer und Zolldeklarant 25 000
6. Aquisiteure 13 800
(zuzüglich Provision nach Ver-
einbarung)
7. Handelsbevollmächtigter oder
Gleichgestellte 30 000
§ 10
Die Angestellten, deren Monatsgehälter
25 000 Frs. nicht übersteigen, erhalten ab
1. Juli 1950 eine Erhöhung von 10 Prozent
Für Angestellte, deren Mindesteinkommen
höher liegt als 25 000 Frs. erhalten eine
lOprozentige Erhöhung auf die ihnen tarif-
lich zustehenden Gehälter. Jedoch blei-
ben Erhöhungen der Gehälter den gegen-
seitigen Vereinbarungen zwischen Arbeit-
geber und Arbeitnehmer überlassen.
§ 11
Vorstehende Lohnvereinbarung tritt mit
Wirkung vom 1. Juli 1950 in Kraft.
Saarbrücken, den 7. August 1950.
Ausschneiden und aufbewahren !
Gesetz über Tarifverträge und Schlichtungswesen
In verschiedenen Stellungnahmen, sowohl
in Gewerkschaftsversammlungen als auch
in Veröffentlichungen, hat sich die Einheits-
gewerkschaft mit dem neuen Tarifvertrags-
gesetz befaßt. Um eine wettere Diskussion
und eine entsprechende Deutung des Ge-
setzes zu ermöglichen, veröffentlichen wir
achstehend den ganzen Wortlaut, Mit der
Veröffentlichung des Gesetzes Ist eine wich-
tige Etappe auf dem Wege der gesetzlichen
Verankerung getan. Nun kommt es auf den
Geist an, in dem die Dutzenden von Para-
graphen ihre Anwendung linden. Hier wird
die Stärke der Gewerkschaft und der In-
dustrieverbände für die Interessen der Ar-
beitnehmer von ausschlaggebender Bedeu-
tung sein.
Das Gesetz vom 22. Juni 1950
In Ausführung des Artikels 47 der Verfassung
des Saarlandes vom 15. Dezember 1947 hat der
Landtag des Saarlandes folgendes Gesetz be-
schlossen, das hiermit verkündet wird.
I. TEIL
Tarifvertragsgesetz
$ 1
Inhalt und Form des Tarifvertrages
(1) Der Tarifvertrag regelt die Recht» und
Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält
Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und
die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie
betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche
Fragen ordnen können.
(2) Tarifverträge können günstigere Bestim-
mungen für die Arbeitnehmer enthalten als die
in Kraft befindlichen gesetzlichen Vorschriften,
Die in Kraft befindlichen gesetzlichen Vorschrif-
ten gelten als Mindestbestimmungen weiter.
(3) Tarifverträge müssen schriftlich abge-
schlagen werden v.
§ 2
Oefientticher Dienst
Für den Bereich des öffentlichen Dienstes er-
geht eine besondere Regelung.
§ 3
Tarifvartragsparteien
(1) Tarifvertragsparteien *ind Gewerkschaf-
ten, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen
von Arbeitgebern,
(2) Spitzenorganisationen der Gewerkschaf-
ten und Arbeitgebervereinigungen (Verbände im
Sinne von § & des Gesetzes über die Berufsor-
ganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer
vom 30. Juni 1949 — ABI. S. 743) können im Na-
men der ihnen angeschlossenen Verbände Tarif-
verträge abschließen, wenn sie eine entspre-
chende Vollmacht haben.
(3) Spitzenorganisationen können selbst Par-
teien eines Tarifvertrages Bein, wenn der Ab-
schluß von Tarifverträaen zu ihren satzungsge-
mäßen Aufgaben gehört.
(4) In Fällen des Absatzes 3 haften sowohl dis
Spitzenorganisationen wie die ihnen angeschlos-
senen Verbände für die Erfüllung der Verpflich-
tungen der Tarifvertragsparteien.
5 4
Tarifgefeunduaheit
(i) Tarifgebunden sind di« Mitglieder der Ta-
rifvertrggspa*.c-^n und derjenige Arbeitgeber,
der selbst Partei des Tarifvertrages ist.
(2) Die Tarifgebundenheit bleibt bis zum Erlö-
schen des Tarifvertrages bestehen.
9 $
Wirkung der Rechtsnormen
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrages, die
den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung
von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittel-
bar und sind zwingend für die beiderseits Ta*
rifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des
Tarifvertrages fallen. Diese Vorschrift gilt ent-
sprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrages
über Betriebs- und betriebsverfassungsrechtliche
Fragen.
(2) Werden Einrichtungen der Tarifvertrags-
parteien, z. B. Lohnausgleichskassen, Urlaubs-
markenregelung usw., Gegenstand des Tarifver-
trages, so gelten die diesbezüglichen Bestimmun-
gen unmittelbar und zwingend auch für die Sat-
zung dieser Einrichtungen und das Verhältnis
der Einrichtungen zu den farifgebundenen Ar-
beitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zu-
lässig, soweit der Tarifvertrag hierzu ermächtigt
oder eine Aenderung zugunsten de» Arbeitneh-
mers erfolgt,
(4) Unwirksam sind insbesondere die während
des bestehenden Ärbeitsverhältnisses erklärten
Verzichte auf noch nicht fällige tarifvertragliche
Ansprüche. Ein Verzicht auf bereits entstandene
tarifliche Rechte ist nur in einer von den Tarif-
vertragsparteien gebilligten Vereinbarung zuläs-
sig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist
ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Gel-
tendmachung tariflicher Rechte können nur im
Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrages gelten
seine Rechtsnormen weiter, bis eie durch einen
anderen Tarifvertrag ersetzt werden,
§ 4
Wirksamwerden des Tarifvertrages
Der Tarifvertrag wird mit dem Zeitpunkt wirk-
sam, der von den Parteien vereinbart wurde.
f 7
Kündigung des Tarifvertrages
Die Kündigung des Tarifvertrages ist dem Mi-
nisterium für Arbeit und Wohlfahrt anzuzeigen,
« K
Bekanntmachung des Tarifvertrages
(1) Der Tarifvertrag ist in den Betrieben, di»
unter seinen Geltungsbereich fallen, durch An-
schlag öffentlich bekanntzumachen.
(2) Das gleiche gilt für die Betriebe, auf die
durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung der
Tarifvertrag ausgedehnt worden ist.
i 9
Tarifrealster
(1) Bei dem Ministerium für Arbeit und Wohl-
fahrt wird ein Tarifregister geführt in das der
Abschluß, die Aenderung und die Aufhebung
der Tarifverträge sowie der Beginn und die Been-
digung der Allgemeinverbindlichkeit eingetragen
werden. Das Tarifregister kann eingesehen
werden.
(2) Die abgeschlossenen Tarifverträge wer-
den beim Ministerium für Arbeit und Wohlfahrt
hinterlegt.
.§ 10
Veröffentlichung der Tarifverträge
Die Tarifverträge sind im Mitteilungsblatt des
Ministeriums für Arbeit und Wohlfahrt zu ver-
öffentlichen.
§ «
Einspruchsrecht des Ministers für Arbeit
und Wohlfahrt
(1) Der Minister für Arbeit und Wohlfahrt muß
gegen lohnregelttde Tarifvertragsbestimmungen
Einspruch einlegen, falls diese gegen Verpflich-
tungen verstoßen, die die Regierung des Saar-
landes mit anderen Staaten singegangen ist.
(3) Der Einspruch des Ministers für Arbeit
und Wohlfahrt hat aufschiebende Wirkung.
(3) Der Einspruch ist zu begründen und den
Tarifvertragsparteien sowie dem staatlichen
Schlichtungs- und Schiedsausschuß, sofern die-
ser beim Abschluß des Tarifvertrages mitgewirkt
hat, binnen acht Tagen zuzustellen.
(4) Die Tcrrifvertragsparteien können den Ein-
spruch des Ministers für Arbeit und Wohlfahrt
mit einer Beschwerde an eine Kommission, be-
stehend aus dem Minister für Wirtschaft, Ver-
kehr, Ernährung und Landwirtschaft und dem Mi-
nister für Arbeit und Wohlfahrt, unter Vorsitz des
Ministerpräsidenten, anfechten, die innerhalb von
weiteren acht Tagen nach Einlegung der Be-
schwerde über diese entscheidet.
$ 12
Allgemeinverbindlichkeitserklärung
(1) Der Minister für Arbeit und Wohlfahrt kann
einen Tarifvertrag nach Anhörung einer Kom-
mission, die sich aus fe zwei Vertretern der Spit-
zenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeit-
nehmer sowie je einem Vertreter der Ministe-
rien für Wirtschaft Verkehr, Ernährung und
Landwfrtechaft und für Finanzen und Forsten zu-
sammen setzt, für die von dem Tarifvertrag be-
troffene Berufsgruppe oder Wirtschaftsgrupp« all-
gemeinverbindlich erklären, wenn
1, die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weni-
niger als 50 vH. der unter den Geltungsbe-
reich des Tarifvertrages fallenden Arbeit-
nehmer beschäftigen und
2. die Allgemeinverbindlichkeit im öffentlichen
Interesse geboten erscheint.
(2) Die Absicht der Allgemeinverbindlichkeits-
«rklärung ist im Amtsblatt des Saarlandes be-
kanntzumachen unter Angabe einer angemesse-
nen Frist innerhalb der Einwendungen erhoben
werden können. Die Tarifvertragsparteien sind
zur Aeußerung aufzufordein. Nach Ablauf der
Frist entscheidet der Minister für Arbeit und
Wohlfahrt endgültig.
(3) Der Tarifvertrag kann auch auf Antrag für
allgemeinverbindlich erklärt werden. Antragsbe-
rechtigt Ist jede Tarifvertragspartet ferner Ar-
beitgeber und Arbeitnehmer derjenigen Betriebe
die durch Erklärung der Aligemeiuverbindlichkeit
betroffen würden. Der Antrag ist ira Amtsblatt
des Saarlandes bekanntzumachen. Dabei Ist eine
angemessenen Frist zu bestimmen, innerhalb der
Einwendungen erhoben werden können.
(4) Die Allgemeinverbindlichkeitaerktärung des
Tarifvertrages erfolgt durch Erlaß, der im Amts-
blatt des Saarlandes unter Angabe des Zeitpunk-
tes, mit welchem die Allgemeirwerbkidltnhkeit
des Tarifvertrages beginnt, zu veröffentlichen ist.
§ 13
Feststellung der Rechtswirksamkeit
Rechtskräftige Entscheidungen der Arbeitge-
richte, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarif-
vertrageparteien (§ 3) aus dem Tarifvertrag oder
über das Beetehen oder Nichtbestehen des Ta-
rifvertrages ergangen sind, sind in Rechisstrei-
tigkeiien zwischen den tarif-gebundenen Parteien
(5 4) sowie zwischen diesen und Dritten für
die Gerichte und Schlichtungsstellen bindend.
Diese Entscheidungen sind im Mitteilungsblatt
des Ministeriums für Arbeit und Wohlfahrt zu
veröffentlichen.
§ 14
Tarifvertrag und Tariferdn.ngan
Mit dem Inkrafttreten eines Tarifvertrages tre-
ten Tarifordnungen und Anordnungen auf Grund
der Verordnung über die Lohngestaltung vom 25,
Juni 1938 (RGBl. I S. 222), die für den Geltungs-
bereich des Tarifvertrages oder Teile dessel-
ben erlassen worden sind, außer Kraft,
§ 15
Kontrollen
(1) In Ergänzung der Verordnung über die Tä-
tigkeit der Arbeitsämter in Arbei's- und Lohn-
. fragen vom 1. Juni 1946 (ABI. S. 111) und der
dazu ergangenen Durchführungsverordnung vom
10. September 1946 (ABI. S. 216) überwachen die
Arbeitsämter die Einhaltung der Tarifverträge
durch die Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
(2) Hiervon wird die überwachende Tätigkeit
der Gewerbeaufsichtsämter nicht berührt.
§ 16
Strafbestimmungen
(1) Der Minister für Arbeit und Wohlfahrt kann
bei Verstößen gegen die Bestimmungen der Ta-
rifverträge Ordnungsstrafen in Höhe von 600 bis
1800 Franken festsetzen. Ordnungsstrafen können
nur nach einer ergebnislosen Aufforderung, die
Vorschriften der Tarifverträge einzuhalten, fest-
gesetzt werden.
(2) Sind von dem Vezetoß mehrere Arbeitneh-
mer betroffen, kann die Gesamtordnungsstrafe
einen Betrag erreichen, der sich errechnet aus
der Einzelstrafe multipliziert mit der Anzahl der
davon betroffenen Arbeitnehmer.
(3) Im Wiederholungsfa’le kann die Ordnungs-
strafe 6000 bis- 12 000 Franken betragen. Sind
weitere Arbeitnehmer betroffen, kann die fest-
gesetzte Ordnungsstrafe entsprechend Absatz 2
erhöht werden.
(4) Der Minister für Arbeit und Wohlfahrt kann
die Feststellung von Ordnungsstrafen den Lei-
tern der Arbeitsämter übertragen.
(5) Gegen eine durch den Minister für Arbeit
und Wohlfahrt oder ein Arbeitsamt festgesetzte
Ordnungsstrafe ist auf Antrag des Betroffenen
innerhalb enier Frist von zwei Wochen ein
Rechtsmittel beim Amtsgericht gegeben.
n. TEIL
Schlichtung und Schiedsverfahren
§ 17
Regelung von Gesamt- und Einstulungs-
streltigketten
Arbeitgeber, Arbeitnehmer und deren Betriebs-
Vertretungen und di« Berufsorganisationen to
Sinne des Gesetzes übsr dte Berufsorganisatio-
nen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vom 30.
Juni 1949 (ABI. S. 743) können sich zur Beilegung
(Fortsetzung umse*Gg)
^eite 4
August 1950
„DIE ARBEIT11
I. V. Post- und Fernmeldewesen
Das müssen wir uns in einem christlichen Staat
gefallen lassen..
Dieser pathetische und mit einem Schuß
Diktaturlust gewürzte Ausspruch stammt
von dem „rührigen“ Vorsitzenden der
sog. „Christlichen* Postgewerkschaft,
Herrn Harz. Was hatte Herrn Harz in
Harnisch gebracht?
Die Postverwaitung hat in der Lessing-
straße 10 Wohnungen fertiggestellt, die
vor einigen Tagen vergeben wurden.
Bei der Vielzahl der Wohnungssuchen-
den war das beileibe keine leichte Ar-
SPIELENDES REINIGEN
von KLEIDERN, MÖBELN,
LEDER, PARKETT
durch
GEBR. WAGNER • MERZIG SAAR
jeit. Aus Erfahrung weiß man, daß die
Wohnungsgesuche allein noch keinen ob-
jektiven Maßstab abgeben. Manche über-
treiben, andere sind unbeholfen und ver-
stehen es nicht, ihr Wohnungselend den
tatsächlichen Verhältnissen entsprechend
darzustellen. So hat der Schreiber dieser
Zeilen einmal mehr durch Zufall als
aui dringenden Hilferuf hin die Wohnung
eines Postbediensteten besichtigt und im 2
Wohnraum liegende Verhältnisse vorge- o
fanden, die sich in Worten nicht wie-
dergeben lassen. Dem Mann konnte nach
einiger Zeit geholfen werden. Gerade
dieses Erlebnis hat die Beteiligten ver-
anlaßt, in Zukunft noch vorsichtiger zu
sein und in jedem einzelnen Falle eine
Ortsbesichtigung vorzunehmen. Auf
diese Weise soll sichergestellt werden,
daß die wirklich dringendsten Fälle zu-
erst berücksichtigt werden.
Es liegt im Wesen der Nachkriegs-
zeit, daß der Wohnraum auf lange Zeit
nicht zur Deckung der Bedürfnisse aus-
reichen wird. Maßgebend ist darum, daß
der hin zu gewonnene Wohnraum nach
bestem Wissen und Gewissen an die
Bedürftigsten verteilt wird. Jeder nor-
male Mensch sieht ein, daß dabei die
gewerkschaftliche Zugehörigkeit nicht ins
Gewicht fallen darf. Anders jedoch
dachte Herr Harz, der einen langen
von unsachlichen Argumenten strotzen-
den Bericht an das Vorgesetzte Mini-
sterium richtete. Es kam zu einer Aus-
sprache, in deren Verlauf sich zeigte,
daß die Zuweisungen zu Recht erfolgt
waren. Anstatt sich der eindeutigen
Mehrheit zu beugen, tat Herr Harz in Er-
mangelung sachlicher Argumente etwas,
das einem echten Christen schlecht zu
Gesicht steht: er sprang wutschnaubend
auf und verwechselte — wie so oft —
das Christentum m)it plumpen Machtan-
sprüchen. In seiner bljinden Wut ging
er noch weiter und beleidigte unsern
GEBR. WAGNER • MERZIG SAAR
Verband in einer Weise, wie es ein
halbwegs anständiger Mensch gewiß
nicht tun würde. Aber Herr Harz hat
sich offenbar eines Paragraphen des
BGB versichert, der ihm gestattet, durch
die Maschen des Gesetzes heil hin-
durchzukommen.
Es ist nicht unsere Sache, seine reich-
lich verworrene Ansicht über das Chri-
stentum aufzuhellen. Aber so bequem,
wie sich Herr Harz den Fall vorstellt,
ist er bestimmt nicht. Für heute über-
lassen wir ihm einen Ausspruch Goethes
zum Nachdenken: „Wie kann man sich
selbst kennen lernen? Durch Betrachten
niemals, wohl aber durch Handeln.“
Kameradschaftshilfe...
jetzt auch bei der Firma Karelier, Schrau-
benwerke G.m.b.H„ Beckingien.
Der Betriebsrat der Firma Karelier hat
nach dem Muster der Dillinger Hütte jetzt
ebenfalls eine „Kameradschaftshilfa“ ins
Leben gerufen.
Es wird auch dort der Zweck verfolgt,
den Hinterbliebenen verstorbener Beleg-
schaftsmitglieder, oder deren Ehefrauen
durch Zahlung eines Sterbegeldes eine
Ueberbiückung zu schaffen. Die „'Kame-
radschaftshilfe“ wurde von allen Beleg-
schaftsmitgliedern lebhaft begrüßt. An
ihr beteiligt sich ausnahmslos die Beleg-
schaft des ganzen Werkes.
Diese „Kameradschaftshilfe“ ist bereits
am 1. 7. 1950 in „Kraft getreten und hat
bereits einen Tag nach Inkrafttreten die
erste Hilfe leisten müssen.
Die Sätze, die bei Sterbefällen zur Aus-
zahlung kommen, sind:
für Belegschaftsmitglieder 60000.— Frs
für Frauen von Beleg-
schaftsmitglieder» 40 000.— Frs.
Diese Gelder werden im Umlageverfah-
ren von der Belegschaft aufgebracht.
Betriebsrat und Firma haben die Ab-
sicht auch allen Pensionären diese Ein-
richtung zugängig zu machen und zwar
gegen Zahlung einer ganz geringen Be-
teiligung, wogegen sie allerdings auch
nur 50 o/o der für die aktiven Belegschafts-
mitglieder gültigen Sätze erhalten sollen.
Leierkasten
(Dis Redaktion erteilt in, Gewerkschaftsmitgliedern
an dieser Stelle oder schriftlich auf schriftliche An-
fragen kostenlos Auskunft.)
M. L. Merzig. Eine Kreisverwaltung ist nicht
befugt, die Verteilung der Gewerkschaftszeitung
in dem von Ihnen erwähnten Falle zu untersagen
oder zu verhindern. Jede Ausgabe der Gewerk-
schaitszeitung Ist persönliches Eigentum des Ge-
werkschaftsmitgliedes, auf dessen Auslieferung
es einen rechtlichen Anspruch hat.
A. W. Saarbrücken, Ihr Hauswirt kann prak-
tisch nichts dagegen einwenden, wenn Sie Ihre
Frau und Ihr Kind in Ihrem möbilierten Zimmer
aufnehmen wollen. Wie wir Ihrer Zuschrift ent-
nehmen, haben Sie in einem Betrieb in Saarbrük-
ken endgültig Anstellung gefunden und wollen
ihre Familie nachkommen lassen. Es wäre un-
billig, wenn man dem Vermieter die Möglich-
keit gäbe, das zu verhindern.
Heinz, Neunkirchen. Die Regeln für die An-
wendung des Bindestriches sind recht mannigfal-
tig. Allgemein gilt der Grundsatz: Wenn man
Wörter mit Bindestrichen koppelt, danii muß man
dabei konsequent Vorgehen, also Max-Braun-
Straße, nicht: Max Braun-Straße, auch nichtt
Max-Braunstraße. Man kann zusammenschrei-
ben: Tausendfrankenschein, vorzuziehen ist,
wegen der Länge des Wortes: Tausend-Franken-
Schein.
K. H. Völklingen- Eine eindeutige Vereinbai-
rung ist bislange noch nicht zustandegekom-
men, Anscheinend gewinnt die Meinung Boden,
daß die Frage der Ladenschlußzeiten von der
des freien Nachmittags zu trennen ist. In der
Bundesrepublik neigt man allgemein zu der An-
sicht, — diese Ansicht wird auch vom Koor-
dinierungsausschuß für Wirtschaft und Arbeit
beim Bundestag vertreten, — daß ein Samstag-
ladenschluß um 16 Uhr einheitlich und gesetzlich
zu befürworten sei. Die Frage des verkaufsfreien
Nachmittags jedoch sei auf das Gebiet tarifver-
traglicher Regelung zwischen den in Frage kom-
menden Sozialpartnern zu verweisen.
von Gesamtstreitigkeiten und Einstufungsstreifig-
keiten der Schlichtungsstellen bedienen.
§ 18
Schlichtungsstellen
Schlichtungsstellen sind:
1. die vereinbarten Schiichtungs- und Schieds-
stel'en,
2. der staatliche Schiichtungs- und Schiedsaus-
schuß.
§ 19
Vorrang der vereinbarten Schlichtungsstellen
(1) Vereinbarte Schlichtungsstellen gehen dem
staatlichen Schiichtungs- und Schiedsausschuß
vor.
(2) Bei Vorhandensein einer vereinbarten
Schlichtungsstelle hat der Landesschlichter eine
beim Schiichtungs- und Schiedsausschuß an-
hängig gemachte Angelegenheit an die verein-
barte Schlichtungsstelie zu verweisen und eine
angemessene Frist zu setzen, innerhalb der über
diesen Streitfall verhandelt werden muß. Wird
diese Stelle innerhalb der gesetzten Frist nicht
tätig, oder führt das Verfahren vor ihr zu keiner
Einigung, so unterbreitet der Landesschlichter
diese Streitigkeit dem Schiichtungs- und Schieds-
ausschuß.
§ 20
Vereinbarte Schlichtungsstellen
(1) Den beteiligten Parteien steht es frei, ein
Verfahren zur Beilegung von Gesamtstreitigkeiten
zu vereinbaren. Die Verpflichtung hierzu und
das Verfahren kann im Tarifvertrag und in der
Betriebsordnung festgelegt werden.
(2) Die vereinbarten Schiichtungs- u. Schieds-
stellen können Schiedssprüche nur auf Antrag al-
ler beteiligten Parteien fällen. Diese Schieds-
sprüche haben die Wirkung der Tarifverträge.
§ 21
Bildung des Schiichtungs- und
Schiedsausschusses
Beim Ministerium für Arbeit und Wohlfahrt
wird ein Schiichtungs- und Schiedsausschuß ge-
bildet, der die nachfolgenden Aufgaben zu erfül-
len hat:
a) in Gesamtstreitigkeiten zu vermitteln und un-
ter den im Gesetz festgelegten Vorausset-
zungen zu entscheiden;
b) in Einstufungsstreitigkeiten zu vermitteln und
zu entscheiden.
§ 22
Zusammensetzung des Schiichtungs- und
Schiedsausschusses
Der Schiichtungs- und Schiedsausschuß setzt
sich aus einem Vorsitzenden und aus je zwei
Beisitzern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu-
sammen. Ein Vertreter des Ministeriums für Wirt-
schaft. Verkehr, Ernährung und Landwirtschaft ist
mit beratender Funktion im Schiichtungs- und
Schiedsausschuß vertreten. Die Zahl der Beisit-
zer kann auf Antrag erhöht werden, doch muß
die Zahl der Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-
•beisitzer gleich sein.
§ 23
Bestellung des Landesschlichters
Der Minister für Arbeit und Wohlfahrt beruft
im Benehmen mit dem Minister für Wirtschaft,
Verkeb*, Ernährung und Landwirtschaft nach An-
hörung der Spitzenorganisationen der Gewerk-
schaften und der Vereinigungen der Arbeitgeber
den Landesschlichter als Vorsitzenden des
Schiichtungs- und Schiedsausschusses. Gleich-
zeitig beruft er die notwendige Anzahl von
Stellvertretern. Stellvertreter können ständig mit
der Wahrnehmung der Geschäfte des Schiich-
tungs- und Schiedsausschusses und mit der Lei-
tung von Fach- und Zweigkammern beauftragt
werden, sofern solche gebildet sind,
§ 24
Unabhängigkeit der Vorsitzenden des Schiich-
tungs- und Schiedsausschusses
Der Landesschlichter und seine Stellvertreter
üben ihre Tätigkeit unabhängig von Weisungen
der sie bestellenden Behörde aus. Sie sind nur
dem Gesetz unterworfen.
§ 25
Voraussetzung zur Berufung der Beisitzer
(1) Zur Berufung der Beisitzer reichen die Be-
rufsorganisationen Vorschlagslisten beim Mini-
sterium für Arbeit und Wohlfahrt ein. Aus der
Reihe der Vorgeschlagenen werden die Beisit-
zer vom Minister für Arbeit und Wohlfahrt für
die Dauer von zwei Jahren bestellt. Wiederbe-
stellung ist zulässig.
(2) Als Beisitzer sollen nur Personen berufen
werden, die das 25. Lebensjahr vollendet und im
Saarland ihren Wohnsitz haben und seit minde-
stens einem Jahr im Saarland als Arbeitsgeber
oder Arbeitnehmer tätig sind.
(3) Arbeitgeberbeisitzer dürfen nur Arbeitgeber
sein. Den Arbeitgebern stehen gleich; Vorstands-
mitglieder und gesetzliche Vertreter von juristi-
schen Personen und Personengesamtheiten des
öffentlichen und privaten Rechts, Aufsichtsrats-
mitglieder mit Ausnahme der vom Betriebsrat
entsandten, öffentliche Beamte nach Anordnung
des Ministers für Arbeit und Wohlfahrt, Ge-
schäftsführer und Betriebsleiter, soweit sie selb-
ständig zur Einstellung von Arbeitnehmern in
den Betrieb oder die Betriebsabteilung berechtigt
sind, oder soweit ihnen Prokura, Handlungsvoll-
macht oder Generalvollmacht erteilt ist. Arbeit-
nehmerbeisitzer dürfen nur Arbeitnehmer sein.
§ 26
Beisitzerrolle
(1) Die vom Minister für Arbeit und Wohlfahrt
bestellten Beisitzer sind in die Beisitzerrolle ein-
zütragen.
(2) Aus der Liste der Beisitzer beruft der Lan-
desschlichter jeweils die erforderliche Anzahl
von Beisitzern ein.
§ 27
Entschädigung der Beisitzer
Die Beisitzer verwalten .ihr Amt als Ehren-
amt. Für die Teilnahme an Sitzungen erhalten
sie eine Entschädigung. Sind Reisen erforder-
lich, so werden darüber hinaus Tagegelder und
Fahrtkosten gewährt. Die näheren Bestimmungen
trifft der Minister für Arbeit und Wohlfahrt,
§ 28
Tätigwerden des Schiichtungs- und
Schiedsausschusses
Der Schiichtungs- und Schiedsausschuß wird
auf Antrag einer oder mehrerer Parteien tätig.
§ 29
Allgemeine Verfahrensvorschtiiten
(1) Das Verfahren vor dem Schiichtungs- und
Schiedsausschuß ist nicht öffentlich. Zur Vor-
bereitung der mündlichen Verhandlung ist den
streitenden Parteien nahe zu legen, dem Schiich-
tungs- und Schiedsausschuß Schriftsätze vorzu-
legen, aus denen sich ihre Stellungnahme zu den
einzelnen Punkten des Streitfalles ergibt, Unter-
lagen. welche die Parteien zur Stützung ihrer
Ausführungen dem Schiichtungs- und Schieds-
ausschuß unterbreiten wollen, können auch in
der mündlichen Verhandlung vorgelegt werden,
(2) An Formvorschriften ist die mündliche Ver-
handlung nicht gebunden.
(3) Der Landesschlichter kann nicht beteiligten
Vertreter der Berufsorganisationen die Teilnahme
an Verhandlungen gestatten,
§ 30
Hinzuziehung von Zeugen und Sachverständigen
(1) Der Schiichtungs- und Schiedsausschuß
kann Zeugen und Sachverständige vernehmen
und andere ihm erforderlich erscheinende Be-
weise erheben.
(2) Erscheint zur Aufklärung des Sachverhaltes
eine eidliche Vernehmung der Zeugen und Sach-
verständigen erforderlich, so kann das zuständi-
ge Arbeitsgericht im Rechtshilfeverfahren um
dies« Vernehmung ersucht werden.
(3) Bezüglich der Gebühren gelten die Bestim-
mungen, die für das Arbeitsgerichtsverfahren An-
wendung finden.
§ 31
Regelung von Streifigkeiten vor dem Landes-
schlichter
Wird der Schiichtungs- und Schiedsausschuß
gerufen, so hat der Landesschlichter auf eine güt-
liche Einigung der Parteien hinzuwirken. Gelingt
eine gütliche Einigung nicht, ist der Streitfall vor
dem Schlichtungsausschuß zu verhandeln.
§ 32
Regelung von Streitigkeiten vor dem Schiich-
tungs- und Schiedsausschuß
(11 Der Schiichtungs- und Schiedsausschuß hat
zunächst auf eine gütliche Einigung der Parteien
hinzuwirken. Diese Einigung der Parteien ist in
jeder Lage des Verfahrens anzustreben.
(2) Gelingt die Einigung und kommt eine Ver-
einbarung zustande, so ist über ihren Wortlaut
eine Niederschrift anzufertigen und diese von den
Parteien zu unterschreiben.
(3) Gelingt die Einigung nicht, so kann der
Schiichtungs- und Schiedsausschuß- auf Antrag
einer Partei einen Schiedsspruch fällen, unter Be-
stimmung einer Frist, innerhalb der die Erklärung
abzugeben ist, ob sich die Parteien dem Schieds-
spruch unterwerfen. Der Schiedsspruch ergeht
durch Mehrheitsbeschluß. Kommt kein Mehr-
heitsbeschluß zustande, so entscheidet innerhalb
einer Frist von zwei Wochen die nach § 11 Ab-
satz 4 gebildete Kommission.
(4) Nach Ablauf der Frist kann der Schiich-
tungs- und Schiedsausschuß auf Antrag der Par-
tei, diae sich dem Schiedsspruch unterworfen
hat, denselben für verbindlich erklären, sofern
der Schiedsspruch insbesondere im öffentlichen
Interesse und zur Erhaltung des Arbeitsfriedena
geboten erscheint.
(5) Vor der Verbindlichkeitserklärung soll der
Schiichtungs- und Schiedsausschuß die Parteien
nochmals hören.
(6) Der für verbindlich erklärte Schiedsspruch
hat die Wirkung eines Tarifvertrages,
§ 33
Verkündung
(1) Der Schiedsspruch muß im Anschluß an die
Verhandlung verkündet werden.
(2) Der Schiedsspruch ist schriftlich auszufer-
tigen, vom Landesschlichter zü unterschreiben u;
den Parteien zuzustellen.
§ 34
Einspruch gegen Schiedssprüche
Auf Schiedssprüche findet §11 dieses Gesetzes
Anwendung.
§ 35
Gebühren
Schiichtungs- und Schiedsverfahren sind nicht
gebühren- und kostenpflichtig.
§ 36
Ordnungsstrafen
fl) Der Landesschlichter kann Ordnungsstra-
fen verhängen und festsetzen;
1 gegen Beisitzer, die ohne genügende Ent-
schuldigung nicht, oder nicht rechtzeitig zur
Sitzung erscheinen oder sich in anderer
Weise ihren Obliegenheiten entziehen;
2. gegen die Parteien, deren persönliches Er-
scheinen angeordnet ist und die trotz ord-
nungsgemäßer Ladung nicht erschienen
sind;
3. gegen Zeugen und Sachverständige, die zum
festgesetzten Termin trotz ordnungsgemäßer
Ladung nicht erschienen sind;
4. gegen Personen, die sich in der Verhand-
lung einer Ungebühr schuldig machen.
(2) Die Höhe der Ordnungsstrafe darf in je-
dem einzelnen Falle 5000 Franken nicht über-
steigen.
(3) Ordnungsstrafen, die auf Grund dieses Ge-
setzes verhängt sind, werden nach den Vor-
schriften über die Beitreibung öffentlicher Abga-
ben belgetrieben.
§ 3?
Einstufungsstreitigkeifen
(1) Zur Regelung von Einstufungsstreitigkeiten
wird beim Schiichtungs- und Schiedsausschuß
eine besondere Kammer errichtet.
(2) Bei Einstufungsstreitigkelten, die Arbeiter
angehen, sind als Arbeitnehmerbeisitzer nur Ar-
beiter zu berufen; bei Einstufungsstreitigkeiten,
die Angestellte angehen, sind als Arbeitnehmer-
beisitzer nur Angestellte zu berufen,
§ 38
Entscheidung in Einstufungsstreitigkeiten
Bei Einstufungsstreitigkeiten entscheidet der
Schiichtungs- und Schiedsausschuß endgültig. Die
Arbeitsgerichte sind an die Entscheidung des
Schiichtungs- und Schiedsausschusses gebunden,
§ 39
Ausschlußfristen
Der Schiichtungs- und Schiedsausschuß ist in
Einstufungsstreitigkeiten innerhalb einer Frist von
drei Monaten nach der letzten Einstufung anzu-
rufen.
§ 40
Durchführungsbestimmungen
Der Minister für Arbeit und Wohlfahrt erläßt
im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft,
Verkehr, Ernährung und Landwirtschaft die zur
Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen
Bestimmungen.
I 41
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Ver-
kündung in Kraft. Mit dem gleichen Zeitpunkt
tritt die Verordnung über die Lohn- und Ge-
haltsvereinbarungen zwischen den saarländischen
Gewerkschaften und den Arbeitgebern vom 2,
März 1948 (ABI. S. 309) außer Kraft. Ferner tre-
ten die Verfügungen Nr. 26 und 27 des Gouver-
neur de la Sarre betreffend die Errichtung und
Befugnisse der Ausschüsse für Arbeitsfragen
vom 28. Oktober 1947 (ABI. S. 541 und 542) sowie
alle Bestimmungen der Lohnverfügungen über die
paritätischen Ausschüsse außer Kraft.
Saarbrücken, den 22. Juni 1950.
gez.: Unterschriften.
August 1950
„DIE ARBEIT“
Seite 5
1 Her junge töeroerhfdiaftlec
mm des jmMimisc
In einer Sitzung bei der Industrie- und
Handelskammer wurde am 31. 7. 1950
ein bedeutsamer Beschluß gefaßt, der
auch von unserer Seite die vollste Un-
terstützung und Anerkennung gefunden
hat.
Es handelt sich hierbei um die Schaf-
fung eines Kaufmännnischen Berufsbil-
dungswerkes bei der Industrie- und Han-
delskammer. Die Erfahrungen, die bis
jetzt mit der Einrichtung der Technischen
Abendschule gemacht wurden, sind der-
art erfreulich und vielversprechend, daß
nunmehr auch von seiten der verantwort-
lichen Organisationen für die kaufmän-
nische und gewerbliche Berufsausbildung
eine ähnliche Einrichtung ins Leben ge-
rufen werden wird. Es ist eine Tatsache*
daß Handel und Gewerbe des Saar-
landes in ihrer Entwicklung und Konkur-
renzfähigkeit in stärkstem Maße von der
Qualität der in diesen Wirtschaftszwei-
gen Beschäftigten abhängig ist. Außer-
dem gilt es, junge saarländische Kräfte
heranzubilden, die in der Lage sind, di«
leitenden Stellen in Handel und Ge-
werbe zu besetzen. Es darf dabei daran
erinnert werden, daß seit Jahrzehnten
der Saarländer in dieser Hinsicht immer
zurückstehen mußte — eine Tatsache,
die sich in der Gegenwart sehr un-
günstig für unsere Saarländer selbst
auswirkj. Außerdem wurde in der Aus-
sprache betont, daß das Saarland als
kleines Gebiet im wesentlichen darauf
angewiesen sei, selbst die benötigten
Arbeitskräfte zu stellen.
Der Vertreter der Einheitsgewerkschaft
Kollege Rauch, führte aus: Das geplant«
Berufsbildungswerk könne sich in zwei-
facher Hinsicht fruchtbar auswirken: ein-
mal biete es den in der Berufsausbildung
stehenden Jugendlichen große Chancen
und zum anderen habe es größte Be-
deutung für die im Beruf stehenden älte-
ren kaufmännischen oder gewerblichen
Angestellten. Die europäische, bzw. welt-
wirtschaftliche Verflechtung der Saar-
Wirtschaft zwinge die Erkenntnis auf.
daß die Konkurrenzfähigkeit nicht zuletat
von tüchtigen kaufmännischen und tech-
nischen Kräften abhängig sei. Wer etwas
verdienen wolle, müsse auch in der Lage
sein, etwas zu leisten. Aus diesen Grün-
den finde das Berufsbildungswerk di«
Vollste Unterstützung der Einheitsgewerk-
schaft.
. Es wurde betont, daß die Schaffung
des Kaufmännischen Berufsbildungswer-
kes ihrem Wesen nach eine Gemein-
schaftsaufgabe der Berufsorganisationen
der Arbeitgeber und Arbeitnehmer einer-
seits und der Industrie- und Handels-
kammer andererseits dairstelle. In das
Berufsausbildungswerk sollen jedoch
auch die Versicherungswirtschaft, die
Banken, Genossenschaftsbanken und,
wenn möglich auch die Sparkassen ein-
bezogen werden. Es sind Lehrgänge von
einhalbjähriger, einjähriger, einieinhalb-
jähriger und zweijähriger Dauer vorge-
sehen. Die Unkosten werden durch di«
Teilnehmer aufzubrmgen sein, sind je-
doch in einem einigermaßen erträgli-
chen Maße gehalten. (Regelung ähnlich
der Technischen Abendschule). Es wäre
jedoch zu überprüfen, ob nicht durch
irgendwelche staatlichen Zuschüsse, die-
se Unkosten, besonders für Minderbe-
mittelte aber Begabte, wesentlich gesenkt
werden könnten. Die im Herbst anlaufen-
den Kurse werden zunächst nur in Saar-
brücken durchgeführt, es steht jedoch
zu erwarten, daß bald auch in anderen
Orten des Saarland«« Kurse gehalten
werden können.
Als Trägerorganisationen kommen zu-
nächst folgende in Frage: Industrie und
Handelskammer als geschäftsführende
Trägerorganisation, Saarländische Ar-
beitsgemeinschaft für Handel und Ge-
werbe e, V., Arbeitgeberverband der
Eisen- und Metallindustrie, Vereinigung
der Saarländischen Versicherungsgene-
lalagenten, Einheitsgewerkschaft der Ar-
beiter, Angestellten und Beamten, Ge-
samtverband der Christlichen Gewerk-
schaften in Verbindung mit dem Verband
der kaufmännischen und technischen An-
gestellten. Des weitern Ist die Frage!
einer evtl. Mit-Trägerschaft des Bedin-
gungsausschusses der Banken, des Ver-
bandes der Genossenschaftsbanken so-
wie der Versicherungsgesellschaften noch
zu klären. Es wird ein Arbeitsausschuß
ebildet, dem auch ein Vertreter der
mheitsgewerksebaft angehört.
Das Juaendsekretariat der Einheitsge-
werkschaft sieht in der Bildung dieses
Ausbüdungswerkes einen Fortschritt und
eine teilweise Erfüllung seiner Forderung
nach einer besseren Berufsausbildung
und richtet sich an alle jungen Men-
schen, die es im Leben zu etwas bringen
wollen, mit der Bitte um Unterstützung
dieser Arbeiten,
Teilnahme des Jugendsekretariates am
1. Jugendkongreß der DGB.
Das Jugendsekretariat der Einheitsgewerkschaft
wird auf Einladung des Deutschen Gewerk-
schaftsbundes an dem t. Jugendkongreß teil-
nehmen, der in der Zeit vom 24. bis 27. 8. 1950 in
Hamburg stattfindet.
Vorher wird in Bielefeld im Rahmen dieses Ju-
gendkongresses eine internationale Tagung
durchgeführt, die auch für die saarländische .Ge-
werkschaftsjugend von größtem Interesse sein
wird. Auch eu dieser Tagung haben wir ein«
Einladung erhalten,
*
Nicht Senkung der ErziehungsheihUfen —
aber Senkung der Sozialbeittäge!
Wir haben in der letzten Ausgabe „Jugend
und Arbeit“ über eine Eingabe des Jugendsekre-
tariates an den Herrn Arbeitsminister berichte^
in der wir auf die Möglichkeit der Senkung
der Beiträge zur Familisnzulagekasse für Lehr-
linge hingewiesen haben. Der Arbeitsminister
sandte uns am 21. 7. 1950 folgendes Schreiben
zu?
„Bezugnehmend auf den 1, Abschnitt Ihres
Schreibens vom 6, 7, 1950 bezüglich der Sen-'
kung des Beitragssatzes zur Kasse für Fami-
lienzulagen für Lehrlinge send« Ich Ihnen an-
liegend Abschrift einer Verfügung vom 14, %
ds. Js. zur gell. Kenntnisnahme:
ln dem Entwurf des Gesetzes Uber Familien-
zulagen, der vom Landtag in erster Lesung
angenommen Wurde, Ist für Lehr- und An-
lernlinge ein Beitragssatz von 2 Prozent des
Grundlohnes zur Kasse für Familienzulagen
vorgesehen.
Mit Zustimmung des Ausschusses für So-
zialpolitik des Landtages teile ich mit, daB
keine Bedenken bestehen, wenn schon vor
Verabschiedung des Gesetzes für Lehr- und
Anlernlinge für die Zeit ab 1, Juli 1950 ein Bei-
tragssatz von 2 Prozent des Grundlohas zur
Kasse für Familienzulagen erhoben wird.
gez. Kirn.“
Wenn wir uns überhaupt mit diesem Problem
befaßt haben, so deshalb, weil wir unter keinen
Umständen einer generellen Senkung der Erzie-
hungsbeihilfen unsere Zustimmung geben wer-
den. Dagegen sind wir bereit, zur Senkung der
Soziaibeiträge beizutragen, sofern dem Lehrling
dabei kein Schaden entsteht.
In Punkt 2 der gle"n Eingabe baten wir
den Herrn Minister um Prüfung der Möglichkei-
ten, die zur Senkung der Sozialversicherungs-
beiträge für Lehrlinge führen könnten.
Hierzu erhielten wir am 28. 7. 1950 folgende
Antwort:
„Zum Punkt 2 Ihres oben bezeichneten
Schreibens teile ich Ihnen folgendes mit:
Ich stimme mit Ihnen darin überein, daß
die zur Zeit geltenden Bestimmungen betr. Ar-
beitslosenversicherung für Lehrlinge einer Aen-
derung bedürfen. Es ist nicht beabsich igt,
bei einer gesetzlichen Neuregelung die Lehr-
linge vollkommen ohne Versicherungsschutz zu
lassen. Aller Voraussicht nach werden mei-
ne Aenderungsvorschläge kaum von der von
Ihnen vertretenen Auffassung abweichen kön-
nen. Wir würden damit wieder zu einer ähn-
lichen Regelung gelangen, wie sie ursprünglich
bestanden hat.
Ich darf Ihr vorbezeichnetes Schreiben da-
mit vorerst als erledigt betrachten.
Kirn, Minister.“
Auch auf diesem Gebiet versuchen wir aus
voller Verantwortung heraus besonders für zahl-
reiche Kleinhandwerkerbetriebe zu einer besse-
ren und tragbareren Lösung zu kommen — nicht
zuletzt im Hinblick auf die Einstellungsfreudigkeit
der Lehrbetriebe, die unbedingt angesichts der
Berufsnot unserer heutigen schulentlassenen Ju-
gend gehoben werden muß. Die Hebung der
Einstellungsfreüdigkeit darf aber nicht dadurch
erreicht werden, daß man die gesamten Lasten
auf die einzusteliende Jugend abwälzen würde,
*
Hille für Kriegsteilnehmer
Das Ministerium für Arbeit und Wohlfahrt hat
einen Gesetzentwurf zur Förderung der Aus-
bildung von Kriegsteilnehmern ausgearbeitet, der
in Kürze dem Landtag zur Verabschiedung vor-
gelegt werden wird. Wir kommen zu gegebener
Zeit auf dieses Gesetz zu sprechen.
Neuaufnahmen zur Technischen Abendschule des Saarlandes
Anläßlich ihres neuen Schuljahrbeginnes am
1. September 1?50 nimmt die Technische Abend-
schule des Saarlandes sowohl für die Allge-
meinen Berufsfortbildungslehrgänge als auch für
die Vorbereitungslehrgänge zur Aufnahmeprüfung
an einer Höheren Technischen Lehranstalt Neu-
aufnahmen vor,
Während die Allgemeinen Berufsfortbildungs-
lehrgänge der außerberuflichen Fortbildung tech-
nischer Fachkräfte in Industrie und Handwerk
dienen und ihre Unterrichts gegenstände aus-
schließlich auf di« Bedürfnisse der Wirtschafts-
praxis abgest«lit sind, haben die Vorbereitunga-
Iehrgänge die Erreichung des in ihrem Namen
bereits ausgedrückten Zweckes zum Ziel,
Aufnahmebedingungen:
a) für die Allgemeinen Berutsfortbildungslehr-
günge (Fachrichtungen: Maschinenbau, Elek-
trotechnik und Bauwesen).
Die Aufnahme erfolgt frühestens nach voll-
endetem 17, Lebensajahr. Voraussetzung ist
eine abgeschlossene Volksschulbildung und
eine mindestens dreijährige Berufstätigkeit,
b) für die Vorbereitungslehrgänge zur Aufnah-
meprüfung an einer Höheren Technischen Lehr-
anstalt (Fachrichtungen: Maschinenbau, Elek-
trotechnik, Architektur bezw. Hochbau und
Bauingmnieurwessn).
Di« Vorbereitungslehrgänge können auch
von anderen Interessenten besucht werden, s,
B. zur Vorbereitung auf den Eintritt iri Fach-
schulen sowie zur Vorbereitung für die Auf-
nahmeprüfung am Berufspädagogischen Insti-
tut.
Die Aufnahme erfolgt frühestens nach voll-
endetem 16, Lebensjahr. Mindestvoraussetzung
ist eine abgeschlossene (8jährige) Volksschul-
bildung sowie der Nachweis einer bestehenden
Berufsausbildung (Lehre Praktikum). Gute
Volksschul- und Berufsschulbildung sind durch
die letzten Zeugnisse nachzuweisen.
Anmeldungen bis spätestens Freitag, den 25,
August 1950 nehmen entgegen:
zu a)
die Direktionen der Höheren Technischen Lehr-
anstalt Saarbrücken, der Gewerblichen Berufs-
schulen in Völkilngen, Dillingen und Neunkirchen.
Anmerkung: Im Rahmen der Allgemeinen Be-
rufsfortbildungslehrgänge ist die Fachrichtung
Bauwesen nur in Saarbrücken (im Gebäude der
HTL) vertreten,
zu b)
die Direktionen der Gewerblichen Berufsschu-
len in Saarbrücken, Völklingen, Neunkirchen und
Saarlouis.
Anmerkung: Zu den Vorbereitungslehrgängen
können Neuaufnahmen auch in die Oberstufe vor-
genommen werden, sofern die Voraussetzung
hierfür — mindestens Versetzung nach Ober-
sekunda gegeben ist.
Von diesen Stellen sowie von der Industrie-
und Handelskammer werden auf Anforderung
Merkblätter die über alle wissenswerten Einzel-
heiten beider Arten von Lehrgängen Aufschluß
geben, kostenlos ausgehändigt.
Der Verband der Unfallbeschädigten teilt mit
Die Saarregierung bleibt bemüht, di«
Saarländische Soziale Gesetzgebung der
in Frankreich anzupassen. Der Landtag
hat in der Sitzung vom 13. Juli 1950 eine
stark einschränkende Bestimmung der
früheren Reichsregierung, die bisher noch
im Saarland zur Anwendung gelangte
durch Gesetzt aufgehoben.
Die Oeffentlichkeit hat durch die Pres-
se von der Aufhebung Notiz genommen,
war sich jedoch der Tragweite dieser
Notverordnung kaum bewuußt.
Die Brüning’sche Notverordnung, erlas-
sen von der damaligen deutschen Regie-
rung im Jahre 1931—32 galt dis Sparmaß-
nahme und bestimmte, daß neben dem
Bezug einer Betriebsunfal'lrönte «in Teil
der Renten aus der Invaliden, Angestell-
ten oder Knappschaftlichen Pensionsver-
Sicherung ruht.
Die Ruhen,» vor «ehr iften waren so graß,
daß zum Beispiel ein Unfallverletzter, dem
eine Unfaßrent« von monatlich tfrs.
4 800.— gezahlt wird, das Ruhegeld aus
der Angestelltenversicherung auf Grund
des Bezuges der Unfallrente um ffrs,
7 000.— gekürzt wurde.
Durch die Aufhebung dieser Notver-
ordnung kommt nun der Unfallverletzte in
den vollen Genuß seiner staatlichen Ren-
te, für welche er laufend die Pflichtbei-
träge geleistet hatte, und einen Anspruch
besaß.
Unfallrentennachzahlung
Die Nachzahlung der rückständigen
Renten aus dem Jahre 1945 erfolgte für
die staatlichen Sozialrentner durch di!«
Postämter am 1. September 1949.
Der Betriebsunfällverletzte wartet bis
zum heutigen Tag noch darauf, daß die
Regierung die Anordnung trifft, die rück-
ständigen Unfallrenten für die Zeit von
April bis September 1945 ebenfalls zur
Nachzahlung zu bringen.
Das Saarland und somit die Saarre-
gierung hat vom Deutsdhen Reich die
gesamte Sozialversicherung mit allen Ak-
tiven und Passiven übernommen und Lat
dem Unfallbeschädigten gegenüber die
gleiche Verpflichtung wie bei den übri-
gen staatlichen Sozialrentner.
Wöttn r.ui die Reg e ung des Saara'des
glaubt, die saarländischen Träger der Un-
fallversicherung nicht mit dieser Renten-
schuld durch ein« Nacherhebung bela-
stet werden kann, bzw. der finanziell«
Status der Versicherungsträger dieses
nicht erlaubt, so bitten wir die Regierung
dur$i Verhandlungen mit der deutschen
Regierung diese Angelegenheit zu berei-
nigen, oder durch einen Staatszuschuß
die rückständigen Renten der Unfallver-
letzten zur Auszahlung zu bringen.
Ausstellung gebührenfreier Visen
Der Landtag hat m seiner Sitzung vom
19. 7. 50 bei Beratung des Nachtragshaus-
haltes für das Jahr 1950 Mittel bereitge-
stellt, die dazu dienen, m gewissn Fällen
die Visagebühren den saarländischen An-
tragstellern zu erlassen und auf der, saar-
ländischen Haushalt zu übernehmen.
Wenn die Visagebühr nicht schon durch
das Drei-Zonen-Verkehrsamt erlassen ist,
dann kann sie nach sorgfältiger Prüfung
der Unterlagen zu Lasten des saarländi-
schen Haushaltes erlassen werden:
1. beim Besuch von Familienangehörigen
oder Verwandten (Ehefrau bzw. Ehe-
mann, Eitern, Kindern, Geschwistern,
Großeltern und Enkeln), die in der
Deutschen Bundesrepuublik wohnhaft
sind, wenn das Bruttoeinkommen (ein-
schließlich irgendwelcher Nebeneinnah-
men) monatlich:
a) bei Verheirateten den Betrag von
25 000 Frs.,
b) bei Ledigen oder Alleinstehenden
den Betrag von 20 000 Frs. nicht er-
reicht.
Für jedes unterhaltsberechtigte Kind
erhöht sich der Betrag um 2 000 Frs.
Dieselbe Regelung gilt für Vormünder
oder einzige Verwandte eines Minder-
jährigen bis zum dritten Grad.
Diese Gebührenübemahme wird für
zwei Familie nbe suche im Kalenderjahr
mit je einer Hin- und Rückreise gewahrt,
2. bei dringender ärztlicher Behandlung
sowie bei dringend notwendigem Kur-
aufenthalt, wenn die Notwendigkeit
vom Arzt bescheinigt ist und die unter
Ziffer 1) aufgeführten Einkommensver-
hältnisse vorliegen. Ob das Visum für
eine oder mehrere Reisen zu Lasten
der Staatskasse erteilt wird, bleibt der
pflichtgemäßen Beurteilung des zustän-
digen Beamten, möglichst im Einver-
nehmen mit dem Arzt, Vorbehalten;
2. bei Todesfällen oder schweren Erkran-
kungen von den unter Ziffer 1) aufge-
führien Familienangehörigen oder Ver-
wandten, für eine Hin- und Rückreise,
wenn eine amtlich beglaubigte Unter-
lage über den Todes- oder Krank-
heitsfall vorliegt und die unter Ziffer 1)
aufgeführten Einkommensvorausset-
zungen gegeben sind;
3. bei Studierenden für die Dauer eines
Jahres und mehrere Reisen, wenn ein«
Bescheinigung des Leiters der besuch-
ten Studienanstalt, Fach- oder Hoch-
schule vorliegt.
Wenn der Antragsteller die ihm gebüh-
renfrei bewilligte Reise innerhalb der
Gültigkeitsdauer des Visums nicht aus-
führt, so ist er verpflichtet, die vom Staat
vorgelegte Visumsgebühr zu erstatten.
Diese Erstattungspflicht gilt nicht, wenn,
der Antragsteller an der Ausführung der
Reise aus Gründen verhindert war, die
nicht in seiner Person lagen.
Ob die Voraussetzungen einer Gebüh-
renübernahme gegeben sind, ist sorgfältig
zu prüfen. Als Beweisunterlagen sind bei-
zubringen:
a) eine Bescheinigung über das Verwandt-
schaft»- oder Vormundschaftsverhält,
nis' oder die Familienzugehörigkeit,
ausgesteUi von dem für den Antrag-
steller zuständigen Verwaltungsvor-
steher — in nicht zu einem Verwal-
tungsbezirk gehörenden Gemeinden von
dem Bürgermeister — oder von dem
Bürgermeister des zu besuchenden Fa-
milienangehörigen, Verwandten, Mün-
deis oder Pfleglings,
b) eine Bescheinigung des Arbeitgebers
über das Bruttoeinkommen und des
Verwaltungsvorstehers bzw. Bürger-
meisters über das sonstige Einkommen
des Antragstellers, bei Gewerbetreiben-
den und sonstigen freien Berufen ein«
Bescheinigung des zuständigen Finanz-
amtes.
Der Antrag ist — mit Ausnahme bei
Todes- und schweren Krankheitsfälten —
stets bei dem Verwaltungsvorsteher bzw.
Bürgermeister — in der Stadt Saarbrücken
bei dem zuständigen Polizeirevier — z.u
stellen. Bei Todes- oder schweren Krank-
heitsfällen ist der Antrag unter Vorlage
der erforderlichen Unterlagen bei der
Landespaßstelle zu stellen.
Ueber Zweifelsfäile einer Gebühren-
übernahme entscheidet der Leiter des
Landespaßstelle.
Der vorstehende Erlaß des Ministerium»
des Innern gilt für die seit dem 1. 8.
gestellten Anträge,
Seite 6
DIE ARBEIT“
August 1950
M
(Die JAeatec gemeinde feilt mit:
Für die Theaterfreunde unter unse en
Mitgliedern und deren Angehörigen fin-
den auch in dem kommenden Spieljahr
1950 51, wie in den vorhergegangenen,
geschlossene Vorstellungen zu verbillig-
ten Preisen statt. Zu diesem Zweck wer-
den zwei Mieten aufgelegt, sowohl für
sonntags, als auch für wochentags,
Die Sonntags-Vorstellungen werden je-
doch nicht mehr wie bisher abends,
sondern nachmittags stattlinden.
Im Spielplan sind u. a. folgende Vor-
stellungen vorgesehen::
Oper: „Rigoletto“, „Don Juan*, „Don
Pasquale“,
Operette: „Nächte in Shanghei“, „Der
Vogelhändler“, „Maske in Blau“.
Schauspiel: „Egmont“, „Die Verschwö-
rung des Fiesko zu Genua“.
Lustspiel: „Hauptmann von Köpenik“,
„Dr. med. Prätorius“.
Der Preis beträgt für 10 Vorstellungen
1150.— Frs., zahlbar i.i 4 Raten, 1. 2. und
3. Rate a 300 — Frs., 4. Rate 250.— Frs,
Anmeldungen für beide Mieten wer-
den bis zum 15. September 1950 an
folgenden Orten entgegengenommen:
Saarbrücken: Gewerkschaftshzus, Brauer-
straße 6—8, Zimmer 2
Neunkirchen: Gewerkschaftsbüro, Bahn-
hofstraße 6
St Wendel: Gewerkschaftsbüro, Mumm-
straße 37.
Homburg: Geweikschaftsbüro, Denissfr. 1
St. Ingbert: Gewerkschaftsbüro, Kaiser-
straße 47
Illingen: Gewerkschaftsbüro, Hauptstr. 16
Völklingen: Gewerkschaftsbüro, Bouser
Straße
Saarlouis: Gewerkschaffsbüro,
Alte Brauereistraße 3
Merzig: Gewerkschaftsbüro, Trierer
Straße 61
Sulzbach: Gewerkschaffsbüro, Volkshaus
und bei allen Funktionären der Einheits-
gewerkschaft.
Volksfürsorge und Gewerkschaft
(Fortsetzung und Schluß)
Im Saarland war die Zeit vom Kriegs-
ende bis zur wirtschaftlichen Angiiede-
rung an Frankreich reich an wechselnden
Geschehnissen, vor allem leidele die Or-
ganisation stark unter den Auswirkungen
der Besatzungsmacht. Zugleich mit dem
wirtschaftlichen Anschluß wurde durch
den Hohen Kommissar verfügt, daß die
Volksfürsorge einer französischen Ver-
sicherungsgruppe cngeschlossen wird,
dagegen vier saarländische Unternehmen
bezw. Zwe g te ea deutscher Ge eTschaf-
ten ohne Verfügung die Eigenständigke t
behalten sollten. Es lag dort mehr an
der finanziellen Gestaltung und war somit
verständlich, daß französische Gruppen
an der Uebernahme dieser überalterten
Bestände nicht interessiert waren. Wenn
heute die „Gewerkschaftliche Rundschau"
— das Organ der Christlichen Gewerk-
schaften im Saarland — in einer Artikel-
serie auf dieses Moment zurückgreift und
fünf Gesellschaften benennt, an denen
man nicht interessiert war, so muß man
diese Anspielung zurück-weisen, denn es
wurde um die Eigenständigkeit der Voiks-
fürsorge schwer gekämpft und dauerte
Monate, bis durch den Hohen Kommissar
die Fusion mit der französischen Versi-
cherungsgesellschaft L’Union aufgehoben
wurde. Man kannte das wirtschaftlich ge-
sunde Fundament der Finanzgestaltung
und es wäre für die Versicherungsnehmer
der Volksfürsorge ein schreckliches Er-
wachen geworden, hätte man sie in der
Verwaltung ihrer Verträge den Methoden
der kapita istischsn Ausbeutungspolitik
unterworfen.
Die schwerste Schädigung hat man der
Volksfürsorge zugefügt, in dem man rund
10 Monate Arbeitsverbot erreichen konn-
te, und es war eine falsche Rechnung,
daß man annahm, aus dem Betriebsjahr
1948 heraus die Untragbarkeit festzustel-
len. Unter der „Vorläufigen Verwaltung“,
die in Wirklichkeit mit Fragen der Organi-
sation, ihres Auf- und Ausbaues keine Vor-
schlagsmögiichkeiten hatte, hat unsere
Isaarländische Volksfürsorge irn Verhält-
nis zum 20. 11. 47 ihre Umsatzzixfern mehr
als verdreifacht und sie hat dies nur er-
reicht unter der Leitung gewerkschaftlich
geschulter Funktionäre.
Nachdem die Volksfürsorge mit einem
überwiegenden Erfolg ihre Geschäftsbe-
berichte gab, dürfte es unverkennbar sein,
daß die Zielausrichtung der Volksfürsorge
nur noch die engste Zusammenarbeit mit
Gewerkschaften und Konsumgenossen-
schaften ist. Die Zahl der für dis Volks-
fürsorge tätigen Funktionäre muß aus den
Reihen unserer Gewerkschaftsbewegung
vervielfacht werde«. Es ist vor allen Din-
gen ein moralisches Verständnis dafür
uufzubringsn, daß es Pflicht aller ehrli-
chen und aufrichtigen Gewerkschaftler
sein muß, den Schutz der Familie bei dem
eigenen Unternehmen zu suchen. Man
muß wissen, daß die Verwaltung auf der
Grundlage der Gemeinnützigkeit aufgs-
baut ist, vor allem aber, daß es keine Ak-
tionäre gibt, die Dividenden oder sonstige
Gewinne abschöpfen können. Alle Ueber-
schüsse aus dem Geschäftsbetrieb wer-
den restlos den Versicherungsnehmern
gutgeschrieben und zusätzlich zu ihren
Versicherungssummen am Ablaufstermin
ausgezahlt. Ez mag verständlich sein, daß
kapitalistische Gesellschaften mit letzter
lCraftanstrengung versuchen, ihre Bestän-
de in unseren Reihen zu erweitern, aber
es darf keinen ehrlichen Kollegen unserer
Einheitsgewerkschaft geben, der fürderhin
aus Provisionshascherei Agent oder Wer-
ber bei einer anderen Gesellschaft sein
kann. Wir haben das Recht, von unseren
Funktionären zu fordern, daß sie zusätz-
lich zu ihrer Gewerkschaftsarbeit, die be-
kannterweise ja nur im Interesse des
schaffenden Volkes durchgeführt wird, im
Falle der Versicherungsweibung für die
„Saarländische Volksfürsorge“ tätig sind.
Mag auch die Frage des Nebenverdien-
stes mit entscheiden, so wenden wir uns
offen gegen jede Tätigkeit bei kapitalisti-
schen Gesellschaften auf der Grundlage
der Provisionshascherei. Vor allem sind
die Jugendfunktionäre entscheidend bei
dem Einsatz der gesamten Gewerkschafts-
bewegung; denn sie sind nicht so sehr
durch Bindungen anderer Art gehemmt,
die man als ein Vorurteil ansehen könnte.
Es muß durch den unermüdlichen Ein-
satz aller bereitwilligen Kräfte erreicht
werden, daß unser eigenes Unternehmen
gefördert wird. Fest steht für uns, daß die
Versichere
Dich und Deine Familie nur bei der
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Kapitalien der Volksfürsorge ausreichen
werde«, um der gemeinnützigen Bauwirt-
schaft im Rahmen des sozialen Wohnungs-
baues lür c’as schofle.:de Volk ei.:ea Rück-
halt zu bieten.
Was geschieht mit den Geldern der
übrigen Versicherungswirtschaft, die
schätzungsweise viele hunderte von Mil-
lionen jährlicher Frümieneinnahme auf-
weisen? Eine Beantwortung ist uns un-
möglich; denn wenn wir auf die Erklärun-
gen des Herrn Wirtschaftsministers im Ver-
laut einer Landtagsperiode Bezug neh-
men, so stellen wir fest, daß etwa 90 Pro-
zent der gesamten Venicheiungswirtschaft
durch französische Gesellschaften erfaßt
sind. Aus seinen Erklärungen ist gleich-
falls zu entnehmen, daß von den früher im
Saargebiet arbeitenden 47 Gesellschaften
jährlich eine Prämieneinnahme von 332
Millionen Franken erzielt wurde. Unser
Anteil hieran betrug etwa 6 Prozent, und
es dürfte, hieran gemessen, nicht schwer
sein, daß die Volksfürsorge in absehbarer
Zeit ein maßgeblicher Faktor unserer Ver-
sicherungswirtschaft im Saarland über-
haupt wird.
Wenn wir durch unsere aufklärenden
Vorträge in allen Versammlungen und
durch laufende Berichte, die wir in unse-
rer Gewerkschaftszeitung veröffentlichen,
das Augenmerk unserer Gewerkschafts-
kollegen auf die Volksfürsorge abrichten.
Stellen wir in den Vordergrund, daß es
Ziel und Zweck unserer Organisation ist,
auf der Grundlage gewerkschaftlich-ge-
nossenschaftlicher Zusammenarbeit
schnellstens vorwärts zu kommen, auf die-
ser Grundlage anständigen Versicherungs-
schutz zu bieten und durch diesen Versi-
cherungsschutz zugleich die Mittel zur
Verfügung zu haben, die unsere schaffen-
de Bevölkerung benötigt, um einen Teil der
sozialen Probleme lösen zu können. Es ist
lohnend, sich dieser Frage einmal zu wid-
men, und es ist eine gewisse Vorausset-
zung notwendig, sich zu diesem Entschluß
des Beitritts zur Volksfürsorge durchzu-
itingen.
djie Rückvergütung, die
Sie als Mitglied der
Genossenschaft am
Johrüsende erhalten)
Denn isfdie Freude groß!
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(heunde des guten (Buches ...
haben die Möglichkeit, Mitglied der Bücher*
gildeGutenbergzu werden. Diese auf ge-
meinnütziger Grundlage beruhende Buchgemein-
schalt der Gewerkschaften zählte bis Kriegsende
auch eine große Anzahl schaffender Menschen
unseres Gebietes zu ihren begeisterten Freunden.
Neben den großen Dichtern der Vergangenheit
(Goethe, Fontane, Balzac, Dickens, Gogol. Jack
London usw.) schreiben auch Sigrid UndseL Vicki
Baum, Walter Kotbenhofl, John Knittel u. a. m. für
die Büchergilde Gailenberg.
Viel Sorgfalt wird aach aut die Herausgabe
von Biographien, populärwissenschaftlichen Wer-
ken der Geistes- und Naturwissenschaften, so-
wie Kunst- und Jugendbüchern gelegt. Für 150
Franken Monatsbeitrag können die Mitglieder
jährlich 4 Bücher zum Preise von je 450 Franken
auswählen. (Bei höheren Preislagen lediglich
Zahlung des Unterscbledsbetrages.} Die Bücher
— vorwiegend Gan hinenbfi&de — sind in Papier,
Druck und Einband vorbildlich und fußen auf ei-
ner 25jährigen Tradition „bildungsbeflissener und
schönheitsdurstiger“ Buchdrucker. — Interessen-
ten wenden sieb an den Kollegen Martin Kip«
per, Fischbach-Saar, Bahnstraße 36,
Wir wollen die Gewerkschaftsmitglieder mit
nachstehender Betrachtung auch aut den „Club
der Buchfreunde“ aufmerksam machen.
Seit geraumer Zeit ist dieser Club im Saarland
tätig. Er hat bereits einen ansehnlichen Kreis
von Mitgliedern. Aber der Kreis könnte noch grö-
ßer sein, und mancher wartet sozusagen aul
diese Einrichtung. «
Was will der „Club der Buchireunde"? Er will
für wenig Geld seinen Mitgliedern zum Erwerb
wirklich guter Bücher verhelfen. Viele sind nicht
in der Lage, von Zeit zu Zeit das Geld für ein
wirklich wertvolles Buch aufzubringen, obwohl .
sie gerne eine kleine eigene Bibliothek haben
möchten. Sollen sie nun immer aut den Erwerb
wertvoller Bücher verzichten? Nein! Die ge-
nannte saarländische Buchgemeinschaft, die völ-
lig neutral ist, verhilft jedem Mitglied zum Er-
werb durchweg erstklassiger Lektüre.
Jedes Mitglied hat die Möglichkeit, alle zwei
Monate ein Buch nach eigener Wahl zu beziehe«.
Unter den Neuerscheinungen belindet sich z. B,
das packende Werk „Die Sterne blicken herab“,
von A. J. Cronin, und der große Roman „Fal-
sches Zeugnis“, von Alice Lytikens. Wer sich
für nähere Einzelheiten interessiert, schreibe an
die Einheitsgewerkschaft, Rsdak'-.cn, Saarbrücken,
Brauerstraße 6.
Ziegelei arbeite* streiken erfolgreich
Bocholt. Nach dom Scheitern der Lohn-
verhandiungen in Nordrhem-WestfajenDg«
ten die Belegschaften der vier Bocholter
Ziegeleibetriebe am 14. Ju:li die Arbeit
nieder.
Nach dreitägigem Streik waren, äks Zie-
geleibesitzer zu Verhandlungen bereit. Es
konnte m hartnäckigem Verhandeln einai
Lohnerhöhung von 10 Dpfg. auf die bisher
gezahlten Löhne erreicht werden, was eine
Erhöhung des Stundenlohnes gegenüber
dem abgelaufenen Lohntarif von 12 bis 17,
Dpfg. bedeutet und für die Angestellten;
und Meister eine Gehaltserhöhung von 25
DM. Bei den gegenwärtig steigenden Prei-«
sen dürfte dieses Provisorium kaum von;
langer Dauer sein. Es muß erreicht wer-
den, daß die Löhne in der Ziiegelindu;-,
strie mindestens den Bauarbeiterlöhn jn,
angeglichen und die Ziegjer als Fachar-
beiter anerkannt werden. o.ft
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Redaktion: Sozial- und Wirtschaft*«
Politik C. Schußler, Industrlever«
bände, Jugend sowie FeuilletoÄ
J. P. Wambach. — Drude: Druckerei
Saar-Zeitung, Dr, Nikolaus Fontaine,
Saarlouls — Elnzelverkaufspreis der
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5. Jahrgang
Saarbrücken, 25. August 1950
Nr. 16
Die neuen Mindestlöhne
Dar wochenlang« Kampf um die Min-
äestlöhne in Frankreich ist zu einem vor-
läufigen Abschluß gekommen. Die Rege-
lung gilt auch im wesentlichen für das
Saarland als Grundlage.
Der Berechnung liegt die 40-Stunden-Wo-
che zugrunde. Auf die darüber hinausge-
hendsn Arbeitsstunden erfolgt ein Zu-
schlag von 25 Prozent.
Es ergeben sich folgende Stundenmin-
üestlohne:
Zone I 74,10 FTs.
Zone II 79,20 FTs.
Zone III 66,30 Fis.
Zone IV 64 Frs.
Die Neuregelung findet Anwendung aui
feile Beschäftigte, gleich ob männlich oder
weiblich, die Uber 18 Jahre alt sind.
Für unsere Industriezentren ergibt sich
Irin monatlicher Mindestlohn von ca. 14 820
Frs. Dabei ist hervorzuheben, daß dieses
Exisfenztrinimum für ungelernte Arbeits-
kräfte maßgebend ist. Wie der Geltungs-
bereich der Neuregelung im einzelnen
laus sahen muß, wird genau umrlssenen
Auslühmngsbestimimmgeii Vorbehalten
feein.
Die Kompromißlösung kann von Ge-
Werkschaftsseite nur als erste Etappe auf
dem Wege zur Neuregelung der Löhne
trod Gehälter betrachtet werden. Wichtig
Ist nun, die KaufKraft der Mindestlöhne
Wüe überhaupt der Löhne und Gehälter
nu sichern. Die Jetzt zu erkämpfenden
Tarifverträge werden Form und Inhalt ftir
die Forderung der Gewerkschaft ab-
fieben.
Dar Ernst der Lage
Von H. Lawall.
Fleisch, Wurst, Butter, Zucker, Brot Eier,
Mehl sind während der letzten Wochen im
saarländischen Wutschaitsraum erheb-
lich teurer geworden, und es ist daher
verständlich, wenn in letzter Zeir sich die
öffentliche Diskussion immer mehr mit
diesen Dingen beschäftigt und man vieler-
orts die Frage hört: Was geschieht ge-
werkschaftlicherseits, um die Kaufkraft
der breiten Masse zu heben?
Zwar kann man, wenn man als Ge-
werkschaftler mit diesen Dingen zu tun
bat, in Verhandlungen immer wieder kon-
statieren, daß die Tatsache, daß die Löh-
fee nicht ausreichen, von keiner Seite be-
etritten wird. Ebenso unbestreitbar läßt
man die Feststellung gelten, daß der saar-
ländische Froduktionsertrag den des Jah-
ies 1938 erreicht, wenn nicht sogar bereits
tibe~schritten hat. Man ringt sich sogar zu
tier Erkenntnis durch, daß dem Kaufkraft-
schwund der breiten Masse grundsätzlich
tait erhöhtem Realeinkommen entgegenge-
OTbeitet werden müsse und daß die Ar-
beitnehmerschaft als Konsument nicht ge-
schwächt werden dürfe. Man ehrt den Ar-
beiter, der diesen Produktionsanstieg in
feiner mustergültigen Disziplin und in der
Erkenntnis ermöglichte, daß nur eine Stei-
gerung des Sozialproduktes sein eigenes
persönliches Geschick zu bessern ver-
mag. Man macht vor allen diesen eine
Verbeugung und stimmt den grundsätzli-
chen Forderungen unserer Zeit zu, um
dann in langatmigen Ausführungen zu
erklären, daß man gerne geben würde,
Wenn es die finanzielle Lage ... usw.,
daß man die Not der Arbeiterschaft nicht
leugne, aber die betriebliche Situation
tfelae Behebung der Not... usw. Hierin
•felgt sich ganz klar, daß auch die Geaen-
•jrite um die ungerechte und unvertretbare
üekition zwischen Löhnen und Preisen
Wedß, daß sie dumpf fühlt, daß wir Ent-
■cheidungen zur Lösung d ieser Frage
nicht mehr aus dem Wege gehen können.
Ein gewichtiges Argument, mit dem man
«tets versucht, unsere berechtigten Forde-
tUngen nach einer Lohnaufbesserung ent-
sprechend der Steigerung des Produk-
tionsertrages zu entkräften, ist dabei der
Hinweis auf die amtlichen Statistiken über
ttfe Lebenshaltungskosten, die keinerlei
Steigerung aufweisen. Ohne die Richtig-
loelt dieser Statistiken bezweifeln zu wol-
len, sei es jedoch gestattet, darauf hin-
fcfeweisen, daß zwischen den gleichen amt-
lichen Statistiken Westdeutschlands und
Frankreichs und den privaten Erhebungen
Wer deutschen bezw. französischen Ge-
werkschaften oft sehr erhebliche Unter-
schiede bestehen. Wenn daher in den ge-
mannten Ländern oft berechtigte Kritik an
fiiesen amt’ichen Erhebungen geführt wird,
Ist dies nur verständlich!. Diese unter-
schiedliche Zahlenangaben liegen in er-
•rter Linie in der Preisermittlung begrün-
(Fortsetzung Seite 2)
Die 6renze des Erträglichen
ist überschritten!
Die seit Monaten andauernde Preis-
steigerung hat eine dauernde Verschlech-
terung der Lebenshaltung der Arbeitneh-
mer seit Beginn des Jahres mit sich ge-
bracht. Durch die nun erneut eingetre-
tene Preishausse, die besonders bei den
Agrarerzeugnissen in die Erscheinung tritt
und ihre Auswirkung bei den unaus-
weichlichen Bedarfsgütern des täglichen
Lebens hat, wurde ein Zustand geschaf-
fen, der die Grenze des Erträglichen für
die schaffenden Menschen nun über-
schritten hat
Die von den Arbeitgebern in der Ver-
ganheit und auch jetzt wieder zum Aus-
druck gebrachten Gründe für die Preis-
erhöhungen, daß di« Lohnerhöhungen
diese Preissteigerungen notwendig ma-
chen, treffen keinesfalls zu, sondern Tat-
sache ist, daß wir eine Preiswillkür fest-
stellen, die, wenn sich die Regierung
nicht mehr wie bisher um die Preisge-
staltung kümmert, zu einer Vergrößerung
der sozialen Spannungen führen muß,
bei deren Auslösung die Gewerkschaf-
ten jede Verantwortung ab lehnen müs-
sen.
Die Arbeitnehmerschaft des Saarlandes
kann für sich in Anspruch nehmen, daß
sie der entscheidende Träger des Wie-
deraufbaues unserer Wirtschaft und der
Güterproduktion ist Der sichtbare Beweis
dafür ist die Tatsache, daß innerhalb ei-
nes leeres und zwar vom Jahre 1948 bis
1949 die industrielle Erzeugung der saar-
ländischen Industrie um über 46 */o gestie-
gen ist. Wir fragen uns, wo bei der Ver-
teilung des Sozialproduktes diejenigen
S»blieben sind, die ln erster Linie diese
dustrielte Erzeugung geleistet haben.
Seit Monaten und Wochen bemühen
sich die Vertreter der einzelnen Industrie-
verbände, mit den Arbeitgebern zu Lohn-
u. Gehaltsverhandlungen zu kommen, um
entsprecher 1 den gegebenen Verhältnis-
sen die wirtschaftliche Lage ihrer Mit-
glieder zu bessern. Die in einzelnen Wirt-
schaftsgruppen erfolgten Lohn- und Ge-
haltserhöhungen sind zum Teil absolut
unbefriedigend; andererseits sind Wirt-
schaftsgruppen vorhanden, die bis heute
— und dies trotz Erlaß des Tarifvertrags-
rechts — es nicht für notwendig fan-
den, in Verhandlungen einzutreten und
den Forderungen der Gewerkschaften auf
Verbesserung der Einkommen „ihrer Mit-
glieder gerecht zu werden.
Regierung, Parlament und Arbeitgeber
müssen sich darüber absolut klar sein,
daß die Gewerkschaften nicht gewillt sind,
diese Verschleppungstaktik noch länger
mitzumachen. Am kommenden Dienstag,
dem 29. August 1950, wird der Landesvor-
stand der Einheitsgewerkschaft entspre-
chend dem Willen der gesamten Mitglied-
schaft zu dem Lohn- und Prelsproblem so-
wohl als auch zu der Frage der Mindest-
einkommen erneut Stellung nehmen und
in der am 4. September 1950 tagenden
Konferenz des Gewerkschaftsausschus-
ses, der höchsten entscheidenden Instanz
der Einheitsgewerkschaft, endgültige Be-
schlüsse fassen.
Niemand wird es den Gewekschaften
Übel nehmen, wenn ßie nach erfolgter
Anwendung aller legalen Mittel nun zur
Vermeidung einer weiteren Verelendung
der Arbeitnehmerschaft dazu übergehen,
das letzte Kampfmittel in Anwendung zu
bringen, denn
die Grenze des Erträglichen ist über-
schritten ! ,
Heinrich Wacker.
Ein neuer Kampfabschnitt
Tarifverträge im Vordergrund — Der Standpunkt des I.-V. Eisenbahn —
Das Problem der Pensionen
Durch das von der Regierung des Saax-
londes erlassene Tarifvertragsrecht 6md
wir m eine neue Epoche de« gewerk-
«ohaftlichen Kampfes getreten. Die bis-
lang von der Regierung des Saaxkmdes
Und dem Hohen Kommissariat duichge-
lührte Regelung der Löhne und Gehälter
wird nun durch den Abschluß von Tarif-
verträgen zwischen Arbeitnehmer und
Arbeitgeber abgelöst. Dem langer-
sehnten Wunsche der Gewerkschaf-
ten ist hiermit Rechnung getragen. Ob
der neu abzuschließende Tarifvertrag zwi-
schen den einzelnen Berufsgruppen ein
fortschrittlicher ist und den Wünschen der
Arbeitnehmer entspricht, hängt -nur von
der Stärke der gewerkschaftlichen Orga-
nisation ab und gleichzeitig, ob die Ar-
beitnehmer gewillt sind, für das fort-
schrittliche Recht alle gewerkschaftlichen
Mittel in die Waagschale-zu werfen. In
den Arbeitnehmergruppen, zn denen dis
gewerkschaftliche Basis schlecht ist, wird
cruch der zu schaffende Tarifvertrag dem-
entsprechend aussehen.
Ein Mindesteinkommen, das dem der
französischen Arbeitnehmer entspricht, ist
durch die Konventionen, die zwischen der
»aarländischen und französischen Regie-
rung abgeschlossen wurden, gesichert. Es
hat sich aber m der Vergangenheit erwie-
sen, daß diese Mindestsicherung keines-
wegs den saarländischen Verhältnissen in
allem Rechnung trägt. Natürlich hat die
durch den wirtschaftlichen Anschluß be-
dingte Einführung der französischen Lohn-
ünd Gehaltsregelung in vielen Beziehun-
en Gutes gebracht. Es gibt jedoch auch
egelungen^ die wir als Gewerkschaft —
gemessen an unseren hiesigen Verhält-
nissen _ Gis schlecht für die Arbeitneh-
mer bezeichnen müssen.
Der Augenblick ist nun gekommen, eine
Unseren Verhältnissen angepaßte Lohn-
Und Gehaltsregelung zu schaffen:. D lese
Lohn- und Gehaltsregelung, die m einem
Tarifvertrag zusammengefaßt wird, muß
Jedoch von einem fortschrittlichen Geiste
getragen sein. Unterschiedliche Behand-
lungen in Rechtsfragen dürfen m einem
neuen Tarifvertrag nicht mehr in Erschei-
nung treten. Wohl wird es immer unter-
schiedliche Bezahlung je nach Tätigkeit
Und Verantwortung geben, jedoch in der
AUFRUF!
Junggewerkschaftler! Junggewerkschaftlerinnen!
Eure Gewerkschaft steht im Kampf um die Sicherstellung Eurer Existenz und um
den Schutz Eurer Jugend. Ihr alle seid aufgerufen, Euch an diesem Kampf ru
beteiligen, damit
durch Einigkeit und Geschlossenheit
das hohe Ziel verwirklicht werden kann.'
Als Auftakt zur Winterarbeit führen wir für die Bezirke Saarlouis, Dillingen und
Völklingen ein
lug endtreffen
durch mft folgendem
Programm:
Treffen der Gewerkschaftsjugend der Bezirke Saarlouis, Dillingen und Völk-
lingen am Sonntag, dam 10. September 1950, ln Schwcrlbach
Lokal: „Zur WÄdfcexte".
Eintreffen: bis 9.00 Uhr.
9.30—10 Uhr * Die Lage der schaffenden Jugend im Saarland R. Blaß
10.45—11.45 Uhr: Arbeitsgemeinschaft: „Der Jungarbeiter in seiner Freizeit“.
P. Schmidt
12.C0—13.00 Uhr: Arbeitsgemeinschaft „Tugend arbeite schütz in den Betrieben“.
Fr. Bauer
— Mittagspause —
15.00—18.00 Uhr: „Bunter Nachmittag“.
Beteiligt Euch zahlreich an diesem Treffen!
Jugendsekre tariert.
Aus dem Jjuhcdi:
Bezahlung der Feiertage
Europäische Zukunft und Arbeiterschaft
Die Stimme der Verbände
Gewährung einer Elindheitshilfa
Schwarzarbeit
Die Rolle der Sowjetgewerkschaftea
Aus Saarlands Vergangenheit
Kranken- und Invalidenversicherung
Briefkasten
Poet aus dam Ausland
lI!!lllll!lll!!!llll!IIIII1Iilffill!l!llIt!lllll!HII!lllll!llllllililillllllinil!lll!l!!!illllllllll[Hllll
Rechtsfrage darf es nur ein Recht geben
Und zwar das fortschrittlichste.
Der I.-V. Eisenbahn hat Anfang vergan-
gener Woche seine Forderungen zum
Abschluß eines Tarifvertrages an die zu-
ständigen Behörden eingereicht. Die we-
sentlichsten Teile dieser Forderungen sind:
eine Personalordnung mit den dazu ge-
hörenden Anlagen, ferner die Beso-dungs-
ordnung und dann die Gehaltstabelle.
Der hauptsächlichste Inhalt der Peiso-
nalordnung kann wie folgt zusammenge-
faßt werden: 1. Sicherung des Arbeits-
platzes, 2. Schaffung von Rechten für Ar-
beiter und Angestellte wie dasjenige der
Beamten, 3. Sicherung der Rechte der Be-
amten, 4. Ernennungen zum Beamten, so-
weit die Betreffenden Beamtendienst ver-
richten, 5. einheitliche Bezahlung bei glei-
cher Tätigkeit und Verantwortung, 6. Be-
seitigung des Prämiensystems, /. Anpas-
sung des Einkommens an die Teuerungs-
Verhältnisse, 8. volles Gehalt bei Erkran-
kungen, 9. ein gesichertes Ruhegehalt. 10.
Ausgleichszulage für die bereits in Pön-
sion befindlichen Bediensteten sowohl für
die Arbeiter, Angestellte und Beamte und
11. ständige Anpassung des Ruhegehalts
mit ihren Prozentsätzen c i die Bezug3 des
aktiven Personals.
Sicherung des Arbei splatees ist «afe für
die Arbeiter dringende und wienuge Fra-
pa wie oft herrscht m Arbeiterfamilien
Aiigst und Sorge, wenn dem Ernährer der
Arbeitsplatz gekündigt wird. Es sei nur
an die Personalverminderungen von 1947-
1948 erinnert. Bei Annahme der Perso-
nalordnung wird diese Angst und Sorge
dem Arbeiter genommen. Nach einem
Jahr Probezeit ist er unkündbar angestellt.
In engem Zusammenhang h:e_mit steht
die Schaffung der Rechte für den Arbei-
ter und Angestellten. Bei ein und dersel-
ben Verwaltung gab es in der Vergangen-
heit nur für einen Teil der Bediensteten
Rechte Die übergroße Mehrzahl kam erst
nach 25 Jahren Tätigkeit in das unkünd-
bare Verhältnis. Bei Annahme der Per-
sonalordnung fällt dieses jahrzehntelang
aufrechterhaltene Unrecht.
Warum soll der Arbeiter in den Werk-
stätten, Bahnmeistereien usw. nicht eben-
falls wohlerworbene Rechte haben, d.e
ihm bei Erkrankung und bei Zurruhese.-
zuag ein gesichertes Einkommen garan-
tieren? Keine Behörde kann sich dieser
Forderung entgegenstellen, wenn sie für
cioh in Anspruch nehmen will, demokra-
tisch und gerecht zu sein. Den Beamten
Und den auf Beamtenposten beschäftig-
ten Bediensteten wird hiermit kein Recht
Seite 2
August 1950
.DIE ARBEIT11
genommen, sondern im Gegenteil, die
Zahl derer, die bereit sind, die Rechte zu
verteidigen, hat sich vergrößert und der
Zwiespalt, der bisher zwischen Arbeitern
Und Beamten war, wird mit einem Schlag
beseitigt.
AuchTin der Frage der Bezahlung gilt es,
einheitliche Rechte zu schaffen. Es wird
nur noch e 1 ne Gehaltstabelie geben, in
der jeder auf Grund seiner Tätigkeit und
Verantwortung in die für ihn in Frage
kommende Gruppe eingruppiert wird. Die
Eingruppierung muß so erfolgen, daß bei
gleicher Tätigkeit und gleicher Verant-
wortung ein und diesibe Einstufung er-
folgt. Ganz besonders muß das Einkom-
men der unteren Gruppen den Teue-
rungsverhältnissen angepaßr sein. Dabei
kommt es nicht darauf an, ob die Ge-
haltsgruppe 1, 2 oder 3 heißt, sondern es
kommt darauf an, was in der Gehalts-
gruppe gezahlt wird und ob dabei das
Existenzminimum gesichert ist. Die Ein-
heitsgewerkschaft hat die Forderung für
das Existenzminimum von 18 500 Frs. erho-
ben. Die vom L V. Eisenbahn ausgear-
beitete Gehaltstabelle wurde unter Berück-
sichtigung dieses Existenzminimums auf-
gestellt.
Einem langersehnten Wunsche des Ei-
senbahnpersonals wird durch die Besei-
tigung des Prämiensystems Rechnung ge-
tragen. Durch das eingeführte Pxämiensy-
stem gab es in den vergangenen Jahren
sehr viel Unzufriedenheit. Di« Eisenbah-
ner wollen keine Prämien, sondern ei»
ausreichendes Gehalt
Der § 22 der Personalordnung sieht dl«
Fortzahlung der Bezüge bei Erwerbsunfä-
higkeit vor. Tatsache ist daß die Be-
handlung der Bediensteten in der Vergan-
genheit mit zweierlei Maß gemessen wur-
de und daß der Arbeiter bei Erkrankung
mit einigen Pfennig Krankengeld leben,
mußte. Dies gehört mit zu den vielen
Ungerechtigkeiten, die eigentlich m einem
demokratischen Staat längst überholt sein
müßten. Gerade bei Erkrankungen des Er-
nährers sind die Auslagen der Familien
meist höher als bei einem normalen Stand,
so daß alle die aufgeworfenen Punkte ei-
gentlich nur als Wiedergutmachung an
dem begangenen Unrecht der Arbeiter-
schaft gegenüber zu gelten haben. Dies
triffi auch zu bei Zurruhesetzung des Ar-
beiters. Der Arbeiter kann bei den jetzi-
gen Bestimmungen erst vom 65. Lebens-
jahr oder bei 66% Prozent Arbeitsunfähig-
keit eine Hungerrente beziehen. Warum
gibt man dem Arbeiter nicht ebenfalls
nach 30- und 40jähriger Tätigkeit 80 Pro-
zent seines verdienten Einkommens? Der
§ 20 der Personalordnung sieht hier di«
gleiche Behandlung vor, wie sie die Be-
amten haben
Der Ernst der Lage
(Fortsetzung und Schluß)
Für die bereits in Pension befindlichen
Bediensteten sei folgendes festgesteilt: ln
§ 20 ist festgeiegt, daß die Pensionäre den
Unterschiedsbetrag zwischen den in der
Personalordnung festgelegten Prozentsät-
zen, aufgestelltem Ruhegehalt und ihren
jetzigen Bezügen bekommen sollen und
daß die Witwen ein Witwengeld in Höh«
von 60 Prozent des Ruhegehalts des Ehe-
manns erhalten, daß bei Halbwaisen ein
Fünftel des Witwengeldes als Waisenrente
Und Vollwaisen ein Drittel des Witwengel-
des als Waisenrente erhalten.
Eine alle, sowohl Ruhegehaltsempfän-
ger wie aktives Personal interessierend*
Frage ist, daß das Ruhegehalt sich ent-
sprechend der Ordnung der Bezüge des
aktiven Personals ändert. Diese alte von
der Einheitsgewerkschaft aufgestellte For-
derung ist sehr dringend, da wir in einer
Zeit leben, die ständig Schwankungen in
den Preisen zu verzeichnen hat. Die Be-
züge des aktiven Personale wurden, durch
den gewerkschaftlichen Kampi mehr oder
weniger heraufgesetzt. Die Bezüge unse-
rer Pensionäre dagegen bleiben ständig
auf demselben Niveau, so daß es vorkam,
daß das Ruhegehalt, das für einen Monat
bestimmt war, nicht einmal für eine Wo-
che aus reichte. Alle Arbeitnehmer müs-
sen dafür eintreten; denn die Pensionär«
von morgen sind wir, und es gilt, nicht
nur während der aktiven Zeit ein gesicher-
tes Einkommen zu haben, vielmehr ist es
notwendig und wichtig, im fortgeschritte-
nen Alter einen ruhigen und gesicherten
Lebensabend verbringen zu können.
Diese von der Einheitsgewerkschaft ein-
gereichte Personalordnung mit all ihren
Anlagen kann als die fortschrittlichste un-
serer Zeit betrachtet werden. Führende
Männer in Staat und Wirtschaft sprechen
oft von der Hebung der sozialen Verhält-
nisse für die Arbeitnehmerschaft, spre-
chen oft von der Gleichheit der Rechte in
einem demokratischen Staat. Hier wird
ihnen nun Gelegenheit gegeben, ihrem
Worten Taten folgen zu lassen. Es sind
keine übertriebenen und überspitzten For-
derungen, sondern Mindestforderung an,
auf welche die Arbeitnehmerschaft abso-
lut Anspruch erheben kann und die in
einem demokratischen Staate als selbst-
verständlich betrachtet werden, müßten.
Wir sind uns jedoch bewußt, daß nicht
das Recht ist, was man als*Recht empfin-
det, sondern daß Macht Gesetze schafft
die man dann als Recht bezeichnet und
wenn es die größte Ungerechtigkeit ist
Diese Macht hat schon etwas zum Recht
erhoben, was di« größte Ungerechtigkeit
war. In der Erkenntnis dieser Tatsache
«ei an alle Arbeitnehmer und ganz beson-
ders an die Bediensteten der Saarländi-
schen Eisenbahnen appelliert, sich ge-
schlossen hinter die Forderungen des 1 -V.
Eisenbahn zu steilen, um mit Macht da«
*um Recht zu machen, was Recht ist.
Eduard Weiter,
det. In der Vorkriegszeit war es nicht be-
sonders schwer, die verhältnismäßig kon-
stanten Preise festzustellen und in den
Nachkriegsjahrsn wurde die Preis-ermitt-
" lung durch den absoluten Preisetop sogar
noch vereinfacht. Durch die inzwischen
erfolgte Preisfreigabe ist jedoch für di«
amtliche Statistik ein neues Problem ent-
standen: die Preisermiitlung. Heute smd
z. B. nicht nur zwischen, sondern sogar
innerhalb einzelner Orte für dasselbe Er-
zeugnis ganz erhebliche Preisvarianten zu
beobachten, die die Ermittlung eines so-
genannten „Durchschnittspreises" außer-
ordentlich erschweren. Es ist daher leicht
verständlich, wenn die Statistik der Ver-
braucherpreise und der hierauf auf-
bauende Index der Lebenshaltungskosten
in der Oeffentlichkeir zunehmend kritisiert
wird. Dabei kommt oftmals zum Aus-
druck, daß die registrierten Preise nie-
driger sind als die tatsächlich geforderten
und vom Konsumenten zu zahlenden und
daß somit der Index der Lebenshaltungs-
kosten in keiner Weise die eingetreten«
wirkliche Verteuerung wiederspiegelt.
Wenn daher die Einheitsgewerkschaft
Lohnerhöhungen und eine He rauf setzung
des Existenzminimums auf 18 500 Frs. ver-
langt, tut sie dies, weil ihre verantwor-
tungsvolle Haltung in der Vergangen-
heit, di« auf eine Beseitigung der großen
Spanne zwischen Preisen und Löhnen hia-
zielte, nicht auf die entsprechende Hal-
tung der Gegenseite gestoßen ist. Be-
stimmt wurde der Kampf der Einheitsge-
werkschaft um eine vernünftig« Lohn-
Preisordnung mit Senken der Preise vor-
nehmlich durch die Tatsache, daß wir in
unserem kleinen Lande nahezu 200 000
Versorgungsberechtigte haben, die mit ih-
ren Angehörigen sozial unterstützt wer-
den müssen und für die Lohnerhöhungen
keine Aenderung der menschenwürdigen
Existenz bringen. Da aber bei einem Lohn-
einkommen, das am Reallohn gemessen
30 Proz. unter dem Stand von 1938 liegt,
die Produktion aber an di« Vorkriegspro-
duktion wieder heranreicht und somit an-
zunehmen ist, daß die Unternehmerge-
winne mindestens um den gleichen Be-
trag, also um 30 Prozent, über den Stand
von 1938 liegen, ist unsere Forderung nach
Neufestsetzung der Löhne nur zu berechn
tigt.
Die Tendenzen, die zur Preissteigerung
führen, liegen unseres Erachtens in dem
Bestreben, di« Lasten des letzten Krieges
einseitig auf die Schultern d«T Verbrau-
cher abzuwälzen und den Neuaufbau der
Unternehmen aus laufenden Gewinnen zu
finanzieren. Dieses Streben nun, die
Preispolitik allein auf die Profitinteressen
der Unternehmerschaft aufzubauen, hat zu
Verbraucherpreisen geführt, die für die
breiten Massen auf die Dauer nicht trag-
bar sind. Von dem Unternehmertum muß
daher verlangt werden, daß sie ihren per-
sönlichen Aufwand weitgehend einschrän-
ken und den Gewinn zum Ausbau der Be-
triebe verwenden. Tun sie das nicht, dann
besteht die Gefahr, daß große Verzerrun-
gen in der Produktionsstruktur auftreten.
Die sich ergebende Folge müßte sein, daß
die kaufkräftige Nachfrage der Masse ge-
ring, diejenige der Unternehmer jedoch
sehr groß würde. Dies aber müßte fol-
gende Wirkung auslösen: Die Produktion
von Luxusgütern würde mehr Gewinn ab-
werfen und daher ausgedehnt werden. Die
Produktion von Konsumgüter» für den
Massenbedarf hingegen würde weniger
Gewinn bringen und daher vernachlässigt
werden.
Wir bezweifeln allerdings, um mit Andr6
Lafond, dem Sekretär der C.G.T—F.O. zu
sprechen, daß das Unternehmertum so
viel Verständnis an den Tag legen und be-
reit s«m wird, zwar nicht Opfer zu brin-
gen — denn dazu ist es nicht fähig —
aber auf übermäßig hohe Gewinne zu
verzichten.
Unä noch auf eine andere Wirkung ei-
ner Lohnerhöhung möchten wir die Arbeit-
Seber an dieser Stelle hin weisen. Wir
ürfen die Löhne nicht nur als Kostenfak-
tor betrachten, sondern müssen auch ihre
Funktion als Einkommen berücksichtigen.
Man verfällt gerne m den Fehler, diese
Seite des Problems zu übersehen. Werden
beispielsweise sämtliche Einkommen, die
nicht aus selbständiger Arbeit stammen,
um 20 Prozent erhöht, um nur eine Zahl
zu nennen, dann werden ja auch um den
gleichen Prozentsatz mehr Konsumgüter
nachgefragt. Eine erhöhte Nachfrage aber
bedingt eine Erhöhung der Produktion, an
der letzten Endes der Unternehmer mit er-
höhten Gewinnen entscheidend profitiert.
Da wir aus dem Sozialprodukt unserer
Wirtschaft allen arbeitenden Menschen
ein anständiges Einkommen garantieren
können, mögen alle, die es angeht, aus
dem Emst der Situation die Konsequenzen
ziehen. Der soziale Fried© wird letzten
Endes davon abhängen, ob die Gewerk-
schaften gezwungen werden, in ernsten
Auseinandersetzungen um dieses Ziel zu
kämpfen,
- ■
Europäische Zukunft und Arbeiterschaft
Vor einigen Jahrzehnten entwarf Os-
wald Spengler in seinem Werk „Der Un-
tergang des Abendlandes" in visionärer
Sicht ein Bild künftigen abendländischen
Geschicks. Mit tragischem Pessimismus
unzertrennlich dem Geschick aus gelte faxt,
so sah Spengler die Geschichte Europas
sich vollziehen. Was Spengler in seinen
Betrachtungen als unabdingbar und na-
turnotwendig zu erkennen vermeint hatte,
soll es sich ui unseren Tagen verwirk-
lichen?
Stirbt Europa wirklich?
Werden wir das gleich» Schicksal er-
leiden wie alle frühe renKuiltunen und einem
unaufhaltsamen Untergang entgegen-
eilen? Haben sich di» Schwerpunkte de«
geistigen und materiellen Lebens so ver-
lagert, daß di* geschichtlich» Mission de«
alten Kontinents beendet ist? Sind wir
im wirtschaftlichen Bereich an di« Peri-
pherie des Welthandels gerückt und im
geistigen Bereich in «in© Defensive ge-
drängt, um das zweitausend] ähnge Kul-
turgut nur zu konservieren, ohne schöpfe-
risch und gestaltend weiter wirken zu
können?
Was soll aus Europa werden?
Welches ist an dieser Zeitwende di«
Aufgabe de» europäischen Menschen und
besonders der Arbeiterschaft? Betrachten
wir die Dinge, so wird uns klar, daß die
heutige Not dreifacher Art ist; Sie ist wirt-
schaftlicher, soilder und politischer Natur,
Man wird einwenden, diese dreifache
Not sei nur im nationalen Bereich zu lö-
sen und .wird daran die Frage knüpfen,
was denn überhaupt Europa begrifflich
und faktisch darstellle und ob es über-
haupt gemeinsam« politisch«, wirtschaft-
liche und kulturelle Gemeinsarbeiten im
europäischen, übernationalen Rahmen zu -
verteidigen hat.
Die Gegner der „europäischen Idee"
werden unter Europa immer nur einen Be-
griff, einen Sammelnamen für ein Dutzend
sich befehdender Staaten verstehen, nie
aber eine kraftvoll!«, lebensfähige Einheit,
Es war in den zwanziger Jahren unsere»
Jahrhunderts, als Norman Angell den Aus*
spruch tat: „Wird ln einem Menschenalter
Europa nicht zu einer Befriedung kommen,
dann ist Europa ein erledigter Fall,"
Bei der sogenannten Befriedung Euro-
pas, zu der sich erste europäisch« Fach«
ieute aus allen Wirtschaftszweigen ver-
trauensvoll äußerten, darf man nicht ver.
gessen, daß es auch ein Kampf um den
Weltmarkt ist, der zur SttzbiliadefiÄg Eu-
ropas geführt wird. Dieser Kampf um dea
Weltmarkt wird stets auch ein Kampf un*
dein Produktionsanteil des einzelnen Ge-
sellschcrfteschiahten sein. Aber Immer ia
noch reden zwar weit© Schichten von ei-
ner Befriedung Europas, schlagen aber im
Rahmen des eigenen Landes jeden Frie-
den entzwei.
Das sind jene Leute, die sich einen Auf-
stieg nur vorstellen können auf Kosten aer
schaffenden Menschen und der Verbrau-
cher, d. h. sie wollen eine Steigerung des
Kapital ge winnes auf Kosten des Massen-
wohlstandes erreichen. Es ist lächerlich,
vom Frieden oder gar vom Weltfrieden zu
sprechen, solange noch ein solcher Geist
lebt, wie wir ihn vielfach auch heute noch
antreffen,
Europa wird nicht gerettet lediglich
durch ein» Stärkung des Kapitals oder
durch Güte und Verbesserung der zu ex-
portierenden Güter. Viel wichtiger ist ein
Zueinandergehen der gemeinsamen Inter-
essen von Kapital und Arbeit. Ein lebens-
starkee, glaubensvollles, berufsfreudiges
Volk, stark in sich und den zu erfüllen-
den Aufgaben, muß den Boden für die
innere Erneuerung abgeben. Dieses Volk
wächst erst durch sein solidarisches Zu-
sammengehen,
Hier stellen sich Aufgaben für die Ge-
werkschaft und mit ihnen wächst die Ge-
werkschaftsbewegung in weltgeschichtli-
che und weltpolitische Ziele hinein. Die
Gewerkschaftsbewegung ist kein Selbst-
zweck, sie dient höheren Zielen, genau
wie es die Wirtschaft auch tun soll oder
sollte. Aber durch die Gewerkschaftsbe-
wegung ist die Arbeiterschaft erst zum Er-
kennen ihrer selbst, ihrer Taten, ihrer
Kräfte und ihrer Ziele gekommen. Die
Gewerkschaftsbewegung ist das Funda-
ment, die dem Stand bildende Gewalt der
Bezahlung der Feieifage
Mit Datum vom 4. April 1950 ist end-
lich das Gesetz in Kraft getreten, das die
Bezahlung der gesetzlichen Feiertage im
Saarland regelt.
Als bezahlte Feiertage gelten folgende
sechs Tage, sofern diese Tage auf einen
Wochentag fallen:
1. Januar, Ostermontag, Pfingstmontag,
1. Mal und der 1,‘ün.d 2. Weihnachte-
fsiertag.
Die Gewerkschaften haben sich für dies«
Regelung, die nun schließlich akzeptiert
wurde, mit aller Energie eingesetzt.
In einer noch aus stehenden Durchfüh-
rungsverordnung und in Tarif Verhandlun-
gen werden die Einzelheiten zu regeln
sein. Vor allem ist festzulegen, cruf wel-
cher Basis die Bezahlung für Akkord- und
Saisonarbeiter zu erfolgen hat.
WÄSCHT
TiPSAUBER
Gewährung emer BUndheitshilfe
Im Amtsblatt Nr. 51/50 vom U. 8. wurde da«
neue Gesetz über die Gewähruag einer Blind-
heitshilfe an ZIvilbiinde veröffentlicht, im Para-
graph 1 wird festgelegt, daß die Höhe der Blind-
heitshilfe sich nach den Sätzen der Pflegezulaga-
stufe IV für Kriegsblinde bemißt Jugendlich«
Zivilblind« erhalten 20 vom Hundert der zuvor
genannten BUndheitshilfe, solange sie das 14.
Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
40 o/o nach dem 14. Lebensjahr
60 0/o nach dem 15. Lebensjahr
80 o/o nach dem 16. Lebensjahr.
100 o/o nach dem 17. Lebensjahr.
Der Paragraph 2 regelt, daß die Blindheltsiulf«
ohne Rücksicht auf zusätzlich« Wohlfahrts- oder
Fürsorgeleistungen gewährt und auf diese Lei-
stungen nicht anzurechnen ist. Auch unterliegt
diese Hilfe nicht dem Steuerabzug vom Arbeits-
lohn. (Näheres siehe Amtsblatt.)
sich zerstreut und einsam fühlenden Mas-
se geworden. Deshalb ist sie aus dem
Kreislauf der modernen Geschichte, der
Völker und Kulturgeschichte nicht mehr
wegzudenken. Wer die gesamten Stoß-
kräfte Europas zur Rettung des Abendlan-
des einsetzen will, kann nicht diejenigen;
Kräfte ausschalten, die einen, vielleicht
den lebenskräftigsten Stand formen und
bilden. Das hätte man auch bedenken
sollen, als däe Vertreter zum Europarat
ernannt wurden. Es gibt*auch Arbeiter-'
Vertreter, die sich auf dem europäische«
Parkett bewegen können, oft noch besser
wie jene Leute, die glauben, diese Eigen-
schaft nur allein m Erbpacht genommen
zu haben.
Die Gewerkschaftsbewegung ist etwas
anderes als eine Bewegung oder ein Ver-
ein, dem es vor allem um Tonnen, Macht
oder Gewinn geht. Sicher: Die Gewerk-
schaftsbewegung steht auch mitten im
Kampt um eine gerechte Gestaltung des
Arbeitsmarktes, besonders des Lohn- und
Preisgefüges, aber sie hat auch das große
Ziel vor Augen, die Arbeiterschaft als sitt-
lich strebendes Glied in das Volksganz»
einzubauen. Ja, uns scheint, daß die Ar-
beiterschaft besonders berufen ist, den
Sauerteig bei der Neugestaltung der Din-
ge abzugeben. Sie hat wohl die meisten
Berührungspunkte mit den verschieden-
sten europäischen Völkern. Diese Berüh-
rungspunkte sind vorhanden in der ge-
meinsamen Ansicht über die Freiheit des
einzelnen Menschen. Sie sind vorhanden
in der gemeinsamen Auffassung über
Recht und Gerechtigkeit. Gekrönt wird je-
doch dieses Gebäude vom Willen zur Ge-
staltung des Lebens, der Würde und des
Rechtes. Und damit gehören wir zum Kul-
turkreis Europas und sollen uns dessen
noch stärker bewußt werden.
Der „Untergang des Abendlandes" ist
die Frage nach der schöpferischen Kul-
turstärke Europas. In dem Maße, wie es
gelingt, über Haß und Neid im Erdenrin-
gen die Idee des Bruderseins rm Volke zu
erheben und in dem Maße, wie der Gleich-
klang an persönlichen Lebe ns geholt wie-
der ertönt, wird auch Europa vor neuen
Toren stehen.
Durch die Tore sollen alle
die guten Willens sind.
schreiten*
H H,
Die Beschäftipngslage im Saarland
Di» lebhafte Bautätigkeit mit ihrer gün-
stigen Ausstrahlung auf zahlreiche Wirt-
schaftszweige, der ansteigende Beschäf-
tigungsgrad m der eisenerzeugenden In-
dustrie und der Eintritt schulentlassener
Jugendlicher in das Berufsleben bestimm-
ten im Juli das Geschehen auf dem Ar-
beitsmarkt. Di» Zahl der an ge forderten
Arbeitskräfte dürfte im Juli ihren Höhe-
punkt erreicht haben, wie auch die bei
den Arbeitsämtern am Monatsschluß noch
als offen gemeldeten rund 4000 Stellen ei-
nen Höchststand darstellen.
Di» Zahl der Beschäftigten Im Bauge-
werbe lat um 676 auf 25326 gestiegen,
Di» eisenerzeugende Industrie weist ein«
Belegechaftsverstärkung um 520 Arbeits-
kräfte auf.
Insgesamt ist die Zahl der beschäftigten
Arbeitnehmer gegenüber dem Vormonat
Um 1037 auf 275 478 gestiegen.
Bergbau:
Die Belegschaft hat sich durch natür-
liche Abgänge um 477 verringert. Zur Be-
friedigung des starken saisonmäßigen Be-
darfs an Arbeitskräften in der Bauwirt-
schaft hat der Saarbergbau ca. 600 Ar-
beitskräfte als Beurlaubte zur Verfügung
gestellt.
Eisenerzeugende Industrie:
Die Rückkehr ehemaliger Belegschafts-
mitglieder des Neunkircher Eisenwerks U»
den NeunkiTchex Betrieb hatte bei ver-
schiedenen saaTländischfin Hütten einem
geringen Kräftebedarf zur Folge. So for-
derte i. B. die Haiberger Hütte 40 Arbeits-
kräfte cm. Di« Burbacher Hütte meldet
«inen Sofortbedarf von 120 Arbeitskräfte«
für das Stahl- und Walzwerk. Das Neun-
kircher Eisenwerk beschäftigte «an End«
des Berichtsmonate bereits wieder 4176
Arbeitskräfte.
August 1950
„DIE ARBEIT"
Seite 3
STIMME PIER VERBÄNDE
I. V. Post- u&d Fernmeldewesen
Wie kommen wir weiter?
Eine Antwort an einen Diktator.
Nach endlosem Warten sind die Stel-
lenpläne für 1950 nun doch noch geneh-
migt worden. Zugleich wurde die Sperre,
mit der das Haushaltsgesetz für 1950 be-
lastet war, aufgehoben.
Wenn wir ein Jahr zurückdenken, dann
fallt uns auf, daß die Stellenpläne „be-
reits“ am 30. 6. genehmigt wurden, al-
so immerhin beinahe zwei Monate frü-
her als in diesem Jahre. Wir tun gut da-
ran — vorausgesetzt, daß sich nichts Ent-
scheidendes ändert — diese Tatsache in
die verständlichen Hoffnungen, die sich
nun langsam wieder zu regen beginnen,
als eisernen Bestandteil fest mit einzu-
sch'ießen. Diese Vorsichtsmaßnahme wird
uns vor manctwn Enttäuschungen bewah-
ren.
Eines steht jedenfalls heute schon fest:
Wenn der Weg der Beförderungen und An-
stellungen nicht radikal abgekürzt wird,
werden wir nicht weit kommen. Es wird
unmöglich sein, alle Personalbewegungen
noch in diesem Jahre unter Dach und Fach
zu bringen.
I>er Schwerpunkt der Misere liegt un-
zweifelhaft beim § 5 der Geschäftsord-
nung der Regierung, wonach einer Per-
sonalkommission die Begutachtung der
Einstellungen, Beförderungen, Ernennun-
gen usw. übertragen ist.
Wir haben mit dieser Kommission keine
guten Erfahrungen gemacht. Diese Fest-
stellung bezieht sich weniger auf die Ar
beit dieser Kommission, als vielmehr cruf
das „Tempo“, in der sie durchgeführt wur-
de. Der Vorwurf wird verständlicher, wenn
man berücksichtigt, daß die Kommissions-
mitglieder aus den verschiedenen Ministe-
rien kommen und die Kommissionstätig-
keit mehr oder weniger zusätzliche Arbeit
auferlegt. Durchweg tagte die Kommis-
Nachdem in der Säge-Industrie 8 Pro-
zent Lohnerhöhung auf den Stundenlohn
gewährt wurden, fanden im Monat Juli
Verhandlungen mit dem Arbeitgeberver-
band der holzverarbeitenden Industrie
statt. Trotz den aufgetauchten Schwierig-
keiten m der Möbelindustrie wurde eine
Vereinbarung über eine 7prozentige Stun-
denlohnerhöhung erzielt. Die Lohnerhö-
hung in der holzverarbeitenden Industrie
tritt mit Wirkung vom 1. August 1950 in
Kraft. Zur Abwendung der aufgetauchten
Schwierigkeiten in der holzverarbeitenden
Industrie hat die Einheitsgewerkschaft ver-
schiedene Eingaben an die maßgebenden
Dienststellen gerichtet.
Es ist für uns als Organisation eine
Selbstverständlichkeit, daß die bisher er-
reichten Lohnerhöhungen in keinem Ver-
gleich zu den erfolgten Erhöhungen der
Lebenshaltungskosten stehen. Aus die-
sem Grunde gehen im Rahmen der Man-
teltarifverträgen die Verhandlungen wei-
ter, so daß die bisherigen Lohnerhöhun-
gen, nur ein vorübergehendes Provisorium
darstellen.
Es werden in den kommenden Wochen
Der Reisedienst, Abt. Bergbau, führt vom
9. 9. - 11.. 9. 50 eine Dreitagesfahrt zum
Bodensee nach folgendem Programm durch:
1. Tag; Abfahrt morgens um 5 Uhr in St.
Ingbert, Marktplatz; Reiseroute: Dudweiler—
Saarbrücken - Saargemünd - Servern« —
Schlettstadt — Colmar — Neubreisach —
Grenzübertritt — Breisach — Freiburg, hier
kurzer Aufenthalt und Rundfahrt durch die
Stadt — durch Höllental zum Tittisee mit
kurzem Aufenthalt — weiter durch den
Schwarzwaid (Hoch) nach Singen — Hohent-
wiel — Ueberlingen zum Bodetisee — dem
See entlang über Meersburg — Frtedrichs-
hafen nach Lindau im Bodensee — Ueber-
nachtung in Hergesweiler bei Lindau.
■*
2. Tag: Um 8 Uhr Abfahrt nach Lindau,
Rundfahrt durch die Stadt, um 8,45 Uhr
Abfahrt zur ganztägigen Bodenseefahrt mit
dem Dampfer. In Konstanz legt der Dampfer
zum ersten Mal an, zweistündiger Aufent-
halt mit Rundgang durch die Stadt —
Konstanzer Münster evtl, noch zur Schwei-
zer Grenze. Weiterfahrt zur Insel Mainau,
Besichtigung der Insel mit ihren herrlichen
Palmenhainen, nach einstiindigem Aufent-
halt Weiterfahrt nach Meersburg. Besuch
des Schlosses Meersburg; nach zweistündi-
gem Aufenthalt Weiterfahrt nach Lindau,
Ankunft e wa um 19 Uhr. Abendessen, noch-
mals Gelegenheit zur Fahrt in die Stadt,
evtl. Besichtigung des Spielbetriebes in der
Spielbank Lindau.
3. Tag: Heimreise: Abfahrt vorm. 9 Uhr in
Hergesweiier. Die Fahrt geht wieder dem
sion einmal in der Woche. Nicht selten
mußten die Sitzungen abgesagt werden,
weil die zur Beschlußfähigkeit erforder-
lichen vier Vertreter nicht anwesend wa-
ren. Es darf weiter nicht übersehen wer-
den, daß der Zuständigkeitsbereich die
Zentral- und Lokalverwaltungen umfaßt
und demzufolge einen erheblichen Ar-
beitsanfall nach sich zieht, der sich „so
nebenbei“ nur in längeren Zeiträumen be-
wältigen läßt. Bedenkt man nun weiter,
daß die gesamten Personalbewegungen
wegen der sehr späten Verabschiedung
der Stellenpläne auf buchstäblich vier
Monate zusammengedrängt sind, dann
kann man sich nach dem Vorbild, de«
vergangenen Jahres leicht ausreehnen,
wann die letzten durchgeführt sein wer-
den. Das Jahr 1950 wird jedenfalls dazu
nicht mehr ausreichen.
Diese wenig erfreulichen Aussichten
veranlassen uns, für die PTV des Saar-
landes eine Ve kürzung des Weges zu ver-
langen — zum mindesten zeitweilig — da-
mit die Beförderungen und Ernennungen
auch tatsächlich die zahlreich Wartenden
und so oft Enttäuschter erreiche i können.
Die ganze oder zeitweilige Ausschaltung
der Personalkommission ist dazu das ge-
eignete Mittel. Es erscheint uns um so
unbedenklicher, als der Rahmen des Stel-
lenplanes genau abgesteckt ist und die
Anstellungs- und Beförderungsgiundsätze
hinlänglich bekannt sind.
Wir haben aber auch einige allgemeine
Bedenken gegen die Personalkommission.
Di* Tatsache, daß man nicht wie in
Deutschland längstens da an gedacht hat,
auch die Gewerkschaften — wie es
eigentlich selbstverständlich sein sollt«,
— einzuschalten, stimmt uns nachdenk-
lich. Unsere Bedenken werden auch nicht
allerorts Versammlungen des Industriever-
bandes Holz stattfinden. Bei dieser Ge-
legenheit wird der vorgesehene Inhalt des
kommenden Tarifvertrages eingehend be-
handelt werden. Die Kolleginnen und Kol-
legen werden gebeten, an diesen Ver-
sammlungen zahlreich teilzunehmen, da-
mit Vorschläge und evtl. Verbesserungen
berücksichtigt werden können.
Die Betriebsräte und Obmänner werden
gebeten, dem Industrie verband die Beleg-
schaftsstärke ihres Betriebes bekanntzu-
geben. Diese Angaben sind für unsere
statistische Erhebung äußerst wichtig.
Für unsere unorganisierten Kollegen
bringen wir einen Hinweis. Wenn auch
die 7prozentige Lohnerhöhung auch ihnen
wiederum zugutekommt, so machen wir
darauf aufmerksam, daß bei Abschluß der
Manteltarifverträge und m Zukunft der Ar-
beitgeber gehalten ist, nur mehr den Be-
langen seines Vertragspartners Rechnung
zu tragen.
Somit ist Vertragspartner die Organi-
sation; di« Organisation jeder Kollege!
Industrieverband Holz
Bodensee entlang über Friedrichshafen —
Meersburg; in Ueberlingen nehmen wir Ab-
schied vom schönen Bodensee und fahren
über Engen durch den Hegau in den Schwarz-
wald. diesmal über Bad Dürrheim — Vilhngen
— Triberg — durch Gutachtal über Gutach
— Hausach — Biberach nach Offenburg. In
Kehl/Rhein Grenzübertritt. Nun gehts heim-
wärts über Strasbourg — Bitsch— Saarge-
münd — Dudweiler — St. Ingbert Ankunft
etwa um 18 Uhr.
Der Fahrpreis für diese herrliche Fahrt
die bestimmt zu einem unvergeßlichen Er-
lebnis wird, beläuft sich auf insgesamt 5000.—
Frs. und umfaßt:
Fahrpreis für Omnibusfahrt einschl. Rund-
fahrten. Kosten des Sammelvisums, Boden-
seerundfahrt, 2 Uebernachtungen mit Früh-
stück und Abendessen in Hergesweiler und
10 DM Taschengeld.
Weitere Unkosten, auch für Nsbenausgaben
werden Ihnen nicht entstehen.
Versäumen Sie also nicht die günstige Ge-
legenheit und geben Sie noch heute Ihre Teil-
nahmeerklärung ab.
Alle Anmeldungen mit Sammelvisum werden
bis einschl. 30, August 1950 bei der
Kuiturabteilung. Saarbrücken. Brauerstr. 6-8,
oder Bergbau—Gruppe Mitte, Sulzbach-Voiks-
haus, Kollege Körner. Otto. Elversberg,
Kollege Ditzler, Paul, Dudweiler, Saarbrük-
ker Straße 375
sowie alle Funktionäre der E. G.
entgegengenommen.
durch die Tatsache entkräftet, daß die
Komrmssionsmitglieder nicht als ausge-
sprochene Parteimänner, sondern als Ver-
treter ihrer Ministerien, auf treten. Sie
sind auch nicht durch die Rechnung ei-
nes Oberregierungsrats zum Schweigen zu
bringen, der nachgezählt hat, daß über
die Hälfte der Kommissionsmitglieder kei-
ner Partei angehörten. Die landläufige
Meinung redet eine andere Sprache, und
der Glaube an die Allmacht der Partei
ist immer noch ein fester Bestandteil des
saarländischen E>enkens. Deshalb müssen
die Gewerkschaften schon für jedermann
sichtbar in die Personalkommission ? ’ge-
baut werden, damit diesem Denken der
Nährstoff entzogen wird. Wir können uns
vorstellen, daß die demokratischen Par-
teien von einer solchen Maßnahme nur
profitieren würden, .denn es kommt we-
sentlich darauf an, nicht nur eine demo-
kratische Fassade aufzurichten, sondern
im Innern unsere« Staates demokratische
Grundsätze zu verwirklichen
Die Angelegenheit hat für uns aber auch
eine sehr ernste moralische Seite. Seit
Wochen und Monaten füttert Herr Harz
seine erstaun'en Zuhörer mit der dumm-
dreisten Behausung, daß man in die CG
eintrstsn müsse, um befördert oder ange-
stellt zu werden. Natürlich ist er nicht
In einer Mitgliederversammlung des I. V. Ver-
kehr und Transport im Keglerhelra berichtete
Geschäftsführer Klaus Heinz über den nach
wochenlangen Ve'h and! ungen erzielten Ab-
schluß einer neuen Lohnvereinbarung für das
Transportgewerbe. Danach sind für die Arbei-
ter 18°'o und für Angestellte 10 o/o Lohnerhöhung
ab 1. Juli vorgesehen, und zwar errechnet auf
der Grundlage der Effektivlöhne und Gehälter.
Klaue Heinz betonte, daß es gelte nun die
berechtigten Forderungen der Arbeitnehmer in
einem Tarifvertrag festzulegen. Mit Nachdruck
wies er auf die Notwendigkeit hin, den fort-
gesetzten Preissteigerungen wirksam zu begeg-
nen. Die Regierung müsse schnell und energisch
handeln, vor allem durch sofortigen Preisstop.
Für lebenswichtige Artikel seien Höchstpreise
bei den Zuständen, wie sie eingerissen seien,
unerläßlich.
Die Diskussion zeigte das Vertrauen zur Ge
schäftsführung, in weiteren Verhandlungen zu
einem annehmbaren Tarifvertrag zu gelangen.
*
**
Die Gewerkschaftler seien hierbei darauf auf-
merksam gemacht worden, daß Koll. Klaus Hein?
für den Verband Verkehr und Transport eine
Versammlungskampagne angesetzt hat. In zahl-
reichen Versammlungen wird auf die Notwen-
digkeit des Abschlußes von Kollektivverträgen
hingewiesen. Es wird daher gebeten, daß sich
vor allem die Funktionäre in Bezug auf Vorbe
reitung und Durchführung der Versammlungen
ein "besonderes Interesse entgegenbringen. In
Frage kommen vor allem rech Lge Besorgung
notwendiger Unterlagen und die Vorbereitung
von Vorschlägen sowie Hinweise auf die Ver
Sammlungen, damit so schnell wie möglich prak
tische Resultate erzielt werden.
Vorschußzahlungen an die Arbeitnehmer des
öffentlichen Dienstes
Die Verzögerung in der Auszahlung der er-
zielten Lohnerhöhung für die Arbeitnehmer des
öffentl. Dienstes und der Straßenbahnen hatte
scharfen Protest bei den Arbeitern hervorge-
rufen und sie zu der deutlichen Erklärung ver
„Löhmskktve schwitzt!“
Wir erhalten folgende Zuschrift:
Im Briefkasten der „Saarbrücker Zeitung“ vom
4 August 1950 unter Nr. 311 ist angefragt wor-
den, ob und wann ein chinesischer Prinz die
Saargruben unter 'a .eli ichtr-l have De B ie -
kastenonkel antwortete:
„1901 kam der chinesische Prinz Tscbun in
das saarländische Bergbaugebiet und fuhr am
26. September in Begleitung des Geheimrats Hfl-
ger und anderer Herren auf Grube „Gerhard"
ein. Die älteren Luisenthaler Herren werden sich
gewiß noch daran erinnern. Die Rinfahrt er-
folgte am Josepha-Schacht. die Ausfahrt in Pütt-
lingen.“
Dazu folgendes: Am Sonntag, dem 30. Juli 1950.
unterhielten sich pensionierte Bergarbeiter in
Losheim über den früheren Bergmann Nikolaus
Jungm'nn, genannt Schelzen Kies. Jungmann, der
ein äußerst guter Erzähler war und von dem
heute, obwohl er schon etliche Jahre tot ist. noch
sehr viel geredet wird, war zur Zeit der Einfahrt
des chinesischen Prinzen Tschun 1901 auf der
Grabe in Altenkessel beschäftigt. Er wohnte, da
er nur über Sonntag zu seiner Familie nach I.os-
heim fuhr, wochentags im Schlafhaus in Alten-
kessel auf einer Stube mehreren anderen
Losheimer Bergarbeitern zusammen. Von die-
sem wurde erzählt, daß der chinesische Prinz
Tschun bei seiner Einfahrt mit Geheimrat Hilger
auch durch die Abteilung gekommen wäre, in
der Schelzen Kies beschäftigt gewesen wäre,
und zwar in dem Augenblick, als Schelzen Kies
sehr stark schwitzte. Voll Erbarmen soll sich
der Prinz an den Geheimrat Hilger gewandt ha-
ben mit dem Ausspruch: ..Sklave schwitzt.“ Herr
Geheimrat Hilger versuchte daraufhin dem Prin-
zen klar zu machen, daß es hier im Saarland
keine Sklaven gäbe, sondern nur freiwillige Ar-
beiter, die einen guten Lohn erhalten würden.
Dies schien der chinesische Prinz nicht ganz
verstanden zu haben, denn er wiederholte nut
kurz: „Lohnsklave schwitzt!" Josef Oswald.
so alJoarn, etwa an eu.en Macn».Spruch
seiner Gewerkschaft zu glauben; er schielt
vielmehr — als ob es die größte Selbst-
verständlichkeit und oft geübte Praxis
wäre — auf namhafte Vertreter des Ver-
kehrsmiinisteriums und des Fersonal- und
Organisationsamtes, Ob er die Erlaubnis
dieser Herren oder gar seinar Partei hat,
bezweifeln wir; wir möchten vielmehrzu
ihrer Ehre und in Kenntnis unse er Ver-
fassung annehmen, daß es sich iedigiich
um einen Propagandatrick handele. Herr
Harz jongliert vor einem gefährlichen
Abgrund, in dem Verfassung und Gesetze
zu Staub und Rauch werden. Ob er sich
bewußt ist, daß er das Saargebiet damit
in die Reihen der Diktaturen stellt? Prin-
zipiell würden wir uns von der vergange-
nen bestenfalls durch das Wortspiel un-
terscheiden. Uns aber ist das Christen-
tum zu schade, als daß wir mit ver-
schränkten Armen Zusehen, wie getarnte
Scharlatane die religiösen Gefühle des
Saarvolkes ausnützen, um ihren Macht-
hunger zu befriedigen und ihre Weste
auszupolstern.
Bei diesen Feststellungen woi.ea wir es
für heute bewenden lassen. Es versteht
sich, daß wir vom Ministarrat eine bal-
dige Entscheidung erwarten
anlaßt, eine weitere Verzögerung nicht mehr
hinzunehmen.
In Verfolg der Bemühungen der Gewerkscnaft,
unter allen Umständen zu n Ziele zu gefangen,
kam es am Dienstag, dem 22. 8„ zu einer Be-
sprechung mit dem Bürgermeister de S adt
Saarbrücken, Peter Zimmer.
Geschäftsführer Klaus Heinz, sowie der Be-
triebsobmann der Straßenbahnen Saarbrücken,
Koll. Keller, kamen mit dem Bürgermeister da-
hin überein, daß sofort an die Komunalbedien-
steten. sowie an die Straßenbahner ein Vo'schuB
auf die 200/oifle Lohnerhöhung zu zahlen Ist. Dar-
aufhin konnte der Industrieverband Verkehr und
Transport erreichen, daß bei den anderen Bah-
nen ebenfalls sofort Vorschüße zur Auszah-
lung kamen. Wir hoffen, daß die Regierung nun
doch in den nächsten Tagen die berei s vom
Ministerrat am 2. 8. 1950 bes.äiigte Verordnung
über die Zahlung einer 20°/oigen Lohnerhöhung
iür den gesamten öffentlichen Dienst i n An: s-
b’.att erläßt, sodaß die endgültige Verrechnung
vorgenommen werden kann. Die Arbeitnehmer
sehen es als eine sehr große Hä te an, wenn
anhaltend die Preise steigen'und die Arbeitneh-
merschaft derart lange auf eine Verfügung im
\mtsblatt warten muß. bis sie den be'r’'_h'igtsn
ohn erbeuten.
Fachgruppe Versicherungen
An die
Berufsvereinigung der Versicherungsge-
sellschaften, die im Saarland tätig sind,
Saarbrücken 1,
Feldmannstr, 60.
Betrifft: Mantel- und 'Gehaltstarif vom
30. 6. 1949.
Unter Bezugnahme auf § 41 des Geset-
zes über Tarifverträge und Schlichtungs-
wesen vom 22. Juni 1950 (Amtsblatt Nr.
43, Seite 603) kündigen die unterzeich .3-
ten Gewerkschaften hiermit den am 30.
Juni 1949 mit Ihnen abgeschlossenen Ta-
rifvertrag mit sofortiger Wirkung.
Die Unterzeichneten Gewerkscnaften
werden ausführliche Vorschläge für eman
Neuabschluß in Kürze unterbreiten. Für
die Uebergangszeit bis zur Unteres cn-
nung eines neuen Vertrages empfehlen
sie nachstehende Regelung zu treffan;
1, Gehalts- und Manteltarifvertrag wer-
den bis zum 31. Dezember 1950 ver-
längert bezw, bis zum Tage der Un-
terzeichnung eines neuen Vertragss.
2. Den Angestellten der Versicherungs-
gesellschaften wird ein Vorschuß auf
die erwartende Erhöhung der Gehn er
gezahlt. Dieser Vorschuß beträgt für
Ledige 1000 ffrs. und für Verheiratete
2500 ffrs. im Monat.
aez. Unterschriften.
Vereinbarung.
Zwischen den Vertretern der Gewerk-
schaften einerseits und den Vertretern des
Bedingungsausschusses der saarländi-
schen Banken andererseits wurde folgen-
de Vereinbarung getroffen:
1 Die bisher gezahlten Gehälter der Be-
schäftigten der saarländischen Ban-
ken sind mit Wirkung vom 1. 2. 1950
um 7 o/o erhöht worden. Diese Erhö-
hung gilt für alle Kreditinstitute.
2. Der bestehende Manteltarif wird bis
zum 31. Oktober 1950 verlängert,
o. Der Bedingungsausschuß empf ehlt
seinen Mitgliedern, an die Angestell-
ten einmalig spätestens am 15. 8 1950
je nach Größe des Familienstandes
mindestens 3000 ffrs. bis 7500 ffrs. zur
Er’eichterung von Einkäufen zu za!: en.
Bezüglich der Anrechnung die er
Zahlungen auf eine künftige Gehalts-
erhöhung, oder falls eine solche aus-
bleiben sollte, über den Modus dar
Rückzahlung, wird in ci er Sitzur.g des
Schlichtungsausschusses im Oktober
dieses Jahres verhandelt werden.
I.V. Holz
7 Prozent Lohnerhöhung - Weitere Verhandlungen
Wee (äfiet mit oh den Siodensee?
I. V. Verkehr und Transport
Lohnvereinbarung und Tarifvertrag
... Banken, Sparkassen
Seite 4
August 1950
.DIE ARBEIT1
Schwarzarbeit im Rampenlicht
auch die Vemchter von „Schwarzarbeit"
schon näher Umrissen, nämlich
1.
2.
3.
Personen ohne Erwerbsmöglichkeit
(Arbeitslose und sonstige Unterstüt-
zungsempfänger} ;
Personen mit Erwerb (Arbeiter, Ange-
stellte und Beamte);
sonstige Personen, die Nebenver-
dienst erstreben, worunter auch Ge-
werbetreibende außerhalb ihresHaupt-
berufes feilen.
Wirtschaftliche Bedeutung der Schwarz-
arbeit.
Zweifelsohne bereitet die „Schwarzar-
beit" dem freien Gewerbe großen Scha-
den. Die Allgemeinheit hat dieserhalb ein
Interesse an der Unterstützung des freien
Gewerbes in seinem Kampfe gegen die
„Schwarzarbeit“; denn sie schädigt die
Steuerkraft der Geweibetreäbenden, ist
selbst in der Regel steuerlich nicht zu er-
fassen und untergräbt die Moral derer,
die sie verrichten und empfangen, da bei
den letzteren oft Eigennutz die Triebfeder
ist.
Arten und Ursachen der Schwarzarbeit
Im Laufe der Zeit konnten über die Ur-
sache der Verrichtung von „Schwarzar-
beit“ Erfahrungen und Beweismaterial ge-
Mit nachstehender Betrachtung unseres
L. H.-Mitarbeiters sei das von verschiede-
nen Seiten zu beleuchtende Problem der
Schwarzarbeit einmal grundsätzlich aufge-
worfen. Ea wäre zu begrüßen, wenn diese
Darstellung zu einer weitereren Erörterung
führen könnte, die die auf diesem Gebiete
notwendigen gesünderen sozialen und wirt-
schaftlichen Verhältnisse schafft
Es ist auffallend, daß ein bei den
Handwerkertagungen stets wiederkehren-
der Programmpunkt das Wort: ^Schwarz-
arbeit“ bildet. Aber nicht allein bei Zu-
sammenkünften größeren Ausmaßes, son-
dern auch im Rahmen kleiner Diskussio-
nen und Abhandlungen taucht stets die
„Schwarzarbeit“ wie ein Gespenst auf.
in der Tat wie ein Gespenst, das alle
überschattet, einen Teil der Teilnehmer
und Zuhörer aufbegehren läßt, den an-
deren jedoch resigniert und bekümmert
stimmt. In fast allen Resolutionen und
in vielfachen Eingaben an die Behörden
werden wirksame Maßnahmen zur Ein-
dämmung und Beseitigung der „Schwarz-
arbeit“ gefordert.
Wenn in vorliegender Abhandlung der
„Schwarzarbeit“ im besonderen gedacht
wird, ist sich der Verfasser bewußt,
damit ein heißes Eisen anzupacken. Es
»oll in folgendem versucht werden, die
Ursache der „Schwarzarbeit“ aufzudek-
ken und herausgestellt werden, ob und
von welcher Stelle dieser „Krankheit"
gesteuert werden kann.
„Schwarzarbeit, Doppelverdienertum,
Gewerbeschutz“ und alle derartigen Aus-
drücke rücken unbestreitbar stets dann in
den engeren Wortschatz des Tages, wenn
sich kritische Zustände am Wirtschaftsho-
rizont abzeichnen, wobei es nicht unbe-
dingt erforderlich ist, daß es zu einer
wirklichen Wirtschaftskrise zu kommen
braucht. Allein schon bei einer Arbeits-
losigkeit, die einen verhältnismäßig klei-
nen Kreis von Beschäftigten betrifft, ertönt
allenthalben das Wort: „Doppelverdienex-
tum“. Das gleiche erlebt man, wenn itn
gewerblichen Sektor Auftragszuxiickhal-
tung oder Einschränkungen vor hegen, so-
fort ist die „Schwarzarbeit“ in aller Mun-
de. Während sich bei Arbeitslosigkeit die
Betroffenen, sei es, daß sie eine Arbeits-
vermittlung in offene Stellen begehren,
oder sich über das „Doppelverdienertum“
liebevoll äußern, an ein« bestimmte Be-
hörde, nämlich die Arbeitsverwaltung,
wenden, herrscht bei der Anprangerung
oder in der Bekämpfung der „Schwarzar-
beit“ allgemeine Ratlosigkeit vor, welche
Behörde hier zuständig ist. Um keinen
Fehler zu begehen, wendet man sich kur-
zerhand an alle Behörden, auch an die Be-
hörde, die nur indirekt auf den Auftrags-
mangel Einfluß hat und die Anwendung
der Arbeitslosigkeit zur Aufgabe hat.
Was ist Schwarzarbeit und wer übt
Schwarzarbeit aus?
Es erscheint schwierig, auf diese Frage
eine einwandfreie Antwort zu erteilen. Im
Gegensatz zu früheren Darstellungen sol-
len an dieser Stelle neue Momente ge-
bracht werden, die die alten Begriffsbe-
stimmungen mehr oder weniger in Frage
stellen. Unter „Schwarzarbeit“ versteht
man
a) den Wettbewerb, der dem ordnungs-
mäßig betriebenen Gewerbe, beson-
ders dem Handwerk, durch Außen-
stehende bereitet wird, die an den
Sfendespflichten, den öffentlichen La-
sten und den sonstigen Pflichten des
Gewerbes nicht teilnehmen;
b) entlohnte Tätigkeit der Bezieher von
Arbeitslosen uftd sonstiger Unterstüt-
zung, die den zuständigen Behörden
verheimlicht wird. Sie ist oft gleich-
zeitig „Pfuscharbeit“, d. hu Arbeit, die
von nicht genügend ausgebildeten
oder solchen Personen ausgeführt
wird, die die nötige Konzession oder
Approbation oder sonstige Genehmi-
gung nicht besitzen.
Wenn die vorgenannten Punkte als eine
ältere Darstellung aufzufassen sind, ist
daneben „Schwarzarbeit“ heute auch die
Tätigkeit sonstiger Personen, die sich in
einem festen Arbeitsverhältnis (als ge-
werbliche Arbeiter, Angestellte usw.) be-
finden und in Erstrebung eines Nebenver-
dienstes eine mehr oder weniger bestimm-
te Erwerbstätigkeit ausüben. Damit sind
sammelt werden. Eine der Hauptursacheu
liegt anerkanntermaßen in der ungenügen-
den Lohnhöhe in einzelnen Gewerbearten.
Bei näherer Betrachtung des Personen-
kreises der Vemchter von „Schwarzar-
beit“ wird man finden, daß sie eines ge-
meinsam haben: das Bestreben, verdienen
oder zusätzlich verdienen zu wollten. Wer
Willi nun verdienen oder zusätzlich verdie-
nen? Personen ohne Erwerbsmöglichkeit
wollen verdienen aus Besorgnis um die
Lebenserhaltung ihrer selbst und der An-
gehörigen. Personen mit Erwerb wollen
zusätzlich verdienen, weil ihre Hauptbe-
schäftigung ihnen einen zu geringen Ver-
dienst bietet. Wenn nun, wie behauptet,
wird, im Saarland mit seiner bekannt gu-
ten Beschäftigungslage trotzdem ln erheb-
lichem Maße „Schwarzarbeit" verrichtet
wird, so kann diese nur zum überwiegen-
den Teile von Personen,verrichtet werden,
die nicht arbeitslos sind oder bereits über
ein Arbeitseinkommen verfügen. Die ver-
hältnismäßig geringe Zahl von Arbeits-
losen oder Arbeitslosen- und sonstigen
Unterstützungsempfängern kann daher bei
der Verrichtung von „Schwarzarbeit“ nicht
ins Gewicht fallen. Wenn man unterstellt,
daß das Bestreben um Nebenverdienst di®
Konsequenz einer zu geringen Entlohnung
ist, kann die Ursache zur Verrichtung von
„Schwarzarbeit“ in erster Linie nur m der
Unzureichenden Lohnhöhe liegen. Die
Praxis bestätigt das.
(Fortsetzung folgt!)
Uber die menschliche Ausdauer
Nachfolgend interessante Einzelheiten
Uber neue Untersuchungen, die von einem
medizinischen Forschungsaußschuß in Lon-
don angestellt wurden. Sie zeigen, wie
der menschliche Organismus auf Anfor-
derungen, die an Geist und Körper, bei
der Arbeit gestellt werden, reagiert.
Die Experimente entstanden aus den
Problemen der Praxis, denen man sich
während des zweiten Weltkrieges gegen-
übergestellt sah. Eine Frage z. B., die da-
mals beantwortet werden mußte — und
zwar auch in Verbindung mit einigen Be-
schäftigungsarten in Friedens zeit —, war:
Was geschieht, wenn Menschen die Auf-
gabe haben, längere Zeit auf Störzeichen
zu achten, die nur sehr selten und gänz-
lich unvorhergesehen auftreten? Um die
Antwort zu finden, wurden eingehende Ex-
perimente angestellt. So benutzte man
u. a. auoh den sogenannten Uhr-Test. Der
Prüfling sitzt bei diesem Experiment völ-
lig allem in einem Raum vor einem gro-
ßen schwarzen Zeiger, der über einer wei-
ßen Scheibe rotiert und sich ruckartig vor-
wärts bewegt, wobei 100 Zeigersprünge
eine volle Umd.ehung ausmachen. Gele-
gentlich überspringt jedoch der Zeiger ei-
ne Stufe. Bemerkt der Prüfling diesen
Doppeisprung, muß er auf einen Schaltej
drücken, um diese Störung festzuhalten.
Auf diese Weise ließ sich der Grad der
Aufmerksamkeit des Prüflings feststellen.
Jeder Uhr-Test dauert zwei Stunden.
Wenn sich auch individuell beträchtliche
Unterschiede ergaben, so war doch das
Gesamtergebnis eindeutig und überra-
schend. Die Konzentrationsfähigkeit der
Prüflinge begann regelmäßig nach der er-
sten halben Stunde nachzulassen —r zwei-
fellos nach einer erstaunlich kurzen Zeit.
Während der ersten halben Stunde betrug
der Prozentsatz der übersehenen Störzei-
chen nur 16 ö/o ; im Laufe der restlichen
drei Halbstunden wurden jedoch annä-
hernd 27 o/0 der Zeichen übersehen.
Man stelUte einen Radar spe zialte st auf,
um soweit wie irgend möglich die natürli-
chen Wirkungen zu reproduzieren. Auf ei-
nem Schirm erschien vor den Augen des
Prüflings unregelmäßig ein winziger Licht-
punkt. Die Ergebnisse waren ähnlich. Die
KonzentrcrtionSkraft fiel nach der ersten
halben Stunde des Tests zunehmend ab.
Die maximale Wachdienst zeit des Radar-
personals wurde deshalb auf 30 Minuten
festgesetzt. Nach einer kurzen Pause,
während der jede beliebige Arbeit getan
werden konnte, kehrten die Beobachter
völlig erfrischt auf ihren Beobachtungs-
platz zurück.
Man glaubte, diese Art der Ermüdung
zwar verringern zu können; gänzlich be-
seitigen konnte man sie jedoch nicht. Al«
äußerst wirksam, vom rein praktischen
Standpunkt aus, erwies sich eine Dosis
Typen von Arbeiter-
Wohnhäusern, Wie sie
auf Grund der Marcball-
hllfe in einigen europäi-
schen Ländern errichtet
worden sind, Man wird
annehmeö dürfen, daß
trofz der Mitteilungen
Uber eifio Verlagerung
weiterer HHfsmlttei in
Anbetracht der weltpoli-
tischen Lag# der Woh-
nungsbau eine gewisse
Vorrangstellung behält,
da. von der Entwicklung
der Wohnungsbaupolitik
schließlich Jedp Produk-
tion besonders in den
Arbetterrentren stark
abhängig ist.
Amphetamine eine Stunde vor dem Test.
Der Beobachter kann dann während der
ganzen zwei Stunden die zu Beginn vor-
handene Konzentrationskraft erhalten.
Wegen verschiedener unerwünschter Ei-
genschaften dieser Droge ist sie jedoch
für den regelmäßigen Gebrauch nicht ge-
eignet.
Ein anderes wichtiges Problem, das zur
gleichen Zeit untersucht wurde, ist die
Wirkung erschwerter klimatischer Bedin-
gungen in geistiger und physischer Hin-
sicht, wie z. B. bei außergewöhnlicher Hit-
ze. Auch hier kam man zu erwarteten
und eindeutigen Ergebnissen. Die Experi-
mente zeigten, daß die kritische Tempera-
tur bei gleichbieibendem Feuchtigkeitsge-
halt der Luft um ungeähr 31 Grad Celsius
hegt. Bis zu diesen Temperaturen ist we-
der in physischer noch geistiger Hinsicht
irgendeine Auswirkung festzustellen. Bei
höheren Temperaturen läßt jedoch di«
Spannkraft merklich nach, Ueberaasdhend
ist, daß die gleiche exakte Grenze zwi-
schen sich erhaltender und zunehmend er-
schöpfender Spannkrat bei den gleichen
Temperaturen ebenso für jede Art der Tä-
tigkeit- gilt, ob geistige oder schwere kör-
perliche Arbeit.
Besonders typisch bei diesen Untersu-
chungen war der sogenannte Aufnahme-
test bei der drahtlosen Telegraphie. Bei
dieser Prüfung mu.ßfcen erfahrene Funker
ihre übliche Arbeit, die Aufnahme von
Funksprüchen, jedoch bei außergewöhn-
lich hohen Temperaturen, verrichten. Ihre
Aufnahmekonzentration wurde an Hand
der Fehler in den aufgenommenen Funk-
sprüchen getestet. Es zeigte sich, daß, 18
Prozent der Aufnahmen ab 28 Grad Cel-
sius Fehler aufwiesen. Der Prozentsatz er-
höhte sich auf 33 Prozent und mehr bet
ungefähr 33 Grad Celsius. Bfet höheren
Zimmertemperaturen stieg der Fehlerpro-
zentsatz rapide mit zunehmender Dauer
des Tests. Bi der ersten Stunde machte
eine Grupp d von Pfilftingen Mi 33 Grad
Celsius im Durchschnitt acht Fehler. In
der dritten Stunde unterliefen ihnen durch-
schnittlich 30 Fehler. Da viele Tests mit
.Freiwilligen, die über lange Propeneir-
fahrung verfügten, durchgeführt würden,
ergab sich aus diesen Experimenten ein-
deutig, daß bei Temperaturen über 31
Grad Celsius zuverlässiges Arbeiten un-
möglich Ist; selbst die gewissenhaftesten
Arbeiter beginnen zcfhltelche Fehler zu
machen. Die Wirkung Ist Tein physisch
und kann durch bewußte geistige Kon-
zentration nicht überwunden weiden.
Wenn dies« Experiment© auch in erster
Linie angestellt wurden, um Probleme der
Kriegszelt zu lösen, so liegt jedoch ihre
Bedeutung für di« Industrie in Friedens-
Zeiten aut der Hand. Sie beweisen, daß
von, keinem Menschen länger als 30 Minu-
ten ohne Unterbrechung konzentrierte Auf-
merksamkeit erwartet werden kann und es
niemandem möglich ist, bei Temperaturen
über 31 Grad Celsius gewissenhafte Ar-
beit zu leisten. Solche Bedingungen sind
aber m der Industrie nicht unbekannt
Stärkste Konzentration wird z. B. meist in
der feinmechanischen Industrie verlangt
und außergewöhnlich hohe Temperaturen
herrschen nicht pur in den Fabrikiäumen
der tropischen Gegenden, sondern auch
in Heinz räum en in den Retortenhau sem
aer Gaswerke, in Walzwerken und ähnli-
chen Industrieunternehmen.
*
Die erwähnten Experiment« sind, in viejerlgl
Hinsicht von Bedeutung, z- B. guCK für das Wr-
ßammlun gewesen. Dis Aufmerksamkeit und
Aufnahmefähigkeit rl’cm&r zu Beurteilen, -g.ehöri
nfit zu den ersten Vörijedihgungen de» Effolgsf,
Nicht nur der Inhält der RedSöüRctnn maßgebend
sein, sondern wesentlich Ist dl«! Erkenntnis Über
das Maß ah Konzentration, da» 'Yön den Zuhö-
rern erwartet werden kajin. Ift-dSö meisten Fäl-
len wurden bisher an die KönnrerttTötionsfähig-
keit der Zuhörer zu große Anforderungen ge-
Was muß ich wissen, wenn ich krank
und arbeitsunfähig werde ?
Wird em Mitglieder der Kreis Versiche-
rungsanstalt (abgekürzt: KVA), früher All-
gemeine Ortskradkenkasse, krank und da-
mit arbeitsunfähig, so ist folgendes zu be-
achten:
Es ist erforderlich:
1. sofortig® Meldung des Beginns der Ar-
beitsunfähigkeit an die KVA unter
Vorlage eines kassenärztlichem Ar-
beitsunfähigkeit sattestes,
2. Beibringung einer Verdienstbe scheint
gung des Arbeitgebers,
3. allwöchentliche Vorlage einer ärztli-
chen Bescheinigung über das Förth e*
stehen der Arbeitsunfähigkeit bei dear
KVA.
Hierzu nähere Erläuterungen:
Zu 1.:
Obwohl die Frist der Anmeldung der
Arbeitsunfähigkeit drei Tag® beträgt, so
ist jedoch sofortige Meldung rat-
sam. Geht diese Meldung später al»
drei Tage bei der KVA ein, so ruht di®
Krankenkeldzahlung bis zum Eingang
der Meldung. Es ist auch zweckmäßig,
dieses Attest nicht beim Arbeitgeber,
sondern direkt bei der KVA abzugeben.
Treten bei der Weiterteitung das Atte-
stes Verzögerungen ein, so hat stets dei
Arbeitnehmer die Unannehmlichkeiten
zu tragen. Treten nun tatsächlich mal
Ueberschreitungen dieses Termines ein
und zwar ohne direktes Verschulden
des Kranken, so wende man sich an
die KVA und weise dort die HLnderumgs-
gründe glaubhaft nach.
Zu 2, ;
Die Beibringung einer Veidtenstbe-
scheänigung ist erforderlich für die Be*
rechnung und Auszahlung des Kranken-
geldes. Die Höhe des Krankengelde®
richtet sich nach der Höhe des Grund*
Lohnes. Das Krankengeld beträgt 50 0/4
des Grundlohnes und wird gewährt für
jeden Kalendertag — also auch fürSonn-
und Feiertage — und zwar vom 4. Tage
der Arbeitsunfähigkeit ab bis aul di®
Dauer von 26 Wochen.
Der Grundlohn ist der auf den Kalen-
dertag — also nicht Arbeitstag — ent-
fallende Teil des Arbeitsverdienstes. Er-
folgt die Lohnabrechnung monatlich, so
ist der Durchschnitt der letzten vom
Unternehmer vor Eintritt der Arbeitsun-
fähigkeit abgerechneten Lohnzfeit für dl®
Grundberechnung maßgebend.
Hierzu ein Beispiel: Der Arbeitnehmer
wurde am 16. 8. arbeitsunfähig. Maßge-
bend für di® Grundlohnbere clmung ißt de*
Arbeitsverdienst des Monats Juli (ohne
Wegegeld, Auslösung, Fahrgeld, Familien-
zulagen usw.). “ Angenommen aer Jrroiui«
verdienst beträgt im Monat Juli 18600 Fr».
Diese Summe wird durch di» Kalender-
tage de« Monats Juli =*= 31 geteilt, so er-
gibt sich ein Grundlohn von 600 Frs.
Tag. Das Krankengeld pro Kalender t
beträgt in vorliegendem Fälle mithin
Franken und zwar ab 19. 8.
Zu diesem Krankengeld — welches ja
nur an Mitglied®? und nicht auch an
Familienmitglieder gezahlt Wird,
— tritt ein© zusätzliche Mehrleistung Und
zwar ab dem 31. Tag® der Arbeitsunfä-
higkeit, wenn
a) der Krank® bisher Angehörige ganz
oder teilweise überwiegend ifiitefhal-
ten hat und
b) dies® Angehö
eher Gemeins
Dieser Zuschlag
gatten 5 o/o, für j>e<
gen 2i/ö ®/o des Grün-
te Betrag aus Krankengeld
darf jedöch 75 o/0 de« Grün
übersteigen.
Wie oben schon erwähnt, wird dg»
Krankengeld auf di® Dauer von 26 Wo-
chen gezahlt, Es kann jedoch auch über
diese Frist hiriäüs Krankengeld gewährt
werden, wenn nach vertrauens är ZJ:liehex
Ansicht die Aussicht besteht, daß! de
Kranke in absehbarer Zelt Wieder vo
arbeitsemsatzfähi’g sein wird.
Daß das Krankengeld nicht gezahlt
wird, solange der Arbeitgeber dtis Ar-
beitsentgelt weitergeWänft/ bft ja selbst-
verständlich.
Zu 3.:
Es ist m der Regel so, daß daß Kran-
kengeld wöchentlich gezählt wird, Bet
dieser Gelegenheit ißt dann ZW®dkmäßi-
gerweis® die ärztlich© Bestiheihigung Übe»
die noch anhältend® Arbeitsimfähigkeit
vorzulegen. Will ©m arbeitsunfähig Er-
krankter seinen ständigen WbhfEsira ver-
lassen, so hat er die Zustimmung der.KVA
einzuholen, andernfalls verliert ®i für di®
Dauer seines Fernbleibens den Anspruch
auf Krankenpflege.
Bei einer Reis® in das Ausland ohne Zu-
stimmung der KVA geht dier arbeitsiuafä*
hig Erkrankte seines gesamten Anspruch«
gegenüber der KVA verlustig.
Fritz Seldter.
«teilt, besonder« Wenn eg sich um abendlich«
Veranstaltungen nach d4& Tdges Milk und Laßt
handelt. Die RedezCltOS werkten daher durch*
weg erhebliche Einschränkungen erfahren müs*
sen. Sehr wesentlich wird auch dlö Eiöles
voff Pausen sein. Ferner wird maü mehr
mehr Voraussetzungen sobdffeh müssen, damf
mehrere Redner Versammlung zuif
Verfügung ßtöhep. Scltöö du'rCK dl® AbWüChf®
lung in -Stimme uuß Äusämcksiftim wird rieh da»
Interesse der 2uh’ör«jf örrtmti,Beleben lassen.
Di» erwähnten Gesichtspunkte göttö’n aus#
für Vorlesungen und Prüfungen,. sowohl für dtt«
Lehrpereonal alt auch für Schüler.
&
eb*s
leben.
Strägt; für d©h Ehe-
lonstigefl Angehön-
föhne s. Der gesam-
u
m
August 1950
DIE ARBEIT"
Seite 5
n
f«
Die Rolle der Sowjetgewerkschaften
Awf dem kürlich, in Berlin stattgefun.-
denen Kongreß iür kulturelle Freiheit machte
der Schriftsteller und frühere Kommunist
Arthur Köstler über die Rolle der Sowjet-
gewerkschaften einige bezeichnende Aus-
führungen. In diesem Zusammenhang ver-
wies er u, a. daraut daß in der Sowjet-
union, Eisenbahnen, Fabriken, Berg-
werke, Landbesitz, kurzum alles kommuna-
lisiert und theoretisch Eigentum des Vol-
kes ist, daß aber die Masse des Volkes
von einem sich daraus ergebenden sozia-
len Nutzen wenig spürt Diese’
Zustände werden von den Sowjetgewerk-
schaften ohne weiteres akzeptiert und
unterstützt. Die „Welt der Arbeit" nimmt
den Kongreß zum Anlaß für folgende Be-
trachtung :
Als besonders beweiskräftig für sein«
Argumentation zitierte der Redner das
Schicksal der Gewerkschaftsbewegung in
der Sowjetunion, die sich im Zuge der
Ereignisse von einem Instrument der Ar-
beiterschaft m ein Instrument der Ausbeu-
tung der Arbeiter durch den Staat, also in
das krasse Gegenteil, verwandelt hat.
Heute hat der russische Arbeiter einem
viel geringeren Einfluß auf die Arbeitsbe-
dingungen, als sein Kollege in der west-
lichen Welt, wo die Unternehmerschaft
keineswegs mehr unbegrenzte Gewinne
einheimsen, nach Belieben Löhn» festset-
zen und mit ihren Arbeitern umspringen
könne, wie es in einer früheren Zeit de»
kapitalistischen Systems einmal der Fall
war. Ebenso wie die Unternehmer und Be-
triebsführer des Westens stellten auch di*
sowjetrussischen Fabiikdiiektozen, Land-
wirtschaftsleiter und Chefingenieure heute
eine privilegierte Klasse dar, mit dem
einzigen, jedoch völlig abstrakten Unter-
schied, daß das Einkommen der einen al*
„Profit“, das der anderen als „Gehalt“ ge-
kennzeichnet wird.
Damit hatte der Redner vor allen Din-
gen hinsichtlich der sowjetischen Gewerk-
schaften verblüffend reale Feststellungen
getroffen. In der Tat sind die Gewerk-
schaften in der Sowjetunion ein Organ der
Kommunistischen Partei und damit das
Staates, nicht aber wirkliche „Gewerk-
schaften“, die in wahrhaft sozialem Geist,
in Freiheit und aus Ueberzeugung, kraft-
voll und rückhaltlos die Interessen ihrer
Mitglieder kämpferisch vertreten. Etwai-
ge Arbeits Streitigkeiten werden durch du»
Volksgerichte, also durch Organe der
kommunistischen Parteiregierung, ent-
schieden, und eine Gewerkschaft, die *s
wagen würde, hier die geschädigten Inter-
essen der Arbeiter bis zum letzten zu ver-
treten, würde damit gegen die „Staatsin-
teressen“ Stellung! zu nehmen haben und
sehr leicht Gefahr laufen, ate Gegnerin
„der „proletarischen“ Staatsform gebrand-
markt zu werden.
Ueber di« wahre Zweckbestimmung der
sowjetrussischen Gewerkschaften infor-
miert wohl am besten ein systemati-
sches Studium der Moskauer Gewerk-
schaftsprosse. Artikel, Meldungen, Auf-
rufe und Resolutionen, die den laufenden
politischen Aktionen, des Kreml voran-
gehien, geben hier den Grundton an, wo-
gegen alle Fragen des materiellen und
ökonomischen Schutzes der Arbeiter, de-
ren Lösung doch zur eigentlichen Zweck-
bestimmung der Gewerkschaften gehört,
weit in den Hintergrund gedrängt werden.
Erst wenn die Mißstände überhandneh-
men, wenn die Waren- und Lebensmittel-
versorgung in den Staatsläden radikal
versagt, wenn die Verpflegung m den öf-
fentlichen Speiseanstalten gar zu schlecht
und einseitig oder die Wohnraumnot im-
mer unerträglicher wird, wenn die fort-
gesetzten Beschwerden der Werktätigen
über innerbetriebliche Schwierigkeiten ab-
solut nichts fruchten und ins Ungemesse-
ne steigen, erst dann bequemen sich di*
Gewerkschaften und ihre Presse zum Ein-
greifen.
Obwohl den sowjetischen Gewerkschaf-
ten die eindeutig« Aufgabe gestellt ist,
um das Wohl und die Hebung des Lebens-
standards der Werktätigen ständig be-
sorgt zu sein, ist von einer sozialen Auf-
wärtsbewegung in der Sowjetunion nicht
viel zu merken. Mangeierscheinungen auf
allen Gebieten des sozialen Lebens dau-
ern fort, und heut« genau so wie vor zehn
und zwanzig Jahren liest man in den Sow-
jetzeitungen immer wieder Berichte Über
Warenknappheit und Engpässe aller Art,
was auch keineswegs verwunderlich er-
scheint, da m strikter Befolgung des Le-
ninschen Testaments auch heute noch der
industriellen Mobilmachung grundsätzlich
der Vorrang vor den Verbraucherinteres-
sen gegeben wird. Die Wohnraumnot ist
weiterhin grenzenlos, der erstellte Neu-
wohnrcum unzulänglich und qualitätsmä-
ßig minderwertig.
Der Gewerkschaften abeT besänftigen,
erwecken immer wieder' neue Hoffnungen
Und legen in der Tarnung der wahren Ur-
sachen für die vielfachen Mißstände im-
mer wieder ein meisterhaftes Geschick an
den Tag. Ist beispielsweise in den Textii-
läden im Sommer nur Winter- und im Win-
ter nur Sommerkleidung zu haben, dann
wälzt man die Schuld hierfür auf die Han-
delsorganisationen.
Das Beispiel der Sowjetunion bestätigt
uns also klar, das Tun und Handeln der
für di« sowjetrussiscbe Gesamtentwick-
lung Verantwortlichen, die dem Wohl der
Massen von jeher bekanntlich wenig zu-
träglich gewesen sind. Wenn heute aus-
gerechnet von sowjetischen Gewerk-
schaftsvertretern, jenen aus ge sprachen »n
Handlungen für die einseitigen bolsche-
wistischen Staatsinteressen, gegenüber
den freien Gewerkschaften des Westens
fortgesetzt der Vorwurf erhoben wird, die
Interessen der Werktätigen zu „verraten“,
dann kann man dafür nur ein verächt-
liches Lächeln übrig haben.
Arbeitskräfte in ihren Ländern und über
die Schritte gewidmet, welche bisher er-
griffen oder aber in Betracht gezogen
worden sind, um die Emigration zu er-
leichtern oder aber, in einigen europäi-
schen Ländern die Emigration von Arbei-
tern vorzubereiten.
. Der australische Delegierte be-
richtete, daß ein Zehnjahnesplan die Ein-
wanderung von 2 Millionen Arbeitern vor-
sieht.
Der Minister von Argentinien er-
klärte, daß während der letzten zwei Jahre
300 000 Personen m sein Land eingewan-
dert wären und daß es weiterhin Emigran-
ten aufnehmen wollte.
IaMexiko wurde während der letzten
Vorbereitende Konferenz der I.A.O.üöer
Auswanderung. Di» Internationale Arbeits-
organisation hielt im Mal in Genf eine
Konferenz aller direckt an der Migration
von Arbeitskräften innerhalb Europas und
von Europa naah anderen Kontinenten in-
teressierten Ländern ab. Auf dieser Kon-
ferenz waren 31 Länder vertreten.
Die Konferenz hatte die Aufgabe, die
verwaltungst©ohnische Organisation der
Migration zu untersuchen, wie auch die
wirtschaftlichen Probleme und die finan-
ziellen Aspekte dieser Frage.
Der erst» Teil dar Konferenz war den
Berichten der nationalen Delegationen
über die Verhältnisse hinsichtlich der
aus reinster Seife u. kon-
zentriertem Sauerstoff
SCHONT UND PFLEGT
ALLE WASCHE!
GE BR. WAG NE R • MERZIG-SAAR
LBriefkasten
G. H,, Beckingen. Es stimmt, daß Kautschuk-
ßtraßen zur Zeit auch in New-York ausprobiert
werden. Mit * Ghimraipulver vermischter Asphalt
läßt die Straßendecke dauerhafter werden. 42
Milliarden Dollar sind zur Reorganisierung deg
amerikanischen Straßennetzes vorgesehen.
40, Merzig. Der betreifend« Ausspruch von
Feuchtersieben heißt: „Freude ist der Affekt, wel-
cher den Geist zu höherer Vollkommenheit er-
hebt; was ihn seiner Tatkraft beraubt, ist Trau-
rigkeit."
W. H., Püttlingen. Als Karikatur (aus dem Ita-
lienischen, von caricare =** überladen, verzerren)
bezeichnet man «ins übertrieben dargestellte,
meist spöttisch wirkend« Zeichnung. Dadurch
will d«r Künstler ein« schärfere Charakterisie-
rung erreichen und einen besonderen Sinn her-
ausarbeiten.
17 358, Neunkirchen. An Mindestlöhnen zahlte
man bisher pro Stunde: in USA 75 Cts., in West-
deutschland etwa 0,55 DM und in Frankreich
65 Fr«. Die Kaufkraft des Stundenlohnes in den
genannten Ländern ist bei weitem nicht di»
gleiche. Da» Mindesteinkommen eines amerika-
nischen Arbeiters ist, an der Kaufkraft gemessen,
4—5 mal so groß, wie das seines europäischen
Kollegen.
Betriebsrat, Saarbrücken. Die wichtigsten Bü-
cher der doppelten Buchhaltung sind: das Haupt-
buch, das Journal, das Kassenbuch, das Kor.to-
korrentbuch und ein Wareneinkaufsbuch.
iiiiiimwiwiiimiiiimiimiimmiimimmiimüimimifiMiiiiimmmtiiiimimMiiHiiiiu
paar Jahre 50 Q0Q Eimwanderen Aufnahme
gewährt.
Der Chef der italienischen Dele-
gation wies darauf hin, wie schwerw o-
gend das Problem der überschüssigen Ar-
beitskräfte in Italien ist, wo es 1,7 Miiliq-
nen Voilarfceitslose und eine noch größere
Anzahl Teilarbeitslose gibt. Die Auswan-
derung nach Ueberseegebieten bleibt un-
erläßlich.
Der Wortführer der franzö sischen
Delegation erklärte, daß sich seit dem 2.
Weltkrieg 150 00Q Italiener, 70 000 Deut-
sche und 35 000 Zwangsverschleppte m
Frankreich niedergelassen haben.
Belgien beschäftigt gegenwärtig über
50 00Q Italiener und 20Ö0Q Zwangsver-
schleppte, erklärte Albert Delperee.
Der schwedische Delegierte be-
tonte, daß in seinem Land, wo einige
90 000 ausländische Arbeiter beschäftigt
sind, Emigration und Imigration sich crus-
gleichen.
Der briti sehe Delegierte erklärte,
daß sein Land bereit sei, in diesem Jahre
zwischen 30- und 40 000 Einwanderer auf-
zunehmen.
Aus Saarlands vergangenen Tagen
T^ie nachsteh. Ausführungen verfolgen
lj/ den Zweck, der jüngeren Genera-
tion einen Blick in die Vergangenheit dar
Gewerkschaftsbewegung an der Saar zu
geben. Kein Gedanke ist irriger, als hät-
ten sich die bestehenden heutigen Recht»
und Errungenschaftein von selbst ergeben.
Der wirtschaftliche und politische Druck
des Stumm-Hilger-System schlug Berg- u.
Hüttenleut« in seinen Bann und verhin-
derte jede freiheitliche Regung und Be-
wegung, jede Aufwärtsentwicklung der
Arbeiterschaft. Durch behördlich« Bevor-
mundungen konnte der gewerkschaftliche
Gedanke in der breiten Masse nicht recht
Fuß fassen. Davon wissen die Agitations-
kolonnen der Bergleute, die sonntags über
Land zogen, ein Lied zu »tagten. Mit Mist-
gabeln, Kartoffelharken bedroht, nicht sel-
ten mit Hunden gehetzt, mußten sie sehr
oft die ungastliche Stätte ihrer Tätigkeit
fluchtartig verlassen. Nur um ihre Gleich-
berechtigung zu erlangten, hart di« Arbei-
terschaft jahrzehntelang dfei schwersten
Kämpfe geführt. Diese« Verlangen er-
schien dem beschränktem Zeitgeist der
damaligen Zeit als ein umstürzferische«
Benehmen, das nur mit Entlassung au*
dem Arbeitsverhältnis gesühnt werden
konnte. Diejenigen dienen Namen dann
noch zu allem Ueberfluß die schwarzen
Listen zieren, waren im Saarlande wirt-
schaftlich erschossen. An der Saar war es
nicht orpportun, von dem -gesetzlich aner-
kannten Koalitionsrecht Gebrduch zu ma-
chen, weil seine wirtschaftl. Zwingherrem
dieses nicht duldeten. Wer will heute die
vielen persönlichen Opfer noch nennen*
die dieser ungleiche Kampf verschlungen
hat? Wer will die Sorgen, den Kummer
Ut!:4 d'as Elend ermessiem, das manche Fa-
milie eines aufrechten Kämpfers erleben
mußte und auch jene Schikanen, denen
die engere Verwandtschaft ausqesetzt.
war?
Ein Beispiel von vielen:
Im Jahre 1905 wurde der früher» Ga-
werkschaftssekretär Jakob Frank al*
Bergmann entlassen, weil er in einer Bierg-
arbeiterversammlung dem Vertreter de»
alten Bergarbeiterverbandes Bochum;
Franz Prokorny, die Hand gegeben hatte.
Einen Tag nach diesem Vorfall wurde
Frank zum Bergrat bestellt, der ihm eröff-
net«, daß für einen Gesinnungsgenossen
des Prokorny im Grubenbetrieb kein Platz
mehr sei. Binnen vier Wochen hatte @r
Seme Entlassungspapterie. Eine von ihn*
Übernommene Schank Wirtschaft konnte
keine Existenz werden, we| jetzt dter üb-
liche Boykott einsetztei. Am schwarzen
Brett auf dar Grube, Hütte und Eisenbahn
war jedem Arbeiter mit fristloser Entlas-
sung gedroht, der di©siete Lokal besuchte.
Das ist da» wahre Gesicht dar damali-
gen Reaktion.
Auch das Privatleben des einzeln«!
Menschen unterlag dar Kontrolle der gro-
ßen Arbeitgeber. Gruben- und Hütten be-
amte waren die Kontrollorgan». Jede un-
bedachte Aeußerung wurde dem Auftrag-
geber gemeldet. Sie waren die tragenden
Säulen im Vereinsleben dar damaligen
Zeit. In den Gesang- Turn-, Sport- und
Kriegervereinen waren sie meist ln Füh-
rung. Sn der Kommunalpolitik beherrsch-
ten sie die Rathäuser. Sie vertraten die In-
teressen ihrer Arbeiter nach dem Grund-
satz:
Wes Brot ich ess\ des Lied Ich sing'.
Wie im wirtschaftlichen, Jagen di» Din-
ge auf dem politischen Sektor keineswegs
besser. Mit mehr oder weniger Gewalt
versuchten die maßgebenden Arbeitgeber
auch hier die Zügel in ihrer Gewalt zu be-
halten. In ge'schk>sseme<n Kolonnen wur-
den die Bergleute von der Arbeitsstelle
zum Wahllokal geführt. Gegen diese un-
glaublichen Verhältnisse an der Saar, wie
auch gegen die schikanös© Behandlung
der Bergarbeiter Im aUgememen wandte
sich der Arbeitersiekretär Krämer in ei-
nem Flugblatt an die Oeffentlichkeit. Der
Geheimrat Hilger stellt» Klag© wegen Be-
leidigung und falschen Angaben. Im
Prozeß selbst stellte der Verteidiger des
An geklag ten, Re i ch s tag sab geio r dne teir
Heine, dem Geheimrat die Frage: „Wie er-
klären Sie sich die Tatsache, daß man
Bergleute in geschlossenen Kolonnen zum
Wahllokal führte?“ Ohne mit der Wimper
zu zucken, erklärte eir: „Die Leute waren
alle Soldat, sie sind gewöhnt, in Schritt
und Tritt zu marschierenI“
Für harmlos© Gemüter schon ©ine sehr
wackelige Begründung, für den denken-
den Menschen aber ©in unerlaubter Ein-
griff in das gesetzlich verankerte frei«
Wahlrecht. An den Wahllokalen wach-
ten dte Beauftragten der Arbeitgeber mit
Argusaugen darüber, daß kein. Wähler ei-
nen zweiten Stimmzettel in Besitz nehmen
konnte.
Die ungerechte schikanöse Behandlung
der Bergleute in ihrem Arbeitsverhältnis
war einige Jahre später nochmaliger
Gegenstand enter Gerichtsverhandlung.
Der Einfachheit halber, wie man so sagt,
sammelten die Kameradschaften in der
Grube dte Abonnententsgelder für den
Bergmannsf r e und, einer von der Gruben-
verwaltung heraus gegebenen Zeitung.
Auch dte monatlichen Beiträge für ver-
schiedene Vereine fanden auf diesem We-
ge ihr« Erledigung. Dte so gesammelten
Gelder wurden dann an einer bestimmten
Stell« in der Grube hinterlegt, wo sie dann
in alleT Stille von dem zuständigein Vorge-
setzten kassiert wurden. Das Auffallende
aber war, daß dte so hinterlieg ten Gelder
um ein Vielfaches dte eigentliche Schuld-
summe überschritten. Auf diese Weise
sicherten sich die einzelnen Kamerad-
schaften ihre Geding- und Akkordlöhne,
Der Göttelbomer Durchstechprozeß im
Jahr» 1908 bestätigt® vollinhaltlich dte im
Flugblatt Krämers gemachten Angaben.
Einig» Dutzend Vorgesetzter verloren ih-
ren Arbeitsplatz. Der Obersteiger Michaeli
erhielt 18 Monate Gefängnis, und dte Uhr
des Geheimrats Hilger war im Saar ge-
biet abgelaufen. Dleir Geheimrat ver-
schwand, doch das verhaßte System ist ga-
blieben, bis der erste Weltkrieg diese un-
würdige Behandlung der schaffenden Men-
schen in Trümmer schlug. Noch im Jahr«
1910 konnte sich der Syndikus des schwer-
industriellen Arbeitgeberverbandes, Ale-
xander Tills, die Worte erlauben: „Men-
schenrechte gehören in die Rumpelkam-
merl" Besser als lange Abhandlungen be-
zeichnet dieser Ausspruch den Zeitgeist
des Denkens, wie er bei den Schwerin-
dustriellen zuhause war.
In der Behandlung seiner Menschen war
das Saargebiet damals das rückstän-
digste Industriegebiet Deutschlands, was
ihm den Namen „Saarabien" einbrachte,
Reaktion hatte ihre Genugtuung.
Daß dte Bevölkerung allmählich müd«
wurde, stets nur Knecht seiner Zwingherra
zu sein, .dte wirtschaftlich» und politisch«!
Bevormundung der Grubenveirwaltung un-
ter Assistenz der Schlotbaron» ablehnta,
zeigte dte von dar liberalen Partei emba-
rufeite Wühlervar Sammlung im Scsaibau
von Saarbrücken im Jahre 1908. Hier
wurde der offizielle Kandidat zum preußi-
schen D reiklassenparlament vorgestellt.
Bergrat Giani, Friedrichsthal, war in einer
DslegiertenverSammlung mit 66 Stimmen
Sieger, gegen den Junglibera’ea Führer Dr,
Maurer, der mit 44 Stimmen unterlegen
war. Vorweg sei noch bemerkt, daß un-
zufriedene Kreis« der ünteltektuellen der
liberalen Partei einen Jungliberalen Klub
gebildet hatten. Ihr Führer war Oberreal-
schuldirektor Dr. Maurer.
In verschiedenen Extrazügen ließ die
Grubenverwaltung das erforderlich*
Stimmvieh aus dam Kreisern der Bergar-
beiter zur Wahlversammlung anroTten.
Gleich bei Eröffnung der Versammlung
zeigten sich die Gegensätzlichkeiten in-
nerhalb der liberalem Partei. Dem Dr,
Maurer legte man nahiej, auf seine Kandi-
datur zu verzichten. Mit markanter Stim-
me verwies er darauf, daß seine Kandi-
datur von einer großen Masste der Wäh-
lerschaft getragen sied, und wollte er die-
sem Ansinnen Rechnung tragen, er Ver-
rat an den Menschen begehen würde. Als
erster Redner betrat Bergrat Gkmi das
Rednerpult. Vier Fünftel der Anwesenden
klatschten ihm dauernd Beifall, was dte
Minderheit mit dem Ruf quittierte: Der
Extrazug klatscht!
Als zweiter Redner kam Dr. Maurer zum
Wort. Wie ein reinigendes Gewitter wirk-
ten seine mit Humor gewürzten, sarkasti-
schen Ausführungen. Vom preußischen
Dreiklassen wähl recht blieb auch kein Fet-
zen ganz. Je länger er sprach, je kleiner
wurde der Extrazug. Der Beifall war über-
wältigenu. Er hatte1 die Seele des1 Volkes
erfaßt und dem Ausdruck verhöben, was
diese Seele längst empfunden. Die Min-
derwertigkeitskomplexe, die in der Brust
jeden Staatsbürgers wohnten, der nach
dem Dreiklassenwahlrecht behandelt wur-
de, rückte1 er ins richtige Licht. Mit über-
wältigender Mehrheit wurde Maurer bei
der Abstimmung der offiziellte Parteikan-
didat.
Dte Reaktion an der Saar hatte e.n«
Schlacht verloren, aber im geheimen ar-
beitet© si» hinter den Kulissen am Sturz«
ihres Rivalen. Für ihn war an der Saat
kein Platz mehr. Im Jahr» 1910 wurde Dr.
Maurer nach Wiesbaden vier setzt, und dte
Reaktion hatte ihre Genugtuung.
L. Reulamd,
Seite 6
.DIE ARBEIT“
August 1950
Ist meine inuallden- liezui. ßRgesielltenuersiGherung in Ordnung?
Als Mitglied des Betriebsrates einer grö-
Besen Baufinna m Saarbrücken habe ich
yrdph u. a. um die Sozialversicherungs-
fcmgelegenheiten meiner Beruiskollsgen
bekümmert. Hierbei habe iah feststellen
müssen, daß diesem Gebiete viel tu ws-
(iig Beachtung geschenkt wird. Fast straf-
bar an sich selbst und gegenüber seinen
Angehörigen wird in dieser Beziehung ge-
handelt. Teils ist es Leichtsinnigkeit, teils
Ist es Nachlässigkeit, aber oft auch ver-
kehrte Bequemlichkeit. Und sehr oft und
nicht zuletzt ist es die Unwissenheit, die
taut diesem Gebiet bei einer Vielzahl un-
serer Kollgen herrscht. Wie wichtig ge-
rade dieses Gebiet für jeden Berufstätigen
Ist, werden die älteren Kollegen gelegent-
lich der Beantragung ihrer Rente schon er-
fahren haben. Und die jüngeren werden
es auch noch erfahren, wenn sie eines
Tages ihre Rente oder Ruhegeld beantra-
Sen werden. Diesem Uebel vorzubeugen
ezw. abzuhelfen, soll der Sinn der heu-
tigen Abhandlung sein.
Hier soll zunächst mal einiges über die
notwendigste Grundlage jeder Beantra-
gung irgendeiner Leistung aus der Sozial-
versicherung gesagt werden. Es sind die
Aufreehnungsbescheinigunge.i, also der
Nachweis jedes Berufstätigen über die an
die Sozialversicherung im Laufe seiner
Jahrelangen Arbeit eingezahlten Beiträge.
Bis zum 30.
lung:
Das Versicherungsamt seilte für jeden
Berufstätigen eine Versicherungs- oder
.Quittungskarte aus, die für mehrere Jahre
galt. In diese Karte wurden die Beitrags-
marken je nach Höhe des Verdienstes ein-
geklebt. War die Karte voll, so wurde die-
selbe aufgerechnet, eine Aufrechnungsbe-
scheimgung erteilt sowie eine neue Karte
ausgestellt, die laufend numeriert wurde.
Ab 1. 7. 1942 werden keine Marken mehr
geklebt, sondern die vom Verdienst ein-
behhaltenen Beiträge werden vom Arbeit-
geber direkt an den Versicherungsträger
(Sozialversicherung) abgeführt. Eine be-
sondere Bescheinigung in der Art der frü-
heren Aufrechnungsbescheinigung wird in
der Regel nicht mehr erteilt, jedoch auf
der Versicherungskarte vermerkt.
Nun zurück zu den früheren Aufrech-
dungsbescheinigungen.
Der Berufstätige hat mit diesen Beschei-
nigungen vorerst nichts anderes anzufan-
gen, als sie sorgfältigst aufzubewahren.
Ein lückenloser Nachweis dieser Beschei-
nigungen, die wiederum laufend numeriert
*md, ist bei der späteren Rentenbeantra-
gung unbedingte Voraussetzung, um sich
vor Schaden zu bewahren. Zwar hat die
6. 42 bestand folgende Rege-
Verwaltung der Sozialversicherung die
Origmal-Klebekarten zu den Aufrech«
nungsbescheinigungen in Aufbewahrung«
Jedoch können auch bei dieser Stelle der-
artige Unterlagen in Verlust geraten. Wir
haben dieses ja zur Genüge im letzten
Kriege infolge kriegerischer Einwirkungen
erlebt. Die Aufrechnungsbescheinigung
hat also den Wert und die Bedeutung ei-
nes Sparbuches und ist darum wie ein
solches sorgfältigst aufzubewahren.
Prüfe daher ein jeder mal seine derar-
tigen Unterlagen nach!
Mancher Kollege wird dann bei dieser
Nachprüfung ieststellen, daß mehrere Auf-
rechnungsbescheinigungen mit der glei-
chen laufenden Nummer vorhanden sind,
Das ist weniger wichtig; dagegen ist zu
prüfen, ob die ganze Zeit seiner Berufs-
tätigkeit durch diese Bescheinigungen be-
legt isr. Hier sind, falls Lücken in den Ein-
tragungen sich zeigen sollten, folgende
Ueberlegungen .anzustellen:
a) Ist dem Betreffenden bekannt, daß er
die Bescheinigung einmal besessen
und durch irgendeinen Umstand ver-
loren hat, so gehe er zum Versiche-
rungsamt und beantrage die Ausstel-
lung einer Duplikat-Bescheinigung, die
von der LVA, falls die Onginalkart®
vorhanden ist, ausgestellt wird,
b; Ist dem Betreffenden bekannt, daß er
in der offenstehenden Zeit tatsächlich
in Arbeit gestanden, aber nie eine
Auirechnungsbescheimgung besessen
hat, so versuche er sich zu erinnern,
wo, bei wem und als was er in der
fraglichen Zeit gearbeitet hat. Ist der
Arbeitgeber bekannt und auch jetzt
noch erreichbar, dann muß er sich
sogleich mit ihm in Verbindung set-
zen, um die Ausstellung einer Be-
scheinigung zu erhalten, aus der her-
vorgehen muß:
1. Dauer des Aibeitsverhältnisses
2. Art der Beschäftigung
3. Höhe des monatlichen Verdienstes
und
4. ob Beiträge zur Invaliden bzw. An-
gestellten-Versicherung entrichtet
wurden und an welche Stelle.
Diese Bescheinigung ist dem Versi-
cherungsamt zur weiteren Regelung
zu übergeben.
c) Verweigert der Arbeitgeber die Aus-
stellung der erbetenen Bescheinigung
unter igrendemem Vorwand oder rea-
giert er aut entsprechende Anfragen
nicht, so melde man dieses sogleich
dem Versicherungsamt, das alsdann
die Angelegenheit aui dem amtlichen
Wege regelt.
d) Ist der damalige Arbeitgeber xwar
bekannt, jedoch nicht mehr erreich-
bar, was bei Flüchtlingen und insbe-
sondere bei den Ostflüchtlingen der
Fdli ist, so überlege man mal in Ruhe
bezw. suche in anderen Schriftstücken
nach oben genannten Angaben. Das
Versicherungsamt wird dann die so
gewonnenen Angaben in Form einer
eidesstattlichen Versicherung zu Pro-
tokoll nehmen. Kann der Verdienst
aus dieser Zeit nicht mehr genau an-
gegeben werden, so wird er amtlich
geschätzt entsprechend der damals
ausgeübten Tätigkeit.
Sehr wichtig ist bei allen früheren Wehx-
machtsangehörigen die Frage: Wie und in
welcher Weise wird die Zeit des Wehr-
dienstes bezw. der Kriegsgefangenschaft
angerechnet?
Die Zeiten des Wehrdienstes bezw.
Kriegsgefangenschaft werden voll und
ganz angerechnet. Sie müssen jedoch
nachgewiesen werden. Dieses kann durch
Vorlage diesbezüglicher Unterlagen wie
Soldbuch, Bescheinigung des Kriegsge-
Jangenenlagers, Bescheinigung des zu-
ständigen Einwohnermeldeamtes u. a. m.
oder durch Abgabe einer eidesstattlichen
Versicherung erfolgen. Di« Ausstellung
der Bescheinigung erfolgt gebührenfrei.
Weiter Interessiert sehr die Frage:
Nach welchem Maßstabe erfolgt nun
die wertmäßige Anrechnung der Zeit des
Wehrdienstes bzw. Kriegsgefangenschaft?
Die wertmäßige Anrechnung für den
Kriegsdienst erfolgt nach der Höhe der
zuletzi geklebten Marke bzw. des Ver-
dienstes unmittelbar vor der Einberufung,
F, S.
Auf fcohec iahet l
Fast möchte man sagen, daß die Grup-
pe Metall Brebach jährlich ihre schon xui
Tradition gewordenen Ausflüge durchführt,
die sich immer eines großen Teilnehmer-
kreises erfreuen. So war es auch am 23.
7. 1950 wieder. Schon frühzeitig waren
Männlein und Weiblein zum Bahnhof Bre-
bach gepilgert. Pünktlich um 7,20 Uhr
setzten sich die 4 Omnibusse in Richtung
Saargemünd in Bewegung und schon hin-
ter Güdingen grüßten uns Paddler und
Wanderer. In schneller Fahrt nähern wir
uns der Grenze. Hinter Saargemünd nimmt
uns eine schöne Gegend auf, große Wie-
sen, dazwischen hier und da Kartoffel-
oder Getreidefelder. Programmgemäß tref-
fen wir um 9,20 Uhr auf dem Marktplatz
in Pfalzburg ein, wo die erste Unterbre-
chung zur Einnahme des Frühstücks statt-
findet. Ein herrliches Glockengeläute ent-
bietet uns den ersten Gruß und manche
Teilnehmer verzichteten lieber auf ihr
Frühstück und gingen in die prächtig aus-
gestatbete Kirche, andere wieder suchten
Erfrischungsräume auf um den ersten El-
sässer „Zwetsch“ zu trinken. Als man
wieder zur Weiterfahrt Platz nahm, war
Stimmung, auch wenn die Sonne ver-
schwand und am Himmel drohend
schwarze Wolken aufzogen. Am Rande
der mächtigen Berge, hinter Pfalzburg,
stehen die schmucken Häuschen der Be-
wohner, die fernab von der Industrie,
wahrhaftig zu beneiden sind. Unsere Bus-
se schlängeln sich mühsam durch die-
ses herrliche Tal. Von links und rechts
grüßen herrliche Nadelwälder. Unsere
Busse müssen nun die hohen Pässe zur
Dachsburg bezwingen und für alle Teil-
nehmer war gerade die Fahrt ein Erlebnis.
Durch große Wälder nehmen wir in
schwieriger Fahrt Links- und Rechtskur-
ven, die Wolken bedecken förmlich das
Tal und vor uns grüßt schon die Dachs-
burg. Als sich unsere Busse dem Ziel
näherten, hatte der Wettergott keine Ein-
sicht, denn unaufhörlich regnete es, so
daß ein Aufstieg zur Dachsburg unmög-
lich wurde und wir schweren Herzens
unserm nächsten Ziel, Obersteigen, ent-
gegenfuhren. Die regenschweren Wolken,
blieben immer wieder an den hohen Fel-
sen hängen und wie dicke Nebelschwa-
den bedecken dipse das soeben von uns
durchfahrene Ted. Hier lebt die Bevölke-
rung durchweg vom Ertrag ihrer Scholle,
oder aber die großen Wälder geben der
Bevölkerung Arbeit und Brot. Die wenig
vorhandenen Gaststätten sind auf Frem-
denverkehr eingestellt und in ihrer
schmucken und sauberen Aufmachung
mehr als einladend. In mehreren Gruppen
verteilte man 6ich, um das Mittagsmahl
einzunehmen. Am Nachmittag ging unse-
re Fahre durch das Engenthal. In Wan-
genburg war es noch schöner als zuvor,
xumal nun wieder herrliches Ausflugswet-
ter war. Zwischendurch machte man noch
hier und da eine kurze Rast und vergaß
aber auch dabei nicht das Tanzbein zut
schwingen. In froher und ausgelassener
Stimmung, bei Gesang und Humor ging
es am Abend in schneller Fahrt unserer
Heimat entgegen und als unsere 4 Omni-
busse Saar-Union passierten, waren viele
in tiefem Schlaf versunken. Kurz vor 22
Uhr kamen wir wieder wohlbehalten, in
Brebach an. Für alle Fahrtteilnehmer war
diese Fahrt mehr als ein Erlebnis, denn
wir haben ein Stückchen Erde mit all sei-
nen Sehenswürdigkeiten kennen gelernt«
wie wir es nicht schöner im Schwarzwald,
oder in den bayr. Alpen usw, finden kön-
nen.
Nachruf
Am Dienstag, dem 25. 7. 1950, verschied plötzlich .und
unerwartet der Obervertrcuensarzt der Landesversiche-
rungsanstalt für das Saarland,
Herr Dr. Eugen Gruenberg
Herr Dr. Gruenberg war seit Juli 1946 mit der Leitung
des Obervertrauensarztbezirkes Saailouis-Merzig-Völk-
lingen betraut, nachdem er bereits früher lange Jahre
als Vertrauensarzt bei der Landesversichenmgsanstalt
Berlin tätig war.
Im Verkehr mit den erkrankten Versicherten sowie mit
der Aerzteschaft ist jederzeit sein vornehmes und
gütiges Wesen in Erscheinung getreten.
Die Landesversichenmgsanstalt für das Saarland hat
durch das Ableben von Herrn Dr. Gruenberg «inen ge-
wissenhaften und tüchtigen Beamten verloren, der
schwer zu ersetzen ist
Saarbrücken, den 27. Juli 1950.
Landesversicherungsanstalt
für des Saarland
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Herausgeber: Hauptverwaltung der
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Braueritr. 6—8. Verantwort!!* fflr
den Getemtlnhalt* Helnr. Wadcer.
Redaktion: Sozial- und Wlrtichaft*-
pollttk C Schuhler, Industrtevcr-
binde, Jugend fowla Feuilleton
J. P, Wambach. - Drudt: Drucker#
Saar-Zeitung, Dr. Nlkolau* Fontaine,
Saarlouls — Etnzalverkaufsprel» der
»Arbeit« 8.- ffr*.
^Beachtet die Anzeigen
in Eurem
Gewerkschaftsorgan
1\\#
5. J ah t gang
Saarbrücken, 10. September 1950
Nr. 17
ui
Im Stadium der Entscheidung
Beschlüsse einer ausserordentlichen Sitzung des Gewerkschaftsausschusses - Unerträgliche Versdileppungs-
politik der Arbeitgeber - Gefahr für den sozialen Frieden - Im Kampf gegen die Teuerungswelle -
Gefestigte Solidarität der Arbeitnehmer - Sofortige Verhandlungen mit der Regierung dringend erforderlich
Da infolge der anhaltenden willkürlichen und erheblichen Preissteigerungen die Lage für die Arbeitnehmerschaft uner-
träglich geworden ist, hat die Einheitsgewerkschaft den Beschluß gefaßt, alle Mittel anzuwende®, um unter allen Umstän-
den eine wei.e.e Verelendung der Arbeitnehmerschaft abzuwenden. Die dazu erforderlichen Maßnahmen wurden In einer
außerordentlichen Sitzung des Gewerkschaftsausschusses am 4- Sept. geprüft und einstimmig beschlossen.
In grundsätzlichen Ausführungen wurde
die iTage vom gewerkschaftlichen Stand-
punkt aus eingehend erörtert. Die an-
wesenden Ve-treter des Gewerkschafts-
ausschusses waren sich des Ernstes der
Lage, und dar Dringlichkeit, eine Lösung
herbeizufülven, bewußt.
Kollege Wacker gab zunächst ein Bild
ider Gssamtlage. Er wies auf die viel-
fachen Bemühungen hin, die in der Ver-
gangenheit gemacht wurden, um schon
Von Anfang an gegen die für die Arbeit-
nehmerschaft unerträgliche Lage von Ge-
werkschaftsseiie aus aufmerksam zu
machen. In mehreren mündlichen und
schrift'ichen Auseinandersetzungen mit
dem Hohen Kommissar und Regierungs-
stellen sei darauf aufmerksam gemacht
worden, daß trotz d£r Vollbeschäftigung
tind der Leistungssteigerung die Arbeit-
geber stets versuchten, irgendwelche Kri-
senerscheinungen auf die Arbeitnehmer
ebzuwälzen. Das habe sich bei den Feier-
schichten im Saarbergbau und bei ande-
ren Maßnahmen gezeigt. Was bisher ge-
tan worden sei, um einen Ausgleich zwi-
schen Löhnen und Preisen irgendwie zu
erzielen, sei fruchtlos geblieben.
In weiteren Ausführunge i stellte Kolk
Wacker lest: Jahrelang haben die Arbeit-
jfe gebsx.XSiÜlöudlungen über die Löhne un-
^ - ter Bezugnahme auf d.e von der franzö-
sischen Regierung varoecchriebene Lohn-
poli i.< abgelehnt. Sie behaupteten auch,
die Steuern für dia Unternehmer seien im
Sac.iand höher als in Frankreich. Eine
Untersuchung hat aber ergeben, daß die
Steusrbelastung d eselbe ist. V/as mittel-
und langfristige Kredite angeht, so ist
festzustellen, daß die Marshall-Hi’fe an
der Saar im Gegensatz zu Frankreich und
zu Deutsch’and praktisch nicht im ent-
sprechenden Rahmen durchgeführt wurde.
Trotz der sogenannten Notlage der
Saarwirtschaft sei aber darauf aufmerk-
sam gemacht, daß in den letzten Jahren
von der saarländischen Geschäftswelt
bei unseren Banken enorme Beträge ange-
legt werden konnten. Im Jahre 1949 allein
10 Milliarden Francs, also Beträge, die
Hoch nach starken Investitionen übrig
Waren.
Berücksichtigt man, daß eine Produkti-
onss eigsrung von rund 50o/0 eingetreten
ist, ohne daß wesentlich mehr Arbeitneh-
mer im Saarland neu hinzukamen, — der
Zugang beträgt etwa 5 000 Personen —
dann muß man sich wirklich fragen: Wo
Ist der Anteil des Arbeitnehmers cn die-
ser Produktionszunahme geblieben?
Mit den Preisermittluncen des Statisti-
schen Amtes und seinen sonstigen Auf-
stellungen können wir uns nicht einver-
standen erklären. Dessen Zusammenstel-
lung ergibt ein falsches Bild der wirklich
vorhandenen Teuerung. Daher hat die Ein-
heitsgewerkschaft eine eigene Preisgegem-.
(ibersfe’lung vorgenommen. Die Tabelle
berücksichtigt jedoch nur die Preissteige-
BiiiifßfiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiitiiiiiiiiiiiimiiiimiiimiimiiflHiimmmiiitiiiiiHiiimiiiimi
Aus dem Jjthalt:
Dringende Eingabe an Regierung und
Hohes' Kommissariat
» * , .
Preisindex, wie ihn die Arbeiterhaushalte
kennen
*
Wirtschaftslage und Angestelltenschaft
*
Jahreskongreß der Vereinigung
der Körperbehinderten.
*
I. V.-Post und Fernmeldewesen
«
Rechenschaftsbericht
aus Saarlouis—Dillingen
*
Protest aus St. Ingbert
*
Schwarzarbeit im Rampenlicht
Post aus dem Ausland
*
Briefkasten
rung bis Ende August, also nicht mehr die
Jetzten erheblichen Erhöhungen.
(Tabelle siehe Seite 4)
In der langen Zeit, in der diese gewalti-
gen Preissteigerungen erfolgten, ist kaum
eine nennenswerte Lohnerhöhung erfolgt,
von den erst in letzter Zeit eingetretenen
Einzelerhöhungen abgesehen.
Die Teue ungswelle ist um .seres E rach-
tens durch nichts gerechtfertigt, denn in
der ganzen Welt ist gerade in den wichti-
gen Nahrungsmitteln dieses Jahr eine Re-
kordernte zu verzeichnen. Ausgerechnet
in dieser Periode setzt eine Teuerungs-
welle ein. Und was tut die Regierung?
V/as die Konkurrenzfähigkeit anbetrifft,
so wissen auch die Gewerkschaftler, daß
die saarländische Wirtschaft nicht höher
belastet sein darf als die französische,
nachdem wir ein einheitliches Wirtschafts-
gebiet geworden sind. Aber hierbei darf
die Produktionskapazität und -Steigerung
nicht übersehen werden. Es muß Aufgabe
der Saarregierung sein, die individuellen
Verhältnisse unbedingt zu berücksichti-
gen. Die Gewerkschaft hat dies wiederholt
deutlich sowohl beider Regierung u. beim
Hohen Kommissariat hervorgehoben. So
hat z. B. beim Bergbau die Leistung mit
1549 kg Tagesförderung pro Kopf die Re-
kordhöhe von 1938 erreicht. Die französi-
sche Durchschnittsleistung liegt über 200
kg niedriger. Aehnlich liegen die Ver-
hältnisse in der Schwerindustrie und in
-anderen Industrien. Wenn im französi-
schen Rundfunk ein Arbeitgebervertreter
kürzlich erklärt hat, daß für die franzö-
sische Wirtschaft die neu festgesetzten
Mindestlöhne untragbar seien, weil seit
dem vergangenen Jahr keine Leistungs-
steigerungen festzustellen seien, so kann
dies — vorausgesetzt, daß diese Behaup-
tung überhaupt zutrifft — kein Grund für
die Saarregierung sein, denselben Stand-
punkt einzunehmen, denn an der Saar be-
wegen wir uns durchweg in einer aufstei-
genden Leistungskurve. Selbst ohne die
(Fortsetzung Seite 2)
Die Entschließung des Gewerkschaftsausschusses
Der am 4. September 1950 in Saarbrücken tagende Geweikschaftsausschuß der
Einheitsgewerkschaft der Arbeiter, Angestellten und Beamten nahm Stellung zu
der allgemenen wirtschaftlichen Lage der saarländischen Arbeitnehmerschaft. Er
stellt mit ernster Sorge fest, daß durch die in den letzten Wochen erfolgte er-
neute willkürliche und durch nichts gerechtfertigte Steigerung der Preise der
lebensnotwendigsten Varbrauchsgüter eine weitere Verelendung der arbeitenden
Menschen eingetreten ist.
Der Gewerkschattsausschuß stellt mit Bedauern fest, daß die verantwortungs-
bewußte Haltung und alle Bemühungen der Einheitsgewerkschaft in der Vergan-
genheit. eine Beseitigung der immer größer gewordenen Spanne zwischen Preisen
und Löhnen herbeizuführen, völlig unbeachtet geblieben sind.
Der Gewerkschaftsausschuß stellt weiter fest, daß trotz den Auswirkungen des
2. Weltkrieges dank des Fleißes und desVerantwortungsbewußtseins der saarlän-
dischen Arbeitnehmerschaft die Produktionsleistungen zum großen Teil ln den
verschiedensten Wirtschaftsgruppen die Friedenshöhe wieder erreicht, teilweise
sogar überschritten haben, während die Löhne und Gehälter, die von dar saar-
ländischen Industrie z. Zt. bezahlt werden, in derselben Zeit kaufkraftmäßig um
25—30 Oo zurückgeblieben sind.
Auf Grund der Tatsache, daß die Produktionssteigerung in den Jahren 1948
und 1949 fast 50 o/o beträgt, während in derselben Zeit Löhne und Gehälter kaum
eine Verbesserung erfahren haben, die Preissteigerungen" selbst also bi keinem
Fall auf Lohnerhöhungen zurückzuführen sind, richtet der Gewerkschaftsausschuß
der Einheitsgewerkschaft die dringend® Mahnung an die Regierung des Saarlan-
des, der willkürlichen Preisentwicklung mit allen Mitteln entgegenzutreten, da die
verantwortlichen Funktionäre der-Gewerkschaftsbewegung unter diesen Umstän-
den in nächster Zukunft jede Verantwortung für die Auf rech terhaltung des sozia-
len Friedens ablehnen müssen und andererseits es als ihre Pflicht erachten, die
pe-echten Forderungen der Arbeitnehmerschaft mit allen ihnen zu Gebote stehen-
den Mitteln zu unterstützen.
Die in den Kreisen der werktätigen Bevölkerung durch die unter diesen Umstän-
den geschaffene Situation den sozialen Frieden bedrohende Beunruhigung, hat
den Gewerkschaftsausschuß der Einheitsgewerkschaft veranlaßt, die auf dem
Verordnungsweg Erlassene Heraufsetzung des Existenz-Minimums
auf 74.10 frs. in Zone I
auf 70 20 frs. in Zone II
- auf 66.30 frs. in Zone III
und auf 64,00 frs. in Zone IV
als ungenügend zu bezeichnen und erneut und allen Ernstes folgende Forderungen
auf zu stell ?n:
1. Festsetzung des Exictenzminimums gemäß unserer Forderung vom 28. Fe-
bruar 1950 auf 18 500.— Frs.
2- Endgültige Beseitigung der bestehenden Lohnzoneneinteilung gemäß un-
serer wiederholt an die Regierung des Saarlandes und das Hohe Kommis-
sariat gerichteten Eingaben.
3. Die von den einzelnen Industrieverbänden der Einheitsgewerkschaft abge-
schlossenen Lolmvere’nbarungen zu kündigen und umgehend neue Ver-
handlungen zum Zweck der Erhöhung der Löhne und Gehälter crufzunehman.
4. Der Landesvorstand wird beauftragt, mit der Regierung des Saarlandes
unverzüglich Verhandlungen aufzunehmen betr. Anpassung der laufenden
Versorgungpbezüqe der Pension^- und Rentenempfänger, der Witwen und
Waisen entsprechend der eingetretenen Verteuerung.
5. Bis zur Veröffentlichung einer diesbezüglichen Verordnung über dia Erhö-
hung der Versorgungsbezüge e'ne Erhöhung der Renten ob 1. August 1950
von 20 o/0 als vorläufige Ueberbrückung für alle Versorgungsberechtigten
vorzunehmen.
6* Sollte nach Ablauf von 8 Tagen den eingereichten Forderungen der Indu-
strieverbände seitens der Arbeitgeberverbände und der Regierung betr.
Angleichung der Löhne und Gehälter an die Teuerung nicht entsprochen
werden, wird der Gewerkschaftsausschuß mit den Vorständen der Indu-
ßtrieverbände zusammentratem, um dia zu ergreifenden Maßnahmen zu be-
schließen.
Der Gewerkschaftsausschuß und der Landesvorstand sind sich der vollen Ver-
antwortung und der Folgen zur Durchführung der aufgestellten Forderungen be-
wußt in der Erkenntnis, daß der soziale Friede letzten Endes davon abhängt, daß
unseren Werktätigen ein anständiges Einkommen garantiert wird und fordert alle
verantwortlichen Funktionäre der Einheitsgewerkschaft auf, innerhalb ihrer Indu-
strie verbände die Mitgliedschaft auf die vom Landesvorstand und dem Gewerk-
echaftsausschuß getroffenen Entscheidungen hinzuweisen. Wir betrachten es als
selbstverständlich, daß bei den Auseinandersetzungen, soweit zum letzten Kampf-
mittel gegriffen werden muß, Solidarität und, Disziplin gewahrt wird.
Der Kjetter-Wettbewerb
Ist es su schaffen? Welcher Enderfolg den
Lohnforderungen beschert Bein wird, das hängt
Von der Stärke der Organisationen ab.
Amtlicher Preisindex
bei Licht besehen
Die Preiserhebungen statistischer Aem-
ter als eindeutige Unterlagen für das
Existenzminimum herauszuziehen, ist von
uns schon oft als unzulänglich bezeich-
net worden. Das leidige Kapitel
beschäftigt die Gewerkschaften auch
anderwärts. In einer Betrachtung „Preis-
steigerungen trotz gegenteiliger Behaup-
tungen“ schreibt das Zentralorgan der Ge-
werkschaft ,*Oeffentliche Betriebe, Trans-
port und Verkehr“, Stuttgart in der Sep-
temberausgabe u. a.:
„Die Art der Reaktion der Gewerkschaf-
ten in ihrer Gesamtheit im Gebiet der
Bundesrepublik, die infolge des Anstei-
gens der Preise für Konsumartikel ausge-
föst wurde, wird von den Gegnern einer
allgemeinen Lohnerhöhung als gegen-
standslos hingestellt. Das Argument lie-
fert ihnen die vom Statistischen Amt auf-
gestellte Preisindexliste, die eine Senkung
der Lebenshaltungskosten nachweist.
Dreser Preisindex geht aber von fal-
schen Voraussetzungen aus. Der DGB
weist die Behauptung des Bundeswirt-
schaftsministeriums, daß die Lebenshal-
tungskosten für einen vierköpfigen Ar-
beitnehmerhaushalt im Zeitraum vom Ja-
nuar 1949 bis Febrar 195Q um 16,6 Punkte
von 168,5 auf 151,9 (1938 = 100) gesunken
seien, zurück. Die bundesamtliche Stati-
stik vergißt nämlich, daß bis Ende 1949
etwa 52 Prozent der männlichen Industrie-
arbeiter ein monatliches Bruttoeinkommen
hatten, das unter 250 DM lag. Berücksich-
tigt mqn diese Berufsschicht, so ergibt
sich nur ein Rückgang von 5,3 Punkten,
da diese Arbeitnehmer von ihrem Ein-
kommen relativ mehr für Nahrungsmittel
lausgeben. Unternehmerkreise führen die-
sen Preisindex an, obwohl sie wissen, daß
er mit dem Monat Juni .abschließt, also
noch gar nicht die Preissteigerungen, die
hauptsächlich erst im Monat Juli erfolg-
ten, berücksichtigen konnte.
Allgemein sind die Lebensmittelpre:s«
seit der Währungsreform vom Juni 1948
bis April 1950 um rund 35 Prozent gestie-
gen. Trotzdem ist in diesem ganzen Zeit-
raum den Gewerkschaften von seiten der
Regierungen u. der Arbeitgeberverbände
ein Stillhalten zugemutet worden, um den
Aufbau der Wirtschaft nicht zu gefährden.
Die Tendenz des Ansteigens der Preise
ist noch nicht zum Stillstand gekommen.
Infolge der Verknappung von Roheisen
und Stahl wird voraussichtlich eine Ver-
teuerung der Fertigwaren erfolgen.
Die durch das „erste Wohnungsbauge-
setz“ zugelassenen Mieten, bis zu 1,10
DM pro gm Wohnfläche werden als un-
tragbar für die arbeitende Bevölkerung
angesehen. Trotzdem scheint man sich mit
dem Gedanken zu tragen, in einer neuen.
Verordnung den Preis auf 1,50 DM pro
qm Wohnfläche bei steuerbegünstigtem,
neugeschaffenem Wohnraum im Höchst-
fälle festzusetzen..
Seite 2
DIE ARBEIT4*
September 1950
«*
In letzter Stunde!
Dringende Zuschriften an Saarregierung und Hohes Kommissariat
Die Offensive der Preise rollt unaufhörlich weiter. Die arbeitenden Schichten, die
Pensionäre und alle, die von der Hand in den Mund zu leben gezwungen sind,
vor allem die vielen Zehntausende, die bei schwerer Arbeit nicht einmal das Exi-
stenzminimum haben, rufen immer lauter nach Abhilfe.
Die Einheitsgewerkschaft als die weitaus stärkste Organisation der Schaffen-
den, hat wiederholt gewarnt und darauf aufmerksam gemacht, daß bei fortschrei-
tender Preishausse ohne entsprechende Erhöhung der Löhne und Gehälter die
Masse der Schaffenden wirkungsvolle Aktionen verlangt, um ihr Recht zu er-
kämpfen. Unsere Warnungen sind — von kleineren Zugeständnissen der Arbeitge-
ber abgesehen — bisher ergebnislos geblieben.
Wo bleiben endlich die Regierungsmaßnahmen? Wo bleiben die erforderlichen
Zuges ändnisse der Arbeitgeber? Wir müssen feststellen, daß wir durch Nichtbe-
achtung der einfachsten Gebote vor der Tatsache stehen, daß der soziale Frieda
in unserem Lade gefährdet ist. Ohne sofortige Abhilfe sind weite Kreise der Be-
völkerung einer weiteren Verelendung ausgesetzt. Es ist eine unerträgliche Si-
tuation, daß, während die Gewerkschaften sich in einem monatelangen mühe-
vollen Kampf um das geringe Existenzminium von 18 500.— Frs. bemühen, eine
Schicht von Besitzenden einen übermäßig hohen Labensstandard nicht mir beibe-
hält, sondern ihn noch erhöht und ihre Vermögenswerte steigert-
Es ist unmöglich, immer nur über diese Fragen, übar die Verarmung der Werk-
tätigen und Pensionäre zu diskutieren, es muß endlich durch die Tat eine Aenda-
rung herbeigeführt werden.
In dem Bestreben, in letzter Stunde durch einen Appell an die verant-
wortlichen Stellen die mehr als berechtigten Forderungen ohne den Einsatz der
letzten gewerkschaftlichen Mittel anerkannt zu seben, hat d e Einheitsgewerkschaft
sich in den nachstehenden Zuschriften an die Regierung des Saarlandes und cm
das Hohe Kommissariat gewandt.
Im Stadium der Entscheidung
(Fortsetzung von Seite 1)
Teuerungsweile müßte hier die Schluß-
folgerung lauten: Erhöhung der Löhne im
Verhältnis zur Leistungssteigerung.
Was hat die freie Marktwirtschaft, die
seit geraumer Zeit wieder Geltung hat,
bisher erbracht? Man ließ nur den Preisen
die Zügel locker! Wie kaim die Regierung
des Saarlandes, besonders das Wirt-
schaftsministerium, tatenlos zuselien, wie
sich die Preise ständig höher entwickeln
und die Löhne stagnieren? Die Regierung
muß unverzüglich Maßnahmen gegen die
* ungerechtfertigten Preiserhöhungen tref-
fen.
Die Pflicht der Regierung
Leider muß man mit Sorge erfüllt sein,
wann man auf Grund der Erfahrungen da-
mit rechnen muß, daß bei kommenden
Lohnerhöhungen gleich wieder eine wei-
tere Preisweile ausgelöst werden könnte,
wodurch die Lohnerhöhungen wieder ab-
sorbiert werden würden. Dann ist es di«
'Pflicht der Regierung, energisch zuzugrei-
fen, gleichgültig ob in Frankreich Gegen-
maßnahmen ergriffen werden oder nicht,
denn sie hat die Pflicht trotz des wirt-
schaftlichen Anschlusses dis individuel-
len Interessen der Saarwirtschaft und da-
mit der Arbeitnehmerschaft entsprechend
zu wahren.
Minüestlöuna und Zoneneinteilung
Die neuen Mindestlöhna können uns
nicht befriedigen, erst recht nicht di«
Zoneneinteilung. Wir werden Sturm dage-
gen laufen! Wir können im Saarland un-
ter keinen Umständen eine Abrede über
d.e Festlegung der Mindestlöhne unter Zu-
grundelegung der Zoneneinteilung hinneh-
men! Man lebt auf dem Lande keines-
wegs billiger als in der Stadt. Manches
ist "aut dem Lande sogar teuerer. Man
kann das Saarland als ausgesprochenes
Industriegebiet nicht so behandeln wie
Frankreich mit seinen großen landwirt-
schaftlichen Gebieten. Daher müssen wir
bei den abzuschiießenden Tarifverträgen
dafür sorgen, daß die Zoneneinteihmg
fällt und alles in Zone I kommt.
Scnuman-Pian und Marsiiailliiiie
Zu' den Problemen Schuman-Plan und
Marshail-Plan übergehend, erklärte Präsi-
dent Wacker: Das Saarland erhielt bisher
aus der Marshai! Hilfe 2379 Millionen Frs.
Der Betrag verteilt sich wie folgt: Eisen-
bahn 800 Millionen, Saarferngas 679 Mül.
Elektrizitätswirtschaft 800 Millionen, Saar-
schiffahrt 60 Millionen, für öffentliche Ar-
beiten 40 Millionen, Zugesagt, aber noch
nicht völlig hereingekommen sind für das
Neunkircher Eisenwerk 530 Millionen (bis
vor kurzem waren 2/3 dieses Betrages ein-
gegangsn), für die übrige saarländische
Industrie 500 Millionen, für die Landwirt-
schaft 100 Millionen und für das Kraft-
werk Hangard 400 Millionen. Davon ist
aber noch nichts vorhanden.
Seit einem Jahr ist dem Saarland eme
weitere Mi Ü’rde Fraics aus der Marshall-
H ITe zugesagt, aber der Betrag ist noch
n.cht eingegangen. Dadurch sind wir bei
dar weite en Modernisierung unserer Wirt-
schaft benachteiligt. Man mag zu den
Marshall-Geldern stehen, wie man willl,
Tatsache ist, daß vom Krieg stark mit-
genommene I ander, wie die Bundesrepu-
blik, Oesterreich, Frankreich und Italien
Marshall-Gelder in Anspruch nehmen, um
damit ihre Wirtschaft zu modernisieren,
was nicht ohne Einfluß auf die soziale
Lage der Arbeitnehmerschaft bleiben
kann.
Erhaltung det KonkuuenzläUigkeit
Wenn in Verbindung mit dem Schuman-
Pian unser Gebiet in einigen Jahren von
Ländern mit modern ausgebauten Betrie-
ben umgeben sein wird, dann werden un-
sere veralteten Betriebe auf dem Welt-
markt nicht mehr konkurrenzfähig sein.
Uebrigens handelt es sich beim Schuman-
Plan nicht nur um Erzeugerquoten und Ab-
satzmärkte, sondern es geht auch um die
sozialen Verhältnisse der Arbeitnehmer in
den Industrieländern, die zum Schuman-
Plan gehören und diese Sozialverhält-
nisse sollen auf ein einheitliches Niveau
gebracht werden.
Ungenügende Vertretung
Unverständlich muß es für Gewerk-
schaftler sein, daß für eine so wichtige
Angeiegenhe.t wie der Schuman-Plan vom
Saarland aus lediglich die Stelle eines
Verbindungsmannes zum Schuman-Kami-
tee geschaffen wurde. Die Vorbereitung
und Durchführung zu diesem Plan hätte
wenigstens in den Händen einer kleinen
Kommission von Männern der saarländi-
schen Wirtschaft liegen müssen, die offi-
ziell im Schuman-Plan-Komitee die Inte-
ressen der Scarwirtschaft wahrgenommen
hätte. Der Wirtschaftsminister habe zwar
einmal ej->e Kommission einberufen, aber
über eine weitere intensive Tätigkeit die-
ser Kommission ist nichts bekannt ge-
worden. Es kann nicht die Aufgabe der
Regierung allein sein, über das Schicksal
der saarländischen Menschen zu be-
stimmen, zumal wenn es sich um Fragen
europäischen Industriepotentials handelt
und wenn die Existerz der Menschen auf
dem Spier steht. (Uebrigens ist das kleine-
re Luxemburg im Schuman-Plan-Komitee
vertreten.) Wir sprechen der Regierung
An die
Regierung des Saarlandes
z. Hd. des stellvertr.
Ministerpräsidenten,
Herrn Arbeitsminister KIRN
Saarbrücken
Alleestraße 15
Betr.: Stellungnahme des Gewerkschaüsaus-
schusses der Einheitsgewerkschaft der Ar-
beiter, Angestellten und Beamten zu dei
täglich immer stärker in die Erscheinung
tretenden Teuerung und den dringend not-
wendigen Lohn- und Gehaltserhöhungen.
Sehr geehrter Herr Minister!
Die in den letzten Wochen in stärk-
stem Masse sich bemerkbar machende
willkürliche Steigerung der notwendig-
sten Lebens- und Bedarfsartikel hat zur
Folge, daß der an und für sich außerordent-
lich niedrige Lebensstandard der Arbeit-
nehmerschaft an der Saar eine weitere
Verschlechterung täglich erfährt und die
Erbitterung innerhalb der Arbeitnehmer-
schaft von Tag zu Tag bedrohlichere For-
men annimmt.
Alle Bemühungen der führenden Funk-
tionäre der Einheitsgewerkschaft in den
zurückliegenden Monaten, unter Berück-
sichtigung der äußerst günstigen Wirt-
schaftslage der gesamten Saarindustrie
entsprechende Lohn- und Gehaltserhöhun-
gen zu erreichen, führten in den mei-
sten Fällen zu keinem Resultat.
Auch all unsere Anstrengungen, eine
positive Kontrolle der Preisgestaltung im
Saarland in Anwendung zu bringen, blie-
ben ohne jeden Erfolg.
Die Arbeitnehmerschaft des Saarlandes
hat in den zurückliegenden Jahren unter
größfen Opfern im vorbildlichster Weise
am Wiederaufbau mitgearbeitet und war
der festen Ueberzeugung, daß bei der nun
in stärkstem Maße in die Erscheinung
tretenden Steigerung der industriellen Pro-
duktion die Regierung sowohl wie die
Arbeitgeb erschaft des Saarlandes der Ar-
beitnehmerschaft insofern ihre Anerken-
nung zuteil werden ließen, daß der in der
ganzen Zeit gegenüber der Lebenshaltung
von 1938 vorhandene 30 bis 35 o/0 niedri-
ger liegende Lebensstandard gehoben
werde.
Im Gegensatz dazu müssen wir fest*
stellen, daß während der Zeit der staat-
lich gelenkten Lohnpolitik wohl von
Gleichheit der Löhne zwischen Frankreich
und dem Saarland gesprochen wurde, an-
dererseits jedoch die Leistungen der saar-
ländischen Arbeitnehmerschaft im Ver-
hältnis zu der französischen völlig crußer-
acht gelassen wurden.
Mit Erlaß des Tarilvertragsrechts glaub-
ten die Gewerkschaften nun, einen Aus-
gleich durch einzuleitende Lohn- und Ge-
haltsverhandlungen herbeiführen zu kön-
nen. Zu ihrem Bedauern müssen die Funk«
tionäre der Gewerkschaftsbewegung fest-
steilen, daß seitens der Arbeitgeber: eine
bewußte Verschleppungstaktik getrieben
wird und die bescheidenen Lohnerhöhun-
gen durch Feierschichten, die von den Ar-
beitgebern auf Grund angeblicher Krisen-
erscheinungen eingelegt werden, illuso-
risch gemacht werden.
Der Gewerkschaftsausschuß vertritt den
Standpunkt, daß die Regierung als solche
die Pflicht hat, der Entwicklung, wie sie
sich auf dem saarländischen Markt z. Zt.
bemerkbar macht, mit aller Entschieden-
heit entgegenzutreten und daß sie ande-
rerseits verpflichtet ist, in verstärktem
Maße in Verbindung mit den Vertretern
der Gewerkschaften dafür Sorge zu tra-
gen, daß entweder eine Senkung der Prei-
se für die notwendigsten Lebens- und Be-
darfsartikel herbeigeführt wird oder aber
entsprechende Lohn- und Gehaltserhö-
hungen vorgenommen werden.
Sehr geehrter Herr Minister!
Der Beschluß des Gewerkschaftsaus-
schusses in d. beiliegenden Entschließung
wurde in voller Verantwortung der leiten-
den Funktionäre der Einheitsgewerkschaft
gefaßt. Wir möchten nicht versäumen dar-
auf hinzu weisen, daß die Aufrechterhal-
tung des sozialen Friedens unter den der-
zeitigen Verhältnissen auf die Dauer un-
möglich ist und die verantwortlichen Män-
ner unserer Bewegung für die nächste Zu-
kunft jede Verantwortung für die Entwick-
lung innerhalb der Saarrwirtschaft ableh-
nen müssen.
In ernster Sorge für die nächste Zukunft
betrachten wir es als unsere Pflicht, die
Regierung des Saarlandes zu bitten, in
den nächsten Tagen uns die Möglichkeit
zu einer positiven Aussprache innerhalb
des Ministerrats zu geben, um denselben
zu bitten, Schritt© zu unternehmen, um den
unerträglichen Zustand zu beseitigen.
Genehmigen Sie, Herr Minister, den Aus-
druck unserer vorzüglichen Hochachtung!
(Die erwähnte Entschließung ist auf
Seite 1 abgedruckt.)
Schaft. Ferner muß verlangt werden, daß
das Problem der Schaffung einer saarlän-
dischen Arbeitskammer unter allen Um-
ständen im Interesse der Arbeitnehmer-
schaft gefördert wird.
In allen Ausführungen kam die gefestig-
te Solidarität innerhalb der einzelnen In-
dustrieverbände und darübe’' hinaus der
Jnd ’ t ie erbände u e ei a de zu n ' Um-
druck. Insgesamt betrachtet war die Aus-
sprache sehr sachlich. Die Funktionäre er-
blickten in der grundsätzlichen zusam-
menhängenden Darstellung der Situation
das Fundament, auf dem sie in ihren Be-
zirken äufbauen und eine geschlossene
Linie einzuhalten vermögen, die die not-
wendige Stoßkraft für die Forderungen d<Ar
Einheits ge we vk s ch a f t gewährleistet.
In den zwei Entschließungen, die ein-
stimmig angenommen wurden, fanden die
Erörterungen Form und Inhalt.
Für den dann gerannte r Termin zum Be-
ginn der Verhandlungen mit der Regie-
rung in der Lohn- und Preisfrage wurde
eine Frist von 8 Tagen festgelegt. Nach
Ablauf dieser Frist wird der Gewerk-
schaftsausschuß, nachdem vorher die
Vorstände der Industrieverbände gehört
worden sind, die endgültigen Beschlüsse
fassen.
(Die Entschließung über Löhne und Prei-
se und die zu treffenden Maßnahmen ist
aut Seite 1 abgedruckt. Nachstehend die
Resolution über die Gewerkschaftseinbeit./
„Der am 4. September 1950 im Sitzungs-
saal des Gewerkschaftshauses tagend«
Gewerkschaftsausschuß, nahm zu den
Verleumdungen, die von kommunistischer
Seite gegen führende Gewerkschaftsfunk-
tionäre gemacht wurden, Stellung.
Mit Bedauern stellt der Gewerkschafts-
ausschuß fest, daß von kommunistischer
Seite seit einigten Monaten die Tendenz
des kalten Krieges in die Einheitsgewerk-
schaft hin-eingetragen wird. Unter dem
Vorwand, für die Einheit der Einheitsge-
werkschaft zu wirken, beschimpfen und
verleumden die Kommunisten die führen-
den Funktionäre der Einheitsgewerkschaft,
weil diese nicht gewillt sind, sich im
Sinne der kommunistischen Partei beein-
flussen zu lassen. ,
Aus dieser Tatsache heraus billigt der
tagende Gewerkschaftsausschuß die vom
Industrieverband Metall getroffenen Maß-
nahmen, gegenüber Mitgliedern, die ver-
bandsschädigend gewirkt haben.
Der Gewerkschaftsausschuß ist der An-
sicht, daß gerade zu einer Zeit, in der die
saarländische Arbeitnehmerschaft um
ihre Existenz kämpfen muß, diejenigen aus
der Organisation beseitigt werden müs-
sen, die glauben, in der Einheitsgewerk-
schaft den Tummelplatz für ihre politi-
schen Intrigen gefunden zu haben.11
und besonders dem Wirtschaftsminister
das Recht ab, allein zu entscheiden. Die
Gewerkschaft hat die Pflicht, mit den
Trägern der Wirtschaft zusammen, also
Arbeitgeber und Arbeitnehmer, alles zu
tun, um zu einer ganz positiven Aktion
zu gelangen. Die Möglichkeit besteht,
wenn die Funktionäre mit Elan an ihre
Aufgaben herangehen.
Regierung und Preisprohlem
Von der Regierung verlangen wir vor
allen Dingen eine aktive staatliche Preis-
politik. Das Wirtschaftsministarlum ver-
läßt sich zu sehr auf das Material der
Industrie- und Handelskammer, in der
80<Vo reaktionäre Arbeitgeber sitzen, die
die kapitalistischen Interessen dort in je-
der Form zu stützen suchen. Diese Kam-
mer veröffentlicht, was die Arbeitnehmer
angeht, nur das, was sie einfach nicht
Die VeischleppungspoJitik der Arbeitgeber
Die Verschleppungspolitik der Arbeitge-
ber sei unerträglich geworden. Unsere Ge-
duld ist zu Ende. Der Kampf, den die Ar-
beitgeber mit ihrer geschlossenen Orga-
nisation, wozu sogar Zwangsinnungen ge-
hören, gegen uns führen, ist nichts ande-
res als deren Kampf um die riesigen Ge-
winne, die sie sich weiter sichern wo len.
Unsere Saarwirtschaft wird nicht zugrun-
de gehen, wenn die darin schaffenden
Menschen anständig bezahlt werden. Im
Gegenteil, eine vreitere Produktionssteige-
rung wäre die Folge. Aber auf Monats-
löhnen von 12 — 14 000.— Frs. für Fami-
lienväter — Beträge die für anonyme In-
haber von Aktienpaketen ein Taschengeld
sind — kann die saarländische Wirtschaft
bestimmt nicht recht und fest aufbauen.
Kollege Wacker sprach die Erwartung
aus, daß auch die indifferenten und un-
organisierten Arbeitnehmer sich en^’ ch
;'n der erts-bei enen Ph^e ~uf i' rs T iaht
besinnen mögen. Die Situation dränge zur
Entscheidung.
Hochkonjunktur und Lohnproblem
Es sei möglich, daß noch weitere 6
Hochöfen in absehbarer Zeit im Saarland
angeblasen werden. Damit in Zusammen-
hang stehende Pläne, wonach 10 000 aus-
wärtige Arbeiter, wahrscheinlich Ost-
flüchtlinge ins Saarland hereingeholt wer-
den müßten, seien mit großer Aufmerk-
samkeit zu verfolgen Was die Saararbeit-
nehmerschaft wolle, das seien anständi-
ge Löhne und Gehälter, und solange die-
se nicht gewährleistet sind, sei eine Her-
einnahme auswärtiger Kräfte nicht disku-
tabel, Und was geschieht, wenn nach
Hereannahme eine Absatzkriae kommtt
mehr umgehen kann. Es wird für die Ge-
werkschaft eine wichtige Aufgabe sein,
sich mehr und mehr mit diesen Dingen
zu beschäftigen.
Die Regierung muß sich positiv ein-
schalten und die Gewerkschaften in der
Lohn- und Gehaltspolitik unterstützen. Re-
den vom christlich-sozialen Staat lcönnan
nur dann zur Tatsache werden, wenn die
entsprechenden Schritte unternommen
werden. Die Arbeitnehmer wollen nicht
weiter die Brosamen, die vom Tische fal-
len, sondern wollen selbst mit am Tische
sitzen.
Weiter unterstrich Kollege Wacker
die Gefahren der augenblicklichen Situa-
tion, indem er betonte: Es ist gefährlich,
mit dem Feuer zu spielen und es ist zu
bezweifeln, ob die Gewerkschaft, wenn
der Brand einmal aufgelodert ist, d’iesen
löschen kann.
Der gesamte Gewerkschaftsausschuß
erklärte sich mit den Ausführungen des
Präsidenten identisch, wodurch dessen
Darlegungen sozusagen zu Erklärungen
des Gewerkschaftsausschusses seihst
wurden. Die Vertreter der einzelnen In-
dustrieverbände legten vor allem die Auf-
fassungen aus ihren Bezirken dar, aus
denen sich ergibt, daß die Arbeitnehmer-
schaft von den führenden Funktionären,
der Bewegung jetzt eine schnelle Aktion
in der Lohntage verlangt, da sonst be-
fürchtet werden muß, daß die friedliche
Weiterentwicklung gefährdet wird.
Äusprache und Antiäge
Auch wurde die Notwendigkeit betont,
der Preisfrage zu Leibe zu rücken. An
Beispielen von Unternehmergewinnen, fer-
ner dem nicht ausschlaggebenden Anteil
der Lohnquote an der Preisgestaltung
wurde nachgewiesen, daß durchweg eine
Lohnerhöhung von 25c"0 nicht zu hoch ge-
griffen ist, obwohl mindestens 30.0/0 durch
die Teuerung gerechtfertigt seien. Nicht
übersehen wurde auch, auf die Disziplin
der Käuferschicht in KrisenzePen aufmerk-«
sam zu machen. Für die Oeffentlichen Be-
triebe setzte sich deren Sprecher erneut
für die Schaffung eines Arbeitgeberver-
bandes der Oeffentlichen Betriebe ein, da-
mit " mit diesem Lohnverhandlungen ge-
führt werden könnten, denn es sei uner-
träglich, daß Gehalts- und Lohnerhöhun-
gen der Angehörigen dieser Gruppe im-
mer wieder mit der Politik in Zusammen-
hang gebracht würden.
Mehrer« Anträge, die das Betrieberät*-
gesetz, das Aibeitsrecht und' dte Pensi-
onen betreffen, wurden behandelt, sowie
Schuhmgsfragen innerhalb der Gewerk -
(Fortsetzung auf Seite 3)
September 1950
DIE ARBEIT"
Seite 3
Wirtschaftslage und Angestelltenschaft
Offene Worte der Gewerkschaftsvertreter - Verantwoi tungsbewußte Politik fordert rasche Entschlüsse
In dem Lohnkampf, den uns eine kurz-
sichtige und egoistische Haltung dar Ar-
beitgeber schaff aulzwingt, hat die Ge-
werkschaft unter anderem die Aufgabe,
eine einheitliche Kampffront zu schaffen,
um die Ziele so schnell wie möglich za
erreichen. Die schaffenden Massen er-
kennen d e zwingende Notwendigkeit, zur
entscheidenden Tat zu schreiten, wenn
d'e letzten Ei-igungsversuche scheitern
sollten.
Zum Fomm für die wichtigsten Forde-
rungen des Tages wurde eine Versamm-
lung der Fachgruppe der Angestellten,
des N?unkircher Eisenwerkes am Freitag,
dem 8 . 9. 1950.
Die Ausführungen ergaben klare Fest-
stellungen und Beschlüsse, die nicht nur
für die Angestelltenschaft, sondern auch
für die ganze Arbeitnehmerschaft Bedeu-
tung haben.
Der Versammlungsleiter Koll. Lorig
verlangte für die Angestellten die An-
passung der Bezüge, der Urlaubszeit und
der Altersversorgung an die Regelung*
wie sie bei den öffentlichen Betrieben-
maßgebend ist. „Es muß“, so betonte er,
„ m ganz' n Saarland eine Bewegung der
Angestellten entstehen, bis die Forde-
ru*v**n erfüllt s‘nd.“
Kolieqe Wacker kennzeichnet die Situation
Kollege Wacker befaßte sich in sei-
nem Referat mit so manchem heißen Ei-
sen, das die Neunkircher Hütte betrifft.
Er schilderte die jahrelangen schweren
Sorgen um den Wiederaufbau der Hütte.
Es sei bestimmt nicht die Schuld der Ge-
werkschaft, wenn nicht alle Erwartungen
erfüllt wurden. Zunächst sei es um die
Wiederei astellung und Vollbeschäftigung
gegangen. Der Redner wies auf die Mit-
teilung' hin, daß mit dem Anblasen von
zwei weheren Hochöfen alsbald zu rech-
nen sei. Es sei also nicht die von Ar-
beitgeberseite noch vor kurzem zur Ab-
weisung von Lohnerhöhungen so deutlich
pro -hezehe Wirtschaftskrise, sondern eine
Hochkonjunktur in Aussicht.
Der Redner wandte sich dann speziel-
len Gewerkschafts- und Angestelltenfra-
gen zu und bewies die Wichtigkeit und
Richtigkeit der Zusammenfassung der In-
dustrie, brw. Berufsverbände in einer
starken Gewerkschaft statt Aufsplitte-
rung. Wohl sei die Gleichberechtigung
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
in der Verfassung festgeiegt, aber das
Kräfteverhältnis bei den Auseinanderset-
zungen richte sich nach der Art der bei-
derseitigen Organisationen und hier
müßte man feststellen, daß die Arbeit-
geber einheitlich zusammengefaßt seien.
Die Einheitsgewerkschaft gebe Raum
für alle, die sich zusammenschließen. Es
handele sich hier um keine Gleichma-
c' e~ei, wie es fälschlich von verschiede-
nen Seiten draußen unterschoben werde.
Besondere Interessen der einzelnen In-
dustrie-erfc&nde werden völlig souverän
wahrgenommen. Oberstes Gesetz in der
Einheitsgewerkschaft ist die pcrteicoE-
tische und religiöse Neutralität, denn ge-
rade durch ihre Wahrung sind wir in der
Lage, unbeteiligt von Richtungsweisun-
gen und Hemmungen die Kräfte allein
für die wirtschaftliche und soziale Bes-
serstellung einzunehmen.
Was früher noch in weiter Feme lag,
ist heute durch intensive Vorarbeiten im-
mer mehr in den Vordergrund gerückt:
U bar d a Betriabsdamokratie wollen wir
zur Wirtschaftsdemokratie und damit zu
einer neuen Gesellschaftsordnung kom-
men, Es werde sich bald zeigen wie die
einzelnen Abgeordneten des Landtages
bei der weiteren Beratung des Betriebs-
rätegesetzes zur Forderung der Gewerk-
schaft nach betrieblicher und wirtschaft-
licher Mitbestimmung eingestellt sind.
Dann habe man auch endlich Einfluß auf
die Preisgestaltung der Produkte. Dia Ge-
werkschaft wolle diese Mitbestimmung,
koste es was es wolle.
Nach einer Schilderung der Situation
und der Maßnahmen, die in der letzten
Gewerkschaftssitzung beschlossen wur-
den, behandelte der Präsident im einzel-
nen die Teuerungswelle und im Zusam-
menhang damit die Dringlichkeit dar Ge-
haltsforderungen. In drastischer Weise
charakterisierte er die reichlich komisch
anmutenden Preiserhebungen des Stati-
stischen Amtes und zeigte den Weg auf,
um zu einer Bereinigung zu kommen. In
letzter Zeit seien eine ganze Reihe kapi-
talistischer Schlagwörter wieder einmal
als Trugschluß entlarvt worden, so daß
vom Unternehmerrisiko und das von An-
gebot und Nachfrage, die angeblich die
Preise regeln. Nach der Aufhebung der
staatlichen Lenkungspolitik sei diese ab-
gelöst worden von einer Diktatur der Syn-
dikate und Monopole der Arbeitgeber.
Einige Geschäftsleute, die die willkürlich®
Preiserhöhungspolitik nicht mitmachten,
seien von den Syndikaten kurzerhand
boykottiert worden. Das nenne sich dann
freie Wirtschaft. Die Regierung müsse
sich dieser Dingte unbedingt annehmen.
Man könne Voraussagen, daß die Teue-
rungswelle nicht ihnen Abschluß gefun-
den habe. Auch die Hausfrauen seien in
der Lage mitzuhelfen, daß sich die Situa-
tion durch Hamstereinkäufe nicht noch
verschlimmere.
Unbedingt Schutz der Schaffenden
Wir fordern keine Rationierung
aber eine Preiskontrolle, die streng
durchgeführt werden muß. Die Re-
gierung muß rasch die nötigen gesetz-
lichen Grundlagen schaffen, die unbe-
dingt schwere Strafmaßnahmen vorse-
hen müssen. Di® schaffenden Menschen,
die ihre Pflicht bis zum äußersten erfüllt
haben, wollen wenigstens in etwa einen
annehmbaren Lebensstandard mit dem
von ihnen verdienten Geld gesichert
sehen.
ln letzter Stunde!
(Fortsetzung von Seife 2)
An den
Hohen Kommissar der franz.
Republik im Saarland
Herrn Gi’bert GRAND VAL
Saarbrücken
Betr.; Stellungnahme des Gewerkschaf tsaus-
scbvssas der Einheitsgewerkschaft der Ar-
beiter, Angestellten und Beamten de«
Saarjcmdes zu der Preissteigerung sowie
Forderungen auf Lohn- und Gehaltserhö-
hungen.
Sehr geehrter Hoher KommissarI
Die in den letzten Wochen in einem nv*
gekannten Ausmaß in Erscheinung getre-
tene willkürliche Steigerung der Preis*
der notwendigsten Lebens- und Bedarfs-
artikel, die eine dauernde Verschlechte-
rung des an und für sich viel zu niedri-
gen Lebensstandards der Arbeitnehmer
des Saarlandes zur Folge hatte, veran-
anlaßten den Gewerkschaftsausschuß der
Einheitsgewerkschaft als oberste Instan*
der 126 000 in der Einheitsgewerkschaft
organisierten Arbeiter, Angestellten und
Eeamtsn, zu dem Problem der Löhne und
Preise in einer außerordentlichen Sitzung
am 4. September 1950 Stellung zu nehmen.
Seit Monaten bemühen sich die führen-
den Funktionäre um die Durchführung
einer erfolgreichen Preiskontrolle. Alle
unsere Bemühungen blieben ohne Erfolg,
das Gegenteil trat ein und wir müssen zu
unserem Bedauern heute eine Preissteige-
rung feststellen, die unseres Erachtens
keinesfalls gerechtfertigt ist und als will-
kürlich betrachtet werden muß.
Andererseits ist durch die staatlich ge-
lenkte Lohnooliiik in den zurückliegenden
Jahren der Reallohn gegenüber den Prei-
sen immer weiter abgesunken und die Ge-
werkschaften glaubien, daß mit Erlaß des
Tar;fvertragsrechts nun elr e Besserung
der Lolin- und Gehaltsverliältnisse der
Arbeitnehmerschaft durch einzuleitende
Verhandlungen mit den Arbeitgebern her-
be! geführt werden kann.
Zu unserem größten Bedauern stellen
daß wohl in einzelnen Wirt-
scharisgruDren besche'dere Lohn- und
Gehaltserhöhungen stattfanden, während
andererseits bewußt Verhandlungen ver-
zögert werden, was zur Folge hat, daß bei
der Arbeitnehmerschaft des Saarlandes
eine Erbitterung Platz greift, die den so-
zialen Frieden innerhalb der Saarwirt-
schaft in nächster Zukunft aufs stärkst*
gefährdet.
Soweit kleinere Lohn- und Gehaltser-
höhungen staftgefunden, wurden diese ab-
sorbiert durch Einlegung von Feierschich-
ten, die mit Rückgang von Aufträgen und
Absatzschwierigkeiten seitens der Arbeit-
geber begründet wurden, ein Beweis, daß
das von den Arbeitgebern bei jeder Ver-
handlung in den Vordergrund der Betrach-
tungen gestellte Betriebsrisiko zur Auf-
rechterhaltung der Wirtschaftlichkeit der
Betriebe, das immer der Grund der Ab-
lehnung bei der Forderung der Arbeit-
nehmer auf Mitbestimmng ist, in jedem
Fall die Arbeitnehmerschaft durch Lohn-
einbußen zu tragen hat.
ln ernster Sorge und voller Verantwor-
tung hat cter Gewerkschaftsausschuß in
seiner Sitzung am Montag, dem 4. 9. 1950,
die beiliegende Entschließung gefaßt und
hofft, daß die Regierung des Saarlandes
sowohl als auch die Arbeitgeber der Saar-
wirtschaft selbst zu der Ueberzeugung
kommen, daß der derzeitige Zustand un-
haltbar ist und wenn nicht raschesten«
eine Aenderung eintritt, für die Folgen
die Arbeitgebers chaft alleine verantwort-
lich gemacht werden muß.
Wir haben auch die Regierung des Saar-
landes auf den derzeitigen Zustand auf-
merksam gemacht und dürfen Sie, Hoher
Kommissar bitten, ebenfalls Ihren Ein-
fluß gellend zu machen, damit in kürzester
Frist entweder eine Regulieruüng der Prei-
se oder andererseits eine Anpassung der
Löhne und Gehälter an die Teuerung er-
folgt. Zu einer Aussprache über die ge-
genwärtige Situation steht der Landesvor-
stand der Einheitsgewerkschaft Ihnen je-
derzeit zur Verfügung.
Genehmigen Sie, sehr geehrter Hoher
Kommissar, den Ausdruck unserer vor-
züglichsten Hochachtung!
Einheitsgewerkschaft der Arbeiter,
Angestellten und Beamten
(Bei der erwähnten Entschließung han-
delt es sich um den Abdruck auf Seite 1).
Präsident Wacker berührte dann das
für Neunkirchen stets aktuelle Thema der
Hüftenknappschaft. Er hofft, daß in etwa
2 Jahren die Pensionen der Hütte, de-en
de' Saarknappschaft angeglichen werden
können. Der zunehmende Beschäbgungs-
g: ad auf dem Eisenwerk werde sich hier-
bei auswirken.
In Bezug auf die Werke Neunkirch'n
und Völkling'n sprach der Präsident die
feste Erwartung aus, daß Generaldirektor
The dr ei keines der Werke zum Nach-
teil des anderen bevorzuge, sondern für
be'de das gteiche Verständnis aufbringe.
Kollege Lorig betonte dann die
Notwendigkeit einer Preiskontrolle, und
verlangte einen Preisstop. Viele Pensio-
näre warteten heute noch auf verloienge-
gangene Rsntencmsprüche aus der Zeit
kurz nach dem Zusammenbruch.
Kollege Rauch über Spezialprobleme
Ein weiteres Referat hatte Kollege Rieh.
Rauch übernommen. Er betonte u. a.:
Heute seien 60 000 Personen ln dar Me-
tallindustrie beschäftigt, davon seien 8
bis 9000 Angestellte. Im allgemeinen fneue
man sich stets über Vollbeschäftigung,
aber es sei bedauerlich, daß diese wie-
derum auf einem Wettrüsten beruhe. Eine
Genugtuung sei es immerhin, daß die Ar-
beitnehmerschaft an dieser Ursachenicht
die Schuld trage.
Die Struktur an der Saar sei nun einmal
so, daß von einer Wirtschaftskrise sofort
nahezu die ganze Bevölkerung betroffen
werde. Was geschähe bei einem Rück-
schlag; denn man könne ja wohl kaum
10 Jahre lang mit riesigen Ausgaben wei-
ter rüsten, zumal die heute zuständigen
Politiker selbst erklärten, daß nur gerü-
stet werde, um einen Krieg zu verhindern.
Der heutige technische Zustand der
Saarindustrie müßte weiter vervollkomm-
net werden, damit sie konkurrenzfähig
bleibe.
Zuschrift an den Arbeitgeb erverband
Zur Teuerungswelle und den Lohnforde-
rungen gab der Redner ein Schreiben des
I. V.-Metall an den Arbeitgeberverband
— für das Metallgewerbe bekannt in
dem es u. heißt:
..Auf Grund der Preissteigerung für die lebens-
notwendigsten Gebräu chsgiiter. sieht sich der
Vorstand der Angestelltengruppe des Industrie-
verbandes MetoU veranlaßt, zwecks Anpassung
der Gehälter an di» gestiegenen Preise, an den
Arbeitgeberverband der Eisen- und Metallindu-
strie des Saarlandes heranzutreten.
Da die Lebenemittelprejs« bisher um 14 bi«
150/o gestiegen sind, die Preis« für Textilien
und Schuhwerk um ca. 20 0/0 und die Miete um
ca. 300/o, i«t der Vorstand unserer Grupp» der
Meinung, eine Forderung auf Erhöhung der Jetzt
bestehenden Gehälter um 25 0/0 fordern zu müs-
sen. um einigermaßen das Lebenshaltungsniveau
der Angestellten der Metallindustrie erhalten zu
können.
Wir bitten das Präsidium des Arbeitgeberver-
bandes. zu unse-er Forderung Stellung zu nehmen
und uns darüber Mitteilung zukoromen zu 'assen."
Kollege Rauch fuhr fort:
I. V.-Metall will keinen Tarifvertrag auf
Grund der augenblicklichen Preise, wie
sie das Statistische Amt errechnet hat,
sondern auf Grund von Erhebungen, di*
ein® Dauerlösung gewährleisten. Die Ur-
sache für den politischen Radikalismus
sei stets das Mißverhältnis zwischen Ar-
beit und Einkommen, Eine neue Bela-
stung der Produktion möchte die Gegen-
seite anscheinend wieder allein auf di*
Schultern der Schaffenden abladen. Der
Anteil der Leuna siaka trotz steigender
Leistungsergebnisse von Jahr zu Jahr.
Mit dem heu i;en Arbeitsverdienst kön-'-e
man kaum mein 60 «'<» von dem kaufen,
was in früheren Jahren möglich war. Hät-
ten dte Arbeitgeber den guten Willen, so
könnte eine ge echte Verteilung des Mehr-
gewinnes erzielt vrerden. Wenn die Ar-
be-geber sich aber weiter so stur ver-
halten, dann wird die Ari>eitee' merschaft
zu einer offensiven Kampfstellung ge-
zwungen. Die Arbeitgeber reden so viel
von ihrer Verantwortung. Die Arbeitneh-
mer kennen auch eine Verantwortung
gegenüber der Wirtschaft, aber auch ge-
genüber ihrer Arbeitskraft und ihren Fa-
müien. Die Bewertung der Arbeitskraft
unteriiegt hänä-en Schwankungen, selbst
in der 'Landwirtschaft, z. B. durch zu-
nehmende Anwendung von Maschinen.
Wenn in naher Zukunft denn noch große
ATb»?terma3ran mobilisiert werden müs-
sen, um zusätzliche Aufträge durchzufüh-
ren, so solle man nicht übersehen, daß im
Saarland selbst noch gut lö 000 Arbeits-
kräfte neu herangezogen werden können,
wenn die Bezahlung für die zu leistende
Arbeit einen entsprechenden Anreiz bie-
tet. Bei der neuen Entwicklung müssen
die Gewerkschaften mit besonderer Auf-
merksamkeit auch auf dia Lenkung des
Nachwuchses schauen. Die Unternehmer
suchen gerne Jüngere Kräfte, weil sie
glauben, durch b Eigenen Arbeitslohn ibe
Gewinnauote erhöben zu können.
Die Gehaltsio-de-ungen der Ance~teE-
tsn, die meist eine besondere Ausbildung
durchmachten, sind mehr als berechtigt.
Deshalb können wir mit gutem Gewis-
sen den Kaqipf um die Gehaltserhöhun-
gen durchführen. Das Erg'b‘'»,s vü d - o
sein, wie die Arbeitnehmer zu kämpfen
verstehen. Nur durch sozialen ^u-rrleih,
durch Gerechtigkeit ist der Wf-tsd*
friede und der Frieda überhaupt mcalic’*.“
In einer Entschließung, die einstimm g
angenommen wurde, heßi es:
Die am 8. September 1950 im Lakai Mül’er
ta Neunkirchen tagende Versammlung der
Angestellten des Neunkirener Seanwerkes
erhebt die Forderung aut eine du'.chgrei'm-
de Verbesserung der AngesteUtesverr'che-
rung.
Die versammelten Angestellten sind der
Meinung, daß die für sie in F-acse kem-—erde
Versicherung?« inrLüitmq in h e** T ei" u~gsn
so hoch sein soll, wie diese für die im
öffentlichen Dienst beschäf igten Angestell-
ten besteht.
Ferner sind di« Versamme'ten der Auf-
fassung. daß ihre augenbiick’iche Enf’oh-
nung nicht der Leistung und Verantwortung
entspricht, die iu der Produktion van ihnen
gefordert wird.
Weiterhin wünschen die An wesen Jen te
der Urlanbsfrage die Anpassung au den
öfientl chen Dienst.
Herr Lorig wies noch, darauf hin, daß
durch, ein® besondere Eingabe cm den
Generaldirektor auch die Angestellten in
den Genuß der Produktionszulage ge-
bracht werden sollen, die bisher den Ar-
beitern gewährt wird.
Betriebsrcrtsmitglied Kuhlmann setzt®
eich dafür ein, daß mit äußerster Energie
an die Durchsetzung der Forderungen her-
angegangen werde. Wenn dazu ein Ruf
an alle ergehe, um hart auf hart zu kämp-
fen, dann müßten auch alle an einem
Strang ziehen.
In einem Schlußwort unterstrich der
Kollege Wacker dte Notwendigkeit, in
entscheidender Stunde mit allen Kräften
für die gerechten Ziele geschlossen ein-
zutreten. Auch diejenigen, die sonst nur
kritisieren, sollten dann einmal zeigen,
daß sie auch zur Tat bereit sind. Und die
Arbeitgeber sollten sich rechtzeitig und
mit Emst fragen, wohin der Weg führen
müßte, wenn den berechtigten Forderun-
gen der Arbeitnehmerschaft keine Beach-
tung geschenkt würde.
Protestversammluna in St. Ina^ert
Auf Beschluß des Vorstandes des Orts-
ausschusses fand am 2. September im
großen Karlsbergsaal eine öffentliche
Kundgebung statt. Der Vors, Ketmerkir°cht
konnte bei der Eröffnung der stark be-
suchten Versammlung neben den Refe-
renten Podsvin, Lauer und Glöbel. beson-
ders di« fast restlos aus der Stadt und
an der Notlage unserer Pensionäre und
Witwen begrüßen. Einleitend wies er dar-
auf hin, daß man für Tab aksgroßhändler
Millionen zur Verfügung stellen will und
an der Notlage unserer Pensionäre um'
Witwen achtlos vorüber geht. Solange
noch über 26 000 Pensionäre Pensionen
unter dem Fürsorgerichtsatz beziehen, sei
es Pflicht des Staates, hier schnellstens
einzugreifen. Nach dem Referat von Koll.
Lauer über die Notlage der Pensionäre
Und dem Referat des Kollegen Podev n
über Lohn- und Preisfragen, setzte eine
lebhafte Debatte ein, an der sich nicht nur
aktive Berufstätige, sondern auch Pensio-
näre beteiligten. Kollege Glöbel erläuterte
das vom Landtag erlassene Gesetz über
die Aufhebung der Ruhenbestimmungen
der Brüning’schen Notverordnung. Alte
Diskussionsredner verlangten eine soforti-
ge Abhilfe durch die Regierung. Die in
der Diskussion vorgetragenen Beschwer-
den wurden vom Vorsitzenden in einer
Entschließung zusammengefaßt und von
der Versammlung einstimmig angenom-
men.
Die am 2. September in St Ingbert ab-
gehaltene staric be virchta Pro.estversamm-
lung der Einheitsgewerkschaft fordert von
der Regierung die Durchführung nachste-
hender Forderung auf gesetzlicher Grund-
lage, bzw. die Durchführung beeifs er-
lassener Gesetze.
Allgemeine Erhöhung a er Rente.i über
den Fürs-orgericht&atz. — Gewährung einer
Ausnahmezulage in Höhe von3 OGO.— Frs.
zur Deckung des Winterbedarfs an alle
Rentner, die weniger als 10 000.— Frs. be-
ziehen. — Erhöhung des steuerfreien Ein-
kommensatzes für Rentner und Pensionäre
von 9 000.— auf 13 000.— Frs. — Gleich-
stellung der Arbeiterfrauen beim Verlust
des Ehemaains, mit den Frauen der Ange-
stellten. — Herabsetzung des Alters :a
der Rentenversicherung von 65 auf 60
Jahre. — Einführung eines Preisstoos für
alle Badarfswaren des täglichen Lebens.
— Schärfere Praisübe'wacliung durch c’ie
staati. Organe. — Herabsetzung de- Ge-
winnspanne in Handel und Gewe be. —
Bei Ueberschreitung dar Gswinnsnar-a
keine Verwarnung oder Bestrafung der
Geschäftsinhabe’', sondern rücksicbis o e
Schließung des Geschäftes. — Ablehnung
des Einspruchs des Arbeitgeberverbandes
gegen das Gesetz über die Bezah'ung der
gesetzlichen Feiertage im Saarland vom
4. 4. 1950. — Garantie über die Durch-
führung des vorgenannten Gesetzes. —•
Abschaffung der Lohnzonenemteilung. —
Restlose Bereinigung der Brüning’schen
Notverordnung.
Seite 4
.DIE ARBEIT“
September 1950
Der 2. Landeskongreß der Körperbehinderten
Ankündigung wichtiger sozialpolitischer Verbesserungen
durch den Arbeitsminister — Bisherige Fortschritte
Auf dem zwei-
ten Landeskon-
greß der Körper-
behinderten des
Saarlandes, der
kürzlich in Saar-
brücken im Lokal
„ZumHixsch“
stattfand, wurde
folgender neue
Vorstand gewählt:
1. Vorsitzender:
Heinrich Zimmer
(nebenstehendes
Bild), 2. Vorsitzen-
der: Grewer, Org.-
Leiter: Veith, Kas-
sierer: Böhm,
Schriftführer: Gerber, Leiter der Sozial-
Abtl.: Braß, Rechtsabteilung: Bergau,
Frauen Vertreterin: Frau Ochs und Ju-
gendvertreter: Georg. Zu diesem Kon-
greß waren aus allen Teilen des
Saarlandes die Delegierten zahlreich
erschienen, um Rechenschaftsberichte ent-
gegenzunehmen und gemeinsam in freien
Aussprachen die Arbeiten für das
kommende Geschäftsjahr festzulegen.
Landesvorsitzender Zimmer begrüßt die
Gäste, unter denen sich Arbeitsminister
Kirn, Vertreter der Einheitsgewerkschaft,
des Landesarbeitsamtes und der Kriegs-
beschädigten befanden. Der Vorsitzende
legte als erste dien Delegierten die Not-
wendigkeit dar, daß der bisherige Name
der Vereinigung nicht mehr länger bei-
zubehalten sei. Er nahm die Abstimmung
über die Namensänderung vor. Nach
einstimmigem Beschluß lautet der offi-
zielle Name jetzt: „Vereinigung der Kör-
perbehinderten, Unfallbeschädigten und
Rentner im Saarland-“ In seinen weiteren
kurzen Ausführungen unterstrich der
Sprecher die Bedeutung der Organisa-
tion und bat Delegierte und die erschie-
nenen Gäste, sie so zu unterstützen, wie
es die von ihr zu betreuenden Personen
erwarten. Auf Antrag wurde Arbeitsmi-
nister Rirchard Kim zum Ehrenmitglied
einstimmig gewählt. Nachdem Herr
Schäfer die Versammlungsleitung über-
nommen hatte, erteilte dieser dem Mini-
ster Kim das Wort.
Minister Kirn ging in »einer aufschluß-
reichen Rede auf die sozialen Belange em,
dankte mit herzlichen Worten für die er-
wiesene Ehrung und versprach der Ver-
einigung, im Rahmen des Möglichen seine
vollste Unterstützung. In seinen weiteren
Ausführungen rief er der Versammlung
die Fortschritte seit der letzten Landes-
tagung ins Gedächtnis. So sei das Heim
in Homburg soweit fertiggestellt, daß es
am 1. Januar eröffnet werden kann. Auch
in L e b a c h seien ein Heim für Blind«,
ein solches für Gehörlose errichtet wor-
den, das noch vor Weihnachten eröffnet
werden wird. Weiter sei in dem Kaser-
nenblock in Lebach ein Haus für Unfall-
beschädigte geplant, in dem Unfallbeschä-
digte, die in der Industrie nicht mehr ar-
beiten können, eine neue Arbeitsstätte
finden sollen.
Minister Kirn befaßte sich in seinen
weiteren Ausführungen mit neuen Ver-
besserungen in der Sozialpolitik des Saar-
landes und kündigte an, daß in den näch-
sten Tagen ein Gesetz zur Aufhebung
der Ruhensbestimmungen erlassen wird.
Durch dieses Gesetz, das der Landtag
demnächst verabschieden wird, kämen
sämtliche Rentenbezüge ungekürzt zur
Auszahlung, wenn das Bruttoeinkommen
des Rentenbeziehers 12 000 Frs. nicht
übersteigt.
Die Forderung der Unfallbeschädigten
auf einheitliche Ausrichtung der Unfall-
renten aus verschiedenen Zeiten stei die
nächste zu lösende Aufgabe. Auch
werde die Saarknappschaft bis späte-
stens November die Renten von 1945
nachzahlen. Zu diesem Zweck sei ein
Betrag von 150 Millionen Franken be-
reitgestellt. Für das Jahr 1951 sollen für
den gleichen Zweck weitere Millionenbe-
träge zur Verfügung gestellt werden. Zum
Problem der Nachzahlungen der Bergbau-
genossenschaft, die rund 80 Millionen Frs.
auszuwerfen hat, gab der Minister bie-
kannt, daß demnächst ein entsprechen-
des Gesetz verabschiedet werden wird.
Außerdem werde ein einheitlicher Aus-
weis für Fahrpreisermäßigung für die Kör-
perbehinderten und Unfallbeschädigten
ausgestellt. Nicht zuletzt gehe auch das
Problem einer orthopädischen Zentral-
stelle seiner Lösung entgegen. Im Augen-
blick werde die Möglichkeit noch geprüft,
da auch die Frage der zur Verfügung
stehenden Aerzte zu lösen sei.
Der Minister gab abschließend einen
kurzen Ueberblick über die Lage des Ren-
tenprob'ems. Eine befriedigende Lösung
dieser Frage sei in erster Linie ein Pro-
blem der Mittel. Der gute Wille sei in
jedem Fall vorhanden.
Kirn gab weiter bekannt, daß das Saar-
land in nächster Zeit etwa 10 000 Arbeits-
kräfte zusätzlich benötigt. Diese Aktion
stelle erneut das Wohnungsproblem in
den Vordergrund, denn für diese Perso-
nen, die mit ihren Familien auf 30 000
zu schätzen wären, müßte Wohnraum ge-
schaffen werden.
Nach dem Minister überbrachte Ge-
werkschaftssekretär Hektor die Grüße
der Einheitsgewerkschaft und sagte im
Namen seiner Gewerkschaft der Vereini-
gung jede Unterstützung zu. Der Vertre-
ter der Kriegsbeschädigten wünschte dem
Kongreß einen vollen Erfolg und in Zu-
kunft ein engeres Zusammenarbeiten bei-
der Organisationen zum Wohle ihrer Mit-
glieder.
Im weiteren Verlauf der Tagung gab
Kollege Zimmer den Geschäftsbericht. Er
«teilte besonders heraus, daß die junge
Organisation seit dem letzten Kongreß
einen erfreulichen Aufschwung zu ver-
zeichnen habe. Mit fünf Ortsvereinen und
409 Mitgliedern sei begonnen worden und
heute könne mcen auf einen Stand von:
1298 Mitgliedern mit 33 Ortsvereinen zu-
rückblicken. Nach einer allgemeinen Dis-
kussion, in der die Belange der Vereini-
gung klar he raus ge stellt wurden, befaßte
sich der Kongreß am Nachmittag mit Be-
richten und Beschlüssen. Herr Klein gab
den Kassenbericht. Die Satzungen wur-
den zum Teil geändert und der Sitz der
Vereinigung nach Saarbrücken verlegt.
In einem abschließenden Referat be-
faßte sich Heinrich Zimmer mit rein or-
ganisatorischen Fragen. Er betonte u. a.,
daß die Vereinigung keinerlei politische
Bindung habe und Parteipolitik grundsätz-
lich ausschalte. Die einzige Aufgabe sehe
er darin, daß die neue Vereinigung der
Körperbehinderten, Unfallbeschädigten u.
Rentner nur das Wohl und Wehe dieser
Behinderten im Auge habe, und daß ihnen
durch die Organisation praktische Hilfe
und Unterstützung gewährt werden müsse.
Nachdem Zimmer einige grundsätzliche
Forderungen erhoben hatte, die in den
Resolutionen verankert sind, ging er noch
mit der Spalterorganisation ins Gericht.
Er hob hervor, daß der Vorsitzende dieses
„Spezialverbandes der Unfallbeschädig-
ten“ die Ziele cüer Vereinigung an greife
und eine zerstörende Spalterpolitik ver-
suche.
Zum Abschluß des Landeskongresses
nahmen die Delegierten Entschließungen
an, in denen an Regierung und Landtag
folgende Forderungen gestellt werden:
Die Entschließungen
Die Delegierten haben Kenntnis erhal-
ten, daß die Renten der Zivil-Unfalibe-
schädigten — mit dem Rechtsanspruch an
Versicherungsgesellschaften — seit 20. 11.
1947 im Umwandlungsverhältnis 1 :20 ge-
zahlt werden.
Dieser Zustand ist eine untragbare
Härte, der mit der Achtung der Menschen-
rechte und ihrer Lebensberechtigung nicht
in Einklang zu bringen ist. Die regreß-
pflichtigen Nachfolger der abgelösten
deutschen Versicherungsgesellschaften
sind durch Gesetzes-Abänderung zur
Zahlung der Renten im Verhältnis der
heute in Kraft befindlichen Tarife der
Haftpflichtversicherung, mindestens zum
UmrechnungsVerhältnis 1 :80 zu veran-
lassen.
Die Delegierten, richten an die Regie-
rung des Saarlandes die Forderung, die
Lage der Berufsunfallbeschädigten durch
Einsetzung einer Sonderkommission zu
überprüfen.
Die unterschiedlich gewährte Rente auf
der Grundlage der Jahresarbeitsver-
dienste ist für die heutigen Verhältnisse
nicht mehr tragbar und wirkt sich vor
allem die in erheblichem Ausmaß ein-
gesetzte Teuerungswelle der lebenswich-
tigen Bedarfsartikel auf das Lebensniveau
der Unfallrentner aus.
Die Delegierten fordern, daß den heu-
tigen Lebens Verhältnissen entsprechend,
eine variable Rentenzahlung erfolgt und
sind der Ansicht, daß das Gesamtlos
der Rentner eine erhebliche Besserung er-
fahren muß.
Eine Revision der Unfallversicherung
halten wir für erforderlich.
Die Delegierten bedauern, daß die
Gleichstellung aller Körperbehinderten
des Saarlandes im Rahmen eines neu zu
erl a s senden S ch we rbe s ch ädigten-Ge set-
zes noch aussteht. Sie haben kein Ver-
ständnis dafür, daß die Schadensursache
als der Beweggrund unterschiedlicher Be-
handlung Gültigkeit hat und fordern von
der Regierung des Saarlandes die be-
schleunigte Gleichstellung durch das Ge-
setz.
Eine klare Stellungnahme der Regieruna
des Saarlandes wird erwartet.
DIE GUTE
SAAR-MARGARINE
i, V. Post- und Fernmeldewesen
Die Verantwortung liegt beim Ministerrat
Nachfolgende Eingabe hat der Ver-
band an jeden einzelnen Minister ge-
sandt. Die Antwort steht noch aus.
Wir halten unseren Vorschlag für die
einzige Möglichkeit, dem saarländi-
schen Bürokratismus, der gar zu üppig
in die Höhe geschossen ist, Zügel an-
zulegen und die längst fälligen An-
stellungen und Beförderungen endlich
durchführen zu können. Die Verant-
wortung liegt nunmehr beim Minister-
rat.
An den Herrn Minister.........
Saarbrücken
Sehr geehrter Herr Ministerl
Im verganenen Jahr wurden der PTV
des Saarlandes durch den Landtag 300
neue Planstellen zugesprochen, desgl.
für das Haushaltsjahr 1950. Trotzdem müs-
sen wir heute, weit über 1 Jahr nach den
ersten Zuweisungen, feststellen, das erst
gut ein Drittel der neuen Plans teilen be-
setzt ist.
Als ein® der wesentlichsten Ursachen
betrachten wir den § 5 der Geschäfts-
ordnung der Regierung, worin einer Per-
sonalkommission, die aus Vertretern der
einzelnen Ministerien besteht, die Begut-
achtung der eingereichten Vorschläge
übertragen ist. Beispielsweise hat die PTV
am 5. September 1949 16 Vorschlagslisten
beim Wirtschafts- und VeTkehrsministe-
rium eingereicht; diese waren bis zum 26.
November 1949 unterwegs, also beinahe
ein Vierteljahr. Die am 12. Dezember 1949
eingereichten Vorschläge waren bis zum
27. Januar 1950 noch nicht bearbeitet und
fielen unter die im Amtsblatt 9/50 ver-
öffentlicht© Sperrebestimmung. Seitdem
PrefsoeDenOberstelluiiD der Mm Nahrungsmittel
Artikel Menge am 1.1. 50 E nd« Aug. 50
oder
Frs. Frs. 0/o
Roggenbrot 1 kg 37.— 37.— ' 0
Weiz©nmis chbrot 1kg 39.— 42 — + 7,7
Weißbrot 0,7 kg 35.— 38 — -}- 8,6
Wecke, Brötchen 1 Stück 8.— 9 — + 12,5
Weizenmehl 1kg 62.— 68 — + io,o
Schweineschmalz 1kg 240— 240.— 0
Margarine 1kg 253.— 263 — + 4,0
Pflanzenfett 1 kg 279.— 288 — + 3,2
Butter 1kg 668.— 620 — - 7,2
ger. Speck 1 kg 300.— 320 — + 6,7
Dürrfleisch 1kg 320.— 344 — + 7,5
Speiseöl 1 ltr 286.— 240.— — 16,1
Eier Dtzd. 264.— 192 — — 27,3
Rindfleisch zum
Kochen mit Knochen 1 kg 200.— 240.— 20,0
Schweinefleisch zum
Braten m. Knochen 1 kg 300.— 400.— + 33,3
Milch 1 ltr 38.— 36.— — 5,3
Schweizerkäs« 1kg 488.— 520.— + 6,6
Münsterkäse 1 kg 360.— 320.— — 11,1
Edamerkäse 1kg 480.— 420.— — 12,5
Bohnenkaffee
billigste Sorte 1kg 420.— 664.— + 58,1
Salamiwurst 1 kg 580.— 600.— + 3,4
Fleischwurst 1kg 240.— 260.— + 8,3
Leber- und Blutwurst
billigste Sorte 1 kg 260.— 240.— - 7.7
2« Einkaufspreise der Bäckereien
Roggenmehi 100 kg 3 270.— 3 270.— e
Weizenbrotmehl 100 kg 3 745.— 4 120.— f 10,0
Weizenmehl für den
Haushalt
Vi kg. Packung 100 kg 4 700.— 5 200.— -f 10,0
Die Erhebungen zu dieser Tabelle w urden bereits vor einiger Zeit abgeschlos-
sen, sodaß die letzten starken Preiserhöhungen (Eier u'sw.) noch nicht berück-
sichtigt worden sind.
Reparatur von Schuhsohlen mit Fleck
600.— bis 800.— Frs. Erfordert einen Ar-
beitslohn von 8—10 Stunden, gegenüber
früher 2,40 M = 4 Arbeitsstunden.
1 Paar Herrenschuhe mittierer Qualität
kostete früher 12,50 M. Das entsprach dem
Durchschnittslohn von 2 Schichten. Heute
kostet derselbe Schuh 3 500.— bis 4 000.—
Frs. und das entspricht dem Durchschnitts-
lohn von mindestens 4 Schichten.
Die Seife, Wasch- sowie Toilettenseilö
ist im Durchschnitt um 14.— Frs. pro Stück
gestiegen.
ruhen sowohl die Anstellungen als auch
die Beförderungen.
Nachdem der Finanz- und Haushalts-
ausschuß 300 neue Planstellen für das
Rechnungsjahr 1950 genehmigt und die
Sperre — vorbehaltlich der Zustimmung
durch den Ministerrat — aufgehoben hat,
besteht — gemessen an den im vergan-
genen Jahr aufgetrelenen Verzögerungen
— nur eine äußerst geringe Wahrschein-
lichkeit, daß die Planstel en noch m den
restlichen 4 Monaten des Jahres besetzt
werden können. Die vom Landtag als
dringend notwendig anerkannte Verbes-
serung der Personaiverhältnisse wird da-
durch ganz erheblich verzögert.
Wir bitten daher dringend, die Zustän-
digkeit der in § 5 der Geschäftsordnung
der Regierung vorgesehenen Personai-
kommission ganz oder zumindest zeitwei-
lig für den Bereich der PTV aufzuheben,
damit die Anstellungen und Beförderungen
nicht mehr länger bloße Theorie bleiben,
sondern zur Ausführung kommen können.
Wir schlagen vor, daß die PTV ermäch-
tigt wird, Anstellungen und Beförderun-
gen bis zur Besoldungsgruppe A 4 b 1
selbständig durchzuführen.
Gleichzeitig benutzen wir d.e Gelegen-
heit, darauf hinzuweisen, daß der Perso-
nalkommission lediglich Vertreter der Mi-
nisterien angehören. Dies widerspricht
u. E. einer echten demokratischen Praxis.
Wir bitten daher gleichzeitig, den § 5 Abs.
2 der Geschäftsordnung dahingehend zu
erweitern, daß auch Vertreter der betei-
ligten Berufsve-bände mit hinzuzuziehen
sind.
Wir sehen der Sietiungnahme des Mi-
nisterrats gerne entgegen und zeichneni
Hochachtung~voll! ge-7'. Unterschrift.
Wie gehen che Ansieuungea und Beför-
derungen vor sich?
Der Lauf der Beförderungen und Anstel-
lungen ist für viele ein Buch mit sieben
Siegeln. Deshalb war es verantwortungs-
losen Elementen möglich, ahnungslos©
Zeitgenossen mit der Drohung, sie wür-
den weder angestellt noch befördert wer-
den, in die Netze zu locken. Es ist darum
mehr als angebracht, ein aufklärendes
Wort zu sagen:
Die Kandidaten werden zunächst nach
dem Dienstalter bei der OPD. ermittelt.
Dann gehen die Anfragen an die
einzelnen Dienststellen, denen die Auf-
gabe obliegt, die Kandidaten auf Eignung,
Dienstposten usw. zu überprüfen. Hier-
bei haben die Betriebsräte mitzuwirkien.
Die Vorschläge werden dann bei der
OPD. — getrennt nach den einzelnen Be-
soldungsgruppen — zusammen gestellt,
mit dem Gesamtbetriebsrat beraten und
an das Verkehrsministerium weitergelei-
tet, das sie kommentarlos an die Per-
sonalkommission weiterzuleiten hat. Die
Personalkommission hat (§ 5 der Ge-
schäftsordnung) gutachtlich dazu Stel-
lung zu nehmen. Die Stellungnahme er-
streckt sich nicht auf die Person des
Vorgeschlageneu, sondern darauf, ob die
Voraussetzungen, die eine Beförderung
oder Anstellung rechtfertigen, erfüllt
sind.
Der Weg zurück an die PTV. ist der-
selbe.
Es wird jedem einleuchten, daß es schon
allein wegen des sehr umfangreichen Per-
sonenkreises, der mit den Beförderungen
und Anstellungen zu tun hat, ziemlich
aussichtslos ist, einen gar zu stürmisch
vorsprechenden Konjunkturritter uner-
kannt hindurchzubringen. Diese Leute gab
es schon zu allen Zeiten. Der Unterschied
zwischen früher und heute besteht jedoch
darin, daß man öffentlich gegen sie und
ihre Hintermänner auftreten kann und da-
durch die Gefahr, die sie bilden, we-
sentlich herabgemildert ist.
Wir sind äußerst wachsam und werden,
wenn die Zeit da ist, den Beobachtungs-
stand Tag und Nacht besetzt halten.
September 1950
DIE ARBEIT“
Seite 5
Bonner Teillösung
Kntik des Deutschen tiewerkschaf»sbundes
Mach mehreren Abänderungen hat das
Bundeskabiiiett das sog. „Betriebsverfas-
sungsgesetz" verabschiedet. Das Gesetz ent-
hält insgesamt 110 Artikel. Nach einer ersten
kritischen Durchsicht sei jetzt schon fest-
gestellt, daß die Lösung des wichtigen Wirt-
scbafts- und sozialpolitischen Problemes
eine unvollständige Teillösung darsleilt. Mit-
bestimmung ist aber nach Meinung des DGB
ein unteilbares Ganzes. Erhebliche Kritik zum
„Betriebsverfassungsgesetz“ hätte sich die
Bundesregierung ersparen können, wenn sie
mehr auf die Forderungen der Gewerkschaft
« eingegangen wäre. Die „Welt der Arbeit“,
das Oman des DGB, schreibt dazu:
Nach Uw in ^ouieosveaassungsgesetz
der Bundesregierung entscheidet die Be-
triebsgröße über den Grad der Mitbestmi-
mungsrechte der Arbeitnehmer, Betriebe
mit mehr als fünt Arbeitnehmern — in
der Land- und Forstwirtschaft mit mehr,
als zehn — von denen drei wählbar sein
müssen, sind verpflichtet, einen Betriebs-
rat aufzustellen.
Die Mitbestimmung in sozialen und per-
sonellen Angelegenheiten ist bei einer Be-
triebsgröße von über 20. Arbeitnehmern
vorgesehen. In betriebstechnischen Fragen
beginnt die Mitbestimmung bei Betrieben
mit mindestens 50 Arbeitnehmern. In wirt-
schaftlichen Dingen besteht Ln diesen Be-
trieben nur ein Informations- und Mitbera-
tungsrecht. Werden in einem Betrieb mehr
als 100 Arbeitnehmer beschäftigt, so sind
„Wirtschaftsausschüsse“ zu bilden, die
paritätisch durch Betriebsrat und Unter-
nehmer besetzt sind und je nach Größe
des Betriebes aus vier oder acht Mitglie-
dern bestehen.
Die Arbeitnehmervertreter dieser Wirt-
schaftsausschüsse müssen nach dein Ge-
setz Betriebsangehörige sein. Sie haben in
Produktionsfragen, bei Betriebsverände-
rungen und -Einschränkungen, sowie bei
Verschmelzungen ein Mitbestimmungs-
recht und können — falls eine Einigung
mit den Arbeitgabervertretern nicht erfolgt
— ein Einspruchsrecht geltend machen,
das jedoch keine aufschiebende Wir-
kung hat. In dienern alle kann eine Gut-
achtenstelle angerufen werden. Diese setzt
sich paritätisch aus je zwei „fachkundi-
gen Personen aus Kreisen der Arbeitneh-
mer und der Unternehmer“ zusammen, die
vom Präsidenten des Landesarbeitsamtes
aut Vorschlag des Betriebsrates bzw. des
Arbeitgebers berufen werden.
Die Beteiligung der Arbeitnehmer in den
Aufsichtsräten s+eht nach dem Gesetz nur
betriebsangehöiigen Personen zu. Diese
Aufsichtsratsmitglieder, die ein Drittel der
Sitze einnehmen, werden vom Betriebsrat
vorgeschlagen. „D;e im Unternehmen ver-
tretenen Gewerkschaften können gemein-
sam ebenfalls eine Vorschlagsliste auf-
stellen, wenn sie befürchten, daß die vom
Betriebsrat vorgeschlagenen Personen ihr
Amt zur Unterhöhlung oder Zerstörung
der demokratischen Staatsform miß-
brauchen werden.“ Ach hier sieht das Ge-
setz nur Betriebsangehörige vor.
Die Ausschaltung aller außerhalb des
Betriebs stehenden Gewerkschaftsvertre-
ter in den Wirtschaftsausschüssen und in
den Aufsiqhtsorganen bedeutet ohne
Zweifel ein gefährliches Experiment. Fiier
könnte gewerkr.chaftsieindhchen Elemen-
ten Tür und Tor geöffnet werden, die dei
Gesamtheit der Arbeitnehmer größten
Schaden zufügen könnten. Bei dem m
letzter Zeit verstärkten Bemühen der Bun-
desregierung, die innere Sicherheit der
Bundesrepublik zu gewährleisten und
kommunistischen Parteigängern e.itgegen-
zutreten muß diese Regelung mindestens
als äußerst unbedacht bezeichnet werden.
Den gewerkschaftlichen Forderungen
steht auch die Besetzung der Aufsichts-
ratssitze mit nur einem Drittel durch be-
triebangehörige Arbeitnehmervertreter
entgegen. Ohne Parität dürften hier kaum
Beschlüsse im Sinne der Arbeitnehmer
möglich sein. Besonders hier wird sich die
Ausschabung von Gewerkschaftsvertre-
tern verhängnisvoll auswirken, da Einzel-
unternehmen dieser Größenordnung un-
lösliche Kettenglieder der gesamten
Volkswirtschaft sind.
So gesehen, enthält das Gesetz eine
Reihe von Unzulänglichkeiten, die als
Ganzes so schwerwiegend sind, daß die
Vorlage in dieser Form nicht auf die Zu-
stimmung der Gewerkschaften rechnen
kann.
Der Entwurf zum saarländischen Be-
triebsrätegesetz, von der Einheitsgewerkschaft
ausgearbeitet, stellt für sie das unteilbare Ganza
dar, das von den Gewerkschaften mit allen
Mitteln verteidigt werden ’vird. Der Landtag des
Saarlandes wird sich in seiner ersten Session
damit befassen müssen und möge die Erkenntnis
reifen, daß, wenn unser Wirtschaftsleben restlos
gesunden soll, die Rechte des schaffenden Men-
schen sichergestellt werden müssen.
Tatsachen sprechen für sich
Jahresbericht aus Saarlouis - Dillingen
Wenn auch augenblicklich die großen
Probleme, Kampf gegen die Teuerung, Kampf
um Lohn- und Gehaltserhöhung im Vorder-
grund stehen, und die Konzentration der
gewerkschaftlichen Kräfte verlangen, so
muß daneben die gewerkschaftliche Tages-
arbeit im Interesse der Organisierten wei-
tergehen. Worum es dabei geht, welche Er-
gebnisse erzielt werden, daß zeigt deutlich
ein Jahresbericht aus dem Kreise Saarlouis-
Dillingen. Wie nützlich diese Arbeit ist, das
sollten sich die gewohnheitsmäßigen Kri-
tiker — um nicht zu sagen: Nörgeler —
merken, die selbst nicht mit Hand anlegen
und womöglich nicht einmal organisiert
sind. Positiv® Kritik dagegen ist gerade das,
was die Gewerkschaftsfunktionäre brauchen.
Diese wird stets zur aufbauenden Mitarbeit
aus den Kreisen der Gewerkschaftler selbst
Unser Bericht gibt ein Spiegelbild aus
dem Kreise Saarlouis-Dillingen für die
Zeit vom 1. 5. 1949 bis zum 30. 4. 1950 wie-
der. In ihm ist die Arbeit für die Industrie-
verbände Bergbau, Eisenbahn und Gra-
phik nicht enthalten, da diese Industrie-
verbände ihre Mitglieder von zentraler
Stelle aus betreuen.
Wir beginnen unseren Bericht mit der
Mitgliederberatung. Wenn eine Wirtschaft
Krisen durchzumachen hat, dann bedeu-
tet das immer für die Gewerkschaft eine
vermehrte Inanspruchnahme. Die Mei-
nungsverschiedenheiten häufen sich. Viel«
Betriebe glauben, an allen Ecken und En-
den Einsparungen machen zu müssen und
zwar zuerst bei den Arbeitnehmern. Die
Sprechstunden, die täglich im Saarlouis
und Dillingen durchgeführt werden, wer-
den sehr stark von den Mitgliedern in
Anspruch genommen. Im verflossenen Ge-
schäftsjahre wurden 1872 Auskünfte am
Mitglieder gegeben, wodurch diesen mit
Rat und Tat geholfen wurde. Nicht all«
Inanspruchnahmen waren mit einer Be-
ratung abgetan. 8,5 o/o aller Beratungen
entwickelten sich später zu Prozessen.
Laut Statistik mußten, um den Mitgliedern
zu ihrem Recht zu veihelfen
218 Prozesse
beim Arbeitsgericht, Versicherungsspruch-
.,T?as. Dienstiu&ifäum”
Eines Tages stellt ein Beamter mit Erstaunen
fest daß er nunmehr just genau auf den Tag
40 Jahre im Dienst war. Und in seiner Einfalt
zog er seinen besten Anzug an, schmückte
eich mit der goldenen Uhr, die er geerbt hatte
und ging in die nahe Stadt., wo sein oberster
Chef als oberste! Beamter saß.
Unterwegs träumte er von Festreden, Von
Lobsprüchen, vielleicht sogar von einem Ge-
schenk und war eitel froher Laune und guter
Dinge. „Und so blicken wir voll stolz auf
unseren lieben Jubilar, der unserer Verwal-
tung so viele Jahre treu und redlich gedient
hat. In guten und in schlechten Tagen hat er
seine Pflicht erfüllt.“ So hört er schon im
Geiste irgend einen feinen Herrn reden, und
vor Rührung wischte er sich eine Träne aus
dem Auge. „Ja, ja, unser lieber Dingsda,"
(Wir nennen ihn halt nur unseren Dingsda,
das versteht jeder besser) sagte der fein®
Harr weiter, „Immer unseren Jungen ein Vor-
bild. ein guter Lehrmeister, alles in allem
e;n Beamter der alten Schule". Hier seufste
er tief vor Rührung, unser lieber Dingsda. Und
die Festrede war noch .nicht zu Ende, als er
schon vor dem großen Haus stand, in dem der
fe ne Herr saß. zu dem er sich auf den Weg
gemacht hatte.
Etwas aufgeregt blieb er stehen, der auf-
geräumte Dingsda in seiner festlichen Be-
k'e düng. Er rückte nochmals seine goldene
Uhrkette zurecht, die Krawatte wurde glatt
gestrichen, der Hut in die Hand genommen und
dann gings mit klopfendem Herzen durch die
Tür. Nanu, denkt er. * kein Mensch zum Emp-
fang. se'tsam. Ach nein, das kann ja gar-
mcht sein. Das ist eben die Ueberraschung.
D e sind sicher alle schon beim hohen Chef
versammelt. Und wie peinlich, sie warten
sicher schon auf ihn. Das ihm das passieren
mußte. Der Schweiß kommt ihm auf die Stirn,
als er die Treppen hinauf eilt. An dem Zim-
mer, das zum hohen Chef führt, klopft er
zaghaft an „Herein! — Sie wünschen"? Gott
haben die Humor, denkt der glückliche Dinge*
da. die haben Humor; fragen mich jetzt noch,
lcb wünsche. Ja, siaher wünscht er was,
dort hinein will er doch zu den Festreden,
Glückwünschen, zu seiner Anerkennung. Und
dann darf er auch tatsächlich hinein. (Denn
unter uns gesagt, nicht jeder wird dort emp-
fangen).
Da waren keine Blumen und Festreden,
keine Zigarren und andere Dinge, die er sich
in seiner Einfalt erträumt hatte. Da war nur
wieder die Frage, was er eigentlich wünsche.
Aber er wünschte nichts mehr. Und was dann
noch gesprochen wurde, gehörte eigentlich
nicht mehr zu unserer Geschichte. Er kam
auch wieder heraus, der festlich „geschmückte"
Herr Dingsda mit seinen 40 treuen Dienstjahren,
Er konnte weder denken noch träumen. Ihm
war als sei er in einen recht kalten Bach ge-
fallen, sodaß ihn jetzt noch schauerte. Was
blieb ihm übrig; seine letzten Groschen zu-
sammen zu suchen, um einen zu heben, damit
ihm wieder warm wurde. Und als er nach
Hause wankte, da schwor er sich, keine 40
Jahre mehr Dienst zu machen. Den Schwur hält
er bestimmt, der Dingsda.
Damit wäre eigentlich die Geschichte aus
von dem einfältigen Jubilar. Mir fällt nur noch
ein, daß er einen Sohn hat. Dar ist auch Be-
amter. Und der hat viele junge Freunde, die
sind auch Beamte. Ob die alle 40 Jahre
Dienst machen wollen? Nein, das weiß ich
leider nicht. Ach so, was sie darüber denken?
— Ja richtig, das denken sie darüber, gerade
das. Mu
kammern usw. angestrengt werden. Di«
Prozesse betrafen Lohnforderungen (Ta-
riflöhne, Urlaubsgelder, Auslösungen) 70
Fälle, Rentensachen 24 Fälle, Kündigun-
gen 22 Fälle, Versicherungsfälle (Kran-
ken-, Unfall-, Invaliden-, Angestellten- u.
Familienversicherung 46 Fälle, Bau-, Woh-
nung- und Mietsachen 10 Fälle, Lehrstel-
len- und Lehrvertragsangelegenheiten 9
Fälle, Schadenersatzansprüche 7 Fälle,
Fristlose Entlassungen 6 Fälle, Steuersa-
chen 3 Fälle, Arbeitspapierbeschaffung 3
Fälle, Sonstiges 18 Fälle.
87 Prozesse wurden mit Voll-, oder Teil-
erfolg beendet. 10 Prozesse schweben
noch vor den VersicherungsSpruchkam-
mern. 19 schweben noch vor dem Ar-
beitsgericht, 4 Stück vor den Konkurs-
gerichten, 38 schweben noch im Gütever-
fahren mit den Betrieben, 33 Fälle wur-
den von Mitgliedern aus verschiedenen
Gründen wieder zurückgezogen, 27 muß-
ten wegen Mangel an Beweismaterial und
wegen Aussichtslosigkeit abgelehnt wer-
den.
In 87 erfolgreich geführten Prozessen
wurden für unsere Mitglieder insgesamt
1 183 851.— Frs.
erstritten, die auch restlos an die Betrof-
fenen zur Auszahlung gelangten.
Außer diesen materiellen Erfolgen wur-
den für die Mitglieder u. a. noch Arbeits-
bescheinigungen beschafft, Arbeitsplätze
und Lehrstellen vermittelt, ein Armenrecht
erwirkt, Schriftsätze ausgearbeitet und
eine Wohnung vermittelt.
Um dieses Erfolgsergebnis zu erzielen,
mußten
88 Besprechungen und 17 Vertretun-
gen vor dem Arbeitsgericht
durchgeführt werden.
Auf dem Gebiete des Tarifrechts verur-
sachte die Durchführung der
Lohnanordnungen und Schiedssprüche
viel Arbeit, da eine Anzahl von Betrieben
die einmaligen Auszahlungen von je
3000.— Frs. im Oktober 1949 und im Ja-
nuar 1950 nicht vornehmen wollten. In
einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von
Fällen mußte erst das Arbeitsgericht an-
gerufen und die Verurteilung zur Zahlung
erwirkt werden.
Ebenso machte die Durchführung von
Schiedssprüchen, die Lohnerhöhungen
brachten, erhebliche Arbeit, »besondere
in der Mittel- und Kleinindustrie und beim
Handwerk.
62 Betriebsbesuche waren zur Regelung
dieser Fragen notwendig. Außerdem ha-
ben wir an 28 Betriebsratssitzung en teil ge-
nommen und haben den Betriebsräten bei
der Erfüllung ihrer Aufgaben mit Rat und
Tat zur Seite gestanden.
Es kann heute gesagt werden, daß alle
Mitglieder zu ihren Lohnerhöhungen ge-
kommen sind.
Der Mitgliederbestand zeigt eine sehr
erfreuliche Aufwärtsentwicklung. Gegen-
über dem Stande bei Geschäftsjahresbe-
ginn konnte eine 98 o/oige Steigerung der
Mitglieder erreicht werden.
Der im Oktober 1949 durchgeführte
Krefswerbew^tkampf hat ausschlagge-
bend zur Erzielung dieses einzig daste-
henden Erfolges beigetragen.
Auch der Beitragreinzug hat sich erfreu-
licher Weise stark aufwärtsbewegt, wozu
die Angleichungsaktion wesentlich mit
beigetragen hat. Gerressen an dem Bei-
tragseinzugsergebnis bei Jahresbeginn er-
gibt sich ei^e 121 o/oige Steigerung.
Eine solche hervorragende Entwicklung
war natürlich nur mit einem guten Funk-
tionärstab möglich. Deshalb wurde auf
eine Funktionär-Schulung großen Wert
gelegt. Es wurden 15 Schulungsabende m:t
253 Teilnehmern durchgeführt. In diesen
Wer „Stoff" sagt,
meint das
IKAUFHAUS
SAARBRÜCKEN S, Bahnhofstraße 4«
Post aus dem Ausland
...........................
USA-Gewerkschaftsführer zur Lag-
In den Botschaften der großen ameri-
kanischen Gewerksehaftsorganisationen
anläßlich des amerikanischen Tages der
Arbeit (Labor Day) spiegelt sich deutlich
die ernste Entschlossenheit der Vereinig-
ten Staaten im Koreakonflikt wieder. Der
Vorsitzende der American Federation of
Labor, William Green, erklärte: „Heute
mehr denn je zuvor müssen alle Ameri-
kaner wie ein Mann denken, wie ein
Mann dienen und wie ein Mann han-
deln.“ Der Vorsitzende des Congreß of
Industrial Organisations, Philip Murray,
sagte: „Die Arbeiter Amerikas wollen
eine friedliche Welt, in der Männer uhd
Frauen arbeiten können, um ihren Le-
bensstandard, ihre demokratischen Ein-
richtungen., ihren persönlichen Besitz u.
ihren Wohlstand zu verbessern.“ —
Der Präsident der unabhängigen Inter-
nationalen Vereinigung der Maschinisten,
A. J. Hayes, äußerte: „In diesem Kam-
pfe können wir keine Form irgendwelcher
Diktatur dulden. Wir geloben unserer Re-
gierung in dieser Stunde der Krise unse-
ren uneingeschränkten Beistand.“
Von John L. Lewis, dem Chef der ame-
rikanischen Bergarbeitergewerkschaft,
war keine Sonderbotschaft erlassen wor-
den. Das Organ dieser Gewerkschaft
stellte jedoch in einer Betrachtung an
die Arbeiterschaft in den Vereinigten
Staaten über die Krise in Korea u. a,
fest: „Laßt Euch nicht von Politikern, Zei-
tungsverlegern und Kommentatoren in
dem Glauben wiegen, als ob es unpa-
triotisch von Euch v/äre, darauf zu beste-
hen, daß Kriegsgewinne, Verschwendung
und Extravaganzen, die zur Inflation füh-
ren, aus dem Ausgabenprogramm der
Regierung für die Kriegsrüstung ver-
schwinden müssen.
Die Gewerkschaftsführer Green und
Murray betonten erneut die Notwendig-
keit, die Taft-Hartley Gesetze abzuschaf-
fen. Die CIO verlangt neue Maßnahmen
zur Bekämpfung der Rassenunterschiede,
Garantie von Mindestlöhnen und soziale
Sicherheit sowie die Einführung eines
Programms, um die öffentliche Gesund-
heit in Form von Versicherungen zu för-
dern,
*
Schweden. Schwedische Beamte reisen nach
Westdeutschland, um mit den zuständigen deut-
schen Behörden über die Anwerbung mehrerer
hundert deutscher Facharbeiter für die schwedi-
sche Industrie zu verhandeln. Das schwedische
Arbeitsamt wurde ferner bevoUmächügt, 400 deut-
sche Jungarbeiter aus Schleswig-Holstein anzu-
werben.
*
Bauarbeiterstreik im Bundesgebiet
beendet
Am vergangenen Samstag wurde in den
frühen Morgenstunden der Streik der hes-
sischen Bauarbeiter durch Schiedsspruch
beigelegt. Der Grundlohn wird, nach einer
amti. Bekanntmachung, in Ortsklasse 1
um 14 Pfennige, in Schleswig-Holstein um
10 Pfennige erhöht. Eine entsprechende Er-
höhung ist für alle übrigen Ortsklassen
vereinbart. Die Saisonzulage von 8 Pfenni-
gen ist ebenfalls bewilligt. Die Regelung
gilt für das gesamte Bundesgebiet mit
Ausnahme van Bayern und tritt mit so-
fortiger Wirkung in Kraft.
Schulungen wurden 6 Wirtschaftsthemeis,
4 Soziatversicherungsthemen, 3 Arbeits-
rechtsthemen und 2 Oewerkschaftsthsmen
behandelt.
In 41 Funktionär-Konferenzen, wie Kieis-
vorstands-, Ortsausschuß- und Ortsgrup-
penvorstandssitzungen, sowie Betriebs-
räte und Delegiertenkonferenzen usw,
wurde fortlaufend zu gewerkschaftlichen
Problemen Stellung genommen.
37 Versammlungen die sich aus 6 öffent-
lichen Versammlungen, 10 Mitgliederver-
sammlungen, 19 Betriebsversammlungen
und 2 Jugendversammlungen zusammen-
setzen, dienten dazu, den Mitgliedern die
notwendigen Aufklärungen auf gewerk-
schaftlichen, wirtschaftlichen, sozialpoli-
tischen und kulturellem Gebiete zu geben
und ihre Wünsche und Forderungen ent-
gegenzunehmen. 2694 Mitglieder besuch-
ten diese Veranstaltungen,
58 Redner die mit entsprechenden Vor-
trägen eingesetzt wurden, bewältigten
diese Aufgaben.
Für die fortlaufende Unterrichtung all
derjenigen Mitglieder, die am Besuche der
Veranstaltungen verhindert waren, sorg-
ten 57 eigene Artikel und Berichte in un-
serem Organ „Die Arbeit“ und in den
Tageszeitungen.
Wir könnten den Bericht natürlich noch
auf eine Reihe a~de er Arbeitsgebiete aus-
dehnen, aber wir glauben, daß er in die-
ser Form schon genügt, um zu zeigen,
daß die Anforderungen an die Einheitsge-
werkschaft große sind und daß die Arbeit
für die Mitglieder auch erfolgreich ist.
Weiterhin wird damit bewiesen, daß die
Einheitsgewerkschaft durch den ständigen
Zugang neuer Mitglieder im Wachsen be-
griffen ist und daß unsere Mitglieder den
Ruf nach dem Ausbau der Einheitsgewerk-
schaft zu einer starken Kampforganisation
verstanden und befolgt haben.
Allen Funktionären, die an der Errei-
chung dieses schönen Erfolge« mitgiehol«
fen haben, sei an dieser Stelle herzliche«,
rwv —StK
Seite 6
September 1950
.DIE ARBEIT*
Schwarzarbeit im Rampenlicht
(Fortsetzung und Schluß)
Di© Beobachtungen der Arbeits-
Verwaltung hüben ergeben, daß in
Beritten, deren Lohnniveau für die
Arbeitnehmer ungünstig liegt, ©in starkes
Bestreben nach zusätzlichem Verdienst
vorherrscht. Zumeist wird die „Schwarz-
arbeit“ von. diesem Per&onenkreis in der
eigenen Berufsart verrichtet. ;
Aber auch ein anderer Personenkreis, der
ohne Arbeitnehmereigenschaften zu besit-
(fzen, ..Schwarzarbeit“ verrichtet, bedarf
heute einer gewissen Beachtung. Im Saar-
land herrscht bekanntlich noch das System
der stark beschränkten Cewerbefreihsit
vor. Es gibt aucn hier zu Lande Personen
mit mehr oder weniger hohem Fachkön-
nen, die durch den Krieg, die Evakuierung
und die Gefangenschaft aus ihrer Lebens-
bahn geworfen wurden, sei es, daß sie an
anderen Orten des früheren Reichsgebie-
tes ein. Gewerbe unternehmen schon be-
trieben. hatten, oder als Arbeitnehmer vor
dem Kriege in gutem Verdienst standen.
Durch mittelbare oder unmittelbare Kriegs-
einwirkungen, oder vielfach auf Grund
von Kriegsverletzungen können letztere z.
B. nicht als volleistungsfähige Arbeitneh-
mer angesehen und aus diesem Grunde
nicht mehr in den Arbeitsprozeß einge-
xeiht werden. Ein großer Teil von ihnen
kämpft vergebens um die Erteilung einer
Gewarbegenehmigung, die es ihnen erlaub
be i würde, in rechtmäßiger Form ihren
Leb _ n u uni erhalt zu verdienen. Die meisten
von ihnen verrichten mehr oder weniger
„Schwarzarbeit“ — und nicht einmal
schlechte —! Ein falsch gehandhabter nu-
jnerus clausus verschließt ihnen für un-
absehbare Zeit eine geordnete Unterneh-
mertätigkeit. Die zum Zwecke der Ge-
werbege; e'imigung mit der Vorprüfung
befaßten beiufsvertretungen undkammern
betre-ben oft e nen sehr frag ichen Mono-
pol- und Konkurrenzschutz, wobei subjek-
tive ErwÜgungen meist im Vordergrund
stehen. Die Opfer dieser unzeitgemäßen
Maßnahme wrrden so zwangsweise m die
Illegalität gebieten. Wenn das Gewerbe
einen Schutzwall um sich errichtet, darf
es sich daner nicht wundern, wenn au-
ßerhalb dieses die „Schwarzarbeit“ blüht.
Es muß cn dieser Stelle auch erwähnt wer-
den, daß die zuvor geschilderten Zustände
in der amerikanischen Eesatzungszone zu
der drakonischen Maßnahme des damali-
gen. Müitärgouvemeurs Ursache gaben4
daß dieser in seiner Zone zwangsweise
eine stark aufgelockerte Gewerbefreiheit
verordnet hot, deren Ausdehnung auf die
gesamte Bundesrepublik nunmehr aktuell
wird.
Die Einschränkung der Erwerbsfreiheit ist
eines demokratischen Staates unwürdig
und auch nach Art. 44 und 54 der Landes-
verfassung als verfassungswidrig cnzu-
©ehen. Man stelle sich auch einmal einen
numerus clausus auf der Arbeitnehmersei-
te vor, indem beispielsweise durch herme-
tische Absperrung von außen der Zufluß
von Arbeitskräften auf den Arbeitsmarkt
tropfenweise durch irgend eine Kammer,
etwa bloß als Schutzmaßnahme gegen
Arbeitslosigkeit oder Lchnminderuncr, ge-
steuert würde. Di© Arbeitgeber würden
empört verlangen: „Freiheit auf dem Ar-
beitsmarkt“. Die Freizügigkeit auf dem
Arbeitsmarkt ist in der Zwischenzeit zur
Wirklichkeit geworden. Der klassischen
„Reserve an Arbeitskräften“ darf aber
auch getrost eine Reserve an Gewerbe-
betrieben gegenüberstehen.
Ich bin mir bewußt, daß ich hiermit nicht
im Sinne vieler Unternehmer und ihrer Be-
ls gibt Genossenschaften
vieler Art
St« dienen, je nadi ihrer Aufgabe,
diesen oder jenen Interessen
Den Interessen der
Verbraucher
dient jedcdi nur die
Kansuflsgefiossensihnft
Das Vert/duen, das die Verbraudier In
'steigendem Maße dieser Genossen-
schaft entgegenbringen, beweist allein
schon die von Jahr zu Jahr
wachsende Mitgllederzahl»
1946: 8000
1947: 31000
1948: 40000
1949: 49000
1950: 57000
Dies« Mitgliederfamilien haben die Vor-
teile erkannt, die ihnen ein genossen-
schaftlicher Zusammenschluss bei Ihrer
HaushaltfOhrung bietet.
SAARBRÜCKEN
NFUNKIR CH EN-HEIN ITZ
lulsvertretungen schreibe, aber es sind
Unumstößliche Tatsachen, die, wie man
sieht, buch anderswo schon entsprechen-
de Reaktionen ausgelöst haben.
Ein© weitere Ursache der „Schwarzarbeit“,
die für den Empfänger der „Schwarzar-
beit“ von Bedeutung ist, ist die Preisge-
staltung. Man braucht nur mit offenen
Augen und Ohren umherzugehen und wird
erstaunt sein, wieviele Personen Empfän-
ger von „Schwarzarbeit“ sind. Ja, auch
Handwerker lassen sich durch „Schwarz-
arbeit“ untereinander Dienstleistungen
verrichten aus der Ursache, weil sie es
dabei billiger haben. Demnach spielt der
Preis für die normalgeleistete Dienstlei-
stung eine wichtige Rolle. Ja, mancher
von uns läßt sich — wenn auch hin und
wieder — „Schwarzarbeit“ aus preislichen
Gründen verrichten. Zum Beispiel die
Zuleitungsschnur des Bügeleisens ist de-
fekt, des Nachbars Sohn, Lehrling in einer
Eiektrowerkstatt, repariert das Ganze in
kurzer Zelt, erhält ein Trinkgeld, und die
Sache ist erledigt. Unter Umständen
macht man es auch selbst und ist stolz
darauf, Die Summe all dieser kleinen Ver-
richtungen, die unter Umständen auch
größere Ausmaße annehmen können, stel-
leh praktisch einen Generalangriff gegen
die Preisgestaltung dar. Fxägt man diesen
oder jenen, warum er diese oder jene Ar-
beit nicht von zugelassenen Fachgeschäf-
ten ausführen läßt, erfolgt bestimmt die
Antwort: „Das ist mir zu teuer.“ Zugege-
ben, daß die heutigen allgemeinen Ab-
gaben mit einen erheblichen Kostenfaktor
darstelllen, der auch die Preisgestaltung
stark beeinflußt, bin ich andererseits da-
von überzeugt, daß hier manches- noch
nicht in normalen Bahnen verläuft. So
z. B. das handwerkliche Leistungsniveau.
Bis vor kurzem war es sehr angenehm,
wenn man nicht zu kalkulieren brauchte,
und der Kunde lediglich die Arbeitsstun-
den bezahlte. Heute muß man wieder ei-
nen Preis berechnen, muß Termine ein-
halten können. Der Auftraggeber inter-
essiert sich für den Preis des Fertigpro-
duktes, die dafür aufgewandte Zeit ist ihm
nebensächlich. Die Praxis bestätigt auch
die Uneinheitlichkeit in der Preisgestal-
tun. Für ein und dieslbe Dienstleistung
werden oft Angebote unterbreitet, die bis
zu 100 o/o von einander abweichen. Das
gleiche gilt sinngemäß für den Handel,
der noch allzu gerne seine Verteilerrolle
weiterspielen möchte.
In diesem Zusammenhang darf auch
eine besondere Art von „Schwarzarbeit“
nicht unerwähnt bleiben, die dadurch ver-
ursacht wird, daß handwerkliche Betrie-
be, die infolge Fehlens von Grundstoffen
im Kriege und in der ersten Nachkriegs-
zeit heute mit Aufträgen überlastet sind,
die Auftraggeber grundsätzlich auf einen
weit hinausgeschobenen Liefertermin ver-
trösten oder die Auftragsannahme sogar
ablehnen. Der so behandelte Kunde will
aber nicht warten, bis er an der Reih©
ist und sucht sich selbst eine Person, die
seinen Lreferwünschsn eher gerecht wird.
Anstatt nun solche Betriebe (z. B. das
mode schaffende Handwerk) dem Auf-
tragsbestand entsprechend, zusätzliche
Arbeitskräfte einstellen, wird dies nicht
nur ab gelehnt, sondern seltsamerweise
auch aur eine weitere Beschränkung der
Betriebe hingearbeitet und dazu ein u»
günstiges Lohnniveau für die Arbeitneh-
mer angestrebt, wodurch alle vorauf ge-
führten Ursachen zur Förderung von
„Schwarzarbeit“ Zusammenwirken. Die so
geschaffene „schwarze Konkurrenz“ übt
natürlicherweise einen starken Druck ouf
die Preisgestaltung des zugelassenen Un-
ternehmens aus. Es erhellt daraus, daß im
umgekehrten Falle, nämlich durch ver-
mehrte Einstellung von Personal mit aus-
reichenden Tariflöhnen und Zulassung
weiterer Geschäfte in diesen Gewerben
eins wirksame Möglichkeit der Verminde-
rung von „Schwarzarbeit“ besteht. So wie
die Dinge jetzt liegen, treiben diese Gewer-
be die Kunden mit Gewalt zur „Schwarz-
arbeit“ und fördern diese.
Die Mittel zur Bekämpfung der „Schwarz-
arbeit.“
In der Vorkriegszeit erlassene Maßnah-
men zur Bekämpfung von „Schwarzar-
beit“ sehen wirksame Mittel nur bei den
Beziehern von Erwerbslosenunterstützung
und bei Arbeitslosen vor. Ich glaube es
aber verantworten zu können, wenn ich
erkläre, daß im Saarland der Kreis der
Schwarzarbeit verachtenden Personenein
anderer ist als dieser.
Nach der bisherigen Praxis kommen zur
Bekämpfung der Schwarzarbeit staatliche
Maßnahmen und Selbsthilfemaßnahmen in
Betracht. Von den staatlichen Maßnah-
men sind zu nennen die kriminellen und
Ordnungsstrafen. Sie sind ihrem Charak-
ter nach uneinheitlich und in den verschie-
densten gesetzlichen Bestimmungen ver-
ankert. Während des Krieges sind weit-
gehende Erleichterungsbestimmungen er-
lassen worden, u. a. weitgehende Straf-
freiheit ber Ausübung von Arbeiten, die
heute wieder als „Schwarzarbeit“ ange-
sehen werden. Selbst wenn diese Bestim-
mungen aufgehoben würden, ist es frag-
lich, ob die alten Vorschriften noch als
wirksam anzusehen sind. Ja, es ist über-
haupt fraglich, ob man mit einer speziel-
len Gesetzgebung eine wirksame Bekämp-
fung der Schwarzarbeit erreichen kann,
»Wie aus dem Vorgetragenen ersichtlich
Ist, zeichnet sich die Schwarzarbeit von:
der konzessionierten Unternehmertätigkeit
nicht scharf genug ab, Infolgedessen ist
eine Abgrenzung durch .einen Gesetzes-
text sehr schwierig, oder der Text wird
derart kompliziert, daß der freien Ausle-
gung nach dieser oder jener Seite Tür und
Tor geöffnet ist, der man wiederum durch
ein© Kette von Durchführungsverordnun-
gen begegnen müßte. Man käme dabei
unter Umständen zu Kuriositäten, denn im
Grunde genommen liegt bereits Schwarz-
arbeit vor, wenn z. B. ein Schreinerge-
sell« seinem Nachbarn bei der Anferti-
gung eines KaninchensiaUes hilft und da-
für eine Vergütung erhält. Insoweit
Schwarzarbeit von Beziehern der Erwerbs-
losenunterstützung verrichtet wird, besteh!
di© Möglichkeit des Entzuges der Unter-
stützung. Nicht so scharf emd die Be-
stimmungen für die Rentner, bei denen
unter Umständen nur ein Teil der Rente
mit zusätzlichem Verdienst kompensiert
wird. Für Beamte bestehen Disziplinar-
bestimmungen, die auch für die sonstigen
Bediensteten des Staates, der Gemeinden
und der übrigen Verwaltungen bestehen.
Für alle sonstigen Vernähter von Schwarz-
arbeit besteht für Betriebsangehörige die
Möglichkeit der Entlassung durch den Ar-
beitgeber und die Anwendung steuerge-
setzlicher Bestimmungen (Steuerhinterzie-
hung), sowie auch sozialversicherungsge-
setzliche Bestimmungen. Alle diese Vor-
schriften können auch auf den Empfänger
von Schwarzarbeit zur Anwendung ge-
langen.
Als Selbsthilfemaßnahmen sind anxu-
sehen:
1. Belehrung und Aufklärung des Publi-
kums,
2. Ueberwachung durch die Gewerbe-
polizei,
3. die Möglichkeit der Strafverfolgung
wegen unlauteren Wettbewerbs,
4. Entlassung schwarzarbeitender Beleg-
schaftsmitglieder.
Ob die aufgeführten Maßnahmen jeweils
den erstrebten Zweck erreichen, muß da-
hingestellt werden. , >
Sollte jedoch ein eigenes Gesetzeswerk
alle Einzeibestimmungen ablösen, müßte
notwendigerweise ein eigener Beamten- -
körper geschaffen werden, dem die Durch-
führung obläge. Dabei stellt ©ich die Fra-
ge, ob es zweckmäßig ist, einem rein dy-
namischem Prinzip entgegenzuwirken, das
doch eines Tages in irgend einer Form ei-
ne Legalisierung erhalten muß und bei
gutem Willlen schon heut© unter Beach-
tung der angezogenen Ursachen berei-
nigt werden könne.
Eines ist gewiß, Schwarzarbeit, ganz
gleich, in welcher Form sie errichtet wird,
bedeutet für die Landesfmanzen eine er-
hebliche Steüereinbuße. Dabei wäre auch
zu untersuchen, ob die Finanzbehörde —
Und damit zugleich auch die Versiche-
xungsbehörden — bei einer bedingten Le-
galisierung gewisser Arten von „Schwarz-
arbeit“ nicht unter Umständen besser ab-
»chneiden werden, L. H.
^Briefkasten
(Die Redaktion erteilt den Gcwerkschaftamitglie«
dem an dieser Stelle oder »chriftllch aul schrift-
liche Anfragen kostenlos Auskunft.)
400. Völklingen. „Ohne Obligo" ist die soge-
nannt* Angstklausel beim Wechsel. Sie stellt
einen Vermerk dar, der die Haftung ausschließt.
Kurt. Wadern. Postscheckämter gibt es bei
uns seit 190?.
X. F. Losheim. Der wichtigste Strom Afrikas
ist der 6 500 km lange Nil. Er wird gebildet aus
dem weißen und blauen Nil.
Hein. Ottweiier. Immunität (aus dem Lat, im-
munitns — Unantastbarkeit) kann folgende Be-
deutung haben: 1. im Staatsrecht: rechtliche
Sonderstellung von Personen (Straffreiheit der
Abgeordneten). 3. medizinisch-biologisch: bei
Menschen, Tieren und auch Pflanzen die Un-
«mpfänglichkeit gegen Infektionen.
300. Eiweiler. Welches Volk liest die meisten
Zeitungen, welches hört am meisten Radio? Zur
Frage 1); Das englische, denn die Gesamtauf-
lage der englischen Zeilungen beträgt rd. 24
Millionen Exemplare, sodaß auf je 2 Engländer
eine Zeitung kommt. Zur Frage 2): Die Bevöl-
kerung der USA, denn auf je 1000 Einwohner
kommen 566 Radioapparate, während auf 1000
Einwohner in Schweden 298, in Dänemark 285, in
Norwegen 251 und in Großbritannien 227 Radio-
apparate entfallen.
K. Homburg. Es stimmt, einige Länder Europas
werden bald in der Lage sein, die Windenergie
neben der Kohlen- und Wasserenergie zur Ge-
winnung von «lektr. Strom, Wärme und Licht
auszunützen.
I C. G. Saarbrücken, Den in Frankreich be-
schäftigten Deu! sehen wird, wie den Franzosen,
bei ihren Urlaubsfahrten einmal im Jahr eine
Fahrpreisermäßigung von 300'o gewährt, gleich-
gültig ob zur Rundreise innerhalb des Landes
©der zur Fahrt nach Deutschland.
i M. R. Merzig. Im Jahre 3926 hatte Korea
34 561 000 Einwohner. Bei der Volkszählung im
Jahre 1940 wurden 24 326 237 Einwohner gezählt.
Die größte Stadt des Landes ist Söul (Keijo);
eie zählte 1946 rd. 1 146 000 Einwohner.
Herausgeber; Hauptverwaltung der Ein-
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Verantwortlich für den Gesamtinhalt: Heinrich
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5. Jahrgang
Saarbrücken, 28. September 1950
Nr. 18
Das Ringen um Lohn- und Preisgestaltung
Das Ergebnis der letzten Verhandlungen - Verschiedene Einzeieriolge - Unbefriedigende Gesamtlage - Einmütige Feststellungen des Gewerkschafts-
ausschusses - Am Sonntag Re Vorkonferenz - Die kommende Entwicklung - Anprangerung kommunistischer Machenschaften - Uneingeschränktes
Vertrauen für den Kollegen Heinrich Wacker - Die feste Entschlossenheit der Arbeitnehmerschaft
Der Gewerkschaftsausschuß der Einheitsgewerkschaft trat am Mittwoch,
dem 27. September 1950, erneut zu einer außerordentlichen Sitzung zu-
sammen. Entsprechend dem Beschluß der außerordentlichen Sitzung vom
18. September 1950 befaßten sich die Ausschußmitglieder mit dem gesam-
ten Lohn- und Prenprobiem auf Grund der Entwicklung in den letzten Ta-
gen und besonders mit dem Stand der Lohnverhandlungen der einzelnen
Verbände mit den Arbeitgebern.
In den letzten Lohnverhandlungen —
das wird von niemand bestritten — wur-
den positive Ergebnisse erzielt, aber die
Resultate können keineswegs befriedigeint.
Nach Darlegung des Standpunktes der
Industrieverbände kam es im Gewerk-
schaftsausschuß zur Abstimmung über
den nachstehenden Beschluß, der einstim-
mig angenommen wurde:
„Gemäß dfm Beschluß der durch die
Vorstände der Industrieverbände erweiter-
ten Gewerksehaftsaussrhuß-Sitzung vom
18. Srpteniher 1930 nahm der Gewerk-
sehaKsaussehnß der Einheitsgewerkschaft
am 27. September 1950 erneut Stellung
zum Stand der Lohn- und Preisbewegung.
Trotz einiger Ansätze zur Besserung der
Lage kann der Gewerkschaftsausschuß von
der allgemeinen Kntwieklung der Löhne
und Preise in keiner Weise befriedigt sein
und faßt einstimmig den Beschluß, eine
gemeinsame Protestaktion durchzuführen,
wenn nicht in aller Kürze eine befriedi-
gende Gesamtlösung erzielt wird.
Der Gewerkschaftsausschuß beschließt
weiterhin einstimmig, das Ergebnis der
Revierkonferenz des Industrieverbandes
Bergbau am Sonntag, dem 1. Oktober 1950,
abzuwarten, um im Anschluß daran unter
Bei ücksiehtiguiig der dort gefaßten Be-
schlüsse zu einer Protestaktion der gesam-
ten Einheitsgewerkschaft aufzurufen,**
In den Erklärungen der Vertreter des In-
dustrieverbandes Bergbau wurde darauf
hingewiesen, daß noch in dieser Woche
mit den zuständigen Regierungsstellen in
Paris Verhandlungen im Beisein der Ver-
treter der Einheitsgewerkschaft und der
Christlichen Gewerkschaft stattfinden, um
in unmittelbaren Verhandlungen eine an-
gemessene Lohn Vereinbarung für den
Bergbau zu erzielen.
Am Sonntag, dem 1. Oktober 1950, ver-
anstalten beide Gewerkschaften getrennte
Revierkonferenzen, um zu dem Pariser Er-
gebnis Stellung zu nehmen.
Allseits kam im Gewerkschaftsausschuß
zum Ausdruck, daß die Gewerkschaft jetzt
Die Zwischenfälle vom 1. Mai
vor Gericht
Zn denen, die eine besondere Ursache, ha-
ben, sich mit der Gerichtsverhandlung und dem
spateren Endergebnis über die Zwischenfälle
am 1. Mai zu befassen, gehört die Gewerk-
schaft.
\\ enn auch die Schaffenden spontan ihren
Willen am Ehrentag der Arbeit bekunden, so
ist doch zur Abwicklung solcher Kundgebun-
gen mühevolle, organisatorische Vorbereitung
ertordeilieh. Und dieser Maidemonstrationszug
T950, der mit soviel Idealismus vorbereitet
w.ui de, der alle Voraussetzuugen für eine ge-
waltige Kundgebung aller Schaffenden — mit
eine der wirkungsvollsten Maiäemontrationen,
die je hier abgehalten wurden — erfüllt hatte,'
wurde von einer kleinen Gruppe, die ihre egoi-
stischen parteipolitischen Ziele den gewerk-
schaftlichen Forderungen vorzog, in einer
Weise mißbraucht, die kaum zu überhiVten
war.
An diesem 1. Mai sollten — das war der
W unsch der Werktätigen — einmal nach Jah-
ren großer Wiederaufbanleistnngen in fester
Einmütigkeit mit Nachdruck die besonderen
Forderungen der Arbeitnehmer der breiten Ocf-
fcntlichkeit und vor allem der Regierung kund-
getan werden. In Aufrufen hatten die einzelnen
Verbände und die Gewerkschaftsjugend ihre
Losungen ausgegeben. Die Ordnung des Zuges
der 12 000 Kundgeber war bis ins kleinste
geregelt.
Was dann im Verlaufe des Umzuges und am
Landwehrplatz geschah,wurde entsprechend an-
geprangert. Viele der Gewerkschaftler aber ha-
ben schon damals mit aller Deutlichkeit betont,
daß sie aus diesen Erfahrungen die Lehre zie-
hen. An dem nächsten Ehrentag der Arbeit
werde man derartiges zu verhindern wissen.
Das war auch die Feststellung und zugleich
die Forderung aller gewerkschaftlich denken-
den Teilnehmer. Verschiedene durchgreifende
Maßnahmen sind bekanntlich bereits seit dem 1.
Mai zur Anwendung gekommen.
unter allen Umständen eine Lohnanglei-
chung an die gestiegenen Preise und ent-
sprechend der Leistungssteigerung bean-
sprucht, daß man aber darüber hinaus
dann unbedingt einen Preisstop erstreben
muß, um endlich zu einem befriedigenden
Ausgleich zu gelangen.
Sollte eine Sonderaktion erforderlich
sein, so wird diese — darüber besteht
volle Einmütigkeit — gemeinsam von allen
Verbänden durchgeführt.
Wenn sich seit der letzten Gewerk-
schaftsausschußsitzung vom 18. 9. durch
viele Verhandlungen mit Regierung, dem
Hohen Kommissar und den Arbeitgebern
schon einiges geändert hat, wenn gewisse
Lohnerhöhungen zugestanden wurden,
wenn weitere Lohnverhandlungen am
Gange bezw. vereinbart sind, so kann die
gewerkschaftliche Stellungnahme von
heu*e und morgen nur unter dem Gesichts-
punkt der Gesamtlage erfolgen. Die Ar-
beitnehmerschaft ist zum entschlossenen
Handeln bereit.
Weiter wurde eine Entschließung ange-
nommen (mit allen gegen eine Stimme), in
der es heißt:
Der Gewerkschaftsausschuß, zusammen-
getraten zu einer Sitzung am 27. Septem-
ber 1950, befaßte sich unter besonderer
Berücksichtigung der augenblicklichen
schweren Lohn- und Preiskämpfe und des
jetzi stattfindenden Prozesses wegen der
Vorfälle am 1. Mai in Saarbrücken ein-
gehend mit den in letzter Zeit erneut durch
Flugblätter der KPS erhobenen schwersten
Angriffe, Verleumdungen und Beleidigun-
gen gegen den Präsidenten Heinrich Wak-
ker. Der Gewerkschaftsausschuß gibt sei-
ner Entrüstung über solche Methode Aus-
druck und bezeichnet derartige Machen-
schaften als gewerkschaftsschädigend.
Der Gewerkschaftsausschuß stellt sich
einmütig hinter den Kollegen Wacker, und
er wird nicht dulden, daß durch eine ge-
wissenlose Clique der Kampf um die Bes-
serstellung der Arbeitnehmerschaft mit
derart schmutzigen Mitteln erschwert wird.
Der Gewerkschaftsausschuß wird daher
bei Fortsetzung dieser oder ähnlicher An-
griffe auf führende Kollegen und Funktio-
näre der Einheitsgewerkschaft sich Vorbe-
halten, alle Maßnahmen zu ergreifen, die
zur Erhaltung und Stärkung der Kampf-
kraft und zur Sicherung einer wirklichen
von jeder Parteipolitik freien Einheit not-
wendig sind.
Einen Antrag auf nachträgliche Aus-
schließung Paul Obermeiers wurde mit
allen gegen eine Stimme angenommen.
Der Antrag gründet sich auf einen Vor-
fall, der eine Zeitlang zurückliegt und spä-
ter ans Licht kam. Danach hat sich Paul
Obermeier eines ganz groben Mißbrauchs
in einer angemaßten Funktion schuldig ge-
macht, zudem gegenüber einem Industrie-
verband, dem er überhaupt nicht ange-
hörte. Er hat sich dabei Befugnisse an-
geeignet, die seinen Ausschluß in jeder
Beziehung rechtfertigen.
In weiteren Verhandlungen der einzelnen In-
dustrieverbände wird nun mit aller Energie
versucht werden, ein wirklich annehmbares
Gesamtresultat zu erreichen. Sollten diese Be-
mühungen fehlschlagen, dann wird — und dar-
über besteht volle Einmütigkeit — eine ge-
meinsame Aktion aller Verbände erfolgen. Es
geht darum, ein Gesamtergebnis zu erreichen,
auf das die Arbeitnehmerschaft einen unbe-
dingten Anspruch hat.
Die Lohntarife können durchaus jetzt schon
provisorisch von den einzelnen Verbänden ab-
geschlossen werden, ohne daß bereits ein Ge-
samt-Tarifvertrag besteht. Die Lohnabkommen
werden dann einfach später in den Tarifvertrag
eingebaut.
Die Lohntarifgestaltung wird je nach den
Industrieverbänden verschieden »ein müssen,
bei Metall liegt es z. B. an den Betriebsräten,
zu einer richtigen Akkordbasis für die Lohn-
gestaltung zu kommen.
Wenn für die Fertigindustrie dieselben Sätze
erreicht werden wie für die Schwerindustrie,
dann ist auch hier ein Erfolg zu verzeichnen.
(Siehe vorläufige Lohnvereinbarung bei Metall
Seite 4).
Der Bergbau, für den überhaupt noch
kein Mindestlohn, festgesetzt ist, besteht eben-
falls auf Festsetzung von Mindestlohnsätzen,
auf denen sich die Lohnhierarchie aufbauen
muß.
Was die Gewerkschaft unbedingt erwarten
muß, iBt die 6trikte Anwendung der Sofort-
maßnahmen, die die Regierung am 25. Sep-
tember 1950 beschlossen hat, besonders die
Maßnahmen auf dem Gebiete des Preisstops,
der Preisüberwachung und der Warenzurück-
haltung. Worauf wir weiter größten Wert le-
gen müssen, das sind Maßnahmen zur Erhal-
tung der Kaufkraft, um nicht bald erleben zu
müssen, daß, wenn die Löhne mühsam an die
in vielen Fällen willkürlich herabgesetzten
Preise nähergerückt sind, die Preise erneut
emporschnellen.
Mit aller Deutlichkeit geißelten die Aus-
schußmitglieder das Verhalten der kommuni-
stischen Agitatoren, wie es sich unter ande-
rem in dem neuen Flugblatt, das in vorstehen-
der Entschließung erwähnt ist, dokumentiert.
Ein derartiges schändliches Verhalten lassen
sich die Mitglieder unter keinen Umständen ge-
fallen. Entsprechend dem Beschluß wird mit
aller Energie gegen solche Methoden eingc-
schritten werden.
Zu Beginn der Sitzung hatte Kollege V arker
in ehrenden Worten des verstorbenen Kolle-
gen Willi Gerber gedacht.
Vor ernsten Entscheidungen
Von HEINRICH WACKER
Wenn Beschlüsse des Landesvorstandes
und des Gewerkschaftsausschusses der
Einheitsgewerkschaft eine entschlossene
Lohnbewegung an gekündigt haben, so
wird man gegenüber diesen Beschlüssen
in keiner Weise den Vorwurf mangelnder
Berechtigung erheben können, an Gegen-
teil darf behauptet werden, daß die Ein-
heitsgewerkschaft in der Vergangenheit
zur Vermeidung eines Wettkrufs zwischen
Deutlich sichtbare, unwiderlegliche Beweise
Foto: Reichard
Die oben abgebildeten Lebensmittel, von denen die einen täglich, die anderen von Fall
zu Fall im Haushalt Verwendung finden, kosteten noch am 15. Juli 1950 insgesamt 812,50
Frs. Für den gleichen Betrag kann die Hausfrau heute nur noch rund 75 o/o der Waren
erhalten. (Siehe die eingezeichneten Abstriche an den verschiedenen Lebensmittel). Die Preise
sind bis Mitte September derart gestiegen, daß fiir die gleiche Warenmenge statt 812.50
Frs. heute 1157.— Frs. zu bezahlen sind. Die Preissteigerungen waren bis zu dem erwähn-
ten Zeitpunkt folgende: Eier 71,2 o/o> Brot 7,6*>’o, Schweinefleisch 18,7o/o, Schmalz 79,4<Vo
Fleischwaren 49 °/o, Mehl 17,2 o/o. Dazu kommen writere Preiserhöhungen. An diesem Bei-
spiel ist zu ersehen, wie es in Wirklichkeit um die Kaufkraft der Löhne, Gehälter und Renten
bestellt ist.
I,ahnen und Preisen und im Interesse des
Wiederaufbau« der saarländischen Wirt-
schaft eine oft mehr als maßvolle Haltung
eingenommen hat, die, nachdem unsere
Forderungen nach einem gerechten Aus-
gleich zwischen Löhnen und Preisen bis-
her zu keinem befriedigenden Resultat ge-
führt haben, nicht länger beibeahlten
werden darf.
Es wird niemand bestreiten dürfen, daß
nach Anschluß des Saarlandes an den
französischen Wirtschaftsraum die Saar-
wirtsohaft kräftigen Auftrieb erhalten hat.
Aut der anderen Seite muß jedoch festga-
steilt werden, daß such dieser wirtschaft-
liche Aufschwung auch nicht annähernd
laut die Verbesserung der Lebenshaltung
der saarländischen Arbeitnehmer ausge-
wirkt hat.
Von allen Seiten wird vorbehaltlos zu-
gegeben, daß der wirtschaftliche Aufstieg
des Saarlandes nicht zuletzt auf den zä-
hen Arbeitseifer der saarländischen Ar-
beitnehmer zurückzuführen ist, die sofort
nach Kriegsende unter geradezu trostlo-
sen Lebensverhältnissen den Wieder-
aufbau in Angriff nahmen und so erst
die Voraussetzungen für das erfolgreiche
Bestehen der Saarwirtschaft auf dem fran-
zösischen als auch internationalen Markte
geschaffen haben. Der saarländische Ar-
beitnehmer ist intelligent genug, um sich
selbst über diese* Zusammenhänge ein
Bild machen zu können. Darüber hinaus
wurden sie ihm unter Ausdrücken höch-
sten Lobes oft genug bestätigt. Wer wird
es ihm also verdenken können, daß er
jetzt endlich seinen gerechten Anteil an
dem wirtschaftlichen Erfolg haben will,
da Lob allein — wie man uns hoffentlich
zugeben wird — kaum imstande ist, die
materiellen Bedürfnisse des Lebens zu
befriedigen, wenn nicht diesem Lob auch
Taten folgen.
Wenn von Arbeitgebers eite auf erheb-
liche Schwierigkeiten der Saarwirtschaft
hingewiesen wird, so wollen wir die zum
Teil berechtigten Behauptungen keines-
wegs in Abrede stellen, doch wird
man uns gestatten, die in ihrer Tendenz
nicht zu verkennenden, ungünstigen Pro-
gnosen mit der erforderlichen Skepsis zu
betrachten, da kkigen bekanntlich von je-
her zum Geschäft gehört hat und die Kla-
gen immer besonders dann aufgeklungen
sind, wenn Lohn- und Gehaltsforderungen
der Arbeitnehmer zu erwarten waren.
So hat man auch in der ersten Hälfte
dieses Jahres systematisch versucht, au!
Seite 2
September 1950
„DIE ARBEIT*1
eine kommend« Krise mit unumgänglichen
Produktionseinschränkungen hinzuweisen.
Um so durch psychologische Faktoren den
Arbeitnehmern bei den kommenden Tarif-
vertrags Verhandlungen, die nach Erlaß
&es Taxifvertragsgesetzes aut die Dauer
nicht mehr zu umgehen waren, und die
natürlich in Anbetracht des niedrigen
Lohnniveaus zwangsläufig Lohn- und Ge-
haltsforderungen bringen mußten, einen
schlechten Start zu verschaffen.
Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt
daß die gegenüber dem letzten Quartal
1949 zum Teil stockende bezw. auch rück-
läufige Bewegung der Umsätze und Auf«
träge in der Saarwirtschaft zu Beginn die-
ses Jahren in keiner Wei.se den ernsthaf-
sen Sektoren unserer Wirtschaft Engpässe
aufgetreten sind, die jedoch zum größten
ten Charakter trug, den man ihr beizumes-
sen beliebte.
Wir streiten es nicht ab, daß auf gewis-
Teil behoben werden konnten, wir hegen
auch keinen Zweifel, daß derartige Eng-
pässe auch weiterhin auftreten werden,
solange nicht die oft anarchischen Zu-
stände in der internationalen Wirtschaft
von einer sinnvollen Planung und Len-
kung abgelöst werden, doch müssen wir
uns dagegen verwahren, daß dieselben
Arbeitgeber, die bei jeder Gelegenheit auf
das von ihnen angeblich allein zu tra-
gende Betriebsrisiko hin weisen, immer
wieder versuchen, die aus wirtschaftlichen
Schwierigkeiten resultierenden Belastun-
gen ausschließlich auf den Arbeitnehmer
abzuwälzen.
Kurzsichtige Arbeitgeber
In diesem Zusammenhang kann an eini-
gen Feststellungen grundsätzlicher Natur
nicht vorbeigegangen werden: das Unter-
nehmertum appelliert nur zu gerne an die
Bereitwilligkeit der Arbeitnehmer, wenn es
gilt, Schäden der Vergangenheit zu behe-
en oder künftigen Entwicklungen Rech-
nung zu tragen, wobei man den guten
Glauben in die von ihm vorgetragenen Ar-
gumente ohne weiteres voraussetzt.
Gerade bei den Polemiken um das neu-
zuschaffende Betriebsrätegesetz hat es
»ich nur zu deutlich gezeigt, daß man
nicht gewillt ist, der Arbeitnehmerschaft
das Vertrauen entgegenzubringen, das
man von ihr gegenüber dem Sozialpart-
ner erwartet. Auf der einen Seite spricht
man ihr die Fähigkeit zur objektiven Mit-
arbeit in der Wirtschaft ab und bestreitet
aus sehr durchsichtigen Motiven heraus
ihr Kontroll- und Mitbestimmungsrecht,
auf der anderen Seite soll die gleiche Ar-
beitnehmerschaft alle Behauptungen des
Sozialpartners als bare Münze in Kauf
nehmen und natürlich auch williges Trag-
tier für alle ihr aufgebürdeten Lasten sein.
Der unbefangene Beobachter dieser Tat-
sache wird seine Verwunderung kaum
verbergen können, daß trotzdem die Ar-
beitnehmerschaft immer wieder versucht,
sich in die Lage der Gegenseite hinein-
zudenken, also den Beweis eines Verant-
wortungsgefühles erbringt, den das Unter-
nehmertum in Gestaltung des gesell-
schaftlichen Zusammenlebens nur zu häu-
fig schuldig bleibt. Mitbestimmung aut
betrieblicher und überbetrieblicher Ebene
und die Forderung nach Abschluß von Ta-
rifverträgen mit angemessenen Lohntan-
fen sind nicht voneinander zu trennen,
wenn man eine weitere Verschlechterung
der Lage des schaffenden Menschen ver-
meiden will, die zwangsläufig ein Absin-
ken der Arbeitsmoral und eine Radikali-
sierung der Massen zur Folge haben wird.
Man muß sich in der Tat wundern, daß
em Großteil der Arbeitgeber den Emst
der Lage nicht erkennt oder erkennen
will und sich immer noch einer gesunden
sozialen Entwicklung aus sehr kurzsich-
tigen Erwägungen entgegenzustellen ver-
sucht
Um die Kaufkraft
Das Feilschen um die Festsetzung des
Existenzminimums in Frankreich mußte,
so glauben wir, doch den Menschen ge-
radezu erschüttern, der es ernst meint mit
der Konsolidierung der wirtschaftlichen
Und sozialen Verhältnisse. Zwar stellen
die inzwischen erzielten Ergebnisse, die
sich im Saarland in einem garantierten
Mindeststundenlohn in Lohnzone I mit
74,10 Frs. äußern, für die schlechtest be-
zahlten Schichten der Arbeitnehmerschaft
zweifellos eine nicht unbeachtliche Lohn-
aufbesserung dar, doch muß festgestellt
werden, daß diese in keiner Weise eine
allgemeine Normalisierung der Kaufkraft
bedeutet
Wenn die Einheitsgewerkschaft seit Be-
ginn dieses Jahres die Festlegung des
Existenzminimums auf 18 500 Frs. fordert,
so befindet sie sich einmal im Einklang
mit den Gewerkschaften Frankreichs,
dann aber kann unschwer festgestellt wer-
den, daß diese Zahl auf ernsthaften Erwä-
gungen basiert und keineswegs aus der
Luft gegriffen ist.
Nach den Angaben des Statistischen
Amtes des Saarlandes lagen die Lebens-
haltungskosten der fünfköpfigen Arbeiter-
familie (Ehepaar mit drei Kindern) 1938
bei 185 RM. Um sich die gleiche Waren-
menge kaufen zu können, müßte die glei-
che Familie 195Q ein Nettoeinkommen von
Sund 24 700 Frs. beziehen, ©in Betrag, der
bei Festlegung des Existenzminimums auf
18 500 Frs. unter Berücksichtigung der Fa-
milienunfcerstützung Ln Höhe von 6200 Frs.
gerade im Bruttoeinkommen erreicht wer-
den würde, das heißt aber mit anderen
Worten, daß das von den Gewerkschaf-
ten gefordert« Existenzminimum noch ca.
1600 Frs. unter dem den Verhältnissen
Leistungssteigerung, Preise und Löhne
Giunds&tzliche Stellungnahme aut der Großkundgebung in Homburg
In einer Großkundgebung der Einheits-
gewerkschaft am Freitag, dem 15. 9., im
Saalbau in Homburg wurde die breit«
Oeffentlichkeit über den Standpunkt deT
Gewerkschaft und die notwendigen Maß-
nahmen in der augenblicklichen ernsten
Situation unterrichtet. Noch nie hörte man
so oft wie heute aus den Kreisen der
Schaffenden und der inaktiv gewordenen
Arbeitnehmer, der Rentner, so heftige Vor-
würfe gegen die zuständigen Stellen, be-
sonders gegen die Arbeitgeber, wie m
der letzten Zeit. Man fragt sich, wie di©
besitzende Schicht es fertig bringt, sich so
gleichgültig gegenüber den Lohnforderun-
gen zu verhalten und wie die Unternehmer
dazu kommen, aus dem Mehrwert den
Schaffenden die gerechten Löhne und Ge-
hälter vorzuenthalten.
In eindringlicher Weise führte Kollege
Wacker den Anwesenden das Gesamt-
bild vor Augen. Die vielsagenden Darle-
gungen gipfelten in der Feststellung, daß
die Regierung und alle Knete© zwar di©
großen Wiederaufbauleistungwn und di©
rettende Tat der Arbeitnehmerschaft an
„Die am 15. September 1950 im Saalbau
zu Homburg versammelten Mitglieder der
Einheitsgewerkschaft des Kreises Hom-
burg stellen fest, daß durch, die völlig
ungerechtfertigten Preissteigerungen der
Güter des notwendigsten Lebensbedarfes
die Lage der Arbeitnehmerschaft sich in
den letzten Wochen in nicht mehr erträg-
lichem Ausmaße verschlechtert hat
Die Versammelten erklären mit aller Ent-
schiedenheit, daß sie nicht länger gewillt
sind, einer Entwicklung tatenlos zuzuse-
hen, die letzten Endes zu einer Verelen-
dung der breiten Massen führen muß. Die-
se Entwicklung kann um so weniger hin-
genommen werden, als die Saarwirtschaft
seit dem wirtschaftlichen Anschluß dank
der unentwegten Bemühungen des schaf-
fenden Menschen an der Saar, der untetr
schwierigsten Lebensbedingungen nach
der Katastrophe des 2. Weltkrieges den
Wiederaufbau seiner Arbeitsstätte in An-
griff nahm, einen vorher nie geahnten Auf-
schwung nahm, der eine entschiedene
Besserung der sozialen Lage gestalt»!
hätte.
Demgegenüber stellen die Teilnehmer an
der Kundgebung fest, daß trotz der aner-
kennenswerten Bemühungen der Einheits-
gewerkschaft und ihrer Industrie verband«
die Löhne und Gehälter kaufkraftmäßig
noch um 25 bis 3ö o/0 hinter dem Stande
der Vorkriegszeit zurückgeblieben sind
und entnehmen daraus den Willen de« lin-
der Saar anerkennen, daß aber weder aus
dieser Erkenntnis noch aus der der Preis-
steigerungen die notwendigsten Konse-
quenzen bisher gezogen wurden, nämlich
Lohnangleichung bezw. Preisstop und Ver-
ständnis für die gewerkschaftlichen For-
derungen auf verantwortliche Mitbestim-
mung.
Die Preissteigerungen seien längst ein-
getreten, bevor von Lohnerhöhungen ge-
sprochen worden sei. Man könne daher
heute nicht einfach von der sogenannten
ewigen Lohn- und Preisschraube reden.
Viele Geschäftsleute müßten übrigens em
Interesse an einer guten Kaufkraft der
Schaffenden haben, da sie ja davon pro-
fitieren wollten. Auch solle man mehr da-
ran denken, daß von einer anständigen
Bezahlung schließlich auch die Schaffens-
freude abhängig sei. Der Sozialetat sei im
Saarland zwar hoch, aber die Regierung
müsse infolge der trostlosen Lage vieler
Rentenempfänger erneut eingreifen.
Die Forderungen, die Kollege Wacker
erläuterte, wurden in nachstehender Ent-
schließung niedergetegt.
ternehmertums, die Lasten für die Besei-
tigung der Kriegsschäden und für di«
Weiterentwicklung der Saarwirtschaft al-
lein auf die Schultern der saarländischen
Arbeitnehmerschaft abzuwälzen. Mit Ent-
rüstung konstatieren die Arbeitnehmer des
Kreises Homburg, daß die gleichen Un-
ternehmer unter der Behauptung, das Be-
triebsrisiko allein zu. tragen, sich mit alLer
Entschiedenheit dem Recht der Arbeitneh-
mer auf Mitbestimmung in Betrieb und
Wirtschaft widersetzen.
Die Versammelten begrüßen die Initia-
tive des Gewerkschaftsausschusses und
erklären sich mit seiner Resolution vom 4.
September 1950 solidarisch, die fordert:
1. Festsetzung des Existenzminimums ge-
mäß unserer Forderung vom 28. Fe-
bruar 195Q auf 18 500.— Frs.
2. Endgültige Beseitigung der bestehen-
den Lohnzoneneinteilung gemäß un-
serer wiederholt an die Regierung des
Saarlandes und das Hohe Kommissa-
riat gerichteten Eingaben.
3. Die von den einzelnen Industriever-
bänden der Einheitsgewerkschaft ab-
geschlossenen Lohnvereinbarungen zu
kündigen und umgehend neue Ver-
handlungen zum Zweck der Erhöhung
der Löhne und Gehälter aufzunehmen.
4. Der Landesvorstand wird beauftragt,
mit der Regierung des Saarlandes un-
verzüglich Verhandlungen cruf Zunah-
men betr. Anpassung der laufenden
Versorgungsbezüge der Pensions- und
Renetnempfänger, der Witwen und
Waisen entsprechend der eingetrete-
nen Verteuerung.
5. Bis zur Veröffentlichung einer diesbe-
züglichen Verordnung über die Erhö-
hung der Versorgungsbezüge eine Er-
höhung der Renten ab 1. August 195Q
kung für alle Versorgungsberechtigten
vorzunehmen.
Die Versammlung verlangt vom Ge-
werkschaftsausschuß und Landesvorstand
und von allen Industrieverbänden, in ih-
rem Kampfe um die Besserung der sozia-
len Lage an der Saar nicht zu erlahmen
und erklärt ihre vorbehaltlose Bereitschaft
sich geschlossen in verantwortungsbe-
wußtem Kampfgeiste hinter die Einheits-
gewerkschaft zu stellen zum Wöhle der
gesamten Arbeitnehmerschaft und damit
der gesamten Bevölkerung an der Saar."
Kollege Rauch brachte an Hand von
Zahlenangaben den Beweis, daß in vielen
Fällen Lohnerhöhungen durchaus nicht
Preissteigerungen im Gefolge haben müs-
sen. Er verwies besonders auf die enor-
men Leistungssteigerungen bei gleichge-
bliebener Belegschaft und auf die Gewinn-
spannen, die durchaus eine Verminderung
erfahren können, auch ohne daß Inve-
stierungen usw. darunter leiden.
Die Kundgebung hatte den aufmerksa-
men Zuhörern einen klaien Ueberblick
über die gegenwärtige Lage verschafft,
sie ferner auf die Fordterungen der Ge-
werkschaft aufmerksam gemacht, ihnen
die Begründungen dar gelegt und war so
zu einer überaus nutzbringenden Aufklä-
rung geworden, die nur von jedermann zu
begrüßen war, angesichts des Auftakts
zur grundsätzlichen Lohnregelung für das
ganze Saarland. Die Funktionäre der Ge-
werkschaft, die vom Vertrauen dter Mit-
gliedschaft getragen sind und die schon
manche Lohnbewegung aktiv und führend
mitgemacht haben, wissen sehr wohl, was
zu tun und zu lassen ist, um im Interesse
der Arbeitnehmerschaft wirklich etwas
Positives zu erreichen und diese tatkräf-
tig zu vertreten. Es gab aber auch noch
einige andere Leute im Saale, die keine
Verantwortung zu tragen haben und de-
nen es auf eine Störung und Hemmung
mehr oder weniger nicht anzukommen
scheint. Die kommunistischen Störungs-
versuche, die mehrmals einsetzten, ob-
wohl die Kundgebung offiziell geschlos-
sen war, dürften ihre Urheber zwar nicht
befriedigt haben, aber viele Kundgebungs-
teilnehmer haben sich gefragt, wie lange
die Disziplin und Besonnenheit der über-
großen Mehrheit noch ausgenutzt, ja miß-
braucht vie'rd ensorT
Resolution
von 1938 an ge paßten Lebensbedarf liegt.
Die Festlegung d©3 Existenzminimums auf
monatlich rund 16 000 Frs. ln Lohnzone I
bei 48stündiger Arbeitswoche unterschrei-
tet demgegenüber die Vergleichszahl von
1938 um 16 o/o.
Ganz abgesehen voin der unzulänglichen
Hohe des neu festgelegten Existenzmini-
mums muß jedoch die Tatsache beson-
ders bedenklich stimmen, daß die Erhö-
hung ohne direkte Auswirkung auf die un-
bedingt erforderliche Hierarchie der
Löhne und Gehälter bleibt und somit eins
gefährliche Egalisierung dar Lohneinkom-
man ohne Rücksicht auf die Qualifika-
tion des einzelnen bedeutet, was natur-
gemäß jedem Leistungswillen des Arbeit-
nehmers äußerst abträglich ist.
Was ist also naheliegender, als daß die
Einheitsgewerkschaft mit allem Nachdruck
die sofortige Aufnahme von Tarifvertrags-
Verhandlungen fordert, in denen endlich
mit der altbekannten Verschleppungstak-
tik Schluß gemacht wird. Wenn wir di©
Forderung nach einer Individuellen Lohn-
gestaltung über Tarifverträge erheben, so
verstehen wir darunter auf der einen Seite
Lohntarife, die den Verhältnissen in den
verschiedenen Sektoren der Wirtschaft an-
gepaßt sind und auf der anderen Seite
der Leistungsfähigkeit des einzelnen weit-
gehend Rechnung tragen.
Wir haben bereits die isolierte Festle-
gung des Existenzminimumsh einer ein-
gehenden Kritik unterzogen, möchten aber
in diesem Zusammenhang ausdrücklich
betonen, daß das Existenzminimum mir
als Mindestbasis, auf der die übrigen
Lohnkategorien aufbauen, eine wirklich
sinnvolle Festlegung bedeuten kann. An-
ders ausgedrückt, wenn kein Hilfsarbeiter
in der Lohnzcne 1 unter 74,IQ Frs. entlohnt
werden darf, dann dürfte die untere Gren-
ze des Facharbeiterlohnes der ersten Stufe
mit dem Koeffizienten 140 nicht unter
103,74 Frs. liegen. Wie bei der Kritik zum
Existenzminimum muß jedoch auch hier
ausdrücklich darauf hingewiesen werden,
daß auch eine Lohnskala, die auf dem
heute festgelegten garantierten Mindest-
lohn aufbaut, immer noch keine Normali-
sierung der Kaufkraft bedeutet, demnach
höchstens als erste Etappe in den kom-
menden Lohn Verhandlungen betrachtet
werden kann, über die in den einzelnen
Berufszweigen durch individuelle Gestal-
tung auf schnellstem Wege hinauszustre-
ben ist. Zur Wiederherstellung dar Kauf-
kraftparität mit 1938 müßte das durch-
schnittliche Monatseinkommen des saar-
ländischen Arbeiters bei 24 600 Frs. lie-
gen, das heißt also, daß der Facharbeiter
erster Stufe, der aufbauend auf den ga-
rantierten Mindestlohn entlohnt würde,
noCh rund 2200 Frs. unter dem Lohnniveau
von 1938 liegen würde — und das in der
höchstbezahlten Lohnzone I —, da ein
Stundenlohn von 103,74 Frs. bei 48stün-
diger Arbeitswoche einen Monatslohn von
nur 22 400 Frs. ergibt.
Zur Entwicklung der Preise und Löhne
Die auf Drängen der Gewerkschaften
mittlerweile in einigen Wirtschaftszweigen
erreichten Lohnaufbesserungen bewegen
sich zwischen 5 und 20 o/o auf den Grund-
lohn, dürften also bei einer Effekdv-
Lohnerhöfrung liegen, die im Durchschnitt
7 bis 8 o/o nicht überschreitet, so daß das
Gesamtlohniiivecru Immer noch um 25 bis
30 o/o kaufkraftmäßig hinter der Friedens-
höhe zurückgeblieben ist. Ganz abgese-
hen von der Tatsache, daß eine ganze
Reihe von Wirtschaftszweigen von diesen
Lohnerhöhungen nicht berührt werden,
kann man trotz der anzu erkennenden Be-
mühungen unserer Industrieverbände von
einer zufriedenstellenden Entwicklung der
sozialen Verhältnisse auch nicht annä-
hernd sprechen, zumal die Entwicklung
der Preise ganz besonders In den letzten
Wochen eine stark ansteigende Tendenz
zeigt Darüber können auch die Ermittlun-
gen des Statistischen Amtes des Saar«
landes, die für den Monat August ein«
Steigerung der Lebenshaltungskosten von
nur 1,3 o/o gegenüber dem Vormonat fest-
ßteilen, nicht hinwegtäuschen.
Ohne die Richtigkeit der Zahlenangaben
im einzelnen anzweijsln zu wollen, müs-
sen wir jedoch feststellen, daß die Stati-
stik die tatsächliche Wirkung der inzwi-
schen auf getretenen Preiserhöhungen ver-
schleiert.
Die saisonbedingte und in diesem Jahr
durch dis sehr reiche Ernte besonders in
Erscheinung tretende Senkung der Prei-
se für einen Teil dier agrarischen Produk-
te, die ohne Zweifel einen nur vorüber-
gehenden Charakter trägt, eliminiert in
der Statistik das ganz erhebliche Anzie-
hen der Preise für alle übrigen Nahrungs-
mittel und auch ganz besonders für alle
Gegenstände der Bekleidung, das in un-
l&ich höherem Maße die Lebenshaltungs-
osten auf das nachhaltigste ungünstig
‘ beeinflußt.
Daß diese Symptome den Gewerkschaf-
ten hinreichend Anlaß geben, eine ener-
gische Lohnbewegung in Gang zu setzen,
dürfte nur zu verständlich »ein. Man wird
auch den Gewerkschaften di« Behauptung
kaum widerlegen können, daß eine Lohn-
erhöhung bei richtiger Lenkung der Wirt-
schaft keineswegs zu einem Ingangsetzen
der Lohn-Preisspirale führen muß und daß
die angestrebte Lohnerhöhung durchaus
aus den Gewinnen der Wirtschaft getra-
gen werden kann, zumal der wirtschaftli-
che Aufschwung in den Jahren 1948 und
1949 nach menschlichem Ermessen auch
künftig noch anhalten wird.
Engste Zusammenarbeit
Die Industrieverbände setzen deshalb
ihre Bestrebungen um eine Verbesserung
der Kaufkraft der Arbeitnehmerschaft mit
Nachdruck fort, Bestrebungen, die ihr Ziel
erst in der Schließung der Lohn-Preis-
schere sehen können. Sie sind sich aus-
nahmslos darüber klar, daß hierzu eng-
ste Zusammenarbeit auf dem breiten Bo-
den der gesamten Einheitsgewerkschaft
erforderlich ist. Der Will« zu dieser en-
gen Zusammenarbeit wurde von den füh-
renden Funktionären der Einheitsgewerk-
schaft eindeutig bekundet. Nicht zuletzt
hängt aber die Wirksamkeit dieses Wil-
lens von der Haltung der gesamten Ar-
beitnehmerschaft ab, für die es gilt, »ich
in der Gewerkschaft zusammenzuschLe-
ßan und sie zu dem Machtfaktor zu ma-
chen, dem auf die Dauer keine unüber-
windlichen Widerstände entgegengesetzt
werden können.
Zusammenfassend möchte ich feststel-
len : Trotz dem wirtschaftlichen Auf-
schwung im Saarland ist die Lage der
Arbeitnehmer und in ganz besonderem
Maße der Rentner nach wtle vor äußerst
unbefriedigend und hat sich gerade in den
letzten Wochen durch die ungerechtfer-
tigten Preissteigerungen noch erheblich
verschlechtert. Wir sind als Einheitsge-
werkschaft nicht gewillt, dieser Entwick-
lung länger tatenlos zuzusehen, einer Ent-
wicklung, durch die das soziale Unrecht
immer größere Ausmaße annimmt und in
der alle die Grundsätze wieder oberstes
Gesetz zu werden droben, welche in der
Vergangenheit di« tieferen Ursachen des
Zusammenbruches waren. Wir sind uns
der vollen Verantwortung der Gemein-,
schaft gegenüber bewußt, müssen aber,
nachdem alle Bemühungen der Gewerk-
schaften bis heute auf friedlichem Wege
zu einem befriedigenden Ergebnis nicht
geführt haben, die Kreise, die es angeht,
darauf aufmerksam machen, daß die Bei-
behaltung des von ihnen bis jetzt einge-
nommenen Standpunktes Folgen zeitigen
muß, die von keiner Seite gewünscht wer-
den können.
Diese Ausführungen wurden am vorvetv
gangenen Sonntag im Saarbrücker Rund-
funk verbreitet,^
September 1950
DIE ARBEIT**
Seite 3
•i
lüacum es q&fdl
Bi« Sitzung des Geweiftscr af*sausschusses und det I.V.-Vorstände vom 18. September 1950
Der Gewerkschaftsausschuß und zu-
gleich die Vorstände der einzelnen Indu-
strieverbände der Einheitsgwerkschaft
traten am 18. 9. 1950 im Gewerkschafts-
haus in Saarbrücken zusammen. Jeder
wuß e, worum es ging. Getragen von ecn-
tem Verantwortungsgefühl für die Gemein-
schaft, galt es, über c’ie Frage zu entschei-
den, ob der soziale Friede noch aufrecht-
zuerhalten ist. Es kam aber in dem Ge-
dankenaustausch und in den nachfolgen-
den Beschlüssen die unbedingte Notwen-
digkeit zum Ausdruck, in Anbetracht des
katastrophalen Absinkens der Kaufkraft
der Löhne, Gehälter und Renten, alle Vor-
bereitungen zum Handeln zu treffen und
unter Umständen den äußersten Kampf zu
führen.
Um zu einem Sammel- und Ausgangs-
punkt für die Erörterungen des Gremiums
za gelangen und um konzentrisch ohne
Zeitverlust, klare Beschlüsse zu erzielen,
gab Ko lege Wacker nach Eröffnung der
Sitzung einen Bericht, wobei er besonders
auf die in den letzten Wochen und Tagen
stattgefundenen Verhandlungen und Be-
sprechungen zur Lohn- und Preisfrage hin-
wies. Mit aller Klarheit war zu erkennen,
daß die Einheitsgewerkschaft sich die
groß e Mühe gegeben hat, die zuständigen
Stellen rechtzeitig auf die jetzt eingetre-
tene Entwicklung aufmerksam zu machen.
Sie hat auch rechtzeitig Gegenmaßnah-
men gegen die Teuerungswelle verlangt
und die notwendigen Lohnerhöhungen im
einzelnen begründet.
Die Gründe für die Lohnforderungen
sind vor allem in den höheren Preisen
bedingt, aber auch in den bedeutend ge-
stiegenen Leistungsergebnissen der saar-
ländischen Arbeitnehmerschaft.
Die einzelnen Industrie verbände haben
nun die Möglichkeit, die Lohngruppenein-
teilung unter Beachtung der ehemaligen
alten Tarifverträge wie vor 1935 wieder
durchzuführen, die seinerzeit auf Grund
langjähriger Erfahrung ausgaarbeitet wor-
den sind, so daß entsprechend den Lei-
stungen der Ärbeitnehmergruppen die Ta-
rifgruppen aufgebaut werden und somit
der Streit zwischen Ungelernten, Ange-
lernten und Facharbeitern hoffentlich be-
seitigt werden kann. Es wird im einzel-
nen festzustellen sein, wie weit eine Ein-
stufung nichtvollwertiger Kräfte stattfin-
den soll. Wo es zu keiner Einigung kommt,
müssen wir die Schlichtungsinstanzen an-
rufen und eine Entscheidung des Schlich-
ters herbeiführen.
Kollege Wacker legte die Notwendigkeit
dar, unbedingt für eine technische Verbes-
serung der saarländischen Fabrikanlagen
besorgt zu sein, um mit der Konkurrenz
Schritt halten zu können. Unter diesem
Gesichtspunkt sei für die Arbeitnehmer-
schaft auch der Schuman-Plan und die
Marshallkredite zu betrachten. Ohne um-
fangreiche Kredite käme unsere Produk-
tion ins Hintertreffen. Bisher sei es durch-
weg so gewesen, daß die Arbeitnehmer
gewissermaßen allein durch den Mehr-
wert, den sie schaffen, für dfe ganze In-
vestierung aufzukommen hatte, käme
Marshall-Geld in nennenswertem Ausmaß,
dann könnte das Lohnvolumen auch von
dieser Seite her günstig beeinflußt werden
und die Wirtschaft hätte dann immer noch
die Möglichkeit, ihre Verpflichtungen ge-
genüber dem Marshall-Plan im Laufe von
Jahren zu erfüllen. Ohne Marshall-Hilfe
müßte aber auf Kosten der Gesamtpro-
duktion mit dem von uns erarbeiteten
Geld die Wirtschaft aufgebaut werden.
Wir müssen auf die Hereinnahme der Mar-
shall-Gelder daher einen maßgebenden
Einfluß in Paris erhalten und als Gewerk-
schaft ein ernstes Wort bei dem Schuman-
und Marshall-Plan mitzureden haben. Nur
die rentabelsten Betriebe haben Aussicht,
bei der Verteilung der Gelder berücksich-
tigt zu weiden. Die anderen Betriebe wer-
den dann ihre Leistungsfähigkeit und da-
mit Existenzmöglichkeit verlieren. Hierbei
ist auch die außerordentlich starke Bela-
stung unseres Sozialetats zu beachten.
Wir werden nicht eher ruhen, bis das
krasse Mißverhältnis zwischen Löhnen,
Renten und Preisen beseitigt ist. Der Au-
genblick erfordert große Aufmerksamkeit,
genaue Sachkenntnis und vor allem So-
lidarität
Kollege Rauch stellte fest, das Ver-
antwortungsgefühl der Arbeitgeber habe
einen katastrophalen Tiefstand erreicht.
Die jetzige Auseinandersetzung müsse dfe
Einheitsgewerkschaft zu einem noch stär-
keren Machtfaktor machen. Die gewerk-
schaftliche Idee müsse aber auch in den
Betrieben richtig interpretiert werden.
In der Aussprache wurden die Erfahrun-
gen der Funktionäre ausgetauscht. Das
Verhalten der Arbeitgeber wurde scharf
unter die Lupe genommen. Durch ihr Ver-
halten in bezug auf die Feiertagsbezah-
lung und die festgelegten Mindestlöhn«
hätte sich ein Teil von ihnen als Unruhe-
stifter und Gesetzesverächter entlarvt.
Auch sei festzustellen, daß ein Teil von
ihnen sich aus Leuten zusammensetzt, dfe
das Geschäftemachen einer produktiven
Arbeit vorziehen. Sie klagen ständig übeT
schlechten Geschäftsgang. Eine Rückkehr
in die Betriebe als Arbeitnehmer weisen
sie weit von sich.
Durchweg wurde betont, daß es nun kei-
nen Zweck mehr hat, von Außenstehen-
den immer nur die Arbeitnehmer zur Be-
sonnenheit und zur Aufrechterhaltung des
sozialen Friedens ermahnen zu wollen. Dfe
Arbeitnehmer kennen ihre Verantwortung,
sie kennen auch die wirtschaftlichen Zu-
sammenhänge und die augenblicklichen
Probleme der Weltpolitik und der Welt-
wirtschaft. Sie kennen aber auch die
Möglichkeiten einer richtigen Kreditpoli-
tik und einer Export- und Importpolitik
und wünschen auch eine schnelle Hand-
habe der Gesetze, um der katastrophalen
Preispolitik wirksam zu begegnen.
Die Sitzung hat gezeigt, daß dfe Ver-
bände einheitlich zusammenstehen und
gewillt sind, für die Rechte der Arbeitneh-
merschaft das Aeußerste einzusetzen. Es
wird sich jetzt zeigen, daß dfe Gewerk-
schaft mehr ist als lediglich eine Organi-
sation. Sie ist eine Zusammenfassung
selbstbewußter Menschen, die zum Kampf
entschlossen, auch den Erfolg garantieren
kann.
Beschluß der Konferenz
„Die am 18. September 1950 in d«
Brauerstraße zu Saarbrücken versammel-
ten Vorstände der Industrieverbände der
Einheitsgewerkschaft erkennen die Fest-
stellung des Gewerkschaftscrusschusses
vom 4. September 1950 in vollem Umfange
an una erkiäreu sich mit den Forderun-
gen des Gewerkschaftsausschusses soli-
darisch.
Darüber hinaus stellen die Industrie ver-
bände fest, daß der neufestg siegte ga-
rantierte Mindeststundenlohn von 74.10
Franken ln der Lohnzof’e I keine Norma-
lisierung der Kaufkraft bedeutet, ganz b e-
sonders deshalb, weil weite Kreise der
Arbeitnehmerschaft nicht unter diese Re-
gelung fallen.
Die versammelten Vorstände fordern
deshalb Ausdehnung des von der Regie-
rung festgelegten Existenzminimums auf
alle Berufsgruppen. §ie verlangen weiter-
hin, daß die Arbeitgeberverbände noch in
dieser Woche die Verhandlungen über die
von den Industrieverbäden eing er eichten
Ein ernstes Wort in ernster Stunde
In einem Flugblatt wendet «ich die Ge-
werkschaft in diesen Tagen an die Unor-
ganisierten. Die Fortschritte, die der jahre-
lange schwierige Kampf der Gewerkschaf-
ten für die gesamte Arbeitnehmerschaft er-
rungen hat, müßte echon Anlaß gewesen
sein, daß kein Arbeitnehmer mehr abseite
der Organisation steht, wie er ja auch nicht
abseits steht, wenn es gilt, die ohne sein
Zutun, sondern durch die Anstrengungen
«einer Kameraden errungenen Vorteile in
Anspruch zu nehmen.
Die jetzige Situation hat di« Gewerkschaft
veranlaßt, erneut an die Unorganisierten zu
appellieren. Es wäre sehr wünschenswert,
wenn die organisierten Kolleginnen und
Kollegen auf Grund der Feststellungen des
Flugblattes an die Unorganisierten ange-
sichts der besonderen Situation einmal he-
rantreten. In usm Flugblatt heißt es unter
dem Titel „Eia ernstes Wori in ernster
Stunde":
Der Lohnkampf der organisierten Arbeitneh-
merschaft des Saarlandes ist in ein entschei-
dendes Stadium getreten.
Die willkürlichen Preisteigerungen erschüt-
tern mehr denn je die Existenzgrundlagen des
schaffenden Menschen.
^ur(‘h die für breiteste Volksschichten un-
erträglich gewordene Lage sahen sich die In-
dustrieverhände aller Berufsgruppen veranlaßt,
Lohn- und Gehaltsfordernngen einnntttben
und umgehend Verhandlungen mit den Arbeit-
geberorganisationen zu fordern.
Die Gewerkschaften sind sioh bewußt, daß
sie vor grundsätzlichen Entscheidungen stehen
und werden auch nicht vor den letzten Kampf-
mitteln zurückschrecken.
Je einiger in dieser Stund« di* Arbeitneh-
merschaft, desto näher und größer der Er-
folg.
Das in den Syndikaten und Arbeitgeberver-
bänden restlos r.usaramcngeschlossene Unterneh-
mertum rechnet bei den bevorstehenden Klmp-
fen in erster Linie mit den unorganisierten
Arbeitnehmern I
Kolleginnen! Kollegen! Soll die Rechnung
der Arbeitgeber aufgehen, daß Ihr in dieser
ernsten Stunde, in der es auch um Eure und
die Existenz Eurer Familie geht, Euren orga-
nisierten Kollegen in den Rücken fallen wer-
det? Seid Ihr Euch darüber klar, daß Ihr Euch
damit selbst Euer Grab schaufelt?
4
Wir wissen es, Ihr wollt nicht die Achtung
vor Euch selbst verlieren, Ihr wollt auch nicht
die Achtung Eurer Kollegen verlieren, die mit
Euch arbeiten im Schacht, in der Werkstatt, am
Hochofen, auf dem Bau oder im Büro!
KolleginnenI Kollegen! Unser Kampf ist Euer
Kampf!
Ihr dürft nicht länger abseits stehen! Schließt
Euch Euren organisierten Kollegen an, werdet
noch heute Mitglied Eurer gewerkschaftlichen
Organisation, der
Einheitsgewerkschaft der Arbeiter,
Angestellte« und Beamten
des Saarland:#.
Forderungen auf nehmen und daß diese
Verhandlungen einer befriedigenden Lö-
sung zugeführt werden, die den Forde-
rungen der Einheitsgewerkschaft ent-
spricht.
Sollten die Verhandlungen nicht zu den
gewünschten Resultaten fuhren, so ist der
Gewerkschaftsausschuß in seiner Sitzung,
die für Mittwoch, den 27. September 1950,
festgelegt wurde, beauftragt und berech-
tigt, alle erforderlichen Maßnahmen zu
ergreifen.“
An unsece £eser'
Di* Herausgabe dieser Nummer wurde um
einige Tage verzögert, um die Mitglieder so-
fort von dem wichtigen Beschluß der Sitzung
des Gewerkschaftsausschuscss vom Mittwoch,
den 27. September, in Kenntnis setzen zu kön-
nen.
Erfolg der Einheit
Bauarbeiter in der Bundesrepublik erkämpfen höhere Löhne
In der letzten Ausgabe berichteten wir
über die Streikbewegung unter den Bauar-
beitern in verschiedenen Gebieten der Bun-
desrepublik Die Streiks haben durchweg zu
einem klaren Erfolg der Bauarbeiter geführt
Manches aus der Darstellung in „Der Weit
der Arbeit“ in dieser Streikbewegung und
ihrem Ausgang kann eine wertvoll» Nutz-
anwendung auch hier ergeben.
„Der Erfolg ist nicht in Zahlen auszu-
drücken. Denn nicht darauf kommt es an,
ob die Ausgangsforderung der Bauarbei-
ter nach einer Lohnzulage von 0,20 DM
je Stunde erreicht wurde, oder ob es in
Schleswig-Holstein nur 0,10 DM und im
übrigen Bundesgebiet außer Bayern 0,14
DM je Stunde waren, die schließlich erzielt
wurden. In freien Ländern enden alle
Lohnkämpfe mit irgendeinem Kompromiß.
Nur in Diktaturen, also jetzt auch m Ost-
europa, werden Löhne diktiert, und das in
der Regel zu Lasten der Arbeiter.
Halten wir fest: Die Unternehmer hatten
nicht die geringste Neigung zu irgendwel-
chen Lohnzugeständnissen. Ihnen ging es
um die Sicherung eines Unternehmerpro-
fits, wie er selbst in den hochkapitalisti-
schen Staaten des Westens, besonders in
den USA, nicht mehr üblich ist. Dort hat
man sich daran gewöhnt, die Massen der
Arbeitnehmer an den Früchten einer bes-
seren Konjunktur und an den größeren Er-
trägen einer erhöhten Wirts chaftlichkeit
teilnehmen zu lassen.
Die große Spanne zwischen der Lebens-
haltung in Deutschland und derjenigen in
anderen modernen Industriestaaten ist
das Ergebnis der auf den Lohnstop ge-
richteten Politik deT Unternehmer. Besei-
tigt ist diese Spanne auch durch den
Schiedsspruch im Baugewerbe nicht.
Bis zu dem Tage jedoch, wo die Bau-
arbeiter Frankfurts in den Streik traten.
hatten die Unternehmer geglaubt, machen
zu können, was sie wollten. Sie rechneten
dabei auf ihre Helfer in den Aemtem, und
schließlich rechneten sie mit dem Heer
der Unorganisierten.
Aber alles das hat nichts geholfen. Wo
die Massen der Arbeitnehmer wohlorgam-
sieri una diszipliniert auftreten, da gibt es
keine Untemehmerwillkür, die ihnen auf
die Dauer gewachsen wäre.
Das haben die Bauarbeiter bewiesen.
Alle anderen Arbeitnehmer werden ihr
Beispiel sich vor Augen halten. Tausende
von bisher Unorganisierten haben sich in-
zwischen der Gewerkschaft Bau, Steine
und Erden angesch ossen. Hunde, ttausen-
de, Millionen derer, die noch abseits ste-
hen, werden jetzt erkennen müssen, daß
die Gewerkschaften mehr sind als das,
was ihnen angedichtet wird. Sie sind mehr
als eine Organisation. Sie sind Inhalt und
Ausdruck einer Bewegung, die nun auch
in Westdeutschland emeut den Kampf
aufeenommen hat mit dem Ziele der Be-
freiung des arbeitenden Menschen von
willkürlicher Ausbeutung. In den Vor-
stellungen der Unternehmer und ihrer An-
wälte in der Regierung, man könne mit
den Löhnen Zwangswirtschaft treiben, die
Preise aber beliebig in die Höhe gehen
lassen, ist eine Bresche geschlagen. Die-
ser moralische Erfolg des Streiks ist viel
größer als der materielle. Mögen die im
anderen Lager die Gewerkschaften nur
hassen — man hat sie gelehrt, dfe Kraft
der organisierten Arbeitnehmer zu fürch-
ten.
Es scheint, daß es dazu höchste Zeit
war* Höchste Zelt aber ist es bestimmt,
daß alle Arbeitnehmer elnsehen, daß in
den Gewerkschaften ihre wahre Stärke
liegt. ss
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Seite 4
September 1950
„DIE ARBEIT«*
t Abschied von Willi derber f
Am Sonntag» dem 24. September, wurde Kollege Willi Gerber zu Grabe getragen.
Neben den Angehörigen gaben Vertreter von Behörden, des öffentlichen Lebens und der
Organisationen der Gewerkschaft, sowie Freude und Kameraden des Verstorbenen aus der
engeren und weiteren Heimat dem Toten von Elversberg zum Friedhof in Friedrichsthal
das letzte Geleit.
Für viele der Leidtragenden war die Teilnahme nicht nur eine Ehrenpflicht, sondern
zugleich der Ausdruck besonderer Dankbarkeit. Kollege Gerber hat den schaffenden Men-
schen an hervorragender Stelle in jahrzehntelanger unermüdlicher gewerkschaftlicher
\rbrit mit letzter Hingabe gedient. Das vielsagende Worts „In den Sielen gestorben“
trifft auf ihn zu. Dies kam aueh zum Ausdruck in der Grabrede des Kollegen Anton
Heugel und bei den Kranzniederlegungen des Gewerkschaftsausschusses und der Indu-
strieverbände. Keine Unbequemlichkeit, selbst keine persönliche Gefahr konnten ihn da-
von abbringen, den Aufgaben, vor die er sich gestellt sah, unbeirrt nachzugehen.
Schon 1908 kam er zur Gewerkschaftsbewegung, und kaum 20 Jahre alt, wurde er
Vorsitzender im Zentralverband der Glasarbeiter, Ortsgruppe Fricdrichsthal. Seine Er-
folge für die Arbeiterinteressen brachten es mit sich, daß ihm die Geschäftsführung für
den Fabrikarbeiterverband und den Verband für die keramische Industrie übertragen
wurde. Nach 1933 hatte er, seines Postens enthoben, schwere Zeiten durchzustchen. Als
dann 1945 der Wiederaufbau der Arbeitnehmerorganisationen begann, leistete auch Willi
Gerber, erfahren und zielbewußt, voller Tatkraft einen hervorragenden Beitrag. Ein ein-
heitliches Vertrauen berief ihn alsbald zum Geschäftsführer der beiden Verbände I.-V.
Fabrikarbeiter und I.-V. Leder und Bekleidung. Lange Jahre war er Mitglied des Haupt-
vorstandes und des Gewerkschaftsausschusses. Die Erkenntnis von der Notwendigkeit der
Einheit stellte er klar in den Vordergrund. Für alle, besonders für die junge Genera-
tion, wird sein vorbildliches Wirken lebendig bleiben.
Die Forderungen der Eisenbahner
Auf einer Sitzung des Verbandsbeirates des
I.-V. Eisenbahn nahm dieser in eingehenden
Diskussionen zur Lohn- und Preisbewegung
Stellung. Die Forderungen sind in nachfolgen-
der Entschließung festgelegt:
„Der Verbandsbeirat des I.-V. Eisenbahn er-
klärt :
1. Die von der Organisationsleitung des I.-V.
Eisenbahn dem Verwaltungsrat der SEB ein-
gereichtcn Forderungen betreffend die Perso-
nal- und Gehaltsordnung entsprechen nicht nur
dem Wollen des größten Teils des Eisenbahn-
personals, sondern tragen auch Rechnung dem
fortschrittlichen Gedanken einer besseren
Rechtsentwicklung und den sozial-wirtschaft-
lichen Interessen des Personals.
Der Verbandsbeirat erwartet, daß der Be-
ginn und Fortgang der Verhandlungen über
den Abschluß eines Kollektivvertrages nicht
durch verwaltungsseitige organisatorische
Schwierigkeiten, die das Personal nicht zu ver-
treten hat, Verzögerungen erleiden.
2. Der Verbandsbeirat erwartet ferner, daß
die von der Geschäftsleitung des I.-V. Eisen-
bahn der Eisenbahndirektion eingereichte For-
derung zur Auszahlung eines monatlichen Vor-
schusses in Höhe von 4000.— Frs, auf die kom-
mende Gehaltsregelung gewährt und ab 1. Sep-
tember 1950 in Kmft tritt.
3. Der Verbandsbeirat beauftragt die Organi-
sationsleitung, der Eisenbahndirektion folgende
weitere Forderung zu unterbreiten:
Sofortige Auszahlung einer einmaligen Wirt-
schaftsbeihilfe in Höhe von 2500.— Frs. für
Ledige 5900.— Frs. für kinderloses Eheapar
und für jedes weitere unterhaltungsbereehtigte
Familienmitglied 1000.— Fr§.
4. Die Verbandsleitung wird seitens des Ver-
bandsbeirats weiterhin beauftragt, die Maßnah-
men einzuleiten, welche den berechtigten Ge-
eamtforderungen des Eisenbahnpersonals Nach-
druck verleihen.
Unumgängliche Forderungen
Ueber das Thema Lohn und Preis hielt am
vergangenen Sonntag der Kollege Richard
Rauch in der Sendereihe „Die Einheitsge-
werkschaft spricht!“, einen interessanten Vor-
trag. Er beschäftigte sich mit dieser Frage,
weil die letzten Wochen zeigten, daß die Preise
aller lebensnotwendigen Gebrauchswaren rapid
gestiegen sind. Rauch unterstrich noch einmal
vor einem breiten Hörerkreis die unumgäng-
lichen Forderungen der Arbeitnehmerschaft auf
Regulierung der Löhne and Preise.
Vorläufige Lohnvereinbarung
bei V. & B. Merzig.
Die Fa. Villeroy & Boeh hat mit der Ein-
heitsgewerkschaft, I.-V. Fabrikarbeiter, vertre-
ten durch den Gesamt-Betriebs-Rat, eine vor-
läufige Lchnvereinbarung getroffen, wonach
die Fa. sieh verpflichtet, allen Vollverdienern
3000.— Frs. pro Monat als Vorschußzahlung
für kommende Lohnerhöhung zu
gewähren. Mädels prhalten 2500,— Frs. und
Mädels von 14 —15 Jahren 1590.— Frs.
Generalversammlung in Merzig
Für die Ortsgruppe Merzig des I.-V. Fabrik-
arbeiter findet am kommenden Sonntag, dem
1. Oktober 1959. um 14.30 Uhr im Lokal Jo-
sef Bell, Merzig, Torstraße die fällige General-
versammlung statt.
Alle Mitglieder werden hiermit nochmals
herzlichst eingeladen.
Tagesordnung:
1. Lohn- und Preisbewegung (Kuhn"n)
2. Bericht des Vorstandes (Schreier)
3. Wahl des neuen Vorstandes
4. Verschi-denrs.
Hamburger Hafenarbeiter erhalten Lohn-
erhöhung
Wie der 1. Vorsitzende der Gewerkschaft
Transport und Verkehr Heinrich Davidsen, be-
kannt gibt, kam es durch Lohnstreitigkeiten
zwischen etwa 40 000 gewerkschaftlich orga-
nisierten Hafenarbeitern und Arbeitgebern der
Hafenstädte Norddeutschlands zu einem Vcr-
mittlungsvorschlag des Schiedsgerichtes. Dieser
sieht eine Erhöhung der Hnfenarbeiterlöhne
um 95 Pfennige pro Schicht vor. Es soll sich
erst im Laufe der Woche entscheiden, ob die
Parteien den Schiedsspruch annehmen.
Der Schlichtungs^rschlag enthält außerdem
eine Verbesserung der Rahmentarife sowie eine
Reihe von sozialen Verbesserungen wie zum
Beispiel eine neue Urlaubsregelung.
Die 40 000 norddeutschen Hafenarbeiter bat-
ten eine Lohnerhöhung von 2.50 D-Mark pro
Tag gefordert.
USA-Gewerkschaftler wundern sich!
Der Vizepräsident der amerikanischen Auto-
mobil-Arbeitergewerkschaft, Living Stone,
weilte mit Vertretern seiner Gewerkschaft vor
kurzem in Deutschland. U. a. wurden das Volks-
wagenwerk Fallersleben und die Opelwerke in
Rüsselsheims besichtigt Im Verlauf einer Un-
terhaltung beim Bundesvorstand des DGB in
Düsseldorf brachten die amerikanischen Gewerk-
schaftsvertreter ihr Erstaunen über den geringen
Lebensstandard der Arbeitnehmerschaft ln
Deutschland im Vergleich zur Lebenshaltung der
amerikanischen Arbeiter zum Ausdruck. Sie führ-
ten den besseren Lebensstandard, den insbeson-
Ldere die Arbeitnehmer der Autoindustrie in den
LUSA haben, auf die Stärke und Geschlossen-
heit der Automobilarbeiter-Gewerkschaft zurück.
8 Prozent Lohn- und Gehaltserhöhung
iiir das Kraftfahrzeug»; anwm
Im Zuge der Lohnbewegung, die m der
ersten Jahreshälfte für die verschiedenen
Industriegruppen durchgeführt wurde, fand
für das Kraftfahrzeughandwerk am 11. 9.
1950 ebenfalls eine abschließende Lohn-
verhandlung statt. Dieser Verhandlung
ging bereits schon eine Aussprache vor-
aus, an der zwei Kollegen aus den Kraft-
fahrzeugbetrieben teilnahmen.
Durch den Umstand, daß das Kraftfahr-
zeughandwerk dem Arbeitgeberverband
der Metallindustrie nicht angeschlossen
ist, sah sich die Geschäftsleitung des
Verbandes veranlaßt, mit der Arbeitsge-
meinschaft des saarländischen Hand-
werks in Verbindung zu treten. Der Ge-
schäftsführer der Arbeitsgemeinschaft, Dr.
Schumacher, sah vorerst keine Möglich-
keit, mit den Gewerkschaften zu verhan-
deln, da die Arbeitsgemeinschaft des
saarländischen Handwerks e. V. noch
nicht rechtsfähig und damit auch nicht
tariffähig sei.
Ueberzeugt von der Dringlichkeit, daß
eine Erhöhung der Löhne und Gehälter für
die Beschäftigten im Kraftfahrzeughand-
werk für die Steigerung der Lebens-
haltungskosten notwendig ist, gelang es
dem Geschäftsführer der Arbeitsgemein-
schaft, die Vertreter des Fachverbandes
im Kraftfahrzeuggewerbe an den Ver-
handlungstisch zu bringen und zu einer
Vereinbarung zu gelangen. Dis Vertrags-
partner sind sich dahingehend einig ge-
worden, daß, soweit in der Vergangen-
heit eine Lohnaufbesserung noch nicht zur
Durchführung kam, mit Wirkung vom 18-
9. 1950 die bisher gesetzlich festgelegten
Höchstlöhne um 8 o/o zu erhöhen sind.
Damit ist zunächst einmal für das Kraft-
fahrzeughandwerk eine generelle Aufbes-
serung der Löhne für alle Betriebe erreicht
worden. Weiter ist man sich einig ge-
worden, daß in den Betrieben, die die
Höchstlöhne schon überschritten haben,
eine Angleichung untereinander erfolgen
soll, so daß der Spitzenlohn für den qua-
lifizierten Handwerker auf 110 Frs. zu lie-
gen kommt. Ebenfalls um denselben Pro-
zentsatz sind die Gehälter der Angestell-
ten zu erhöhen. Die Vereinbarung, die ge-
troffen wurde, hat nachfolgenden Wort-
laut:
„Der Kraftfahrzeug - Verband, Saar-
brücken, vertreten durch die Herren
Münsieimann, Werner und Blum auf
der einen
sowie die Einheitsgewerkschaft, I. V.
Metall, vertreten durch Herrn Geiß,
und der Christliche Hütten- und Me-
tallarbeiterverband, vertreten durch
Herrn Mockenhaupt, auf der anderen
Seite, vereinbaren folgendes:
Die Beteiligten sind darüber einig, daß
mit Wirkung vom 18. 9. 1950 die ge-
setzlichen Höchstlöhne für das Kraft-
fahrzeug-Gewerbe (Saar-Handwerker
1949, S. 24) um 8 o/o erhöht werden.
Diese Lohnerhöhung umfaßt auch die
Angestellten.
gez. Unterschriften."
Zur besseren Uebersicht bringen wir
eine Aufstellung der bisher gezahlten
Löhne:
Der Stundenlohn des Metallarbeiters,
einerlei welcher Kategorie er angehört,
setzt sich zusammen aus dem Grundlohn
und dem Stundenzuschlag. Beide Teile er-
geben den garantierten Mindestlohn. Für
den Zeitlohnarbeiter war, und zwar für die
Kategorien A 1 und A 2, ein durchschnitt-
licher Höchstlohn von 20 o/o zulässig. Die
Erhöhung war auf den Grundlohn anzu-
wenden. Für die Gruppe der angelernten
Arbeiter und Handwerker betrug der
durchschnittliche Höchstiohn der im Zeit-
lohn Beschäftigten 15 o/0. Für den Akkord-
arbeiter war für alle Kategorien d«T
Durchschnittshöchstlohn auf 40 o/0 festge-
legt. Sie galten als gesetzliche Löhn«.
Laut Amtsblatt Nr. 34—1950, Seite 420, ist
die nach oben begrenzte Lohnhöhe durch
eine Verordnung des Ministers für Arbeit
und Wohlfahrt ab 1. Mai 1950 aufgehoben.
Der Grundlohn des Hilfsarbeiters A 1,
mit dem Koeffizient 100, beträgt 36,10 Frs.
Er bildet die Grundlage zur Errechnung
der Grundlöhne für die anderen Katego-
rien. Der garantierte Mindestlohn des
Hilfsarbeiter beträgt 56,54 Frs. Die Stuo-
denzulage beträgt einheitlich 16,15 Frs.,
jedoch ist der Grundlohn des Hilfsarbei-
ters um einen solchen Betrag zu erhöhen,
damit der garantierte Mindestlohn von
56,54 Frs. erreicht wird.
Die hier angeführten Löhne erhöhen sich
ab der 41. bis zur 48. Stunde um 25 o/o
und ab der 49 Stunde um 50 o/o.
Kateg. Koeff. Grundl. -j- Std.Zul. (garant. Mindestl.)
Hilfsarbeiter: A I 100 36,10 -4- 20,44 = 56,54
A II 108 38,99 4- 56,54 = 95,53
Angelernte Arbeiter (Spezial): SI 121 43,68 -f-16,15 =■ 59,83
S II 127 45,85 -j- 16,15 = 62.—
Handwerker: F I 140 50,5*4 16,15=» 66,69
F II 155 55,96 4 16,15 =■ 72,11
F III 170 61,37 4 15,15 =» 77,52
gesetzl. Durch&chn. Höchstlohn
für Zeitlöhner
bisheriger jetziger
| 59,47 64 23
| 62,97 68,01
66,38 71,69
l 68,8b 74,39
74,27 80,21
80,50 86,94
86,73 93,67
Wir betrachten die jetzige Lohnregelung
als noch nicht abgeschlossen, erwarten
aber von unseren Kollegen im Kraftfahr-
zeughandwerk, daß sie die Notwendigkeit
des gewerkschaftlichen Zusammenschlus-
AUFNAHMESCHEIN
Der Unterzeichnete erklärt seinen Beitritt
zur Einheitsgewerkschaft
Name: ..... ........
Vorname:
Wohnort:.........
Straße: .......... Nr. , , ,
Beruf:
Datum: ....... ......
ses erkennen, denn nur durch eine straff«
und schlagkräftige Organisation sind wir
in der Lage, besse’e Löhne und Arbeitsbe-
dingungen zu erzielen.
(Unterschrift)
HERREN-WÄSCHE
Mitteilung der I. V. Fabrikarbeiter,
Leder und Bekleidung
Der Verband teilt mit, daß er mit den ein-
zelnen Gruppen sofort in Lohmerhandlungen
eintritt, er bittet deshalb, z. Zt. nur in drin-
genden Angelegenheiten die Verbandsleitung zu
beanspruchen.
Ueber die Lohnverhandlungen werden die
Mitglieder sofort unterrichtet.
Zum Grubenunglück in England
Mit tiefer Anteilnahme hat man im Saar-
land von dem schrecklichen Grubenunglück in
England Kenntnis genommen. 80 englische
Bergleute kamen bei dem gewaltigen Gruben-
sand in Worskop ums Leben. Das furchtbare
Unglück, das in so viele Familien tiefe Trau-
er und Not gebracht hat, wird gerade in un-
serem Grubengebiet in seiner ganzen kata-
strophalen Auswirkung erfaßt.
Die wirtschaftliche Hilfe, die
der Marshallplan in den letzten
Jahren für manche europäischen
Länder bedeutet hat, war recht
unterschiedlich. Bild 1 zeigt die
Völker Westeuropas im Jahre
1949 noch in Sorglosigkeit und
Gleichgültigkeit. Im Jahre 1950
sieht der Karikaturist als nagende
Elemente an dem Gesamtgefüge
trotz weiterer Marshallhüfe den
Mangel an Rationalisierung, in
manchen Landern zu niedrige Pro-
duktion und mangelhafte Anstren-
gungen, das DollarDefizit zu be-
heben. Das Jahr 1952 stellt er als
Warnung heraus, um damit zu sa-
gen, daß die Völker Europas die
nagenden Elemente heftig be-
kämpfen, müssen, wenn eine kata-
strophale Entwicklung vermieden werden soll. Wir sehen allerdings noch andere Elemente, die es zu bekämpfen gilt: Die sture Haltung
der Arbeitgeber, das Unverständnis maßgebender Stellen für die soziale Besserstellung breiter Schichten der Schaffenden und das Verba-
ten gegenüber der Forderung auf Gleichberechtigung und volle Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft in der Wirtschaft.
Noch vor kurzem hrtoirie der Präsident der amerikanischen Automobilarbeitergewerksch aft, Reutlier: Dse jährliche" Zuwendung von
Milliarden Dollars an die Europäer soll wohl dazu da sein, die Wirtschaft zu entwickeln, aber nicht, uni der Gewinnsucht zu dienen,
sondern zum Ausbau, um damit den Lebensstandard der Schaffenden zu heben.
September 1950
Seite g
„DIE ARBEIT**
Die saarländische
Die Entlastung auf dem saarländischen
Arbeitsmarkt hat sich auch im August
fortgesetzt. Sie erstreckte sich nicht, wie
in den letzten Monaten, fast ausschließ-
lich auf die Außenberufe, sondern, ent-
sprechend den steigenden Produktionszif-
fern in der Schwereisenindustrie, auch auf
zahlreiche industrielle Berufe, besonders
die der Eisen- und Stahlgewinnung.
Von den 277 173 (Vormonat 275 478) be-
schäftigten Arbeitnehmern waren 226 172
Männer und 51 001 Frauen.
Die Lage in den einaelnen Wirtschafts-
zweigen und Berufsgruppen:
Landwirtschaft:
Der Bedarf an landwirtschaftlichenFach-
Und Hilfskräften ist unverändert groß. Ver-
mittlungen konnten nur in geringer Zahl
vorgenommen werden. Saarländische
Kräfte waren, nur vereinzelt für die Land-
wirtschaft zu gewinnen.
30% Lohnerhöhung
in einer englischen Baumwollspinnerei.
Bei einer Firma in England konnte dieser
erstaunliche Erfolg durch eine vorbildliche Zu-
sammenarbeit von Arbeitgeber und Arbeitneh-
mer erzielt werden. Ausschlaggebend war die
Durchführung eines Produktionsplanes, dessen
Hauptprodulcte folgende waren:
Erstellung neuer Werkstätten und Ge-
bäude der durch den Krieg zerstörten Fa-
brik,
Aufstellung neuer Maschinen,
Einbau automatischer Wehstühle^
zusätzliche Personalcinstellungen,
und nicht zuletzt
Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei der
Planung und Durchführung verbesserter
Arbeitsmethoden.
Es galt also, einen Beweis dafür zu erbrin-
gen, daß in der Baumwollindustrie ebenso gün-
stige Arbeitsbedingungen und -Verhältnisse ge-
schaffen werden können wie in jedem ande-
ren Industriezweig.
Besonders muß das große Verständnis und
Interesse des Arbeitgebers und seiner Geschäfts-
führung hervorgehoben werden, das den Be-
langen der Arbeiter in jeder Weise entgegen-
gebracht worden ist. Die Schaffung einer
Werkskantine, eines Kinderheims und einer
Fortbildungsschule gehören hierher, wie auch
die bevorzugte ärztliche Betreuung und andere
sozial-fortschrittliche Einrichtungen.
Die Folge dieser Maßnahmen war eine Stei-
gerung der Leistung von 70 v. H. je Mann
und je Schicht, sogar auf 120 v. H. je Mann
hoi deu iuchki'äften.
^ • v (Welt der; Arbeit)
Die Waschmaschine in der Tüte
Garantiert unschädlich, kein Soda, kein Chlor.
Arbeitsmarktlage
Bergbau:
Die angestrebte Verminderung der Be-
legschaft im Saarbergbau hat sich im Be-
richtsmonat zahlenmäßig nicht stark aus-
gewirkt, weil der natürliche Abgang zum
Teil durch die Einstellung von Berglehr-
lingen ausgeglichen wurde.
Eissnerzeugende Industrie:
Die Beschäftigungslage m der Hütten-
industrie hat eine wesentliche Besserung
erfahren. Insgesamt ist die Zahl der bei
Hütten beschäftigten Arbeitskräfte um 440
gestiegen, wobei an dieser Erhöhung der
Belegschaft alle Hüttenbetriebe beteiligt
waren.
Eisen- und metallverarbeitende Industrie:
Insgesamt hatte die Metallindustrie ei-
nen Zugang von 263 Arbeitskräften (davon
35 Frauen) zu verzeichnen. Besonders gün-
stig ist die Beschäftigungslage bei den
Montage- und Stahlbaufirmen.
Chemische Industrie:
Die Beschäftigungslage in der che-
misch-pharmazeutischen Industrie ist,
bedingt durch den kleinen saarländischen
Absatzmarkt, unbefriedigend. Lediglich
die Seifenindustrie konnte einige Neuein-
stellungen vornehmen.
Industrie der Steine und Erden:
Die baustofferzeugende Industrie ist
noch voll beschäftigt Ein nennenswerten
Bedarf an Fach- und Hilfsarbeitern liegt
nicht mehr vor, weil der größte Teil der
Arbeit und Recht:
Betriebe bereits seit Mai voll beschäftigt
ist und die heutige Kreditlage ihnen kaum
die Möglichkeit zur Finanzierung von
neuen Fabrikationsbauten gibt.
Der dringende Bedarf an Fach- und
Hilfsarbeitern ist bei den Hartsteinwerken
und den Kalkwerken unverändert hoch ge-
blieben.
Holz- und Schnitzstoffgewerbe:
Die Zahl der Beschäftigten im Holz- und
Schnitzstcffgewerbe ist um 106 gestiegen.
Die Bau- und Möbelschremereren verfügen
über gute Auftragsbestände und kündig-
ten einen noch größeren Bedarf an Fach-
kräften an.
Die Sägewerke können zur Zeit,ihre Ka-
pazität nicht voll ausnützen, weil in der
Rundholzbeschaffung immer noch Schwie-
rigkeiten bestehen.
Bekleidungsgewerbe:
Im Bekleidungsgewerbe erhöhte sich im
Berichtsmonat die Zahl der Beschäftigten
um 114.
In der Wäscheindustrie zeigte sich vor
allem ein Bedarf an Bandnäherinnen und
Büglerinnen, Auch die Kletderfabriken
forderten Maschinennäherinnen an.
Bei den Maßschneidereien liegt nur ein
geringer Bedarf an Fach- und Hilfskräften
vor. Die Schuhindustrie hat einen günsti-
gen Beschäftigtenstand; der Facharbeiter-
mangel bestehst jedoch weiter.
Bau- und Baunebengewerbe:
Die Bautätigkeit hat im August noch
leicht zugenommen Die Zahl der gemel-
deten offenen Stellen ist noch gestiegen.
Besonders für den Straßen- und Gleisbau
wurden erhebliche Kräfteanforderungen
gemeldet
Überstunden waren der Anlab
Der Former B. war von seinen Arbeits-
kollegen zum Betriebsratsvorsitzenden ge-
wählt worden, und zwar hatten ihm 17 von
19 Beschäftigten dazu ihr Vertrauen aus-
gesprochen. Aber nach zwei Monaten sei-
nes Wirkens wurde der Betriebsrats Vor-
sitzende fristlos entlassen.
Die Beklagte, eine Gießerei, führte vor
dem Arbeitsgericht dazu aus, daß B. nicht
die „geeignete Form“ gefunden habe, um
die Wünsche der Arbeitskollegen gegen-
über dem Betriebsinhaber durchzusetzen.
Er sei stets so aggressiv, daß der Chief
sich außerstande sähe, noch weiter mit
B. zusammenzuarbeiten, so habe dieser z.
B. dem Chef mit der Faust gedroht.
Das Arbeitsgericht ließ sich diese Aus-
einandersetzung in allen Einzelheiten be-
richten und hörte dazu drei Zeugien. Da-
nach hatte sich folgendes zu getragen: An
einem Samstag bemerkte der Betriebsrats-
vorsitzende zwei Kollegen, die Ueberstun-
den machten. Er fragte daher den .Be-
triebsinhaber, warum das geschehe und
warum er davon nichts wisse. Ein Wort
gab das andere, und dann kam jene Sze-
ne, um die es dem Arbeitsgericht vor al-
lem ging. Mit drohend erhobener Faust
sollte der Betriebsratsvorsitziende gegen
seinen Chef vorgegangen sein. Die Zeu-
gen bestätigten, daß es bei der Unterre-
dung heftig herging. Von einer Tätlichkeit
des Betriebsrats Vorsitzenden gegen den
Chef aber könne keine Rede sein. B. hätte
zwar den Arm gehoben — aber nur, um
auf die danebenliegende Gießerei zu zei-
gen, in der die Ueherstunden gemacht
wurden.
Der Kläger meinte dazu, daß er viel-
leicht etwas zu heftig gewesen sei, aber
e3 habe sich bei dieser Auseinanderset-
zung eine schon lang zurückgehaltene Er-
bitterung Luft gemacht. Wiederholt hatte
er als Betriebsratsvorsitzender den Ein-
druck, daß der Arbeitgeber nicht seinen
sozialen Verpflichtungen gegenüber der
Belegschaft nachkomme.
Das Arbeitsgericht konnte m dem Vor-
fall, der zur fristlosen Entlassung des Be-
triebsratsvorsitzenden führte, keine Tät-
lichkeiten oder groben Beleidigungen des'
Betriebsratsvorsitzenden gegenüber dem
Arbeitgeber sehen.
Es kam zu einer Einigung der Parteien.
In dem Vergleich war der Satz bemer-
kenswert, daß „der Kläger wie auch der
Beklagte sich bereit erklären, die Ver-
handlungsform in Zukunft so zu wählen,
daß diese irgendeine Verletzung gegen-
einander ausschließt“.
^Bciefkastm
Kl., Lebach. In Württemberg-Baden «ind vor
kurzem die Stundenlohntarife für Landarbeiter ura
10 bis 20 Prozent, die Monatslöhne mit Kost und
Wohnung ebenfalls um 20 Prozent heraufgesetzt
worden. Der Stundenlohn eines landwirtschaft-
lichen Facharbeiters beträgt jetzt 77 Pfennige.
Mo. J., Wallerfangen. Die Anfänge der Uhr-
macherei im Schwarzwald liegen im 17. Jahrhun-
dert. Ulm das Jahr 1640 sollen die Gebrüder
Kreutze im alten Glashof bei Waldau auf der
Rödeck die erste Schwarzwälder Uhr gebastelt
haben, aber geschichtlich verbürgt ist das nicht.
Der Dreißigjährige Krieg hat die beweiskräftigen
Spuren verwischt.
V. A. Der Schulbesuch für die Lehrlinge ist
Pflicht, und zwar einmal jede Woche, solange
die Lehrzeit dauert Bei Anlernlingen, wo die
Lehrzeit unter drei Jahren liegt, ist dennoch die
Berufsschulpflicht drei Jahre.
200, Saarbrücken. Untersuchungen in den USA.
ergaben, daß eine Frau bei ihrer täglichen Haus-
arbeit durchschnittlich 1000—1500 Schritte in der
Stunde macht Eine Verkäuferin macht in der
Stunde 2700—3500 Schritte. Das geht also in acht
Stunden über die 20-km-Grenz«.
Kr., Hcnweiler. Die Imperial Tobacco Compa-
ny, eine der größten englischen Tabakgesell-
schaften, verzeichnete im letzten Geschäftsjahr
fast 10 Millionen Pfund Sterling Nettoprofit Rund
7 Millionen Pfund wurden an die Aktionäre aus-
geschüttet
22, Werbeln. In den Vereinigten Staaten baute
man in den ersten vier Monaten dieses Jahre«
insgesamt 390 000 Häuser. Gegenüber der glei-
chen Zeit im Vorjahre erhöhte sich die Bautätig-
keit um 53 Prozent
9Cää die Qetaet^schaftssendmqeH!
Sonntag:
12.40 Die Einheitsgewerkschaft spricht!
(Radio Saarbrücken)
Montag:
19.30 Die Gewerkschaft ruft — (Bayeri-
scher Rundfunk)
Dienstag:
6.15 Für die berufstätige Frau (Bayern).
7.20 Aus Arbeit und Beruf (Südwestfunk)
18.00 Mensch und Arbeit (Südfunk).
18.15 Gewerkschaftsfunk (Hessischer
Rundfunk).
18.50 Gewerkschaftssendung (Bremen).
Donnerstag:
21.00 Die Stimme der Gewerkschaften
(Südwestfunk)
Freitag:
13.00 Die Arbei’er-T.ibüne (Südwestfunk)
Samstag:
18.00 Aus der Welt der Arbeit (NWDR)
18.00 Mensch und Arbeit (Südfunk)
Wie berechne ich
Ein Beamter auf Lebenszeit, der in den
Ruhestand versetzt wird, erhält Ruhege-
halt. Das Ruhegehalt wird auf der Grund-
lage der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge
und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit be-
rechnet.
1. Ruhegehaltsfähige Dienstbezüge sind:
a) das von dem Beamten zuletzt bezo-
gene Grundgehalt,
b) der Wohnungsgeldzuschuß nach Lohn-
zone IL
c) widerrufliche Zulagen.
Daneben werden noch Frauengeld, Kin-
derzulagen und Lohnzulagen, gewährt,
II. Ruhegehaltsfähige Dienstzeit,
,1. Ruhegehaltsfähig ist die Dienstzeit des
Beamten vom Tage seiner ersten Ernen-
nung an. Unberücksichtigt bleibt jedoch
die Zeit
a) einer Beurlaubung ohne Di|enstbezüge
b) vor Vollendung des 27. Lebensjahres
c) für die eine Abfindung oder ein Ue-
bergangsgeld aus öffentlichen Mit-
teln gewährt worden ist.
2. Ruhegehaltsfähig ist auch die Zeit, m
der ein Beamter vor seiner Ernennung
nach" Vollendung des 27. Lebensjahres
a) im Dienste der Wehrmacht oder im
Vollzugsdienst der Polizei gestanden
hat,
b) Angehöriger des Reichsarbeätsdien-
stes gewesen ist,
3, Die Zeit eines Kriegsdienstes in der
Wehrmacht oder die Zeit einer Kriegs-
gefangenschaft wird, auch wenn sie vor
Vollendung des 27. Lebensjahres liegt,
in gleicher Höhe angerechnet wie bei
Angehörigen der Wehrmacht. Für je-
den Krieg, an dem ein Beamter teilge-
nommen hat, wird zu der wirklichen
Dauer der Dienstzeit ein Jahr, das so-
genannte Kriegsjahr, hinzugerechnet.
Für die Hinzurechnung von Kriegsjahren:
kommt nur die Zeit vom 1. 8. 1914 bis 31.
12. 1918 m Betracht, Die während dieser
Zeit im öffentlich-rechtlichem Beamtem«
Verhältnis oder im Militärdienst tatsäch-
lich verbrachte Zeit erhöht sich um die
HäUfce dieser Zeit. Mit der Hälfte wt
mein Ruhegehalt ?
sie auch dann anzurechnen, wenn sie
vor dem 27. Lebensjahre liegt, Hiernach
erfoLgt also eine Umrechnung wi;e folgt:
a) War der Beamte vom 1. 8. 1914 bis
31. 12. 1918 als Soldat im Kriegsge-
biet, dann werden ihm fünf Kriegs-
jahre neben seinen Dienstjahren an-
gerechnet.
b) War der Beamte z. B. vom 1. 6.1916 bis
25. 3. 1917 im Kriegsgebiet, dann wer-
den ihm die Jahre 1916 und 1917 als
Knegsjahre angerechnet, die Zeiten
vom 1. 8. 1914 bis 31. 12. 1915 und vom
1. 1. 1918 bis 31. 12. 1918 zusätzlich
zur Hälfte (die Zeit vom 26. 3. 1917
bis 31, 12. 1917 darf, da 1917 als
Kriegsjahr zählt, nicht noch einmal
zur Hälfte zusätzlich angerechnet
werden).
0) War der Beamte nicht zum Kriegs-
dienst eingezogen und wurde er auch
nicht im Kriegsgeblet verwendet,
dann wird ihm die Zeit vom 1. 8. 1914
bis 31. 12. 1918 nur li/^fach, das sind
2 Jahre 76 Tage zusätzlich, angerech-
net.
Ob und wie weit die Zeit von 1939
bis 1945 als Kriegsjahre angerechnet
wird, ist noch nicht entschieden,
4. Die Zeit, während der ein Beamter nach
Vollendung des 27. Lebensjahres im pn-
vatrechtlichen Vertragsverhältnis, im
Dienste des Staates oder anderer Kör-
perschaften, Anstalten und Stiftungen
des öffentlichen Rechts ununterbrochen
hauptsächlich eine in der Regel einem
Beamten obliegende entgeltliche Be-
schäftigung wahrgenommen hat, kann
als ruhegehaltsfähige Dienstzieit berück-
sichtigt werden.
Darüber hinaus wird die nach vollen-
detem 17. Lebensjahr im Arbeite rver-
hältrns zurückgelegte Dienstzeit — bei
Telegraphenbauhandwerldsrn und -ar-
beitem nach vollendetem 22. Lebens-
jahre — angerechnet, soweit sie 10
Jahre übersteigt.
Da» Ruhegehalt beträgt mindestens 3S
v. H. der ruhegehaltsfähigen Dfenstbe-
sttg». E« erhöht sich bei den Beamten
a) des einfachen und mittleren Dienstes
nach jedem der ersten 15 vollen
Jahre,
b) des gehobenen Dienstes nach zwei
ruhegehaltsfähigen Dienstjahren und
m den folgenden 15 vollen Jahren,
c) des höheren Dienstes nach drei ruhe-
gehaltsfähigen Dienstjahren und in
den folgenden 16 vollen Jahren die-
ser Dienstzeit um je 2 v. H.„ in den
folgenden vollen Jahren dieser
Dienstzeit um je 1 v. H„, höchstens
bis 80 v. H. der ruhegehaltsfähigen
Dienstzeit. Nach dem Ende des Mo-
als Beamter = 1. 10. 1913 — 30. 9. 1950
Kriegsjahre —
als Arbeiter = 1.1. 1902—30. 9. 1913 =
11 Jahre 273 Tage
ab 10 Jahre — Tage
zusammen
nats, in dem dar Beamte das 65. Le-
bensjahr vollendet hat, beträgt das
Ruhegehalt höchstens 75 v. H. der
ruhegehaltsfähigen Dienstzeit.
Die vorstehenden Ausführungen sollen an
Hand einiger Beispiele erläutert werden.
Beispiel 1: OPS Schank, geb. 15. 9.
1885,, tritt am 1. 10. 1950 in den Ruhestand.
Eingetreten am 1. 1. 1902 als Aushelfer
(Postfacharbeiter), am 1. 10. 1913 in das
Beamten Verhältnis übernommen,
Kriegsdienst vom 1. 8, 1914 bis 31, 12. 1918.
Die ruhegehaltsfähige Dienstzeit beträgt
hiernach:
= 27 Jahre — Tage
5 Jahre
1 Jahr 273 Tage
33 Jahre 273 Tage
Da nur volle Jahre angerechnet werden,
ergibt sich eine ruhegehaltsfähige Dienst-
zeit von 33 Jahren. Das Ruhegehalt be-
trägt mithin 35 -j- 15 X 2 = 30 -f- 18X1 =
18 === 83 oder höchstens 80 v. H. der ruhe-
gehaltsfähigen Dienstzeit. OPS Schank
i vollendet am 14. 9. 1950 das 65. Lebens-
jahr, so daß er ab 1. 10. 1950 nur 75 v. H,
als Beamter = 1.1. 1931 — 30- 9. 1950
als Arbeiter (vom vollendeten 22. Le
bensjahr) 10 . 3. 1922 — 31. 12. 1930 =
ab 10 Jahre
zusammen
Die ruhegehaltsfällige Dienstzeit beträgt
mithin 3f> J- 15 x 2 “ 3° 4 X 1 =f 4 =
69 v. H. der ruhegehaltsfähigen Di/enst-
bezüge.
Beispiel 3; OPI. Klär, geboren am 5.
Ruhegehalt erhält.
Beispiel 2: TLA Früh, geboren am
10. 3. 1900, tritt am 1. 10. 1950 in den Ruhe-
stand. Eingetreten am 1- 4. 1918 als Tele-
graphenarbeiter,
am 1. 1. 1931 als TLA planmäßig auge-
s teilt.
Die ruhegehaltsfähige Dienstzeit beträgt:
= 19 Jahre 273 Tage
8 Jahre 297 Tage
19 Jahre 273 Tage
9. 1893,, tritt am 1. 11- 1950 in den Ruhe-
stand. Eingetreten am/ 1. 1. 1912 .als Be-
amter, Kriegsdienst vom 5. 10. 1914 bis
15. 2. 1917.
Die ruhegehaltsfähige Dienstzeit beträgt«
als Beamter = 5. 9. 1920 — 31. 10.1950
Kriegsjahre 1914/15/16/17 =
Kriegszeit 1. 1. 1918 — 31. 12. 1918 »
365 X V» =»
da» sind 34 Jahre.
Da» Ruhegehalt beträgt demnach 35 -f-'
17X1 « 34 -f- 17X1 =»17-86 oder
höchstens 80 v. H. der ruhe/gehaltsfähigiea
Dienstzeit.
30 Jahre 57 Tage
4 Jahre
—- Jahre 183 Tage
34 Jahre 240 Tage
Es dürfte hiernach jedem Kollegen mög-
lich sein, »eine ruhegehaltsfähige Diene»»
zeit und »ein Ruhegehalt zu berechnen»
DIE ARBEIT"
September 1950
Seite 6
Die Leistungen der KVA bei Krankheit
Nachstehend sei einiges über die Lei-
stungen der Kreisversicherungsanstalt
(abgekürzt KVA) gesagt.
Höhe und Dauer der Leistungen
I. bei Krankheit
II. bei Schwangerschaft u. Entbindung
III. bei Sterbefällen.
Zu I.: Leistungen bei Krankheit:
1. AerzUiche Behandlung.
a) für Mitglieder
freie ärztliche Behandlung durch Aerz-
te und Fachärzte, die zur Kassenpra-
xis zugelassen sind. Die Dauer ist
unbegrenzt. Scheidet jedoch ein Mit-
glied aus der Versicherung aus, und
zwar während der Inanspruchnahme
der Versicherung, so endet der An-
spruch spätestens 26 Wochen nach
dem Ausscheiden. Erforderlich ist
ein Krankenschein mit einer Gebüh-
renmarke von 10 Franken. Ueber die
Ausstellung, Dauer und Gebühren-
freiheit der Krankenscheine wird am
Schluß dieser Abhandlung noch mehr
gesagt.
b) für Angehörige:
gleiche Leistungen wie bei Mitglie-
dern.
2. Arzneien
a) für Mitglieder:
Die KVA trägt die volien Kosten. Für
jedes Rezept sind 10 Franken zu ent-
richten, falls nicht der Arzt oder die
KVA Gebührenfreiheit bestätigt.
b) für Angehörige:
Die KVA tragt 80 o/o der Kosten. Bei
ansieckungsgefähriichen Ge-
schlechtskrankheiten und anzeige-
pflichtigen übertragbaren Krankhei-
ten trägt die KVA die vollen Kosten.
3- Brillen und Bruchbänder und ihre In-
standsetzung:
a) für Mitglieder:
Die KVA. trägt die vollen Kosten.
Erforderlich ist eine ärztliche Verord-
nung, die aurch die KVA vor Ertei-
lung des Auftrages an den Lieferan-
ten abgestempelt werden muß.
b) für Angehörige:
Die KVA trägt 80 o/0 der Kosten.
4- Andere kleinere Heilmittel (Leibbindein,
Fußstützen, Bäder u. a. m.}:
a) für Mitglieder:
Die KVA trägt die vollen Kosten und
zwar bis zum Höchstbetrage von 2500
Franken bei vorheriger Abstempelung
des Rezeptes durch die KVA.
b) für Angehörige:
Die KVA trägt 80 o/0 der Kosten bis
zum Höchstbetrage von 2000 Franken.
5. Größere Heilmittell:
a) für Mitglieder:
Die KVA gewährt einen Zuschuß in
Höhe von % der Kosten, höchstens
7500 Franken, mindestens aber 2500
Franken bei vorherigerAbstempelung
des Rezeptes durch die KVA.
b) für Angehörige:
Die KVA gewährt einen Zuschuß in
Höhe von 2/3 der Kosten, höchstens
7500 Franken, mindestens aber 2000
Franken.
6- Zahnbehandlung, Zahnersatz, Stiftzähne,
Zahnkronen und andere Arbeiten aus
Edelmetall:
für Mitglieder:
Freie Zahnbehandlung durch Zahn-
ärzte und Dentisten, die zur KVA zu-
gelassen sind.
Die KVA gewährt einen Zuschuß zu
den Kosten von nachweislich not-
wendigem Zahnersatz sowie zü den
Instandsetzungskosten in Höhe von
2/3 der für die KVA geltenden Gebüh-
rensätze für Zahnersatz. Für ein
komplettes Gebiß beträgt der Gebüh-
rensatz der KVA zur Zeit 13 200 Fran-
ken. Bei einer Zahnkrone, eines Stift-
zahnes oder eines Brückengliedes
beträgt der Zuschuß der KVA 500
Franken.
b) für Angehörige:
Gleiche Leistungen wife für Mitglieder.
7» Instandsetzung kleinerer und größerer
Heilmittel:
a) für Mitglieder:
Die KVA übernimmt die vollen Ko-
sten, wenn sie 2500 Franken nicht
übersteigen, sind sie höher, werden
::^^\\11||||lillllltl!llllilllfl!llllll!llllllllil!llllilllllilllllillll>llllllllllKllllillilllllllllinilll!llllillllllllll!lilllllllltiillllillUilillUiilililIllllilllitiil|liililliillillllillilllliiiUiilllllllli//^^^
Die IfieatecyenteUtde teilt mit:
Spielplan
für das Jahr 1950
ü Miete I
i 29. 10. 50 „Rigoletto“, Oper, Beginn 1430 Uhr
1 19. 11. 50 „Egmont“, Schauspiel, Beginn 1430 Uhr
s 10. 12. 50 „Nächte in Schanghai“, Operette, Beginn 1430 Uhr
Miete 11
23. 10. 50 ,Egmont“, Schauspiel, Beginn 19.30 Uhr
j| 20 11. 50 „Rigotetto“, Oper, Beginn 1930 Uhr
18. 12. 50 „Nächte in Schanghai“, Operette, Beginn 1930 Uhr
Aenderungen Vorbehalten. g
H Die 2. Rate ist bis zum 5. Dezember 1950 zu zahlen. Wir bitten die Teilnehmer, §=
p sich unbedingt an die Zahlungstermine zu halten. Mieten, die bis zum Termin nicht g
ff erneuert sind, verfallen und werden an andere Interessenten weitergegeben.
Ü Erfreulicherweise war der Zustrom zu unserer Theater gemeinde in diesem Jahr ||
ff sehr groß. Leider waren unsere Bemühungen, noch eine dritte Miete auf z ule gen, ||
g erfolglos. Es ist uns aber gelungen, nocn nachträglich 180 Plätze zu erhalten, die p
H innerhalb der Vorstellungen, die für die Christliche Gewerkschaft angesetzt sind, §|
Ü zur Verfügung stehen. Für alle unsere Interessenten reichten aber leider auch p
§§ diese hinzugekommenen Plätze nicht aus, so daß wir diese neuen Plätze nach dem g
§f datumsmäßigen Eingang der bisherigen Meldungen ausgeben müssen. Die Inter- p
f| essenten, die somit unberücksichtigt bleiben, haben jedoch noch Aussichten, wenn f|
bei den Ratenzahlungen Mieten später nicht erneuert werden. J|
Hallo! Hallo!
—WANT“«
2/3 der Kosten, mindesten 2500 Fran-
ken, höchstens jedoch 7500 Franken
übernommen.
b) für Angehörige:
Die KVA übernimmt 80 0/0 der Ko-
sten, wenn sie 2500 Franken nicht
übersteigen; sind sie höher, werden
2/3 der Kosten, mindestens 2000, höch-
stens jedoch 7500 Franken übernom-
men.
8- Hilfsmittel (z. B. Kunstglieder) und ihre
Instandsetzung:
a) für Mitglieder:
Die KVA übernimmt 2/3 der Kosten,
höchstens 7500 Franken,
b) für Angehörige:
wie bei den Mitgliedern.
9. Krankenhauspflege:
a) für Mitglieder:
An Stelle der Krankenpflege und des
Krankengeldes übernimmt die KVA
die vollen Kosten der Krankienhaus-
pflege bis zur Dauer von 26 Wochen,
außerdem volle Reise- und Kranken-
beförderungskosten. Ueber 26 Wo-
chen kann die Krankenhauspflege
dann weitergewährt werden, wenn
nach vertrauensärztlichem Gutachten
Aussicht besteht, daß der Versicherte
in absehbarer Zeit wieder arbeitsein-
satzfähig wird.
b) für Angehörige:
Die KVA gewährt einen Zuschuß zu
den Kosten der Krankenhauspflege
fn Höhe von 80 0/0 der Kosten bis zur
Dauer von 26 Wochen, außerdem
volle Reise- bezw. Krankienbeförde-
rungskosten.
Wie in obigen Punkten schon er-
wähnt, ist auch hier die vorherige
Genehmigung der KVA einzuholea.
tn dringenden Fällen kann jedoch die
Genehmigung nachträglich eingeholt
werden.
(Fortsetzung folgt!)
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Herausgeber: Hauptverwaltung der
Einheitsgewerkschaft, Saarbrücken 3,
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den Gasemtfnhalt« Helnr. Wacker,
Redaktion: Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Sdiuhler, Industrtever*
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5. Jahrgang
Saarbrücken, 10. Oktober 1950
Nr. 19
Starker Auftrieb in der Lohnbewegung
Der Stand der Verhandlungen - Die bisherigen Lohnerhöhungen - Klare Willenskundgebung der saarländischen Arbeitnehmer - Erfolg der Solidarität
Die große Bedeutung des Warnstreiks - Kraftvolle Initiative bei allen Industrieverbänden - Zahlreiche Beitritte zur Einheitsgewerkschaft
Erfreuliches -
und Unerfreuliches
Sozialer Friede -
aber nicht um jeden Preis
Der Proteststreik im Saarland, der nach langen vergeblichen Bemühun-
gen um eine notwendige Lohn- und Preisregelung am 2. Oktober angesetzt
wurde, wird als ein wichtiger Tag ln die Gewerkschaftsgeschichte einge-
ben. Die Aktion der rund 180000 Arbeitnehmer, die erste dieser Art seit
mehr als zwei Jahrzehnten, mußte infolge der unerträglichen Mißstände in
einer gespannten Situation durchgeführt werden. Der Konfliktsstoff hatte
sich gefahrvoll angesammielt, vor allem hervorgerufen durch das ständige
Absinken der Kaufkraft und durch die Verschleppungstaktik der Arbeitge-
ber. Mit der Zielsetzung des Ausstandes war auch das Prestige der Ge-
werkschaften als Ganzes wie auch der Einzelmitglieder eng verbunden.
Die Einheitsgewerkschaft, hat an diesem Tage ein deutliches Zeichen ihrer
Stärke und Umsicht, aber auch Ihres entschlossenen Willens gegeben, für
die Hebung des Lebensstandards der Arbeitnehmer und für die Neuord-
nung der Wirtschaft zu kämpfen. Durch die Aktion hat der Gewerkschafts-
gedanke, w*e die zahlreichen Beitrittserklärungen beweisen, weiter an Bo-
den gewonnen, ln der letzten Woche wurden nun zwischen allen Industrie-
verbänden und den Arbeitgeber Vertretern laufend Lohnverhandlungen ge-
führt, die zum Teil abgeschlossen sind.
Srit Wochen kann jeder unvoreingenommene
Beobachter in allen saarländischen Betrieben, in
allen Haushaltungen und sogar im gesamten öf-
fentlichen Leben des Saarlandes eine sich stän-
dig steigende Unruhe feststellen. Ursache die-
ser Beunruhigung bildet die krasse Diskrepanz
zwischen Renten, Unterstützungen. Löhnen und
Gehältern einerseits und Lebenshaltungskosten
andererseits. Verschärft hat sich dieser Miß-
Btnnd, der nun schon seit Jahr und Tag be-
steht, seit Anfang Juli durch wesentliche Preis-
steigerungen. Es begann mit einer Erhöhung der
Brotpreise. Weitere Preisverteuerungen erfuh-
ren Fleisch und Fett und teurer wurden schließ-
lich alle aus Mehl hergestellten Nahrungsmittel.
Aber auch andere Verbranchsgüter und vor al-
lem Rohstoffe sind nach Ausbruch des Korea-
konfliktes. durch Druck vom Weltmarkt, durch
Warenverknappung und Angstkäufe, aber nicht
zuletzt durch Spekulationen, im Preis gestie-
gen.
Angesichts dieser Entwicklung ist es nur ver-
ständlich, wenn die Gewerkschaften sich für
eine Erhöhung der Löhne und Gehälter und
Renten einsetzen, um die Kaufkraft der Werk-
tätigen dadurch in etwa den Preissteigerungen
wiederum anzupassen. Sie müssen diese Erhö-
hungen verlangen, weil ihre verantwortungs-
volle Haltung in der Vergangenheit, die auf die
Herstellung einer vernünftigen Relation zwi-
schen Einkommen und Lebenshaltungskosten ab-
zielle, nicht auf die entsprechende Haltung der
Gegenseite gestoßen ist, die ganz einseitig nur
Ablehnende Argumente ins Feld führte. Es kann
nicht o|t genug darauf hingewiesen werden,
daß die saarländischen Gewerkschaften — und
hier vor allem die Einheitsgewerkschaft — sich
fortgesetzt bemüht haben, eine Verschlechterung
der Lebenshaltung der Arbeitnehmer zu verhin-
dern, Aber alle Mahnungen und Warnungen
blieben bei den verantwortlichen Wirtschafts-
kreisen unbeachtet. Ja, man suchte sogar von
der Teuerung dadurch abzulenken, daß man sie
einfach bestritt. Mit amtlichen Angaben der
-Lebenshaltungskosten wollten manche beweisen,
daß das Lehen nicht vder nur unwesentlich teu-
rer geworden sei, obwohl doch außer Zweifel
steht , daß seit Anfang Juli wesentliche Preis-
vertcucrungcn bei lebensnotwendigen Ver-
brauchsgütern eingetreten sind. Die Lebenshal-
tungskosten, die in gewissen Indexberechntingcn
ermittelt werden, beziehen sich auf einen fik-
tiven Warenkorb, bei dem unterstellt wird, daß
die Indexfamilie nur diese Waren kauft. Aber
dieses trifft nur in den wenigsten Füllen zu.
Wir wollen zwar anerkennen, daß die Re-
gierung des Saarlandes es an wirlsrhaftspoliti-
schen Maßnahmen nicht fehlen läßt, um dem
preissteigenden Treiben mancher Intcressen-
tengruppen entgegenzuwirken. Da aber unsere
Regierung auf die preisbestimmenden Faktoren
keinen Einfluß auszuüben vermag, müssen wir
feststclleu, daß die Verbraucherschaft solchem
Treiben fast schutzlos gegenüberstcht. Unter
diesen Umständen ist es nicht verwunderlich,
wenn der Gewerkschaftsausschuß der Einheits-
gewerkschaft gegen diese Mißstände einer freien
Marktwirtschaft, die sich zudem noch ,.s o -
zial“ nennt, zu einer Protestaktion aufrief.
Die Warnaklion drückt aber neben der Sor-
ge der Arbeitnehmerschaft um ausreichende
Löhne und Gebälter die tiefe Unzufriedenheit
der Werktätigen aus über die Haltung der Un-
ternehmer bezüglich einer Neuordnung dei
Wirtschaft und die damit verbundene gleichbe-
rechtigte Einschaltung der arbeitenden Men-
schen und ihrer Organisationen in allen wirt-
srhaflspolitischcn Entscheidungen. Es ist in
diesen Tagen und Wochen der arbeitenden Be-
völkerung an der Saar klar geworden, daß erst
dann, wenn die Wirtschaft neu geordnet und
die Mitbestimmung der Arbeitnehmer verankert
ist, eine Besserung der Lebenshedingungen für
die schaffenden Menschen gewährleistet sein
wird. Erst die von uns mithestiramte Wirt-
schaft und die gerechte Verteilung des Sozial-
produktes garantieren und damit die Hebung
des Lcbensstandardes aller Schichten unserer
Heimat sicherstcllen.
Dieser Streik nach einem Vierteljahrhundert
sozialen Friedens war ein Warnstreik. Eine
Warnung an alle Arbeitgeber, aus dem Ernst
der Situation die notwendigen Konsequenzen
zu ziehen. Die Gewerkschaften wünschen den
sozialen Frieden; sie wollen ihn jedoch nicht
um jeden Preis. Ob er erhalten bleibt, wird
letzten Endes davon abhängen, ob man die
Werktätigen zwingt, um die Verwirklichung
ihrer berechtigten Forderungen ernsthaft zu
kämpfen. H. L.
... In den letzten Septembertagen stei-
gerte sich die Unruhe in den Betrieben,
in den Haushaltungen und im ganzen öf-
fentlichen Leben des Saarlandes. Das
Mißverhältnis zwischen Löhnen und Prei-
seiuhatte sich von Tag zu Tag verschlim-
mert. Seit Wochen und Monaten folgten
Mahnungen, Warnungen und praktische
Vorschläge seitens der Gewerkschaften,
um der Krise zu begegnen. Die papiemen
Proteste blieben jedoch, da sich die Ge-
genseite den vorgetragenen Argumenten
hartnäckig verschloß, ohne die notwendi-
gen Gesamtergebnisse.
Als dann am Sonntag, dem 1. Oktober,
in Sulzbach die Revierkonfe. einz des I. V.
Bergbau der Einheitsgewerkschaft und in
Saarbrücken die GCS Beschlüsse faßten,
sofort t einen 24-stündigen Warnstreik
darchzuführeri, entsprachen diese Be-
Mit großer Spannung sah man hierauf
allgemein der durch Rundfunk am Abend
des 1. Oktober bekanntgegebenen und für
Montag früh anberaum'en Zusammenkunft
des Gewerkschaftsausschusses entgegen.
In dieser Sitzung kam es nach einer kur-
zen Aussprache zu einem einstimmigen
Beschluß, in dem es hieß:
„Da die Entwicklung der Lohn- und
Preisverhältnisse an der Saar und dar
Fortgang der Verhandlungen zur Lohn-
und Preisgestaltung in seiner Gesamt-
heit in keiner Weise befriedigt, billigt
der Gewierkschaftsausschuß den Be-
schluß der Bergarbeiter, die Arbeit
von Montag, dem 2. 10. 1950, ab 6.00
Uhr, bis Dienstag, dem 3. 10. 1950,
morgens 6.00 Uhr, niederzulegem und
erklärt sich mit den Bergarbeitern so-
lidarisch.
Der Gewerkschaftsausschuß be-
schließt ebenfalls, vorbehaltlich wei-
terer Aktionen, als ganz besondere
Warnung gegen dte Preissteigerung
am heutigen Tage ab 12.00 Uhr bis
zum Dienstag, dem 3. 10. 1950, mor-
gens 6.00 Uhr, die Arbeit in allen Be-
trieben des Saarlandes niederzu-
legen.
Die erforderlichen Notstands arbei-
ten sind grundsätzlich zu verrichten.
Um die Versorgung der Kranken-
häuser zu gewährleisten, wird die Ar-
schlüsse dem einmütigen Willen der Saar-
bergarbeiterschaft.
Die Entschließung des I. V. Bergbau be-
sagte u. a.:
„Im Zeichen des Wamstreikes for-
dert die Belegschaft der Saargruben:
a) eine Lohnerhöhung, die mit der
saarländischen Lebenshaltung und der
Förderung der Saargruben bn Einklang
stehe; b)) den Abschluß eines Tarif-
vertrages für den Saarbergbau, nach-
dem das Tarifvertragsrecht der Saar-
regierung Rechtskraft erhalten hat; c)
strenge, staatliche Maßnahmen gegen
den Preiswucher; d) eine sofortig« Ren-
tenerhöhung von 30 Proz., die Zah-
lung der rückständigen Renten und
die endliche Einführung der Knapp-
schaftsreform.
beit in den Betrieben der Gas-, Was-
ser - und Elektrizitätsversorgung nicht
niedergielogt.
Der Gewerks chaftsaus schuß be-
schließt weiterhin einstimmig, daß der
Eisenbahnverkehr aufrecht zu erhal-
ten ist, da insbesondere die Heimbe-
förderung der tm Ausstand befindli-
chen Arbeitnehmer gewährleistet sein
muß. Die Protestaktion wird jedoch
beschlossen für Werkstätten und ähn-
liche Betriebe der Eisenbahn sowie für
die Rotte narbeiter.
Am Dienstag, dem 3. 10. 1950, 6.00
Uhr morgens, wird die Arbeit pünkt-
lich in vollem Umfang« wieder auf-
genommen.
Der Gewerkschaftsausschuß erwar-
tet von allen Arbeitnehmern der Saar,
daß sie diese Aktion ln vollster Ruhe
und Disziplin durcbfUhien."
„Alle Räder stehen still, wenn
Dein stark er Arm es willl“ An
diese bekannten Worte wurde unwillkür-
lich jeder erinnert, der an diesem Tage
der Arbeitsniederlegung auf die großen
Arbeitsstätten und Verkehrseinrichtungen
blickte.
Im Bergbau war die Arbeitsniederle-
gung lOOprozentig. Die Solidarität aller
Verbände erfüllte die Gewerkschaftler mit
Stolz.
(Fortsetzung Seite 2)
Betrachtungen zum Warnstreik im
Oeffentlichen Dienst
Der Streik, zu dem die beiden Gewerk-
schaften aufriefen, brach für viele zwei-
fellos überraschend aus. Im Nu waren
sämtliche Telefonleitungen in der Brauer-
straße verstopft, ein Umstand, der sowohl
die Gewerkschaftsleitung hinderte, mit
dei notwendigen und wünschenswerten
Schnelligkeit nach draußen zu dringen als
auch umgekehrt die Funktionäre, sich an
die Streikleitung zu wenden. In der Durch-
führung des Streiks traten infolgedessen,
einige verständliche Mängel auf, die aber
den Gesamteindruck nicht beeinträchtig-
ten.
Was uns nachträglich mehr interessie-
ren sollte, sind einige Begleiterscheinun-
gen am Rande, die teils unerfreulichen —
teils erfreulichen Charakter tragen. Da
wäre zunächst einmal die Tatsache zu
nennen, daß einige Beamte übers Ziel hin-
ausgeschossen ßind, als sie sich auf den
Standpunkt stellten, daß es ihnen auch
verboten sei, die Durchsage der Gewerk-
schaften weiterzugeben. Die Saarländi-
sche Verfassung stellt lediglich in Artikel
119 fest, daß die Stellung des Beamten
zum Staat das Streikrecht aus schließe.
Darunter ist unzweifelhaft das aktive
Streikrecht zu verstehen, d. h. das Recht
selbst zu streiken. Darin eine Anweisung
zu erblicken, den Kameraden im Arbeits-
verhälthis den Streikbeschluß der Gewerk-
schaften vorzuenthalten, ist ebenso ab-
surd wie lächerlich. Da kann man nur
wünschen, daß die Eierschalen einer zwei-
hundertjährigen Entwicklung bald als sol-
che erkannt und abgeschüttelt werden.
Etwas ernster ist die Absicht zu bewer-
ten, am Tag darauf die Namen der Strei-
kenden feststellen zu lassen, um, wie be-
hauptet wurde, einen Ueberblick zu ge-
winnen, auf wen man sich beim nächsten
Streik verlassen könne und auf wen nicht.
Es ist für unser Land bezeichnend, daß
die Verfassung unter dem Gesichtspunkt
„Das darfst du“, so herzlich wenig re-
spektiert wird. Da^, Streikrecht ist ein in
der Verfassung niedergelegtes Recht. Wer
deshalb Streikende als unzuverlässig be-
zeichnet, stellt sich in Widerspruch zu ihr.
Wir kennen die geistige Verfassung das
Ignoranten nur zu gut und empfehlen die-
sem juge id ichen Greis, von seinem Baby-
lon herunterzusteigen. Unsere Zeit hat
weder Raum noch Interesse für ein Insel-
dasein, auf das man sich allein oder mit
einem Grüppchen zurückziehen kann. Die
Welt ist klein und eng geworden, und sie
hat die Tendenz, noch enger und kleiner
und notwendigerweise damit ungemütli-
cher zu werden. Ob uns das recht ist oder
nicht, danach werden wir nicht gefragt.
Weil wir an der Dynamik des Geschehens
nichts ändern können,sehen wir uns vor die
zwingende Entscheidung gestellt, im Strom
der Zeit mitzumarschieren, um Einfluß auf
den Lauf des Geschehens zu gewinnan
oder uns vor die Räder zu legen und zer-
malmt zu werden. Als Gewerkschaftler
haben wir uns für das erstere entschie-
Am Tage des Warnstreiks
Ein Tag des Stillstands und des Schweigens im Saarbrücker Hafengelände (links), wo »ich sonst ununterbrochen die Kranen bewegen,
um in stetem Geknatter die Schiffe mit schwerer Last zu beladen. — Das Saarbrücker Straßcnba' depot (rechts), mit einem Teil der
Straßenbahnwagen, die sonst dem rastlosen Verkehr dienen, der die Arbeitnehmer täglich zu und von ihren Arbeitsplätzen bringt.
Die Losung des Gewerksdiaftsaussdiusses
Seite 2
Oktober 1950
„DIE ARBEIT“________________
Starker Auftrieb in der Lohnbewegung
(Fortsetzung von Seit« 1)
<Jen. Wir danken nicht daran, di« Hand« in
den Schoß zu legen oder unfruchtbaren
Gedankengängen nachzuhängen. Wir
marschieren in den jeweiligen Verhältnis-
sen mk und versuchen — wenn es sein
muß, durch Kampf — die Scheibe Brot zu
erringen, die uns auf Grund unserer Stel-
lung in Wirtschaft und Gesellschaft zu-
eteht. Darunter verstehen wir mehr als das
nackte Existenzminimum. Nur ein Wolken-
kuckucksbewohner träumt deshalb von
einer „Zuveriässigkeitsbescheinigung“, dis
in Wirklichkeit eine Bescheinigung des
Verrats an der gesamten Arbeiterschaft
ist, die Beamten nicht ausgenommen.
Der Streik hatte aber auch etwas Er-
freuliches im Gefolge. Er hat den klassi-
»nnen Beweis für die zwischen Beamten,
Arbeitern und Angestellten bestehende
Schicksalsgemeinschaft geliefert, einer
Tatsache, die nicht überall mit der wün-
schenswerten Klarheit gesehen wurde. Die
Beamten sind durch die Verfassung des
Streikrechts beraubt. Es war deshalb eine
und Angestellten die Sache der Beamten
Selbstverständlichkeit, daß die Arbeiter
in ihre Aktion mit einschlossen, um etwas
zu beschleunigen, was uns allen gleicher-
weise unter den Nageln brennt. Anderer-
seits verpflichtet dies die Beamten — dort
wo es noch nicht geschehen ist — ihre
Stellung zur gemeinsamen Gewerkschaft
einer Nachprüfung zu unterziehen. Wenn
beide Teile ihre Aufgabe und Verpflich-
tung richtig erkennen und anpacken, ha-
ben wir eine echte Berutsgemeinschaft,
in der einer dem anderen beispringt.
Zum anderen versteht sich — und ist
von uns nie bestritten worden— daß die
aus der Verschiedenheit des Arbeitsver-
hältnisses entspringenden Belange g3-
trennt behandelt werden müssen. Wir ha-
ben das schon sehr zeitig erkannt un</
immer gesagt, daß unsere Gewerkschaft
kein großer Pott ist, in dem man alle ver-
senken könne. Aus diesem Grunde wur-
den für die Beamten, Arbeiter und Anga-
stllten getrennt arbeitende Fachgruppen
geschaffen und bei der Zusammensetzung
des Gesamtvorstandes Wert darauf ge-
legt, daß alle Gruppen vertreten waren.
Selbst der gehässigste Gegner wird zuge-
ben müssen, daß Erfolge errungen wurden
die einzigartig dastehen. Man denke hier
nur bei der Post an die Untere Beamtan-
laufbahn. Im Interesse einer allgemeinen
Befriedigung mußten nach oben, insbe-
sondere in aer Höheren Laufbahn Ein-
bußen hingenommen werden, die von dan
Verantwortlichen zwar nicht gewünscht,
aber leider mit Rücksicht auf die Gesamt-
verhaltnisse unumgänglich waren. Es ist
verständlich, daß die höheren Beamten,
die auf eine langwierige Ausbildung
und die zwangsweise damit verbundenen
hohen Geidausgaben hinweisen können,
darüber nicht erfreut sind. Auch wir wa-
ten es nicht. Andererseits wissen wii;
daß viele derjenigen, die selber darunter
zu leiden haben, keinen anderen Weg zei-
gen konnten. In einer Zeit, in der ein
Großteil der übrigen Beamten, Angestell-
ten und Arbeiter nicht einmal über das
nackte Existenzminimum verfügt, ist es
oberste Pflicht eines Staates, jedem we-
nigstens soviel zu geben, wie er zum La-
ben braucht. Mit 40 000 bis 50 000 Frs.
läßt sich immerhin leben, selbstverständ-
lich ließe sich mit 70 000 bis 80 000 Frs,
besser Leben, aber keiner wird bestreiten,
daß man mit 20 000 Frs. kaum noch einen
Monat durchkommen kann.
Der Wunsch zur Separierung geht an
der allgemeinen Not vorbei. Wir wollen
nicht untersuchen, inwieweit ein Beamten-
bund in früheren Zeiten eine Berechtigung
hatte. Heute hat er sie gewiß nicht und
wird — konsequent durchgeführt — ein
Fiasko werden. Das Kräfteverhältnis ist
sehr ungleich. Niemand wird so vermes-
sen sein zu glauben, daß die Saarländi-
sche Regierung einer kleinen, engherzi-
gen Gruppe ein Inseldasein bereiten kann,
selbst wenn sie es möchst«.
Wir sind also nur nackte Realisten,
noch nichts mehr, wenn wir zu einer Ge-
werkschaft „Ja“ sagen, in der Arbeiter,
Angestellte und Beamte gemeinsam um
die Erfüllung ihrer Forderungen ringen.
Die HsupMeruflgen des i.u.-sergsau
behandelte Kollege Johann Dreher am ver-
gangenen Sonntag in einem Rundfunkvortrag.
Verlangt wird die Festsetzung eines Mindest-
lohnes wie für die übrigen Industrien, ferner
eine allgemeine Lohnregelung entsprechend den
saarländischen Verhältnissen und ein Tarifver-
trag nach saarländischem Recht unter Zu-
grundelegung des Bergbaustatuts.
ln Erläuterungen zu den einzelnen Forderun-
gen des Tages schaffte Kollege Dreher grund-
sätzlich Klarheit. Aus den Darlegungen ergab
sich die dringende Notwendigkeit, den Forde-
rungen des I. V.-Bergbaus ohne lange Ver-
zögerung Rechnung zu tragen. Der Spreche»
unterstrich die Hoffnung, daß bei gegenseiti-
gem guten Willen in Zukunft eine Situation,
■vue jene, die zum Warnstreik vom 2. Oktober
führte, vermieden werden könne.
Herausgeber: Hauptverwaltung der Ein-
heitsgewerkschaft, Saarbrücken 3, Brauerstr. 4-fc
Verantwortlich «ir den Geaaxntinhalt: Heinrich
Wacker. Redaktion; Sozial- und Wirtschafts-
politik C. Schuhler, tndustrteverbänd«, Jugend
»owie Feuilleton I. P Wambach. — Druckt
Druckerei Saar-Zeitung Dt. Nikolaus Fontaine,
Eiazelverkaufsprels der »Arbeit*4 fl.— ffrs.
Aus den bisherigen Lohnverhandlungen
seit dem Warnstreik sind bis zur Herstel-
lung dieser Nummer folgende
Teilergebnisse
zu verzeichnen:
Der Ind.-Verb. Bergbau steht mitten in
Lohnverhandiungen. Bisher wurde her-
ausgefunden, daß die Löhne in Lothringen
durchschnittlich um 73 Frs. höher liegen
als im Saarland. Eine gewisse Summe
errechnet sich aus diesem Unterschied,
die nach Lage der Dinge und zur Errei-
chung der 1. F,tappe, das wäre die Anglei-
chung der Löhne an die in Lothringen,
eine Besserstellung im Moment ermögli-
chen würde. In den bisherigen Bespre-
chungen konnte lediglich die Ueberprüfung
der leider sehr lückenhaften Unterlagen
der Regie des Mines durchgeführt wer-
den. Der Industrieverband erwartet deai
schnellen Abschluß der ersten VeriiancU
lungsetappe.
Bei der Fachgruppe dar Bergbau-Ange-
stellten wird, weil der Kollektiwertrag ab-
läuft, ein neuer fortschrittlicher Tarifver-
trag, der eine Zusammenfassung einiger
Gehaltskategorien und der Altersstufen
und eine günstigere Regelung für alle An-
gestellten vorsieht, erstrebt. Ein Tarifver-
trag für die Ingenieure und Gleichgestellt«
wurde bereits abgeschlossen.
Die Verhandlungen des Ind.-Verb. Metall
erbrachten ein bisher nicht zufriedenstel-
lendes Ergebnis. Für die Arbeiter in der
Schwereisenindustrie sind die Mindestlöh-
ne nur gering erhöht worden. Die Arbeit-
geber wünschen die Anpassung der Löh-
ne an die in Lothringen, di« nur wenig«
Prozente höher liegen. Der I. V. erstrebt
eine Erhöhung, die über diese Mindest-
löhne hinausgeht, so daß jeder Arbeit-
nehmer mit einer Lohnerhöhung bedacht
wird. Die Verhandlungen für die Erhöhung
der Gehälter der Angestellten brachte ei-
nen Fortschritt für die unteren Kategorien.
Die Verhandlungen, auch für die weitex-
verarbeitende Industrie, werden fortge-
setzt.
Die Forderungen des I. V. Eisenbahn
belaufen sich auf Gewährung einer Wirt-
schaftsbeihilfe von 2500 Frs. für Ledige,
5000 Frs. für Verheiratete und 1000 Frs. füx
jedes Kind und auf Einführung einer fort-
schrittlicheren Personalordnung. Die Ver-
handlungen sind, bei Redaktions Schluß
noch im Gange.
Die Lohnverhandlungen in der gra-
phischen Industrie zur Neugestaltung
der Löhne führten am Donnerstag, dem
28 . 9. 1950, zum Abschluß eines neuen
Lohntarifvextrages. Der Abschluß sieht
die Festsetzung eines Ecklohnes vor, von
welchem dann die Auf- und Abstufungen
erfolgen. Dieser Ecklohn wurde mit Wir-
kung vom 1. 10. 50 auf 120 Frs. pro Stunde
festgeLegt (früher 108.50 Frs.). Die Auf-
und Abstufungen auf diesen Lohn sind
prozentual festgelegt, so daß bei kom-
menden Verhandlungen nur der Ecklohn
einer Abänderung unterliegt. Die Gehälter
der technischen Angestellten unterliegen
ebenfalls der prozentualen Steigerung. E>i«
kaufmännischen Angestellten erhalten ei-
ne Erhöhung um 15 o/o auf die Gehälter
vom 1. 10. 1948.
In Verhandlungen des Verbandes Oef-
lentliche Betriebe und Verwaltung«» mit
der Regierung wurde eine Uebereinstim-
mung erzielt, wonach die Arbeiter neben
der 20o/oigen G r u n d 1 o h nerhöhung ei-
ne Stunden Lohnerhöhung von 10—11 o/o
erhalten. Die Besprechungen für eine Ein-
führung einer einheitlichen monatlichen
Teuerungszulage sind noch nicht abge-
schlossen. Für die Waldarbeiter, die zum
öffentlichen Dienst gehören, sind langwie-
rige Verhandlungen notwendig, um sie ln
den Genuß der Erhöhung wie für die übri-
gen Arbeiter zu bringen. Das gleiche gilt
für die Fachgruppe des Gesundheitswe-
sens in bezug auf das Hilfst- und Pflege-
personal.
Die Fachgruppe Banken und Sparkasse»
hat den Antrag gestellt, für die Angestell-
ten ab 1. September eine einmalige Zulage
für Ledige von 3000 Frs. und für Verheira-
tete bis zu 7500 Frs. als Vorschuß für den
im Monat Oktober abzuschließenden Ta-
rifvertrag zur Auszahlung zu bringen. Die-
sem Antrag wurde seitens des Bedin-
gungsausschusses der Banken und Spar-
kassen entsprochen.
Die Fachgruppe Versicherungen stellt«
den gleichen Antrag (wie Fachgruppe Ban-
ken und Sparkassen) an die Berufsvereini-
gung der Versicherungs-Gesellschaften
(Syndikat). Bedauerlicherweise lehnten
diese den berechtigten Antrag ab. Ver-
handlungen über den neuen Tarif finden
am Freitag, dem 13. 10-, beimSchlichtungs-
ausschuß statt. Dis Berufsvereinigung der
Versicherungs-Generalagenten lehnten ei-
nen weiteren Antrag der Fachgruppe Ver-
sicherungen auf Gewährung der Üxlaubs-
beihilfe, wie bei den Gesellschaften und
Gruppen von Gesellschaften, ab. Auch
der Gewährung des 13. Monatsgehaltes
wurde nicht entsprochen. Der Schlich-
tungsausschuß wird sich am Montag, dem
16. 10., damit befassen.
Bei der Fachgruppe Bühne, Kunst und
Film wurde vor kurzem ein neuer Tarifver-
trag abgeschlossen. Eine weitere Anglei-
chung an die Teuerung wird erstrebt. Für
die freischaffenden Musiker kam es noch
zu keinem Abschluß, obwohl ein Entwurf
bereits vor 6 Monaten eingereicht wurde.
Ein Tarifvertrag für das Personal des
Rundfunks ist unverständlicherweise nach
eineinhalbjähriger Verhandlung noch nicht
in Kraft gesetzt. Vom Verwaltungsrat, der
bisher wenig soziales Verständnis zeigte,
wird die endliche Inkraftsetzung eines dsn
derzeitigen Verhältnissen entsprechenden
Tarifvertrages erwartet.
Im Baugewerbe wurde durch
Schiedsspruch am 4. 10. eine Lohnerhö-
hung, abgesehen von den schon erfolg-
ten Erhöhungen, von 12 o/0 erwirkt. Auch
die gesetzlichen Gehälter sind am 1. Ok-
tober um 12 o/o erhöht. Durch diesen
Schiedsspruch werden die noch in Kraft
befindlichen tariflichen Bestimmungen so-
wie di« Verordnung über die Festsetzung
der Mindestlöhne vom 27. 8. 1950 nicht
berührt. Diese Regelung gilt bis zum Ab-
schluß neuer Tarifverträge.
Die Vertreter des I. V. Hol* erreichten
durch Verhandlungen mit dem Arbeitge-
berverband der Holzwirtschaft eine Erhö-
hung der Löhne und Gehälter in der Sä-
ge-Industrie und im Holzhandel. Di« Re-
gelung für Löhne tritt mit Wirkung vom 25.
September in Kraft, die für Gehälter mit
Wirkung vom 1. Oktober und beträgt für
letztere rund 15 o/o. (Einzelheiten sind aus
den in dieser Nummer veröffentlichten Ta-
bellen zu ersehen.)
Der Ind.-Verb. Fabrikarbeiter steht al-
lerorts in Lohn Verhandlungen. Teilergeb-
nisse sind bereits bei den Firmen Ville-
roy & Boch in Merzig, Glashütte St. Ing-
bert, Dynamitwerk Saarwtellingen und in
der chemischen Industrie erzielt worden.
Die gesamten Verhandlungen gestalten
sich sehr zeitraubend, da in dieser Be-
rufsgruppe 19 Tarifverträge zu behandeln
sind.
Beim Ind.-Verb. Leder und Bekleidung
ist es verschiedentlich zur Auszahlung
von Ueberbrückungsgeldem gekommen.
Gemäß dem Ergebnis der ersten Lohnver-
handlungen mix dem Arbeitgeberverband
sind alle Betriebe dieser Branche ange-
wiesen, bis zum endgültigen Abschluß von
neuen Tarifverträgen diese Ueberbrük-
kungsgelder auszuzahlen. In einer Ver-
handlung am 6. 10. mit der Arbeitsgemein-
schaft des Srearl. Handwerks wurde von
dieser eine absolut ungenügende Lohner-
höhung angeboten, die von den Vertretern
der Gewerkschaften ab gelehnt wurde, die
30 o/o fordern.
Der Verband Groß- und Einaelhandel
teilt mit, daß die Lohnverhandlungen in ei-
nigen Tagen abgeschlossen werden kön-
nen. Der Arbeitgeberverband für Handel
und Gewerbe erkennt die Forderungen
des Berufsverbandes der Einheitsgewerk-
Die Einheitsgewerkschaft der Arbeiter, Ang-
estellten und Beamten, Verband Oeffentliche
etriebe und Verwaltungen — Ortsverwaltung
Saarbrücken —- lud für Montag, den 9. 10.
1950, ihre Mitglieder zu einer Versammlung
im Lokal „Keglerherm“ ein. Zur Tagesord-
nung stand ein Referat des Vorsitzenden
des Industrieverbandes Graphik, Kollege An-
selm S t ö r k , über Lohn- und Preispolitik.
Anschließend gab der Geschäftsführer des In-
dustrieverbandes „Oeffentliche Betriebe und
Verwaltungen“, Kollege Wilhelm Heckler;
einen Bericht über die bis jetzt geführten Ver-
handlungen mit der Regierung des Saarlan-
des zwecks Abschluß einer neuen Lohnanord-
nung für die Arbeiter im öffentlichen Dienst
und Gewährung einer Teuerungszulage für die
Angestellten und Beamten,
Schon lange vor Versammlungsbeginn wa»
das Tagungslokal so besetzt, daß die Versamm-
lung in die nebenan liegenden größeren Loka-
litäten verlegt werden mußte. Aber, auch diese
reichten nicht aus, um die erschienenen Mit-
glieder alle zu fassen, so daß durch eineLaut-
sprecheranlnge die Referate in das nebenan-
liegende Lokal übertragen werden mußte. So
gestalteten die Bediensteten des öffentlichen
Dienstes diese Mitgliederversammlung zu einer
machtvollen Kundgebung. Sowohl die präzisen,
markanten Ausführungen des Kollegen Stork
als auch die sachlichen Darlegungen des Kolle-
gen Heckler wurden mit Beifall aufgenommen
und in der anschließenden Diskussion nur noch
da und dort ergänzt.
Das Ergebnis dieser Kundgebung fand seinen
Niederschlag in der nachstehenden Entschlie-
ßung, die von den 500 anwesenden Mitgliedern
einstimmig angenommen wurdet
„Die in der Einheitsgewerkschaft de» ArbeW
ter, Angestellten und Beamten, Verband Oef-
fentliehe Betriebe und Verwaltungen — Orts-
Verwaltung Saarbrücken —, organisierten Be-
diensteten protestieren in einer überaus gut-
besuchten Versammlung gegen die von de»
Regierung des Saarlands immer wieder ves*
schaff als berechtigt cm und ist bemüht
eine für all« Teile befriedigende Lösun'a
zu finden.
Beim I, V. Nahrung und Genuß wurden
in den einzelnen Fachgruppen
Lohnerhöhungen erzielt. Di« Erhöhungen
betragen: Fleischwaren-Industrie 10
Brauereien ab 1. 6. 8 o/0, Tabak-Industrie
ab 1. 5. 5—8 Frs. auf die Stundenlöhn«
und ab 1. 10. Erhöhung der Arbeiter-Stun-
denlöhne um 10—15 o/o, Milchgenossen-
schaften 8 o/o für gewerbliche Arbeiter ab
1. 6., Müller-Syndikat 15 o/0 aut Mindest-
löhne ab 1. 6., Nahrungs- und Genußmit-
tel-Industrie ab 1. 8. 10 <y0 für gewexbl.
Arbeiter und 3 o/o für gewexbl. Arbeiterin-
nen und ab 1. 9. für gewerbl. Arbeiter und
Arbeiterinnen 10 o/o, Konsum-Genossen-
schaften Löhne und Gehälter 8—10 o/0 ab
1. 6. Die Forderungen belaufen sich bei
fast allen Fachgruppen auf Erhöhung der
gesetzlichen Löhne und Gehälter von 20 o/0
und werden zum Teil in weiteren Verhand-
lungen, die vor dem 15. 10. stattfinden.,
und vor dem Schlichter vertreten.
Ind.-Verb. Verkehr und Transport Die
Arbeitnehmer' der Straßenbahnen erwar-
ten von der Regierung dein baldigen Ab-
schluß der Verhandlungen und annehm-
gebnisse. Für das Transportgewerbe ist
der Verband am 6. 10. in Lohnverhand-
lungen eingetreten.
Die Verhandlungen des I- V. Post und
Fe rameläewesetn mit der Regierung, di«
für Donnerstag, den 5. 10., angesetzt wa-
ren, mußten infolge der dienstlich begrün-
deten Abwesenheit einiger Minister bis zu
einem späteren Termin verschoben wer-
den. Aber noch in dieser Woche wird ein
zufriedenstellendes Ergebnis in der Lohn-
frage erwartet.
Ja, es ist schon viel geredet, geschriei-
ben und verhandelt worden über Löhne,
Preise, Tarife und Existenzminimum, und
es wird noch viel mehr geredet, geschrie-
ben und verhandelt werden müssen, bis
es soweit ist. Aber noch nie war es so
lebendig, wie seit dem Warnstreik vom 2.
Oktober. Die Arbeitnehmer blicken jetzt
gespannt auf die positiven Ergebnisse der
Verhandlungen und weniger auf Begleiter-
scheinungen der Initiative, die sich man-
che Betriebe bei einigen Verhandlungs-
partnern auf mehr oder weniger überflüs-
sige Belehrungen erstrecken. Die Gewerk-
schaftsvertreter stehen bei den Verhand-
lungen auf einem festen Fundament. Nicht
nur der Rückgang des Reallohnes liegt
in der V/actgschale, sondern auch andere
Gewichte, nicht zuletzt die enorme Lei-
stungssteigerung der letzten Jahre. Man
wird bei der Krise den Einfluß jener Kreise
nicht aus dem Auge verlieren dürfen,
mit ihrem fatalen einseitigen Hang zu
überlebten Formen der liberalistischen
Wirtschaft überall dem Fortschritt hem-
mend im Wege stehen und gerade in ei-
ner Krisenzeit wie der heutigen nur von
Schaden sein können.
Von der Gewerkschaft wird auch wei-
terhin die Tatsache klar eingeschätzt, daß
es im Rahmen der Verantwortung stets
heißen muß: Wille und Kraft •— Erfolge
schafft I
schleppten Lohn- und GehaltsvcrhandlungenJ
Sia verweisen mit Nachdruck, daß eine Re-
gierung, die bei jeder sich bietenden Gele-
genheit an die Loyalität dieses Berufsstandes
appelliert, auch die sittliche Pflicht hat, die-
sen den Verhältnissen entsprechende Lohn-;
Gehalts- und Arbeitsbedingungen zu gewäh-
ren. Man kann nicht erwarten, daß bei der
bisher gezeigten Verhandlungsbereitschaft die
Bediensteten des Oeffentlichen Dienstes ta-
tenlos Zusehen. Sie werden sämtliche gewerk-
schaftlichen Mittel einBetzen, wenn nicht bi#
Donnerstag, den 12. Oktober 1950, Ihren be-
rechtigten Forderungen der gewünschte Er-
folg beschieden ist.
Mit der gleichen Entschlossenheit fordern
sie die alsbaldige Verabschiedung des Be-
triebsrätegesetzes und des TarifvertragsgeJ
setzes für die Angehörigen des öffentlichen
Dienstes.“
Aus dieser spontanen Willenskundgebung ist
zu ersehen, daß die Arbeiter, Angestellten und
Beamten des öffentlichen Dienstes genau so ge-
schlossen wie ihre Kollegen anderer Berufsgrup-!
pen gegen die in letzter Zeit heraufhesehworene
Preistreiberei Stellung nehmen. Darüber hin-
aus erwarten sie von der Regierung, daß sie
den besonderen Verhältnissen im öffentlichen
Dienst, die so oft von ihr herausgestellt wer-
den, Rechnung tragt und auch, wie schon in
allen Zweigen der übrigen Wirtschaft gesche-
hen, Löhne nnd Gehälter den derzeitigen Prei-
sen anpaßt. Für den öffentlichen Dienst muß
gesagt werden, daß er seit dem wirtschaft-
lichen Anschluß mit der Angleichung seiner
Bezüge um Monate den anderer Berufsgruppea
nachhinkt.
Die sehr lebhaft aber diszipliniert verlauf
fen« Versammlung wurde von dem 1. Vor*
sitzenden der Ortsverwaltung Saarbrücken, Kol*)
leg# Franz Wagner, geleitet und mit einem
Appell an die Erschienenen der Organisation;
genau wie heute auch in der Zukunft mit de»
gleichen Begeisterung im Interesse de» eigene»
Wohles zu dienen, geschlossen.
Imposante Kundgebung
Stellungnahme des Verbandes öffentlicher Betriebe und Verwaltungen
Oktober 1950
Seite 3
Entlassen - weil unorganisiert
Um die Freiheit, sich gewerkschaftlich zu organisieren oder nicht - Arbeits
gericht in der Bundesrepublik weist Klage eines Unorganisierten ab
Die starke Zumutung, daß organisierte Arbeitnehmer mit Unorganisierten Zusam-
menarbeiten mußten, hat ein aufgeschlossenes Arbeitsgericht veranlaßt, eine Hal-
tung einzunehmen, die in all§n Kreisen größte Beachtung verdien«. Mit dieser
Feststellung wird von aibeitsgerichtlicher Seite her deutlich das unmoralische Ver-
halten der Unorganisierten gegeißelt und daraus der Schluß gezogen, daß den or-
ganisiertem Arbeitern die weitere Zusammenarbeit mit Unorganisierten nicht zu-
gemutet werden kann.
Der nachstehend im einzelnen dargelegte Vorgang und die Haltung des Arbeits-
gerichts beruhen auf der beherzten Stellungnahme der Belegschaft eines Betriebes
In der Bundesrepublik.
Laut Arbeitsgerichtsurteil des Arbeitsgerichts in Hameln (Niedersachsen) vom
11. Juli 1950 wurde die Klage einas Unorganisierten gegen seinen Unternehmer an-
gewiesen. Der Unternehmer hatte den Kläger entlassen, weil die übrige Beleg-
schaft sich geweigert hatte, länger mit einem Unorganisierten zusammenzuaibeften.
Dieses Urteil wurde von
der Unlernehmerpresse
und einem Teil der so-
genannten neutralen
bürgerlichen Presse, be-
sonders durch die „Dei-
ster- und Weserzeitung“
in Hameln, zum Mittel-
punkt einer großen öf-
fentlichen Diskussion
gemacht. Die Presse der
Unternehmer, die im all-
gemeinen keinen großen
Respekt vor persönlicher
Freiheit und Demokratie
an den Tag legt, wenn
es um den eigenen Pro-
fit geht, versucht hier, sich als Wahrenn
der persönlichen Freiheit und der Demo-
kratie aufzuspielen und zetert über „Dik-
tatur und Vergewaltigung“ durch die Ge-
werkschaften, die durch das Urteil des
Arbeitsgerichtes jetzt auch noch sanktio-
xueri worden wären.
Das hier zu Debatte stehende Problem
ist nicht neu. Solange es Gewerkschaf-
ten gibt, hat die Frage, ob es rechtlich und
moralisch vertretbar ist, einen Arbeitneh-
mer zum Beitritt zu einer Gewerkschaft zu
zwingen, in allen Ländern, besonders in
Amerika, immer wieder eine große Rolle
gespielt.
Die Gewerkschaften in Deutschland ha-
ben in ihren Statuten die Bestimmung, daß
die Mitgliedschaft freiwillig ist. Diesen
Grundsatz vertreten sie nach wie vor.
Aber damit allein ist das Problem noch
nicht gelöst. Die Frag« heißt:
Kann es der gewerkschaftlich organi-
sierten Mehrheit eines Betriebes zugemu-
tet werden, mit einem Menschen zusam-
menzuarbeiten, der zwar die von den Ge-
werkschaften mit schweren Opfern errun-
genen VorUife (Kürzung der Arbeitszeit,
ausreichenden Lohn, Ueberstundenzu-
schlag, Urlaub üsw.) für sich beansprucht,
sich aber weigert, mit seinen Mitarbeitern
zusammen durch Leistung der Gewerk-
schaftsbeiträge die Voraussetzungen für
die Erzie'mg dieser Vorteile zu schaffen?
Im allgemeinen vertreten die Gewerk-
schaften die Auffassung, daß die Nicht-
organisierten durch Aufklärung überzeugt
werden sollen, aaß es nicht nur im Ge-
samtinteresse der Belegschaft, sondern in
dem jedes einzelnen liegt, der Gewerk-
schaft beizutreten, weil nur durch die Ei-
nigkeit der Arbeitnehmer alle Verbesse-
rungen der Lohn- und Arbeitsbedingungen
erzielt werden können.
Wenn aber ein Nichtorganisierter aus
egoistischen Gründen diesen Argu-
menten nicht zugänglich ist und sich
beharrlich w eigert, einer Gewerkschaft
beizutreten, dann kann man es den
übrigen Kollegen nicht verdenken und
verwehren, wenn sie nicht bereit sind
zu weiter er Zusammenarbeit mit einem
so unsolidarischen Mitarbeiter.
Moralisch ist dieser Gesichtspunkt in
jeder Hinsicht richtig und vertretbar. Wi«
aber steht es juristisch?
Das Grundgesetz gewährt in Artikel 9
prinzipiell die positive Koalitionsfreiheit.
Danach hat jeder Deutsche das Recht, zur
Wahrung und Durchführung seiner Wirt-
schafts- und Arbeitsinteressen Vereini-
gungen zu bilden, und alle Maßnahmen,
die dieses Recht einschränken oder seine
Ausübung zu hindern versuchen, werden
für ungesetzlich erklärt. Dieses positiv«
Koalitionsrecht schließt aber auch das
negative in sich, wie das Arbeitsgericht
Hameln bei seiner Entscheidung weiter
folgerte. Somit hat jeder Deutsche auch
das Recht, den Beitritt zu einer solchen
Organisation zu verweigern. Aber auch
in der denkbar besten Demokratie gibt es
keine unbeschränkte Freiheit.
Die Freiheit des einzelnen hat dort ihr«
Grenzen, wo sie die Freiheit anderer und
der Gesamtheit beeinträchtigt.
Genau so wenig, wie dem Unorgani-
sierten der Beitritt in eine Berufsorgani-
sation gesetzlich aufgezwungen werden
Mißtrauen für Betriebsrat bei V. & B. Merzig
Einstimmige Forderung auf Abberufung — Bildung einer Lohnkommission.
Die am vorvergangenen Sonntag im
iaale Bell in Merzig durchgeführte Gene-
ralversammlung des I. V. Fabrikarbeiter
aßte einstimmig mehrere Beschlüsse und
vählte einen neuen Vorstand. Nachdem
der Kollege Schreier die Versammlung
eröffnet und die Gäste begrüßt hatte,
übergab er das Wort dem Kollegen
Kuhnen, der über die Mißverhältnisse
in Lohn- und Preisfragen referierte. Es sei
'war lobend anzuerkennen, daß die Be-
riebsleitung einen Vorschuß für die kom-
aende Lohnerhöhung gezahlt habe, daß
lies aber für den Arbeitnehmer solang«
rein positiver Erfolg sei, bis endgültige
1 arifverträge abgeschlossen seien. Der
tedner forderte die sofortige Zusammen-
setzung einer Lohnkommission, die die
Grundlagen eines neuen Tarifes auszu-
arbeiten und mit Nachdruck bei der Be-
riebsleitung zu fordern habe. Dieser An-
rag wurde einstimmig angenommen und
iie Mitglieder der Lohnkommission aus
allen Abteilungen gewählt. Der Kollege
leubecker, 2. Vorsitzender des Indu-
ürieverbandes, zeigte mit deutlichen Bei-
spielen die Folgen der Zersplitterung der
Arbeiterschaft auf. Er appellierte an die
Tewerkschaftüche Gesinnung der Berufs-
ameraden, daß, wenn die Pflicht sie ruft,
;ie für ihre Forderungen das letzte ge-
werkschaftliche Mittel einsetzen müßten.
Me Vorschußzahlung sei nicht als voll-
wertig zu bezeichnen. Zum Beispiel, wenn
s zu keinem neuen Tarifvertragsabschluß
äme, könne die Vorschußzahlung auf den
Mten Lohn wieder in Anrechnung gebracht
werden. Trotzdem wird die Gewerkschaft
’as zu verhüten wissen.
Nachdem die Kollegen Schreier, Streit
nd Hermann ihre Rechenschaftsberichte
'bgegeben hatten, wurden in der Diskus-
ion alle brennenden Fragen ausführlich
©handelt. U. a. wurde die sofortige Ab-
berufung des Betriebsrates in einer Beleg-
Schafts Versammlung gefordert. Df© Ver-
rammlung sprach auf Grund unliebsamer
atsachen dem Betriebsrat, außer dem
Vorsitzenden, das Mißtrauen aus. Eine
-je, egschaftsversammlung habe sich mit
dieser Frage eingehend zu beschäftigen.
Die Wahl des neuen Vorstandes hatte
felgendes Ergebnis:
1- Vorsitzender: Johann Qasptr,
2. Vorsitzender: Schreier,
Kassierer: H e r m a n n,
Schriftführer: Streit,
1. Beisitzer: Peter Adler,
2. Beisitzer: Fox.
Nach einer Stellungnahme des 1. Vorsit-
zenden zu den brennendsten innerbetrieb-
lichen Problemen und der Schlußanspra-
che wurde die Versammlung in voller Ein-
mütigkeit geschlossen.
*
Als am Montag, dem 2. Oktober, di«
Einheitsgewerkschaft zu einer allgemeinen
Protestaktion aufrief, legten einige Abtei-
lungen bei der Firma Vilieroy & Boch in
Merzig die Arbeit nieder. Wie wir aus zu-
verlässigerQuelle erfahren, fand zwischen
Betriabsteihmg und den Vertretern beider
Gewerkschaften eine Aussprache statt.
Das Ergebnis war, daß der 1. Vorsitzende
der christl. Gewerkschaft, als er die Ar-
beitshallen aufsuchte, erklärt«, daß er es
ab1 ebne, zu streiken. Es sei noch bemerkt,
daß dieser Streikbrecher genau den g’ei-
chen Befehl zum Streiken wie die Eiubeits-
gewerkschaftler erhalten hatte. Nachdem
dieser seinen Einfluß bei einem gewissen
Teil der Belegschaft geltend machen konn-
te, wurde die Arbeit gegen 16 Uhr wieder
aufgenommen.
Der 1. Vorsitzende der CGS hat durch
sein Verhalten gegenüber der Belegschaft
seine schon immer sichtbare Abhängig-
keit von der Betriebsleitung erneut bewie-
sen. Seinen organisierten Kameraden
schlug er damit mit der Faust ins Gesicht.
Zahlreiche Mitglieder haben die Konse-
quenz bereits gezogen und sind zur Ein-
heitsgewerkschaft übercetrefen. Es ist un-
sere Pflicht, darauf aufmerksam zu ma-
chen, daß dta Betriebsleitung vielleicht
nicht ohne Hintergründe an einem Mon-
tag die vergangenen Feiertage, am Diens-
tag die Familienzulagen, am Freitag den
Wochenlohn und am Samstag die Vor-
schußzahlung für die kommende Lohner-
höhung auszahlte. Daß sie damit einen
bestimmten Zweck verfolgen wollte, liegt
allzu nahe.
Mögen noch mehr Belegschaftsmitglie-
der endlich erkeanew, zu welchem Typ dev
oben erwähnte „Afbeütervertr»ter ‘ w
sähien ist.
kann, genau so wanig kann man eine or-
ganisierte Arbeitnehmerschaft zwingen,
mit einem Unorganisierten zusammenzu-
arbeiten. D.e Folgen seines Verhaltens
hat daher der Unorganisierte selbst zu
tragen.
Der Bauunternehmer wurde mit der Be-
gründung freigesprochen, daß er der Ge-
fahr ausaesetzt war, durch die Weiterbe-
schäftigung des Unorganisierten seine
ganze übrige, fast hundertprozentig orga-
nisierte Belegschaft von Facharbeitern zu
verlieren und dadurch an der rechtzeiti-
gen Fertigstellung termingebundener Auf-
träge gehindert werde. Der Arbe;tgeber
habe daher dem Unorganisierten nahege-
legt, doch einer Gewerkschaft beizutreten.
Das müsse ihm um so leichter fallen, als
die Gewerkschaft mit Rücksicht auf seine
mißlichen materiellen Verhältnisse bereit
wäre, ihm bei der Beitragsfestsetzung
weitgehend entgegenzukommen. Als der
Arbeiter trotzdem bei seiner Ablehnung
blieb, entließ ihn der Arbeitgeber unter
Einhaltung der vorschriftsmäßigen Kündi-
gungsfrist. Damit wären auch die gesetz-
lichen Bestimmungen eingehalten worden.
Ein Arbeitsvertrag ist eine von beiden Sei-
ten freiwillig abgeschlossen© Vereinba-
rung. Es gibt keine gesetzliche Bestim-
mung, die einen Unternehmen zwingt, ei-
nen ganz bestimmten Arbeiter zu beschäf-
tigen. Auch eine gesetzlich unzulässige
willkürliche Entlassung komme hier nicht
in Frage, denn der Unternehmer habe sich
in einer Notlage befunden und aus dieser
heraus gehandelt.
Das ist die rechtliche Seite dieses Fal-
les. Doch ist die Entscheidung des Ar-
beitsgerichtes noch nicht endgültig, weil
der abgewiesene Kläger dagegen Beru-
fung beim Ländes-Arbeitsgericht in Han-
nover eingelegt hat.
Bezeichnend dabei ist — und damit
kommen wir zu der von der Untemeh-
merpresse aufgeworfenen Machtfrage —,
daß dar mittellose Hilfsarbeiter die mit
erheblichen Kosten verknüpfte Berufungs-
klage einreichte und auch bereits einen
Rechtsanwalt zu seiner Verteidigung hat,
ohne das ihm zustehende Armenrecht zu
beanspruchen. Es besteht aber kaum ein
Zweifel, daß das zahlungskräftige Unter-
nehmertum hinter dem unorganisierten
Kläger steht. Von seinem Standpunkt be-
fürchtet es — nicht mit Unrecht —, daß
das Arbeitsgerichtsurteil von Hameln zur
allgemeinen'Rechtsauffassung wird. Das
könnte die unangenenme Folge hauen,
daß den Unternehmern die Begünstigung
nichtorgamsierter Arbeiter und due da-
durch erstrebve Schwächung und Aus-
sc lai-ung des gewerkschaftlichen Einflus-
ses erschwert wird.
Diese rein materielle, machtpoütische
Seite der Angelegenheit ist dia alleinige
Ursache der künstlichen Entrüstung dar
Unternehmer, rhr Ga schrei über „Dikta-
tur“ und „Beeinträchtigung demokrati-
scher und persönlicher Freiheit“ ist daher
nichts anderes als eine fadenscheinig«
Tarnung ihres materiellen Zweckes. Ist es
doch tausendfach erwiesen, daß dieselben
Untemehmerkreise auf Demokratie und
persönliche Freiheit der Arbeiter pfe.ten,
wenn sia mißliebige Gewerkschaftler ent-
lassen und rücksichtslos aui die Straße
setzen.
Aach für die Gewerkschaften und die
gewerkscha tiieh organisierten Arbeitneh-
mer geht es hier um sahr reale Dinge. Sie
haben dazu aber auch das juristische und
das moralische Recht auf ihrer Seite. Im
schweren Kampf um die Durchsetzung ih-
rer Forderungen ist der sich beharrlich
weigernde Unorganisierte ein Schädling.
Er verweigert nicht nur seinen gewerk-
schait ichen Beitrag, sondern wird in neun
von zehn Fällen als Streikbrecher seinen
Kollegen in den Rückan fallen, wann die-
se geswungen werden, mit dem Mittel des
Streiks ihre berechtigten Forderungen
durchzusetzen odar Verschlechterungen
abzuwehren. Daher muß sein Verhalten
als asozial und undemokratisch ange e-
hsn werden. Gäbe es eine wirklich
schrankenlose persön’iche Fraihe i, dann
wären auch alle Gesetze eines demokra-
tischen Staates, die den einze nen zu oft
recht unbequemen Pflichten (wie z. B. zum
Steuernzahlen) zwingen und Ihn dadurch
in seiner persönlichen Freiheit beeinträch-
tigen, moralisch nicht gerechtfertigt. Kein
vernünftiger Me isch wird aber d e-e
Grundsätze als freiheitlich und demokra-
tisch verteidigen woben.
Abschließend sei gesagt: die Gewerk-
schaften bestehen auf der Freiwilligkeit
der Mi g'iedschait, sie lehnen jede Art von
Gewaltmaßnahmen gegenüber den Unor-
ganisierten ab. Aber s'e wehren sich
ebenso entschieden dagegen, daß ibra Mit-
glieder gezwungen werden soften, mit be-
wußt asozialen Elementen zusammenau-
arbeiten. AE.
«roßen
io
«raU üHw
in „ ^ fnre
t« nur re'n w-ft/j
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immer qut - immer iiihq!
Sfeite 4
Oktober 1950
Eisenbahner und Besoldungsordnung
Kürv.m'ii fand in St. Wendel im Lokal Tho-
lev eine sehr gut besuchte Mitgiiederversannn-
lun« der Ortsgruppe des 1. V, Eisenbahn der
K' heitsee ’• halt statt, in der Kollege
Wel r zu den gegenwärtigen Aufgaben und
zur allgemeinen Tage Stellung nahm.
Weiter stellte fest, daß die Lebenslage aller
Schichten sieh auf Grund der Teuerung sehr
verschlechtert habe. Oie Einheitsgewerkschaft
sei nicht mehr länger gewillt, die bisherige
Verschleppungstaktik der Regierung und der
Arbeitgeber in der Frage der Zuführung
einer Verbesserung der Lebenslage der Schaf-
fenden Menschen hinzunehmen.
Zur Personal- und Besoldungsordnung er-
klärte Kollege Weiter, daß die Ausarbeitung
derselben längere Zeit in Anspruch nehmen,
als nan angenommen habe. Die Eisenbahner
vertreten die Auffassung, erklärte Kollege
Weiter, daß die derzeitigen Verhältnisse sich
ändern müssen und erwarten eine positive Tä-
tigkeit des Verwaltungsrates. Möge der zu-
künftige Präsident des Verwaltungsrates das
notwendige Verständnis für die Belange der
Eisenbahner entgegeubringen- In weiteren Aus-
führungen erklärte Kollege Weiter, daß der
Verwaltungsrat am ?, Oktober 1950 zu seiner
ersten Sitzung zusammentreten iwrd, der I. V.
Eisenbahn dann zu den einzelnen Fragen Stel-
lung nehmen wird und eine Sonderforderung in
Form einer Soforthilfe vertritt.
Ueber die Personalordnung, die von der Ge-
genseite zum Teil als unannehmbar bezeichnet
v-erde. konnte bei dem Hohen Kommissar eine
Einigung erzielt werden und zwar haiiDtsäoh-
lich in den Rechtsfragen. Auch die CGS habe
ebenfalls ihre Forderungen erhoben, die aber
in krassem Gegensatz za den unsrigen stehen.
Der kleine Vorteil der CGS sei nur eine Täu-
schung, um die Arbeiter und Beamten von un-
serer positiven Forderung abzulenken.
Die Fortschrittlichkeit der Personal- und Be-
soldungsordnung wurde auch auf dem Kon-
greß der Eiscubahner in Gelsenkirchen, au der
Kollege Weiter teilnahm, von den Vertretern
des DGB. I. G. Eisenbahn, die 43 000 Mit-
glieder vertreten, einstimmig angenommen.
Diese Personal- und Besoldungsordnung wird
von der I.—G. Eisenbahn beim DGB für die
Eisenbahner übernommen werden. Ja darüber
hinaus von den Vertretern der Gewerksohafts-
internationale an alle Bünde übergeben.
Abschließend zu dieser Frage erklärte Kol-
lege Weiter: Wir sind dazu da, den schaffen-
den Menschen an der Wirtschaft teilnehmen
zu lassen, da die Plattform vorhanden sei und
durch den I. V. Eisenbahn im bisherigen Sinne
wejter<?earl*eitet wird. Und in diesem Sinne
sei auch die Personal- und Besoldungsordnung
geschaffen worden.
Die im Anschluß erfolgte sehr rege Diskus-
sion erbrachte den Beweis, daß die Tätigkeit
der Verbandsleitung im Sinne der Schaffen-
den der SEB durchgeführt wird.
Kollege Vogel dankte dem Kollegen Wolter
für die zu den flerzeu der Eisenbahner gehal-
tenen Ausführungen und schloß mit einem Auf-
ruf an alle, die Notwendigkeit des gewerk-
schaftlichen Zusammenschlusses zu erkennen.
imiittiitittmmiitMHiiiHiiiutiiiittiiimiiimntitiiiiiiiitiiHiiiiiMitiiitiHiiHitttiiuMiiiMiii
Post aus dem Ausland
L^A. Erster Schritt zu einer Gewerkscbalts-
einhelt. Die beiden großen amerikanischen Ge-
werkschaften AFL und CIO haben ihre erste
formelle Vereinbarung für die Zusammenarbeit
in Fragen der Politik, der Gesetzgebung
und der Außenpolitik abgeschlossen. Ein stän-
diges „Einhaltskomitee“ wurde damit be-
auftragt, für Beilegung von Zwistigkeiten zu sor-
gen und Vorschläge für die Verschmelzung zu
studieren.
* Die 197 verschiedenen Gewerkschaftsverbände
der Vereinigten Staaten von Amerika veröffent-
lichen insgesamt rund 800 Zeitungen und Zeit-
schriften. Ihre Gesamtauflageziffer liegt nach
Schätzungen des US-Arbeitsministeriums zwi-
schen 20 und 30 Millionen Exemplaren. Die mei-
sten Veröffentlichungen erscheinen regelmäßig
monatlich und enthalten Artikel von grundsätz-
licher Bedeutung, die für die betreffenden Ge-
werkschaftsverbände von Interesse sind. Sie ge-
ben als öffentliche Presseorgane die Meinung
der Gewerkschaft wieder, und ihre Stellung-
nahmen zu Arbeitsproblemen tragen nationalen
und internationalen Charakter.
la Finnland streikter 70 000 Metallarbeiter. Sie
forderten Lohnerhöhungen bis zu SO Prozent Wei-
tere Gewerkschaften hatten sich der Lohnbewe-
gung angeschlossen, so daß etwa 100 000 Arbeit-
nehmer sich im Streik befanden. Das Ergebnis
steht noch aus.
Der Zerfall des Weltgewerkschaftsbünden.
Zwei neue Gewerkschaftsorganlsalionen. der
Zentralverband der holländischen Gewerkschaf-
ten und der Allgemeine Tunesische Geweik-
schaftsbund haben ihren Austritt aus dem Welt-
gewerkschaftsbund erklärt Der Vorstand des
A.T.G., der größten Gewerkschaftsorganisation
Tunesiens, erklärte: „Der Weltgewerkschaftsbund
vertritt nicht mehr die internationale Arbeiter-
klasse. Er ist zum Instrument einer politischen
Partei geworden und bietet den um ihre Selb-
ständigkeit und Unabhängigkeit kämpfenden Völ-
Leistungsschau des Handwerks
Auf dem bekannten Meßgelände am Schan-
zenberg in Saarbrücken ist jetzt^das saarlän-
dische Handwerk eingezogen. Die Vorbereitun-
gen für die große Schau von 12 000 saarlän-
dischen Handwerksbetrieben lassen Großes er-
warten. Fast alles das, was fachliches Können,
Initiative, Tradition und Liebe zum Handwerk
in unserm Raum zu schaffen vermag, wird in
dieser Ausstellung zum ersten Male seit dem
Kriege gezeigt. Das Handwerk, das durch den
Krieg schwer geschädigt und ztirüekgeworfen
wurde, gibt zugleich mit dieser Schau ein deut-
renherstellung vor Augen führen. Für die
Frauenwelt werden die Vorführungen der Putz-
macherinnen ihre Anziehungskraft ausüben,
während die Männerwelt Gelegenheit hat, sich
unter anderm der Stube der Bierbrauer znzu-
wenden. Vieles andere, was die Ausstellung bie-
tet, kann sich zeigen lassen. Die nun einmal
init derartigen Veranstaltungen verbundenen
Zugmittel fehlen auch hier nicht. Jeder 500.
und 1000. Besucher erhält vom Fleischer-
handwerk ein Geschenk. Die Rundfunkmecba-
niker haben sich erboten, kostenlos Radioröh-
Das Handwerk stellt aus:
MESSE-GELÄNDE
AM SCHANZENBERG
Leistungsschau des gesamten Handwerks *
geöffnet täglich von 9.00 bis 18.00 Uhr
30% Fahrpreisermässigung bei der saarl. Eisenbahn
Ei n tr i 11 s ka r te n an allen Fahrkartenschaltern
liches Bild seines Aufbauwillens, seiner Schaf-
fenskraft und seiner Krisenfestigkeit. Vieles,
was die Ausstellung bietet, wird aber gerade
das Interesse der Nichthandwerker, der Be-
sucher aus allen Schichten, Hervorrufen. Ne-
ben der Schau werden hierbei vor allem manche
Vorführungen die Aufmerksamkeit auf sich
ziehen, so z. B.. die Produktion in der Wurst-
küche der Metzgerinnung. Auch andere Grup-
pen werden einmal hier der öeffentüchkeit ihre
Fertigkeit und Gewissenhaftigkeit bei der 'Ka-
ren zu prüfen. Dann ist eine große Tom-
bola gesichert. Der erste Preis ist eine Küche
oder ein Schlafzimmer, Beim Handwerk ist si-
cher zweifellos mit Qualität zu rechnen. Alles
Erforderliche ist von dem Veranstalter, der
Arbeitsgemeinschaft des saarländischen Hand-
werks, sorgfältig vorbereitet. In der Zeit vom
12. bis 22. Oktober, in der die Ausstellung ge-
öffnet ist, werden viele Tausende den ^ eg
zum Schanzenberg finden.
ihmt4mdk
*0as 'fibuis, dasjaden an^iekil
Für Freiheit und Recht
Die wichtige Rolle
M. J. Tobin, der USA-Arbeitsmini-
ster, erklärte zum „Tag der Arbeit“,
der in USA. jetzt gefeiert wurde und
eine ähnliche Bedeutung hat wie bei
uns der 1. Mai:
„Diesmal hat der Tag der Arbeit einen
besonderen Sinn. Er wird diesmal in
einer Zeit gefeiert, in der die Vereinig-
ten Staaten die Herausforderungen ei-
nes totalitären Systems angenommen
und die Verteidigung der südkoreani-
schen Bevölkerung übernommen haben -
ebenso wie in allen anderen Ländern,
die der Kommunismus bedroht. Auch
die organisierte Arbeiterbewegung und
die Gewerkschaften haben sich diesem
Kampf angeschlossen, den sie mit aller
Kraft und Ueberlegung durphführen.
Die Gewerkschaftsbewegung ist frei,
sie kann aber nur in einer Demokratie
frei sein. Die amerikanische Gewerk-
schaftsbewegung weiß, daß es in jenen
Ländern, die von Kommunisten beherrscht
werden, keine Freiheit für den
Arbeiter geben kann. Der freie Arbeiter
weiß, daß er es sich selbst und seinen
in Fesseln gelegten Kollegen in den tota-
litären Staaten schuldig ist, ohne jeden
Die Waschmaschine in der Tüte
Garantiert unschädlich, kein Soda, kein Chlor.
Vorbehalt dafür zu kämpfen, daß die Ar-
beiterschaft in allen Ländern der Welt
befreit werden muß.
Die Amerikaner lieben den Frieden. Sie
haben einen Geist internationaler Zu-
sammenarbeit bewiesen, der weit über
den Glauben an ihre Aufgaben hinaus-
gegangen ist. Unsere Aktionen haben den
Arbeitern der anderen Länder Glaube u.
Hoffnung gebracht, in denen die Unter-
drückung regiert. Unsere Aktionen haben
uns zum Beschützer hilfloser Männer und
Frauen überall in der Welt gemacht.
Die Vereinigten Staaten haben Aktionen
in Gang gesetzt, um Freiheit und Frie-
den für die bedrängten Völker der Welt
sicherzustellen. Die Gewerkschaften spie-
len ihre eigene, bedeutungsvolle Rolle in
diesem Kampf für die Rechte der Völker,
die sich die Segnungen der Demokratie
erhalten wollen.
Die Gewerkschaftsbewegung erhebt sich
zu den Höhen jenes großen Arguments
in der Jahrhundertfeier des Geburtstages
Samuel Gompers, des langjährigen Vor-
sitzenden der amerikanischen Gewerk-
schaftsbewegung, der sein ganzes Leben
dem Ziele weihte, die Rechte der Arbei-
terschaft überall zu wahren. Die Leiter
der Gewerkschaften sind heute von dem
gleichen Streben erfüllt. Die Gewerk-
schaftsbewegung, die soviel Ungerechtig-
keit, Elend und Not erfahren hat, wird
19®* es überall
altbewährte
Erdal
ßrdal enthält 100% reines Balsam-
Terpentln-Oel
der Gewerkschaften
nicht nur von ihren eigenen engeren Zie-
len geleitet, sondern sie kämpft heute
auch für den Schutz jener anderen, die
sich der brutalen Arroganz des Kommu-
nismus in dieser unglücklichen Welt ent-
gegenstemmen.
Die Gewerkschaftsbewegung kämpft
weiter mit allen Arbeitern, die Freiheit
und Recht zu schätzen wissen und die d’e
kommunistische Bedrohung aufhalten, wo
und wann auch immer sie ihr Haupt er-
hebt.
„Meinen Betrieb betritt kein
Gewerkschaftler mehr..
Dieser Ausspruch eines Betriebsleiters
— vielleicht ist er im Affekt gefallen —
einer Neunkircher .Trikotagenfirma ist es
wert, einmal kurz „beleuchtet“ zu werden.
Ein Vertreter der Einheitsgewerkschaft
hielt am 13. 9. dortselbsi eineBelegschafts-
versammlung ab. Er fand aufmerksame
Zuhörer, als er die Mißverhältnisse zwi-
schen Lohn und Preis beweiskräftig schil-
derte. Diesrair Gewerkschaftsfunktionär
stellte fest, daß die Produktion seit den
Vorkriegsjahren um fast 50 Prozent gestie-
gen sei, daß die Belegschaftsstärken sich
kaum verändert hätten, daß dis Profite
fast ausnahmslos dem Unternehmertum
zugeflossen seien, daß die w?.rteschaffen-
den Arbeitnehmer das Na' J ehen hätten,
daß das neue Existenzmi / rum für alle
Arbeitnehmer (18 Jahre) jetzt festgesetzt
und dieses Gesetz im Amtsblatt veröffent-
licht sei und somit von allen Betriebs-
leitungen akzeptiert werden müsse, daß
Mitglieder eines bestimmten Betriebes
gern der Gewerkschaft beitreten würden,
wenn sie nicht Angtt vor ihrem Arbeit-
geber hätten usw.
Als anderntags der hohe Chief von die-
sen für ihn scheinbar unliebsamen Worte
hörte, war er sehr erbost, riet die Ge-
schäftsstelle der EG an und — beschwer-
te sich. Der Redner der Betriebsversamm-
lung scheute sich nicht, diesem „Belei-
digten“ persönlich einen Besuch zu ma-
chen. Es gab eine Auseinandersetzung,
auf die wir nicht näher eingehan wollen,
in der der Betriebsleiter sich immer mehr
in den Zorn redete und sich zu dem vorer-
wähnten Ausspruch hinreißen ließ. Der
Gewerkschaftler, der seinen Standpunkt
klarmachte, mußte vorerst den Kürze-en
ziehen, um nicht vor den Schranken ei-
nes Richters wegen Hausfriedensbruch er-
scheinen zu müssen.
Dem ehrwürdigen Herrn Betriebsleiter
war es offensichtlich recht unangenehm
daß die Gewerkschaft sich um die Be-
triebsmitglieder kümmerte. Daher der
Spektakel; denn das Existenzminimum ist
von ihm abgelehnt worden, außerdem hat
die Firma den 25prozentigen Ueberstun-
denzuschlag bis heute nicht gezahlt und
auch nicht den Tariflohn der Branche. Das
hat die Meisterin des Betriebes bestätigen
müssen.
Durch das entschlossene Vorgehen des
Gewerkschafters wurde hier einem Unter-
nehmer mit Scheuklappen der Standpunkt
klargemacht.
*
Wie wir erfahren, hat der Betriebsleiter
am Tage nach dem Streik die an diesem
beteiligt gewesenen weibl. Bediensteten
aus ge sperrt
Seitens der E. G. wurden sofort geeignete
Maßnahmen ergriffen, um diesem asozia-
len Verhalten des Herrn K. Einhalt zu
gebieten.
Oktober 1950
Seite 5
Ohne Gewerkschaften geht es nicht!
Wenn man die Tagungen, Entschließun-
gen und Beschlüsse, die sich mit einem
„Neuen Europa“ beschäftigt haben, zahl-
enmäßig erfassen sollte, dann käme
schon eine sehr schöne Endsumme her-
aus. Wenn die Barauslagen der einzelnen
Deputationen, die Zeit und die aufge-
wandte Kraft in klingende Münze umwer-
ten könnte, dann hätte mit dieser Summ«
im „alten Europa“ mancher Notstand und
manches Elend beseitigt werden können,
Gemäß den vielen Bemühungen von be-
stimmt ernst zu nehmenden europäischen
Menschen, müßten schon Früchte sicht-
bar sein. Aber das ist noch nicht der
Fall. „Woran liegt das?“ Wir kommen
dabei zu der Feststellung, daß das alt«
Europa sich große Verdienste in der übrir
gen Welt erworben hat. Es waren sein*
Söhne, welche als Forscher und Entdek-
ker die übrige Welt erschlossen haben.
Sie haben die übrige Welt mit den Errun-
genschaften der Technik und Wissenschaft
vertraut gemacht, und man bot ihr euro-
päische Kultur. Zuerst kamen die Ent-
decker und Eroberer mit loser Hand und
losem Schwert. Ihnen folgte das Amei-
senheer des internationalen Handels, teil«
Pioniere, unter staatlicher Aufsicht, teil*
Freibeuter auf eigene Faust. Gewiß, di«
entdeckten Völker waren vielfach geleh-
rige Schüler. Sie waren nicht nur willig«
und fleißige Lehrlinge, denn sie beweisen
seit langem, daß sie auch selbständig
denken und handeln können, daß sie ihr
Examen bestanden haben, und daß si«
des Lehrmeisters nicht bedürfen.
Wir erleben heute, daß Europa im „Welt-
theater“ vom ersten Platz auf die unteren
Ränge verdrängt wird — und ob es will
oder nicht, es verliert beständig an sei-
ner weltwirtschaftlichen und weltpoliti-
schen Bedeutung.
Viele veramwortungsbewußte Menschen
in Europa haben dieses eingesehen und
verkennen nicht die Lage, worin sich un-
ser Kontinent befindet. Sie haben einge-
sehen, daß der „Güterzug“ Europa auf ei-
nem toten Gleise steht, und sie wollen
ihn wieder flott machen. Ein Ministerrat
und ein Europarat sollen Europa wieder
flott machen. In Straßburg sollte dieses
geschehen. Von der diesjährigen Straß-
burger Tagung hatten sich manche etwa»
Positives erhofft. Leider wurde diese Hoff-
nung nicht erfüllt.
Wenn wir die Dinge in den einzelnen
Ländern betrachten, dann stellen wir fest,
daß fast <jUe europäischen Völker irgend-
wie vorbelastet sind, oder ein Bleigewicht
an den Beinen hängen haben. Die größte
Vorbelastung scheint die natianalstaatli-
che Bindungenaufzugeben. Um so leich-
ter hat es aber di« Jugend, besonders die
Arbeiterjugend. Mit Freude und Stolz kön*
nen wir feststellen, daß neben der studie-
renden Jugend die Arbeiterjugend schon
Sie müssen ihn gesehen haben
bei
G. M. B. H.
GEPFLEGTE HERRENKLEIDUNO
RATHAUSSTRASSE 1
verschiedene wertvolle internationale Ta-
gungen veranstaltet hat. Bei diesen Zu-
sammenkünften, die von 200—300 jungen
Menschen aus vielen europäischen Län-
dern besucht waren, zeigten sich keine
Schwierigkeiten bezüglich der national-
staatlichen Bindungen. Die einzige, die
bestand, war die „Sprachengrenze“. Hier
können und müssen wir als Gewerkschaft-
ler einsetzen,. Jeder Jungarbeiter und jede
Jungarbeiterin soll durch Sprachstudieren
helfen, die Grenze zu überwinden. In un-
seren Verbandsorganen, in unseren Zeit-
schriften müssen wir die Lage und die
Verhältnisse der Arbeiterschaft in den
einzelnen Ländern behandeln. Wir müs-
sen für die Zukunft mehr wie dieses in
der Vergangenheit der Fall war, die Soli-
darität und die Verbundenheit mit der Ar-
beiterschaft und besonders mit der Ju-
gend der übrigen europäischen Länder
zum Ausdruck bringen.
Ohne die Arbeiterschaft kann man kein
neues Europa gestalten. Es kann nicht nur
im Ministerrat, oder im Europarat, oder
von den einzelnen Re-gierungsvertreteru
mit ihren Sonderinäeressen gestaltet wer-
den; denn diese haben vielfach für di 9
Belange der Arbeiterschaft nicht das rich-
tige Verständnis. Sehen wir uns dis Zu-
sammensetzung dter Saardelegation ein-
mal näher an. Ohne die Zusammenset-
zung der einzelnen Delegationen beruflich
einzeln untier die Lupe zu nehmen, läßt
sich mit Bestimmtheit sagen, daß bei der
Saardelegation die Gewerkschaften nicht
vertreten sind, obschon diese die größte
Berufsgruppe verkörpern.
Wir benötigen kein juristisch ausgeklü-
geltes Europa, sondern wir brauchen «in
Europa, welches klar und eindeutig von
den breiten Massen des Volkes, beson-
ders von der Arbeiterschaft, gestaltet und
getragen wird.
Was von der Saardelegation zum Euro-
parat zu sagen ist, gilt mit erhöhter Be-
deutung für die Vorarbeiten zum Schu-
manplan. Die saarländischen Gewerk-
schaften haben das Recht zu verlangen,
mitbestimmend gehört zu werden. Die
Dinge liegen doch so: Frankreich bekommt
Mittel aus der Marshaihilfe, Westdeutsch-
land ebenfalls. Frankreich hat seine In-
dustrie schon zum Teil mit Marshalgel-
dern modernisiert, Deutschland ist dabei.
Dazwischen liegen wir, das Saarland.
Wenn wir keine Marshaihilfe bekommen,
dann veraltert unsere Industrie noch mehr,
wir kommen unter die Räder und die Ar-
beiterschaft muß die Kos en be ahlen. Aus
alledem muß man die Konsequenzen
ziehen. H. H.
Wie alt werden
die Knappschaftsrentner X
lieber das durchschnittliche Lebensalter, in
dem die Rentenempfänger sterben und damit
aus dem Bezüge der Rente Ausscheiden, liegen
seit langen Jahren Aufzeichnungen bei der
Ruhr-Knappschaft vor. Dieses durchschnitt-
liche Sterbealter wird ermittelt, indem beim
(Tode jedes Rentenempfängers das erreichte
Lebensalter für alle gestorbenen Rentner durch
die Zahl der Sterbeffille geteilt wild.
Für die Knappschaftsvollrentner, das sind die
Invaliden, die wegen Vollendung des 63. Le-
bensjahres oder wegen Invalidität die Rente
beziehen, betrug dieses durchschnittliche
Sterbealter
1933 67 Jahre 4 Monate
1938 71 Jahre 4 Monate
1943 70 Jahre 0 Monate
1948 68 Jahre 6 Monate
1949 69 Jahre 0 Monate
in den ersten sieben Monaten des Jahres
1950 69 Jahre 8 Monate
Am 1. Juli 1950 waren bei der Ruhr-Knapp-
schaft 113 408 Empfänger der Knappschafts-
vollrente vorhanden, die sich altersmäßig wie
folgt gliedern i
80« — 0,7 «M unter 40 Jahren
5 221 "■ 4,6 «/o zwischen 40 u. 50 Jahr.'
12 213 — 10,7 o/o zwischen 50 u. 60 Jahr.
45 251 — 39,9 o/o zwischen 60 u. 70 Jahr.
42 864 — 37,9 o/o zwischen 70 u. 80 Jahr,
6 877 — 6,0 o/o zwischen 80 u. 90 Jahr.
176 — 0,2 o/o über 90 Jahren
113 408 — *100,0 o/o
Entsprechend der allgemeinen Bevölkerungs-
statistik übersteigt auch das Alter der Berg-
arbeiterfrauen das der Bergleute um ein be-
trächtliches. Dem durchschittlichen Sterbe-
alter von 69 Jahren 8 Monaten der Knapp-
schaftsvollrentner steht ein durchschnittliches
Sterbealter der Witwen von 75 Jahren nnd
2 Monaten gegenüber.
Am 1. Juli 1950 waren bei der Ruhr-Knapp»
vorhanden, gliedern i
1388
4 458 mm
J3 425 mm
32143 mm
28 368 mm
6 889 mm
359 mm
die sich altersmäßig wie folgt
1,8*
8,1 *
15,4 *
87,0 *
82,6 *
7,9*
0,4«/«
unter 40 Jahren
zwischen 40 h. 50 Jahr,'
zwischen 50 u. 60 Jahr,
zwischen 60 u. 70 Jahr,
zwischen 70 u, 80 Jahri
zwischen 80 a. 90 Jahr»
über 10 Jahren
07 030 ~
An unsere Leser!
Die Arbeit erscheint nach wie vor alle 14
Tage regelmäßig. Beschwerden über WicbtbeÜe-
ferung sind unverzüglich an den Kollegen Hugo
Fell, Verlag „Die Arbeit“, Saarbrücken 3,
Brauerstraßc 6—8, zu richten.
IIIIUiitillM|ltmilllll4UIUlUUHMllillllfi4imill4tHillUlllliJltlUllHtUl)UIIII!ttllllUIIHIum
Das Oberste USA-Bundesgericht — Sein
Einfluß auf das Arbeitsleben.
„Das Oberste Bundesgericht der Vereinigten
Staaten von Amerika und »ein Einfluß auf das
Arbeitsleben“ ist der Titel einer etwa 30seitigen
Schrift, die von Dr. K. H. Sundermann im Deut-
schen Heimat-Verlag in Bielefeld erschienen ist
(preis 1.80 ^M),
Von einer geschichtlichen Betrachtung aus-
gehend, legt der Verfasser den Aufgabenkreis
und die gegenwärtige Struktur des Obersten Bun-
desgerichts der USA dar. Er überzeugt durch
eine Auswahl von Entscheidungen des Gericht«
auf arbeitsrechtlichem und sozialpolitischem Ge-
biet von seiner Bedeutung und den Einfluß auf
Arbeite- und Wirtschaftsleben. Besonderes Inter-
esse verdient die Darstellung der Entscheidung
über das Bundesgesetz zur Regelung von Ar-
bejtsbeziehungen (Wagner-Act vom 5. Juni 1935).
„Was, Sie kommen mit Ihrem Lohn nicht
aus?... Ich lebe seit Jahren schon vom
Zusetzen!?t“
tBciefkasten
V. & B. Mexzig. Ihre Frage ist zu bejahen.
Ob die organisierte Belegschaft einer Abteilung
berechtigt ist, die Zusammenarbeit mit einem
oder mehreren Unorganisierten abzulehnen, geht
aus dem Artikel „Arbeit und Recht, Entlassen —
weil unorganisiert“ hervor, den wir in dieser
Ausgabe veröffentlichen.
K. Saarbrücken. Auch in Deutschland sind die
Preise ständig am Steigen. Der Preis für Ge-
treide-Erzeugnisse ist in der Zeit vom 15. Juni bis
11. August um 20,3 Prozent angewachen, Schwei-
nefleisch um 15,8 Prozent, Speiseöl, Schweine-
schmalz und Fleischprodukfce, besonders die
gängigen Wurstsorten, sind noch stärker ge-
stiegen.
Wl., Neunkircban. Die Gesamtzahl der Arbeits-
losen in der Bundesrepublik ging im Monat Au-
gust um 110 716 zurück. Im Augenblick werdea
% 341 206 Arbeitslose gezählt
B.- Sf. Wendel. In der Schweiz kann man für
40 Schweizer Franken (3 500 ffrs.) einen leistungs-
fähigen Haushgltskühlschrank in monatlicher
Miete erhalten, Dob Gute daran ist daß, wenn
man eines Tages einen Eisschnmk kaufen
möchte, alle bezahlten Mieten voll angerechnet
werden.
K., Saarbrücken, Es ist möglich, vom Saar-
land nach Ostdeutschland Liebespakete zu schik-<
kea, und zwar mehrere verschiedene Arten, de-
ren Preis zwischen 1500 und 2500 Frs. schwankt
Nur Lebensmittel, kein Tabak, sind zugelassen.
Nähere Einzelheiten sind durch die Arbeiter-
wohlfahrt, Saarbrücken, Warodtstraße, zu er-
fahren,
L D* Altenkessel. Ihr Schreiben haben wir
an den Club der Buchfreunde weitergeleitet,
von dem Sie Einzelheiten erfahren werden.
Das fOhrend« Fachgeschäft für Herren- und Knabenbefcleidung
SAARBRÜCKEN G. m. b. H, Rathausstraße 3-5
Vom Werdegang des Betriebsrätegesetzes
Di« Grundgedanken des heutigen Be-
triebsräterechts haben ihre£ Ursprung
in der vor über 100 Jahren stattgefundenea
verfassungsgebenden Nationalversamm-
lung in der Pcrulskirche in Frankfurt 1848/
1849. In ihrem volkswirtschaftlichen Aus-
schuß hatte die Nationalversammlung den
Entwurf einer deutschen Gewerbeordnung
fertiggestellt, der in den §§ 42 und 43 vor-
sieht, daß in jeder Fabrik ein Fabrikaus-
schuß zu wählen ist, der die Befugnis ha-
ben sollte, in Streitigkeiten zwischen Ar-
beitgebern und Arbeitnehmern zu vermit-
teln. Dieser Fabrikausschuß sollte weiter
die Befugnis haben, eine Fabrikordnung
autzustellen, Krankenunfcerstützungskas-
sen ednzurichten, bei Lohnvereinbarungen
und Aufrechterhaltung deT betrieblichen
Ordnung mitzuwirken. Diese damals in
der Gewerbeordnung festgehalbenen Ge-
danken wurden in die vom Norddeut-
schen Bund 1869 geschaffene Gewerbe-
ordnung leider nicht mit auf genommen.
Erst mit dem Arbeitsschutzgesetz vom
1. 6. 1891 (jetzt 7. Titel der Gewerbe-
ordnung) fand der Gedanke einer Rege-
lung der Betriebsorganisation eine gesetz-
liche Verankerung und brachte den An-
fang zur Bildung von Arbeiterausschüssen.
In § 134 der Gewerbeordnung wurde die
Errichtung von Arbeitemusschüssen ge-
stattet, die Errichtung war jedoch von der
Entscheidung der Arbeitgeber abhängig,
und die Tätigkeit solcher Ausschüsse be-
schränkte sich auf die Mitwirkung bei Ein-
richtung und Benutzung von Wohlfahrts-
einrichtungen und anderer untergeordne-
ter Fragen. Praktische Bedeutung hatten
solche Arbeiterausschüsse noch nicht.
Mit dem preußischen Berggesetz 1905
Und 1909 trat dann eine Aufwärtsentwick-
lung ein. Bei allen Bergbaubetrieben über
100 Mann waren Arbeitsausschüsse zu bil-
den. Diese obligatorischen Arbeitsaus-
schüsse hatten die Aufgaben und Befug-
nisse, Wünsche, Anträge und Beschwer-
den den Arbeitgebern vorzutragen, bei der
Verwaltung von sozialen Einrichtungen
mitzuwirken, auf die Sicherheit ln den
Bergbetrieben, zu achten* Neben dem
preußischen Berggesetz wurde etwa zur
leichen Zeit in den übrigen Teilen de*
eichea ähnliche Bestimmungen einga-
führt.
Mit der Einführung des Gesetzes über
Öen Vaterländischen Hilfsdienst tm Ds-
Eember 1916 trat ein weiteres neues Ent-
wickkfcngsmoment in der Geschichte des
Arbeiterrechtes ein. Nach § 11 dieses Ge-
setzes mußten in allen gewerblichen Hilfs-
dienstbetrieben mit über 50 Arbeitern oder
Angestellten, Arbeiter- und Angestellten-
Ausschüsse errichtet werden. Diesen
Ausschüssen oblag es, Fragen, die sich
auf Betriebseiniichtungen, Lohn- und son-
stige Arbeitsbedingungen bezogen» mit
dem Arbeitgeber zu verhandeln. Wenn
über Lohn- und Arbeitsbedingungen zwi-
schen Arbeitgebern und Arbeitsausschuß
eine Einigung nicht zustande kam, hatten
sie das Recht, den durch dieses Gesetz
erstmalige gebildeten Schlichtungsaus-
schuß anzurufen. Der Schlich tun g saus -
schuß setzte sich aus einem Vorsitzenden,
j« drei Vertretern der Arbeitgeber und
Arbeitnehmer zusammen.
Diese Arbeiter- und Angestelltemaus-
schüsse, die für kurze Zeit 1918 von den
Arbeiter- und Soldatenräten abgelöst wu r-
den, fanden mit dar Verordnung vom 23.
Dezember 1918 über Tarifverträge, Arbei-
ter- und Angestelltenausschüsse und
Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten eine
weitere fortgeschrittene gesetzliche Ver-
ankerung. Die Verordnung vom 23. 12,
1918 bestand aus drei Teilen. Der erste
Teil befaßte sich mit den Fragen der Ta-
rifverträge, der zweite Teil mit den Arbei-
ter- und Angestelltenausschüssen und der
dritte Teil emeut mit der Schlichtung von
Arbeitsstreiiigkeiten. Aus dem zweiten
Teil hat das Betriebsräterecht einen neuen
Auftrieb erhalten. Nach diesem Teil muß-
ten in allen Betrieben und Verwaltungen;
des öffentlichen und privaten Rechts mit
mehr als 20 Arbeitern jetzt Arbeiteraus-
schüsse, mit solchen mit mehr als 2Q An-
gestellten Angestelltenausschüsse in un-
mittelbarer geheimer Verhältniswahl ge-
wählt werden. Diese Ausschüsse hatten
die Aufgabe, die wirtschaftlichen Inter-
essen der Arbeiter und Angestellten ge-
genüber dem Arbeitgeber wahrzunehmen,
in Fragen der Unfall- und Geusndheitsge-
fahr und des Arbeitsfriedens mitzuwirken,
ebenso bei Lohn- und Gehaltsfragen und
sonstigen Fragen der Arbeitsverhältnisse
Ira Einvernehmen mit den Gewerkschaf-
ten.
Die Verordnung vom 23. 12. 1918, die am
18. 1. 1919 auf die Betrieb« des Bergbaues
ausgedehnt wurde, stellt jedoch 1m Zug«
der Rechtsentwicklung zum Betriebsräte-
gesetz nur eine Zwischenlösung dar.
In dem Artikel 165 der Weimarer Ver-
fassung wurde bestimmt, daß die Arbei-
ter und Angestellten dazu berufen sind«
gleichberechtigt in Gemeinschaft mit dem
Unternehmer an der Regelung der Lohn-
end Arbeitsbedingungen sowie an der
gesamten wirtschaftlichen Entwicklung
der produktiven Kräfte mitzuwirken.
(Schluß folgt)
KXMHfc
Seite 6
Oktober 1950
Die Leistungen der KVA bei Krankheit
(Fortsetzung.)
10. Hauspflege:
a) für Mitglieder:
Die KAV übernimmt die vollen Ko-
sten für Hilfe und Wartung durch
Pflegepersonen (Krankenpfleger,
Krankenschwester) an Stelle der
Krankenhauspflege.
b) für Angehörige:
Die KVA gewährt einen täglichen
Zuschuß von 100 Franken zu den
Kosten der Hilfe und Wartung durch
Krankenpfleger.
Als Hauspflege gelten: Pflege und
Wartung von erkrankten Mitgliedern u.
Angehörigen in der Wohnung, wenn
die Aufnahme des Kranken in einem
Krankenhaus geboten, aber nicht aus-
führbar ist oder ein wichtiger Grund
vorliegt, den Kranken in seinem Haus-
halt oder in seiner Familie zu belas-
sen. Die Zustimmung der KVA ist vor-
her einzuholen.
11. Krankengeld:
Näheres über das Krankengeld wurde
bereits schon in Nr. 16 „Die Arbeit“
gesagt.
12- Hausgeld:
a) nur für Mitglieder:
Die KVA gewährt bei Krankenhaus-
pf ege (auch G^cesungs-, Erholungs-
oder Kurneimpflege) ein Hausgeld
für Versicherte, die bisher Angehö-
rige ganz oder überwiegend unter-
halten haben, in Höhe von 50 o/o des
Krankengeldes und für jeden wei-
teren Angehörigen einen Zuschlag
von 5 o/o des Grundlohnes für jeden
Kalendertag.
Das Hausgeld wird nicht gezahlt,
solange das Arbeitsentgelt durch
den Arbeitgeber weitergewährt wird.
Hausgeld und Zuschlag dürfen zu-
sammen 60 ob des Grundlohnes
nicht übersteigen.
Zur Erlangung des Hausgeldes ist
die Vorlage eines Aibeilsunfähig-
keitszeugnisses des Krankenhaus-
arztes.
13. Taschengeld:
a) nur für Mitglieder:
Das Taschengeld beträgt 150 o/0 des
Grundlohnes.
14* Ge ne sendenf ürsorge (in einem Gene-
sungsheim) auch nach Ablauf der
Krankengeldzahlung oder der Krank en-
hauspflege:
a) nur für Mitglieder:
Die KVA übernimmt die vollen Ko-
sten einschl. Reisekosten bis auf die
Dauer von 6 Wochen, auch nach
Ablauf der Krankenhilfe.
15- Gesundheitsfürsorge:
I. geschlossene Kuren und sonstige
Behandlungen:
a) für Mitglieder:
Diese Kuren dienen zur Verhütung
von Krankheiten. Insbesondere kön*
nen vorbeugende Kulten oder ortho-
pädische oder ähnliche Behandlun-
gen gewährt oder Zuschüsse dazu
gewährt werden. Die Aufwendun-
gen sollen im Einzelfall den Betrag
von 12 500 Frs. innerhalb eines Jah-
res nicht übeTsteigen.
b) für Angehörige:
Der Zuschuß für Angehörige soll im
Einzelfall den Betrag von 10 000 Frs.
innerhalb eines Jahres nicht über-
steigen.
Erforderlich ist in all diesen Fällen das
Vertrauens ärztliche Gutachten und die
vorherige Bewilligung durch die KVA.
16. Erholungskuren:
a) für Mitglieder:
Die KVA übernimmt die vollen Ko-
sten einschl. Reisekosten.
b) für Angehörige:
Die KVA gewährt im einzelnen Falle
einen Zuschuß von 80 o/0 der Kur-
kosten, höchstens 10 000 Franken in-
t nerhalb eines Jahres. Beteiligt sich
an der Kur noch ein anderer Ko-
stenträger mit mehr als 20 o/o, so ge-
währt die KVA nur den verbleiben-
den Differenzbetrag. Ist die Unfall-
versicherung bereits an den Kur-
kosten beteiligt, so wird ein Zuschuß
aus der Krankenversicherung nicht
gewährt.
n. Leistungen bei Schwangerschaft
und Entbindung.
1. HebammenhUfe:
a) für Mitglieder:
Die KVA gewährt freie Hiebammen-
hilfe bei der Entbindung oder bei
Schwangerschaftsbeschwerden. Die
Hebamme ist nicht berechtigt, wei-
tergehende Forderungen an die
Wöchnerin zu stellen.
b) für Angehörige:
Gleiche Leistungen wie bei Mitglie-
dern.
2. Arznei und kleinere Heilmittel:
a) für Mitglieder:
Die KVA übernimmt die vollen Ko-
sten für Arznei und kleinere Heilmit-
tel, die bei der Entbindung oder bei
Schwangerschaftsbeschwerden erfor-
derlich werden (kein Arzneikostenan-
teil/
b) für Angehörige:
Gleiche Leistungen wie bei Mitglie-
dern. i
3. Aerzliiche Behandlung:
a) für Mitglieder:
Falls erforderlich, gewährt die KVA
freie ärztliche Behandlung.
b) für Angehörige:
Gleiche Leistungen wie bei Mitglie-
dern.
4- Einmaliger Beitrag zu den sonstigen Ko-
sten der Entbindung und bei Schwan-
gerschaftsbeschwerden:
für Mitglieder und Angehörige: 500 Frs.
Findet eine Entbindung nicht statt, so
werden als Beitrag zu den Kosten bei
Schwangerschaftsbeschwerden 300 Frs.
gezahlt.
Erforderlich ist die Vorlage der stan-
desamtlichen Geburtsurkunde, die für
Zwecke der Sozialversicherung gebüh-
renfrei ausgestellt wird und den Ver-
merk „Nur für Wochenhilfe“ tragen muß.
5. Wochengeld,
a) für Mitglieder:
Vor der Entbindung:
Das Wochengeld beträgt 50 o/0 des
Grundlohnes für joden Kalendertag
auf die Dauer von 4 Wochen. So-
lange die Versicherte keine Beschäf-
tigung gegen Entgelt ausübt, beträgt
das Wochengeld 75 o/o des Grund-
lohnes. Es wird für zwei weitere
Wochen gewährt, wenn die Schwan-
gere während dieser Zeit keine Be-
schäftigung gegen Entgelt ausübt u.
eine ärztliche Bescheinigung darüber
vorlegt, daß die Entbindung voraus-
sichtlich innerhalb von 6 Wochen
stattfindet.
Nach der Entbindung:
Das Wochengeld beträgt 50 o/o des
Grundlohnes für jeden Kalendertag
auf die Dauer von 6 Wochen. Für die
Zeit, in der die Wöchnerin gegen Ent-
gelt arbeitet, wird nur das halbe Wo-
chengeld gezahlt,
b) für Angehörige:
Das Wochengeld beträgt 25 Franken
täglich für 4 Wochen vor und 6 Wo-
chen nach der Niederkunft.
(Fortsetzung folgt!)
iiiiiiiiiniiiiiiiimitiiiiiiiiiiiiiiHiiiiiiiimiiiiiiiitiimfiiiiitiiiiMimmiiüiiiiiiiiimiiiiiiiiiu
DU lbeaterg,emeinde teilt mit:
Spielplan 1950 für die Mieten 3 und 4
Miete 3:
16. 10. Kigoletto, Beginn 1930 Uhr
13. 11. Kgmont, Beginn 19 Uhr
11. 12. Don .Juan, Beginn 19.30 Uhr
Miete 4:
24. 10. Rigoictto. Beginn 19.30 Uhr
21. 11. Dame Kobold, Beginn 19.30 Uhr
19. 12. Fliegender Holländer,
Beginn 19.30 Uhr
Die Teilnehmer der Miete 2 machen vir dar-
auf aufmerksam, daß die Vorstellung am 23.
Oktober, „Egmont“, um 19 Uhr beginnt.
Es ist richtig:
BEIM KAUF IST QUALITÄT SEHR WICHTIG
GEBP.^^^ •
DER BEGRIFF FÖR GUTE QUALITÄT!
Hört die Gewerk-
schaftssendungen I
Sonntag:
12.40 Die Einheitsgewerkschaft spricht!
(Radio Saarbrücken).
Montag:
19.30 Die Gewerkschaft ruft — (Bayeri-
scher Rundhmf)
Dienstag:
7.20 Aus Arbeit und Beruf (Südwestfunk)
18.15 Gewerkschaftsfunk (Hessischer
Rundfunk).
18.50 Gewerkschaftssendung (Bremen).
Donnerstag:
21.00 Die Stimme der Gewerkschaften
(Südwestfunk)
Freitag:
13.00 Die Arbeiter-Tribüne (Südwestfunk)
Samstag:
18.00 Aus der Welt der Arbeit (NWDR)
miimflimummiiiiBiimmiiiiimimiiimiiiimiiimiiiHiiiimiimiimHiiimiiiiHiiiiiiiiiimiHiiuiJiimiiiiiiiimmmiiiii
Inserieren bringt Erfolgt
lumiiüiiiimfimiiminiiniiHimmimmnßmituiiiimimHuiHuiimmmiiimijmnimmiiitmiimiiiifiiiiimifiiimiiiH
ARBEITER
ANGESTELLTE
UND BEAMTE
saarländische
Hoütsfiir-ßcp
GEWERKSCHAFTLICH - GENOSSENSCHAFTLICHE
LEBENSVERSTCIIERUN GS AKTIENGESELLSCHAFT
tür EllCh geschaffen wurde!
Auskunft erteilt;
Hauptverwaltung: Saarbrücken, Alleeatr. 44
Ruf: 4174
iQpmmkism
i SAARBRÜCKEN 1
f Etscnbahn$tn39
£itftmrtaäfr¥^ank(nkasse\
■seit In-
f, w rsj i m?/A
m
haber) wir eine herrliche
auf^eba^t
tin Paradies iür Stofs und Klein!
Ein unverbindlicher Besuch mit Ihren
Kindern lÄ^t bereits die
Weihnachtsfreude ahnen.
Benützen Sie die
Ausgesudae Spieluhren werden auf
WuMSfli gerne für Sie zwrililf gestellt
5. Jahrgang
Saarbrücken, 25. Oktober 1950
Nr. 20
Die neue Situation im Lohnkampf
Gewerkschaft in zähen Auseinandersetzungen mit den Arbeitgebern - Weitere Teilerfolge - In Erwartung
mehrerer Schiedssprüche - Gegen Verschleppungstaktik - Die Entwicklung beim I.V. Bergbau
Die Auseinandersetzungen um Löhne und Gehälter gehen seit dem Warn-
streik mit unverminderter Zähigkeit weiter. In einigen Industrieverbänden
mußten wegen völlig ungenügender Zugeständnisse der betreffenden Ar-
beitgeber die Verhandlungen abgebrochen werden, um dadurch die Mög-
lichkeit zu haben, schneller vor dem Schlichtungsausschuß zu einem trag-
baren Ergebnis zu kommen. Ueberall dort, wo bisher keine greifbaren Re-
sultate zustandekamen, befindet sich die Arbeitnehmerschaft infolge der
Mißachtung ihrer berechtigten Forderungen in einer sich steigernden Un-
ruhe. Mit großer Spannung blickt man auf den Fortgang der Verhandlungen.
Eine weitere Verzögerungstaktik, verbunden mit dem Absinken der Kauf-
kraft auf der emen Seite und hohen Gewinnquoten, verbunden mit einem
übermäßigen Lebensaufwand auf der andern Seite, müßte unweigerlich zu
einer unhaltbaren Situation führen.
■ Der Stand der Verhandlungen m den einzelnen Verbänden ist folgender:
Die Verhandlungen des I. V. Bergbau
sind noch nicht abgeschlossen. Gefor-
dert wird nach wie vor die Angleichung
der saarländischen Bergarbeiterlöhne an
dis in Lothringen. Die letzte Entscheidung
liegt beim französischen Industrieminister,
nachdem die Kommissionsarbeiten am
Samstag, dem 14. 10., abgeschlossen und
den zuständigen Regierungsstellen zugie-
stellt wurden. Schnellste Entscheidung in
der Angleichungsfrage ist geboten und
würde das gespannte Verhältnis im Berg-
bau abklingen lassen. Andernfalls könn-
te der Wirtschaftsfriede erneut gefährdet
werden. Was die allgemein geforderte
Lohnerhöhung angeht, die mit der Begrün-
dung, daß sie eine Kohlenpreiserhöhung
erfordern würde, von den Regierungen ab-
gelehnt wurde, ist der I. V. Bergbau ge-
willt, zusammen mit den französischen
Bergarbeitergewerkschaften das letzte ge-
werkschaftlich® Mittel in Anwendung zu
bringen.
Die J/erhandlungen bei der Fachgruppe
der Bergbau-Angestellten werden fortge-
setzt, Das Ergebnis wird im Laufe der
nächsten Tage erwartet.
Die Lohnverhandlungen im L V. Metall
sind nur teilweise abgeschlossen worden./
Für die Schwereisenindustrie konnte in ei-
ner am 24. 10. stattgefundenen Verhand-
lung kein Ergebnis erreicht werden. Dar-
aui wurde der Schlichtungsausschuß an-
gerufen, der demnächst einen Schieds-
spruch fällen soll. Unabhängig davon
nehmen die Verhandlungen, bezüglich des
Abschlusses eines Kollektivvertrages ih-
ren Fortgang. Eine Aenderung der Situa-
tion für die Angestellten und in der wei-
terverarbeifenäen Industrie ist noch nicht
eingetreten.
Die Situation beim I. V. Eisenbahn be-
züglich der Forderung aut Auszahlung ei-
ner einmaligen Wirtschaftsbeihilfe ist un-
verändert und noch nicht entschieden. Bis-
her wurde erreicht, daß die Monatsbesol-
deten bei Erkrankung ab dritten Krank-
heitstage den vollen Lohn weiter erhalten.
Der I. V. O eff entliehe Betriebe und Ver-
waltungen hält die berechtigte Forderung
auf Zahlung einer monatlichen Teuerungs-
zulage von 4000 Frs. zuzüglich der bisher
gewährten Teuerungszulage von 1000 Frs.
aufrecht. Die Verhandlungen mit der Re-
gierung des Saarlandes, die sich schlep-
pend hinziehen, nehmen ihren Fortgang."
In Verhandlungen der Fachgruppe Ban-
ken und Sparkassen mit dem Bedingungs-
ausschuß wurden in freier Vereinbarung
erzielt, daß die Angestellten der Banken
und Sparkassen rückwirkend ab 1. Sep-
tember eine Gehaltserhöhung von 12 o,o
aül die Effektivgehälter und eine 12o/oige
Erhöhung' aut das Gehalt eines Sonder-
monats erhalten.
Die Verhandlungen der Fachgruppe Ver-
sicherungen mit dem Syndikat der Versi-
cherungsgesellschaften und Generalagent
ten stehen vor dem Abschluß.
(bn Einverständnis mit den Ministerien
soll ab 1951 für die Angestellten der freien
Berufe eine Zusatzversorgungskasse im
Saarland geschaffen werden, Einladungen
zu einer diesbezüglichen Versammlung
»ergehen in Kürze durch Rundfunk und
Presse.)
Die Fachgruppe Bühne, Film und Kunst
führte kürzlich mit der Generaldirektioiii
des Senders Saarbrücken Besprechungen.
Der Direktor gab eine Erklärung ab, nach
der der Verwaltungsrat mit einer Anglei-
chung an die Tarife in Frankreich sich ein-
verstanden erklärte. Die Verhandlungen!
Sind noch im Gange. Für die Musiklehrer
wurde ein Mindesttarif vereinbart, der bei
jährlichen Unterrichtsstunden ein Mindest-
honorar von 1000 Frs. pro Monat vorsieht,
Die Erlaubnis zur Unterrichtserteilung Ist
von der Zulassung durch das Kultusmini-
sterium abhängig. Für die Angestellten der
Lichtspieltheater schweben Verhandlun-
gen mit dem Ziele des Abschlusses eines
neuen fortschrittlicheren Tarifvertrages.
Die Lohnerhöhungen beim I. V. Bauge-
werbe haben wir in unserer letzten Aus-
gabe bereits gebracht, ebenfalls die Lohn-
Gewerkschaftsdelegierte aus zehn Län-
dern tagten am 20. und 21. Oktober in
Paris, um in diesem Gremium die Haltung
zum Schumanplan zu erörtern und Be-
schlüsse zu fassen. Die Saar war ver-
treten durch die Koll. Heinrich Wacker,,
Nikolaus Fliegler und Johann Dreher.
N ach ^eingehenden Beratungen und Prü-
fung der wesentlichen Gesichtspunkts
wurde eine Entschließung angenommen,
in der es u. a. heißt:
Resolution
Die Kommission des IBFG für den Sdhu-
manplan hat sich am 20. und 21. 10. 1950
in Paris zu einer Vollsitzung vereinigt.
Sie hat den Bericht der Unterkommission
entgegengenommen.
Sie erinnert an die Entschließung des Exe-
kutivausschusses des IBFG. vom 27. Mai 1950
betr, Schumanplan, in der u. a. gesagt wird,
daß „die freien Gewerkschaften ein Lebens-
Interesse an der rationellen Organisation der
Sehwerin<, 4U'rie in Westeuropa haben/4
Sie erklärt, daß sie die Grundprinzipien des
Schumanplans anerkennt.
Sie erinnert daran, daß sie sich ausdrück-
lich Vorbehalten hat, die Durchführungsmaß-
nahmen dieser Prinzipien zu überprüfen.
Sie drückt ihr Verständnis für die Haltung
der nationalen Zentralen der sechs beteiligten
Länder aus, die im Namen von 8 435 000 Mit-
gliedern eine Politik der Beteiligung bei der
Ausarbeitung des Planes verfolgen.
Weiter heißt es n. a.: Sic legt Wert dar-
auf, daß ihre Beteiligung und ihre Unterstüt-
zung davon abhSngt, daß die Mitwirkung in
allen Institutionen des Schumanplanes auf der
Grundlage der Gleichberechtigung mit allen
anderen interessierten Organisationen erfolgt.
Die folgenden Grundsätze sind zu beachten:
a) Verbesserung des Lebensstandards drr
Arbeiter;
Vereinbarung in der baustofferzeugenden
und Steinbruch-Industrie. (Neuerdings
wurden Verhandlungen über Erhöhung der
Löhne in der Heizungs- und Installations-
Industrie geführt und durch Schiedsspruch
eine 7o/oige Lohn- und Gehaltserhöhung
angetragen. Der Verbands vor stand teilt
mit, daß diese Regelung, gemessen an den
Lebenshaltungskosten und der eingereich-
ten Forderung von 20 o/o, nicht anerkannt
werden kann.
Wie wir bereits in der letzten Ausgabe
deT „Arbeit“ berichteten, ist es beim I. V,
Graphik zu einer Lohnerhöhung gekom-
men. Auch die Gehälter wurden um 15 o/0;
ab 1. Oktober erhöht.
L V. Post und Fernmeldewesen. Die
Löhne im öffentlichen Dienst sind erhöht
worden. Eine Tabelle der Kategorien I—
VIIi einschl. eines Berechnungsbeispiels
ist in dieser Ausgabe an anderer Stelle
veröffentlicht.
(Fortsetzung Seite 2)
b) Notwendigkeit der fortschrittlichen An-
gl rieh ung der Löhne;
c) wirksamer "Schutz der Arbeiter gegen die
eventuellen Auswirkungen notwendiger
wirtschaftlicher Umstellungen;
4) Einrichtung eines einheitlichen Marktes
Iür die Arbeitskraft mit bestätigter Qua-
lifikation auf dem Gebiet von Kohle und
«Stahl.
Was die Mitarbeit der Ge wer kseha ff »Organi-
sationen in den Institutionen des Schumanpla-
nes betrifft, äußert sich die Konferenz wie
folgt:
Sfc stellt fest, daß die Chefs der Länder-
delegationen diese Notwendigkeit anerkannt
haben.
Sie stellt mit Befriedigung fest, daß dem
IBFG das gleiche Recht, Kandidatenlisten für
die Hohe Behörde vorzulegen, wie das den Re-
gierungen zuerkannt werden ist.
Sie bedauert, daß selbst vorübergehend die
Idee der regionalen Gruppen aufgehoben wor-
den ist.
Sic fordert, was den Gerichtshof betrifft, daß
mindestens tio Mitglied durch das Iiiternatiol
nale Arbeitsamt ernannt wird.
Die Kommission des IBFG für den Sehuman-
Elan bestätigt das Recht der angcschlossenen
ändcrzentralen und der in Frage kommenden
Berufssekretariate, ihrerseits frei darüber zu
urteilen, ob sie im Schumanplan mitarbeifen
oder nicht.
Sie schlägt vor, daß der IBFG weiterhin
die Tätigkeit der Gcwerksehaftsdelcgiertcn in
den Länderdelcgationen koordiniert. Sie beauf-
tragt den IBFG im Namen der Länderzentralen
der Teilnehmerstaaten diese in den verschie-
denen Institutionen des Sehumanplans zu ver-;
treten, um dort die Interessen der Arbeiter zu
verteidigen und an der wirtschaftlichen Ver-;
einignng Europas mitzuarbeiten.
Der Gewerkschaftsausschuß
zum Schumanplan
Das Interesse der Saar.
Für das Saarland ist der Schumanplan
und seine Entwicklung von großer Bedeu-
tung. Der Schumanplan, als Industrisplan
betrachtet, ist in hervorragendem Maß3
ein Anliegen der Gewerkschaften. Diese
haben sich auch grundsätzlich zum Schu-
manplan bekannt (mit Ausnahme des
kommunistischen sogenannten Weltge-
werkschaftsbundes). Der Schumanplan
wird sich im Westen auf 20 Millionen
Menschen auswirken, die allein in der
Kohlenwirtschaft und Eisenindustrie be-
schäftigt sind.
Die Einheitsgewerkschaft hat schon wie-
derholt Stellung genommen. Je mehr der
Plan aber seiner Verwirklichung näher
rückt, desto energischer erhebi die Ge-
werkschaft ihre Forderungen, denn für di3
schaffenden Menschen steht sehr viel auf
dem Spiel. Es ist unbedingt erforderlich,
daß das Saarland so schnell wie möglich
im Schumanplan-Komitee eine unmittel-
bare vollberechtigte Vertretung besitzt
und nicht wie bisher nur einen Verbin-
dungsmann. .
Wegen der Wichtigkeit und Diingachke t
des Problems trat am 16. 10. 1950 der Ge-
werkschaftsausschuß der EG zusammen,
um sich positiv zu entscheiden. 65 000
Bergarbeiter und 60000 Metallarbeiter an
deT Saar sind direkt aufs höchste an einer
Regelung^interessiert. Es handelt sich vor
allem darum, daß Europa durch den Schu-
manplan zu einer wirtschaftlichen Prospe-
rität gelangt, die dem Lebensstandard..der
Arbeitnehmer unbedingt Rechnung trägt
und nicht lediglich kapitalistischen Wirt-
schaftsgruppen monopolcrrtiga Vorteile
verschafft.
Kollege Wacker machte in der Sit-
zung des Gewerkschaftsausschusses zum
Schumanplan eingehende Feststellungen.
Es gehe um eine bessere wirtschaftliche
emopäische Erzeugung, die sich mit der
Zeit gegen die großen Konkurrenten, die
USA und die Sowjetunion, behaupten
könne.
Einige stichwortartige Feststellungen
mögen andeuten, worum es geht: Abbau
der Zollschranken, Rationalisierung, Ver-
einfachung der Verkehrswegen, Erfah-
rungsaustausch, gemeinsame Forschungs-
arbeiten und vor allem ein garantierter
höherer Lebensstandard.
ifaem leuchtet es nicht ein, daß bei sol-
chen Vorarbeiten und schließlichen Ent-
scheidungen neben den Regierungen, den
Arbeitgeberverbänden auch die Gewerk-
schaften positiv vertreten sein müssen,
In der Aussprache des Gewerkschafts-
ausschusses kam zum Ausdruck, daß es-
notwendig ist, irrtümliche Meinungen m
der Oeffentlichkeit und auch in der Ar-
beitnehmerschaft über das Gesamtpro-
blem zu bekämpfen und daß es notwendig
ist, sich auch hierbei auf den Boden rea-
ler Tatsachen zu stellen. Die Mitarbeit
und auch die notwendige Einflußnahme *
aut den Schumanplan seitens der Gewerk-
schaften sei dringend geboten. Es han-
dele sich bei dieser Mitarbeit und Mitbe-
stimmung um eine Schicksalsfrage.
Es kam zur Abstimmung darüber, ob
die Einheitsgewerkschaft die Entsendung
einer Delegation auf Grund der Einladung
des Bundes Freier Gewerkschaften zu ei-
ner Sitzung in Paris zur Beratung über den
Schumanplan vornehmen soll. Einstimmig
wurde der Beschluß gefaßt, eine Delega-
tion nach Paris zu entsenden. Es handelte
sich aber nicht nur um die Beschlußfas-
sung betr. der Delegation, sondern damic
war zugleich verbunden die Zustimmung
zur dauernden Mitarbeit im Schumanplan-
Komitee, sowohl im Gesamtinteresse der
saarländischen Wirtschaft wie im beson-
deren Interesse der Arbeitnehmerschalt
an der Saar.
Die Delegation, bestehend aus dem Kol-
legen Wacker (der bereits vorher offiziell
die Einheitsgewerkschaft im Schuman-
plan-Komitee des Internationalen Bundes
Freier Gewerkschaften vertreten hat), den
Kollegen Dreher und Fliegler, hat am 20.
Uüd 21. Oktober an den Beratungen in
Paris teilgenommen.
Aas dem Jahait:
Tarifrecht und Sozialpolitik im Saarland
Werdegang des Betoebsrätegstses
Europäische Gewerkschaften und
Schumanplan
Arbeit und Recht
Die Lage in der Schlüsselindustrie
Post aus dem Ausland
Der Arbeitsmarkt
Starker Widerhall eines Appells
Briefkasten
Einheit verbürgt den Erfolg i
Daher alle Arbeitnehmer in die Organisation, um das ganze Schwergewicht
in die Waagschale werten zu können„
Drang nach Neuordnung
Standpunkt und Richtlinien der Gewerkschaften zum Schumanplan
Seite 2
DIE ARBEIT"
Oktober 1950
«•
Tariivertragsrecht und Sozialpolitik im Saarland
Der heutige Stand — Was sagt die Veriassung - Wesentliche Merksätze
Im Rahmen eines Schulungskurses
für ar.gestellte Funktionäre dosierten
der Präsident der Einheitsgew srk-
schait, Heinrich Wacker, und Kollege
Franz Rieth über das Tarifv ertrag J-
recht und Schlichtungswesen. Wegen
der in Gang befindlichen Tarifver-
handlungen war d ese Schulung be-
sonders wichtig. Jeder Gewerkschaft-
ler sollte über dieses Thema wenig-
stens einigermaßen unterrichtet sein.
Deshalb wird das Wesentliche aus
dem Vortrag hier abaedruckt. (Weitere
aktuelle Schu ungsvorträge folgen.)
Den ersten Vortrag hatte Kollege Wacker
übernommen. Er vermittelte folgendes an-
schauliche Bild: Auf dem Gebiete des Ar-
bePsrechts und der Sozialpolitik hat sich
die Materie im Laufe der Zeit spezialisiert.
Man muß sich, um positiv Stellung neh-
men zu können, eingehend mit dem ge-
samten Fragenkomplex befassen. Dies ist
unerläßlich, einmal um sachlich für die
Interessen der Schaffenden tätig sein zu
können und ferner, um der teils unsachli-
chen, teils gehässigen Opposition wirk-
sam zu begegnen. Ein Gewerkschafts-
funktionär kann in Verhandlungen nur
dann erfolgreich bestehen, wenn er von
den Auslegungen anderer unabhängig ist.
Die sozialen Probleme ballen sich wohl
nirgends so stark zusammen wie im Saar-
land mii seinem unheimlichen Verbrauch
an Arbeitskraft. Trotz der großen Bedeu-
tung unserer Industrie hatte sich lange
Zeit kein wirklich modernes Arbeitsrecht
entwickelt. Auch in der Völkerbundszeit
waren die Verhältnisse noch recht unbe-
friedigend. Seit Schaffung des autonomen
Saarlandes jedoch ist eine fortschrittliche
arbeitsrechtliche Gesetzgebung in Ent-
wicklung begriffen und auf manchen Ge-
bieten bereits verwirklicht worden. Die-
jenigen, die so gerne kritisieren, soll man
einmal veranlassen, die Sozialcesetzge-
gebung cm der Saar mit der“ in den
Oststaaten zu vergleichen. Nachdem im
Saarland die 1945 angeordnete staatlich
gelenkte Lohnpolitik überwunden ist, sind
Lohn-, Sozial- und sonstige Wirt-
schaftsverhandlungen die beiden maßge-
benden Kontrahenten ausschlaggebend,
nämlich die Arbeitgeber- und Arbeitneh-
merverbände, also die Gewerkschaften.
U:ck aut die Veriassung
Jetzt tritt das Tarifrecht in den Vorder-
grund und damit das Schlichtungsverfah-
ren sowie das Streik- und Aussperrungs-
recht. Hierbei ist ein besonderer Blick auf
unsere Verfassung notwendig. Manche
schimpfen ununterbrochen auf diese Ver-
fassung, ohne sie überhaupt zu kennen.
Um die für die Arbeitnehmer so überaus
wichtigen Artikel 43 bis 45 der Verfas-
sung ist in der Verfassungskommission
des Parlaments von Mai 1947 bis Novem-
ber 1947 erbittert gerungen worden. Heute
giii es, bei Tarifverhandlungen neben den
Leistungen der Arbeitnehmer den Arbeit-
gebern unmißverständlich diese Artikel
einmal vorzuhalten und sich crut die Ver-
fassung zu berufen.
Im Vordergrund der gewerkschaftlichen
Forderungen steht der Artikel 51: Eigen-
tum verpflichtet aegenüber dem Volk, —
und der Artikel 52- ...im Interesse des
Volkes.
Dazu sagen wir: das heißt schließlich
Nationalisierung der Großindustrien!
In der nächsten Sitzungsperiode wird
der Landtag dieses Thema in Angriff neh-
men. Die Energiewirtschaft, also Gas und
Elektrizität, wird wohl aus der Privathand
herauskommen und praktisch dem Volk
zugeführt werden. Dort, wo die Gemein-
den an der Neugestaltung interessiert
sind, werden sie Mitbesitzer, andernfalls
der Staat selbst. Das bedeutet, daß nicht
mehr eine wiUkürliche Preisgestaltincj bei
Gas und Elektrizität erfolgen kann. Heute
erhalten z. B. pfälzische und französi-
sche Betriebe durch Dumping von der Saar
billiger Gas als die Saarländer. Trotzdem
zahlt diese A.ktiengeseUschaft riesige Ge-
winne aus, also auf Kosten der saarlän-
dischen Verbraucher. Die Gewerkschaft
ist daher sehr stark daran interessiert, aut
eine solche Entwicklung Einfluß zu gewin-
nen, damit die Preise auf Grund der Ge-
stehungskosten berechnet werden und
nicht nach beliebigen Kalkulationsmetho-
den einer Aktiengesellschaft.
Volle Mitbestimmung eilordetlich
Für die Ge werk schäften sind weiter die
Artikel 56 bis 59 sehr wichtig. In ihnen
ist einmal die absolute Koallhonsfreif e t
anerkannt, ferner das Streikrecht. Die an-
erkannten Arbeitnehmer- und Arbeitge-
berverbände sind gleichberechtigt. Eine
staatliche wirtschaftliche Lenkung kann
nur über die Wirtschaftsgemeinschaften
durch geführt wcrcten. Festg^sicgt ist ferner
die Schaffung der Betriebsräte. Hierbei
erstreben wir nach wie vor unter allen
Umständen an Stelle der bisherigen Be-
tnebsräteverordnung ein Eatriebsrätege- -
aetz, das dia voile Mitbestimmung der ßr-
beitsehmer garantiert. Das Betriebsräte-
gesetz muß zu einer besseren Veranke-
rung der Gewerkschaften in den Betriebs-
räten führen.
Die von der Gewerkschaft weiter gefor-
derte Schaffung ein« Arbeitskammer ist
in jeder Beziehung berechtigt, und wir ver-
langen, daß diese Kammer endlnch er-
steht, wie es ja schon längst die zahlrei-
chen anderen Kammern vieler Berufsstän-
de gibt.
Darüber hinaus soll dann aus allen Be-
rufskammern ein Landeswirtschaftsrat ge-
bildet werden, der in enger Zusammenar-
beit mit der Regierung seine Tätigkeit
ausübt. Dies ist eine klare Forderung der
Einheitsgewerkschaft.
Im Schlußteil dozierte Kollege Wacker
über Einzelheiten des Tarifrechts. Hierbei
betonte er: Manche unterliegen dem Irr-
tum zu glauben, daß ein Betriebsrat tarit-
vertragsfähig sei. Nur die Gewerkschaf-
ten sind tarifvertragsfähige Partner.
Im sozialpolitischen Ausschuß des Land-
tags steht zur Zeit das BRG zur Beratung.
In Zukunft müssen sich die Funktionäre
noch stärker als bisher mit diesen Aufga-
ben befassen. Auch dann, wenn sie mei-
nen, daß sie sich damit irgendwie unpo-
pulär machen könnten.
Einige Merksätze aus den Einzeldarle-
gungen möge jeder zur Kenntnis nehmen:
Tarifverträge können nur schriftlich abge-
schlossen werden. In der Regel sind es
freiwillige Vereinbarungen. Diese Verein-
barungen sind gleich zu stellen mit son-
stigen freiwilligen Absprachen und der
beiderseitigen Annahme von Schiedssprü-
chen. Im Gegensatz dazu gibt es Ver-
bindlichkeitserklärungen, die durch ein
Schiedsgericht gegen einen Partner aufge-
zwungen werden können. Es kann aber
verkommen, daß die Gewerkschaft einen
Die neuen Löhne im Kategorie l: Ofientt. Dienst
(Koeffizient Kategorie II: 100) — 48,25 Fr*.
(Koeffizient Kategorie III: 105) 50,66 Fra.
(Koeffizient Kategorie IV: 115) 55,49 Frs.
(Koeffizient Kategorie V: 120) *■ 57,90 Frs.
(Koeffizient Kategorie VT: 135) 65,13 Frs.
(Koeffizient Kategorie VH: 140) OT 67,55 Frs.
(Koeffizient Kategorie VIII: 155) 74,79 * Frs.
(Koeffizient 170) ■= 82,02 Fr».
Berufs- und betriebsfibl. Zulagen, Zusehläge
und Zwtchösse (§ 8 der Anordnung über die
Kest'^etzung der Löhne für die Arbeiter im Oef-
feiitlühen Dienst) werden künftig mit 100 um-
gereehnet.
Beispiel: Arbeiter, Koeffizient 140, lOe/o Lei-
stungszulage, Lohnzone I
48.25 Grunrllohn Koeffizient 100
mal K4 Koeffizient für Kategorie VI ,
= 67,55 Grontllohn in Kategorie VI
plus 6.75 Leistongszulage 10<>/o (wird vom Gmndlohn bereehnet)
74,30
plus 9,50 Stinulenzulage
pl US 6,65 Stundenzulag«
90,45 Effektiver Stumlenlohii
Tarifvertrag im Frissuihaiidwerk
Nach moncteinnger mühevoller Kleinarbeit
kann der Industrieverband Groß- und Einzel-
handel heute den Abschluß des Tarifverträge*
mit dem Friseurverband Saarland bekanntgeben.
Die nachfolgenden Lohnsätze beziehen sich
auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stun-
den einschl. der Zuschläge von der 4t. biB 48,
Stunde. Innerhalb der Lohnione I.
Die Reduzierungen bei niederen Lohn Ionen
betragen wie folgt:
in der Lohnzone II 5 tyo
in der Lohnzon« HI 10 W»
in der Lohnzone IV 15 °/a
Mehrarbeit.
Die über 48 Stunden hlnausgehend« Arbeits-
zeit ist mit dem MehrarbeitsZuschlag von 5Ü°/tj
zrr vergüten, wobei jedoch die durch da« Fertig-
bedienen der Kunden und die Aufräumung des
Arbeitsplatzes bedingte Ausdehnung der Arbeits-
zeit, die 20 Minuten täglich nicht Überschreiten
darf, nicht vergütet wird,
Reduzierungssätz# für Jugendliche unter 18
Jahren.
Für Jugendliche von 16 bis 17 Jahren 30 0’b
Für Jugendliche von 17 bis 18 Jahren 20 %.
Diese Regelung tritt mit Wirkung vom 1. Septem-
ber 1750 in Krait.
A
Junghcnd werker
Stufe 1:
a) Gesellen Im ersten Gesellenjahr
b) Gehilfinnen mit Gesellenprüfung im ersten
Gesellenjahr und weibliche Fachkräfte ohne
Gesellenprüfung mit mindestens zwoi Faoh-
jahren nach Beeidigung der L'hrzeit lOQ^Frs.
Stufe 2:
a) Gesellen im zweiten Gesellenjahr
b) Gehilfinnen mit Gesellenprüfung im zweite»
Gesellenjahr uid weiblich« Fachkrci.'e oh_ e
Gesellenprüfung rait mindestens 3 Fach-ah-
ren nach Beendigung der Lehrzeit 3V?« Fr*.
Sfu ie 3:
a) Gesellen im drillen Gesellenjahr
b) Gehilfinnen mit Gesellenprüfung im drl^en
Gesellenjahr und weibliche Fachkräfte ohne
Schiedsspruch grundsätzlich ablehnen
muß, auch wenn sie den Schiedsrichter
angerufen hat.
Der freiwillig abgeschlossene Tan!ver-
trag iS. verpflichtend gegenüber allen Mit-
glieder der Vertragsparteien, aber nicht
gegenüber den nichtorganisierten Teilen.
Nur der Organisierte kann daher bei
Nichterfüllung gerichtlich klagen. Bis
vor 1935 waren Klagen übrigens nur unter
Berufung auf den Einzelarbeitsvertrag mit
Einzelvollmachten möglich. Jetzt können
die Organisationen klagen. Die allgemei-
ne Verbindüchkeiiserklärung ist einerseits
von Nachteil, andererseits bringt sie Vor-
teile, weil jeder Arbeitgeber an die Abma-
chungen gebunden ist.
Noch folgendes ist zu beachten: Ohne
Arbeitsgerichtsbarkeit wäre das Tarifver-
tragsrecht praktisch nicht durchführbar,
denn Streitigkeiten verschiedenartiger
Auslegungen unter den Kontrahenten sind
immer vorhanden und müssen daher ar-
beitsgerichtiich geklärt werden.
*
Die intensive Betrachtung des vorga-
zeichneten Themas zeigt wieder einmal,
wie umfangreich die gewerkschaftliche
Tätigkeit ist und wie wichtig und notwen-
dig es ist, parteipolitische und sonstige
Störungsmomente aus einer Gewerkschaft
herauszulassen, da mehr als genug prak-
tische Gewerkschaftsarbeit zu leisten ist.
(Wer an weiteren Einzelheiten Interesse
hat, wende sich an die Hauptverwaltung
der Einheitsgewerkschaft.)
Gesellenprüfung mit mindestens 4 Fachjah-
ren nach Beendigung der Lehrzeit 3386 Fr*.
Stufe 4:
a) Gesellen im vierten Geeellenjahr
b) Gehilfinnen mit Geseilenprüfung im vierten
Gesellenjahr und weibliche Fachkräfte ohne
Gesellenprüfung mit mindestens 5 Fachjah-
ren nach Beendigung der Lehrzeit 3 574 Frs.
B.
Ecklohnstufe:
ä) Gesellen ab fünftem Gesellenjahr, die fol-
gende Arbeiten beherrschen:
1. die komplette Herrenbedienung oder
2. im Damenfach Kurz- und Langhaarfrisie-
ren. Ondulieren, Wasserwellen und Dauer-
wellen. Blondieren, Tönen und Färben.
b) Gehilfinnen mit Gesellenprüfung ab fünftem
Gesellenjahr, die folgende Arbeiten beherr-
schen: im Damenfach Kurz- und Langhaar-
_ frisieren. Ondulieren. Wassexwellen und
Dauerwellen. Blondieren. Tönen und Färben.
c) Weibliche Fachkräfte ohne Gesellenprüfung
mit gleichen Berufsleistur.gen, jedoch mit
mindesten 6 Berufsjahren nach Beendigung
der Lehrzeit 3762 Ft*.
C.
Erst« Kräfte:
a) Gesellen und Gehiliinnen mit Gesellenprü-
fung, die in allen im Friseurhandwerk vor-
kommenden Fächern besondere Fertigkeiten
besitzen.
b) Weibliche Fachkräfte ohne Gesellenprüfung
mit gleichen Berulsleistungen. jedoch mii
mindestens 7 Berufsjahren nach Beendigung
der Lehrzeit.
, Die besonderen Fertigkeiten weiblicher
Arbeitskräfte sind auf alle iiu Dameniach
vorkommenden Arbeiten de» Friseurhand-
werks zu erstrecken. 413* Fis.
D.
Sönderstufe:
a) Arbeitskräfte, die höchste berufliche Lei-
stungen vollbringen und durch den „Friseur-
verband Saarland“ unter den eisten zehn
Preisträgern eines internationalen Wettbe-
werbs anerkannt sind
b) Gesellen und Gehilfinnen mit bestandener
Meisterprüfung, die zur Führung eines Be-
triebes bestellt sind. 4514 Frs.
E.
Spezialfachkräit« Ihr Manikür«. Fuß- und Schön-
heitspflege.
Jhre Einstufung erfolgt nach Leistung und Be-
mfskönnen im Rahmen der vorstehenden Elrt-
siufungsskala von A bis B.
Angestellte der Säge-Industrie!
In der Nummer 19. vom Iß. Oktober 1950
„Die Arbeit'4 wurde die neue Lohntabelle
veröffentlicht. Hierzu ergeht folgende
Richtigstellung. Da es eine Selbstver-
ständlichkeit ist, daß für die Angestell-
ten das Existenzminimum von 16Ö55 Frs.
erreicht werden muß, beginnt die Einstu-
fung ab dem Koeffizienten 13 4 - 16 073
Frs. Die Koeffizienten 100 bis 133 kom-
men in Wegfall.
Mitteilung für die holzverarbeitende
Industrie
Der Iradustrieverband Holz hat nach er-
nauien Bemühungen über die Lohnver-
handlungien vom Arbeitgeberverband der
holzverarbeitenden Industrie folgende Mit-
teilung bekommen: ,,Im benachbarten Ge-
biet Elsaß und Lothringen stehen dte Lohn-
verhandlungen für die holzverarbeitende
Industrie vor ihrem Abschluß, so daß
im Anschluß auch dte I.ohnverhandiuncen
im Saarland zu einem befriedigenden Er-
gebnis geführt werden können.“
Die neue Situation un lohmkampi
(Fortsetzung)
Nach dem Warnstreik wurden tür die
einzelnen Fachgruppen innerhalb des i. V.
Nahrung und Genuß geringe Lohnerhö-
höhungen erzielt. Die neu gastei.ten For-
derungen des Verbandes belaufen sich
aut eine Erhöhung von 20 o/o, die von Ar-
beitgeberseite abgeiehnt wurde und nun
vor dem Schlichtungsausschuß entschie-
den wird.
I. V. Verkehr und Transport. Für ehe Ar-
beiter im öffentlichen Dienst wurde eine
Lohnerhöhung von 10 o/o bewilligt. Die
Verhandlungen mit dem Ziele der Erhö-
hung der Angesieiltengehäiter dauern
noch an. Für die Arbeiter und Angestell-
ten der Speditionsbetriebe wurde eine Er-
höhung von 10 o/o festgesetzt.
Der I, V. Groß- und Einzelhandel war
gezwungen, den Schlichtungsausschuß aa-
zurufen, der am 31. 10. einen Spruch fällen
w,rd. Die Arbeitgeber hatten die Ver-
handlungen abgelehnt, nachdem der I. V.
sich nicht bereiterklärte, das von der
Regierung festgesetzte Existenzminimum
zu unterschreiten.
I. V. Holz. Die Arbeitgeber der holzver-
arbeitenden Industrie gaben bekannt, daß
sie zum Abschluß der Verhandlungen be-
reit seien, wenn das Ergebnis der Lohn.-
verhandlungen, die zur Zeit in Elsaß-Loth-
ringen geführt werden, vorläge. Demzu-
folge beabsichtigen die Arbeitgeber die
Angleichung. Für den I. V. bleibt abzu-
warten, wie diese Verhandlungen auslal-
len. Er wird aut Grund der besonderen
Fabrikationsverhältnisse im Saarland, die
mit denen in Elsaß-Lothringen nicht ver-
gleichbar sind, seine Forderungen formu-
lieren.
In vereinzelten Bemeben der Beruts-
gruppe Leder und Bekleidung sind, wie
wir Bereits berichteten, Ueberbrückungs-
gefder ausgezahlt worden, ln den letzten
Verhandlungen mit der Textil- und Leder-
industrie kam es zu keinem positiven Er-
gebnis. Die tagende Lohnkommission be-
schloß, die Verhandlungen abzubrechen
und zur schnelleren Erledigung der Forde-
rungen den Schlichtungsausschuß in An-
spruch zu nehmen. Für die Maßschneide-
reien wird der Schiedspruch des Schlich-
ters bereits am 27. 10. erwartet.
Der I. V. Fabrikarbeiter führte am Frei-
tag, dem 20. 10., Verhandlungen mit dem
Fach- und Arbeitgeberverband der che-
mischen Industrie, in denen seitens der
Arbeitgeber eine Lohnerhöhung von 8 Wo
angeboten wurde. Der I. V. brachte die
Forderung auf Erhöhung von 12 o,-o als Ge-
genvorschlag ein. Die Verhandlungen
werden fortgesetzt.
„Meinen Seinen Petntt kein
Seweikschaftier mehr..."
Unter dieser Ueberschrift veröffentlich-
ten wir in der letzten Nummer der „Ar-
beit“ einen Vorfall, der sich bei der Firma
David, Sax u. Co. in Neunkirchen zutrug.
Der Vorfall hat unter der Arbeitnehmaz-
schaft, ja sogar in Unternehmerkreisen,
wegen des asozialen Verhaltens des Be-
treffenden, Empörung hervorgerufen.
Wir sind heute in der Lage, über will-
kürliche Maßnahmen der Betriebsleitung
gegenüber der fleißigen Belegschaft wei-
tere Einzelheiten festzustellen. Während
eine andere Firma der gleichen Branche
in Neunkirchen die Löhne, infolge der ge-
stiegenen Lebenshaltungskosten und der
Verordnung über den Mindeststundeniohn
erhöht hat, gehen Näherinnen bei der Fir-
ma David, Sax u. Co. mit einem Stunden-
lohn von 31 Frs. nach Hause. Näherinnen
mit mehr als drei Berufsjahren erhalten
52 Frs., und solche mit mehr als fünf Be-
rufsjahren 56 Frs. Die Arbeitnehmer über
21 Jahre erhalten nur 11 Arbeitstage Ur-
laub. Die Mehrarbeitszuschläge von 25 »o
wurden bis heute noch nicht bezahlt. Die
Nachzahlung dieses Zuschlages wurde
von dem Vertreter des Industrieverban-
des der Einheitsgewerkschaft gefordert,
woraut die Firma sofort die 40-Stunden-
woche einführte. Typisch für diesen Ar-
beitgeber ist auch folgende Willkürmaß-
nahme, wonach er den Arbeitnehmern, die
sich nicht am Streik beteiligten, das ihnen
zastehende Existenzminimum zahlte und
außerdem einen Warengutschein aushän-
digle, während er den Arbeitnehmern, die
sich am Warnstreik beteiligten und das
Existenzminimum zuvor schon erhalten
hatten, nach dem Warnstreik d9n frühe-
ren geringeren Lohn wieder auszahlte.
Derartige Willkürmaßnahmen sind nicht
geeignet, die Arbeitsfreudigkeit der in die-
sem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer
zum Wähle des Betriebes zu steigern und
den sozialen Frieden zu gewährleisten.
Den aufbauwilligen Arbeitnehmern und
der Gewerkschaft kann es nicht zugemu-
tet werden, tatenlos zuzusehen und mitzu-
erleben, wie der Betrieb sich durch wei-
teren Ausbau und Investierung von größe-
ren Kapitalien täglich erweitert und das
nicht zuletzt aut Kosten der Einbehaltung
an Löhnen der dort Baschäftigtan. Die
Einheitsgewerkschaft fordert nach wie vor
die gerechte Einstufung und Entlohnung
aller Arbeiterinnen und Arbeiter nach den
bestehenden Geselasen, Verfügungen und
Tarifverträgen und sofortige Nachzahlung
der den Arbeitnehmern vor enthalte neu Zu-
schläge.
Oktober 1950
„DIE ARBEIT“
Seite 3
Die europäische Gewerkschaftsbewegung und der Schumanplan
Kollege Haas vom Hott vom DGB
hielt aut der Pariser Schurnanplan-
Konterenz des IBFG ein grundlegen-
des Referat. Es enthält alles das, was
ein Gewerkschaftler über den Schu-
marapian, der in die Geschichte ein-
gehen wird, wissen soll. Dar Inhalt
Iie'ert zuglaich e 'an hochinteressan-
ten Volkswirtschaft ichen und sozialen
Standpunkt und einen klaren Blick
für das We-entliehe.
I.
Mil der Erklärung des französischen
Außenministers Schuman vom 9. Mai 1950
ist die politische Idee der europäischen
Einigung, insbesondere aber die der
d;utsch-fran ö’ischen Verständigung, auf-
gegriffen worden. Zur Verwirklichung
dieser politischen Idee soll zunächst aut
wirtschaftlichem Gebiet die Zusammen-
fassung der Grundstoffindustrien von
Kohle und Eisen in den hauptsächlich
hierfür in Betracht kommenden europäi-
schen Ländern zu einem gemeinsamen
Markt erfolgen. Dabei ist Außenminister
Schuman mit Recht davon ausgegangen,
daß Kohle und Eiisen häufig genug die
Ausgangspunkte neuer Kriege gewesen
sind. Durch die Verwirklichung des Schu-
manplans sollen die ersten konkreten Vor-
aussetzungen zur Schaffung einer euro-
päischen Gemeinschaft gefunden werden,
die für einen dauerhaften Frieden uner-
läßlich sind. In den letzten Jahren
sind Ansätze zu einer europäischen Ver-
ständigung schon durch OEEC und den
Europarat in Straßburg unternommen wor-
den. Allerdings genügen sie nicht, um die
Idee der europäischen Einheit konstruk-
tiv zu verwirklichen. Wenn auch der gute
Wille beider Organe nicht bestritten wer-
den soll, so darf nicht verkannt werden,
daß disee nach dem gegenwärtigen Stand
ihrer Möglichkeiten nicht die notwendigen
Vollmachten haben, um eine europäische
Verständigung herbeizuführen.
D;e Gewerkschaften, die natürlich auch
die Arbeiten der OEEC und des Europa-
Rates unterstützen, haben daher die Idee
des Schumanplans, die erstmalig eine
konkrete Möglichkeit zur europäischen
Verständigung aufzeigt, begrüßt.
Die Gewerkschaften haben sich über
die Tätigkeit innerhalb ihrer Landesgren-
zen hinaus immer zur internationalen Zu-
sammenarbeit, als Voraussetzung eines
dauerhaften Friedens und der Erhöhung
des Lebensstandards der Arbeitnehmer-
schaft bekannt. Zwar wurde diese inter-
nationale Zusammenarbeit durch den Na-
zismus in Deutschland und das Kriegsge-
schehen empfindlich gestört, und es war
verständlich, daß nach Beendigung des
Krieges die von allen erwünschte inter-
nationale Zusammenarbeit zunächst nur
zögernd in Gang kam, weil die Wunden
des Krieges erst vernarbt sein mußten.
Ausdruck der neuen Solidarität der Ge-
werkschaften der freien Völker ist der
IBFG, der daher auch die Idee des Schu-
manplans positiv begrüßt hat. In einer
internationalen Gewerkschaftskonferenz
über die Ruhr wurde hierzu bereits am
22-/23. Mai 1950 in Düsseldorf — also kaum
14 Tage nach der Verkündung der Erklä-
rung von Außenminister Schuman — in
positivem Sinne Stellung genommen. Aus
dieser Stellungnahme heraus nimmt der
IBFG für sich in Anspruch, führend bei
der Gestaltung und Durchführung des
Schumanplans mitzuwirken. Der IBFG ist
sich darüber klar, daß es mit der Aner-
kennung einer politischen Idee an sich
nicht getan ist, sondern daß auch die
notwendigen Wege zur Verwirklichung
dieser Idee gefunden und beschritten wer-
den müssen.
Oie Grundlage des epochalen Planes
Als die Delegationen von Frankreich,
Deutschland, Italien Belgien, Holland und
Luxemburg am 20. Juni 1950 zum ers‘enmal
in Paris zusammentraten, war nicht mehr
vorhanden als dis Idee, zunächst die
Koh'e- und Stahlproduktion dieser Länder
zu einem gemeinsamen Markt zusammen-
zutassen. Es liegt im Wesen einer sol-
chen Idee, daß sie zunächst nur allgemein
gehalten ist. Vielleicht mag die Zurück-
haltung der englischen Labour-Regierung,
die im Einvernehmen mit den englischen
Gewerkschaften geschah, darauf zurück-
zuführen sein, daß für die Gestaltung des
Planes zunächst nur der äußere Rahmen
erkennbar war.
Mit der Ueberre^Eung des französi-
schen Arbeitsdokumentes am 24. Juni 50,
welches den Entwuif eines Vertrages dar-
stellte, war die Grundlage für die weite-
ren Verhandlungen gegeben. Es haben
dann von Jum bis Ende September in ver-
schiedenen Zeitabschnitten Verhandlun-
gen über die Möglichkeit der wirtschaft-
lichen Verwirklichung der politischen
Idee des Schumanplans stattgefunden.
Neben gemeinsamen Sitzungen der De-
legationen wurde die Arbeit in der Haupt-
sache in den folgenden 5 Ausschüssen
bewältigt:
1. Institutionelle Fragen,
2. Handels- und Zollpolitik,
3. Preise, Produktion, Investition,
4. Löhne und soziale Fragen,
5. Definition der Begriffe Kohle und
Eisen.
Alle Delegationen haben zur Bewälti-
gung der Arbeit Sachverständige auf den
verschiedenen Gebieten zur Mitarbeit her-
angezogen.
Die Verhandlungen über den Schuman-
Rlan gewannen ihre besondere Bedeutung
dVJurch, daß e? sich nicht um internatio-
IRaK Verhandlungen im üblichen Sinn«
handelte, wie sie beispielsweise zum Ab-
schlußN/on Handelsverträgen geführt wer-
den, sonderp es handelte sich hierbei be-
wußt gm supranationale Verhandlungen,
bei denen alle Delegationen sich darüber
klar waren, daß das Zustandekommen
des Vertrages ein gewisses Aufgeben na-
tionaler Souveränitätsrechte zu gunsten
des gemeinsamen Marktes und damit zu
gunsten der Schaffung der europäischen
Gemeinschaft bedeutet. Von diesem
Standpunkt aus betrachtet wäre es wün-
schenswert gewesen, wenn aufgrund der
positiven Stellungnahme des IBFG allen
Länderdelegationen auch verantwortliche
Gewerkschaftler als ordentliche Mitglie-
der angehört hätten. Leider war das je-
doch nur bei einer Delegation dar Fall,
während bei den übrigen Delegationen
Gewerkschaftsvertreter nur als Sach-
verständige bei der Behandlung voja Lohn-
und sozialen Fragen hinzugezogen wur-
den, und dies bedauerlicherweise auch
nur in sehr ungenügendem Umfange.
Mit dem- 28. September waren die Ar-
beiten der verschiedensten Ausschüsse zu
einem gewissen Abschluß gelangt. Nach
Wiederaufnahme der Verhandlungen An-
fang Oktober ist der Versuch unternom-
men worden, das bisherige Ergebnis der
verschiedenen Ausschüsse nunmehr zu-
sammenzufasset' und daraus ein gewisse*
Gerippe als Grundlage für die Paraphie-
rung eines Vertragsentwurfes zu schaf-
fen. Gleichzeitig wurde auch eine Aen-
derung der bisherigen Verhandlungsme-
thode eingeführt, indem nunmehr in erster
Linie die Chefs der Delegationen in ge-
meinsamen Besprechungen zusammentra-
ten. Das hat die „Internationale Handels-
kammer“ zu der wohl irrigen Bericht-
erstattung veranlaßt, daß damit die Ge-
werkschaften praktisch ausgeschaltet
seien. Wenn eine solche Wendung in der
Verhandlungslührung beabsichtigt sein
sollte, müßten sinh die Gewerkschaften
allerdings von der weiteren Mitarbeit am
Schumanplan mit allen «ich daraus erge-
benden Konsequenzen distanzier«*!.
Einige Jahre Dbetgangspeiiode
Die bisherigen Verhandlungen haben es»
geben, daß zun^ngangsetzung des Schu-
manplans gewisse Voraussetzungen er-
füllt werden müssen. Neben einer verhält-
nismäßig kurz behüteten Anlaufzeit wird
eine UebergangsperiHde von einigen Jah-
ren notwendig sein. 'Krst dann tritt der
Schumanplan in seine ^ndphase, die so-
genannte „Perode permanente“ ein.
In der Anlaufzeit sollen die nach dem
Vertrag vorgesehenen Organisationen ge-
schaffen werder. In der Uebergangszeit
sollen alle Hindernisse zur Schaffung des
gemeinsamen Marktes, soweit dies unter
Berücksichtigung der natürlichen und na-
tionalen Gegebenheiten möglich ist be-
seitigt werden. In der Endperiode soll
dann der einheitliche Markt für Kohle Und
S^anl im Unionsraum erreicht werden.
Mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten,
ao sich bei der Regelung der~Ueber-
gangszeit ergeben und demgemäß einen
längeren Verhaadlungszeitraum bean-
spruchen, sind die gegenwärtigen Ver-
handlungen ausschließlich auf den Sta-
tus in der Endpsriode abgestellt.
Um sich über die Stellungnahme der
Gewerkschaften klar zu werden, ist es
notwendig, einige Bemerkungen über den
geplante*! Aufbau der Schumanpkm~Or-
ganisation und ihrer Tätigkeit näher dar-
zulegen.
Es besteht bisher Klarheit darüber, daß
d e Hohe Behörde e ne supranationale Ein-
richtung darste'len soll, auf die also, wie
bereits vorher erwähnt, gewisse Souverä-
nitätsrechte bezüglich der Koh’e- und
Stahlwirtschaft übergehen sollen. Die
Hohe Behörde soll aus 6 bis 9 Mitgliedern
bestehen. Es ist wohl in der Praxis an-
zunehmen, daß jedes der 6 Länder Wert
daraut legen wird, mindestens einen Ver-
treter in die Hohe Behörde zu eentsenden.
Die Gewerkschaften fordern ihrerseits,
daß auch mindestens ein Vertreter ihres
Vertrauens zum Mitglied der Hohen Be-
hörde bestellt wird. Es ist selbstverständ-
lich, daß die 'Mitglieder der Hohen Behör-
de nach erfolgter Wahl nicht an Weisungen
von Regierungen oder Organisationen ge-
bunden sein können, sondern entspre-
chend dem ruoranat or.a'en Charakter des
Schumanplans ihre Tätigkeit unbeeinflußt
o.ueüben müssen.
Der Hohen Behörde steht eine gemein-
same Versammlung (as emb’ee coramuni)
zur Seite. Es ist onZunahmen, daß diese
gemeinsame Versammlung — ähnlich, wia
der Europa-Rat — aus etwa 80 Vertretern
bestehen wird, die von den I.ändernai“a-
mentsn gewoh't werden. Dabei ist di-o
Frage noch offen, ob es sich hierbei aus-
schließlich um Parlamentarier handeln
muß oder ob die Parlamente auch andere
Persönlichkeiten wählen können.
Zur lautenden Unterstützung der Hohen
Behörde in ihrer Tätigkeit waren zunächst
3 beratende Ausschüsse vorgesehen, die
sich aus Vertretern der Arbeitgeber, der
Verbraucher (weiterver arbeitende Indu-
strie) und der Gewerkschaften zusammen-
setzen sollten. In den Verhandlungen ist
der gewerkschaftliche Vorschlag aner-
kannt worden, daß nur ein Beirat gebildet
werden soll, in dem die genannten drei
Gruppen vereinigt sind. Aut diese Weise
wird vermieden, daß beispielsweise die
Gewerkschaften ausschließlich auf so-
ziale Fragen abgedrängt werden und daß
die Arbeitgeber wirtscnaftspolitisch den
Beirat zu einer Art Kartell gestalten könn-
ten. Selbstverständlich würde man nicht
offiziell ein Kartell machen. Der Gedanke
verträgt sich nämlich nicht mit dem Schu-
manplan, aber man würde so eine Art
Frühstückskartell machen, d. h. also, man
würde ungezwungen zum Frühstück Zu-
sammenkommen und sich dabei bestimmt
nicht über das Essen oder das Wetter
unterhalten.
Schaffung eines Gerichtshofes
Neben der Hohen Behörde soll ein Ge-
richtshol geschaffen werden, dessen Tä-
tigkeit in ähnlicher Weise aufgebaut wer-
den soll, wie dies beim internationalen
Gerichtshot in Den Haag der Fall ist.
Weiterhin ist die Schatfung eines Mini-
sterrats vorgesehen. Eine solche Einrich-
tung war in dem französischen Arbeits-
dokument nicht enthalten. Es hat sich je-
doch als notwendig erwiesen, eine solche
Einrichtung in den Plan einzubauen, wo-
bei allerdings Klarheit darüber herrscht,
daß der Ministerrat nur für ein genau
umgrenztes Aufgabengebiet tätig werden
kann. Das ist besonders notwendig für
den Fall, wenn der supranationale Cha-
rakter der Behörde mit den Grenzen und
Aufgaben von national staatlichen Insti-
tutionen in Widerstreit gerät.
Fernerhin ist die Schaffung von regio-
nalen Gruppen vorgesehen, die ohneRück-
sicht auf die Ländergrenzen bestimmte
Produktionsgebiete von Kohle und Stahl
zusammenfassen sollen. Auch diesen re-
gionalen Gruppen, über deren Aufbau im
einzelnen noch diskutiert wird, soll ein
Beirat — gleich wie bei der Hohen Be-
hörde — angegliedert werden.
(Fortsetzung folgt!)
Zahlreiche weitere Beitrittserklärungen zur
Einheitsgewerkschaft.
Lauiend sind bei den verschiedenen
Verbänden der EG Beitrittserklärungen zu
verzeichnen. Wiederholt haben wir dar-
über Einzelheiten veröffentlicht. Heuta
kann der I. V. Fabrikarbeiter und I. V. Le-
der und Bekleidung müteiten, daß seine
bisherige Werbeaktion einen großen
Erfolg erbrachte. Innerhalb einer kur-
zen Zeii sind bei der Geschäftsstelle über
tausend Neuaufnahmen eingegangen. Die
Aktion geht weiter.
Die zunehmenden Beitnttsertüö i ungen
zur Einheitsgewerkschaft sind in vielfa-
cher Hinsicht bemerkenswert. Einmal las-
sen sie erkennen, daß das Vertrauen in
die Einheitsgewerkschaft weiter an Boden
gewinnt. Darüber hinaus sind sie auch
ein Beweis dafür, daß der Appell an die
anständige Gesinnung und an das Solida-
ritätsgelühl sowie die Erkenntnis von der
Bedeutung der organisierten Arbeitneh-
merschaft bei den Unorganisierten einen
immer stärkeren Widerhall finden.
Rechtsberatung in Homburg
Ab sofort werden wieder jeden Freiiag-
vormittag von 8 bis 12 Uhr m der Kr eise e-
schäftsstelie in Homburg, von Benisstr.,
Rechtsberatungen für die Mitglieder der
Emheitsg e we rksch af t ab gehalten.
RecMsimatunuen in St. Wendel
finden für Mitglieder der Einheitsgewerk-
schaft jeden Donnerstag in der Kreisge-
schäftsstelle statt und zwar von 8,30
Uhr bis 12 Uhr.
Tuuerkulose - Reiiienuntersucftunaen
Die Landesversicherungsanstalt für das
Saarland setzt die Reihenuntezsucl ungen
der Versicherten des Geburtsjahrganges
1933 fort** Das bisherige Ergebnis der Un-
tersuchungen zeigte, daß eine Kontrolle
der Jugendlichen nicht nur iür die?« selbst,
sondern auch für ihre Umgebung, sonach
für die Gesamtbevölkerung von größter
Wichtigkeit ist, Es ist daher Pflicht eines
jeden, der ihm zugehenden Einladung Fol-
ge zu leisten.
Wieder Akademie der Arbeit
Das Wintersemester an der Akademie
der Arbeit nimmt mit dem 6. Nov. seinen
Anfanq. Die Vorlesungen beginnen um
17,30 Uhr.
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Seite 4
DIE ARBEIT“
Oktober 1950
»*
I.V. Baugeweibe besteht auf Recht
Unzulängliche Löhne - Warum ist das Bauen so teuer ?
Vom Baugewarba an der Saar hängt
unmittelbar die Existenz von 23 000
Bauarbeitern und ihrer Familien ab.
Darüber hinaus wirken sich die Ver-
hältnisse naturgemäß breit und tief in
das gesamte Wirtschaftsleben aus.
Befindet sich das Baugewerbe in ei-
ner gesunden Entwicklung, kann der
soziale Friede dort gewahrt werden,
dann ist eine wesentliche Säule der
Gesamtwirtschaft in Ordnung. Es ist
daher unbedingt notwendig, daß alle
maßgebenden Faktoren dazu beilra-
gen, tm Baugewerbe nicht einseitig
Kapitaünteressen vorherrschend sein
zu lassen, sondern das Allgeroeinin-
teresse muß ausschlaggebend sein.
Sehr nützlich ist es, sich einen Ueber-
blick über die Lage zu verschaffen, in
der sich die Bauarbeiter und alle im
Bauere werbe zur Zeit befinden.
Das Baugewerbe unterscheidet sich in
seiner Konstruktion wesentlich von den
übrigen Wirtschaftszweigen. Neben sei-
nem saisonbedingten Charakter, wirken
sich insbesondere noch andere Momente
in diesem Gewerbe auf das Einkommen
der in ihm Beschäftigten ungünstig aus.
Allein durch die Witterungseinfüsse ent-
steht ihnen ein durchschnittlicher Lohn-
ausfall von 15 bis 20o/o. Diesen besonde-
ren Charakter des Baugewerbes hat man,
abgesehen vor. den letzten 15 Jahren, auch
stels bei den Abschlüssen von Lohnver-
einbarungen Rechnung getragen, und dem
muß natürlich auch in der Zukunft wieder
Rechnung getragen werden.
Warum ist nun das, was einmal zu Recht
gewesen ist, heute nicht mehr? Die im
Jahre 1930 einsetzende Wirtschaftskrise
mit ihrer großen Arbeitslosigkeit* nützte
der Arbeitgeberverband für das Bauge-
werbe im Saargebiet gründlich aus, indem
er es fertigbrachte, die Bauarbeiterlöhne
um 27 bis 28o/o und damit erheblich noch
unter die Stundenlöhne in allen anderen
Berufszweigen herunterzudrücken. Damit
wurde aber dem ganzen Gewerbe zwei-
fellos ein sehr schlechter Dienst erwiesen.
Flucht der noch vorhandenen guten Fach-
kräfte in andere, besser entlohnte Indu-
striezweige und sozusagen ein totaler Stop
des Nachwuchses, das waren die Folgen
dieser Maßnahme, unter denen das Bau-
gewerbe seitdem leidet und wer weiß, wie
lange noch leiden muß. Nach der Rück-
gliederung des Saargebietes 1935 bestand
keine Möglichkeit für die Arbeiterschaft,
diesen Zustand zu ändern. Ihre Gewerk-
schaften waren aufgelöst, und über ihre
Lohn- und Arbeitsbedingungen entschied
der Reichstreuhänder, ohne sie zu befra-
gen
Als sich die Bauaroeiter im April dieses
Jahres, nachdem allgemein von einem
Preisstop schon lange keine Rede mehr
sein konnte und es die höchste Zeit war,
auch den Lohnstop zu durchstoßen, an die
Arbeitgeber mit der dringlichen Forderung
aut Neuregelung der Löhne und Gehälter
wandten, konnten sie sich mit vollem
Recht darauf berufen, daß sie die weitaus
am schlechtesten bezahlte Arbeitnehmer-
gruppe im Saarland sind. Bestreiten
konnte man das auf Arbeitgeberseite kei-
nesfalls, sie setzte aber trotzdem alles da-
ran, eine Neuregelung, wenn nicht zu ver-
meiden, dann aber möglichst lange hin-
auszuschieben. Durch den Spruch des
staatlichen Schlichtungsausschusses wur-
den schließlich in der saarländischenBau-
wirtschaft die Löhne ab 22. Mai 1950 um
12 o/0f die Gehälter der kaufmännischen
und technischen Angestellten ab 15. Mai
1950 um 8 o/o erhöht. Ebenfalls durch
Schiedsspruch wurden von demselben
Zeitpunkte die Löhne und Gehälter in der
Steinbruch- und Baustoffindustrie um 8 o'o
erhöht. Für die Zentralheizungs-,Lüftungs-
und sanitäre Installations-Unternehmun-
gen konnte eine Neuregung durch freie
Vereinbarung mit dem zuständigen Ar-
beitgeberverband getroffen weiden.
Bei allen Verhandlungen damals war
man sich darüber einig, daß es sich nur
um eine vorübergehende Regelung, höch-
stens bis zum Erlaß des bevorstehenden
Tarifvertragsgesetzes handele. Im An-
schluß an die am 22. Juli 1950 erfolgte
Veröffentlichung dieses Gesetzes über-
reichten die Bauarbeitergewerkschaften
den Arbeitgeberverbänden Entwürfe zum
Abschluß von Rahmentarifverträgen, mit
gleichzeitigen Anlagen zur Neufestsetzung
der Löhne und Gehälter.
Zur Verhandlung über den Abschluß der
Rahmentarifverträge ist es bis jetzt noch
nicht gekommen. Was die Löhe und Ge-
hälter betrifft, wurde inzwischen noch-
mals eine provisorische Regelung getrof-
fen und zwar wieder auf der Grundlage
des vor annähernd drei Jahren geschaffe-
nen Berufsbildes und der Lohnzonenein-
teilung. Durch Beschluß des Schlich-
tungsausschusses vom 3. Oktober wurden
die Löhne und Gehälter in der Bauwirt-
schafi ab 1. Oktober 1950 um 12 "/„ er-
höht.
In der Steinbruch- und Baustoffindustrie
wurde mit dem Fach- und Arbeitgeberver-
band der Baustoffindustrie des Saarlan-
des am 4. Oktober eine Vereinbarung ge-
troffen, wonach ab 1. Oktober alle Löhne
und Gehälter sowie die Akkordverdienste,
soweit dieselben unter Berücksichtigung
der neuen Lohnsätze unter 55 o/o liegen,
um 8 o/o erhöht werden.
Dem Schiedsspruch in der Bauwiitschcft
sind mehrfache Verhandlungen sowohl
zwischen den Parteien selbst, als auch
solche vor dem Schlichtungsausschuß
vorausgegangen. Die Vertreter des Ar-
beitgeberverbandes der Bauwirtschaft des
Saarlandes bestritten wohl nicht die Be-
rechtigung der Forderung, taten jedoch
wieder alles Mögliche, um eine Neurege-
lung zu verhindern und zwar insbeson-
dere dadurch, daß sie sich auf den Ar-
tikel 3 der französisch - saarländischen
Wirtschaftskonvention beriefen mit dem
Hinweis, daß nach diesen Bestimmungen
entsprechende Lohnregelungen erst in
Frankreich erfolgt sein müßten, bevor man
hier im Saarland dazu übergehen könnte.
Man ging zuletzt beim Arbeitgebervcr-
band soweit, daß man die Kompetenz des
Schlichtungsausschusses, in diesem Streit-
fälle einen Spruch zu fällen, anzwrrtfelte
und mit einer Ablehnung eines solchen
Spruches trotz der Verbindlichkeitserklä-
rung drohte.
Die jetzt festgesetzten Lohn- und Ge-
haltssätze bleiben wesentlich hinter dem
zurück, was bereits vor einem halben
Jahr infolge der Teuerung gefordert wurde
und schon damals seine volle Berechti-
gung hatte. Man kann unseren Forderun-
gen nicht damit begegnen, daß man auf
Die Betriebsräte der saarl. Eisenbahnen
führten am vergangenen Samstag in
Dudweiler eine Protestversammlung
durch. Die Vertreter befaßten sich insbe-
sondere mit der Besetzung des Verwal-
tungsrates der SEB, dessen Mitglieder
durch die Regierung ernannt wurden,
und übten an der diktatorischen Maß-
nahme heftige Kritik.
Rechtsanwalt Dr. Levy erläuterte in
deT Versammlung die rechtliche Lage.
Er war der Ansicht, daß ein Vertreter
stets das Vertrauen der von ihm ver-
tretenen Personengruppe genießen müs-
se. Das Handeln dar Regierung ver-
stoße gegen die saarländisch-franzö-
sische Eisenbahnkonvenlion und gegen
die vorläufige Betriebsräte Verordnung.
In der Diskussion wurde zum Ausdruck
gebracht, daß zwei Beamte in den Ver-
waltungsrat entsandt worden seien, wäh-
rend von den 13 000 Bediensteten der
SEB rd. 9 000 Arbeiter seien und nicht
berücksichtigt wurden. In der Entschlie-
ßung heißt es u. a.:
Die durch die Regierung des Saar-
landes vorgenommene Ernennung des
Mitgliedes des Verwaltungsrates der
SEB, Herrn Schmidt — Eisenbahnoberin-
spektor — wird als in Widerspruch mit
dem Geist und Zweck der Konvention
über den Batrieb der Eisenbahnen des
Saarlandes und dem § 10 der Verord-
nung über dia Betriebsräte des Saarlan-
des betrachtet. Darüber hinaus befindet
sich auch diese Ernennung im Wider-
sprucch zu Artikel 57, Abs. 3 der Ver-
die Auswirkungen neuer Lohnregeiungen
auf die Baukosten hin weist. Der Anteil
der Löhne an den Baukosten betrug früher
45 bis 50 o/o, heute nur noch 20, höchstens
25 o/q. Die Baukosten betragen heute in
Franken das 250- und Mehrfache, was sie
vorher in Mark betrugen, die neuesten
Löhne etwas mehr als das lOOfache. Es
sind somit nicht die Löhne und Gehälter,
sondern ganz andere Faktoren, die das
Bauen verteuert haben.
Man schaue auf die Lieferantenrech-
nungen, die das Material betreffen, z. B.
wie der Ton, der nach wie vor in der
Erde liegt, ohne sich dort verteuert zu
haben, wie dieser jetzt bei der Produk-
tion angerechnet wird, oder die Holzlie-
ferungen und die Transportrechnungen.
Und dann: früher sah man dia Unterneh-
mer mit Spazierstock oder Fahrrad auf die
Baustelle kommen, heute gehts nicht
ohne Luxuswagen, möglichst noch per
Frau und Tochter extra.
Neben der Lohn- und Gehaltsregelung
bedarf 'es auch dringend des Abschlusses
von Rahmentarifverträgen. Unsere Ent-
würfe dazu liegen dem Vertragspartner
schon über zwei Monate vor.
Im Mittelpunkt der gesamten Wirtschaft
steht der körperlich und geistig schaffen-
de Mensch. Auch der Bauarbeiter darf
in dem großen wirtschaftlichen Gesche-
hen nicht Objekt sein. Er muß das Recht
haben, an der Gestaltung seiner Lohn-
und Arbeitsbedingungen maßgeblich mii-
zuwirken und die Möglichkeit muß gege-
ben sein, seinen Forderungen Geltung zu
verschaffen. J. Sch.
fassung des Saarlandes. Der Ernennung
des Herrn Schmidt als Vertreter des
Personals fehlt jede gesetzliche Grund-
lage.
Der Vorsitzede des I. V. Eisenbahn,
Kollege Weiter, umriß in seinem Referat
die Forderungen des Verbandes. „Wir
müssen“, so betonte er, „dafür kämp-
fen, daß die Löhne unserer Kollegen
höher gesetzt werden, gleichzeitig aber
auch dafür sorgen, daß sie die Rechte
erhalten, die sie verdienen".
In den weiteren Entschließungen wurde
festgehalten, daß die am 6. 9. 194° ein-
gereicchte Forderung des I. V. Eisenbahn
zur Auszahlung das vollen Lohnes bei
Erkrankung nun verwirklicht wurde, daß
die Forderung des I. V. Eisenbahn zur
Auszahlung einer einmaligen Wirt-
schaftsbeihilfe aufrecht-erhalten wird und
die Versammlung erwartet, daß die nun
gemachte Zusage zur Auszahlung der
einmaLgen Wirlncnaftsberinile vom Ver-
waltungsrat in seiner Sitzung am 4. 11.
1950 beschlossen wird.
Weiter nimmt die Versammlung Kennt-
nis von dem Erlaß der Regierung Nr. 11
v0m 11 lo 1950, wonacch den Ruhe-
standsbeamten und deren Witwen ein
zinsloser Winterkartoffelvorscchu^, von
2 500.— Frs. gewährt wird.
In einer letzten Entschließung lehnt
die Betriebsrätekouferenz das Ansinnen
der Christlichen Gewerkschaft, für
die Saarländischen Eisenbahnen die Be-
soldungsordnung des Oeffentlichen Dien-
stes einzulühran, ab.
I. V. Eisenbahn protestiert
Betriebsräte für Vertretung der Arbeiter im Verwaltungsrat der SEB,
Forderung auf Lohnerhöhung und Wirtschaftsbeihilfe
«, f„79QQ
Sie müssen ihn gesehen haben
bei
G. M. B. H.
GEPFLEGTE HERRENKLEIDUNG
RATHAUSSTRASSE 7
Arbeit und Recht
Ist es behanliche
Arbeitsvei weigerüfti ?
Ueber die Vorschriften der Unfallver-
hütung und ihre praktische Anwendung
in den Betrieben ist schon viel gesprochen
und geschrieben worden. Leider ist es
aber im Berufsleben so, daß derartige
Verordnungen seitens der Arbeitgeber und
Arbeitnehmer oft wenig Beachtung ge-
schenkt wird. Vorkehrungsmaßnahmen
gegen Unfälle werden meist erst dann
getroffen, wenn das Malheur passiert ist.
So ist schon mancher Arbeitnehmer an
nicht vorschriftsmäßig geschützten Ma-
schinen zu Schaden gekommen. Wenn die
Schutzbestimmungen und die notwendige
Sicherheit am Arbeitsplatz erst beachtet
werden, wenn die Betroffenen körperliche
Schäden davontragen oder solche sich
einstellen, dann ist es zu spät. Auch hier
ist es Aufgabe der Betriebsvertretungen
und der Gewerkschaften, darüber zu wa-
chen, daß an lebens- und gesundhejtsge-
fährdeten Arbeitsplätzen die Schutzbe-
stimmungen angewandt werden.
Niemand ist verpflichtet, an einer Ma-
schine zu arbeiten, dis nicht mit den vor-
geschriebenen Schutzvorrichtungen ver-
sehen ist. Wer sich weigert, an einev
solchen gefährlichen Maschine zu aib-i-
ten, kann nicht nach den §§ der Gewerbe-
ordnung fristlos entlassan werden Seine
Arbeitsverweigerung ist nicht unbefugt
und also auch nicht beharrlich. /ie*mehr
ist der Unternehmer nach § 618 BGB. ver-
pflichtet, für SicherheitsvorrioTtungen zu
sorgen. Solange das nicht geschieht, ist
der Beschäftigte nach § 32P BGB. ber ech-
tigt, die Arbeit insoweit zu verweigern.
Das gilt auch dann, wem die Arbeit an
einer gesundheitsgefäh-dsten Maschine
nur kurze Zeit dauern sollte, und auch
dann, wenn die Geyerbeaufsichtsbehörde
die zeitweise Benutzung gestattet und
eine Frist zum Anbringen von Sicherheits-
vorrichtungen gestellt hatte. (Urteii des
Landesarbeitsgerichts Frankfurt Main v.
12. 10. 49). Diese Grundsätze gelten auch
dann, wenn mu gesundheitsgefährlichem
Material gearbeitet werden muß. Sie sind
auch dann in Anwendung zu bringen,
wenn dem Eeschä'tig e t nicht Schul mit el
in den dafür vorgeseheren Füllen gestellt
werden.
(Man beachte hierzu nebenstehende Kari-
katur.
Agitationsmätzchen. Mit diesem Sch’ag-
wort leitet die „Gewerkschaftliche Rund-
schau“ einen langatmigen Artikel ein, in
dem insbesondere in Schimpfwortsn ge-
gen den Gewerkschaftssekretär Kuhnen
von der EG Stellung genommen wird. Es
lohnt sich nicht, die Anwürfe wie auch
sogenannte Schlußfolgerungen in dem Ar-
tikel im einzelnen zurtickzuweisen.
Oktober 1950
Seite 5
„DiE AR3EIT“
IBFG und jugendarbeitsschutz
Der internationale Bund Freier Gewerk-
schaften befaßt sich selbstverständlich in
stärkstem Maße auch mit den Problemen'
des Schutzes der Jungarbeiterinnen und
Jungarbeiter in ihrer Arbeit.
Oft genug wird auch heute noch
selbst von seiten der Arbeitnehmerschaft
— bei irgendwelchen Verbesserungen hin-
sichtlich des Schutzes der jugendlichen
Arbeitskraft das Argument angeführt: „Zu
unseren Zeiten hatten wir das auch nicht,
und wir sind nicht dabei verkümmert!“
Abgesehen davon, daß wir als Gewerk-
schaft die Verpflichtung haben, in stän-
digem Kampf die gesamte Lebenshaltung
des schaffenden Menschen zu verbes-
sern, steht -doch einwandfrei fest, daß eine
derartige oberflächliche Behandlung unse-
rer Forderungen oder Erfolge in keiner
Weise dazu angetan ist, in die heutige
modern^ Zeit zu passen.
Wer aut dem alten Standpunkt von 1800
beharren möchte, ist in unseren Augen
ein Reaktionär.
Erfreulicherweise können v/ir feststel’.en,
daß nicht zuletzt durch den ständig wach-
senden Einfluß der Gewerkschaften heute
auch im großen und ganzen eine ganz an-
dere EinsteUung zu den Problemen des Ju-
gendarbaitsschutzes Platz gegriffen hat.
Es gibt wohl kaum noch einen ernst zu
nehmenden Menschen, der sich etwa die-
sen Fragen gänzlich verschließen würde.
Es muß jedoch auch gesagt werden, daß
d;ese angebahnte erfreuliche Entwicklung
noch lange nicht so umfassend ist, daß
wir als Gewerkschaften damit zufrieden
sein könnten. Allzu oft ist man noch ge-
neigt, unsere Forderungen als „Verderben
der Jugend" oder als zumindest über-
spitzt hinzustellen. Wir können das nicht#
nur An den täglichen Diskussionen in der
Oeffenüichkeit, sondern leider auch da
und dort in-Mitteüungs- und Fachblättern
feststellen, und zwar manchesmal in ei-
ner Form, die uns zu geeigneten Entgeg-
nungen veranlassen muß.
Wenn nun der Internationale BundFreier
Gewerkschaften sich in seinen wichtigen
Konferenzen eingehend mit allen diesen
Fragen befaßt, so ist es äußerst interes-
sant, die Gegenüberstellungen der Ver-
tö* den verschiedenen Ländern
Europas zu studieren.
Mit Stolz dürfen wir sagen, daß wir hier
im Saarland mit an der Stütze marschie-
1 Das Mindestalter für die Zulassung
zu einer Beschäftigung soll auf 16
Jahre festgesetzt werden. Dies soll
eine logische Folge der Maßnahme
sein, das Pflichtschulalter ebenfalls
auf 16 Jahre festzulegen.
2. Jeder Einstellung Jugendlicher soll
eine gründliche ärztliche Untersu-
chungen vorausgehen, der sich lau-
fende Kontrollen und regelmäßige Un-
tersuchungen anschließen.
3 Gesup.dheitsinspektionen und Ueber-
wachung der Arbeitsbedingungen Ju-
gendlicher soll systematisch organi-
siert und von Organen durchgeführt
werden, >n denen die Gewerkschaften,
vertreten sind.
4. Lehrlinge und jugendliche Arbeiter bi3
zu 18 Jahren sollen in den Genuß ei-
nes bezahlten Jahresurlaubs von 24
Arbeitstagen kommen und die von 18
bis 21 Jahren in einen solchen von 18
Arbeitstagen.
6. Alle gefährlichen und gesundheits-
schädlichen Arbeiten sollen Jugend-
lichen unter 19 Jahren untersagt wer-
den. Zur Erhöhung dar Sicherheit ju-
gendlicher Arbeiter in gewissen Indu-
strien soll diesen besonderer Unter-
richt erteilt werden."
ren unter den lortschriit icheu Ländern Eu-
ropas. Unsere Gesetzgebung auf dem Ge-
biete des Jugendarbeitsschutzes darr da-
her einigermaßen als mustergültig be-
zeichnst werden, wenngleich wir auch
noch emige Mängel zu verzeichnen ha-
ben, die im Laute der Zeu noch ausge-
merzt werden müssen.
Wir wissen, daß diese Tatsache man-
chesmal schon die Arbeitgeber dazu ge-
bracht hat, mit einiger Wehmut und mit
einem gewissen Ton der Berechtigung
daraui hinzuweisen, daß in verschiedenen
anderen Ländern, die doch „auch demo-
kratisch“ seien, die Schutzbestimmungen
und Vergünstigungen für die Jugendlichen
bei weitem nicht so ausgedehnt seien als
bei uns.
Wir wissen also, daß das stimmt. Wir
wissen aber auch als Gewerkschaftler
und fortschrittlich denkende Menschen,
daß man sich nie nach den schlechteren
Verhältnissen richten soll, sondern stets
nach den besseren sehen muß
Genau so wenig, wie wir als Organisa-
tion nochmals ir\ die alten Fehler vor 1935
verfallen wollen, genau so wenig werden
wir uns danach richten, wie es vor 80 oder
100 Jahren war.
Selbstverständlich werden wir unsere
Forderungen im Geiste dar Vernunft und
Verantwortungspflicht ausarbeiten und an
die zuständigen Stellen herantragen.
Es kommt uns aber auch wesentlich
darauf an, durch «me enge Fühlungnah-
me mit den im Internationalen Bund Freier
Gewerkscha' en ve e niglen Gewerkschaf-
ten eine über die Grenzen unseres kleinen
Staates hinausgehende, europäische Lö-
sung des Problems des Jugendarbeits-
schutzes zu erarbeiten.
Der Internationale Bund Freier Gewerk-
schaften hat in einer europäischen Bil-
dungskonferenz unter Punkt 8 der Tages-
ordnung folgende Stellungnahme getrof-
fen;
„Ob man den Jugendarbeitsschutz von
der Staatenebene oder von der europäi-
schen Ebene aus betrachtet, so sollte nach
unserer Auffassung als Ausgangspunkt
für jede gewerkschaftliche Aktion immer
die Gesamtheit der internationalen Ar-
beitskonventionen gewählt werden. Aus
diesem Grunde glauben wir die Aufmerk-
samkeit der freien Gewarkschattsbawa-
gung insbesondere auf folgende Punkte
lenken zu müssen:
6. Nachtarbeit soll für Jugendliche unter
18 Jahren verboten werden, wie dies
für die Industrie bereits in der inter-
nationalen Arbeitskonvention 90 zum
Ausdruck kommt. Die Durchsetzung
dieser allgemeinen Bestimmung müßte
notfalls mit energischen Maßnahmen
erfolgen.
7. Für die einzelnen Wirtschaftszweige
sollen beratende Organe mit Einschluß
einer angemessenen gewerkschaftli-
chen Vertretung geschaffen werden,
di« alle Vorschläge zur Verbesserung
des Jugendarbeitsschutzes überprüfen
und den zuständigen Regierungsin-
stanzen unterbreiten sollen.
Juegkvlieginarnt •Itingkollrgtn
Ihr wfrifl Hfllwt frthtfllfn, daß ei« Teil die-
irr Richtlinien des IBFG brt ihm durch das
neue dngcndarbeiisscbut/gesrlz bereits verwirk-
licht ist. Ri kommt nun darauf an, daß Ihr in
den Betrieben mit darüber wacht, daß die Be-
stimmungen des JmrendarbeifssehutTgcsrtzes
auch eingehaltcn werden. Meldet Milhtinde
sofort an das Jugendsekretariat d*r Pinhritsge-
wcrkschaft und an Eure 7UHtSndia<*n fudustrje-
verbände. Seihstverstindlieh dftrft Thr dsbri
Eure Betriebsräte und Betriehsgewcrk“.eh.ifts-
funktionfire nicht Bbergchcn.
Kolleginnen! Kollegs«!
Irn Zuge dar Erfüllung unserer Forde-
rung auf eins gute Berufsausbildung
wurde, wie bereits kurz berichtet, das
Kaufmännisch e Beiulsbi dungswerk ( 'BW)
ins Leben gerufen.
Es wäre wünschenswert, wenn aus
allen Tei e.i des Saariandes mögl chst
viele Meldungen bei dar Industrie- und
Handelskammer des Saarlandes einge-
hen würden.
Bei einer genügend großen Zahl von
Teilnehmern we'rden nicht nur in Saar-
brücken diese Kurse anlaufen, sondern
auch an anderen größeren Orten des
Saarlandes.
Den Eltern sowohl, wie den jungen Kol-
leginnen und Kollegen raten wir als
Trägerorganisation dringend, die Teil-
nahme an dieser Kursen zu ermöglichen.
Das Jugendsekretariat der Emheitsaa-
werkschaft gibt jederzeit Auskunft,
ebenso sind Merkblätter über d tese Kur-
se daselbst zu e'halten.
Mit der Errichtung dieses Bildungs-
werkes auf breitester Basis führt das
Jugendsekretariat der Einheitsgewerk-
schaft keine eigenen Kurse dieser Art
mehr durch.
Mensch und Profit!
„O, wie ist es kalt geworden .. .**
Fröstelnd hasten die Menschen mit
gerötetem Gesicht über die Straßen um
so schnell w:e möglich ihre Einkäufe zu
besorgen und dann wieder im behaglich
warmen Raum ihrer täglichen Arbeit
nachzugehan. Gar mancher freut sich
wenn er etwas länger in einem gut ge-
heizten Geschäftsraum verweilen kann,
um sich dort in Ruhe die gewünschten
Sachen aussuchen und kaufen zu kön-
nen. Die freundliche Verkäuferin bedient
ihn gut vb< z uv tu kommend.
Das ist wohl der Normalfall eines Ein-
kaufes. Wie aber sieht es nun aus mit
den Geschäften, die aus reiner Profitgier
ihre Verkäuferinnen stundenlang vor der
Eingangstür zum Geschäftslokal odar
etwa in einer Passaae oder Arkade in
der Kälte stehen und dort ihre Waren
anoreisen lassen??
Hier steht wohl nicht der Mensch im
Mittelpunkt der Wirtschaft sondern der
Profit?
Wir aber wehren uns gegen eine sol-
che Profitsucht.
Wir fordern daher die Abschaffung
dieses Zustandes.
Gleichzeitig empfehlen wir unseren Ge>-
werkschaftskolleainnen und Kollegen
und deren Familien während der kalten
Jahreszeit ihre Einkäufe nicht vor, son-
dern in einem Geschäfts*okal zu tätigen.
Dann ist dem menschenwürdigen Zu-
stand am schnellsten Abhilfe geleistet.
Im übrigen erwarten wir von den zustän-
digen Stellen der Regierung, daß sie cruf
dem Verordnungswege diesen gesund-
heitsschädigenden Uebe'sfaud beseitigt.
„Me Menschen sind Brüder“
Di» Amerikanische Gewerkschaft der ver-
einigten Automobilarbeiter hat einen soziologi-
schen Film über Rassefragen herstellen lassen.
Ein weißer Mccnn stellt die Frage: Was unter-
scheidet mich von drn andersfarbigen Men-
schen? Sofort steigt »ein böses ..Ich" ein grün-
liches Abbild seiner selb«* aus ihm und ver-
sucht ihm zu beweisen, me viel besser, klüger
und edler der weiße Mann gegenüber dem Gel-
ben. Roten und Schwarzen ist. Aber der Mann
denkt nach, und die anderen Menschen denken
auch nach. Trotz ihrer grünlichen Widersacher
und einer heftigen P.auterei kommen sie alle
zu dem sachlichen Schluß, daß sie Brüder sind
und ihre Verschiedenheit eine Zufälligkeit ist:
Als Adam und Eva sich mehr und mehr auf der
Erd« emobroiteten. bewirkten die andersartigen
Lrbensumständ« in den diversen Erdteilen, Unter-
schtede in Aeußerlichksiten. wie Haar- und Haut-
farbe.
Die wesentlichen Gesichtspunkte
Mt
Ei gibt doch jetzt wirklich wieder
preiswerte 8erufikfeidung,$o daß
man auch da an die Ergänzung
denken kann.
!!1
^Bciefkasteit
AU, Heusweiler. Arbeitsphysiologie ist das
Teilfach der Physiologie, das sich mit der Durch-
forschung der Arbeitsbedingungen und der Erfor-
schung der günstigsten Arbeitsbedingungen in
bezug auf den menschlichen Körper beschäftigt.
400, Bettingen- „De linibus bonorum et malo-
rum“: „Das größte Gut und das größte Uebel“,
ist eines der literarischen Werke von Cicero, ans
dem der Ausspruch — Nach getaner Arbeit ist
gut ruhn! *- stammt.
14. Saarbrücken- Schallmeßgeräte registrieren
jetzt den Straßenlärm in einigen Großstädten in
den USA. Nicht mehr als 85 Phon Lärm darf ein
Fahrzeug im Straßenverkehr verursachen. Die
technischen Ueberwachungsbehörden haben
mittels der neuen Apparate die Möglichkeit,
Lcrrrstmder zu überführen.
L. O.. Püttlingen. Ein Mensch „verschläft“ bis
zum 73. Lebensjahr rund 200 000 Stunden seines
Lebens. — Seit 193? wird die „Schlaraffia-Ma-
tratze" fabriziert.
3., Brebach. In der Bundesrepublik wird „flüs-
siges Gold" nicht nur im hannoverschen Gebiet
gewonnen, sondern seit 1938 waren Bohrungen
auch Ini Emsfand, jenem Lcmdstreifen zwischen
der holländischen Grenze und der Ems. von
Erfolg. Die monatliche Förderleistung im Ems-
land beträgt gegenwärtig 30000 Tonnen Erdöl,
ein Ergebnis, das vom hannoverschen Gebiet
nur um 3000 Tonnen iibertroffen wird.
M. , WeUeswweHer. Grüne Hühner gibt es auf
der Hühnerfarm Hegedai in Hobro (Dänemark).
Die Eier werden während der Brutzeit mit einer
Farbstoffinjektion gefärbt, welche grüne, blau«,
rote und oranae'arbere Hühner ausscHünfen ’äßt
Zur Annahme der Sm-Konventionen in Paris
Vuii den 12 Saar-Konventionen wurden be-
kanntlich am 20. 10. 1950 nach mehrmonati-
ger Wartezeit fünf Konventionen, darunter 'Me
Grubenktmventi'.u’en, vom französischen Parla-
ment ratifiziert. Während der Debatte machte
Außenminister Schumann ausdrücklich darauf
aufmerksam, daß die frnnzösisch-saarländischei«
Konventionen dem noch ausetehenden Friedcns-
verlrajc mit Deutschland in keiner Weise vor-
greifen.
Wie schon von Anfang an von der Gewerk-
schaft unterstrichen wurde, kommt es bei \ er-
trfigeo nicht nur auf den Text an, sondern
wesentlich darauf in welchem Geist sie dtirch-
p.effthrt werden. Die Einheitsgewerkschaft #ird
diesem Punkt ihre ganze Aufmerksamkeit
schenken und ihr ganzes Gewicht in die Waag-
schale werfen, damit alles geschieht, was not-
wendig ist, damit die Interessen, die sich ans
den Auswirkungen der Konventionen für die
Saa-arbeitnehmersefcaft ergehen, in entspre-
chendem Sinne gewahrt werden.
Oie Arbeitsmarktlage
Das Arbeitsministerium teilt u. a. mit:
Im September hat dis vom Wetter be-
günstigte Bautätigkeit, insbesondere durch
ebs Inangriffnahme von Straßen- und.
G'eisoberbauarbeiter., noch eine weitere
Steigerung erfahren. Der Mangel an Bau-
faeharbei'ern und volkirbeitsfäilugenHilfs-
kräfte n. hat sich verstärkt.
Neben der Bauwirtschaft war die
Schwereisenindustrie in wachsendem Ma-
ße für Fach- und Hilfskräfte aufnahme-
fähig. Auch hier konnte der Mangel an
Fccchavbei e n and vo lari ei sfä i en Hi fs-
krältsn nicht immer behoben werden. Ins-
gesamt waren bei dm Arbeitsämtern am
Ende des Monats noch 3626 offene Sielten
iur Männer gemeldet, für di« keine geeig*
rieten Arbeitsuchenden zur Verfügung
s ariden. Die Zahl der offenen Stetten für
Frauen betrug 657, wovon*allein 427 auf
d e Hauswirtschaft entfalten,
ß e Zahl der beschäftigten Arbeitneh-
mer (Männer und Frauen) ist um 2368 auf
279 541 gestiegen. ,
Diesem Anwachsen der Beschäftigten-
zahl um 2368 steht wiederum eine nur ge-
ringe Abnahme der Arbeitslosenzahl ge-
genüber; sie rank um 607 auf 5357. Die
Ursachen sind mannigfacher Art. Neben
der noch fortdauernden Eingliederung von
Schulentlassenen in die.Wirtschaft traten
besonders in den Landbezirken die bisher
unsichtbaren Reserven auf den Arbeits-
markt, um mit Beginn der Einstellungen
in der Eisen- und Metallindustrie die er-
sehnten Dauerarbeitsplätze zu bekommen.
Bergbau: Im saarländischen Bergbau ist
die Lage gegenüber dem Vormonat unver-
ändert geblieben. Den Abgängen standen
lediglich NeueinsteTlungen von Berglehr-
lingen gegenüber.
Im lothringischen Bergbau kam es im
Zug« der Freisetzung von überzähligen
Arbeitskräften auch zu geringen Entlas-
sungen von saarländischen Bergarbeitern
(Grenzgängern).
Industrie der Steh)« und Erden: Dia bau-
stofterzeugende Industrie forderte infolge
ihres günstigen Auftragsbestandes noch
Arbeitskräfte an. Insbesondere meldeten
die Ziegeleien und im Bezirk St. Ingbert
auch die Beton steinwerke noch einen grö-
ßeren Bedarf an Hilfskräften. Den Kalk-
steinwerken und den Hartsieinwerken
konnten nur zum Teil die angeferderten
Arbeitskräfte zugewteF-en werden, weil in
dtesen Betrieben nur vollarbeitsfähige Ar-
beiter beschäftigt werden können.
Et’en erzeug ende Industrie: Die saarlän-
dischen Hüttenwerke haben im Seotember
ihre Belegschaft um 742 Arbeitskräfte ver-
stärkt. Dabei konnte auch eine Anzahl
leichter Arbeitsplätze mit Schwerbeschä-
digten besetzt werden.
E »en- und me allveTarbeitendeIndustrie:
Der Beschäftigungsgrad ist in nahezu al-
len Bezirken leicht gestiegen. Di« Arbeits-
äm er berichten, daß noch beacht’ich« An-
forderungen von Arbeitskräften, beson-
ders von Facharbeitern, vorliegen. Ledig-
lich im Bezirk St. Ingbert übertrafen die
Entlassungen die Einstellungen.
Vertreter von 8 Million ?n Gewerkschaft-
lern zur Gesamtlaae.
900 Delegierte von 8 Millionen britische!
Gewerkschaftlern hielten kürzlich ihren
Jahreskoncrrsß ab. Der Kongreß sorach
sich einmütig für eine auf den Vereinten
Nationen beruhende kol'ektive Sicherheit
aus. um den Weltfrieden zu garantieren.
Im Vordergrund des Kongresses standen
die Behandlung der Lohn- und Preisfrage
sowie Probteme der Verstaatlichung der
Industrien. Man ging von dem Grundsatz
aus, daß Gewinne in verschiedenen Pro-
duktionszweigen eingeschränkt und dva
Preiskontrolle verschärft werden müsse.
Neben heftiger Kritik, die am Generalrat
geübt wurde, kamen aber auch viele oosi-
ti-te Ges chtsnunkte zur Geltung und eben-
so eine Anerkennung der geleisteten Auf-
bauarbeit. Die Delegierten zogen daraus
die Konsequenzen und erhöhten den Bei-
trag der von ihnen vertretenen Verbände
an die Hmiotverwaihrno ohne Dt*kus«k>n
um -10 Prozent, um damit die Möglichkeit
m geben, die Initiative zu verstärkten*
Seite 6
DIE ARBEIT"
Oktober 1950
Vom Werdegang des Betriebsrätegesetzes
Zur Durchführung dieser Festlegung
wurde das Betriebsrätegesetz der Wei-
marer Republik, das auf einen Regieiungs-
entw .f vom 9. August 1919 zurückgeht,
in der verfassunggebenden Nationalver-
sammlung mit 215 gegen 63 Stimmen an-
genommen und mit Zustimmung des
Reichsrates im Februar 1920 in Kraft ge-
setzt.
Die praktische Anwendung zeigte je-
doch, daß diesem Betriebsrätegesetz noch
eine Menge Mängfel anhafteten. Ein be-
sonderes Merkmal waren die Aufgliede-
rungen in Arbeiter- und Angestelltenräte,
die besonderen Betriebsvertretungen für
das Baugewerbe, für die Reichsbahn und
Reichspost.
Die Klufi zwischen Arbeiter und Ange-
stellten wurde mit dem Gesetz nicht nur
nicht behoben, sondern verstärkt. Der
Schwerpunkt der Betriebsversammlungen
-lag hierdurch nicht bei den Betriebsräten,
vielmehr bei den Gruppenräten, d. h, den
(Fortsetzung)
gesonderten Interessenvertretungen der
Arbeiter und Angestellten.
Mit der Bildung der Arbeiter- und Ange-
stelltenverbände war aber durch die Ge-
samtstruktur, die damals in Wirtschaft u.
Gewerkschaften vorherrschte, praktisch
noch nicht viel getan.
Die Mängel im Gesetz von 1920
hatten das Wesen der Betriebsräte, wie
es in der Verfassung gefordert wurde,
nicht gefördert. Die Gleichberechtigung
der Arbeitnehmerschaft mit den Arbeitge-
bern, mit dem Zwecke der Arbeitnehmer-
schaft die Möglichkeit zu geben, an der
gesamten wirtschaftlichen Entwicklung
der produktiven Kräfte mitzuwirken und
in grundlegenden Fragen der Betriebsfüh-
rung mitzubestimmen, blieb der Arbeit-
nehmerschaft versagt.
So sehr auch das Betriebsrätegesetz in
der Entwicklung des Betriebsräterechts ei-
nen Fortschritt darstellte, hatten die in
ihm enthaltenen Mängel und die Wider-
stände der Arbeitgeber zum Verfall dei
politischen Demokratie und der Entwick-
lung der Diktatur wesentlich beigetragen.
Hätte man eine echte Mitbestimmung
und Verantwortung der Arbeitnehmer-
schaft, wie sie die Weimarer Verfassung
vor sah, wirklich gewollt, hätte es die Ar-
beitnehmerschaft verstanden, ihre in der
Weimarer Verfassung vorgesehenen Rech-
te wahrzunehmen und zu festigen, Deutsch-
land und Europa wären vielleicht von der
großen Tragik vergangener und gegen-
wärtiger Tage verschont geblieben.
Rückblickend sollten wir bei den heuti-
gen Debatten um das Mitbestimmungs-
recht aus diesen Geschehnissen die Leh-
re gezogen haben, daß Wirtschaft und Po-
litik auf das engste miteinander verfloch-
ten sind. Politische Demokratie, d. h. Mit-
bestimmung der Gesamtheit zu den Ge-
schehnissen im Staat, Kreis und Gemeinde
ohne ähnliche Möglichkeiten aller am
Wirtschaftsleben Beteiligter m der Wirt-
schaft, ist keine Demokratie.
Es gibt praktisch keine Demokratie
ohne echte Mitbestimmung und damit
auch Mitverantwortung der Arbeitnehmer-
gibt es überall
das gute
altbewährte
Erdal
Erdal enthält 100% reines Balsam-
Terpentin-Oei
schaft in allen Zweigen unseres Wirt-
schaftslebens. Wenn unsere heutige poli-
tische Demokratie tfriederum wie die Wei-
marer Republik versagen soll, muß man
mit allen Mitteln von seiten der Arbeitge-
ber die Mitbestimmung der Arbeitnehmer-
schaft hintertreiben und von seiten der
Arbeitnehmerschaft in Verkennung der
Wichtigkeit die Dinge treiben lassen.
M.
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5. Jahrgang
Saarbrücken, 13. November 1950
Reifende Entscheidungen
Di« verschiedenen Etappen, die in der
Lohnbewegung an der Saar zu verzeich-
nen sind, veranlassen die Arbeitnehmer
zu wichtigen Rückschlüssen und Konse-
quenzen.
Zunächst sei die Entwicklung kurz ge-
kennzeichnet. Eei einigem Gruppen kam
(es zu freiwilligen Vereinbarungen, bei an-
dern zu Schiedssprüchen und bei wei-
terem ist die Lage auf beiden Seiten zwar
geklärt, aber die Entscheidungen stehen
hoch aus. Hier haben sich die Verhält-
inisse für die Arbeitnehmer und ihre Fa-
milien zum Teil bedrohlich verschlimmert,
'..sonders bemerkenswert ist folgen-
des: Die meisten Arbeitgeber betonten im
Brustton der Ueber zeugung, daß Lohner-
höhungen keinesfalls möglich seien, vor
allem nicht- möglich seien ohne gleich-
zeitige Preiserhöhungen, (wozu zu bei-
rrter kern ist: weitere Preiserhöhungen
denn bis zum Ueberdruß liegen solche!
ja schon längst vor).
Nach längerem Hin und Her wurde aber
schließlich zugegeben, daß Lohnerhöhun-
gen auch ohne Preiserhöhungen gewährt
werden können und ausgerechnet bei dem
für die Gesamtbewertung überaus wich-
tigen Produkt der Kohle. (Ob bei dieser
Feststellung auch die letzten Möglichkei-
ten schon ausgeschöpft wurden, bleibet
Bloch dahingestellt).
Nun fragt es sich, wie rasch sich an-
dere Wirtschaftsgruppen dieses Beispiel
zu eigen machen. Sonst haben ja die
Arbeitgeberverbände sehr schnell Ver-
bindungen, um über Barrieren hinweg Er-
hebungen anzustellen und Uebereinkom-
men aut breiter Basis zustandezubringen,
wenn sie von kleinerem Sektor her glau-
ben, nicht allein Kalkulationen beschlie-
ßen zu können.
Auch für die Besoldung bei den Oef-
.fen^chen Diensten gab es bisher schon
Beispiele für Erhöhungen, ohne daß sofort
die Steuerschraube angezogem werden
(mußte. Sollten dennoch steuerliche Erwä-
gungen nicht ausbleiben, so wären die
(unteren und mittleren Schichten zu ver-
ßchono~*.
Leite. ist festzu stellen, daß dem Le-
bensstandard von anderer Seite neue Ge-
fahren drohen. Neben den Hinweisen auf
eine Reihe von Gebührenerhöhungen sind
äin letzter Zeit cuf verschiedenen Rohstotf-
mdrktien und bei Fertigwaren weitere
Preiserhöhungen festzustellen. (In der
Brachsten Ausgabe werden wir hierzu
eine sehr interessante Stellungnahme der
amerikanischen CIO-Gewerkschaft veröf-
fentlichen). Bei der Ausschau nach inter-
nationalen Pne sherabsetzungen dagegen
sind nur geringfügige Anzeichen auf we-
Biigen Teilgebieten zu entdecken. Ganz:
erhebliche Preiserhöhungen aus der letz-
ten Zeit bis zu 25% sind dagegen unter
rinderm bei folgenden Waren emgetne-
amderm bei folgenden Waren einaetre-
ten: Papier. Oefen, Glas, Radioröhren.
Eat enem, Kuotergegenständen und Tex-
tilien.
Eiin Beamter, Mitglied der Gewerk-
schaft, schreibt uns u. a.:
..Ich hatte Sse vor etwa drei Worhen auf die
Erhöhung der Preise für das Hnarschneiden von
<0 auf 100 Frs. aufmerksam gemacht und da-
ran die Erwartung geknüpft, daß es den
„ernsten Bemühungen“ der Regierung gelingen
werde, den 42prozentigen Preisaufschlag, der .
m, E. vollständig ungerechtfertigt ist, rückgän-
gig zu machen. Meine Erwartung hat sich nicht
erfüllt. Ich habe in der Zwischenzeit festge-
stellt, daß in Westdeutschland das Haarschnei-
den 80 Pfennig kostet, das sind kursmäßig un-
gerechnet 66,50 Frs, Der frühere Preis hätte
demnach reichen müssen. Inzwischen geht man
auch dazu über, die geistige Kost zu verteuern,
wie die Preissteigerung der Abonnements der
Zeitungen um etwa 20 Prozent zeigt. Anschei-
nend wollen die Herren Akfionäre der Zeitungen
ebenfalls nicht zu kurz kommen.“
Wer so manche Vorgänge der letzteil
Zeit miterlebt hat, wird stutzig. Zu den
üblichen Schwierigkeiten innerhalb einer
Lohnbewegung fauchen zusätzliche auf.
Da begegnet man besonderen Kompe-
tenzstreitigkeiten und Unklarheiten. Der
Mangel an Vollmachten hindert Or-
gane am Vollzug. Die Saarkonven-
tionen, die kürzlich von der franzö-
sischen Kammer ratifiziert wurden, müs-
sen noch dem Rat der Republik varge-
legt werden. Dies soll in. den nächstem
Tagen geschehen.
Was bleibt zu tun übrig? Was können
die Arbeitnehmer einsetzen? Sammlung
aller Kräfte und Entschlossenheit! Eine)
Arbeitgeberpolitik, die die Gewerkschaf-
ten weich machen will, muß das Gegen-
teil bewirken. Der Kampf ist schwer, aber
aut unserer Seite ist das Recht! C. S,
Ni. 21
Lohnbewegung auf dem Höhepunkt
Die starke Reaktion bei den Verbänden - Aufbietung aller gewerkschaftlichen Kräfte
Die Ergebnisse der letzten Verhandlungen
Die Lohnbewegung an der Saar hat neue Höhepunkte erreicht. Die beiden
größten Industriegruppen, Bergbau und Metall, machten weitere Anstrengun-
gen, um zu annehmbaren Lohn Vereinbarungen zu kommen. Das Gelände ist
beiderseits geklärt. Die Entscheidungen müssen nun alsbald fallen. Zu einer
besonderen Aktion sahen sich diesmal die Verbände des Oeffentlichen Dien-
stes veranlaßt. Im Interesse aller Beteiligten ist dringend zu wünschen, daß
die von ihnen in einer wahrhaften Großkundgebung im Johannishof ange-
nommene Resolution ohne Zögern die gebührende Beachtung findet. Ueber
die Situation bei den genannten wie bei den übrigen Verbänden informieren
die nachstehenden Berichte.
Der Vorstand des I. V.-Bergbau hat in
seiner Vorstands Sitzung am 5. November
in Sulzbach eine Entschließung ange-
nommen, in deT er zu der angebotenen
8%igen Lohnerhöhung und der Situation
im Saarbergbau Stellung nahm. In der
Entschließung wird mit Empörung festge-
stellt, daß trotz mehrerer Verhandlungen
und Zusagen von Regierungsstellen die
LohnaingLeichung an Lothringen nicht er-
folgte. Der Vorstand lehnt die angebo-
tene Lohnerhöhung ab, weil sie weder
der Preisentwicklung, noch der Bedeutung
des Bergbaues entspräche. Die Verbands-
leitung erklärt sich bereit, mit den franz.
Bergarbeitergewerkschaflen eine Aktions-
einheit zu schaffen. Ferner soll einer even-
tuellen Revierkonferenz ein 48-stündige*
Proteststreik gegen die Mißachtung der
Bergarbeiterinteressen empfohlen wer-
den.
Am kommenden Dienstag werden, wie
man hofft, abschließende Verhandlungen
mit dem französischen Wirtschaf tsmiid-
ster Jo& .psaol in faiis statt. Die saarländi-
schen Gewerkschaften erwarten, daß
diese Verband umgen endlich zu einem
annehmbaren E gebnis führen, andern-
falls die Berga beiferschaft geschlossen
zur äußersten Aktion schreiten müßte.
Es ist für uns fast unfaßbar, ihn, den
lieben Kameraden, dem noch vor weni-
gen Tagen der Lebenswille und die Le-
benskraft alles gewesen, nicht mehr un-
ter uns zu wissen. Anschütz liebte und
achtete die Menschen, die Menschen lieb-
ten und achteten ihn. Beides gab ihm die)
Kraft und dea Willen, jahrzehntelang in
der Gewerkschaftsbewegung und auch im
öffentlichen Leben für das Wohl seiner
Arbeitskameraden und Mitmenschen tä-
tig zu sein.
Wenn immer wir ihn gerufen, wann es
galt, die wirtschaftlichen und sozialen In-
teressen seiner Kameraden wahrzuneh-
men, immer, wenn «3 galt, für die Bewe-
gung der schaffenden Menschen Opfer za
bringen, war er da. Ein offener, lauterer*
ehrlicher Charakter, eine gerade auf-
rechte Persönlichkeit, so haben wir Wil-
helm Anschütz gekannt.
Die Einheitsgewerkschaft dankt Wil-
helm Anschütz als Kollege und als
Mensch für sein Wirken und Schaffen*
Sie dankt ihm dafür, daß er bis zur letz-
ten Stunde der Gewerkschaftsbewegung
gedient und all den Menschen, die heute
noch im Schatten der Gesellschaft ls-
bein, mit Rat und Tat zur Seite stand.
Wir, die wir diesem treuen Toten im
Die Fachgruppe der Bergbau-Angeste Il-
ten schließt sich restlos den Forderun-
gen des I. V.-Berglaau an und ist gewillt*
sich der evtl, erforderlichen Aktionsein-
heit der saarl. Bergarbeiter mit den fran-
zösischen Kameraden anzuschiießen.
I. V. Metall. Um zu einer Regelung in
der Lohnfrage für die Metallarbeiter zu
kommen, fand am Samstag, dem 4. 11.,
eine Verhandlung vor dem Schlichtungs-
ausschuß statt. Es gelang dem Schlichter
nicht, die beiden Parteien einander nä-
her zub rin gen. In Anbetracht, daß die
Lohnbewegung in Frankreich noch nicht
abgeschlossen ist, wurde die Sitzung ver-
tagt, Ein neuer Termin ist noch nicht be-
kannt. Die Besprechungen für den Ab-
schluß eines Tarifvertrages werden un-
abhängig von den Lohnverhandiungers
weitergeführt.
Der I. V.-Eisenbahn forderte, wie wir
bereits berichteten, die Auszahlung eine#
einmaligen Wirtschaftsbeihilfe für alle
Eisenbahner. In seiner Sitzung lehnte der
Verwaltungsrat am 7. 10. die Forderung
ab. Gegen diesen Beschluß protestierte
der Verbands Vorstand und erreichte, daß
am 14. 10. eine Verhandlung stattfand*
bei der sich der Präsident des Verwal-
tungsrates und der Direktor der SEB, so-
wie die übrigen anwesenden Herren be-
reiterklärten, die Auszahlung der Beihilfe
dem Verwaltungsrat wohlwollend vorzu-
(Fortsetzung nächste Seite)
Leben so nahegestanden, wissen, daß er
eine kaum ersetzende Lücke -in unsera
Reihen hinterließ. Wir wissen, daß wir
einen guten Menschen verloren haben.
Sein Leben ist für uns beispielhaft und
sein Andenken unsere Ehre.
Landesvorstand und Gew2« kschaft mus-
schuß der Einheitsgewerkschaft.-
I. A. Heinrich Wacker
Ueber drsi'crus?nd Funktionäre und Mit-
glieder der Verbände des öffentlichen
Diens es beider Gewerkschaften haben
sich am 30. Oktober 1950 im Johannishof
in Saarbrücken versammelt, um sich im
Rahmen einer Kundgebung über den
Stand der Verhandlungen zwecks Gewäh-
rung ei er Terre-u-gszukrae zwischen Re-
gierung und den beiden Gewerkschaften
zu informie em.
Sie bedauern außerordentlich, daß die
sich über 6 Wochen hinziehenden Ver-
handlungen bis heute kein konkretes Er-
gebnis crezeitiqt haben, und daß durch
diese Verschleppung und die damit
zwamgs’äufig eine« r-etene Minderung des
Reateimkommems dis Lage der im öffent-
lichen Dienst Beschäftigten mit ih en Fa-
milien von Tag zu Tag trostloser wird.
Sie stellen fest, daß damit der Staat
»einer s a 1 b "t ■ >e ~ stän ri 3i ahe n Für^org^-
pllicht gegenüber seinen Bediensteten
nicht nach gekommen und den Arbetae-
Ibern in der übrigen Wirtschaft nicht mit
gutem Beispiel vorangegangen ist.
Sie forde m:
1. Umverzügliche Gewährung einer
Teuerungszulage für alle aktiven
und Ruhestandsbeamten sowie An-
gestellten in der von beiden Ge-
werkschaften geforderten Höhe,
rückwirkend ab 1. Scpt. 1950.
2. Sofortige Aufm^me vc« Ve hand-
lungen mit dem Ziel der Wicderher-
steitung der Hierarchie in der fl n-
ges ; e gütum und Beamten-
besoldunc auf der Boris des je-
weiligen Mindesteinkommens.
Hans vom Hoff
Kn dem Zeitpunkt, da die Schumanplan-
verbandhingen in ein entscheidendes Sta-
dium getreten sind, hat der Internationale
Bund Freier Gewerkschaften noch einmal
grundsätzlich Stellung genommen. Im Auf-
träge des IBFG hielt Kollege Hans van
Hoff auf der Pariser Schumanplankonic-
lenz des IBFG, auf der auch die Saar ver-
treten war, ein Re'erat über Gewerkschaf-
ten und Schumanplan. Der 1. Teil wurde)
in der letzten Ausgabe veröffentlicht. Der
2. Teil der heute im Blattinnern ab ge-
druckt ist, verdient ebenfa’ls stärkste Ee-
achtung. Hans vom Hoff ist ein Fachmann
von anerkannt internationalem Ruf. Er
zählt neben dem Kollegen Dr. Victor
Agartz zu den Haupt.efe enten des DGB
für Wirtschafts- und Sozialpolitik.
fliiiliHlirmDimmtraiimmiimiimnrtMiminiimiiitmiiimimiitHiiiiiisninmilHiiiti
Aus dem 1 u^aH:
Gewerkschaften und Schumanplan
Zur 20'blaen Renten e höhung
Ueber 1600 Neuaufnahmen
Arbeit und Wohlstand
Die Leistungen der KVA
Post aus dem Ausland
Briefkasten
Arbeit und Recht
Angestellte geißeln Arbeitgeberpolitik
Zur 20%igen Rentenerhöhung
Klare Richtlinien für die junge Generation'
Skandalöse Mißstände
tiiiiiitiiiimiiimiiiiiiiiiiiiiiiMiiiiiiiiiiHiimiimiicmiiiümiiniiitiiiimimiimmimiiiKi
3. He'ste'k’mg der Gleichberechtigung
im Gestalt der Mitbestimmung in so-
zialen, personellen und ta Küchel
Fraaen in einer Form, die den dies-
be üglicben Rechten der Arbeitneh-
mer der übrigen Wirtschaft ent-
spricht,
4„ Schaffum eines fortsch itt’ichrn Be-
amtenstatuts und einer rnfrp echtn-
den Regelung für Angestellte.
5 Sof'rti'Te Aufhebung der driften
u. fünften Dt*rchfüh’ ungsveroTdirung
betreffend die jetzige Anrechnung
des Hä teausgleichs.
Den beiden Verbandsleitungen wird die
Biachdrücktichs'e Vertretung dieser
G’ ujndfo'denmcen eindringlichst zur
Pflicht gemacht, da sie als unumstößliche
Grundlage einer aufrechten und vernnt-
woriumgsbewu ßten Gewekscha bew i-
gung gehen müssen.
Sollte unseren Forderungen aut unver-
zügliche Gewährung einer Teuerungszu-
lage für alte aktiven und Ruhesfandsbe-
amten sowie Angestellten in der von uns
geterderien Höhe bis zum 4. November
nicht entsprochen werden, sind die bei-
den Ve-bandsleituTigem zu beauftragen,
im Einvernehmen mit den übrig n Ver-
bänden geeignete Maßnahmen emzulei-
ten.
Die Anwesenden bringen zürn Aus-
druck, daß sie gewillt sind, aach das
letzte Mittel zur 'Unterstützung ihrer ge-
rechten Forderungen einzusetzen.
Bericht über den Verlauf der Kund-
gebung siehe Seite 2.
Wilhelm Anschütz ist nicht mehr
Die Zustände im öffentlichen Dienst
Großkundgebung im Johannishof stellt dtingllche Forderungen und gibt Vollmachten
Seite 2
November 1950
Die Großkundgebung des Dffentl. Dienstes
Lohnbewegung aut dem Höhepunkt
(Fortsetzung von Seite 1)
schlagen. Die Sitzung tand am 4. 11. statt
und der Verwaltungsrat gab der Auszah-
lung seine Zus immung. Einzelheiten übet
die Höhe der Wirtschaftsbeihilfe wurden»
den Mitgliedern des I. V.-Eisenbahn be-
reits durch Rundschreiben bekanntgege-
ben und bewegen sich zwischen 2000.—«
und 5000.— Frs. Außerdem beschloß de*
Verwaltungsrat die Einstellung sämtliche*
Epurlerten bis Ende dieses Jahres.
Verband Oeffemtliche Betriebe und Var.
Wallungen
In zahlreichen Verhandlungen konnte
für die Ana 3 stellten und Beamten
bisher ke rne liehe Einstimmung erzielt
werden, daher haben die Vorstände der
Verbände des Oeffent’lchen Dienstes bei-
der Gewerkschaften für Montag, den 13,
11., eine Sitzung cmberaumt, in der sie
isich über die ■no’werd'ge'n Beschlüsse an-
gesichts der Lage, d:e sich zugespitzt
hat, schlüssig werden wollen.
Für die Arbeiter erscheint im nächsten
Amtsb’att als N aderschlag der kürzlich
s a'tge unde-en Verhandlungen ein« Vex-
tordnung, die eine Erhöhung der Löhne!
von durchschnittlich ll,8°'o ab 1. 10. 1950
bringt. Mit der ab 1. 7. 1950 eingeführtea
ZQ^oigen Grundlohnerhöhung ist damit
der Stundenlohn insgesamt um 27 o/g im
Durchschnitt erhöht worden.
Für das Hilfspersonal im Krankenhäu-
sern ist in den Verhandlungen eine 37
pro/entige Erhöhung der Bariöhre erreicht
worden-. Ein Teil dieser 37o'o Ist bereits
durch die Nachzahlung der Stundenzu-
flage gemäß Anordnung zur Hebung der
Kaufkraft vorweg genommen worden. Di«
Verpflichtung zur Teilnahme der Ver-
pflegung in Krankenhäusern ist wesent-
lich eingeschränkt, sodaß auch hier ein«
kleine Verbesserung eintritt
Es ist mit der baldigem Veröffentlichung
e*ner neuen Verordnung zugunsten der
Waldarbeiter zu rechnen, in der Z8it- und
Stücklöhne um durchschnittlich 30 o/o er-
höht werden.
Fa^hgrunpe Banken, Sparkassen und
Versicherungen. UebeT das Ergebnis der
verschiedenen V-ehand* 1 ungen wird durch
(Rundschreiben den einzelnen Vertrau-
ens’euei in den nächsten Tagen genau*
'Auskunft gegeben.
Der Verband für Bühne, Film, Musik und
andere K,-;ustsch-’ff?rcle im Saarland teilt
mit, daß d e im Stadttheater Saarbrücken
beschäftigten Kolleginnen und Kollegea,
die Regelungen erhaben, di« im Oeffentli-
chen Dienst für die Arbeiter bzw. Anget-
is «Ten und Beamten erzielt werden. —
Bei Radio Sca b'ückan wird ab 1. 7. 1950
der Tarif der Radio-Diffusion-Francois«
eingeführt, der eine wesentliche Erhöhung
der Vergütungen mit sich bringt. Dia bis-
her nicht zur Auszahlung gebrachte
Dienstalterszulage wird ab 1. 7. 1949
nachnezahlt. Wegen der Abgeltung der
Um der Vergangenheit geleisteten UebeT«
.stunden schweben noch Verhandlungen,
Der ab 1. 6. 1950 im Kraft befindlich«
Tarif für die Angestellten der Lichtspiel-
theater wurde gekündigt mit dam Zel
der Neufestsetzung der Bezüge in Au-
sreichung an die gestiegenen Lebenshal-
tungskosten. Ueber den Verlauf der Ver-
handlungen und das Ergebnis werden di«
Ko’leginnen und Kollegen der Fachgruppe
'durch Rundschreiben informiert.
Innerhalb des I. V- Baugewerbe kam *■
'für die Heizungsindust lj am 3. Novem-
ber vor dem Schlichtungsausschuß zu et-
mem vorbildlichen Schiedsspruch, in dem
erklärt wird: Zwischen dem Verband dal
Zentralheizungs-, Lüftungs- und sanitären
Tns‘alkjtk>ns-Unfcemehraungea und der
Firma Sam central einerseits, sowie dem
Industrieverband Baugewerbe der Ein-
heit sgev/erkschalt, der Gewerkschaft
Christlicher Bau- und Holzarbeiter und
dem Verband der kaufmännischen und
techn. Angestellten andererseits, wird
vereinbart: 1. Die Löhne, wie sie durch
die Vereinbarung vom 12. Juni 1950 fest-
.•gesetzt worden sind, werden mit Wirkung
vom 1. Oktober 1950 um 7o/o erhöht. 2. Die
durch Schiedsspruch vom 15. Juli 1950
festgesetzten Gehälter der Angestelltem!
/werden mit Wirkung vom 1. Oktober 195Q
lum 7 o/o erhöht
Nachdem d e beiden Lohnabkommen ln
der G^anhischm Industrie restlos durch-
geführt sind, steht die Beratung des Rah-
mentcmfs zur Debatte. Es ist damit zu
rechnen, daß innerhalb von 14 Tagen ein
Abschluß erzielt werden kann. Bei diesem
ManteltaHf geht es darum, nicht nur di*
bis jetzt verankerten Positionen zu halten,
sondern ganz besonders in sozialer Be-
ziehung wesentliche Verbesserungen zu
■erreichen.
Für die Arbeiter des I. V. Verkehr und
Transpo t wurde eine Lohnerhöhung von
10 To bewilligt. Eine Erhöhung für die Au-
ges tePtengehäKer steht noch aus. Ein
zufriedenstellendes Ergebnis der langwie-
rigen Besprechungen wird erwartet.
Zu den Forderungen des I. V. Groß- und
Einzelhandel nahmen wir in der letzten
Ausgabe Stellung. Der I. V. Groß- und
Einzelhandel setzt sich mit allen Mitteln
•a r. e™‘® Lohnerhöhung von 15o/0 ein. Di*
Arbeitgeberörganisation lehnt* diese For-
derung ab. Seitens des I. V. wurde der
Der Saarbrücker Johannishof war schon wi«w
tierholt der Ort großer Manifestationen, und es
ist daher nicht so einfach, von einer Kundge-
bung, die in dem weiten großen Saal stattfindetd
zu sagen, daß sie aua dem Kähmen herausragt.
Von der Kundgebung jedoch, die am Montag,!
dem 30. Oktober 1950, von den beiden Ge-'
werkschaften für den Oeffentlichen Dienst eirv?
berufen war, lä$t sich behaupten, daß sie ein
Erlebnis war, eine jder größten Saalkuudg«-?
bungen.
Es ging an diesem Tage darum, jene, die Ina
Oeffentlichen Dienst tätig sind, über den Stand
der Verhandlungen zn unterrichten, eine klare
Stellungnahme zu beziehen, sowie die Ansicht
ten und den Willen der Versammelten zu den
gerechten Forderungen festzustellenj ferner
ging es darum, Regierung, Parlament und der
gesamten Oeffentlichkeit die Lage und den
Als. 1. Referent sprach Kollege lleekler, G«J
Sehäftsführer dea I. V. Oeffentliche Betrieb«.
Seine Darlegungen wiesen mit zwingender Lo-
gik nach, daß die augenblicklichen Zustände
unmöglich anhalten könnten. Der Sprecher be-
tonte u. a.t
„Die im Oeffentlichen Dienst beschäftigten
Arbeiter, Angestellten und Beamten, besondere
die letzteren, sind es gewohnt, daß sie und ihre
Arbeit in der Oeffentlichkeit einer Kritik
unterzogen werden, die oft in ihrer Unsachlich-
keit, Verdrehung und Gehässigkeit kaum in
überbieten sind. Die Kreise, die an der Ver-
breitung dieses Zerrbildes interessiert sind, mö-
gen es sich gesagt sein lassen, daß, wenn yrir
gewisse Berufe und ihre Rolle im Wirtschafte-’
leben unter die Lupe nehmen würden, ein äu-
ßerst anschauliches Bild von den die Allgo-i
ineinheit schädigenden Auswirkungen und
Auswüchsen einer falsch verstandenen soge-
nannten freien Wirtschaft entstünde.
Wenn von einem aufgeblähten Verwaltunge-
«pparat gesprochen wird — zugegeben, daß
Ausdruck dea Willens und der Entschlossenheit
zu zeigen.
£Jnd das Resultatf
Es lohnt sich für jeden Gewerkschaftler, sich
über die Kundgebung, auf die mau stolz sein
kann, zu informieren.
Versammlungsleiter, Beigeordneter Detheid,
unterstrich die Bedeutung der überaus starken
Beteiligung aus dem ganzen Saarland. Sie zeige
einmal das Interesse an der gewerkschaftlichen
Arbeit und Zielsetzung und zum anderen dag
starke Vertrauen in die gewerkschaftlichen Or-
ganisationen, die unter schwierigen Umständen
sich mit aller Energie für die Belange der im
Oeffentl. Dienst Beschäftigten einsetzen, um
deren Notlage, vor allem hervorgerufen durch
die Teuerung, unter allen Umständeu zu mil-
dern.
ein Körnchen Wahrheit darin liegt ~ so stellen
wir fest, daß, wenn in demselben Ausmaß wie
im Oeffentlichen Dienst Posten schon eingespart
wurden und noch werden, auch im Bereich
der privaten Wirtschaft einzelne selbstän-
dige Berufe auBgekämmt worden wären, sich
diese Maßnahme in ihren finanziellen Auswir-
kungen auf die Allgemeinheit sehr segensreich
Busgewirkt hätte. (Beifall.) Für Reformen
sind wir immer zu haben. Sie dürfen sich aber
nicht so auswirken, daß alle Einsparungen, Ein-
schränkungen sich fast ausschließlich in un-
serem Lehensbereich auswirken.
Wir fordern, daß die Nöte unseres Staate«
gleichmäßig auf di« Schultern aller verteilt
werden.
Seit dem 20. November 1947 stehen wir ln
einer Situation, in der, gemessen an den frü-
heren Bezügen und unter Berücksichtigung der
Btändig steigenden Lebenshaltungskosten, ein
Sinken der Kaufkraft festzustellen i*t, das zu
ernsten Befürchtungen Anlaß gibt.
Voraussetzung, daß der Hohe Kommissar zu4
stimmt, wird eine einmalige Zulage ge-‘
währt; diese Zulage soll ungefährt das Drei^
fache dessen betragen, was die beiden Gewerk-
schaften laufend mo natlich gefordert
haben. Ueber die genaue Höhe der Zulage und
die Abgrenzung des Personenkreises findet noch
eine abschließende Besprechung statt.
Lehren aus den Verhandlungen
Die Verhandlungen lehren uns: Landtag und
Regierung haben uns ausdrücklich vom Tarif-
vertragsrecht ausgeschlossen und uns damit di«
Möglichkeit genommen, nach ergebnislosem
Verlauf von Verhandlungen den Schlichter an-j
Zurufen, um einen Schiedsspruch zu erreichend
Landtag und Regierung haben also die ver-
dammte Pflicht und Schuldigkeit, weil sie selbst
an diesem rechtlosen Zustand schuld sind, da-
für zu sorgen, daß uns auf dem Verordnung*^
wege gegeben wird, was die Kollegen draußen
in der privaten Wirtschaft auf Grund des Tarife
Vertragsgesetzes durchsetzen können.
So wie das Tarifvertragsgesetz, fehlt un«
auch ein Betriebsrätegesetz das fortschrittlich :
und demokratisch die Beziehungen zwischen >-
uns und unserem Arbeitgeber regelt.
Wenn der Arbeitnehmer sieht, daß alle Ver^
handlungen seiner Vertreter nicht zu einem Er-|
folg führen, dann greift er zum letzten Mittel,
das ihm die Verfassung garantiert, zum Streik.
Auch wir haben aus der Verzweiflung heraus in
der letzten Zeit an einem Warnstreik teilge^
nommen, der den Verantwortlichen zeigen soll^
te, daß es so nicht weitergeht. Und was war
das Ergebnis? Der Ministerrat hatte besehlos-j
een, daß den beteiligten Arbeitern und Ange-
stellten die versäumte Arbeitszeit nicht bezahlt
wird und daß gegen Beamte disziplinarisch vor-
gegangen wird. Glücklicherweise ist dieser Be-
schluß wieder aufgehoben worden. Aber auch
an diesem Beispiel sehen wir, wieviel noch zu
tun ist, damit wir eine echte Demokratie wer^
den, und wir verlangen von Landtag und R«4
ierung, daß, wenn schon so viel von DenioJ
ratie geredet wird, sie endlich auch einmal
uneingeschränkt eingeführt wird für uns Ar^
beiter, Angestellte und Beamte des Oeffentliche«
Dienstes.“
Die sechswöchigen Verhandlungen
Nun in den Verhandlungen der beiden Ge-
werkschaften. die seit sechs Wochen geführt
werden. In den ersten Verhandlungen zeigt«
es sich, daß für die Arbeiter des Oeffentlichen
Dienstes der Widerstand gegen eine Erhöhung
der Löhne gering war. Die beiden Gewerk-
schaften haben daraufhin ihr« Forderung auf
Gewährung einer einheitlichen monatlichen
Teuerungszulage ln Hohe von 4000 Frs. für
alle im Oeffentlichen Dienst Beschäftigten lu-
rüekgestellt, über die Erhöhung der Stunden-
löhne verhandelt und das bereits bekannte Er^
gebtiis erzielt.
Die Erhöhung der Bezüge der Beamten und
Angestellten war, darüber waren sich alle einig,
Zurfickgestellt worden, bis die Erhöhung de«
Arbeiterlöhne erreicht sei. Auf Grund dieser
Stundenlohnerhöhungen haben wir die neuen
f öhne den vergleichbaren Angestelltenvergfltim-
gen gegenübergestellt und kommen in den drei
untersten Gruppen auf eine Durchschnittsdiffe-
renz von 3860 Frs. zu Ungunsten der Beamten
und Angestellten. Dafnit war die Forderung
auf Erhöhung der Teuerungszulage von 1000
Frs. auf 5000 Frs. als gerechtfertigt anzusehen.
Schließlich wurde in einer Sitzung, an der
Vertreter aller Ministerien mit Ausnahme de«
Finanzministeriums teilgenommen haben, prin-
zipielle Einigung darüber erzielt, daß die For-j
derurtg auf Gewährung einer einheitlichen mo-
natlichen Zulage von 4000 Frs. gerechtfertigt
sei und dem Ministerrat zur Beschlußfassung
vorgelegt würde. Es wurde uns versprochen,
daß bis spätestens End« der vergangenen Wo-
che ein diesbezüglicher Ministerratsbeschluß
vorliege. Um so erstaunter waren wir, als wir
als Ergebnis der Ministerratssitzung erfahren
mußten, daß beschlossen worden sei, sofort mit
dem Hohen Kommissariat Fühlung aufzuneh-
men, um di« Möglichkeit der Einführung eine«
ßchlichtuaxgsaussch'uß angeruten, der dn*
Erhöhung von 15«/* beschlossen hat.
Der I. V.-Holz verlangte für di« holzvwr-
arbeitend* Industrie «dn>e 20o/0ige Lohn-
erhöhung. Durch Verhandlungen wurde
erreicht, daß ein* 15o/0ig« Erhöhung auf
die Löhne ab 1. August,^ die bereits um
7n'o erhöht waren, erfolgt. Die Angestell-
ten erhalten 15<v0 auf die Gehälter vom
1. November. Die'enigen Arbeitnehmer,
die mit Bauarbeiten beschäftigt sind, er-
halten zu den schon erhöhten Löhnen
inoch ein* 5o/0ig* Zulage.
Beim I. V* Leder und Bekleidung kam es
in der Leder-Industrie zu Besprechungen,
die ohne Ergebnis endeten. Eier I. V. rief
den Schlichtungsausschuß an, der am 15.
November Zusammentritt. Mit einem posi-
tiven Snruch wird gerechnet. Für die Tax-
til-tnäust ie gelangen die berechtigten
Forderungen auf Lohnerhöhung am 18. 11.
vor den Schlichter. Mit dem Schneider-
fach verband wurde ein« Lohn vereinbar
rung abgeschlossen, wonach mit Wirkung
vom 15. Oktober di« Löhne und Gehälter
für das Herrenschnekierhandwerk um 15
Prozent erhöht werden.
Für di* Gruppe Chemie des L V. Fabrik-
arbeiter werden di* Löhne und Gehälte*
ab 1. November um 10 To erhöht. Die Lohn-
vereinbarungen mit dem Chamot e- und
Dteaswertc in Homburg und der Papier-
Ictbrlk in Wörschweiler stehen vor dem
Abschluß. Mit der Firma Vtllaroy und
BoCh in Merzdg und Mettlach werden dem-
nächst wieder Verhandlungen aufgenomn
men.
solchen Zulage zu prüfen und ferner eine Prü-
fung anzustellen, welche rechtlichen Voraus-
Setzungen erfüllt sein müssen, damit eine «olch«
Zulage ausgezahlt werden kann.
Der Ministerrat vom 30. Oktober hatte nun,
nachdem die beiden Gewerkschaften bei ver-
schiedenen Ministern vorgesprochen und ihnen
die Berechtigung unserer Forderung nachgewie-
Sea haben, folgende« beschlossen» Unter der
Berechtigte Forderungen
Geschäftsführer Bieg (CGS) hatte die Auf^
gäbe übernommen, im einzelnen die Lohn-
und Preisverhältnisse zu schildern, um die BeJ
rechtigung der Forderungen zu erhärten. Ef
wies darauf hin, daß gerade die Lage der un-
teren und mittleren Schichten sich seit Jahren
ununterbrochen verschlechtert habe. Der Oefr
fentliche Arbeitgeber müßte mehr noch als di«
privaten Unternehmer für ein« gerechte Bezah-
lung Sorge tragen.
Dauerhafte Lösungen notwendig
Kollege Kiesgen (Ätl) wies mit allem
Nachdruck «ul die Gefahr einer wir.« haftli hi n
und sozialen Nivellierung hin, die unausweich-
lich eine Leistungsnivellierung zur Folge ha-
ben müßte und betontet „Mit den Provisorien
der Zulagen usw. muß endlich Schluß gemacht
werden. Wir brauchen eine endgültige Re-
gelung zur Anpassung der Löhne und Gehäl-
ter an die Preise. Eine weitere Forderung ist
die auf Mitbesti mmung und Gleichbe-
berechtigung, ein zeitgemäßes Statut für Be-
amte und Angestellte in einer dem Oeffentlichen
Dienst angepaßten Form.
Für die freie Wirtschaft hat der Staat das
Tarifvertragsrecht usw. anerkannt und damit
die Mitbestimmung und Gleichberechtigung.
Die Ablehnung dieser Rechte für uns würde
für Beamte und Angestellte die Degradierung
zu einer minderberechtigten Kaste bedeuten. Di«
bisherige Entwicklung zeigte leider eine un-
entschlossene Angestellten- und Beamtenschaft,
die sich oft zersplitterte und in Eigeninteressen
pich fast erfolglos um ihre Recht« bemühte. Aber
Jetzt muß endlich das erreicht werden, w-as
man auch der freien Wirtschaft zugestanden
bat. Das Verhältnis zwischen Staat, Beamten
und Angestellten muß «in wechselseitiges und
kein einseitige« «ein, wenn das Berufsethos er-
halten werden soll. W ir sehen keinen Grund,
warum den Beamten und Angestellten das Recht
der Mitbestimmung in sozialem, personellem
oder tariflichem Sinn streitig gemacht werden
»oll. Der Beamte und Angestellte kann vor po-
litischer und persönlicher Willkürmöglichkelt
nur geschützt sein, wenn er sein Mitbestim-
mungsrecht mittels der gewählten Vertretungen
geltend machen kann. Wir wissen, daß das
bisherige Beamtenrecht und die Ordnung für
die Angestellten manche Mängel hat. Es ist
an derZeit, daß ein Statut gewährt wird, damit
die demokratischen Grundforderungen erfüllt
werden.
Klarstellungen
zur Gründung des Beamtenbundes
Mit Fragen des neuen Beamtenbundes befaßt«
sich Verbandsvorsitzerider Schmidt (CGS).
Seine Darlegungen gaben vollinhaltlich auch
die Auffassung der Einheitsgewerkschaft wie-
der. Nachdem der Redner festgestellt hatte, daß
nach der Annahme der Konventionen «ine Er-
höhung der Dienstbezüge doch wohl nicht mehr
der Zustimmung des Hohen Kommissar« be-,
dürfe, fuhr er forti
,,E« bestand durchaus kein« Notwendigkeit,1
tönen neuen Beamtenbund zu gründen, wie da«
kürzlich geschehen ist. Es liegt durchaus nicht
tm Beamteninteresse, sich wie ehedem abzu-
schließen, zumal dis Gewerkschaften sich stet«
vorbehaltlos dafür eingesetzt haben, daß di«
Grundlagen dea Berufsbeamtentum« erhalten
bleiben. Eis wäre nm einen Staat schlecht be-
stellt, wenn er auf die Wertbemeasung in de*
Zugehörigkeit zu einer bestimmten Beamtenor-
ganisation sehen müßte, statt auf die charafc^
terlichen Eigenschaften, di« IJnparteiischkeit,
und die Pflichterfüllung nach Verfassung und
Gesetz. Wie soll z. ß. die Arbeit in einer
Amtsstelle harmonisch verlaufen, wenn
der Beamte und der Angestellte des Büros zwei
verschiedene Wege gehen? Was wir wollen, ist
die Pfelge der guten Gemeinschaft zwischen
Beamten, Angestellten und Arbeitern zum
Wohle des Gemeinwesens. Es heißt, die Zeichen
der Zeit stark verkennen, wann einige Beam-
ten glauben, mit den Angestellten in dieser Be-
ziehung nicht Zusammenarbeiten zu können,
oder gar die schwielige Arbeiterhand scheuen
und sich absondern. Gerade der Beamte hat di«
soziale Pflicht, mitzuhelfen, daß sich Ange-
stellte und Arbeiter aus ihren relativ größeren-
Schwierigkeiten herausschaffen können. lrn
fdirigen ist nicht anzunehmen, daß die klein«
Gruppe eines Beamtenbundes in der Lage sein
wird, ohne die Stütze der übrigen stark orga-
nisierten Angestellten und Arbeiter besondere
wirtschaftliche und soziale Fortschritte errei-
chen können.
Wohin gelangt der, der sich vom Volk ab^
schließt, vor allem dann, wenn er einen Posten
begleitet, der ihn verpflichtet und ihm ein«
gerechte Beurteilung nur möglich macht, wenn
er mit dein Volk eng verbunden ist? Deshalb
Ist es notwendig, daß die Unorganisierten den
Weg zu den Gewerkschaften des Oeffentlichen
Dienste« finden, statt zu zersplittern.
*
Di« Referenten ernteten für ihr« Ausführun-
gen wiederholt lebhaften Beifall. Für jeden ob-
jektiven Betrachter war da* Erscheinen der
überaus zahlreichen Kundgeber aus allen Ab-
teilungen des Oeffentlichen Dienstes der siohtJ
bare Beweis für die Feststellung, daß es sich
hier um die wirklichen Wahrnehmer der Ge-
samtinteressen der im Oeffentlichen Dienst Be-
schäftigten handelte. Die Aussprache ergab di«
Einmütigkeit der Organisierten des Oeffcntli-J
eben bienstes, mit der Durchsetzung ihrer FoH
derungen ernst zu machen.
Nach den Schlußworten dea Kollegen Delheld
fand die Gesamtauffassnng ihren Niederschlag
in einer Resolution, die auf Seite 1 wlederg«4
geben ist.
Nach dieser Großkundgebung kam es zu wetV
teren Verhandlungen mit den zuständigen Stel-
len. Dabet wurde mit allem Nachdruck der von
beiden Gewerkschaften in der Johnnnishof-Raj
«olution vertretene Standpunkt verfochten.
Verkaufs freie Sonntag« vor Weihnachten
tm Bundesgebiet.
Es liegt bisher nur eine Mitteilung für
Nordrheim-Westfalen vor. Danach soll
der Geschäftsverkehr am 10. und am 17,
Dezember von 14—18 Uhr freigegeben
werden und am Sonntag, dem 24. De-
zember, soUem. die Geschäfte geschlos-
sen sem.
Veispiedumgen und Ergebnisse
November 1950
Seite 3
Die europäische Gewerkschaftsbewegung und der Schumanplan
gefördert wird, sind infolg« der geolo-
gischen Verhältnisse in den einzelnen
Ländern ganz grundverschieden.
Auch darf die Tatsache, daß der tech-
nische Stand der nationalen Kohlewirt*
schäften sehr unterschiedlich ist, nicht
außer Betracht gelassen werden. Daraus
erklärt es sich auch, daß die Förderungs-
leistung pro Mann sehr unterschiedlich
ist und selbst bei größter technischer'Ver-
vollkommnung mehr oder weniger unter-
schiedlich bleiben wird, so daß infolge-
dessen auch die Förderkorten immer uo-
terschiedlich bleiben werden.
Es ist unmöglich, etwa einzelne Teil«
der Kohlewirtschaft stillegen zu wollen,
nur weil sie mit höheren Kosten arbeiten.
Die im Unionsraum dann noch verblei-
bende Kapazität könnte den Kohlebedari
dieses G£bie'e3 nicht mehr voll decken,
ganz abgesehen davon, daß sowohl aus
sozialen als auch aus politischen Grün-
den die mit einer Stillegung von bestimm-
ten Kohlengebieten verbundenen Massen-
entiassungen überhaupt nicht tragbar wä-
ren. Es wird Aufgabe der zu schaffenden
Uebergangsrege’ung sein, geeigne e Maß-
nahmen zu finden, um derartige Folgen
der MarktveremheitÜchung durch Aus-
g’eichsmcgHchh eiten und technische
Hütsmit'e1 zu vermeiden. Ohne derartige
Schutzmaß'ahmen webe die Schaffung
des einheitlichen Marktes wegen ihrer
sozialen Folgen für die Gewerkschaften
nicht tragbar.
Auf dem Gebiet der Stahlproduktion
Unbedingt Gleichberechtigung
Es dürften wohl für die Gewerkschaften
keine Zweifel darüber bestehen, daß de
Schaffung des gemeinsamen Marktes und
die Mitarbeit am Schumanplan gleich-
zeitig den Fortfall al’ar auf diesem Gebiet
besiegenden Hemmungen bedeuten muß.
Nur so kann eine wirklich* Gleichberech-
tigung der Staa'en erreicht werden. Wenn
der einheitliche Markt und damit die Idee
des Schumanplan« verwirklicht werden
soll, ist es ferner notwendig, bei der Rege-
lung der Uebergangsbestimmungen Maß-
nahmen zu treffen, die durch eine geeig-
ne e Investitlcnspo'itik seitens der Hohen
Behörde — insbesondere an den schwäch-
sten Punkten des Uniongebietes — den
Uebergang erleichtern. Daher ist die von
der Hohen Behörde zu verfolgende In-
vestitionspolitik von ausschlaggebender
Wichtigkeit für eine gleichmäßige Fort-
entwicklung der Grundstoffindustrien in
den beledigten Ländern.
Die Politik der Schaffung des gemein-
Skandalöse Zustände bei V&ß in Merzig
liegen die Verhältnisse etwas einfacher.
Innerhalb de3 Uniongebietes verfügen wir
im Augenblick über eine Produktion von
rund 30 Millionen Stahl. Davon entfallen
aur Deutschland infolge der Begrenzung
11,1 Millionen Tonnen, auf Frankreich ein-
schließlich S cargeb ?et rund 10 Millionen
Tonnen, auf Belgien etwa 4 Millionen Ton-
en, auf Luxemburg etwa 3 Millionen Ton-
nen und auf Italien rund 2 Millionen Ton-
nen.
Hier liegen di* Hauptprobleme darin,
daß teilwe-se neue Kapazitäten unter we-
nig günstigen Stan'Jortbedingungen ge-
schaffen wurden, und daß durch groß«
technische Umbildungen — z. B. durch
den Bau von Breitbandstreifen — Schwie-
rigkeiten der Anpassung entstehen.
Dieses Problem ist für Deutschland ins-
besondere von Bedeutung, weil durch di«
bereits erwähnten und bisher geltenden
Restriktionen auf 11,1 Millionen Tonnen
Jahresleistung di« Kapazität in der Stahl-
industrie nicht voll ausgenutzt werden
kann und technische Neuerungen unter-
bleiben muß en, so daß hier ein erhebli-
cher Nachholbedarf vorhanden ist, ganz
abgesehen von dem Umstand, daß vor-
handene Kapazitäten durch Demontage
noch bis in die jüngste Zeit abgebaut
worden sind und auch die Möglichkeit
zum Bau von Breitbandstraßen noch nicht
gegeben ist
samen Marktes innerhalb des Unionge-
bie es kann nicht losgelöst sein von der
Handelspolitik, die die einzelnen Staa-
ten außerhalb des gemeinsamen Mark-
tes betreiben.. Innerhalb des gemeinsamen
Marktes werden d’e beteiligten Staaten
alle Anstrengungen machen müssen, um
im Laufe der Uebercar gsperiode alle dis-
k’iminfe enden Maßnahmen auf dem Ge-
biete der Zoll- und Handelspolitik zu be-
seitigen. Dabei wird es nicht ausbleiban,
daß für eine Angleichung der Tarifpoli-
tik auf dem Gebiete des Verkehrs gesorgt
werden muß.
Die Schaffung des höchsten Lebens-
standards setzt eine bestimmte Produk-
tionsregelung voraus. Es ist se’bstveT-
ständlich, daß deT Hohen Behörde in Zu-
sammenarbeit mit den regionalen Grup-
pen hierfür' die erforderlichen Vollmach-
ten gegeben werden müssen.
(Schluß folgt)
(Fortsetzung)
Nach manchem Zögern und dem Her-
vorkehren von einer Kette von Vorbe-
halten haben viele Kreise sich durchge-
rungen u. sich positiv zum Schumanplan
bekannt. In den letzten Tagen hat auch
der Verein der deutschen Bisenhütfen-
leute im Aufträge der deutschen Koh-
len- und Eisenirdust le die Versicherung
abgegeben, daß mein den Schumanplan
jetzt ohne Vorbehalt unterstützen wird.
Dabei wurde auch ruf die zu stimm ende
Haltung der Gewerkschaften hingewie-
sen. Natürlich schließen diese grund-
sätzlichen Zustimmungen nicht aus,
daß sowohl um d e endgültige Organi-
sation-form als auch über die laufende
Durchführung des Abkommens noch oft
hart ae unaen werden muß. Für uns an
der Saar gilt es, alles einzusetzen, um
die Wahrnehmung unserer Interessen,
d e im Rahmen der Wi-tschaftsunton
m t Frankreich verankert sind, heut»
wie mo"gen unbedingt sicherzustelleti,
n.
Dies* Institutionen können jedoch
nicht arbeiten, wenn nicht ein«
vernünftige ökonomische Lösung ge-
funden wird, die d;e Steigerung der Pro-
duktui*ät, die Erhöhung des Lebensstan-
dards und de Erreichung der Vollbet-
schääigung sichert.
Zur Erreichung dieser Zie’e werden häu-
fig drei Sch1 agworte in die Debatte ge-
worfen, nämlich:
1. Das ökonomische Prinzip.
2. D'e freie Konkurrenz.
3. Der einheitliche Markt, der ani
der Anwendung der erstgenann-
ten Prinzipien hervorgehen soll.
.Gegen dogmatische Anwendung
Dt® dogmatische Anwendung des öko-
nomischen Prinzips ist für die Durchfüh-
runrr des Schumanplcmes unmöglich. Sl#
könnte auch von den Gewerkschaften nie-
mals akzeptiert werden. Es handelt sich
ja nicht nur darum, im einzelnen allein
nach den ratime’ls'e^ Methoden zu pro-
dUTie en. Di? Z'elsetzungen des Schuman-
p a s müssen primär mit den sozialen Ge-
sichtspunkten — nämlich der Sicherung
und S'eiqerur»g des Lebensstandards und
einer gerechten Verteilung des Produk-
tioaseigebnisses — ln Einklang stehen.
Rein real gesehen wäre auch die dog-
matische Anwendung des ökonomischen
Prinzins für Kohle und Eisen innerhalb
-des gemeinsamen Marktes nicht durch-
führbar.
Für uns als Gewerkschaften steht der
Mensch im Mittelpunkt des wirtschaftli-
chen und gesellschaftlichen Geschehen«.
Bestand und Fortentwicklung der west-
lichen Zivilisation sind von der sozialen
Gestaltung der Wirtschaft entscheidend
abhänaig.
Freier Wettbewerb — eine Fiktion
Die Idee des freien Wettbewerbs ist ein*
Fiktion, d e mit der Durchführung des
Scbumanp’ans nicht Vereinbar ist. Auch
die Länder, die ihre Wirtschaftspoli-
tik nach dem Grundsatz des freien Wett-
bewerbs betreiben, dürften sich darüber
michi im unklaren sein, daß der Schu-
manp’an eue gehörige Beimischung von
Planung und Lenkung voraussetzt.
Gerade in der Kohle- und Stahl-
wirtschaft ist der Anteil der Anlageko-
is‘en außerordentlich hoch. Neue Produ-
zenten können kaum als Konkurrenten
auftrelen, weü die Erstellung neuer An-
lagen erheb'iche Aufwendungen erfordert.
Kohle und Stahl sind daher typische Bei»
epiele nicht des freien, sondern des ui>
vollständigen Wettbewerbs, und zwar auf-
grund ihrer Struktur, an der auch ein«
Hohe Behörde nichts Entscheidendes än-
dern kömrie. Infolgedessen kann ein ein-
heitlicher Markt daher nur ln einem et-
was eingeschränkten Sinne geschaffen
werden. Eine Tatsache, mit der wir un*
abfinden müssen, solange der Schuman-
plan nur die begrenzten Teilgebiete des
Kohle- und Stahlwirtschaft umfaßt
Im übrigen werden diese theoretische»
Ueberlegungen durch eine Prüfung dej
realen Tatsachen eindringlich bestätigt
Kohlenförderung der Scnumanplan-LSnder
Unter normalen Verhältnissen wird fa
dem Gebiet der SchumanpTan-Länder aul
dem Geb et der Kohle mit einer Förde-
rung von rund 2C0 Millionen Tonnen ab-
satzfähiger Steinkohle jährlich gerechnet
werden können. Hiervon entfallen rund
100 Millionen Tonnen auf Deutschland, 60
Miibonen Tonnen auf Frankreich einschL
Saargeb’et, rund 28 Millionen Tonnen auf
Belgien und 12 bis 15 Millionen Tonnen
out die N.ederlande. Die italienisch*
Kohleproduktion ist unbedeutend.
Die Bedingungen, unter denen die Kohl*
Oie Waschmaschine in der Tüte
Kein Einweichen, Kein Kochen,
Kein Reiben,
das schont Sie und Ihre Wasche I
Wieder einmal fühlen wir un« verpflich-
tet, einen Blick über di« Mauern der Fa.
V & B im Merzig zu warfen. Erst in der
letzten Ausgab« behandelten wir di«
Durchführung de« Streiks in diesem Be-
trieb, der durch Verschulden der CGS
keine Erfolge für di« Belegschaft zeigen
konnte. Wie recht wir hatten, als wir in
diesem Artikel die ehrliche Absicht de«
Auszahlung des Ueberbrückungsgeldes
bezweifelten, zeigt sich heute darin, daß
dieses Geld von den Löhnen der Arbeit-
nehmer zugunsten der Firma wieder ein-
behalten wird. Ein« Lohnerhöhung ist so-
mit nicht erfolgt, doch werden demnächst
die für di* Lohnbesserung der schlecht
bezahlten Beschäftigten erforderlich«»
Verhandlungen aufgenommen.
E'n derartig ^beweiskräftiges Argument,
we es zuvor geschildert, wobei der Ar-
beitnehmer an d«r Nase herum geführt
wurde, dürfte als verwerfliche „Arbeit-
geberpolitik“ zu bezeichnen sein, gegen
die sowohl vom Betriebsrat als auch sei-
tens des Ortsvorstandes d«r Fachgruppe
an gekämpft werden muß.
Es ist nicht der einzige Fall, der sich
in den letzten Tagen dort ereignete, e*
trugen sich noch mehr gleich schwerwieu
gende Fälle der rücksichtslosen Aus-
beutung zu, die in Bevölkerungskreisen
bekannt sind und wahrlich nicht für den
Ruf der Firma sprechen. So mußten z. B.
weibliche Arbeitnehmer auf Anordnung
der BetriebsVtung ln der Moscrikckrtten-
fabrik acht Stunden Vorarbeit für den
Arbeitsausfall an Allerheiligen leisten
Diese Arbeitnehmerinnen wurden gezwun-
gen am Tage vor Allerheiligen zur Früh-
und Nachtschicht zu ert jhetnen, nachdem
eine Spätschicht am Tage zuvor voraus-
gegemgen war. Si« hatten zwischen den
einzelnen Schichten demnach eine Ruhe-
pause van nur acht Stunden. Dies« Tat*
«ach« ist umso verwerflicher, als «ich
unter den Frauen Kriegerwitwem, solch«
mit schulpflichtigen Kindern und hochr
schwangere befanden, darunter eine, die
kürzlich operiert wurde und noch scho-
nungsbedürftig war. Dem Meister der Ab-
teilung waren diese Verhältnisse be-
kannt. Seine Pflicht wäre e« gewesen, di«
Betriebsleitung von derartigen Härtefällen
zu unterrichten, stattdessen gab er un-
umwunden bekannt, daß, wer die Schich-
ten versäume, sich andere Arbeit suchen
müsse. Ebenso skandalös ist die Tat-
sache, daß es Frauen gibt, denen der Zu-
satzurlaub, auch aus dem vergangenen
Jahr, einfach vorenthalten wird.
Hier ist di« Gewerkschaft verpflichtet,
mit allen Mitteln diesem Betriebs gebäh-
ten Einhalt zu gebieten und das wird si«
tun. Es sei aber bemerkt, daß die Zu-
stände erst restlos behoben werden kön-
nen, wenn alle Arbeitnehmer einschl. der
weiblichen, die Notwendigkeit der ge-
werkschaftlichen Organisation einsehen
und alle der Gewerkschaft beitreten.
Die mißlichen Verhältnisse sind bet-
leibe nicht dazu angetan, di« Lust und
Liebe zur täglichen Produktion zu för-
dern. Es sind schwarze Stunden des Le-
bens, di« dies« Arbeiter und Arbeiterin-
nen in den Mauern der Fabrik erleben
müssen. Ein Lichtblick allerdings ist, daß
ein neuer Direktor kürzlich seinen Einzug
hielt, der hoffentlich mehr soziales Ver-
ständnis an den Tag legt und bald da-
von Gebrauch machen möge. Oder «olle»
wir einmal gezwungen werden, von „ge-
wissen“ Vorgängen der letzten Zeit in-
nerhalb der Betriebsführung zu berichten,
die nicht zur Hebung des Lebensstandar-
des der Arbeiter beifruqen, außerdem die
kursierenden Gerüchte bestätigen und den
Ruf der Firma „beeinträchtigen“ könn-
ten? Wir erwarten, daß das soziale Ver-
halten der Betriebsleitung der Firma Vil-
leroy ft Boch in Merzig gegenüber der
fleißigen Belegschaft in der nahen Zu-
kunft «ich wesentlich ändert! - w •
1686 'fteuaulnahmen
Industrieverband dar Fabrikarbeiter und
Jndustrievsrband Leder und Bekleidung
Die Verbaindsleitung kann allen Kol-
leginnen und Kollegen die erfreuliche
Mitteilung machen, daß die am i. April
1950 begonnene Agitationswelle Anfang
November 1950
1686 Neuaufnahmen zu verzeichnen hat.
Di* Verbamdsleitung spricht allen Kol-
leginnen und Kollegen, d'e an dieser groß-
artigen Leistung mit Ueberzeupung und
Tatkraft be'eiligt waren, besonderen Dank
aus.
Unser Z:el ist, bis zum 3t. Dezember
1950 Zweitausend Neuaufnahmen zu er-
reichen.
Darum bittet die Verbandsleitung al1*
Kolleafnnea und Kollegen, auch die jun-
gen Gewerkschaftsmitglieder, mitzuhel-
fen, dieses Z ei zu en-eichen.
I. V.-Fabrikarbeiter und L V.-Led=x
und Be'.rie'dung:
gez. K uh» en.
isülnisfl itir die Me Seeereüen
Aufruf zuiu 3. Verhandsjugendtag der Einheits-
gewerkschaft I. V. Eisenbahn
. Am Sonntag, dem 26. November 1950, vor-
mittags 9.00 Uhr, findet in Saarbrücken, im
Lokal „Keglerheira4* (am Landwehrplatz) der
3. Verbandsjugendtag des Industrieverbande*
Eisenbahn statt. •
An diesem Tag, welcher den großen Aufgaben
der jungen Generation der saarländischen Eisen-
bahnen gewidmet ist, sollt Ihr von Eurer ge-
werkschaftlichen Bereitschaft Zeugnis geben,
auf der Eisenbahn, sowie in Staat und Wirt-
schaft bessere soziale Verhältnisse zu schaffen.
Gemeinsam wollen und müssen wir uns ala
Träger der Zukunft über die Situation, in die
wir hineingestellt sind, klar werden, um einet*
Weg zu finden, der beschritten werden muß,
damit wir den Sieg im W irisch aftskatnnf errin-
gen können. Keiner hat daher das Recht, an
irgend einem erkämpften Erfolg teilzuhaben,
wenn er nicht mit in den Reihen der Kämp-
fenden gestanden hat.
Die Einführung einer neuen Personal- und
Besoldungsordnung, die Neuregelung der Lauf-
bahnbestimmungen, die Abänderung der
Dienstdauervorschrift und noch vieles mehr,
sind Forderungen, die wir als Einheitsgewerk-
schaft schon seit längerer Zeit gestellt haben.
Ein wichtiger Teil unserer Personalordnting
(§ 22), die Fortzahlung des Lohnes im Krank-
heitsfälle, ist nach langen Bemühungen endlich
verwirklicht worden. Es ist dies ein Erfolg un-
seres Verbandes, der jedem Eisenbahner Richt-
schnur »ein muß für seine gewerkschaftlich*
Einstellung. Wenn ein einheitliches Wollen
beim Eisenbahnpersonal vorhanden ist. braucht
es uns um die Zukunft nicht bange zu sein.
Noch nie hat die Leitung nnscrer Organisa-
tion daran gedacht, der Eisenbahncrjngend den
Weg, einmal Beamter werden zu können, un-
möglich zu machen, wie dies von der Ge-
genseite immer wieder behauptet wird. Tat-
sache ist, daß der Ministerrat schon vor länge-
rer" Zeit den Beschluß gefaßt hat. nach dem
vorläufig keine Beamten ernannt werden dür-
fen.
Unsere Leitsätze besagen i
1. Gleicher Lohn hei gleicher Arbeit.
2. Jeden» Eisenbahner einen ausreichenden
Verdienst.
3. Gleiches Recht für alle Eisenbahnen»
JUGEND DER EISENBAHN I
Erkennet, daß ea mehr denn je notwendig Ist,
an einem Strang zu ziehen. Klar und wahr
mit offenen Augen und Ohren sollt Ihr Euren
Weg in die Zukunft gehen 1
Am Sonntag, dem 26. November, könnt ihr
beweisen, daß Ihr gewillt seid, als Vorkämpfer
und Funktionäre für eine glücklichere Zeit
mitzuarbeiten.
Oh Ihr im Oberbau, oder Betrieb nnd VcrJ
kehr, in der Verwaltung oder in der Werkstatt*
Eure Arbeit verrichtet, alle seid Ihr einge-
laden.
Unser Wahlspruch für den 3. Verband»-
jugendtagi
Mit der Jugend, durch die Jugend und
fär die Jugendl
Hans B 1 e h L
Neue Betriebsratswahlen hn westdeutsche*
Kohlenbergbau nahmen unter reger Anteilnah-
me durchweg den erwarteten Verlauf. Kommu-
nistischen Störungsversuchen blieb ein nennens-
werter Erfolg versagt. Vor allem wurde ver-
sucht, mit der sogenannten Friedensparole Ein-
fluß zu gewinnen. Der kommunistische Einfluß
ist weiter im Rückgang begriffene Ein von
Kommunisten auf einer Zeche in Szene gesetzter
wilder Streik war nur von kurzer Dauer.
Angestelltenschaft und Induatriererbände. Auf
mehreren Gewerkschariskonferenzen innerhalb
der Bundesrepublik bekannte sich auch die An-
gestelltenschaft eindeutig zu dem GedanJ
ken der Industrie-Gewerkschaften. Mit Ent-
schiedenheit wurde betont, nur die Zusammen^
arbeit mit den Arbeitern in den Industrie-Ver^
bänden könne die Grundlage für weitere Er^
folge der Angestelltenschaft bilden.
Schweiz. Der 31. Kongreß des Schweizerin
sehen Gewerkschaftsbunde« faßte wichtige Bo-
schlüsse. Er behandelte auch eingehend da*
West-Ost-Problem und in diesem Zusammen-
ha ' das Scheitern des 1945 wiedererstandene*
Weltgewerkschaftsbundes, ein Scheitern, das
auf den Mißbrauch des Bundes für komtnunN
»tische Wühlarbeit zurückzuführen war. MH
325 gegen 22 Stimmen wurde jetzt be»chlo»-l
sen, den vor Jahresfrist gegründeten Intern*^
tionalen Bund Frei«f Gewerkschaft*« vorbe-
haltlos beizutrstsaj
Seite 4
\ovemher 1950
Arbeit und Wohlstand
Betrachtung über die sozialen Mißverhältnisse
Die größt© Aurgabe der menschlichen
GeseUschaft muß die Schaffung einer Ge-
setzgebung sein, die ein gesundes Ver-
hältnis zwischen Arbeit und Wohlstand
schafft. In den Zeiten, in welchen der
Wohlstand seine einzige Ursache in der
Arbeitsleäsung fand, war das gesell-
schaftliche Leben garantiert und der
Mensch im allgemeinen zufrieden. Doch
immer wenn die Gesetzgebung und die
gesellschaftlichen Verhältnisse es zulie-
ßen, daß sich ein Tei1 der Menschen ohne
Arbeitsleistung auf Grund seiner Macht-
s'e’lung oder durch die Verhältnisse gro-
ßen Besitz aneignen konnte, führte dies
früher oder später zu einer Auseinander-
setzung zwischen den Menschen, die sich
scham’os bereicherten und jenen, denen
dieser Reichtum widerrechtlich genommen
wurde. Dieser Zustand war nur dadurch
möglich, weil die Entwicklung planlos war
und eine dünne Henenschicht mit Hi’fe
der gese’lschaftlichen Ordnung den an-
deren Teil der Bevö'kerung indirekt ge-
zwungen hat, auf die ihm zustehenden
Werte zu verzichten.
Die Menschen sind zweifellos in ihren
physischen und geistigen Kräften ver-
schieden. Ein Mensch vermag durch semö
Eignung und Fähigkeit mehr zu leisten
als der andere. Er wird dadurch für die
Ge?eTschaft zu einem mehr oder minder
wertvo’ten Mitglied und hat real gesehen
auch mehr Anspruch auf Wohlstand als
der-‘eilige, der in seinen Leistungen zu-
rückbtebt oder das Durchschittsmaß an
Leistungen nicht erreicht. Folglich muß
auch d-’e Enttehnung der Menschen ver-
schieden sein, und es ist se’bstverständ-
lich, daß die Mehrleistung des einze’nen
anerkannt und gerecht entlohnt werden
muß. Jedoch darf der Unterschied nicht
so groß sein, daß ein Mensch das x-
fache an Einkommen mehr hat, gegen-
über demjenigen, der weniger begabt ist
Und mit seinen Leistungen trotz bestem
Wüten zudickbleibt.
Bei ,j€r heutigen Gesellschaftsordnung
kommt es aber auch sehr häufig vor, daß
die Leistungen geistig hochstehender
Menschen z. B. Erfinder und Forscher, un-
terbewerte* werden. D<-ttu gibt es vieler-
lei pefsaie^e und wie oft erlebten wir, daß
ein Konstrukteur in einer Fabrik eine Ver-
besserung konstruterte, zur Anwendung
brachte u*id dadurch der Firma zum Welt-
ruf verhaV und der Firma die Möglichkeit
cröne er Gewinnchancen qab. Nicht der
Konstrukteur profitierte dabei, sendem in
erster Linie der Fabrikbesitzer; der Ur-
heber dieses Verdienstes fühlte sich in-
rer’ich meist noch zu Dank verpflichtet,
daß der Fabrikant oder die Kapital sae-
eeMschaft ihm ermöglichte, sein Wissen
und Können zur Anwendung zu bringen.
Es besteht heute zwischen Arbeit und
Wohtetemd ein Mißverhältnis, das die Ge-
se’lscha'tsordruna erschüttert. Man kann
dte-es Mißverhältnis am besten feststel-
len, wenn man dm Versammlungen der
schwe rarbe'tenden Arbeitnehmer des
Saaricmdes besucht und aufmerksam be-
obachtet. Gerade die am schwersten und
ur>ter größer Aufopferuna und Gefahr ar-
beitenden Menschen haben ein so gerin-
ges Einkommen, daß sie das zum Leben
Nohw.pnHrgsfe kaum kaufen können. Se-
ünteinehmer erhöhen die Löhne!
Es mag sonderbar klingen, aber es
ist eine ReaHtät, die wiT gerne verzeich-
nen. Ueber 1 200 000 amerikanischen Ar-
beitern und Angestellten wurden allein
im SentembeT seitens der Arbeitgeber
freiwillig Lohnerhöhungen gewährt. Der
saarländische Arbeiter horcht unwill-
kürlich auf. wenn er solche Tatsachen
vernimmt. Leider liegt der Ort der Hand-
lung weit weg in USA.
In 135 größemn Betrieben in den USA
werden seit September freiwillige Lohn-
erhöhungen aewähr-t. Seit Beginn dieses
Jahres haben über 2 Millionen amerikani-
scher Arbeiter und Angestehte, ohne daß
es m besonderen Lnhnkonflikten nekom-
men wäre, höhere Löhne erhalten.
Veranlassung dazu gab der große Kon-
zern „General Motors“, der bekanntlich
bereits 1948 einen Koflektivvertrag ab-
schloß, in dem. d’e gleitende Lohnskala
auf Grund der Statistik der Lebenshal-
tuogskosten vorgesehen war. Die „Chrys-
ler“-Werke entschlossen sich, ihrer Be-
legschaft nahmhafte finanzielle Zuge-
ständnisse zu machen, denen dann auch
Ford folg e, wenngleich zögernd. Für viele
amerikanische Arbeifer und Angestellte
is" d:e Lohnerhöhung vom September be-
Srei-s d e zweite in diesem Jahre. Im a’l-
igeme:r.en wird die Lebenshaitungsstati-
s ik des amerikanischen Arbeitsamts als
Grundlage angenommen, um die Höhe
der Lohnerhöhungen zu bestimmen.
Mitbestimmend für die freiwilligen
Lohnerhöhungen ist a’lerdings auch die
Ta sache. daß d:e Werke ihre cm^e-
fdammten Arbeiter sich erhalten wollen.
Der..?VgenbIicklich besonders hohe Be-
sch äfhgungsgrad in der amerikanischen
Industrie, aber auch d e großen Gewinne
trugen mt dazu bei, die Situation für die
Verhandlungen der Gewerkschaften gün-
stiger zu gestalten.
hen wir uns ihre durchfurchten Gesich-
ter an, untersuchen wir ihre wirtschaft-
lichen Verhältnisse näher, dann müssen
wir feststellen, daß sie weit unter dem
Durchschnitt liegen. Trotzdem diese Men-
schen ihr ganzes Können und ihre phy-
sische Kraft in Arbeitsleistung Umsetzern,
bleiben sie immer die gesellschaftlich
Benachteiligten und haben am Ende ihres
arbeitsreichen Lebens z. B. nicht einmal
60 viel hinterlassen, um die eigenen Be-
erdigungskosten zu decken. Den Beweis
hierfür liefert uns die Gründung einer
Sterbekasse der Be’easchaft der Burba-
cher Hütte, die beim Sterbefall eines Be-
legschaftsmitglieds die Beerdicmngsko-
sten bestreifet. Darüber hinaus hat diese
Beleaschalt den vorbildlichen Besch1 uß
gefaßt, sogar in die Sterbekasse der Pen-
sionäre und Rentenempfänger ihrer Be-
rufsgruppe einen Momatsbeitrag zu lei-
sten.
Um das gesamte Probern zu lösen, muß
von der Gesellschaft erstrebt werden, daß
Menschen ohne volkswirtschaftliche cd.
gesellschaftliche Leistung nicht zu Wohl-
stand gegangen können. Die Gesetzge-
bung muß von dem Grundsatz ausnehen,
daß nur Arbeit zu Vermögen und Wohl-
stand führen darf.
Längst hat die schwerarbeitende Ar-
beitnehmerschaft erkannt, daß man durch
ehrliches Arbeiten nicht mehr zu Besitz
und WoVsland kommen kann. Doch des-
sen ungeachtet geht ein anderer Teil der
nun zu Ende. Auch in diesem Jahr blieb
den meisten Arbeitnehmern eine Ferien-
reise, die sie bei ihrer zum Teil anstren-
genden Arbeit wohl verdient hätten, wie-
der versagt. Wenn der eine oder anders
trotzdem eine Reise unternehmen konnte,
so war er zweifelsohne zu denen zu zäh-
len, deren. Einkommen oder persönlichen
Verhältnisse günstiger gelagert sind. Da-
bei handelte es sich fast ausschließlich
um Einzelreisende, die d e Gelegenheit
der organisierten und verbilligten Omni-
busfahrten wahrnahmen. Die Nachfrage
für solche Ferienfahrten war gegenüber
dem Vorjahre eine größere.
Wer aber Gelegenheit und die Mittel
hatte eine richtige Ferienreise zu un-
ternehmen, die über den Rahmen einer
solchen Gesellschaftsfahrt hincru&ging,
der konnte während der Eisenbahnfahrt
in reinen Ferienzügen aufschlußreiche Stu-
dien über die soziale Zusammensetzung
dieser Ferienreisenden machen. Trotz des
verbilligten Preises, der die Hin- und
Rückfahrt enthielt, war die erdrückende
Mehrheit auch hier Einzelreisende. An-
gehörige niedriger Einkorn mens stufen wa-
ren nur vereinzelt zu finden.
Eine Bestätigung dieser Beobachtung
finden wir in einer Erhebung, die jetzt
ln einem deutschen Badeort an der
See gemacht wurde. Bn anerkannt billi-
gen Unterkünften setzten sich die Ferien-
gäste wie fo’gt zusammen: 40 vH. kauf-
männische Angestellte, 20 vH. Handwer-
ker und Arbeiter, 20 vH. akademische Be-
rufe und etwa 20 vH. Angehörige freier
Berufe. Allerorts war man überwiegend
der Memung, daß trotz verbilligter Reise-
möglichkeiten „das dabei übliche Drum
und Dran noch viel zu teuer ist.“
Von größter Bedeutung für Millionen So-
zial versicherte ist das vom Bundestag
verabschiedete Gesetz zur Wiedereinfüh-
rung der Selbstverwaltung in der Sozial-
versicherung. Leider entspricht es nicht
dem modernen Charakter der Selbstver-
waltung durch die Versicherten. Die „Welt
der Arbeit“ schreibt dazu folgende Ein-
zelheiten :
Die Verhandlungen im Bundestag über
das zu verabschiedende Gesetz standen
unter einem schlechten Zeichen. Die fort-
schrittlichsten Anträge, meist von den Ge-
werkschaftern oder ihnen nahestehenden
Abgeordneten einaebracht, wurden abge-
lehnt. Der weitestgehende Antrag sah vor,
daß dte Selhstverwaltungsorgcme in der
Krankenversicherung sich im Verhältnis
zwei Drittel Versicherte und ein Drittel
Arbeitgeber zusammensetzen. Ein weile-
ier Antrag, der die gleiche Zusammen-
setzung der Selbstverwa’tungsoraane in
der Rentenversicherung der Arbeiter und
Angestellten vorsah, wurde emgebracht.
Beide Anträge verrieten mit nur geringer
Mehrheit der Ablehnung. Bei der Gesamt-
erbstimmung wurde das Gesetz, w e von
der Regierung vorgesch'agen, ve~abschie-
det. Nunmehr werden die Organe paritä-
tisch mit Versicherten und Arbeitgebern
besetzt.
Nach der Abstimmung erklärte Bundes-
lagsabgeordneter Willi Richter, Mitglied
Gesellschaft den eingeschtagenen Weg
weher. Man muß schon 100 Jahre in der
Geschichte zurückgreifen, um einen ähn-
lichen Zustand wiederzufinden. Die tech-
nischen Errungenschaften, die unsere Pro-
duktion auf allen Gebieten so ungeheuer
steigern konnten, haben für den in der
Produktion tätigen Menschen nicht die
ihm zustehende Besserstellung gebracht.
Noch nie war die Freude an der produk-
tiven Arbeit für den einzelnen Arbeitneh-
mer so gering wie gerade jetzt. Freudlos
geht er morgens zur Arbeit, weil die Not
ihn dorthin treibt. Er hat keine Freude
mehr an dem von ihm vollbrachten Werk,
weil der Fleiß sich nicht lohne.
Es ist nun einmal eine feststehende Tat-
sache, daß der Mensch zu ahen Zeiten
durch seine Tätigkeit Sicherheit erstrebt®,
und er hat die schwerste Arbeit verrich-
tet, weil am Ende dieser Arbeit für ihn im-
mer ein Lichtblick zu sehen war. Dieser
Lichtblick war der Antriebsmotar für die
gute Leistung; ein Lichtblick der für Tau-
sende von Arbeitnehmern bei den der-
zeitigen Verhältnissen nicht mehr gege-
ben ist.
Wenn alle Tätigkeit der Menschen nach
einem gesunden Wertmaßstab gewertet
werden sollte, könnte man vielteicht noch
einmal von der Rettung der Gesehschaft
sprechen. Man kann Flugzeuge, Panzer-
kreuzer, Atombomben usw. produzieren,
aber damit nicht das große Problem lö-
sen, das in der Kluft zwischen Arbeit
und Wohlstand besteht. Das Bestreben,
die Menschen nach Gegebenheiten und
Möglichkeiten zu befriedigen, erscheint
viel wichiicer als alle Gesetze, die darauf
hinaus’auten, mit mehr oder weniger Ge-
walt den Gesellschaftsfrieden zu erhalten.
R. Rauch.
Wie uns insbesondere die diesjährigen
Erfahrungen lehren, war es aus Arbeit-
nehme rkreisen, selbst bei den oben er-
wähnten verhältnismäßig billigen Einrich-
tungen, nur denjenigen möglich, sich da-
ran zu beteiligen, die über ein gutes Ein-
kommen verfügen und allein fuhren.
Ziel einer echten Sozialtouristik muß
also fürs erste sein, allen Lohn- und Ge-
haltsempfängern, auch deren der niedri-
geren Klassen, die Möglichkeit zu einem
Ferienaufenthalt zu verschaffen. Aber
auch das genügt noch nicht. Es ist keines-
falls damit getan, daß der Familienvater
allein in Ferien geht. Die Mutter der Fa-
müie und — wenn sie nicht schon durch
andere Einrichtungen, wie Zelt- und Fe-
rienlager der Jugendverbände usw. ver-
sorgt werden — auch die Kinder haben
Anspruch darauf, gemeinsam mit dem Va-
ter die Ferien zu verbringen. Was schon
in verschiedenen Ländern allgemeines
Gedankengut geworden ist, nämlich der
Anspruch der Hausfrau und Mutter auf
einen jährlichen Erholungsurlaub, muß
auch bei uns in stärkerem Maße als bis-
her berücksichtigt werden.
Jetzt, am Schluß der Feriensaison, ist
der Zeitpunkt gekommen, an dem sich
alle an diesen Fragen interessierten und
verpflichteten Kreisen aus den Gewerk-
schaften zur Beratung zusammensetzen
sollten, um zu erwägen, wie das Problem,,
das alle Arbeitnehmer in verstärktem
Maße berührt, gelöst wird. Es sollte für
das kommende Jahr gelingen, gewerk-
schaftlich organisierte Ferienfahrten in
den Urlaubsmonaten laufend durchzufüh-
ren. In der nahen Zukunft sollte jeder Ar-
beiter einmal jährlich mit seiner Fami-
lie in die Lage versetzt werden, eine,
wenn auch bescheidene Ferienreise zu
unternehmen.
des DGB-BundesVorstandes, daß es wohl
kaum einen Gewerkschaftsfunktionär in
der Bundesrepublik geben wird, der diese
Einstellung der Mehrheit des Bundestages
versteht. Ebenso gibt es kein durchschla-
gendes Argument, das diese Einstellung
begründen könnte. Zwar wurde versucht,
die Notwendigkeit emer paritätischen Be-
setzung deT Selbstverwaltungsorgane in
der Kranken- und Rentenversicherung der
Arbeiter und Angestellten zu beweisen,
denn es ginge darum, mit den Vertretern
der Arbeitgeber in den Vorständen der
Sozialversicherungsträger eine Mehrheit
zustande zu bringen, um die Wahl einer
ihnen genehmen Person zum Geschäfts-
führer beeinflussen zu können und dte
Pe^sonalpolitik bei den Versicherungsträ-
gern in dte Hand zu bekommen. Nach
Lage der Dinge aber dürfte ein Funktio-
när, aus der Arbeiter- oder Angestellten-
bewegung hervorcepcmgen, künftig wohl
kaum die Möglichkeit haben, eine maß-
gebliche Stellung in der Sozialversiche-
rung zu bekleiden.
Trotz dieses Abstimmungsergebnisses
besteht der DGB nach wte vor mit allem
Nachdruck auf seinen Forderungen. Er
wird auch weiterhin bemüht sein, im In-
teresse einer gu’en Vertretung der Ver-
sicherten befähigte Funktionäre für diel
Se’bstverwaltungsorgane bei den Versi*
che rungsträgem vorzuschlagen.
Zur 20%igen Reuten erhöh ung
Sozialgesetze rücken im Pa.lam mt in den
Vordeigrumd
Die von Arbeitsminister K i r n in seiner
letzten Rundfunkrede angekündigten be-
deutsamen Reformen in der saarländi-
schen Sozialpolitik haben begreiflicher-
weise in allen Kreisen der Bevölkerung
große Aufmerksamkeit und Würdigung
gefunden. Im Verlaufe der nächsten Zeit
werden die damit zusammenhängenden
gewerkschaftlichen Belange ja nach dem
Stand der Dringlichkeit ihre entspre-
chende Erörterung erfahren. Unser Stand-
punkt ist zwar schon oft nachdrücklich
dargelegt worden, aber in der Stunde der
Entscheidung wird das ganze Schwer-
gewicht im die Waagschale zu legen sein.
Das betrifft vor allem das neue BetrleÜSP
rätegesetz mit einer zeitgemäßen sozia-
len, personelten und wirtschaftlichen Mit-
beraiung, Mitwirkung und vor allem Mit-
bestimmung, ferner das ebenfalls ge-
plante Gesetz über die Errichtung einer
Arbeitskammer, dann das neue Kündi-
gungsschutzgesetz. Größte Bedeutung ist
der geplanten Reform der Sozialversrhs-
rung beizumessen. Dabei gilt es, allen
Widerständen zum Trotz die in der saar-
ländischen Verfassung verankerte Selbst-
verwa’tung in der Sozialvcrsih©- her-
zustellem.
Aber nicht irgendeine Selbs^e-w. '‘urig
kann es sein, sondern die Art der Zusam-
mensetzung der einzelnen Organe ist für
die Gewerkschaft wesentlich und eben-
so muß eine Garantie für die gewerk-
schaftlichen Forderungen gegeben sein.
Sozialgesetze im Landtag
Besonders hervorzuheben ist auch das
Gesetz über die 20'Voige Erhöhung der
Renten in der Sozialversicherung, das be-
reits vor der Verabschiedung des Ge-
setzes durch den Landtag mit besonde-
rer Genehmigung praktisch rückwirkend
vom 1. 10. 1950 an Anwendung findet*
und zwar ergibt sich daraus folgendes:
Dte ab 1. Oktober 1950 festgesetzt®
20o/0ige Renten Erhöhung gilt nicht für
Frauen- und Kinderzu’agen, sondern le-
diglich für die Hauptrente, also z. 3*
Rente 5003 frs., KmderzuschuB 1500 fr*?.,
Frauen zutage 1200 frs., zusammen 7700
frs., dazu ab 1. Oktober 20 o/o von 5090
frs. — 1000 frs., somit Gesamtrente jetzt
8700 frs. Bei der Novemberzahlung wird
die für Oktober rückständige Erhöhung
mit ausbazahlt, sodaß im November ins-
gesamt 9700 frs. ausbezahlt wsrd-n { n
bezug auf obiges Beispiel) und ab 1. De-
zember 1950 laufend 8700 frs.
Auch dte Mindsstränten werden um
20«rn erhöht und dte Waisenrente aut mo-
natlich 2300 frs. :
D e Renten, die nach der 20o/0igen E--
höhung noch unter den Fürsorgerichtsät-
zen liegen, werden auf Firsoroerichtsätze
erhöht, sote n die Gesamtbeträge 12 000
frs. monat’ich nicht übe-steigen.
Bezüglich der N-ubewilligung von Ren-
ten gilt, daß dte Erhöhung von 20o.'0 ab
1. Oktober 1950 ausgezahlt wird, im Rem-
tenbsscheid selbst jedoch wted die^e Er-
höhung erst verzeichnet sein, wenn das
diesbezüglich geplante Gesetz Rechts-
kraft erlangt hat.
*
Vor un® liegen eine Reihe von Denk-
schriften und Rundschreiben aus den.
vergangenen Jahren bis in die letzten Zeit.
Diese wurden sämtlich den zuständigen
Stellen jeweils zugestellt. Aus ihnen ist
einmal allgemein ersichtlich, daß die Ge-
werkschaft neben dem ständigen Kampf
um Löhne und Gehälter nicht dte grund-
sätzlich große Aufgabe übersieht, auf
den verschiedenen Sozialgebieten stän-
dig um weitere Fortschritte zu kämpfen.
Zu allen oben genannten Themen hat die
Einheitsgewerkschaft im Laufe der Zeit
eingehende Berichte und Unterlagen aus-
gearbeitet und entsprechende Forderun-
gen erhoben.
Das Arbeitsprogramm der jetzigen
Landtagssession wird, soweit es die So-
zial gesetzcrebung betrifft, von den Ge-
werkschaftlern mit großer Spannung ver-
tfolgt, und nicht zuletzt wird besonders in
dieser Legislaturperiode das Augenmerk
darauf gerichtet sein, w e sich d’e einzel-
nen Abgeordneten im Parlament zu den
Sozialgesetzesvorlagen verhalten.
9iikt dieQeuxet^scfiafiss^tiduftqen!
SONNTAG:
12.40 Die Einheitsgewerkschaft spricht
(Radio Saarbrücken')
MONTAG:
18.15 Vierte1 stunde der Unabhängigen
Gewerkschaftsorganicat'on (RTAS)
19.30 Die Gewerkschaft ruft (Bayern))
DIENSTAG:
18.15 Gewerkschafts funk (Hessen)
18.50 Stimme der Arbeit (Bremen)
19.30 Mensch und Arbeit (Svdfunik)
MITTWOCH:
18.00 Der werktätige Mersch (Hessen)
21.30 Stimme der Gewerkschaften (SWF)
FREIT AÖ :
13.00 Die Arbeitertribüne (SWF)
SAMSTAG:
17.45 Mensch und Arbeit (Südfun 1
18.00 Aus der Welt der Arbeit (NWDR)
Erkenntnisse ans der Sozialtouristik
Auch der Arteiter soll mit seiner Familie in Uilaub fahren können
Die beliebteste Zeit für Ferienreisen ist
Sozialversicherungsgesetz im Bundesgebiet
November 1950
Seite 5
Angestellte geißeln Arbeitgeberpolitik
Bezeichnende Handlungsweise einer Direktion
Aus Mitgliedtrkreisen wird uns geschrieben:
Die Angestellten der Saarland1 sehen
Versicherungsgruppe I haben sich an
Idem im Saarland am 2. 10. 1950 durch-
geführten Warnstreik 100 o'o beteiligt. Ob-
iwohl der Streik weniger gegen die Direk-
tion unserer Gebe lschaft als gegen d ei
derzeitige Preispolitik an der Saar ge-
richtet war, hat dieselbe am nächsten
Tage verschiedene für die Belegschaft
«nachteilige Anordnungen getroffen, die
von den Angestellten nur mit einem Konf-
echütteln entgegengenommen werden
konnten. Unter anderem wurde ein von
der Firma entgegenkommenderweise un-
entgeltlich durchgeführter französischer
Sprachkursus unterbrochen und nicht
linehr weitergeführt. Obwohl es sich, wie
bereits erwähnt, bei der Durchführungi
dieses Kurses um ein besonderes Entge-
igenkommen der Direktion handelte —
dies kann nur zur Nachahmung empfoh-
len werden — war es uns Angestellten
unverständlich, daß man auf Grund des
durchaus berechtigten Warnstreiks die
Wetterführung dieses Kursus untersagt
hat. Einige Tage nach dem Streik, wurde
diese Anordnung wieder aufgehoben und
der Kursus konnte wieder weitergeführt
•werden. Da wir Angestellten aber der-
artige Maßnahmen nicht vergessen wer-
den, wurde mit wenigen Ausnahmen einte
Einigkeit erzielt, cm dem Kursus aus Pro-
test nicht mehr teiizu^ehmen. Die Direk-
tion gab daraufhin bekannt, daß jede*
Teilnehmer als Lohn für die Lernfreudig-
keit eine Prämie von ffrs. 1000.— erhält
und die füuf Besten cm den Pfingstfeier-
tagen 1951 (weit, weit ist’s hin ,.. der
Verf.) in Paris einen freien Aufenthalt ge-
nießen können. Es ist einwandfrei festge-
stellt — dies wird auch von der Direktion,
nicht bestritten werden können — daß
diese Bereitwilligkeit der Di ektion (Wa-
■rum macht man bei den Lohn Verhand-
lungen Schwierigkeiten? der Verf.) em
Schlag gegen diejenigen sein sollte, diel
eme weitere Beteiligung an dem Kursus
abgelehnt haben. Warum wurden denn
diese Anspornungsprämien nicht gleich
bei Beginn des Kursus ausgesetzt? Ich
kann aber cm dieser Ste’le zum Ausdruck
bringen, daß dies ein Schlag in die Luft
iwar
Dieser Artikel soll weniger die Hand-
lungsweise der D; ektion als die der An-
gestellten verurteilen, die bedauerticher-
weise, obwohl einige von Ihnen noch kurz
vorher die anderen Angestellten auf ge-
fordert haben, dem Kursus fernzubleiben,
a s sie Kernenis vpu den ffrs. 1000.— er-
h';elfeh 3o~schnen wie möglich sich Wie-
der in d e L’ste der Teilnehmer elnzeich-
tnen ließen. Es ist aber keineswegs so,
daß wir wegen dieser Lernprämie den
Teilnehmern des Kursus neidisch sind,
denn, wir, die wir die ganze Angelegen-
heit als e’ne Charakta frage betrachten,
konnten diesen Weg ehenteUs gehen. Wir
wünschen allen unseren Kolleginnen und
Kollegen, d’e in den Besitz der ffrs. 1000.—
(gelangen, diesen Betrag, denn sie haben
ihn unseres Erachtens alle redlich ver-
dient. Es muß aber hier he'ausgestellt
werden, daß alle Angestellten, ob Sie
Teilnehmer des Kursus sind oder nicht
eine Lohnerhöhung für unsere volkswirt-
schaftlich wichtige Arbeit verdient haben.
Wo bleibt denn in diesem Falle das Ent-
gegenkommen der Direkt-on der Saarlän-
dischen Versicherungsgruppe I?
Es ist durchaus damit zu rechnen, daß
bei weiterem Streiks, die wir evtl, durch-
zuführen gezwungen sein werden, die-
tselbe Maßnahme nochmals getroffen
wird. Wir fragen die Teilnehmer, ob sie
bereit sind, sich so an der Nase herum-
führen zu lassen. Wir jedenfalls, de wir
einen aufrichtigen Standpunkt vertreten,
würden uns freuen, wenn sich unsere An-
sicht nicht bewahrheiten würde und der
Kursus beendet werden kann, Es liegt uns
viel daran, daß die fünf Besten (Ob eie
schon feststlehen? d. Verf.) Paris ken-
nen lernen. Wir wünschen ihnen jetzt
schon sehr viel Vergnügen und raten
ihnen den Betrag von ffrs. 1000.— aufzu-
heben bis dahin, daß ihnen' die Möglich-
keit gegeben ist, von jeder Sehenswürdig-
keit in Paris ihren Kolleginnen und Kolle-
gen — denen die Möglichkeit zu einer
Fahrt nach Paris infolge Geldmangel
nicht gegeben ist — eine Ansichtskarte
zu schreiben.
Wir möchten es nicht versäumen, cm
idteser Stelle dem Leiter des Lehrganges,
der sich mit uns viel Mühe gab, für seine
aufopfernde Arbeit verbindlichst zu dan-
ken.
Für die ehemaligen Teilnehmer des
französischen Sprachlehrganges zeichnet
Euer Otto.
Zweiter Kongreß der Force Ouvriere
Was hat sie erreicht? - Das Programm für die nächste Zukunft
' Mehr als 1000 Delegierte aus Frankreich
und der Franz.-Union hatten sich Ende
Oktober in Paris zu ihrem zweiten Kon-
greß vereinigt. Jetzt, im dritten Jahre ihres
Bestehen©, kann festgestellt werden, daß
die mühsame Tätigkeit all derer, die sich
damals zusammen mit Leon Jouhaux ent-
schlossen hatten, durch Schaffung der
Force Ouvriere dem reinen Gewerk-
schaftsgedanken wieder zum Durchbruch
zu verhelfen, bleibenden Erfolg gehabt
hat. Die Gewerkschaft steht auf festem
Fundament. Frei van Bindungen an Rich-
tungen konnte der Kongreß ein klares ge-
werkschaftliches Aktionsprogramm auf-
stellen. Im Vordergrund stehen der Kampf
um höhere Löhne, um den Ausbau des
Mitbestimmungsrechtes, gegen das Spe-
kuicmtentum und die Preistreiber, gegen
die In fransigem* des Unternehmertums
und die Gleichgültigkeit der Beliördan. Im
internationalen Rahmen wird die Force
Ouvrtere mit allen unabhängigen Gewerk-
schaftsorganisationen innerhalb des IBFG
eng Zusammenarbeiten. Dte französisch-
deutsche Verständigung wird dabei eines
ihrer wichtigsten Zie’e sein. Es sei in die-
sem Zusammenhang daran erinnert, daß
,,Foroe Ouvriere“ seit über zwei Jahren
ein Deutsches Sekretariat zur Betreuung
der in Frankreich beschäftigten deutschen
Arbeiter unterhält.
Ein Lehrerdelegierter sagte: Wir haben
nicht zwischen der Partei der Amerika-
ner und der Partei der Russen zu ent-
scheiden, sondern wir haben uns für die
amerikanische Arbeiterschaft und für di®
unterdrückte russische Arbeiterschaft ent-
schieden.
Privatmusiklelirer
bitten um Beachtung
Hand in Hand mit dem starken Aufbau-
Willen unserer Heimat wollen auch die
Privat-Musikerzieher ihren Beitrag zum
kulturellen Wiederaufbau leisten. Gilt es
doch, die großen seelischen Werte stän-
dig zu vermitteln.
Die Privatmusikerzieher haben sich als
Fachschaft dem Saarländischen-Musiker-
Verband angeschlossen und genießen
Förderung und Wohlwollen der Behörden.
Der Privatmusikerzieher von heute hat ei-
nen Staatlichen Unterrichtserlaubnis-
schein, auf dem das Fach verzeichnet ist,
zu dem er dank seiner Zeugnisse, diel
©eine Ausbildung mii abschließender Prü-
fung beweisen, zugelassen ist. Es wäre
erwünscht, daß sich Schü’ereltem diesen
Schein bei unbekannten Lehrern vorlegen
lassen. Um einen planmäßigen, geord-
neten Unterricht zu gewährleisten, wind
den Schülerellern ein Vertrag zur Unter-
schrift vorgelegt. Es wird dringend gebe-
ten, diese Formalität pünktlich zu erledi-
gen, um dem Musiklehrer zu ermöglichen.
©■einen Pflichten nachzukommen und ihm
das peinliche Mahnen zu ersparen. Der
Musiklehrer ist in seiner Honorarforde-
rung an einen Mindestsatz gebunden. Fin-
det der Unterricht in der Wohnung des
Schülers statt, so muß ein Aufschlag als
Entschädigung für den Zeitverlust be-
rechnet werden. Wünschenswert ist auf
alle Fälle der Unterricht bei dem Lehrer,
weil dort Getegenheit zu einer abwechs-
lungsreiche en Gestaltung des Unterrich-
tes ist. (Da die meisten Schüler Räder
haben, wäre der Zeitverlust nicht groß).
Leider ist eine ganze Anzahl von Musik-
lehrem total ausgebombt, oder sie müs-
sen, durch die Wohnungsnot bedingt, in
solch schlechten Wohnverhältnissen le-
ben, daß sie nichi zu Hause unterrich-
ten können. Dte Schülereltern werden ge-
beten, diesem Umstand Verständnis ent-
gegenzubringen.
Wer in der Lage ist, sollt» seinen Kin-
dern die Ge egenhed bieten, Musikunter-
richt zu nehmen. Sol! es nicht wieder wer-
den wie früher, als überall in Stadt
und Land fröhlich musiziert wurde?
E. M. B.
Die Leistungen der KVA bei Krankheit
(Fortsetzung.)
6- Stillgeld:
a) für Mitglieder:
Das Sti'lgeld beträgt 25 Franken,
täglich, solange die Wöchnerin stillt,
längs s is bis zum Ablauf der 26. Wo-
che nach der Niederkunft. Bei Mehr-
lingsgeburten erhöht sich das Still-
geld entsprechend..
b) für Angehörige:
Gleiche Leistung wie bei Mitgliedern.
Erforderlich ist die jeweilig» Vorlage ei-
ner Stiilbescheimgung.
Die Wöchnerinnen sind gehalten, di»
Mütterberatungsstellen regelmäßig m
Anspruch zu nehmen und sich von ihnen
auch die Stillbescheinigung aussteUen
zu lassen.
7- Ernährungsbeihilfe:
a) für Mitglieder:
Wenn und solange dte Wöchnerin
nach ärztlicher Bescheinigung wäh-
rend der ersten 12 Wochen nach der
Entbindung infolge körperlicher Un-
fähigkeit oder Krankheit nicht im-
stande ist, ihr Kind zu stillen, erhält
sie im Rahmen der Wochenhilfe eine
Ernährungsbeihilfe von 20 Frs. täg-
lich. Voraussetzung ist, daß das Kind
in der häuslichen Gemeinschaft auf-
gesogen wird. Die Emährungsbeihil-
fe wird auch gezahlt, wenn und so-
lange das Kind auf ärztliche Anord-
nung von der Mutter getrennt wer-
den mußte.
b) für Angehörige:
Wie bei Mitgliedern.
8- Wöchnerinnen!-elrapPege (bei einer re-
gelwidrigen Entbindung):
a) für Mitglieder:
Die KVA übernimmt die vollen Ko-
sten einschl. Reisekosten.
Das Wochengeld entfällt für dies»
Zeit. Hat jedoch die Wöchnerin bis-
her Angehörige ganz odeT überwie-
gend unterhalten, so wird ein Haus-
geld in Höhe von 50 o/o des Kranken-
geldes gezahlt.
b) für Angehörige:
Wie für Mitglieder, jedoch oha»
Hausgeld.
9- Hauspflsge:
für Mitglieder und Angehörige:
Volte Kostenübemahme durch die KVA
für Hilf« und Wartung durch Hauspfle-
gerinnen. Während dieser Zeit wird nux
das halbe Wochengeld gezahlt
III. Leistungen bei Sterbefällen.
Sterbegeld:
a) für Mitglieder:
Das Sterbegeld beträgt das 40fachte
des Grundlohnes, mindestens aber
2500 Franken. Erforderlich ist die
Vorlage der Sterbeurkunde und der
Nachweis der Bestattungskosten so-
wie der häuslichen Gemeinschaft mit
dem Verstorbenen.
b) für Angehörige:
Das Sterbegeld beträgt
beim Tode des Ehegatten 60 •%
beim Tode eines Kindes im At-
ter bis zu 2 Jahren 30 o/o
beim Tode eines Kindes über 2
Jahre 40 o/0 w
des Mitgliedersterbsgeldes.
Beim Tode sonstiger in der Familaen-
krankenpfiege anspruchsbe echtigter
Angehöriger ist ein Familiensterbe-
geld in Höh« von 40 o0 des Mitglte-
dersterbegeldes zu zahlen.
Voraussetzungen und nähere Erläute-
rungen zu obigen Leistungen.
1. Anspruchsberechtige Familienangehöri-
ge sind:
a) der. unterhaltsberechtigte Ehegatte
des Versicherten,
b) die unterhaltsberechtigten Kinder bis
zum vollendeten 18. Lebensjahr. Ael-
tere Kinder nur dann, wenn sie zur
Ausbildung und Vorbereitung aut ei-
nen Beruf eine Schule besuchen und
sie das 21. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben.
Die Familienkrankenpflege erstreckt
sich auch auf über achtzehn Jahr«
alte Kinder, die dauernd erwerbsun-
fähig sind oder an Steile der er-
werbsunfähigen oder verstorbenen
Ehefrau des Versicherten dessen
Haushalt führen.
Als Kinder gelten:
die ehelichen Kinder, die für ehelich
erklärten Kinder, die an Kindes Statt
angenommenen Kinder, die uneheli-
chen Kinder eines männlichen Ver-
sicherten, wenn seine Vaterschaft
festgestellt ist, die unehelichen Kin-
der einer Versicherten, die Stiefkin-
der und die Enkel, wenn sie vor Ein-
tritt des Versicherungsfalls von dem
Versicherten überwiegend unterhal-
ten worden sind.
c) Die Fami':ienkrankenpfl«g»e wird wei-
terhin für folgende Angehörige ge-
währt, wenn sie mit dem Versicher-
ten in häuslicher Gemeinschaft leben
und dieser vor Eintritt des Versiche-
rungsfalies ihren Unterhalt überwie-
gend bestritten hat:
1. die Eltern und Schwiegereltern,
2. die Schwester, wenn dies« den
Haushalt führt,
5. die Pflegekinder.
2. Regelleistungen sind die im Gesetz vori-
ge schrie denen Mindestleistungen. Mehr-
leistungen sind diejenigen Leistungen,
die die KVA über dte gesetzlichen Mm-
Post aus dem Ausland
IIIHIIIIIIIII!llllllllillll!llllßIIUilII[illlllllllfl!lll!l(IIIIHiitflll||[)INIillll!lttinillllllj|lll|
USA-Gewerkscba'tan gegen Hilfa an
Perou- A gentmien. Die Bemühungen des
amerikanischen Außenministeriums, dem
Argentinien Perons wirtschaitliche Unter-
stützung zuteil werden zu lassen — es
sei daran erinnert, daß kürzlich d:e Ex-
port- und Importbank argentinischen Ban-
ken einen Kredit von 125 Millionen Dol-
lar eiinräumte — stößt in Kreisen der ame-
rikanischen Gewerkschaften auf scharten
Widers fand. Die Vertreter der American
Federation of Labor wie des Congreß of
Industrial Organisation betonten, daß sie
keinerlei politischen Kampf gegen das
PeTon-Regime führen wollen, sondern le-
diglich aus gewerkschaftlichen Rücksich-
ten heraus handeln. Solange das Regime
Peran die argentinischen Gewerkschafts-
führer ins Gefängnis werfe und Streiks
miederknüppele, würden die amerikani-
schen Gewerkschaften scharf dagegen
Stellung nehmen, daß Peron von den Ver-
einigten Staaten eine bevorzugte Behand-
lung erfahre. Die Opposition der ameri-
kanischen Gewerkschaften richtet sich
vor allem gegen d:e Bestrebungen Perons,
latein-amerikanischen Gewerkschafts-
bund ins Leben zu rufen.
*
Der französische Arbeitsmarkt. Im all-
gemeinen läßt sich in den letzten Wochen
eine Verminderung der an sich schon zu
keiner Beunruhigung Anlaß gebenden Ar-
beitslosigkeit feststellen. Trotz der letz-
ten in der offiziellen Statistik genannten
Ziffer von 122 000 Stellensuchenden konn-
ten 17 000 Stellen nicht besetzt werden,
da es in verschiedenen Berufszweigen an
gelernten Fachkräften fehlt. Im Vergleich
zum Herbst vergangenen Jahres hat sich
keine Versch!echte<ung ergaben, wenn
auch in diesem Jahr die Zahl der Unter-
stützungsempfänger um einige tausend
gestiegen ist. Gesucht wurden in der letz-
ten Zeit quali izierte Arbeiter in der Stahl-
industrie in Ostfrankreich und im Bauge-
werbe im Norden und Osten des Landes
und in einigen Departements in Mittel-
frankreich. Der Bedarf an Landarbeitern
konnte in der vergangenen Saison fast
völlig durch französische Arbeitskräfte
gedeckt werden, darunter zum großen Teil
durch Arbeitslose aus verschiedenen Be-
rufen. Ein Bedarf an ausländischen Ar-
beitskräften machte sich in diesem Beruf
nicht bemerkbar.
gibt es überall
das gute
altbewährte
Erdal
Erdal enthält 100% reines Balsam-
Terpentin-Oai
destleistungen hinaus gewährt. An-
spruch auf beida Leistungen entsteht so-
fort mit der Mitgliedschaft.
3. Scheiden Versicherte wegen Erwerbslo-
sigkeit aus, die in den vc ränge gange-
neu 12 Mo na Len mindestens 26 Wochen
oder unmittelbar vorher mindestens 6
Wochen versichert waren, so verbleibt
ihnen der Anspruch auf die Regellei-
stungen dar KVA, wenn der Versiche-
nmgsfall während der Arbeitslosigkeit
und binnen 3 Wochen nach dem Aus-
scheiden eintritt. und ein Anspruch auf
Arbeitslosenunterstützung nicht gege-
ben ist.
4. Anspruch auf Leistungen bei Schwan-
gerschaft und Entbindung an Mitglie-
der und Angehörige (mit Ausnahme dß3
Schwangerengeldes) ist gegeben, wenn
in den letzten 2 Jahren vor der Nieder-
kunft mindestens 10 Monate, im letzten
Jahr vor der Niederkunft mindestens 6
Monate hindurch Mitgliedschaft bei ei-
nem gesetzlichen Kran ken Versiche-
rung s träger bestanden hat.
5. Anspruch auf Leistungen bei Schwan-
gerschaft und Entbindung an Angehö-
rige faabm die Versicherten
a) für ihre Ehefrauen,
b) für ihre Töchter, Stief- u. Pflege*
töchter, dia mi\ ihnen in häusli-
cher Gemeinschaft leben,
wenn diese ihren gewöhnlichen Aufent-
halt im Saarland haben und ihnen nicht
ein. Anspruch auf Wochenhilfe auf
Grund eigener Versicherung zustelit
6. Vom Sterbegeld für Mitglieder werden
zunächst die Kosten der Bestattung be-
stritten und an den gezahlt, der die Be-
stattung besorgt hat Bleibt ein Ueber-
schuß, so sind nacheinander der Eh«-
gatte, die Kinder, der Vater, die Mutter,
di« Geschwister bezugsberechtigt, wenn
©i« mit dem Verstorbenen zur Zeit sei-
nes Todes in häuslicher Gemeinschaft
gelebt haben.
(Fortsetzung lolgtl)
Seite 6
November 1950
Das zweite Studienjahr an der AdA
Vorlesungen über weitere Wissensgebiete - Der Lehrplan
Nach den großen Semesterferien haben
am 6. November die Vorlesungen an der
Akademie der Arbeit wieder begonnen.
Gar mancher Schüler war erstaunt, daß
auch diejenigen, die an den freiwilligen
Abschlußprüfungen nicht teilnehmen
konnten oder wollten, zur Fortsetzung des
Studiums wieder erschienen waren. Es ist
durchaus erfreulich, daß sich die Zahl der
wissendurstigen Hörer aus den gewerk-
schaftlich organisierten Arbeitnehmer-
kreisen, die an den Vorlesungen in den
Abendstunden nach getaner, zum Teil
schwerer Arbeit, unermüdlich teilnehmen,
zu Beginn des dritten Semesters nicht ver-
ringert hat.
Schnell verrann die Zeit des ersten Stu-
dienjahres, als ein Zeichen dafür, daß die
Schüter den Vorlesungen mit Interesse be-
gegnet waren. Wenn auch der Erfolg nicht
ganz so war, wie es erwartet wurde, so
ist dies aut einige winzige Mängel zurück-
zu'ühren, die bei gutem Willen und ge-
genseitiger Verständigung im zweiten und
letzten Jahr ausgsmerzt werden können,
sodaß dte Vorlesungen an der Akademie
der Arbeit sich zum Wohle der Sache
noch erfolgversprechender gestalten wer-
den. Die Vorlesungen an der Akademie
der Arbeit werden dieses Institut des Ar-
beiters zu dem machen, was es sein soll,
wenn sich die Vortragsfolge für den Hö-
Zerkreis noch verständlicher gestaltet.
Ebenso wichtig ist aber auch intensives
Studium durch alle Schüler.
Das begonnene Studienjahr sieht neben
der Fortführung der Vorlesungen über
Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspo-
litik, Betriebswirtschaft und Buchhaltung
drei neue Gebiete vor, nämlich Arbeits-
recht, Einführung in die Berufspsycholo-
gie und Verfassungsrecht. Die Erkenntnis,
daß das Arbeitsrecht ein Gebiet ist, über
das der berufstätige Mensch nie genug
wissen kann, führte dazu, daß das Organ
„Die Arbeit“ manches Wesentliche zur
Aufklärung beitrug. Fast in jeder Aus-
gabe erscheinen Arbeitsrechtsfälle aus
dem täglichen Berufsleben. Es wird von
a’len Schülern offensichtlich begrüßt, daß
Vorlesungen über das Arbeitsrecht im
Heuen Lehrplan eingebaut sind. Ebenso
erfreulich ist die Tatsache, daß die Ein-
führung in die Berufspsychologie erfolgt
ünd daß dadurch je les Wissen vermittelt
wird das verantwortungsbewußte Ge-
werkschaftsfunktionäre ebenso wie Mit-
glieder der Betriebsräte dazu befähigen
soll, sich selbst und die Arbeitskamera-
den besser zu erkennen. Von den Schü-
lern werden auch die Vorlesungen über
Verfassungsrecht mit Uebungen unter der
besonderen Berücksichtigung finanztech-
nischer Verfassungsbestimmungen be-
grüßt.
Bei Berücksichtigung dieser Gesichts-
punkte innerhalb des neuen Lehrplanes
und mit viel Fleiß ist ein erfolgverspre-
chender Abschluß des letzten Studienjah-
res zu erwarten.
Der Lehrplan für das Wintersemester
Arbeit und Recht
Niemand kann behaupten, daß er mit
dem Gesetz me in Berührung komme.
Jeder von uns sitzt mitten im Dickicht
von vielen tausend Paragraphen, ohne
daß es sonderlich bewußt wird. Die Kol-
leginnen und Kollegen durch das Para-
graphengestrüpp zu geleiten, den Sinn
für rechtliches Denken zu schärfen, das
ist der Zweck unserer Abhandlungen
unter dieser Rub'ik, in denen wir kleine
Rechtsfälte aus dem täglichen Arbeits-
leben schildern.
Der kaufmännische Angestellte, Koltege
K., ist seit einigen Wochen arbeitslos.
Fast täglich spricht er beim Arbeitsamt
vor und sucht um Beschäftigung nach.
Und eines Tages ist es so weit, man gibt
ihm Arbeit: Er soll vorübergehend in ei-
ner Fabrik arbeiten, die in der Nähe sei-
nes Wohnortes liegt. Kollege K. verwahrt
sich dagegen, denn er sei gelernter Kauf-
mann, von der Fabrikarbeit verstehe er
nichts. Kurz und gut, er nimmt die Stella
nicht an. Die Frage, die sich hier aufwirft,
ist die: Kann ihm daraufhin die Arbeits-
losenunterstützung entzogen werden?
Wird ein stellungsloser kaufmännischer
Angestellter, um wieder in den Arbeits-
prozeß eingegliedert zu werden, in eine
Aushilfstäligkeit, die seiner Ausbildung
an der Akademie der Arbeit ist folgen-
der;
Montag:
Allgemeine Volkswirtschaftslehre
Professor Dr. Teich
Einführung in die Berufspsychologie
D r. Weber
Mittwoch:
Verfassungsrecht mit Uebungen un-
ter besonderer Berücksichtigung fi-
nanztechnischer Verfassungsbestim-
mungen, Prof. Dr. Aufermann
Arbeitsrecht, Dr. Hauprichs
Freitag:
Volkswirtscbaftspolitik, Dr. Senf
Buchhaltung Teil III und betriebswirt-
schaftliches Seminar (14tägig im
Wechsel), Dr. Heimen. -w-
diese Fabrik!"
und seinem bisherigen Beruf oder seiner
bisherigen Betätigung in etwa entspricht,
bzw. in eine Fabrik vermittelt und leistet
er dieser Aufforderung nicht Folge,, so
kann ihm tatsächlich die Arbeitslosenun-
terstützung auf Zeit entzogen wer-
den. Der Vermittelte ist verpflichtet, eine
Arbeit anzunehmen, ailch wenn sie au-
ßerhalb seines Wohnortes zu verrichten
ist. Lehnt er ohne berechtigten Grund
ab, so erhält er für etliche Wochen keine
Arbeitslosenunterstützung.
Berechtigte .Gründe für die Ablehnung
einer derartigen Vermittlung dagegen sind
es z. B. jene, wenn die Arbeit nicht tarif-
mäßig bezahlt wird, oder wenn der Ar-
beitslose sie körperlich nicht leisten kann.
Er kann die Arbeit auch dann ablehnen,
wenn die Unterkunft gesundheitsschädlich
ist, oder wenn er einen neuen Wohnort
nehmen muß, von wo aus er seine An-
hörigen nicht mehr hinreichend versor-
gen kann.
Der vorerwähnte Fall einer Vermittlung
des Arbeitslosen in eine Aushilfstätigkeit
gilt auch für weibliche Arbeitnehmerinnen
und es ist notwendig, daß auch von ihnen
die kleinen Rechtsfälle laufend beachtet
werden.
„Ich gehe nicht in
^Briefkasten
' A. W Sulzbach Interessenten für die
Büchergilde Gutenberg, mögen sich an
den Kollegen Martin Kipper, Fischbach-
Saar, Bahnstraße 36, wenden.
1 I. M., Homburg. 1. Die Anschrift lau-
tet: Patentamt bei der Regierung des
Saarlandes, Saarbrücken, Gerichtsstrrfte
— im Hause der Kreissparkasse —. 2,
Baufachzeitschriften: „Bauanzeiger für
das Saarland.“ Redaktion: Saarbrücken
3, Karcherstraße 18; „Der Saarhandwer-
ker“. Fachverband Bau, Redaktion: Saar-
brücken 3, Eahnhofstraße 31-33. — 3. Die
Lose der franz. Nationallotterie erhalten
Sie in nahezu allen Buchhandlungen und
Tabakgeschäften; ein Zehntel Los ko-
stet 100.— Frs.
S. Heusweitep j>er Arbeitsrresser irt
fein Leistungsmesser, ein Gerät zum Mes-
sen der von einer Maschine verbrauch-
ten Arbeit oder erreichten Leistung.
Arb. Saarbrücken. D;e Zahl der unter-
stützten Arbeitslosen betrug in Deutsch-
land im Januar 1920 rund 379 000, im Ja-
nuar 1924 rund 1 572 000, im Dezember
1925 rund 826 000, im Januar 1926 rund
2 030 000. Ende Seotember zählte man in
der Bundesrepublik 1 394 207 Arbeitslose
bei 13,3 Mill. Beschäftigten.
M. Dillingen. Die Zahl der beschäftigten’
Arbeitnehmer mit Wohnsitz im Saarland
betrug am Ende des Monats August 1959
insgesamt 27 173, davon Arbeiter 218 764,
Angestellte 58 409. 6 246 waren Grenz-
gänger und Saargänger 6 217. Hinzu kom-
men 12 502 Beamte.
Neunkirchen. Autofahren als Schulfach!
gibt es einstweiten nur in Amerika. 7759
höhere Schuten haben das Autofahren als
Unterrichtsfach im letzten Schuljahr auf-
genommen.
20. Geislautern. Der Buß- und Berta#
am Mittwoch, dem 22- November 1950,
wird im Saarland als gesetzlicher Feier-
tag begangen.
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Nr. 22/23
Zwischenbilanz im Lohnkonflikt
Neue Ergebnisse der Verhandlungen - Starke Initiative
für weitere Abkommen vor Weihnachten
Die Auseinandersetzungen um die Sicherung der Existenz der Schaffen-
den haben aut einigen weiteren Gebieten zu Lösungen bzw. Teillösungen
geführt. Bei den großen Industriegruppen jedoch, wie Bergbau. Metall und Ei-
senbahn sowie beim öffentlichen Dienst sind die Endentscheidungen immer
noch nicht gefallen. In wichtigein Fällen haben aber die ununterbrochenen
Anstrengungen der Gewerkschaftsführer wertvolle neue Ausgangspositio-
nen schaifen können, die endgültige Regelungen alsbald erwarten lassen.
Mit aller Entschiedenheit wird die äußerste Initiative entfaltet, um noch vor
Weihnachten aut der Generallinie weitere positive Resultate zu erzielen.
Jetzt kommt es daraur an, toi Einigkeit und Geschlossenheit unter Teil-
nahme aller schaffenden Kräfte mit höchstem Einsatz aut dem plan zu treten.
Aus dem Jjihalt .*
I. V. Bergbau:
Die von sämtuchen Belegschaftsmitglie-
dern sehnsüchtig erwartete Lohnerhöhung
und Lohnangleichung ist noch nicht zum
Abschluß gekommen. Die Verhandlungen
nind zur Zeit toi vollem Gange. Die Lohn-
erhöhung wird voraussichtlich im Saar-
bergbau in gleichem Maße wie in Frank-
reich eingeführt. Dazu Ist als vorläufiges
Ergebnis zu erwähnen, daß bei den
Schichtlöhnern eine allgemeine Lohnerhö-
hung crut den Lohn von 1948 (wie in Loth-
ringen) um 1 3 5 0/0 erfolgt. Die Gedinge-
löhne werden auch analog der in Lothrin-
gen erfolgten Erhöhung um 8.1 o/o auf den
verdienten Gedingelohn erhöht.
Die Einheitszulage erhöht sich:
unter Tage von 70,11 Frs, auf
79.76 Frs.,
über Tage von 59,85 Frs. auf
67.92 Frs.
Diese Erhöhung wird von den Vertreten!
der Gewerkschaften nicht anerkannt —
wie in Frankreich — weil sie der erfolg-
ten Teuerung nicht Rechnung tragt
n» erfolgte Lohnerhöhung wird ledig-
lich zur Kenntnis genommen und die AUS-
gongsbasis fitr die Lohnangleichung zu-
grunde gelegt. Die Lohnangleichung wird
im Rahmen der von der Bergbaukommis-
taon fest ge stellten Höhe von monatlich ca.
80 Millionen Franken erfolgen. Dazu kann
als vorläufiges Ergebnis erwähnt werden,
daß der Gedingelohn mit 8,1 o/o (siehe
oben) -j- 5,4 o/o erhöht werden wird.
Bezüglich der Erhöhung der Schichf-
löhne unter und über Tage sind die Ge-
werkschaften bemüht getreu den Forde-
rungen der Funktionäre, die unteren Kate-
gorien den oberen Kategorien etwas nä-
her zu bringen, das heißt, die durch die
normale oder schematische prozentuale
Erhöhung immer größer gewordene Span-
ne in der Lohnsumme, soll durch eine
prozentuale höhere Betreuung der unteren
Kategorien etwas näher an die Löhne der
oberen Kategorien gebracht werden.
Die durch die gering« Vorschußzahlung
und die Streichung der Regelmäßigkeits-
prämie und der Ausgleichsentschädig ung
un Anschluß an die Streikschicht mit Recht
unter der Beleaschaft emporgeruferne Em-
pörung, wird durch das Enderge! nis, wenn
dieses dem Vorschlag der Gewerkschaf-
ten nur in etwa entspricht wiederum ab-
klingen. Es ist deswegen allen Beleg-
schaftsmitgliedern anzuraten, nicht miß-
mutig und unzufrieden gegenüber ihrer
Gewerkschaft zu werden, sondern m Ruhe
das Ergebnis der Verhandlungen abzu-
warten Wir sind bestrebt die Verhand-
lungen zu einem raschen Ende zu führen,
damit m der Dezember-Hauptlohnung die.
Erhöhung der Löhne aus der allgemeinen
Lohnerhöhung und aus der Lohnanglei-
chung ausgezahlt werden kann.
In der am 29. 11. stattgefundenen Ver-
handlung wurde auch gemäß dem Antrag
deT Kokereiarbeiter, die Einstufung an der
Saar vorzunehmen, wie sie in Lothringen
laut dem derzeitigen Tarif besteht von
der Regie des Mines zugesagt.
Darüber hinaus kann heute schon mlt-
gefeilt werden, daß die Barbara-Schicht,
die in Lothringen im Zeichen des dort be-
sonders gefeierten Barbara-Tages bezahlt
wird, auch an der Saar für den Fall, daß
das Belegschaftsmitglied am 4. Dezember,
worauf die Barbara-Schicht fällt eine
Schicht verfährt dieselbe mit 100 o/0 ver-
gütet wird. Die Auszahlung dieser Schicht
soll ebenfalls vor Weihnachten erfolgen.
Weiterhin Ist mit der Auszahlung der halb-
jährigen Ergebnisprämle auch noch vor
Weihnachten zu rechnen.
L V. Metall:
Die Lohnverhamdlungen in der Metallin-
dustrie, die vorübergehend durch das hart-
näckige Verhalten des Arbeitgeberver-
bandes zum Stillstand gekommen waren,
werden nun fortgesetzt Ebenso wie hier
um der Saar Ist auch im Iothrtngiseben
Industriegebiet efn Abschluß, soweit die
Verhandlungen «ich auf die eisenerzeu- gezahlt wird.
ide Industrie beziehen, noch nicht ge-
roffen.
Der Arbeitgeberverband für di« Metall-
industrie des Saarlandes hat uns mit Da-
tum vom 18. 11. 1950 erneut «inen Vor-
schlag unterbreitet der sich anlehnt an
das Angebot der französischen Arbeit-
geber im Wirtschaftsgebiet Mosel. Da-
nach sollen d'e Mindestlöhne der einzelnen
Kategorien wie folgt festgelegt werden.
Zur besseren Uebersicht führen wir die
Kategorie löhne an, wie dieselben bestan-
den: am 31. 8. 50 ab 1.9.5Q jetziger Vorschlag ab 1.11.50
A 1 58.30 65.— 68.—
A 2 59.90 68.50 73.—
5> 1 65.10 74.45 81.—
S 2 67.50 77.50 86.60
F 1 72.65 84.50 92.80
F 2 78.65 93.— 102.10
F 5 84.65 101.— 111.40
Weiter wurde der Vorschlag gemacht,
die ab 1. September 1950 eingeführte Zu-
lage von 4 Frs. auf den Effektivlohn eben-
falls ab 1. November 1950 auf 6 Frs. zu er-
höhen.
Es ist selbstverständlich, daß die Löhne
für die beiden ersten Stufen m jedem
Falle an 7410 Frs. heremgeführt werden.
Ferner soll die Nachtzulage von 64.15
Frs. aut 102 Frs. erhöht werden; das ent-
spricht dem anderthalbfachen d«s Mtn-
destlohnes der Kategorie 1.
Ohne sich festzulegen, hat die' Ge-
schäftsleitung des Verbandes diesen Vor-
schlag zur Kenntnis genommen, und mit
dem Erscheinen der vorliegendenZeitungs-
nummer werden sich die Betriebsräte der
eisenerzeugenden Industrie mit dem Vor-
schlag beschäftigen und ihre Stellungnah-
me dazu begründet haben.
Es steht zu erwarten, daß toi spätestens
acht Taaen etii Abschluß ln der eiserner-
zeuaenden Industrie erreicht werden kann.
'Unmittelbar nach dem Ausgang dieser
gruad1 egen den Verhandlung werden so-
fort die Gehälter für die Angestellten in
der eisenschaffenden Industrie ihre Rege-
lung finden, ebenso auch die Lohn- und
Gehaitefesteetzwng für die eisenverarbei-
tende Industrie.
(Die Ergebnisse über die Verhandlungen
bei den Betrieben der Energieversorgung
u. in der Montageindustrie siehe Seite» 2.)
Die europäische Gewerkschaftsbewegung
und der Schumanplan
Demokratisches Beamtentum
Die Weihnachtsgratifikation
Walzendreher verlangen ge echten Lohn
10 ty* Erhöhung ln der Montageindustrie
Vorläufiges Ergebnis bet Energie
Angestellte geißeln Arbeitgeberpolitik
Behördembautem — ja oder nein?
V.
Delegierten tagung L V. Eisenbahn
Betriebsversammlung bei V. & B.
I* V. Verkehr und Transport
Jahreshauptversammlung des L
Nahrung und Genuß
Verkaufsfreie Sonntage zu
Weihnachten
Sprechstunden in Homburg
Briefkasten
Gewerkschaft und Schumanplan
Beschluß des erweiterten Geweikschaftsausscnusses
Schumanpiau-Laud weiden
Saarland muß siebtes
|n einer erweiterten Gewerkschaftsaus-
schußsitzung der Einheitsgewerkschaft
wurde eingehend zum Schumanplan Stel-
lung genommen. Nachdem bereits in einer
Sitzung des Gewerkschaftsausschusses
vom 16. 10. 1950 eine positive einstimmige
Entscheidung für den Schumanplan im In-
teresse der Arbeitnehmerschaft getroffen
Worden war, kam es jetzt toi der erwei-
terten Sitzung ebenfalls zur Annahme und
zur Bestätigung dieses Standpunktes, und
zwar mit der Betonung, daß die Einheits-
gewerkschaft sich voll und ganz ln den
Schumanplan einschaltet und erforder-
liche Maßnahmen unterstützt.
Somit können und werden die Bestre-
bungen der Gewerkschaft die bisher
schon u. a. in Aussprachen und Einga-
ben an das Hochkommissariat und an die
Regierung des Saar lande s nachhaltigen
Ausdruck fanden, gefestigt weiter geben,
um den dringend notwendigen Beitritt des
Saarkmdes zum Schumanplan - Komitee
ohne Zögern zu erreichen.
In Ausführungen des Präsidenten
Wacker wurde die Vorgeschichte des
Schumanplanes. der Aufbau, die vielfäl-
tigen bisherigen Bemühungen und aber
auch die Bedenken und Reform Vorschläge
der im Internationalen Bund freier Ge-
werkschaften organisierten Arbeitnehmer-
schaft geschildert. Durch Annahme der
Reformvorschläge ist jetzt die entspre-
chende Vertretung und der Einfluß der Ge-
werkschaften garantiert.
Es geht hierbei utp das Schicksal der
gesamten saarländischen Bevölkerung
vor allem der Schaffenden in Kohle und
Eisen. Auf alle Schumanplan-Länder aus-
gedehnt geht es um das Schicksal von 20
Millionen Arbeitnehmern. Das Land, das
bei der Neuorientierung mit der Moderni-
sierung der Werke im Rückstand bleibt —
und das wäre bei einem Abseitsstehen
der Fall — wäre unweigerlich dem Ban-
kerott verfallen.
Von besonderer Wichtigkeit waren die
Feststellungen über die Auswirkungen des
Schumanplans. mit dessen Unterzeich-
nung um die Jahreswende trotz noch vor-
Vorläufiges Abkommen beim Offentl. Dienst
Die wochenlangen Auseinandersetzun-
gen um die Teuerungszulage im Oeffent-
lichen Dienst haben jetzt zu einem vor-
läufigen Ergebnis geführt. Um den An-
spruch der von den Gewerkschaften mit
allem Nachdruck verfochten wurde, noch
besonders zu unterstützen, hat der Ge-
werkschaftsausschuß .am 21. 11. 50 «m-
stimmig folgenden Beschluß gefaßt:
Der Gewerkschaftsausschuß hat toi
B«iner Sitzung vom 21. 11. 1950 durch
Vertreter der Industrieverbäinde, Oef-
fentliche Betriebe und Verwaltungen^
Post und Fernmelde wesen sowie Ver-
kehr und Transport Kenntnis erhalten
von den Verhandlungen bezüglich
Gewährung einer Teuerungszulage an
Beamte und Angestellte des Oe ff ent-
liehen Dienstes und von dem auch
seiner Meinung nach ungenügenden
Ergebnis dieser Verhandlungen.
Er stellt sich geschlossen hinter
die Forderungen, wie sie in dem der
Regierung unt» breiteten Komproiriß-
vorschlag niedergielegt sind, undwifel
sie mit allen ihnen zur Verfügung ste-
henden Mitteln unterstützen."
Das vorläufige Abkommen, das nun
•rzielt wurde, sieht folgendermaßen aus:
Die Teuerungszulage für Beamte und
Angestellte wird entgegen der Forderung
des Verbandes vorläufig nur in folgender
Höhe ausgezahlt:
Grundgehalt
bis 25 000.— ffrs.
Ledige
4 000 —
v«rh. o.
Kinder
6 000 —
verh. m.
1 — 2 Ki,
8 000 —
verh. m. 3 u,
mehr Ki.
10 000 —ffrs.
Für di« 2. Gruppe von 25 000.— bis
SO 000— Grundgehalt bezw. Grundvefr-
gütung werden prozentuale Abzüge vor-
Ledige
2000 —
genommen, sodaß bed 30 000— ffrs.
Grundgehalt bezw. Grund Vergütung noch
•in Beitrag für
verh. o. verh. m. verh. m.3u,
Kinder 1 — 2 Ki. mehr Ki.
4 000.— 6 000 — 8 000 — ffrs.
(Fortsetzung auf Seit» 2)
handener Unebenheiten zu rechnen ist, auf
die Saar.
Ausgehend von Kohle und Eisen werden
auch andere Industriezweigs zu einer Ko-
ordinierung durch den Schumanplan kom-
men. Daß unter solchen Gesichtspunkten
das Saarland als siebtes Land (die sechs
andern sind: Frankreich, Deutschland, Ita-
lien und die drei Beneluxländer) eine ei-
gene Vertretung im Schumanplankomitee
haben muß. um die Interessen selbst
wahrzunehmen, steht außer Frage.
Die Saar braucht auch eine eigene In-
teressenvertretung, weil dazu die volle
Kenntnis und das Vertrautsein mit den
•aarländischen Belangen gehört. Dann
aber kann es auch nicht zugemutet wer-
den. daß eine französische Vertretung siah
Unserer Belang« an nehmen soll; denn
dann würden die Interessen in den Hän-
den von ausgesprochenen Konkurrenten
der saarländischen Kohlenwirtschaft und
Schwerindustrie liegen.
Es gilt, sowohl in der Zeit der Hochkon-
junktur, in der weitreichende internatio-
nale Wirtschaftsabkommen getroffen wert-
eten, wie bei einer Wirtschaftskrise mit
ihren unausweichlichen Verlagerungen
und sozialen Auswirkungen großen Aus-
maßes das Inte ress« der Saar zu sichern.
Aus solcher Betrachtung der Situation
haben die verantwortlichen Gewerk-
schaftsfunktionäre die logischen Schluß-
folgerungen gezogen und der Beteiligung
am Schumanplan zugestimmt.
(In der nächsten Ausgabe folgt ein aus-
ftlhrhcher Bericht über die gesamte Ma-
terie betreffend Schumanplan und di»
Saar.)
gaarknappschaft
Nachzahlung ittckständiger Renten aus dar
Zelt vom 1. 9. 45 bis 31.12. 45
An sämtliche Rentenberechtigte, die ge-
genüber der Saarknappschaft einen An-
spruch auf Knaposcbaftsrente, Knapp«
schafisv oilrente, Witwenrente, Witwen*
vollrente aus der kraappschcrftllchen Ren-
tenversicherung haben, werden im De-
zember dieses Jahres die noch rückstän-
digen Renten für dl« Monate September,
Oktober, November und Dezember 1945
ausgezahlt.
Nach einer Durchsage von Radio Saar-
brücken sollen 3 Monate nachbezahlt!
werden. Entgegen dieser Meldung weisen
wir besonders darauf hin, daß für 4 Mo-
nate nachgezahlt wird.
Grundsätzlich kommt die Nachzahlung
an die Berechtigten, die zur Zeit ein«
laufende Rente beziehen, ohne Antrag
ab 18. Dezember 1950 zur Auszahlung,
D:« Berechtigten, die für die Nachzahlung
der Monate Juni, Juli und August aus
1945 bereits einen Antrag gestellt, haben,
brauchen jetzt keinen Antrag mehr zu
stellen. Sind aber dieselben nach dem
21. 10. 1949 gestorben, dann muß jeweils
von den anspruchsberechtigten Hinter-
bliebenen ein Antrag gestellt werden.
Bezugsberechtigt sind nach dem Geseta
§ 1291 RVO nacheinander der Ehegatte,
di« Kinder, der Vater, die Mutter, di»
Geschwister, wenn sie mit den Berechtig-
ten zur Zeit seines Todes in häusliche!
Gemeinschaft gelebt haben. Daß häus-
liche Gemeinschaft bestand, muß durch
•ine behördliche Bescheinigung nachge-
wiesen werden.
Ebenso müssen die Berechtigten, denen
hach dem 21. 10. 49 die Rsrnie entzogen
wurde, einen Antrag auf Auszahlung
•teilen.
Die Anträge werden beim zuständigen
Knapp schaf tsäitesten entgegen genom-
men.
Seite 2
Dezember 1950
l. V. Transport und Verkehr.
Am 14 Januar 1951 Verbandstag in Sulzbacb
Der Bezirksvorstand hat kn seinsr Sit-
zung vom 7. November 1950 einstimmig
beschlossen, den 3. Verbandstag am 14.
Januar 1951 in Sulzbach ln der Festhalte
abzuualten.
*
Für die Kollegen der Straßenbahn sind
einige Tabellen über die Lömve in einem
Sonderdruck hergesi.«ilt. Jedes Mitglied
wird diesen Sonderdruck innerhalb unse-
rer Zeitung „Die Arbeit“ erhalten.
Im Transportgewerbe konnte es zu ei-
nem einigermaßen annehmbaren Abschluß
der Lohnverhandlungen kommen. Nähe-
res gleichfalls im Sonderdruck diese*
Ausgabe.
Für die Taxifahrer sind die Verhandlun-
gen noch nicht abgeschlossen. Em eini-
germaßen zufriedenstellendes Ergebnis ist
jedoch in einigen Tagen zu erwarten.
ln der Annesteiitsnfrage für die Straßen-
bahnen steht der Industrieverband noch
mit den Regierungssteden in Verhandlun-
gen. Wie bekannt dreht es sich hier um
eine Frag«, welche die drei Industrievsr-
bönde. öffentliche Betriebe. Post und Fern-
meldewesen und Verkehr und Transport
umfaßt.
Vorläufiges Abkommen beim Ufientl. Dienst
(Fortsetzung von Seit)« 1}
Betriebstatswahl
Bei der am 18. 11. 1950 ber der Firma
„Hamsana“ stattgefundenen Betriebsrats-
wahl wurden folgende Kolleginnen und
Kollegen in den Betriebsrat gewählt: 1.
Frau WUke Thea. 2. Herr Uhi Walter, 3.
Herr Berne Emst. 4. Frl. Edelmann Emma,
5. Frl. Bube] Gertrud. 6. Frl. Weiland Jo-
hanna. Alle Kolleginnen und Kollegen
sind Mitglieder der EG. Emen herzlichen
Glückwunsch und gute Zusammenarbeit
zum Wohle der Belegschaft.
Sprechstunden der Rechtsabteilung
im Homburg.
Die Sprechstunden der Rechtsabteilung
finden ab sofort jeden Freitag von 13—16
Uhr statt.
Der Zusatzurlaub
In einer Zuschrift des Ministeriums für
Arbeit und Wohlfahrt an die Einheitsge-
werkschaft vom 14. 11. 1950 heißt es zu
dem Gesetz oe.reffend Regelung des Zu-
satzurlaubes für kr.egs- und ucfailbeschä-
digte Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft
vom 22. 6. 1950 {ABI. S. 759); hier: Stich-
tag iüi die Bewertung des Urlaubsanspra-
ches. ..Aus gegebenem Anlaß wird mit ge-
teilt daß als Stichtag für die Entstehung
des Anspruchs auf Zusatzurlaub der 31.
Mai gilt. Arbeitnehmern, welche zu die-
dem Zeitpunkt die im Gesetz vom 22. 6.
1950 gestellten Bedingungen erfüllen, ist
der zus ene^de Zusatzurlaub entsprechend
den geltenden Bestimmungen zu gewah-
ren.“
Verkaa&reie Sonntage zu Weibnachten
Wie zuverlässig verlautet, sind in die-
sem Jahre zu Weihnachten die folgenden
Sonntage (sog. silberner bezw. goldener
Sonntag) für den Verkauf in den Geschäf-
ten frei: 10. Dezember und 17. Dezember
Jeweils von 2—6 Uhr nachmittags. Am
Sonntag, dem 24- Dezember, sind die Ge-
schäfte also geschlossen.
Neu hin zu gekommen Ort die dritte
Gruppe von 30000.— bin 35 000.— tfm.
Grundgehalt bezw, Grund Vergütung. In
dieser Gruppe wird der Abzug weiter
vor genommen, sodaß bed Erreichung von
35 000.— ffrs. Grundgehalt bezw. Grund-
vergütung di« Zulage ausläuft.
Für das Hilfspersonal in Krankenhäu-
sern werden die Bariöhn« wie folgt er-
höht;
Neu Alt
Bei einem sO w« 1 | 3 Jahren 5 390.— ffrs. 3 950.— ffrs.
über 17 Jahren 6 160.— ffrs. 4 500.— ffrs.
mit 18 Jahren 7 700.— ffrs. 5 600.— ff re, -
monatlich zuzüglich freier Station,
Diese Sätze erhöhe* sich
Neu AM
nach 2jähriger Dienstzeit auf 8 000.— ffrs. 5 800— ffrs.
nach 4jährig«r Dienstzeit auf 8 350.— ffrs. 6100.— ffre
nach 7jähriger Dienstzeit auf 8 650.— ffrs. 6 400.— ffrs.
nach 11 jähriger Dienstzeit auf 8 950.— ffrs. 6 700 — ffrs.
nach 16jähriger Dienstzeit auf 9 400.— ffrs. 7 300.— ffre
nach 20jähriger Dienstzeit auf 9 800.— ffrs. 7 600.— ffrs.
Dazu kommen freie Sachbezüge (Beköstigung und Wohnung.)
Di« Löhn« der Waldarbeiter (Stück- völlig aussichtslos die Lage der Bedien-
lind Zeitlöhne) sind den erhöhten Stun-
denlöhnen der Arbeiter im öffentlichen
Dienst angeglichen und betragen jetzt:
Kategorie I
Kategorie II
Kategorie UI/1
Kategorie III/2
Kategorie IV
71,87
83,98
91,25
98,52
108,21
im Zeitlohn
Für das Personal der Lichtspieltheater
ist vorläufig eine 10o/cige Erhöhung der
Stundenlöhne vorgesehen, jedoch wird
über die Neufassung des Tarif es noch
verhandelt
Es ist selbstverständlich daß diese
Teillösungen nicht befriedigen können
und daß es auch nicht dabei bleiben
kann. Die Verkantungen zur Erreichung
unserer noch unberücksichtigten bekann-
ten Forderungen werden mit aller Ener-
gie fortgesetzt, um zu einem positiven
Ergebnis zu kommen.
' *
Wenn auch zunächst noch nicht er-
reicht worden ist die Forderungen rest-
los durchzusetzen, so ist gerade au«
dem Verlauf dar bisherigen scharfen
Auseinandersetzungen exsichtlich, wie
steten ohne gefestigte Organisation wäre.
Die logische Konsequenz der Erfahrun-
gen der letzten Wochen kann daher nur
die sein, alle Kräfte zu sammeln um der
Gerechtigkeit zum Durchbruch zu ver-
helfen.
In MitgliedexverSammlungen wurden
denn auch dem Umstand Rechnung ge-
tragen. So besagt die Entschließung ei-
ner Mitgliederversammlung der Bedien-
steten des Amtes Brebach: „Wir erklä-
ren uns einverstanden mit der Stellung-
nahme der Verbandsleitung und stehen
uns rückhaltlos hinter sie.*
Am 17. 11. hatten sich in der Aukr der
Oberrealschule die Bediensteten der Ver-
waltungen und Betriebe der Stadt Saar-
brücken versammelt, und beschlossen,
alles zu tun, wies <h« Vertreter der bei-
den Gewerkschaften zur Erreichung des
Mindestzieles, die Teuerungslagen betref-
fend. für notwendig erachten. Des wei-
teren wurden die Vertreter der beiden
Gewerkschaften durch die versammelten
Bediensteten beauftragt, bei der Regie-
rung vojste.lig zu werden und zu ver-
langen, daß die ab 1. 10. 1950 für die
Lonnempfänger des öffentlichen Dien-
stes bewilligte Lohnerhöhung spätestens
bis zum letzten ds. Mts. zur Auszahlung
gelangt
Die Losungen der Jugend
Jugendverbandstag des I.V. Eisenbahn
I. V. Metall:
Vorläufiges Eneünis bei Energte
Gewährung einer Gruppenzufag«.
Für die Beschäftigten kn den Betrieben
der Energie Versorgung, dl® eine Erhöhung
von 20 n'o der jetzt bestehenden Löhne und
Gehälter forderte*! wird eine Gru open Zu-
lage ln der Höbe, wie dieselbe ab 1. Fe-
bruar 1950 zur Anwendung kam, rückwir-
kend ab 1. Oktober 1950 gewährt.
Ein besseres Ergebnis war vorerst nicht
zu erzielen, da die Interessengemeinschaft
der Energieversorgung absolut den Stand-
punkt vertrat über das Angebot der Elec-
tncite de France und Gaz de France nicht
hinausgeben zu können. Der Vertreter der
Interessengemeinschaft gab die Erklärung
ab. daß er den Betrieben empfehle, die
Produktionsprämie die für das 1. Halbjahr
1950 gewährt wurde, in derselben Höhe
als Vorschuß zum 15. Dezember zur Aus-
zahlung zu bringen. Er deutete an. daß ln
Frankreich die Verhandlungen für einen
Tarifvertrag begonnen haben und erklärte
sich bereeit. demnächst mit derselben Ar-
beit auch hier zu beginnen.
.Die starke Stellung, die deir 1. V. Eisen-
bahn innerhalb der Gewerkschaftsbewe-
gung Ln ne hat, gab dem 3. Verbandsju-
gendtag des I. V. Eisenbahn, der am ver-
gangenen Sonntag, dem 26. 11., in Saar-
brücken stattfand, die rechte Resonanz.
Neben den Delegierten waren zahlreiche
Gäste erschienen. Besonders lebhaft wur-
c« i d « Vert e er de- Eite-bahner Deutsch-
lands. die Kollegin Rabold und Kollege
Gauchs aus Karlsruhe, begrüßt.
Die Tagung war durchpulst von dem
Elan der Jugend, der begleitet war von
gesunder Kritik und dem Drang nach vor-
wärts.
Der Präsident der Einheitsgewerkschaft
Kollege Wacker, wies in seiner Anspra-
che auf das große Interesse und die An-
strengungen hin. die die Gewerkschaft
bisher der lugend gewidmet habe und
weiter widmen werde. Heute gelte es. all«
Kräfte mobil zu machon. um zu weiteren
Erfolgen zu kommen. Wer nicht mitkämp-
fe habe auch kein Recht, über euw Si-
tuation zu klagen. Gerade angesichts der
heutigen harten Lohnkämpf« trete das be-
dauerliche Verhalten christlicher Gewerk-
schaftler, gekennzeichnet durch ihre Spal-
tertätigkeit, kraß in Ersch«inung.
Der wirtschaftliche Aufschwung, d«r seit
dem Anschluß lestzustellen gebe der
Arbeitnehmerschaft das Recht auf aaqe-
messen« Bezahlung. Es sei zu hoffen,
daß der Landtag demnächst endlich da«
Betriebsrätogesetz mit Mitbestimmung ver-
abschieden werde und ferner, daß es; als-
bald zur Bildung der Ar bette kämm »r kom-
me. Die älteren Gewerkschaftler und be-
sonders die Funktionäre sollten der ju-
S:nd Beispiel sein und sie tatkräftig un-
r stützen.
Die Jugend, die so große Enttäuschun-
gen erlebt habe, brauche diese Unterstüt-
zung auf allen Gebieten. Der Redner wies
hierbei auf die großen Sozlalprobleme hte,
und auf den engen Zusammenhang des
Schumanpküxs und der Europaidee mit
Friede, Freiheit und Rechts. Trotz großer
Schwierigkeiten sei der Gewerkschaftsbe-
wegung und damit den Zielen der Jugend
em Erfolg gesichert wenn di« Einigkeit er-
halten und verstärkt werde.
In einem längeren Vortrag unterrichtete
Jugendsekretär Hans B i ehl die Delegier-
ten über die Arbeiten der Vergangenheit
und die Aufgaben der Zukunft. Mit stich-
haltigem Material versehen, werden jetzt
die Delegierten klarsichtig ihren wichtigen
Aufgaben draußen gerecht werden kön-
nen. Jeder wird zugebsn müssen, daß bis-
her viel Positives durch die Gewerkschaft
geleistet worden ist. Das bewies der Re-
chenschaftsbericht tu allen Einzelheiten.
Davon ausgehend, konnte der Bericht nach
einem Appell an die Geschlossenheit aus-
münden in eine optimistische Betrachtung
der Zukunft.
Kolleg« Eduard Weiter, dar Vorsit-
zende des I. V. Eisenbahn, sprach über
aktuelle Probleme der Eisenbahn. Hierbei
kündigte er eine Großkundgebung des I.V,
Eisenbahn für Sonntag, den 3. Dezmeber.
im Johannishof in Saarbrücken an, auf der
u. a. Kollege Hans Jahn. X. Vorsitzender
der Gewerkschaft der Eiseebahner
Deutschlands, sprechen wird. Kollege
Wetter ging von dem Standpunkt aus i
Macht schafft Recht! Daher müsse der Re-
gierung und Verwaltung gezeigt werden,
daß die Gewerkschaft ein Machtfaktor ist
Gegen den Willen der Christlichen Ge-
werkschaft habe man die volle Bezah-
lung des Eisenbahnpers onals bei Erkran-
kungen und die Monatsbesoldung durch-
gesetzt. 3000 Kollegen werden noch Im
Stundenlohn bezahlt und haben obige
Vorteile noch nicht Jetzt gilt es, darum
zu kämpfen, daß für alle Eisenbahnbeu
dienstaten di« Unkündborkeit und Pension
garantiert wird. Der Redner legte dar.
weshalb die zwangsläufig auedriggehalto-
nan Personen- und Gütertarifs bei der Ei-
senbahn rnchi aut Kosten der gerechten
Bezahlung der Eisenbahner durchgeführt
werden dürfen. Bei einer mehr als 30 fol-
gen Teuerung seit einem halben Jahre
könne man wirklich nicht von überspitzte*
Forderungen der Eisenbahner sprechen.
Besonders warm setzt sich der Redner für
die Eisenbahmpensionäre ein. ln dieser
Hinsichi sei das Verhalten der Christi. Ge-
werkschaft nahezu unbegreiflich. Aber
anscheinend verfolg® sie wie von Anfang
an weiter ihr« Rolle: Teile und herrsche,
nämlich zugunsten der Arbeitgeberschaft
Wenn der I. V. Eisenbahn weiter den
Kampf um di« wahren Interessen der Kol-
legen fülue, werde der letzte Einfluß dar
Spalterorganisation eines Tages beseitigt
sein. Der neugegründete Betrmtenbund
wolle nichts weiter als «in treuer und hö-
riger Ergebener nach oben sein. Bei Men-
schen, die auf Freiheit und Mitbestimmung
Weert legen, könne er unmöglich Eindruck
machen.
Kollege Weiter wies, nachdem er noch
einige besondere Probleme der Eisenbah-
ner behandelt hatte, die für di« Delegier-
ten wertvoll waren, unter Beifall darauf
hin. daß der Zusammenschluß der Eisen-
bahner zu e ner europäischen Escnbahner-
o.grnisatio® in Vorbereitung sei. die «men
Wirklich praktischen Schritt zur europäi-
schen Einheit dar stelle. Er forderte dann
die Jungkollegan aut sich in freier frei-
mütiger Kritik zu allen Fragen zu äußern.
Dar I. V. Eisenbahn habe schon so man-
chen Stein ins Rollen gebracht und werde
auch die letzten Steine ins Rollen bringen
und den Erfolg garantieren.
Kollege Rudi Blaß wandte sich dann, la
mitreißenden Worten an di« Delegierten
und Gäste, wobei er vor allem die Situa-
tion der schaffenden Jugend de« Saar-
land es herausstrich. Auch er konnte aut-
zeigen, daß Wichtiges erreicht wurde. Leck-
te aber auch offen di« Lücken dar, die
noch bestehen. Er behandelte dabei Pro-
bleme der Lehrzeit, Erziehungsbeihiife und
andere wichtige Themen. Mcm kann hof-
fen, daß die Delegierten das Gehörte ia
ihren Bezirken praktisch verwerten.
In der Diskussion kamen manche
Einzelwünsche und Anregungen zum
Ausdruck. Die Wahl eines Verbamdsju-
gondbeiraies hatte folgende« Ergebnis!
Rinder Fritz, Eisecbahndirektion Saarbxük-
ken, Klauck Leo, Bahn werk Dillingen, und
Schmidt Gregor. Bahnwerk Wemmetswei-
ler.
Die Delegierten bekamen einen ge-
schlossenen Eindruck von dem. was ge-
leistet worden ist. Nur wer den Blick hat
für die Ve rgcmgemhHi \rrn tü5 wagen zu
können, wie in früheren Jahren Schritt für
Schritt um Erfolge gekämpft werden muß-
te, vermag wirklich die Bedeutung der
Fortschritte der letzten Jahre auf sozialem
Gebiet und sonst zu ermessen. Nun ist es
erforderlich, daß auch Regierung und Ver-
waltung den richtigen Eindruck gewinnen
und die Bedeutung der Forderungen der
organisierten Jugend nicht verkennen, For-
derungen, um deren Verwirklichung bis
zur letzten Konsequenz gekämpft wird. Der
Weg dter Jugend ist richtig. Die Jugend
läßt sich nicht unterkriegen.
Mit der einstimmigen Annahme nach-
stehender Entschließung fand di» Tagung
ihren erfolgreichen Abschluß.
Dia Delegierten erklären:
j. Der Arbeit des Jugend Vorstand»* der Ein-
heitsgewerkschaft — L V. Eisenbahn — wird
Anerkennung getollt.
|. Der Vor band «Leitung wird ttti Ihre TättgkeH
das vollste Vertrauen ausgesprochen.
5. Die Forderung beb. Elnttthntag einer neuen
Personal- und Besoldungeordaung ist ein«
Maßnahme die unter allen Umständen reali-
siert werden a*u8.
4, Der Antrag rar Uebernahase alter sock tau
Stundeniohn beschäftigte* Hsenbataufcedieo-
steten wird besonders begrüßt.
JJ, Durch die Zahlung den Lohnes tan Krank-
bettstalle bat der L V. Eisenbahn etae For-
derung verwirklicht, dt« alle Elsen bahnet ra
einer positiven gewerksebattttebea Haltung
veranlassen muß-
I, Die Delegierte« geloben, sich voll und ganz
hinter die Forderungen den L V. Eisenbahn
n stellen und für die VdttawVerständigung
und ein geeinten Europa • in«itreten.
Walzendreher verlangen gerechten Lohn
10 Prozent Erhöhung in der Montageindustrie
Am 14. lt. 1950 fand eine Verhandlung
zwischen den Arbeitgebervertretern dar
Montagetadustrte und dm Gewerkschaf-
ten für die Neufestsetzung der AuslÖ-
suagssät-'« statt. D e Gewerkschaften hat-
ten eine 20prownttg« Erhöhung d* Auslö-
«rungssätze gefordert Nach einer länge-
ren Aussprache einigten sich di« Parteien
crut etae lOprozentfge Erhöhung. Das Er-
gebnis wurde mit den Funktionären der
M on tage betrieb« besprochen, die tu dem
Angebot Ihre Zustimmung gaben.
Die Auslösungssätza sind ab 1. 11. 195Q
vereinbart und betragen:
Bei Entfernungen
vom Betriebs- bezw.
Wohnort bis zur
Baustelle
Obermonteure i
Monteure;
Arbeiter oder
Hilfsarbeiten
a) bis 5 km
b) über 5—10 km
c) Uber 10—20 km
d) über 20—30 km
e) über 30 km
verh. Fr«. ledig Prs. vertu Frs. ledig Frs. verh, Frs^ ledig Frs.
150 120 120 110 110 90
215 175 205 165 205 145
320 265 285 240 285 190
440 360 385 320 385 255
530 435 485 400 440 275
Die tm Mai dieses Jahre« gegründete
Vereinigung der saarländischen Walze»-
dre her hielt am 9. 11. in Burbach ein« Ver-
sammlung ab. zu der alle Walzemdreher
die im Saarland beschäftigt sind, «lnge-
laden waren. Trotzdem infolge Hochkon-
junktur die Walzend re her der saarländi-
schen Hüttenwerke auch sonntags arbei-
ten, waren zwei Drittel edler Walzendreher
anwesend. Zu den allgemeinen Wirt-
schaftstragen, die die Walzendreher env*
gehen. hielt Kollege Rauch vom Industrie-
verband Metall ein grundlegendes Refe-
rat. das von allen Anwesenden mit star-
kem Beifall aufgenomman wurde.' Nach
einer zweistündigem Aussprache nahm die
Versammlung folgend« Entschließung ani
„Die versammelten Walzendreher pro-
testieren gegen die schleppenden Lohn»
Verhandlungen und erklären, daß sie ge-
schlossen hinter der Lohnforderung der
Einheitsgewerkschaft stehen. St» verlan-
gen ferner die Bewilligung Ihrer Forde-
rung, wie sie in der Wed zendreherver-
eammhmg am 8. Mai ds. Js. gestellt wor-
den sind, und zwar i
1. daß alte Walsendieher van 18 bi* 21
Jahren ui Gruppe F 1 »ingestuft wer-
den. xon 21 bis 25 Jahren Gruppe F 2.
von 25 Jahren ab F 1
•2. Scbablonenschlosser F 3 Schmiede
F 3. Messerschlosser F 2 Walzenbau «r
F 2 Kranführer S X Walzwechsler.
8. Gewährung emer Staub zu lag« für alle
in der Walzendreherei beschäftigten
Personen von 12 Fm. pro Stunde.
'■ 4. Bet Neuarbeit Erhöhung des Akkorde
um 10 «/q.
5. Neuregelung des Akkords ta den Be-
trieben.
6. Jedes Jahr einmal ärztliche Untersu-
chung und Einstufung in die liste der
t' Berufskrankheiten.
•• y, Einstellung von Walzendrehern nur
durch Mitbestimmung des Betrtebs-
und Walzer.dreherobmcmn»» zum
Schutz« des Handwerks.**
-1 Die Versammelten erklärten, daß sie be-
reu sind, zur Erreichung ihrer Forderungen
auch das letzte gewerkschaftlich« Mittel
anzuwemdeu.
Dezember 1950
Seite 3
Demokratisches ßerufsbeamtentum
Eine interessante Betrachtung
Es isi — und zwar nicht «ist in dein
Jamen nach dem Krieg« — zur all gamei-
nen Uebung geworden, die Worte „Büro-
kratie“ und „Berulsbeamoentum“ einander
gleicnzusetzen, obwohl beide BegrifJe
nichts, aber auch gar nichts miteinander
zu tun haben. Unter dem Wort ..Bürokra-
tie“, das in seinem ersten Teil aus dem
Französischen und in seinem zweiten Teil
aus dem Griechischen stammt versteht
man eine Schreibstubenherrschaft di« al-
les und jedes an sich zieht, weil nur der
Staat, nicht aber der „beschränkte Unter-
tanen verstand“ in der Lage ist alle Ver-
hältnisse zu überblicken und auszuglei-
chen.
Richtig ist daß das ßerulsbeamtentum.
und zwar nicht nur in Deutschland, zu Zei-
ten automatischen Herrscherrechts oder
diktatori eher Regierungsformen in der
oben bezeichnten Weise mißbraucht wor-
den ist. Aber — so ist zu fragen — wäre
die Angelegenheit anders verlaufen, wenn
statt eines unwiderruflichen Berufsbeam-
tenturns eine jederzeit kündbare Ange-
stelltenschaft die Befehle der Autokraten
aller Schattierungen zu befolgen gehabt
hätte? Will wirklich jemand im Emst be-
hau ■> e i. daß es irgend einem Staatsbeam-
ten oder Angestellten zu Zeiten einer Dik-
tatur oder absoluten Herrscherrechts
möglich gewesen wäre oder heute in den
Oststaaten möglich sein würde, staatlich«
D'enstgeschäite in demokratischem Sinn«
zu vollziehen. Das Berufsbeamtemtum
konnte sich in solchen Zeiten infolge der
Sicherheit seiner Stellung gegen unge-
rechtfertigte Zumutungen immerhin noch
eher zur Wehr setzen, als es ein Ange-
stellter hätte tun können, dar bei Nichtbe-
folgunrr eines Befehls von einem Tag aul
den andern einfach auf di« Straß« geflo-
gen wäre.
Der Beamt« ist und däi wird gerade in
der Demokratie einesteils immer wieder
hervorgehoben, andemteils aber immer
wieder übersehen, Exekuttvorgam und hat
aur die Legislative, also auf die Gesetz-
gebung. die die Art und Form seiner Tä-
tigkeit bestimmt nicht den geringsten Ein-
fluß.
Wenn unpopuläre Steuergeeetoe be-
schlossen werden und der Finanzbeamt«
sorgt mit den ihm übertragenen Strafmit-
teln pflichtgemäß für die Hereinbringung
der beschlossenen Steuern, dann ist er ein
Bürokrat „weil er die Lag« der Wirtschaft
nicht genügena berücksichtigt“ und, wenn
der zuständige Beamte eines Landratsam-
tes aut Grund eines vom Landtag be-
schlossenen Gesetzes die entsprechenden
Anordnungen trifft dann ist er in den Au-
gen der davon Betroffenen erst recht ein
Bürokrat ..der die Schwierigkeiten in dei
Landwirtschaft nicht erkennt und die wirt-
schaftliche Erholung von Handel und Ge-
werbe verhindert“.
Aber, so höre ich einwenden, um dies«
Fragen handelt es sich ja gar nicht. Es ist
selbstverständlich, daß die Bezeichnung
Bürokrat bei einem Beamtem nicht deswe-
gen an ge wendet werden kann und dort
weil er in Ausübung seiner Pflicht — dem
Gesetzen und Verordnungem entsprechend
— seinen Dienst richtig versieht. Es han-
delt sich vielmehr um den weitverbreite-
ten Beamtendünkel um die vorhanden«
Ueberbürokratisierung. um di« gesin-
nungsmäßige Heranbringung der Beam-
tenschaft an den bürokratischen Staat und
um den Beamtem als Hüter der Verfas-
sung.
Das Berufsbeamtentum in früherer Zeit
uas deutsche BeruXsbeamtentum war im
vergangenen Zeiten bekannt und ange-
sehen. vor allen Dingen m Hinsicht auf
zwei Eigenschaften:
1 wegen seiner Integrität d. i. seiner
persönlichen inneren Sauberkeit und
seiner Unbestechlichkeit und
2. wegen seines fachlichen Können«.
Es war eine große Seltenheit und er-
regte überall Aufsehen, wenn irgend ein
Beamter einmal mit dem Strafgesetz in
Kcmjukt kam. .Und di« Richter des Diszi-
plinargerichts und des Disziplinarhofes,
die selbst Beamte waren, sorgten für «ine
unnachsichthche Ausmerzung, wenn ein
Beamter das Ansehen der Beamtenschaft
durch irgendwelche Handlungen schädig-
te Beraabungen oder Verlust von Post-
sendungen waren jeweils ein« Sensation,
die weitgehende Untersuchungen auslö-
sten. Die als Beamtenanwärter eingestell-
ten Personen wurden bereits bei ihrer
Aufnahme aut Herz und Nieren gemaue-
stens überprüft hatten ein« längste Vor-
bereitungszeit. ein jahrelanges Diätariat
und noch lange Jahre als jederzeit wider-
ruflicher Beamter abzuieistem. bis ihnen
das Prädikat „Unwiderruflicher Beamter“
verliehen wurde.
Aber diese Beamtenschaft hatte auch
ihre Schattenseiten. Nicht mit Unrecht
warx man ihr Beamtendünkel und Kasten-
geist vor. Nicht nur, daß sie sich als Re-
präsentant des Staates fühlt« und glaub-
te, aus diesem Grunde Abstand nehmen
zu müssen von der übrigen Bevölkerung.
Auch innerhalb der Beamtenschaft »elbst
wurden Schranken aufgerichtet di« streng
jede Laufbahn von den Angehörigen der
übrigen Laufbahnen trennten. Der Akade-
miker hielt es. van einzelnen Ausnahmen
abgesehen, unter seiner Würde, mit dem
Beamten, der nur „Einjährigenvorbildung"
besaß, außerdienstlichen Verkehr zu pfl»
gen. und der Beamte mit Einjährigenvor-
bildung war erst recht nicht ber«it mit
einem nichtvorgebildeten Beamten gesell-
schaftlich zu verkehren. Die Sache ging
sogar soweit daß aus dem unteren in den
mittleren Dienst auigestiegene Beamte ei-
nen eigenen Verband gründeten. „da
ihnen nicht zugemutet werden konnte, mit
den im unteren Dienst verbliebenen Beam-
ten in einem Verband beisammen zu
sein*4.
So hatte man die deutsche Beamten-
schaft vor 1918 von seiten ihrer Vorgesetz-
ten erzogen. Kein Weg führt« von einer
Laufbahn zur andern, und der tüchtigste
und fähigste Beamte konnte nicht in die
übergeordnete Laufbahn aufsteigen. Als
in den Jahren der Weimarer Republik die
Beamtenorganisationen durchsetzten, daß
Beamte einer untergeordneten Laufbahn
zur Prüfung für die darüber liegende
Laufbahn zu gelassen wurden, war diese
Regelung dadurch fast völlig illusorisch
gemacht daß solchen Beamten bestim-
mungsgemäß behördlicher seit« weder
eine Ausbildung, noch ein« Praxis für dl«
Geschäfte der übergeordneten Laufbahn
eingeräumt werden durfte. Diese Feststel-
lung galt vor allen Dingen für den Bereich
der Reichspost- und Teiegraphenverwal-
tung.
er nur einen Bruchteil dessen, was dem
Wert der geleisteten Arbeit entsprach. Der
Ausgleich — so sagte man ihm — liege
in der Sicherheit seiner Stellung und der
Pensionsberechtigung, die es unnötig
machten, für Erwerbslosigkeit Krankheit
und Alter etwas zurückzulegen.
Nehmt dem Beamten seine Pension und
seine Hinterbliebenen Versorgung und man
wird erleben, daß bei der erstem Hochkon-
junktur di« tüchtigsten Beamten davon-
lauten. Die Angestellten werden das glei-
che hon. Und wir werden ein Beamtentum
erhalten, bei dem man Beamter wird, wenn
man gerade keine andere Beschäftigung
hat und wieder davon läuft, wenn man et-
was Besseres findet.
Eine Demokratie braucht als ruhend«
Pol in der Erscheinung Flucht ein inner-
Rechte, Pflichten und
Und noen eins. Die Beamtenschaft so
schlußfolgert man, gehört zur Exekutive,
und bei der Notwendigkeit der klaren
Trennung von Gesetzgebung und Vollzug
geht es nicht an, daß Beamte auch in die
gesetzgebenden Körperschaften gewählt
werden.
Wenn man die Angelegenheit nur vom
Standpunkt des Beamtentums aus betrach-
ten würde, könnte man sogar einer völli-
gen Neutralisierung nur zustimmen. Der
Beamtenschaft wäre in der Vergangenheit
Unendliches erspart geblieben, wenn sie
neutralisiert gewesen wäre und man sie
nicht in den Strudel der politischen Er-
eignisse mit den bei ihr besonders wirk-
samen Zwangsmii'e n der Entlassungsdro-
hung und des Diensteide« jeweils hinein-
gezogen hätte.
Die Angelegenheit kann jedoch nicht
vom Standpunkt des Berufsbeamtentum»,
sondern muß vom Standpunkt der Demo-
kratie aus gesehen werden. Die Frage, ob
es verfassungsgemäß zulässig ist, einen
Großteil des Volkes, zu dem ja auch
schließlich noch die Beamten gehören, sei-
nes vornehmsten Rechtes zu berauben,
soll in diesem Zusammenhang unerörtert
bleiben. Was jedoch das passive Wahl-
recht anbelangt so erscheint es zweifel-
haft ob «in« Volksvertretung in einem de-
mokratischen Staat in gedeihlicher Weise
überhaupt auf die Mitwirkung von beam-
teten Parlamentarien verzichten kann. Ge-
rade. wenn ih-an dieHerr sclwxft dar Bürokra-
tie, also die Herrschaft einer kleinen An-
zahl leitender Ministerialbeamfer, die die
Gesetzentwürfe vorbereitem. verhindern
wiiL dann braucht man Abgeordnete aus
den Reihen der Beamten scliaft die die von
der Regierung gemachtem Vorlagen Wort
für Wort überprüfen und die entsprechen-
den Vorkenntnisse haben. Verschleierun-
gen aufzudeckem. Es ist kein Zufall daß
sich in den Ausschüssen, in denen diese
Zeiten vor allem Beamte befanden, und
es wird zugegeben werden müssen, daß
Arbeit geleistet werden muß, in früheren
die Eignung in dieser Hinsicht nicht bei
allen Abgeordneten vorhanden ist.
Professor Weber, Heidelberg, hat in ei-
ner Veröffentlichung einmal verlangt, daß
das Berufsbeamtentum in allen seinen
Gliedern diaVerfassungsmäßigkeit vonAn-
ordnungen höherer Stellen zu überprüfen
hat und verpflichtet ist gegen jede verfas-
sungswidrige Anordnung Widerstand zu
leisten. Ein« solche Forderung ist vom Be-
rufsbeamtentum überhaupt nicht zu erfül-
len. Wenn es für notwendig befunden
wurde, «inen besonderen Verfassungsge-
lich sauberes, tüchtig«« Beiutsbeamten-
tum, das im Wechsel der politisch orien-
tierten Regierungsgewaltigen, in Krisenzei.
ten ebenso wie in Zeiten der Hochkon-
junktur an seinem Platz« bleibt und al»
treue Dienerin des Volke* seine Pflicht er-
füllt.
Man spricht vom der Unwiderruflichkeit,
die es unmöglich macht, Beamte zu ent-
lassen. Dazu sei folgendes gesagt: „Auf-
hebung der UnwiderrufbchkeiL Mißach-
tung der Beamten ge setze, Vernachlässi-
gung der Alimentationspflicht und Streik-
verbot vertragen sich nicht miteinander.
Wenn der Staat in Krisenzeitem glaubt
unwiderruflich« Beamte entlassen zu kön-
nen, dann muß er sich auch gefallen las-
sen, daß in Zeiten der Hochkonjunktur die
Beamten, wie all« übrigen Arbeitnehmer,
in den Streik treten. Wenn er seiner Ali-
mentationspflicht gegenüber den Beam-
ten. nicht nachkommt, dann muß er damit
rechnen, daß der Beamte wie jeder andere
Arbeitnehmer sich angeraessere Gehalts-
sätze erkämpft,“
besondere Stellung
richtshof zu errichten, der zu entscheiden
hat. ob irgendein Gesetz verfassungswi-
drig ist oder nicht wenn die Ansichten
über Veriassungszulässigkeit oder Ver-
fassungswidrigkeit häufig auseinanderge-
hen, dann kann und darf dam Einzelna-
amtan, der Vollzugsorgan und nicht Ver-
fassungsinterpret ist mcht eine Aufgabe
übertragen werden, di© er einfach nicht
lösen kann. Jeder Beamte muß anuehmen.
daß die von der Legislative beschlosse-
nen Gesetze verfassungsmäßig sind. Sind
sie es nicht dann hat das Veriassungs-
gericht dem die Gesetze gegebenenfalls
zu unterbreiten sind, das entsprechend«
zu veranlassen. Nur wenn ein Beamter
entgegen den bestehenden Gesetzen oder
unter böswilliger oder fahrlässiger Miß-
achtung oder Ausdeutung solcher Ge-
setze Anordnungen trifft die mit der Ver-
fassung nicht übereinstimmen, dann ist
dieser zur Verantwortung zu ziehen. Hier
handelt es sich aber dann um eine Ange-
legenheit, die vor allem der zuständig«
Ressortminister zu vertreten, in Ordnung
zu bringen u. gegenüber dem „fehiigen^
Beamten zu ahnden hat Dem Berufsbe-
amtentum als Ganzes, d. h. jedem Berufs-
beamten für sich di« Pflicht zu tibertragai
oder das Recht einzuräumem, G-asetzes-
vorschriften oder Anordnungen seiner
Vorgesetzten nicht zu befolgen, weil sie
nach seiner Meinung verfassungswidrig
sind, wäre ein völlig unmöglicher Zustand.
Wohl aber erscheint es richtig, daß jeder
Beamt© verpflichtet wird in allen Fällen,
in denen er glaubt daß eine verfassungs-
widrig« Anordnung. Handlung oder Aus-
legung von Gesetzen vorliegt die Ange-
legenheit. ohne Einhaltung des Dienstwe-
ges direkt seinem zuständigen Minister zu
melden. Jeder andere Weg muß zu einem
Chaos führen, zu einem Hineintragen von
politischen Auseinandersetzungen in di«
Amtsführung und zur Austragung persön-
licher Gegensätze.
ECKERTS
Wachholder
BmüiiiHfflflwfiiuimiffliinmtitwifiiifiiwüHfflffiimimniHffliHmiuai
die t&hc?ttdc Tftacke
Die Demokratisierung
Trotz aller dieser Hemmungen ging je-
doch die Demokratisierung der Beamtem-
schafi ab 1918 ihren Weg. Die Beamten
hatten den Eid auf die demokratische Ver-
fassung geleistet, und bis in die höchsten
Stellen der Ministerien ging der Hauch d«r
neuen Zeit. Mochte auch eine geringe An-
zahl meist höherer Beamter «ich nach den
Verhältnissen zurücksehnen, die überwäl-
tigende Masse der Beamtenschaft worauf
dem besten Weg, die treueste Stütze der
jungen Demokratie zu werden. Das be-
weist nicht zuletzt die Tatsache, daß bis
1933 nur ein verschwindender, weit unter
dem allgemeinen Durchschnitt liegender
Teil der deutschen Beamtenschaft sich
dem Nationalsozialismus angeschlos&en
hatte. Die Richtigkeit diese* Feststellung
bewe\st vor allen Dingen der Umstand, daß
eine der ersten Maßnahmen dies National-
sozialismus di« Zerschlagung der alte«
gibt es überall
das gute
altbewährte
IvPd&l
£rdal enthält 100% rein«» Balsam-
Terpentin-O«!
•Beamtenverbänd« war. denen Ihr gesam-
tes Vermögen weggenommen wurde. Da«
„Gesetz zur Wiederherstellung des Be ruf a-
beamtentums“ schuf in seinen §§ 2. 4 und
6 die Handhabe, Tausend« von Beamte«
aus dem Dienst zu entfernen. Unter Be-
zugnahme auf di« vom Reichspräsidenten
von Himdenburg bewirkte UebeTgab« der
Regierung an Hitler zwang man den Rest
der übrigen Beamtenschaft unter Ausnüt-
zung ihrer Gehorsamspflicht zur Ablegung
eines entsprechenden Diensteides und
veranlaßt« sie. unter der Parole „Partei
und Staat sind etns“ rum Eintritt In di«
Partei.
Die Beamtenschaft muß. wenn der Auf-
bau eines sauberen Demokratischen Staa-
tes gelingen solL einer der Hauptpfleiler
dieses Staates werden. Hierzu gehört
aber daß man sie nicht rum Prügelkna-
ben für alles und jedes macht, was schiel
geht.
Man wirft heute den Beamten Gehalt
und Pensionsberechtigung vor. Der Beamt«
war in allen Schichten immer und zu allen
Zeiten ein Hungerleider, dar nur das ver-
diente. was er zum täglichen Leben
brauchte. Jede Nebenbeschäftigung, von
geringen Ausnahmen abgesehen. war
ihm verboten. Er mußte dort Dienst tun.
wohin ihn der Staat versetzte. Er konnte
keinerlei Konjunktur crusnützen in Zeiten,
in denen ander« sich ein Vermögen er-
warben. In den ersten 20 Jahren seines
Beamtendase ns, in den Zeiten des Vorbe-
reitungsdienstes. des Diätariats. in den
Zeiten, tn denen «r in den untersten
Dienstatters stufen der untersten Besol-
dungsgruppe seiner Laufbahn saß. erhielt
Die Weihnachtsgratifikation
Mit der Frag« des Rechtsanspruch« aut
ein« Weihnachtsgratifikation haben wir
uns im vergangenen Jahr und die Recht-
sprechung und Literatur schon in früherer
Zeit ausgiebig beschäftigt. Es ist ver-
ständlich. daß die Frage, inwieweit ein
Rechtsanspruch auf di« Gratifikation vor-
liegt immer wieder zur Diskussion ge-
stellt wird.
Zunächst ist testzusteHen. daß im allge-
meinen di« Weihnachtsgratifikation im
Gegensatz zu früher nicht Inhalt einer ta-
rifvertraglichen Regelung ist. Sie stellt
keineswegs ein Geschenk des Arbeitge-
bers dar und wird neben dem Lohn oder
dem Gehalt an di« Betriebsangehörigen
vor dem Weihnachtsfest ausgezahlt. Ein
klagbarer Anspruch auf dies© Gratifika-
tion bestefit auch dann, wenn eine
stillschweigend« Vereinbarung dadurch
zustandegekommem ist daß Ihre Zahlung
als geschäftsüblich angesehen werden
muß.
Nach der ständigem Rechtsprechung be-
steht ein einwaadfre>er Rechtsanspruch
auf di« Weihnachtsgratifikation, wenn sie
mindos'eng dreimal vorbe^alfos und ohne
die Betonung des jederzeitigen Widerrufs
ausgezahlt wurde. Der Arbeitgeber darf
nicht einzeln« Personen von der Zahlung
aus schließen. Wenn eine Gratifikation
zur Auszahlung gebracht wird, dann ha-
ben all« Beschäftigtem «inen Anspruch
darauf.
Di« Höh« der Weihnachtsgratifikation
richtet sich auch der etwaigem Vereinba-
rung und mangels einer solchen nach der
Betriebsüblichkeit. Bei den Angestellten
beträgt die WeihnachtsgratLikatiom m den
meisten Fällen ein Monatsgehalt oder
Teile desselben, je nach der getroffenen
Verabredung. Besteht keine Absprach»
über die Höhe der Auszahlung, dann
müßte im Zweifelsfalle eine den Verhält-
nissen entsprechende Vergütung gezahlt
werden.
Auch im Falle einer Kündigung besteht
ein klarer Anspruch auf die Weihnachts-
gratifikation, wenn das Ausscheiden ces
Beschäftigten nach dem Weihnachtsfest
erfolgt. Der vorzeitige Ausspruch einer
Kündigung schließt den Anspruch nicht
aus.
Da die Weihnachtsgratifikation keia«
Schenkung darsbellt, sondern em Teil des
Gehaltes ist. unterliegt sie auch der
steuerlichem Erfassung. Der Erlaß vom 1«
12 1948 behandelt die emkommensteuer-
liche. lohnsteueriiehe und sozkiiversiche-
rungsrechtliche Regelung der Weihnachts-
Zuwendungen. Danach sind sie bis zu
10 000 F.s. lohnsteuerf e-. D e e steue f e«
Zuwendungen sind auch beitragsfrei in
in der Sozialversicherung. D'e Lohnsteuer
für Zuwendungen Uber 10 000 Frs. beträgt
in Lohnsteuerklasse I 15 o/o. H 12 %. III1
10 o/o. Der Hundertsatz ermäßigt sich um
je 2 o/o für jedes weiters auf der Lohn-
steuerkarte eingetragene Kind. Zur Ver»
meidung vom Härten gestattet der Erlaß
das Umlegen der SVjunrbeträ'-e auf meh-
re e Lohurak’ungsceitrÄum©. höchstaas !©•
doch aut 12 Monat». CD
Seite 4
Dezember 1950
tBePiötdeiuteu&auteit - ja adec nein?
ja der oefieaüichkeit wud dies« Frage
BÜt Recht immer wieder diskutiert, und
kürzlich führte sie zu einer Pressepolernik
zwischen Tageszeitungen. Die Frage geht
auch die Gewerkschaften an.
Jeder, der die TatigKeat der Gewerk-
schaft in den Letzten Jahren verfolgt hat,
weiß, welch große Bedeutung und welch
große Anstrengungen die Einheitsge-
werkschaft unternommen hat um mitzu-
helfen. nach allen Kräften den sozialen
Wohnungsbau zu fördern. Er kommt zu-
erst Es blieb auch nicht bei theoretischen
Betrachtungen, Al en Gev.erkscha. t le. n ist
die Gemeinnützig« Baugenossenschaft
Saarland, an deren Wiege die Einheitsge-
werkschaft gestanden hat wohlbekannt.
Was hat sie in dem einen Jahr ihres Be-
»tehens praktisch geleistet?
108 Wohnhäuser mit 216 Wohnungen
wurden unter 'Dach und Fach gebracht.
Hinzu kommen 31 Hauser, die im Entste-
hen begriffen sind. Also in einem lahr
140 Wohnhäuser mit 280 Wohnungen!
(Ueber die weitere tatkräftige Auswei-
tung des Bauprogramms der Baugenos-
senschaft Saarland wird demnächst näher
benchtei werden, und man wird dann se-
hen. was. entsprechend den Kreditmög-
lichkeiten. hier aut absolut parteipolitisch
neutraler Ebene mit geringsten Verwal-
tungsmitteln an höchstem Nutzeffekt ge-
leistet wird.;
Also wieder: so„~aer Wohnungsbau zu-
erst und unter allen Umständen! Wenn
darüber hinaus anerkannt werden muß.
daß auch andere Bauvorhaben notwendig
sina dann muß unbedingt die Rücksicht
genommen werden, die der soziale Woh-
nungsbau beanspruchen kann, ln diesem
besonderen Falle haben wir es mit den
Bauplänen des Saarbrücker Arbeitsamtes
zu tun. Mcm muß hier m der Tat unter-
scheiden. ob ein Behördenneubau ledig-
lich der Schaffung von Büroräumen für
Beamte und Angestellte dient, ob den
vielen Tausenden vor Arbeitnehmern und
Arbeitgebern, also dem reibungslosen
Publikumsverkehr, zugute kommt.
DeT Bau des Saarbrückei Arbeitsamtes
wird kein Prunkbau werden. Dennoch
wird mancher zunächst denken, das Geld
könnte man sparen für Wohnbauzwecke.
Es ist aber festzusteliea daß das so er-
sparte Geld für Wohnbauzwecke nicht m
Frage käme, da es für diesen Zweck ge-
setzlich nicht iui Verfügung steht weil
es zweckgebunden ist. Wird aber das Ar-
beitsamt gebaut dann wird dennoch dem
Wohnunpsmarkt eine besondere Entla-
stung zuteil dadurch, daß die jetzt vom
Arbeitsamt be ütztei Räun.e zu i *m we-
sentlichen Teü wieder für Wohnungs-
zwecke zur Verfügung stehen, und zwar
handelt es sich hier um sechs bis acht
Wohnungen, die frei werden, mit insge-
samt zwei Dutzend Wohnräumen. Ferner
sind in dem Neubau zwei Wohnungen vor-
sehen. Aber auch finanziell ist diese
ite der Angelegenheit von Bedeutung.
Für die ietzt vom Arbeitsamt benutzten
Räume müssen natürlich auch Mieten ge-
zahlt werden. Sie betragen jährlich annä-
hernd 300 000 Franken. Dieser Betrag wird
also in Zukunft eingespart.
Nun zu der Frage, ob das Arbeitsamt
an Stelle eines massiven Hauses mit Ba-
racken auskommen könnte. Hier haben
vor allem die oisher Leidtragenden, die
Arbeitsuchenden und Arbeitslosen, selbst
ein gewichtiges Wort mitzureden. Wer da
sagt, daß Baracken gut genug wären, der
kennt die Verhältnisse schlecht. Vom Ar-
beitsamt Saarbrücken werden durch-
schnittlich jeden Monat 20 000 (I) Men-
schen erfaßt. Es handelt sich ja nicht nur
um Arbeitslose, die betreut werden müs-
sen, sondern sehr umfangreich ist die
Fluktuation, die Vermittlung anderer Posi-
tionen, die vor allem jedes Jahr saison-
bedingt sind. In Zeiten der Massenar-
beitslosigkeit sind groPe Arhe tsämter und
Bürogebäude mit vielen Einzelzimmern
weniger notwendig als heute. Für die
Auszahlung von Unterstützungen und Ab-
stempelungen kann ein Schalterdienst
ausreichend sein. Aber heute ergeben
sich ganz neue Probleme, die von den Ar-
beitsämtern zu meistern sind. Das Ar-
beitsamt ist keine Behörde, die sich dar-
auf beschränken kann, vorwiegend Akten
zu bearbeiten, sondern die Aufgaben, die
das Amt bei der Verteilung, dem Schutz
und der Behütung der menschlichen Ar-
beitskraft in engster Verbindung mit Ar-
beitnehmern und Arbeitgebern zu erfüllen
hat bedingt oft ein« recht diskrete Be-
handlung. in erster Linie im Interesse und
cruf Wunsch der Arbeitsuchenden. Es
werden dort Fragen erörtert die man
durchaus nicht so ohne weiteres in unzu-
länglichen Bcrrackenräumen, wo all« Wän-
de Ohren haben, erledigen kann. Diesem
Umstand wird von den Arbeitsuchenden
besondere Bedeutung beigemessen.
Im übrigen sind die Baupläne des Ar-
beitsamtes Gewußt so gedacht daß sie
dem sozialen Wohnungsbau und dem pri-
vaten Wohnungsbau allgemein möglichst
nicht hemmend im Wege stehen. Man hat
vor allem die Wintermonat« zur Ausfüh-
rung berücksichtigt wo die Bauarbeiten
geringer sind.
Nicht nur in Saarbrücken, wo das Ar-
beitsamtsgebäude zerstört wurde, sondern
auch in Saarlouis und Homburg ist drin-
gend eine neue Unterkunft für die Ar-
beitsämter notwendig. Im Falle Homburg
ist ein Wamdei sehr dringend erwünscht
damit das Arbeitsamt aus der Berufs-
schule genommen werden kann, die unüer
Raummangel sehr leidet.
Es ist auch zu erstreben, daß durch neu»
Unterkünfte die Arbeit der Dienststellen
der Arbeitsämter sich besser konzentrie-
ren und vereinfachen läßt. Dadurch wird
eine schnellere Erledigung der Anliegen
der Arbeitsuchenden und Unterstützungs-
empfänger gewährleistet. Nicht zuletzt
wird auch die gesamte Atmosphäre zwi-
schen Beamten und Angestellten der
Dienststellen und dem Publikum daraus
Vorteile ziehen.
Uebrigens ist es nicht so. daß wir es
hier an der Saar mit dem Bau von Arbeits-
ämtern besonders «silig hätten. In ver-
schiedenen Städten der Bundesrepublik,
darunter solchen mit sehr großem Woh-
nungsbedan, ist das Problem der Errich-
tung zweckdienlicher Arbeitsämter stel-
lenweise schon erheblich weiter vorange-
schritten. JK.
Geweikschaftsjugend in Strafllmiij
Die Einigung Europas ist heute die Sehn-
sucht Tausender und aber Tausender jun-
ger Menschen. Sie stehen aut dem Stand-
punkt. daß eim europäisches Staaten Sy-
stem einen gewaltigen Fortschritt in den
Bestrebungen zur Erhaltung des Friedens
bedeuten würde. Die Jugend der Einheits-
gewerkschaft hat ln ihier übe wältigendsn
Mehrheit di» große Bedeutung der «uro-
pä'schen Etnigungsbestrebungen erkannt.
Sie weiß, daß auch ihre Zukunft wesent-
lich von der schnellen Verwirklichung ei-
nes vereinigten Europas abhängt.
Am vergorenen Freitag nahm zum er-
stenmal in der Geschichte der europäi-
schen Bewegung eine bedeutende Anzahl
Junger Arbeiter und Arbeiterinnen an ei-
ner Manifestation vor dem Europage-
bäude in Straßburg teil. Mit etwa 25 Om-
nibussen fuhren rund 900 junge Saarlän-
der. davon last 500 junge Arbeiter, nach
Straßburg, um dort mit Tausenden andern
Jungarbeitern aus mehreren Ländern den
verantwortlichen Männern und Politikern
zu sagen, daß sie den Ernst der Stunde
erkennen und schnell zu einer Einigung
kommen mögen.
(Wir werden über den Sinn und die Be-
deutung dieser Tagung in unserer näch-
sten Nummer ausführlicher berichten.)
Die Waschmaschine in der lute
Wer VALAN versucht. der bleibt dabeil
Kein Einweichen - kein Kochen - kein Reiben
Arbeit und Recht
Der Einmannstreik
Unsere Betrachtungen über grundsätz-
liche Urteil« im Arbeitsrecht setzen wir
in nahezu jeder Ausgabe fort. Wenn-der^
verantwortungsbewußte Gewerkschaftler
di« einzelnen in der ..Arbeit“ geschilder-
ten Fälle aufmerksam studiert wird er
sehr bald in der Lage sein, auch in aus-
geklügelten Fragen arbeitsrechtlicher Art
Rede und Antwort zu stehen. Das ist der
Sinn und Zweck der Veröffentlichungen.
Wu schildern heute den Einmannstreik,
der in der Rechtsprechung eindeutig und
klar beschrieben ist.
Diesen Fall kennt überraschenderweise
unser Bürgerliches Gesetzbuch von 1900.
Sogar mit Anspruch auf Bezahlung. Zahlt
ein Arbeitgeber nicht termingemäß den
vollen Lohn, so ist der Arbeitnehmer be-
rechtigt die Arbeit zu verweigern, bis die
Lohnzahlung nachhgeholt wird. Für dre
Zeit der Arbeitsverweigerung behält er
seinen Lohnanspruch {Urteil des LAG
Frankfurt-Main vom 13. 10. 49).
Gesetzlicher Ausgangspunkt ist § 273 Ab-
satz 1 BGB. Danach besteht für den Ar-
beitnehmer das Recht die Arbeit zu ver-
weigern, bis seine Ansprüche erfüllt sind.
Der Arbeitgeber ist gleichzeitig im soge-
nannten Verzug nach § 298 BGB. Denn er
isi zwar bereit di« Arbeitsleistung des
Beschäftigten anzunehmen. nicht aber den
fälligen Lohn zu zahlen. Als Folge dieses
Verzugs läßt sich aus § 615 BGB.'ablesen.
daß der Arbeitnehmer den Lohnansoruch
für die Dauer der berechtigten Arbeitsvei-
weigerung behält. ^
l. V. Nahrung und Genuß:
Jahreshauptversammlung in Merzig
Franz Blee zum Vorsitzenden gewählt.
Die Orts Verwaltung Meirzig des 1. V.
„Nahrung und Genuß“, hatte für Samstag
den 25. 11. seine Mitglieder zur Jahres-
hauptversammlung eingeladen. Der star-
ke Besuch und die positiv veflaufene
Versammlung fegten Zeugnis von dem
guten gewerkschaftlichen Geist inner-
halb der einschlägigen Betriebe ab. Als
Gäste waren der Geschäftsführer des
Verbandes, Kollege Lehner und der
Kreis Vorsitzende der E. G., Kollege Heins,
erschienen.
Nach den Berichten über die Gewerk-
schaftsarbeit des letzten Jahres inner-
halb der Zigarettenfabrik „Polo" und
».Fuchs“ und der „Aktienbrauerei Merzi~“
wurde dem alten Vorstand einstimmig
Entlastung erteilt. Deir Kollege Bauer als
ehern 1. Vorsitzender bat auf Grund sei-
nes Alters von seiger evt. Wiederwahl
Abstand zu nehmen,
1x9 geheime1- wurde der Kolleg«
Franz Ries, „douo“ mit großer Stimmen-
mehrheit zum 1. Vorsitzenden per Akkla-
mation, der Köllen« Bertv, „Brauerei**
einstimmig zum 2. Vorsitzenden gewählt,
Schriftführer. Kassierer und Beisitzer wur-
den wiedergewählt.
Im Anschluß an die Wahl ergriff deT
Kollege Lehner als Geschäftsführer des
Verbandes das Wort, um zu allgemein
fcnteressiegenden Tagesfragen Stellung zu
nehmen. Besonders befaßte er sich mit
den gegenwärtigen Lohnverhandlunaen,
die, so stellte er mit Freuden fest, bei
nur wenigen Ausnahmen einen 100n riaen
Erfolg zeigten. Bedauerlich sei allerdings,
daß die Verhandlungen im öffent’ichen.
Dienst bewußt verschleppt werden, und
•s immer noch nicht zu einer zufrie-
denstellenden Lösung gekommen sei.
Man könne bald annehnvetn, daß in die-
sem Falle der „Amtsschimmel“ zu wenig
Hafer erhalte und er wegen „Unterer-
nährung“ nicht mehr in deT Lage ist»
dem sozialen Tempo der Zeit zu folgen.
Offensichtlich sei es erfolgversprechen-
der wenn da und dort jüngere „Reiter“
ki den Sätteln säßen.
Der Kreis Vorsitzende, Kollege H ins,
eprach über organisatorische Probleme
Innerhalb des Kreisgebietes. Er wandte
Hou,
S'*
u» . *nd«
w 9onz
npTleen
fe,sen/
föüFH^r
jJ
Unsere Verkaufsräume
uns»«*«® ,7.
,ind Sonntag, 11 en * «Atlnpt
, von u - 18 Uhr gesund _
HIMBACH 6 Kill*
SAARBRÜCKEN 3 »">»>«• Rathaus»*« *
DAS SCHÖNSTE
«ich u. a. an die große Zahl der anwe-
senden Kolleginnen und bat auch sie um
aktiv« Mitarbeit innerhalb der Einheits-
gewerkschaft.
KEIN
ohne die praktischen
und äußerst billigen
GESCHENKE
von
Dezember 195Q
Seite 5
Die europäische Gewerkschaftsbewegung und der Schumanplan
(Fortsetzung und Schluß)
In gleichem Maße Ist es auch erforder-
lich, für eine entsprechende Preisregelung
zu sorgen, damit unter Berücksichtigung
der nationalen Verschiedenheiten und der
Aufwendungen für Frachten allmählich
eine gewisse Angleichung erreicht wird.
Eine solche Angleichung schließt auch am
dem Gebiete der Preise eine Atomisierung
aus; denn wenn jedes Unternehmen in
seiner Preisgestaltung frei ist wäre da«
mit dem Gedanken des Schumcmplans un-
vereinbar, ganz abgesehen davon, daß e«
zu unabsehbaren Störungen führen würd®.
Aut dem Gebiete der Lohn- und so-
zialen Fragen war die Mitarbeit der Ge*
werkschaften bei den Beratungen natui^-
gemäß besonders intensiv. Zunächst an-
geste'lte Erhebungen dienten dem Zweck,
die gegenwärtige Lage in den einzelnen
Ländern zu ermitteln. Das Ergebnis war,
wie erwartet: Sowohl die Löhne als Ein-
kommen belrach*et als auch die Löhn®
als Kosten der Betriebe und nicht zuletzt
die Sozia Systeme in den einzelnen Union-
ländern sind auße ordentlich verschieden,
ganz abgesehen von den ebenso unter-
schiedlichen Steuern.
Da die Hohe Behörde nur für Kohle und
Stahl zuständig ist, ist es unmöglich, ihr
Funktionen zuzuweisen, die einen Eingriff
in das Sozialgefüge der einzelnen natio-
nalen Volkswirtschaften bedeuten wür-
den. Kohle und Eisen stellen ja in jedem
Land nur einen bestimmten Teil der ge-
samten Volkswirtschaft daT, und eine
Hohe Behörde, die nur für diese beiden
Bereiche zuständig ist, muß sich auf die-
sen Gebieten eine weise Beschränkung
auferlegen
Eine solche Beschränkung ist umso not-
wendiger, als in den demokratischen Län-
dern Westeuropas Löhne und soziale Be-
dingungen in erster Linie durch Verhand-
lungen zwischen den Sozialpartnern, d.
h. zwischen Arbeitgebern und GeweTk-
ßchaften, geregelt werden. Mcrn kann
inicht die Hohe Behörde zu einer sozial-
politischen Schlichtung^tn*;tanz machen,
ohne damit d;e Gewerkschaften toi Ihren
Funktionen wesentlich zu beschränken.
Daher muß sich die Aufgabe der Hohen
Behörde auf die Sammlung und Veröf-
fentlichung von Informationen auf die-
sem Gebiete beschränken, um damit dem
Sozialparinem gewisse Unterlagen zu ge-
ben, damit s;e dadurch eine bessere Mög-
lichkeit haben, auf dem Wege freier Ver-
einbarungen zu einer Angleichung der
Löhne innerhalb des Unionraumes und
auch unter Berücksichtigung der erhöhten
Produktivität zu einer Steigerung des L®-
bensstandards zu gelangen. In den bis-
herigen Verhandlungen sind deshalb die
Behignisse der Hohen Behörde auf die-
cera Gebiet beschränkt worden, was nicht
ausschließt, daß noch einmal die allge-
meinen G-undsätz® d®8 Schnmcmolans —
Vo1,beschäftigung und s♦ehrender Le-
bensstandard, Verbot von Lohnsenkungen
und der Ausbeutung — ausdrücklich crus-
gesnroeben worden sind.
Zur Schaffung etnes eurooäische« An*
be'tsmarktes sind schließlich gewiss«
Grundsätze zur Erleichtenmg der Freizü-
gigkeit der Arbeitnehmer, d. h. also der
Beschäftigung von qualifizierten Fachar-
beitern, eines Landes in einem anderen
Lande, vorgesehen worden. Dier-e Grund-
sätze müssen allerdings durch Abkom-
men zwischen den beteiligen Staaten ln
die Praxis umgesetzt werden.
sonderen Wert darauf, daß neben der Ho-
hen B®hörd« die regionalen Gruppen •ib-
gerichtet und gleichfalls unter starke*
Beteiligung der Gewerkschaften aufge-
baut werden.
Wenn der neuerlich aufgetaucht« Ge-
ldanke, ob regionale Gruppen notwendig
eind, teilweise in Zweifel gezogen wird,
ro müssen die Gewerkschaften an dieser
Stelle ganz ausdrücklich erklären, daß
eie der Schaffung dieser Gruppen als Vor-
aussetzung des Funköon erens des Schu-
manplcms di« größt® Bedeutung beimes-
een müssen.
Die Gewerk schäften sind sich darüber
klar, daß der Schumanplan zwei groß«
Gefahren in sieb birgt. Er kann auf der
einen Seite, wenn nicht di® genügenden
Sicherheiten durch d e Mitarbeit der Ge-
werkschaften geschaffen werden, sehr
Bchnell in ein privatkapitalistisches Kar-
tell abrutschen. Dieses Kartell würd®
nicht durch Produkfionsstelgerung und
Preissenkung das Gesormtimteresse im
Auge haben, sondern — wie di« Erfah-
rung mit den Kart®Ile® gelehrt hat — le-
diglich dem Profitinteree«® der beteilig,
fcen Unternehmungen di®n®a.
Di® andere Gefahr liegt darin, daß ®m«
Superlenkungsbehörd® entsteht, dt« vor»
der Spitz« aus — ohne «inen «ntsprechen-
- in a11* Einzelheiten de«
Wirtschaftsprozesses eingreift und da-
durch die mit dem Schumanplan verfoiat»
Idee zunichte macht. a
Es ist auch di« Frage aufgeworfen wor-
den, ob bei einer gesteigerten Produktion
der vorhandene Markt in genüg*®-«
wird Mafte hiei1für aufnahmefähig seid
Verschiedentlich ist darge’egt worden,
daß bereits in einigen Jahren mit einer
UeoerprodukLon von etwa 8 Milliomenj
fonnen Stahl in Europa gerechnet werden;
tnuß e. Dies« Auffassung ist auch unbe-
gneiflioherweise von einer sonst so gut
unterrichteten Organisation wie der Eu-
ropäischen Wirtschaftsorganisation in
Genf noch im vorigen Jahr vertreten wor-
den. Demgegenüber sei darauf himgew e-
ren, daß der Stahlverbrauch in den west-
Jichen I ändern Europas pro Kopf und Jahr;
113 kg beträgt, während eich in de® USA!
der Verbrauch pro Konf Tnd Jahr auf 51S
kg beläuft.
Die Chance für Westeuropa
Abgrenzung der wirtschaftlichen Unterschiede
Zusammenfassend muß festgestellt wer-
den, daß der Schumanplan seine Arbeit
mit einer weisen Begrenzung «einer Ziel-
setzungen beginnen sollte. Die Unter-
schiede zwischen der Kohle- und Stahl-
wirtschaft der einzelnen Länder sind uo
groß, daß nicht von heute auf morgen alle
Hemmnisse beseitigt werden können, um
schlagartig den einheitlichen Markt zu
schaffen. I
Es gibt mehre-e Methoden, diese Un-
terschiede abzudrängen und allmählich
zu beseitigen. Aut der einen Seite sind
Systeme eines Prei^gusglelch* vorge-
schiägen worden, die von den Ländern
mit günstiger Kostenlag« i® degressiver
jjjjte*Jas'«i.ug ung der schwäche-
ren I inder getragen werden sollen. Aul
der anderen Seite ist es möglich, fiir be-
sonders ge'äh dele Gebiete befristet«
Schutzmaßnahmen i® Form d®r Absatz-
lenkung vorzusehe®.
De ausschließliche Anwendung de*
AusgLe:chszahlungen würd« zu einer we-
sentlichen Erhöhung des Preisniveaus für
Kohle und Stahl in bestimmte® Ländern
führen müssen, was den allgemeinen
Grundsätzen des Schumanplan« wider-
spricht und außerdem zu einer erhebli-
chen Störung des Lohn- und Preisgefü-
ges der betroffenen Länder führen würde.
Andere technische Mittel des zeitlich und
räumlich begrenzten Marktschutzes ber-
gen demgegenüber, wenn sie nicht rich-
tig gehandhabt werden, gewisse Gefah-
ren der Erstarrung und unter Umstände®
der karte’lmäßigen Bindung in eich.
Die Verhandlungen über diasen Kern-
punkt des Schumanplans sind noch mit-
ten im Gang. Wahrscheinlich wird man
keine« der beiden Mittel für «ich allein
cmwenden können, sondern man wird
eine vernünftige Kombination suchen
müssen, die möglichst allen Teilen ge-
recht wird. Auch hie bai ist di3 Mitwir-
kung der Gewerkschaft an von ausschlag-
gebender Bedeutung.
Gewerkschaftliche Bereitwilligkeit
1 Die Gewerkschaften haben, wi® ein-
gangs erwähnt, ihre Bereitwilligkeit er-
klärt, v«ranlwortlich an der Gestaltung
und Durchführung des Schumanplan« mit-
zuarbeiten. Das setzt aber voraus, daß
nicht nur ihre berechtigten Forderungen
auf sozialpo’itiscbem Gebiet die genü-
gende Beachtung fmden, sondern daß
auch die Gewerkschaften in allen Orga-
nen des Schumatnp’ans entsprechend ih*er
Bedeutung in ausreichendem Maße ver-
treten sind.
Das gilt nicht nur für di® Beteiligung
cm den Institutionen, sondern auch für di®
Durchsetzung gewerkschaftlicher Ge-
sichtspunkte in der Wi tschcrftspolitik,
die die Hohe Behörde zu führen hat. Da-
rum legen auch di« Gewerkschaften b®-
West®uropa hat nur dann ®fn« Chane®
zu leb®n und sich höher zu entwickeln,
wenn ®s alle Kräfte anspannt, um durch
Intensiv« und gemeinsame Arbeit sein«
Produktion und seinen Verbrauch zu stei-
gern und gleichzeitig de® allgemeinen
Lebensstandard fortschreitend zu heben.
Hierin sehen wir den eigentlichen Sinn
des Schumanpla-'s. Im Zeichen der
fortgeschrittenen Technik und insbe-
sondere im Zeichen des modernen Ver-
kehrs sind die Länder näher aneinander
gerückt. Ent ernuncrsbegriffe, di« noch vor
einem MenschenaUer als wesentlich an-
gesehen wurden, haben heute keine Be-
deutung mehr. Leider sind di« Völker
Ee’bst sich noch wenig einander nähe*
gekommen.
Wenn der Schumanplan richtig aufge-
baut wird, kann er der Beginn einer neuen
Entwicklung in Europa sein. Wir dürfen
aber keinen Zweifel darüber lassen, daß
er nicht mehr als ein Beginn sein kann.
Dieser Plan muß, wenn er sich auf die
Dauer behaupten will, die Ausweitung er-
fahren, die im Interesse der europäischen
Wirtschaftseinheit erforderlich ist.
Die Gewerkschaften sind erstmalig an
intemationa’en — oder richtiger gesagt,
an übernationalen Verhandlungen verant-
wortlich beteiligt.
Si® «ind damit vor Probleme gestellt,
wie si« bisher in keiner Wirtschaftsge-
schichte als organisatorische Aufgabe ei-
ner Neuordnung gestellt worden sind.
Es ist notwendig, daß sich die Gewerk-
schaftsoigaciT.atfo der beteiügtno Län-
der in vollem UmSanga der Bedeutung di®-
Betriebsversammlung bei Villeroy & ßoeh
95% der Belegschaft sprachen dem Betriebsrat das Mißtrauen aus
Salamander - Sthuke
jetzt zollfreil
KINDütSTIEfEl UNO -HALMCHUHI
1250,— 1350,— 1650— 1950,— 2250/-
DAMENSCHUHE 2250,- 2650,- 1150,-
HERRENSCHUHE 2650,— 5150,—
SCHUHHAUS
AREND
VÖLKLINGEN POSTSTRASSE 28
Die schon vor einiger Zeit angekündigte
Betriebsversammlung bei Villeroy & Boch
in Merzig, die vo® gewiss«® Kräfte® zu
verhindern versucht wurde, fand kürzlich
statt. Nachdem sie durch den Vorsitzen-
den de« Betriebsrates. Kollege Fox. er-
öffnet war. referierte der neue Direktor,
der die Stelle des vor einiger Zeit ausge-
schiedenen Direktors Ander« übernommen
hatte, über di« derzeitige betrieblich*
wirtschaftliche und soziale Lage des Be-
triebes. Seine® Ausführungen war zu ent-
nehme®. daß er mit den führenden Ge-
werkschaftlern einig geht wonach in «*>-
nieder Hinsicht innerhalb der einzeln®®
Abteilungen des großen Betriebe« noch
manches in Ordnung zu bringen sei. Wi*
wir erfahren, erklärte sich der neue Direk-
tor bereit dafür «insutreten. daß das be-
reits ausgezahlte Uebsrbrückungsgeld
nicht von de® Löhnen wieder einbehal-
ten. sondern auf die Lohnerhöhung als Er-
gebnis der kommenden Verhandlung«® in
Anrechnung gebracht wird. Es ist also zu
hoffen, daß der Direktor einen zufrieden-
stellenden Abschluß der Lohaveihandiu»-
gen irn Verlauf günstig beeinflußt.
Der 1. Vorsitzend« der Berufsgrupp® I«
Merzig. Kolleg® G a s p e r. kam auf inner-
betrieblich« Angelegenheiten zu spreche®
und geißelte die Mißerfolge des Betriebs-
rates. der sich fast in keinem Falle der
Mühe unterzogen habe, sich für di« Be-
lange und berechtigten Forderungen der
Arbeitnehmer, die ihn gewählt hätten, ein-
zusetzen. Er beleuchtete in seinen weite-
ren aufschlußreiche® Ausführungen di«
Rechte und Pflichten eine« verantwor-
tungsbewußten Betriebsrates und legt®
dem augenblicklich tätigen Betriebsrat de*
Firma V & B ln Merzig nab®, zurückzur
treten.
Wegen Zeitmangel ging der Geschäfts-
führer des I. V. Fabrikarbeiter, Willi
Kuhnen, aut Einzelheiten nicht ein. be-
tonte aber, daß es zur Pflicht des Be-
triebsrates gehör®, der nicht mehr das
Vertrauen der Belegschaft genieße, zu-
rückzutreten. wenn di* Mehrheit der Be-
triebsangehörige® dies wünsche.
Dan® wurde ein Antrag zur Abstimmung
leingebracht, wonach dem derzeitigen Be-
triebsrat das Mißtraue® ausgesprochen
und etn neuer gewählt werde® soll. Dem
Antrag stimmten 95 «/» der Anwesenden
zu.
Zu einem vorauszusehenden Zwischen»-,
fall der allgemeine Heiterkeit hervorrif,
kam es, als der ehemalige Obmann Urba-
nek, der vor Monaten aus der Einheitsge-
werkschaft ausgestoßen wurde und kürz-
lich m der Christliche® Gewerkschaft Auf-
nahme fand, das Wort zu seinen üblichen
negative® Ausführungen ergreife® wollt».
Von der Versammlung wurde er ausge-
pfiffen, und ohn® auch nur eine® Ton übe*
die Lippen zu bringe®, mußte ex das Po-
dium verlasse®.
Nach einer einmütige® Aussprache und
Wahl eines Wahlvorstandes, der sich aus
den Kollegen Frar.zen. Streit und Engle*
zusammensetzt die die Neuwahl des Be-
triebsrates vorbereite® soll«®, wurd® di®
Betriebsversammlung geschlossen.
*
Wir «rächten es als dringend notwen-
dig. dem Betriebsrat denn fast einstimmig
das Mißtrauen ausgesprochen wurd® und
der. wi« wir erfahren, sich weigert zurück-
zutrete®, die noch gültig® Betriebsrätever-
erdnuug vor Augen zu halten. Di® Beleg-
schaft Ist berechtigt, den Rücktritt «tne«
Betriebsrates zu fordern. Im § 41 der Ver-
ordnung vom 11 August 1947 heißt ®ei
„Des Betriebsrat kann unter den Voraus-
setzungen des § 40. Abs. 2. aufgelöst wer-
den.** Dieser Absatz des $ 40 legt test
daß auf Antrag der Be ruf «verbände de*
Arbeiter. Angestellte® und Beamten oder
ein«« Teiles der wahlberechtigten Arbeit-
nehmer das Arbeitsgericht das Erlösche®
der Mitgliedschaft eines Vertreters wegen
gröblicher Verletzung seiner gesetzlichen
Pflichten beschließen kann- Soweit di®
Ausführung im Gesetz. Hiernach zu ur-
teilen. handelt der Betriebsrat klug und
im Interesse der Belegschaft des große®
Betriebes, würd« er vorbehaltlos die Sitze
zur Verfügung stellen, zumal es seltsam
anmutet, wenn dies« Betriebsrgtsmitglie-
dsr aus durchsichtigen Gründen an Po-
eten. denen si« offensichtlich nicht ge-
wachsen wäre®, kleben und ein Miß-
trauensvotum unbeachtet lassen. Nach
Lag« der Ding® wird das Arbeitsgericht
entscheide®. QD
ner Aufgabe bewußt sind, wobei auch klar
ausgesprochen werden muß, daß ohn« Ein
filllung der gewerkschaftlichen Forderun-
gen eine Mitarbeit, und damit auch ein
Funktionieren das Planes, unmöglich ist.
Wenn es den beteiligten Regierungen;
tnit dem Beginn einer Neuordnung im'
Sinn« einer europäischen Einheit ernst isi^
werden sie nicht daran vorbeikönnen, den
Wirtschaftsfaktor Arbeit gleichberechtigt
im Wirtschaftsgescheh an anerkennen zu
müssen, um Frieden, Freiheit und Wohl-
stand ru wahren und zu fördern.
„Augesie Ile geißeln ßröeuge&epßomiH“
In der letzten Ausgabe der , Arbeit*
veröffentlichten wir unter der gleichen
Ueberschnft eine Zuschrift aus Mitglie-
dericrei.se l. Ein Versieherungs-Angestell-
ter beschäftigt« sich darin mit den Ver-
hältnissen nach dem Warnstreik bed de*
Saarländischen Versicherungsgruppe I
und stellte das Thema zur Diskussion.
Di* Veröffentlichung hat in breiten
Kreisen der Versicherungs-Angestell-
ten lebhafte Dabatten hervorgerufen, zu-
mal geschildert wurde, welche sonder-
bare Methoden von gewissen Arbeitge-
bern an deri_ Tag gejegt werden. In
diesem Falle wurde rach dem Wamsireik
der von der D.rektion der Versicherungs-
gruppe aufgezogene franz. Sprachkursus
unterbrochen weil die Angestellten sich
lOOo.oig an dem Warnstreik beteiligten.
Durch weitere Zuschriften wurde dies
bestätigt. Tatsache ist auch, daß die
Angestellten sich daraufhin weigerten,
je wieder an dem Kursus teilzunehmen..
„Es stimmt nicht“, so nimmt Kollege T.
zu der Veröffentlichung Stellung, „daß
di® Direktion sich erst nach dam Streik
dazu entschlossen hat, die fünf Besten
nach Paris fahren zu lassen. Jede* An-
gestellte wird sich noch genau so gut
wi® ich daran erinnern können, daß in
der eisten Besprechung über den franz,
Kursus, lange vor dem Streik, davon di*
Red« war. da fünf Beste® an Pfingsten
1951 Unentcpe tlich nach Paris fahren zu
lassen. Ebenfalls erfolgte die Neueim-
zeichuung zum Kursus nach dem Streik^
bevor uns irgend etwas in. bezug auf di»
1000.—— Frs. Prämie bekannt geworden,
war."
Wir «teilen f®st, daß die Ansichten
und Auffassungen bei den Schilderungen
über den Vorfall verschieden sind, und
es liegt uns fern, eia einseitiges Urteil
zu fällen. Lediglich hoffe® wir. daß Dis-
kussionen ihr®!» Zweck nicht verfehlen
und dazu beitragen mögen, unfair» Met-
hode® seitens der Arbeitgeber zu untet*
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ORGAN OER EINREITGGEIllERRGtHflFTEN OER RRREUER, ANGEGTELLTEN UND RERfRTEN
5. Jahrgang
Saarbrücken, Mitte Dezember 1950
Nr. 24
Unö mieDer i(t es ODeilmoditen
Nur noch einige Tage und wieder feiert die Christenheit
der Welt das Weihnachtsfest, das Fest des Friedens, den
Tag, an dem Christus geboren wurde, dessen Lehre für die
Christen der ganzen Welt Richtschnur ihres Lebens und Han-
delns sein sollte.
6 Jahre sind es her, als in der Weihnacht anstatt des
Sternes von Bethlehem die Bomber am Firmament ihre Kreise
zogen, Städte und Dörfer in Trümmer legten, Männer, Frauen, Kinder und
Greise dem Bombenhagei zum Opfer fielen. Millionen Menschen irrten in jener
Weihnachtsnacht im Jahre 1944 ziel- und planlos, hungernd und frierend, von
Haus und Hof vertrieben auf den Flüchtlings straften von Ost nach West.
Weihnachten 1950
Noch warten Tausende von Frauen, Müttern und Kindern auf die Heimkehr
ihrer Lieben, ihrer Väter, Söhne und Ernährer, die heute noch hinter dem Sta-
cheldraht der Kriegsgefangenenlager, erfüllt von Gram und Sehnsucht im Her-
zen, auf ihre Entlassung warten. In den stillen Stunden der Weihnachtstage wer-
den in diesen Familien, statt die Verheiftung der Weihnacht „Friede und
Wohlgefallen“ freudig in sich aufzunehmen, Tränen vergossen im Andenken an
die Lieben, und doch noch klingt leise Hoffnung in den Herzen, daß auch für
sie noch einmal das Weihnachtsfest ein Fest der Liebe und der Versöhnung
sein möge. Sie sehen seit Monaten in Zeitschriften und an Litfaßsäulen die
Friedenstaube als verheißungsvolle Botschaft des Völkerfriedens. Umso größer
ist und muß ihre Enttäuschung abejr sein, wenn sie feststellsn müssen, daß
von Frieden auch an diesen Weihnachten nicht gesprochen werden kann und das
Christentum heute noch lebendiger Erfüllung harrt, weil viele, die sich Christen
nennen, bis heute noch nicht danach leben-
Die diesjährige Weihnachtsbotschaft wird erneut überschattet von der Furcht
vor einem neuen Krieg, trotzdem die Menschheit den hinter ihr liegenden,
mörderischsten aller Kriege noch nicht überwunden hat. Größer denn je ist
das gegenseitige Mißtrauen unter den Völkern. Die Kriegsgefahr wächst von
Tag zu Tag, neue Divisionen werden aufgestellt, Diplomaten glauben, d/jirch
Verhandlungen uud Konferenzen den Krieg bannen zu können, Friedenskongresse
werden ab gehalten, während zu gleicher Zeit im fernen Osten Tausende täglich
dem Krieg zum Opfer fallen. Wie ein Damoklesschwert hängt die Gefahr des
Atomkrieges über der Menschheit, der Menschheit, die täglich vom Frieden
spricht und nicht den Mut aufbringt, wirklichen Frieden zu schließen.
„Willst den Frieden Du haben, sei kriegsbereit!“
Nach diesem Ausspruch jenes Römers handelt die Welt auch heute noch
und rüstet im Osten und Westen. Diese Tatsachen anläßlich des bevorstehenden
Weihnachtsfestes aussprechen zu müssen, ist hart und bitter, ist aber zugleich
Anklage gegenüber all denen, die Hüter und FördererVmd Schöpfer des Friedens
sein wollen und deren Handeln weder mit Christentum noch Christenpflicht et-
was zu tun hat
Aber nicht nur der Krieg bedroht die friedliche Entwicklung der Mensch-
heit. Anstelle von Liebe und Wohlgefallen leidet ein großer Teil der schaffen-
den Menschen in dieser Welt unter großer Not Zwang und Terror verge-
waltigen die Freiheit des Geistes und die Menschenrechte, das Recht auf
freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Die dauernde Verschlechterung der Realeinkommen der schaffenden Men-
schen, die Sorge um die elementarsten Lebensbedürfnisse auf der einen Seile,
auf der anderen Seite eine Schicht von Menschen, die die Sorge des täglichen
Lebens nie kennengelernt und sich jeden Wunsch erfüllen können, eine Ungerech-
tigkeit, die in dieser christlichen Welt zu immer größeren sozialen Spannungen
lühien muß.
Die Arbeitnehmerschaft in ihrer Gesamtheit, die unter schwersten Opfern
am Aufbau von Wirtschaft und Staat mitgearbeitet, kämpft um Anerkennung
der geleisteten Arbeit, um gerechten Lohn und Gehalt. Die zur Mitverantwor-
tung bereite Arbeitnehmerschaft steht seit Monaten im Kampf um Mitwirkung
und Mitbestimmung in der Wirtschaft, eine der gerechtesten Forderungen der
Arbeitnehmer.
Die Arbeitnehmerschaft ist heute noch materiell und sozialrechtlich in
einer Weise benachteiligt, die ihr die Freude an der Arbeit nimmt. Die Er-
füllung dieser großen menschlichen und wirtschaftlichen Aufgabe, die Anerken-
nung der Gewerkschaften als Mitträger einer neuen sozialen Ordnung und als
Vertreter der schaffenden Menschen als Gleichberechtigte in Wirtschaft und Staat
bedeutet einen Beitrag zur endlichen Verwirklichung des inneren Friedens und
auch einen Teil zur Erfüllung der Weihnachtsbotschaft, auf welche die Men-
schen seit bald 2 000 Jahre warten:
FRIEDE AUF ERDEN UND DEN MENSCHEN EIN WOHLGEFALLEN!
Heinrich Wacker
Aus dem JuPialt:
Di« Großkundgebung des I. V. Eisenbahn
Die Forderungen der Postler
Guter Wille allein tut’s nicht
Vorschuß oder Beihilfe
Lohndiktatur oder Tarifverträge?
Die Theatergemeinde teilt mit
Feierstunde am St, Barbaratag
Steuererleichterungen für Bauvorhaben
Ein Jahr Baugen osssenschaft
Arbeit und Recht
Briefkasten
Wirtschaftliche Neuordnung durch
Mitbestimmung
Soziales
Letzte Phase der Lohnbewegung
Dei Stand der Lohnverhandlungen im Saarbergbau * Das Ergebnis in der Metallindustrie
Weitere Resultate und Forderungen
Die Bestrebungen, zu weiteren Lohnabkommen zu gelangen und diese
möglichst noch vor Weihnachten ab zuschließen, wurden in den letzten
vierzehn Tagen ohne Unterlaß energisch fortgesetzt. Beim Bergbau konnte
eine Einigung, die alle Kategorien hätte einigermaßen befriedigen können,
noch immer nicht erzielt werden. In der Metallindustrie kam nach langwie-
rigen Verhandlungen ein Abkommen zustande, über das an anderer Stelle
näher berichtet wird. Die Eisenbahner und die Postler brachten in zwei gro-
ßen Kundgebungen ihren unverrückbaren Standpunkt entschieden zum Aus-
druck, wobei vor ailem die Notwendigkeit der Zahlung einer lautenden Teue-
rungszulage bis zur endgültigen Regelung der Löhne und Gehälter unter-
strichen wurde, In einigen kleineren Industriegruppen kam es zu endgülti-
gen Abschlüssen, andere wieder stehen noch in weiteren Auseinanderset-
zungen, um über völlig ungenügende Arbeitgeberangebote hinaus zu an-
nehmbaren Resultaten zu gelangen.
Für die Belegschaften der Saargruben
ergibt sich zunächst eine Nachzahlung
aus dem Monat Oktober die zum Teil
schon in Anspruch genommen und aus-
bezahlt wurde. Ferner kommen Gewinn-
prämien in Betracht. Sie sollen bei der
Hauptlohnung im Dezember ausbezahlt
werden. Die Ausgieichsentschädigung
und die Regeimäßigkeitsprämien, die bei
der Hauptlohnung im November wegen
der Streikschicht abgezogen wurden, wer-
den im Dezember nachvergütet Weiter
wurde für diejenigen Arbeiter, die am
St Barbaratag eine Schicht verfahren
haben, ein Zuschlag von 100‘Vo auf diese
Schicht verrechnet Die Auszahlung soll
so schnell wie möglich erfolgen. Ueber
die allgemeinen Lohnverbesserungen jetzt
schon ein klares Bild zu geben, ist
nicht nur wegen der komplizierten Ver-
rechnungsart nicht möglich, sondern es
fehlt immer noch die Unterschrift des
französischen Produktionsministers unter
das Abkommen betr. Anerkennung der
neuen Lohnfestsetzung für die Löhne
über Tage. Die Löhne für unter Tage
sind, wie von den Gewerkschaften bean-
tragt, anerkannnt. Die Bergbau Gewerk-
schaften halten aber nach wie vor auch
an ihrem Vorschlag für die Uebertage-
löhner fest, was sie deutlich noch in der
Sitzung beim Generaldirektor der Saar-
gruben am 12. 12. betont haben.
Bei der Fachgruppe der Bergbauange-
stellten erhöht sich ab 1. Oktober
1950 das Grundgehalt für alle Berbauan-
gestellten um ca. 9o/o. Der Grundlohn
erhöht sich also auf ffrs. 55,09 für über
Tage und auf ffrs. 64,61 für unter Tage.
Außerdem wird damit die Stundenzulage
im entsprechenden Umfang erhöht. DieVer-
handiungen gehen noch weiter, und zwar
unter Berücksichtigung des neuen Loh-
nes für den Metallarbeiter in Paris. An
Weihnachten erhalten alle diejenigen An-
gestellten, welche keine Rapportprämie
bekommen, eine Gratifikation von ffrs.
3 500.—- Die neuen Gehaltstabellen wer-
den in dem nächsten Mitteilungsblatt ver-
öffentlicht.
Beim I. V. Metall wurde endlich ein
Ergebnis in den Lohnverhandlungen, die
schon seit Monaten geführt werden, er-
zielt. Im Wirtschaftsgebiet Lothringen,
das als Vergieichsgebiet bei den be-
stehenden wirtschaftlichen Voraussetzun-
gen angesprochen wurde, ist ein Ab-
schluß bisher noch nicht erzielt worden.
Sollten die dort noch schwebenden Lohn-
verhandlungen zu einem günstigeren Re-
sultat führen, als der jetzige Abschluß
an der Saar, dann wird der lothr. Ab-
schluß für die Saar übernommen. Bei den
Verhandlungen an der Saar konnte der
Vorstand des I. V. Metall erreichen, daß
außerdem für jede im Monat Oktober ge-
leistete Arbeitsstunde ein fester, unver-
änderlicher Zuschlag von 2.— ffrs. auf
die bisher gezahlten Löhne für Oktober
1950 gewährt wird.
In der Sitzung des Verwaltungsrates
der saarländischen Eisenbahn vom
7. Dezember 1950 kam es leider nicht
zu der erwarteten Behandlung der An-
träge, die auf der Großkundgebung
(Bericht Seite 4) gestellt worden waren.
Dagegen befaßte sich der Verwaltungs-
rat mit einem anderen vom I. V. Eisen-
bahn gestellten älteren Antrag und be-
schloß, grundsätzlich einer einmaligen
WirtschaftsbeibÜfe an alle Eisenbahn-
bediensteten zuzustimmen. Die Beihilfe
wird gestaffelt in einer Hohe von 2 500
bis 9000 ffrs. ausbezahlt. Die Auszah-
lung soll noch im Dezember erfolgen.
Diese Wirtschaftsbeihilfe gründet sich
auf die französischen Verhältnisse, also
bei der SNCF, wo eine entsprechende
Zulage gezahlt wird.
Die Auszahlung dieser erneuten Bei-
hilfe wird zweifellos von jedem Eisen-
bahner begrüßt. Wenn einerseits diese
Tatsache anerkannt wird, so muß jedoch
andererseits das Bedauern darüber aus-
gedrückt werden, daß der Verwaltungs-
(Fortsetzung auf Seite 2)
Hoffnungen und Aufgaben
der Gewerkschaftsjugend
Jungkolleginnenl Jungkollegen!
Nur noch wenige Tage «trennen uns von dem
Weihnachtsfest und der Jahreswende.
Wenn wir bei dieser Gelegenheit einen klei-
nen Rückblick in das vergangene Jahr machen,
so können wir feststellen, daß wir ein ereig-
nisreiches Jahr erlebt haben.
Im Laufe der vergangenen Monate hat sieh
die Einheitsgewerkschaft, getreu ihrer Aufga-
ben und ihrer-Verantwortung, die sie als In-
teressen Vertreterin der Schaffenden unseres
Landes übernommen hat, auf fast allen Le-
bensgebieten nicht nur behauptet und einge-
schaltet, sondern auch erfolgreich durchge-
Betzt.
Selbstverständlich konnte nicht alles erreicht
werden, was wir uns zum Ziel gesetzt haben.
Aber niemand kann, wenn er objektiv an den
Geschehnissen unserer Bewegung Kritik übt,
behaupten, daß der Kampf umsonst gewesen
wäre.
Wir denken hierbei an die Sozialgesetzge-
bung, an die Schaffung des Tarifvertragsgeset-
zes, an den erfolgreichen Einsatz im sozialen
Wohnungsbau, an die unzähligen Lohn- und
Tarifverhandlungen aller Industrie verbände.
Wir denken aber auch, an die weitere Verbes-
serung der Berufsansbildungsmögliehkeiten, vor
allem an die Errichtung des Kaufmännischen
Beruf Sausbildungswerkes und an die Förderung
durch das Ministerium für Arbeit und Wohl-
fahrt.
Es wurde im Laufe des vergangenen Jahres,
Zum Teil dank der Unterstützung des Kultus-
ministeriums ermöglicht, daß eine ganze Reihe
junger Funktionäre herangebildet wurde in
Schulungskursen.
Zahlreiche Ortsjugendgruppen wurden neuge-
gründet oder durch Neuwerbungen verstärkt.
So sind wir in der Lage, die stolze Zahl von
rund 24 000 Jugendlichen als Mitglieder zu
nennen.
Wir wissen aber auch, daß uns im kommen-
den Jahre nicht weniger Arbeiten und Sorgen
bevorstehen werden.
Vor allein wollen wir besonders bei dieser
Jahreswende der Hoffnung Ausdruck verlei-
hen, daß der Welt und damit allen Völkern der
so dringend notwendige Frieden erhalten bleibe.
Möge durch soziale Gerechtigkeit, die der
beste Garant des Friedens darstellt, ein Zu-
stand geschaffen werden, der besonders dem
schaffenden Menschen das Leben wieder lebens-
wert macht.
Die Jugend aller Völker will nichts mein
mit einem Krieg zu tun haben und lehnt da-
her jegliche kriegerische Auseinandersetzung
unter den Völkern ab.
Sie ist sieh der Tatsache bewußt, daß Kriege
keine Lösungen der zweifellos vorhandenen in-
ternationalen Spannungen herbeiführen können.
Die schaffende Jugend des Saarlandes ist sich
aber auch darüber im klaren, daß nur eine
Gemeinschaft aller Schaffenden über die Lan-
desgrenzen hinaus die Verwirklichung eines
dauerhaften und gerechten Friedens bringen
wird.
Wir sind daher bereit, in den Organisationen
und Körperschaften mitzuarbeiten, die sich
diese ideelle und wirtschaftliche Vereinigung
Seite S
Dezember 1950
«Jer Manschen unseres Kontü«at« «uw Ziele
gesetzt haben, unter der Varaussetsuiw, <t«ß
sie die berechtigten Forderungen und wünsch«
der Schaffenden anerkennen und «um Durch*
brurh bringen.
An Stelle des Hasses muß die gegeuseit ige
Liebe treten!
W ir alle müssen uns darüber im klaren sein,
daß uns das gleiche Schicksal und die gleiche
Not umfaßt.
Nur dann, wenn es gelingt, die Interessen al-
ler aufeinander abzustimmen, werden wir einen
wahren Wohlstand erreichen.
Jungkwlleginnen I 4«ngkollegen!
Noch wissen wir nicht, was uns das kom-
menden Jahr bringen wird. Eines aber wissen
wir. daß unsere Einigkeit und unsere innere
Geschlossenheit uns schließlich doch vorwärts
bringen wird und uns den ersehnten Lebens-
standard sichern kann.
Da' Jngendsekretariat dankt allen Funktionä-
rinneu und Funktionären für die treue Mitar-
beit in dem verflossenen Jahr und wünscht dar-
über hinaus allen Mitgliedern und deren Ange-
hörigen
rin gesegnetes M eihnaehtsfest und
ein glückliehes. erfolgreiches Neues Jahr!
Ju- ndSekretariat der Einheitsgewerkschaft
Rudi Blaß, JugendsekretSr.
Rechtsabteilung vom 18. — 23. 12. SO
für Publikumsverkehr geschlossen!
Wegen wichtiger Abschluß arbeiten, die
sich besonders durch die Verjährungs-
terraine gegen Jahresende ergeben, bleibt
die Rechtsschutzabteilung der Eiuheitsge-
werkschal vom 18 12. bis 23. 12. 1950
für den Publikucisverkehr geschlossen.
Termin aage'e'Tenfceifsn sind in der ge-
samten Zeit bei den zuständigen In-
dust?ieve,'brmden vomibringen.
Rückführung der in der Bauwirtschaft
beschäftigten Bergleute
Das Arbeitsnumsterium hat d»e Ar-
be Isamter beauftragt, im Einvernehmen
mit der Grubenverwaitung und den zu-
ständigen Unternehmer die Rückführung
der Bergarbeiter bis zum 15. 12. 1950
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Letzte Phase der Lohnbewegung
(Fortsetzung)
rat sich nicht dazu entschloß, dis Ent-
schließung der Großkundgebung jetzt zu
berücksichtigen. Wenn auch die Tages-
ordnung des Verwaltungsrats am Tage
der Großkundgebung bereits festgelegt
war, so waren doch die Dringlichkeit
und der Inhalt der Forderung bekannt.
Ungeachtet der von der CGS ange-
strebten Gleichstellung der Verhältnisse
zwischen Eisenbahn und Oefientlichem
Dienst stellt sich der I. V. Eisenbahn
nach wie vor auf den Standpunkt, daß
die Angleichung sich auf diejenigen
Gruppen der Eisenbahn erstrecken soll,
die im Vergleich zu Oeffent. Dienst
schlechter gestellt sind. Weiter ist der
L V. Eisenbahn der Auffassung, daß es
alsbald zu Verhandlungen mit greifbaren
Resultaten über die Einführung der neuen
Personalordnung kommen muß. Unabhän-
gig von den bestehenden Meinungsver-
schiedenheiten über eine bestimmte
Grundfrage ist nicht einzusehen, aus wel-
chen Gründen die Einführung einer die
„Dilo“ ablösenden Personalordnung noch
immer verzögert wird. In dieser Frage
werden die Eisenbahner auf eine zu
harte Probe gestellt
Fachgruppe Banken und Sparkassen
Nach einem wochenlangen Kampf um
eine angemessene Gehaltserhöhung wur-
de am Dienstag, dem 21. 11. 1950, beim
Ministerium für Arbeit und Wohlfahrt —
Schhchtungsausschuß — die ersten Ver-
einbarung, welche mit den Herren des
Bedingsausschusses und dem Rechtsan-
walt Herrn Ruland, der Arbeitsgemein-
schaft der Arbeitgeberorganisation, am
16. 10. 1950 getroffen wurde, durch
Schiedsspruch für verbindlich erklärt,
und zwar 12o’o Gehaltserhöhung auf das
Effektivgehalt Ab 1. 9. 1950 wird außer-
dem den Angestellten eine 12' >ige Er-
höhung für einen zusätzlichen Monat
ausbezahlt Der 1t Vereinbarung vom
31. 7. 1950 gewährte Vorschuß in Höhe
von 3 000 bis 7 500.— ffrs. ist zurückzu-
zahlen. Die Form der Rückzahlung wird
von jeder Betriebsleitung, im Einverneh-
men mit dem Präsidenten des Bedin-
gungsausschusses, Herrn Präsidenten
Bickelmann, festgesetzt
Die Herren des Bedingungsausschusses
Herr Bickelmann, Herr Dr. Altmeyer, Herr
Direktor Garthe, Harr Direktor Roma
haben in der Sitzung vom 21. 11. 1950
auf meine Frage, wie sich die Herren
den Modus der Rückzahlung vorstellen,
Ein Jahr ist es her, seitdem die Gemeinnüt-
zige Baugenossenschaft ihre Tätigkeit aufnahra.
In dieser ganzen Zeit hat sie die Tat vor das
Wort gestellt. Großes wurde aus dem Nichts
geschaffen. Alle Erwartungen wurden über-
troffen. Die Genossenschaft, an deren Wiege
die Einheitsgewerkschaft gestanden hat,-ist m
dem abgelaufenen Jahre kaum öffentlich her-
vorgetreten. Daher ist es jetzt um so mehr an
der Zeit, sich einmal öffentlich damit zu be-
schäftigen.
In einer Pressebesprechung vermittelte Ge-
schäftsführer Braun auf Grund eines Ge-
schäftsberichtes und der ersten Generalver-
sammlung. die am 5. 12. 1950 stattgefunden
hat, ein genaues Bild der Lage. Es lohnt sich,
diesen Darlegungen eine besondere Beachtung
zu schenken, handelt es sich doch darum, fest-
zuslellen, wie weit es möglich gewesen ist und
weiterhin möglich sein wird, eine der wesent-
lichsten Grundlagen für ein menschenwürdiges
Dasein, für die Erhaltung der Gesundheit und
der Arbeitskraft, nämlich gesundes Wohnen,
zu gewährleisten.
Der einjährige Erfolg hat den Gründern
Recht gegeben. Der Vorsitzende der Baugenos-
senschaft. Präsident der Einheitsgewerkschaft
W a c k e t, betonte in der Generalversammlung
besonders den neut ralen Boden des Unter-
nehmens, indem er darauf hinwies, daß das
Wohnungsbauproblem nie ein Parteiproblem
sein dürfe. Wer es so sehe oder sehen möchte,
verkennt den tiefen Ernst dieses schwierigen
sozialpolitischen Problems. Je breiter die Ba-
st», auf der die Kräfte eingesetzt werden, um so
größer der Erfolg.
Die bisherigen Leistungen.
Es sind in der Bauausführung und zum Teil
bezogen: 108 Häuser mit 216 Wohnungen: Fi-
nanzaufwand: 44 000 000 Frs.
Es stehen finanzicrungs- und bauausfiihrungs-
reif au: 3t Häuser mit 62 Wohnungen; Fi-
nanzaufwand: 44 000 000 Mrs.
Unter den 108 Häusern befinden sich 11 Ein-
zelbauvorhaben (1 Haus in Fechingen, 3 Häu-
ser in Güdingen — Güdinger Berg —, 1 Haus
in Saarbrücken, 2 Häuser in Sulzbach, 1 Haus
in Rehlingen, 3 Häuser in Siersburg), während
97 Häuser in folgenden geschlossenen Sied-
lungsgruppen gebaut wurden:
1. Erste Baugruppe auf der Unner in Güdin-
gen nt?? 16 Häusern.
Ä. Zweite Baugruppe auf der Unner In Güdin-
gen mit 18 Hausern.
8» Baugruppe Sulzbach-Neuweiler mit 18
Häusern.
4L Baugruppe der Stadt Sulzbach mit 10
Reihenhäusern (ein Sechser- und ein Vi*»
rer-Block).
fr Baugruppe für Belegschaftsangehörige der
Firma Kleinschanzlin Pumpen AG. in Horn«
bürg mit 12 Häusern.
6. Baugruppe Bexbach mit 12 Häusern.
L Baugruppe Wiebelskirchen mit 6 Hüu*
seru,
einstimmig erklärt, daß im Jahre 1950
keine Rückzahlung vorzunehmen ist und
später solch angemessene Rückzahlun-
gen erfolgen sollen, die keine spürbare
Gehaltsverminderung bedeuten.
Zur Klarstellung der wochenlangen
Verhandlungen möchte ich bemerken,
daß die Einwände gegen die erste Ver-
einbarung vom 16. 10. 1950 durah Paris
erfolgten, da in Frankreich nur eine
6°/oige Gehaltserhöhung bewilligt wur-
de, und weil wi'r den Beginn auf den
1. 9. 1950 und mit einem Zusatzmonat
vereinbarten, der für die Herren in Paris
einen Beginn ab 1. 8. 1950 vermuten
ließ.
Außerdem erhalten die Angestellten
im Dezember ein 13. Monatsgehalt und
im Juni eine Urlaubsbeihilfe (Minimum
8 000.— ffrs.). ho,
Fachgruppe Versicherungen
Die mit den Herren der Berufsvereini-
gung der Versicherungsgesellschaften,
die im Saarland tätig sind, und den
Herren Rechtsanwälten der Arbeitsge-
meinschaft der Arbeitgeber geführten
Verhandlungen haben zu folgendem Ab-
schluß geführt:
Die Angestellten erhalten ab 1. 10. 50
bis zum Koeffizienten 140 eine feste Zu-
lage von 12 o/o und weitere 7o/0 Gehalts-
erhöhung. Die Angestellten über Koeffi-
zient 140 erhalten ab 1. 10. 1950 eine
feste Zulage von 9o/o und weitere 7 o/o
Gehaltserhöhung.
Die Erhöhung ist auf all« Gehälter,
die am 30. 9. 1950 bezahlt wurden, an-
zu wenden.
Die ab 1. 1. beschäftigten Angestellten
erhalten im Monat Dezember ein 13.
Monatsgehalt
Die während des Jahres eintretenden
oder ausscheidenden Angestellten erhal-
ten das den geleisteten Dienstmonaten
entsprechende Zwölftel ihres Monatsge-
haltes.
Im Monat Juni erhalten die Angestell-
ten ein« Urlaubsbeihilfe oder aber ein«
Büanzzuwendung von mindestens
6 000— ffrs.
Für den Außendienst erfolgte eine Neu-
festsetzung der Spesensätze wie folgt:
Werbeinspektoren bis zu 700.— ffrs.
Oberinspektoren bis zu 800.— ffrs.
technischer Innen- und
8. Baugruppe Rehlingen mit 8 Häusern.
Die 31 Häuser, die fiuanziemngs- und bau*
aufführungsreif anstehen, verteilen sich unter
anderem auf folgende Siedlungsgruppent
Dillingen 5 Häuser
Saarlouis 4 Häuser (1 Vierer-
Block in Reiben-
hausform)
Ottweiler 8 Häuser
Weiterhin kann damit gerechnet werden, daß
die Finanzierung der In der Planung fertigge-
stellten Kriegsbeschädigtcnsicdiuiig In Lands-
weiler mit 10 Häusern in Kürze sichergestellt Ist.
Die Baukredite für die in der Bauausfüh-
rung stehenden Bauvorhaben verteilen sich auf
folgende Darlehnsgeber:
1. Die Bausparkasse mit 81.750.000 Frs.
2. Kegierungskredite 50.000.000 Frs.
3- Kredite der LVA. aus Mit-
teln der Familienzulagen 30.000.000 Frs.
LVA. als l. Hypothek 12.000.000. Frs.
8. Stadt Sulzbach 31.360.000 Frs.
Geschäftsführer Braun erkannte dankbar
daß sich die Städte und Gemeinden mit einer
ausgesprochen ideellen und materiellen Groß-
zügigkeit für die Aufgaben des sozialen Woh-
nungsbaues eingesetzt haben. Sie haben u. a.
das Bauland unter denkbar günstigen Bedingun-
gen zur Verfügung gestellt, die Anliegerhei-
träge gestundet und darüber hinaus da und
dort aus eigenen Mitteln das Kigcnkapital im
Eittzelfalle aufgefüllt.
Von Interesse sind gewisse Erfahrungen, die.
die Gemeinnützige Baugenossenschaft Saarland
schlußfolgernd hinsichtlich der zukünftigen
Wohnungsbau! inanzier ung auseinandersetzt. Ge-
rade jiie in der letzten Zeit angelaufcne — und
wie es scheint anhaltende — Erhöhung der
Baukosten zwingt, zu günstigeren Flnanzie-
rungsmethoden zu gelangen, wenn nicht der er-
freuliche Rauwille im Saarland im Keim er-
stickt werden soll. Dazu gehört ebenso die be-
währte Zinszuschußaktion der Regierung. Mit
Ihr stebt und fällt — darüber muß man sieh
klar sein — die Wohnungsbaufinanzierung -des
Durehsehnittsverdleners überhaupt!
Wenn es allerdings bei den neuerlichen Be-
schränkungen bliebe, das heißt, daß der Zinszu-
schuß nur noch für einen begrenzten Kredit
beispielsweise 800.000 Frs. für eine Wohnung
von 1 Küche und 2 Zimmer — gewährt wür-
de, dann wäre das —f und erst recht im Hin-
blick auf die doch um rund 20 0/0 gestiegenen
Baukosten — der erste Schritt rückwärts, der
uni so unverständlicher anmuten müßte, wenn
man auf der anderen Seite die großzügigen
Kreditmaßnuhmen und Steuervergünstigungen
der Regierung im Zuge des sozialen Wohnungs-
baues in Parallele stellt.
Wenn wir auch zuversichtlich hoffen, daß
diese Kürzungen aus einer durch den allmiih-
Soziales
Auf di« heute durch den Landtag er-
folgt« Ablehnung eines Antrages' auf
Gewährung einer Sonderbeihllle zu Weih-
nachten aus Mitteln der Familienkas&e,
die kurz vor Redaktionsschluß bekannt
wird, werden wir In der nächsten Aus-
gabe näher eingehen Zu dem Antrag
gaben die CVP und die SPS eine Er-
klärung ab, die besagt, daß die Mittel,
die der Antrag für die Weihnachtsbei-
hilfe erfordert hätte, restlos, und zwar
so schnell wie möglich dem sozialen
Wohnungsbau zur Verfügung gestellt
werde. Mit dem so gewonnenen Betrag
lassen sich etwa 1000 Wohnungen er-
stellen. Die Erklärung der CVP und SPS
wurde gegen neun Stimmen bei drei
Stimmenthaltungen gebilligt
Sonder Unterstützung fiir Minderbemittelte.
Zur Beschaffung des dringend notwendigen
Winterbedarfs wird das Ministerium für Arbeit
und Wohlfahrt an besonders bedürftige Minder-
bemittelte und verschämte Arme eine einmalige
Sonderunterstützung gewähren. Den Bezirks-
fürsorgeverbänden wurde für diesen Zweck aus
Staatsmitteln ein Betrag von 15 Millionen Frs.
zur Verfügung gestellt.
Die Auszahlung an die Minderbemittelten
wird noch vor Weihnachten durch die Bezirks-
fürsorgeverbände im Einvernehmen mit den
anerkannten Wohlfahrtsorganisationen erfolgen.
Die Mittel sind in erster Linie für solche Per-
sonen gedacht, die nicht in laufender Fürsorge
stehen.
*
Verbesserung der Bezüge für Arbeitslose
Nachzahlung noch vor Weihnachten
Das Ministerium für Arbeit und Wohl-
fahrt teilt mit::
Nach einem Erlaß des Ministers vom
6. ds. Mts. ist die den Arbeitslosen zur
Arbeitslosenunterstützung bisher gewähr-
te Zulage auf das Doppelte erhöht
worden. Die Zulage soll, wie bisher, ne-
ben dem Tabellen-Unterstützungssatz lau-
fend gezahlt werden. Gegenüber einer
einmaligen Zulagezahlung, wie sie liir
die Sozialrentner usw. erfolgt, hat die
laufende Zulagezahlung den Vorteil, daß
sie während des ganzen Winters bis zu
einer Neufestsetzung der Unterstützungs-
sätze gezahlt wird Die Zahlung der
erhöhten Zulage beginnt für die taufen-
den Unterstützungsfälle mit der Unter-
stützungswoche, in die der I Dezember
fällt. Dadurch werden die Arbeitslosen
noch vor Weihnachten eine Nachzahhimg
erhalten.
*
Rcnten-rSachzalilung für 1945.
Der Minister für Arbeit und Wohlfahrt bat
durch eine Verfügung an die SaarknappscbaH
angeordnet, die Nachzahlung der ßc/Uge, die 5ti»
Jahre 1945 infolge Fehlens an Mitteln nicht
ausgezahlt werden konnten, zur Auszahlung zu
bringen. Die Knappschaft hat hierauf die Mit-
teilung dem Herrn Arbeitsminister zokamiftroi
lassen, daß die Berechnung b/w. die Arbeiten
bezüglich der Nachzahlung abgeschlossen sind
und die Auszahlung am 18. Dezember 1950 er-
folgen kann.
liehen Aufbrauch der Haushaltsmitteln gebote-
nen Etatsmaßnahme resultieren, so halten wir
es doch für unsere Pflicht, jetzt schon an die
Landtagsfraktionen mit einer dahingehenden
Vorlage heranzutreten, damit diese Frage, im
Zuge der Beratung des Staatshaushalte» im
Sinne einer wirklich erfolgreichen Zinsverbilli-
gung gelöst wird,
(Im nächsten Artikel werden die Steuerver-
günstigungen beim Wohnungsbau im einzelnen
behandelt, sowie die eigentliche Baubetreiiung,
also die wesentliche Aufgabe der Baugenossen-
schaft, ferner die Zielsetzung für die nächste
Zeit.)
*
Steuererleichterungen für Bauvorhaben
In der „Arbeit“ haben wir wiederholt
vor längerem über erhebliche Steuerer-
leichterungen für durchgeführte Bauvor-
haben berichtet. Die Erleichterungen er-
strecken sich auf die Lohnsteuer, auf
die Grundsteuer, auf die Grunderwerb-
steuer, auf die Vermögensteuer und auch
auf die baupolizeilichen Gebühren.
Wir bitten die Kollegen, die Bauvor-
haben durchgeführt haben, sich bei ihren
zuständigen ' Finanzämtern die Antrags-
formulare zu besorgen und, falls sie mit
ihrem Antrag nicht zu Rande kommen,
bei der Hauptverwaltung der Einheris-
gewerkschaft mit den Rechnungsbelegen
über ihr Bauvorhaben vorzusprechen, wo
ihnen der Antrag fachgemäß ausgefiült
wird. Gleichzeitig mit den Rechnungs-
belegen ist auch die Lohnsteuerbeschei-
nigung des Arbeitgebers mit beizu-
fügen.
In Kürze werden die Durchführungs-
bestimmungen zur vorgenannten Verord-
nung erscheinen, was wir zum Anlaß
nehmen werden, nochmals in allen Ein-
zelheiten die Verordnung über Steuer-
erleichterungen im Zuge des Wiederauf-
baues in d«r „Arbeit“ und auch im „Saar-
Bergbau“ zu besprechen.
Außendienst 900.— ffrs.
ho.
Die soziale Tat der Gern. Baugenossenschaft
Die Erfolge des ersten Jahres / Wichtige Aufschlüsse für alle Bauinteressenten
Dezember 1950
Seite 3
Loöndiktat oder Tarifverträge?
Man braucht im Saarland eins auffällig
lange Zeit, um zum Abschluß von Ver-
trägen zwischen Arbeitgebern und Ar-
beitnehmern über Lohn- und Gehalts-
höhe zu kommen. Die älteren Kollegen,
die schon vor 1935 im Saarland aktiv in
den Gewerkschaften standen, sind dar-
über empört, daß man im Jahre 1950
eine derartig lange Zeit benötigt, um
VertragsaDSchiÜBse zu tätigen, die an
und für sich Selbstverständliches zur
Grund.age haben. Bei der Verkündung,
daß das Tanfvertragagesetz am 20. Juli
ds. Js in Kraft tritt, glaubte jeder Ar-
beitnehmer im Saarland, daß er in eini-
gen Monaten nach seiner Leistung und
Verantwortung in der Wirtschaft ent-
lohnt werde.
Es will uns scheinen, als ob bei
vie.en Unternehmern heute noch nach
längst kompromittierten Methoden gear-
beitet wird. Die Unternehmer giauben,
sich das Recht einräumen zu können,
Löhne und Gehälter nach dem von ihnen
ausgestellten Rentabilitätsprinzip zu
diktieren und siid der Meinung, daß sich
der Arbeitnehmer danach zu richten
habe. An Argumenten, die diese Metho-
den „rechtfertigen" sollen, fehlt es ihren
dabei keineswegs. Ein großer Teil der
saarländischen Arbeitgeber sieht noch
nicht ein. daß dis Arbeitskraft an ein
lebend gss Wesen gebunden ist, das von
seinem Geist dirigiert wird, und daß
deses Lebewesen, das Mensch heißt,
nicht nur mathematisch behandelt wer-
den darf. Viele Unternehmer scheinen
noch der Meinung zu sein, daß das
Kapitai bei jeder Produklion allein aus-
schlaggebend ist, vergessen jedoch da-
bei, daß der in der Produktion tätige
Mensen der eigentliche Schöpfer des
Kapitals ist und daß darje^lje, der es
verstanden hat, sich dieses Ergebnis der
Arbeit, anzue'gnen, nach unserer Ter-
minologie als Kapitalist zu bezeichnen
ist.
Es sei zugegeben, daß sich nicht jedes
Unternehmen der besten wirtschaftlichen
Lage erfneu:, aber daran sind letzten En-
des nicht die Arbeitnehmer schuld.
Bei den bishe igan Tarifverhandlungen
haben es die Unternehmer sehr gut ver-
standen, immer die wi-tschaftlich
schechtgesteiltesten Betriebe als Bei-
spiel anTuführen, haben dabei aber stets
d e große Anzahl von Betrieben verges-
sen, die weder über ungünstige Ge-
schäftslage noch über schlechte Renta-
bi'-bät k’agen können.
Das Verhalten der Unternehmer erweckt
oft den E ndruck, als hätten diese die
Absicht, die Gewerkschaften in den
Augen ihrer, Mitg i-e^er herabzusetzen.
Zu diesem Schluß muß man kommen,
wenn man d’3 vielen Bemühungen der
Arbeitnehmeroiganisatianen in Betracht
z:eht, die allein erforderlich waren, um
nur die Vorbesprechungen der Verhard-
lungen zu erreichen. Der überwiegend«
Teil der saarländischen Unternehmer
will noch immer rieht anerkennen, daß
das Jahr 1950 der Menschheit andere
Probleme stellt als beisnielsweise das
Jahr 1900. D e Emanzipa ion der Arbeit-
nehmerschaft ist nun einmal eine unver-
kennbare Tatsache.
Wenn wir das augenblick’ich« Welt-
geschehen näher betrachten, kommen wir
zu der Erkenntnis, daß die Lage sehr
bedrohlich ist. Es ist naiv und stümper-
haft, übe- diese Entwicklung zu jammern
und zu klagen. Das Arbeitgebertxim der
demokratischen Staaten sollte lieber
ohne Resignation den Forderungen der
Stunde Rechnung tragen und die gerech-
ten Forderungen der Arbeitnehmerschaft
anerkennen und nicht nur einen Arbeit-
geberverband als berechtigten- Faktor
der Wirtschaft betrachten. Ein anderer
Weg bleibt nicht offen. Sollte das Ar-
beitgebertum an der Saar, wie auch
sonst in den demokratischen Staaten,
dem Versuch verfallen, diese Entwick-
lung zu ignorieren, so wird das Dichter-
wort, „Auf jeden Fall seid ihr verloren,
denn die Elemente sind mit uns ver-
schworen", hier seine Bestätigung finden.
Wir wünschen ehrlich und von ganzem-
Herzen, daß die saarländischen Unter-
nehmer das bisher Versäumte nachholen,
um uns nicht zu einer Stellungnahme
zu zwingen, die uns im Innersten selbst
unangenehm wäre, di« jedoch auf Grund
der gegebenen Verhältnisse dann un-
verneindlich sein müßte. Es sollte nach der
augenblicklichen Lage dem Unternehmer
an der Saar sehr darauf ankommen, der
großen Masse der Arbeitnehmerschaft
zu beweisen, daß sie gerecht behandelt
wird. Dies unter Beweis zu stellen, ist
dem saarländischen Unternehmertum bi«
heute noch nicht gelungen. R. Rauch
gibt es überall
das gute
altbewährte
Erdal
Erdoi enthält 100% reines Balsarn-
T«rpentin-Oel
Postler kämpfen um Recht
Gemeinsame Kundgebung der beiden Postgeweikschaften -1 ii Spiechei der
Arbeitsgemeinschaft geben eingehenden Aufschluß und zeigen Weg und Ziel
Im Großen Saal de« Johannishof«* in Saar*
brücken versammelten sich am II. 12. 1950
Postler aus allen Teilen dea Saarlandes *«
einer geiueinsameu Kundgebung der beiden Po»t-
gewerksrhaften. Hunderte von Kolleginnen
und Kollegen hatten sich rusammengeftinden,
als der Versammlungsleiter, Kollege Harz, dia
Kundgebung eröffnet«. Al« Vertreter der Re-
gierung waren anwesend die Herren Ministe-
rialdiricent Pfaff vom Arheitsministerium,
Oherregierungsrat Dr. Rauch vom Wirtschaft»-
und Verkehrsministerium, Oberregierungsrat
Kempf vom Personal- und Organisationsamt,
Regierungsrat Hoor vom Wirtsrhafts- und
Verkehrsministerimn, Regierungsrat Dr. Kei!
vom Wirtsrhafts- und Verkehrsministerium
und als Vertreter der PTT M. Herrmann und
Mr. Naudit.
Kollege John behandelte ln einem umfang-
reichen Referat zunächst Sinn und Bedeutung
der Arbeitsgemeinschaft. Die Einheitsgewerk-
schaft sei uns 1945 gewissermaßen in den Schoß
gefallen, und Geschenktes hätte die Tendenz,
nicht so ernst genommen zu werden wie das,
was man sich mühsam erwerben müsse. Beide
Verbünde hätten im Verlaufe unfruchtbarer
Streitigkeiten einsehen gelernt, daß der bis-
herige Weg falsch war. Eine Reihe von Zeit-
genossen habe die Gelegenheit benutzt, sieh
von jeder gewerkschaftlichen Arbeit zu drük-
ken, andererseits hätten sie nichts dabei ge-
funden, an Erfolgen teilzunehmen. Nur durch
Kampf zum Recht! Hecht bedinge Pflichten und
umgekehrt. Dies ist der fundamentale Grund-
satz des sozialen Lebens überhaupt. Beide
Verbände sagen ein grundsätzliches Ja zur per-
sönlichen Entscheidung und persönlichen Frei-
heit, aber ein bedingungsloses Nein zum Speku-
lantentum, das aus den Opfern der andern, ohne
eigenen Beitrag, Profit schlagen möehte.
Zum Beamtenhund übergehend betonte der
Redner, daß es nicht genüge, eine Stellung-
nahme für oder gegen jene Organisationsform
zu beziehen, sondern daß es notwendig »ei,
Stellung und Aufgabe der Ri-amten in der mo-
dernen Wirtschaft zu umreißeri. Die Frage sei,
ob durch ein Dienst- und Treueverhältnis be-
dingt, sich eine kastenmäßige Absonderung der
Beamten ergeben dürfe, die sich hinter wohler-
worbenen Hechten und Pflichten verschanze
und sich dadurch van den lebendigen, die Ge-
sellschaft entscheidend beeinflussenden organi-
sierten Kräften der übrigen Arbeitnehmerschaft
löse. Neuzeitliche Beamtenpolitik müsse zu-
gleich Realpolitik sein. Die Realitäten des Jah-
res 1950 seien gegenüber denen vergangener
Jahre wesentlich andere. Jeder habe die Pflicht,
aus der Geschichte zu lernen. Nur der lern«
wirklich aus der Vergangenheit, der nicht an
Ressentiments und Nebendingen hängen bleib«.
Die Post- und Telegraphen Verwaltung sei ein
Organismus, könne nur als Organismus der
Gemeinschaft dienen und könne auch bei der
Behandlung sozialer Probte eben nur als zusam-
menhängender Organismus betrachtet werden.
Es sei unverantwortlich, daß ein Teil mit dem
Gedanken spiele, sich aus diesem natürlichen
Organismus herauszulösen.
Eines der aktuellsten Problem« sei di« Ver-
abschiedung eines neuen Beamtengesetzes. Der
llegierungsentwurf hat nicht in allen Teilen
zufriederigestellt. Die Gewerkschaften werden
unter Einschaltung ihrer prinzipiellen Wün-
sche einen Gegenentwurf ausarbeiten.
Sehr lebhaft setzte sieh der Redner für di«
Aufnahme von Gewerkschaftsvertretern in die
Personalkamtttissio!) ein. Da« Betrlebsrätege-
setz müsse auch in den öffentlichen Verwaltun-
gen zur Geltung kommen einschließlich der
Mitbestimmung, zumal diese sich nicht nur auf
die materielle Lage der Arbeitnehmer beziehe.
Zu der politischen Demokratie müsse absolut
die wirtschaftliche hinzukommen. Diese For-
derung sei unabdingbar und könne nicht mehr
auf die lange Rank geschoben werden, denn
die Gewerkschaft sei heute ein wesentlicher
Faktor in Wirtschaft und Gesellschaft über-,
haupt. Auch die Gleichstellung der Frau sei
zu berücksichtigen. Wenn Verfehlungen ira
Behördenapparat Vorkommen, so müssen die
oberen Stellen genau so behandelt werden wie
die anderen. Recht müsse Recht bleiben, auch
im Saarland.
Gewerkschaftssekretär Kraenur (CG) be-
handelte die hisherige Besoldungsorduung. Mit
besonderer Betonung wandte er sich dagegen,
daß der Stellenplan für 1959, von dem die Be-
förderungen abhängen, jetzt im Dezember noch
nicht von der Regierung verabschiedet sei. Bei-
de Gewerkschaften verlangten hierzu eine als-
baldige Regelung. Die Spraehenzulage, die
man von oben abschaffen wolle, müsse beibe-
halten werden. Die vorgesehene Erhöhung der
Nachtzulage von 49 auf 60 Fts. sei völlig un-
genügend, zumal wenn man die französischen
und deutschen Zulagesätze betrachte. Ein«
teilweise Rückerstattung des Fahrgeldes der Be-
diensteten sei notwendig, da manche von ihrem
knappen Lohn bis zu 3000 Frs. Fahrgeld im
Monat ausgeben müßten. Mit 65 Jahren sollte
die Pensionierung der Arbeitnehmer schon des-
halb erfolgen, um den Jüngeren Platz zu ma-
chen. Die Graupffßler, die die gleichen Pflich-
ten hätten, müßten auch die gleichen Recht«
erhalten.
(Den Mitgliedern des I-V. Post und Fern-
meldewesen wird noch eine Einzeldarstellung
zugehen, die sie in die Lage versetzt, die vielen
Probleme, die ja nicht von heute auf morgen
geregelt werden können, nicht aus dem Auge
zu verlieren und von sich aus mitzuhelfen,
ihrer Erfüllung weiter den Weg zu bereiten und
den Enderfoig zu sichern.)
Was geht in der Textilindustrie vor?
Da in der Textilindustrie noch viel«
Betriebe sind, in danea kein gesetzlicher
Betriebsrat besteht, der die Belange der
Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber
vertritt, bemüht sich schon seit längerer
Zeit der Vertreter der Einheitsgewerk-
schaft, hier Betriebsräte wählen zu
lassen.
Gerade ln der Textilindustrie ist es
von ganz besonderer Wichtigkeit, daß
die Betriebe nicht ohne Betriebsräte da-
stehan, denn hier wurde in der letzten
Zeit (seit Beginn der Lohnverhandlungen)
diefi. BZeobachtung gemacht, daß ver-
schiedene Arbeitgeber nur noch mit der
Stoppuhr hemmlaufea.
Die gesetzlich festgelegten Zeiten wer-
den willkürlich höher gesetzt, sodaßder
Arbeitnehmer wohl mehr leisten muß,
aber nicht mahr verdient
Der Vertreter dar Einheitsgewerkschaft
hat nun mit den einzelnen Arbeitgebern
Betriebsversammlungen für Neuwahl von
Betriebsräten vereinbart.
Der Arbeitgebar hat dann — man hör«
und staune — von sich aus di« Christi
Gewerkschaft hinzugezogen. Man erklärt«
lins offen: „Wenn sie hier eine Ver-
sammlung abhalten woben, dann werden
wir die Christliche Gewerkschaft hinzu-
ziehen.1’
D«r Arbeitgeber, den wir vor uns haben,
der in einem Verband geschlossen orga-
nisiert I?t, ruft von sich aus eine zweit«
Gewerkschaft hinzu, um die Arbeitneh-
mer zu spalten und damit zu schwachem.
Die Einheitsgewerkschaft hat für all«
Arbeitnehmer in der Textilindustrie ein«
15",oige Lohnerhöhung rückwirkend ab
1. 9. 1950 an gefordert. Di« Christliche
Gewerkschaft hat bis heute noch nicht
«ins Forderung eingereicht Das war für
die Arbeitgeber sehr angenehm. Nach-
dem di« Verhandlungen zu keinem Er-
gebnis zu führen schienen, hat die Ein-
heitsgewerkschaft dieselben abgebro-
chen und der Regierung — Schlichtungs-
ausschuß — übergeben, zwecks schnele-
ger Erledigung, damit auch diese In-
dustriegruppe noch vor Weihnachten ln
den Genuß einer Lohnerhöhung kommen
sollte. Der Schlichtungsausschuß hat nun
in einer vergangenen Sitzung folgenden
Schiedssprch gefällt:
„Die gesetzlich gültigen Löhne vom
August 1950 werden mit Wirkung vom 1.
9. 1950 ccn um 12°'§ erhöht. Der Prozent-
satz der Miinderleistenden wird von 2Ü*rf»
auf 30 °> erhöht."
Danach bekämen di« Arbeitnehmer, di«
vorher 56,53 frs. bekommen hatten, ab 1.9.
1950 frs. 63,30. Also 11.— frs. weniger als
das gesetzliche Existenzminimum.
Diesem Vorschlag hat der Vertreter der
Christi. Gewerkschaft zurestimmt. Wir als
Einheitsgewerkschaft haben abgelehnt u.
bestehen nach wie vor auf unserer Forde-
rung.
Die Angelegenheit ist nun unmittelbar
der Regierung selbst übergeben worden,
die nochmals von uns aufgefordert wurde,
schnellstens eine Entscheidung zu treffen.
Die JAeatecqemeinde
teilt mit:
smwmttwifflwswwmwifflwiwwwiinmiiiiwiiwsHWiiHHiHiwiiWHWWi
MIETE I
14. 1. 1951 Don Giovanni Beginn 14,30 Uhr
11. 2. 1951 Graf von Luxemburg Beginn 14,30 Uhr
11. 3. 1951 König Lear Beginn 14,30 Uhr
MIETE D
22. 1- 1951 Don Giovanni Beginn 19 Uhr
12. 2. 1951 Graf von Luxemburg F.agtnn 19 Uhr
26. 2. 1951 König Lear Beginn 19 Uhr
MIETE IH
15. 1. 1951 Höcht« ta Shanghai Beginn 19 Uhr
MIETE IV
23. 1 1951 Graf von Luxemburg Beginn 19 Uhr
Guter Wille allein tut’s nicht
Am 5. Dezember 1950 fiel der Montage-
schlosser F. auf einer Baustelle aer
Grube Jägersfreude von einem 4 Meter
hohen Gerüst herab und erlitt einem
ernsthalten UnfialL Die dort anwesendem
Aufsichtsorgane bemühten sich sofort
um den Verletzten und ließen ihn ia
den Verbancisraum der Grube bringen,
wo ihm duren den SamtätsgönLfen di«
erste Hilfe erteilt wurde. Gleichzeitig wur-
de di« UnfailmeidasteUe des Ro.en Kreu-
zes im Dudwaiier von dem Unfall ver-
ständigt und gebeten, ain Fahrzeug mit
Tragbahre zu schicken. Es erfcngta auch
eins Zusage, und nach einer Wartezeit
von ly, Stunde traf sin Personenwagen
ein. Bei ahem guten Willen konnte der
Verletzte nicht damit transportiert wer-
den, da em Schlüsselbeinbruch, zwei
Rippenbrüche, ein« Verstauchung am
Fuß mit B.uierguß und eine leichter«
Kopfwunde als Folgen des Unfalles zu
verzeichnen woran. Ein Arzt veramaßte
daraufhin, daß ein in der Nähe haltender
beladener Lieferwagen geräumt und zur
Verfügung gestellt wurde, worauf dar
Verunglückte auf einer Grube ge-
hörenden Tragbahre ms evang.. Kran-
kenhaus nach Saarbrücken überführt
wurde.
Gegen die Unfallmeldestelle des Ro-
ten Kreuzes soll kein Vorwurf erhoben
werden. Es ist bekannt, daß das Rot«
Kreuz hi.ft, wo es nur möglich ist Ein
Krankenwagen soll zwar vorhanden, je-
doch wegen technischer Mängel nicht
fahrbar gewesen sein. Bis zum Jahr«
1947 unterhielt die Unfallmeldestelle vier
Wagen und mehrere Fahrer in ständiger
Bereitschaft Wie verlautet, soll ab 1.
Januar 1951 dia Unfallmeldestelle aufge-
löst werden, weil angeblich die notwen-
digen finanziellen Mittel durch den Kreis
nicht aufgebracht werden können. Das-
selbe Schicksal soll auch den UnfalL-
meldestellen in Heusweiler und Ludwei-
ler beschieden sein.
Zum Schutze der Berufstätigen richten
wir an di« Behörden die Anfrage, ob
es nicht möglich ist, durch Mittel au»
der öffentlichen Hand diese Unfcllmel-
destelle so auszustatten, damit sie in
jedem Falle eine sehn?'!« Hilfe, di« fÜT
die Behandlung des Verunglückten not-
wendig ist gewähren können.
Ehrung des Bergmanns
Ein« Feier stund» am St. Barbaratag
Bei der Ehrung saarländischer Berg-
arbeiter an.äßiich des St Barbara tage»
in der Wartburg in Saarbrücken hielt im
Aufträge des L V. Bergbau und dar ge-
samten Einheitsgewerkschaft der Ehren-
vorsitzende des L V Bergbau, Koileg«
Kurt Weyrich, am« Ansprache. Dia Aus-
führungen waren von einem Geist ge-
tragen, der allen Beteiligten die Ver-
anstaltung zu einer wahren Feierstunde
werden ließ. Der Redner nannte di«f
schwer« und gefahrvoll« Bergmannsar-
beit einen heidgen Dienst für Volk und
Staat Die mehr als vorbildliche Pflicht-
erfüllung in all den Jahren, die Sonder-
leistungen in der Notzeit und beim Wie-
deraufbau müßten gleichsam von selbst
jedem di« gerechten Forderungen der
Bergarbeiter .angst als berechtigt er-
scheinen lassen. Bei den Lahnverhand-
lyngen sei viel Unrecht an den Bergar-
beitern wieder gut zu machen. Neben
gerechtem Lohn beanspruche dar Berg-
mann folgendes: eine Sozialreiorm, die
ihn und seine Fami i« in alten und kran-
ken Tagen vor Not schütze durch weite-
ren Ausbau der Saarknappschaft und
der Rentenversorgung, Beseitigung noch
bestehender Härtebestimmungen in der
Renten und Unfallversicherung.
Unter Hinweis auf den zum Festtag«
gehörenden erhabenen Sinn betonte Kurt
Weyrich: Voraussetzung für «me gedeih-
liche Entwicklung der Gesamtheit ist Ge-
rechtigkeit, Verständnis und Liebe im
Staats- und Wirtschaftsleben, Ausbau
einer sozialen Neuordnung und Gesell-
schaftsordnung überhaupt, wobei da»
Wort „Liebe Deinen Nächsten wie Dich
selbst" Richtschnur sein sollte. Von sol-
chem Geist müsse unser Zeitalter erfüllt
werden. Zum festen Fundament sind un-
erläßlich vo le Mitbestimmung der Schaf-
fenden, Vertrauen und Leistung für die
Gemeinschaft. Bei Beherzigung der
Grundgedanken sei eine Verständigung
auch im Wirtschaftsleben und damit der
Wirtschaftsfrieden über ia Grenzen hin-
aus möglich. Eine baldige Regelung sei
erforderlich, weil sonst der Kamof aller
gegen alle, di« brutale Gewaltanwen-
dung ausgelöst werde. Die Vergangen-
heit sai eine Warnung. Verantwortlich«
Männer und Institutionen haben den Weg
aufgereigt, den wir gehen müssen. Wer
vom tiefen Glauben durchdrungen sei,
der nehme am Barbarabag für die schwe-
ren Aufgaben des Alltages neue Kraft
mit
Der Redner gab sodann die Anregung,
ln al’ei Pergmannsortea unserer Scrar-
heitnat d‘e «hema’igen Knappen verein«
und St. Barbara-Bruder»chaften wieder
crufleben ®u lassen, die der Stolz unse-
rer Väter gewesen s*len and dem Berg-
mann Achtung und Ehr« verschafften.
Seite 4
Dezember 1950
Die Großkundgebung des I. V. Eisenbahn
Hu Sechs-Punkte-Piogiamm — Aulschlußreiche Ausiühnmgen des Vertreters des
Hauptvorstandes der Eisenbahner Deutschlands
Auf der großen
Kundgebung des J.V.
Eisenbahn der tin-
heitage* er ksehaf t
kin Sonntag, dein 3.
Dezember, im J*>-
Vinnnishof in Saar-
brücken gab Kollege
Vongerichten einen
ran fassenden lieber-
blick übt-r wesent-
liche Probleme der
Eisenbahner. Aus
einer jahrzehntelan-
gen gewerkschaftli-
chen Erfahrung und
Leitung an maßge-
bender Sie le schöp-
fend, waren seine
Darlegungen von besonderer Bedeutung.
Die große Protestkundgebung des L V.
Eiseuocuin am Sonntag, dem 3. 12., war
in menriacner H.nsicnt von besonderem
Imeresse Trotz det überaus schlechten
W tierung, verbunden mit Hochw-asserge-
Sanr, woaurcü sich viele gezwungen sa-
hen, geiährdete Wohnorte nicht zu ver-
lassen, war der große Saal überfüllt.
Emmüb wurden dis Vorschläge des L V.
E.seabahn unterstützt, gebiUgt und da-
mit der einge schlagen« Weg für richtig
erkannt. Der Hauptzweck der Großkund-
gebung wurde in vollem Maße erfüdt:
den einheitichen .Willen zu dokumentie-
ren, um d e gesteckten Zie.e zu erreichen.
Nach der Begrüßung durch Gewerk-
fecnaltssekretär Koil. Kaup erklärte Mi-
nister Kirn in einer Ansprache, er füh,e
sich mit den Wünschen der Eisenbahner
auf sozia.e Gerechtigkeit eng verbun-
den. Sie hätten recht, wenn sie auf dem
Standpunkt stehen, ihre Forderungen ge-
meinsam zu steilen und nicht nach alt-
hergebrachten Formen getrennt nach Be-
amten, Angestellten oder Arbeitern. Im
demolaatischen Staat dürfe es keinen
Unterschied zwischen Arbeiter, Ange-
rtedten und Beamten geben. Eine starke
Gewerkschaft verbürge auch den besten
Erfolg.
Administraieur Rieth wünschte den
Eisenbahnern, daß die Kundgebung ihren
Interessen voll dienen möge. Unter Au-
ßerachtlassung aller parteipolitischen
Erwägungen Hätten es die Eisenoahner
verstanden, ihre Ziele zu verfolgen. Der
Hohe Kommissar habe sich immer be-
strebt, eine gesunde soziale Entwick-
lung im Saarland zu fördern und sich
bemüht, die notwendige Brücke zur Ver-
ständigung mit den Nachbarvölkern her-
msteilen. Versuche, das Vertrauen in
dies« Absichten zu unterhöhlen, seien
nicht im Interesse der Schaffenden und
der Vö-kerverständigung.
Der Vorsitzende des L V. Eisenbahn
KolL Eduard Weiter, begründete sodann
eingehend die Forderungen der Eisen-
bahner und wandte sich energisch gegen
jedes weitere Hmauszögern der Ver-
handlungen. Der Abschluß der gesamten
Nearege.ung der Löhne und Gehälter
könne zwar nicht an einem Tag behan-
delt und geregelt werden, aber die Zah-
lung einer allgemeinen Teuerungszulage
müsse unverzüglich erfolgen. Die Kolle-
gen von der Christlichen Gewerkschaft
hätten sich dem Antrag des I. V. Eisen-
bahn angeschlossen, und man habe in.
«-ner Arbeitsgemeinschaft gemeinsam
dies« Forderungen vertreten.
Es gene nicht an, daß man immer nur
von finanziellen Schwlerigkei en bei der
Bahn rede, wo man doch genau wisse,
daß d e Ursache in den zwangsmäßigen,
*uedng gehaltenen Tarifen für Kohle-,
Eisen- und StaVtransoorte und in den
Salamander - Schuhe
jetzt zollfrei l
KINDERSTIEFEL UND -HALBSCHUHE
1250— 1350,— 1650,— 1950,— 2250,-
DAMENSCHUHE 2250,- 2650,- 3150,-
HERRENSCHUHE 2650,— 3150 —
tCHUHHAUS
AREND
VÖLKLINGEN ROSTSTRASSE 28
verbilligten Arbeiterwochenkarten läge.
Mit solchen Verbilligungen sei auch der
L V. Eisenbahn einverstanden, aber da
müsse die Regierung die notwendigen
finanziellen Ausgleichsmittel aufbringen.
Am 7. Dezember werde der Verwal-
tungsrat tagen und es eei unerläßlich,
daß dieser den gerechten Forderungen
zustimme. In diesem Augenblick müß-
ten eich Eisenbahner, die noch nicht den;
Weg zur Gewerkschaft gefunden haben,
endlich über ihre Pflicht klar werden.
Besonders eingehend setzte sich der
Redner für di« Sicherstellung der Pen-
sionen ein und verlangte in diesem Zu-
sammenhang einen Schutz vor Inflation
durch gleitende Pension Skala mit den
Preisen. In seinem Schlußwort unterstrich
er die Bedeutunq der Verständiaung und
konnte darauf hinweisen, daß die Eisen-
bahner Europas Schritte unternommen
haben, um zu einem europäischen Ver-
kehrsamt mit dem Ziel der Schaffung
einer europäischen Ftsenbahn im Inte-
resse des Friedens und des allgemeinen
Wohlstandes zu gelangen.
Sodann ergriff das Wort der Vertreter
des Hauptvorstandes der Eisenbahner-
gewerkschaft Deutschlands, Oskar Von-
gerichten. Der Redner übermittelte herz-
liche Grüße des Bundesvorstandes und
der Deutschen Bundesbahn. Er schilderte
realistisch die Verhältnisse der Eisen-
bahner, der Eisenbahn selbst und der
Gesamtwirtschaft, im besonderen die
Lage in der Bundesrepublik. Auch dort
habe der Eisenbahner wie an der Saar
hervorragenden Anteil am gesamten Wie-
deraufbau. Die gewerkschaftliche Ein-
heit habe sich glänzend bewährt. Es sei
nun gut, daß an der Saar nach der
Gewerkschaitaspaltung wenigstens eine
Arbeitsgemeinschaft zustande gekommen
sei. Es sei falsch, wenn die Arbeit-
nehmer sich gegen die ehrgeizigen
Machthaber in aller Welt den Luxus
einer Spaltung leisten wollten. Das
Berufsbeamtentum sei ohne weiteres an-
zuerkennen.
In der Bundesrepublik habe man sich
feierlich gelobt, die politische Unab-
hängigkeit und religiöse Neutralität, mit
der man gut gefahren sei, beizubehalten.
Und weiter: Beamte sollen dabei sein,
wenn es um die Forderungen der Ar-
beiter geht und die Arbeiter müssen es
verstehen, wenn die Gewerkschaften für
di« Beamten eintreten. Es sind keine zwei
Meinungen zu vertreten. Wir brauchen
all« einander.
Der Redner unterstrich weiter die Not-
wendigkeit einer gesunden Arbeitsmo-
ral und D szipln. Wie hervorragend sich
die Einhei sgewerkschaft im Bundesge-
biet bewährt habe, das sei schon daraus
ersichtlich, daß von der halben Mi'lion
Eisenbahner nahezu 450 000 organisiert
sind. In diesen Menschen komme durch
das Einheitsbekenntnis der Berufs stolz
zum Ausdruck und nicht wie hier und da
vereinzelt der Standesdünkel unter ver-
schiedenen Fachgruppen.
Die Saareisenbahner seien zu dem
Fortschritt, den di« neue Personalord-
mrng bedeute, zu beglückwünschen. Man
werde dabei begreifen, daß eine Per-
•oncclordnung auf den ersten Anhieb
laicht schon vollkommen sein könne. So-
weit Wünsch« offen bleiben, gelt« der
wichtige Grundsatz: Gemeinsam sind
auch di« schwierigsten Problem« zu
lösen I
Mit einem beredeten Bekenntnis zur
Völkerverständigung, zum sozialen Fort-
schritt, zur Demokratie und zur Frei-
heit schließt der Redner unter lebhaftem
Beifall ausrufend: „Reicht Euch die Bru-
derhand I"
Hierauf wurde nachstehende Entschlie-
ßung angenommen:
„Dfe Eisenbahner, Arb?l*«r, Angestell-
ten und Beamten, anerkennten, daß die
vom I. V Eisenbahn einberufene Protest-
kundgebung notwendig wurde, weil:
L bis zum heutigen Tage, außer den
unverbindlichen Besprechungen mit
einzelnen Behördenstellen in bezug
der elngereichetn Forderungen, weiche
n) eine den Zeit- und Teuerungsver-
hältnispen entsprechende Neurege-
lung der Einkommensverhältnisse
des Efsenbahnpersonals,
b) eine der modernen Entwicklung an-
gepafiten Personalordnung
sich keine Merkmale zeigten, welche
darauf schließen lassen, daß ln Bälde
ein Abkommen über diese grundsätz-
lichen Forderungen getätigt wird.
2. Die Versamme’ten erkennen weiter an,
daß mit ein Teil der Ursache dieser
Verzögerung in einer zeitweiligen
Disharmonie der Zielsetzung der bei-
den Gewerkschaften zu finden ist.
Die Versammelten stellen mit Genug-
tuung fest, daß nun durch ein Ueber-
etnkommen der beiden Organisationen
dieser Zustand beseitigt und somit ein
Argument des Verhandlungsgegners, daß
das Personal selbst nicht einig sei über
di« Prinzipien der Neuregelung; besei-
tigt ist.
Im Hinblick auf die gegenwärtigen
schlechten sozialen Lebensverhältnisse
des Personals, und um den Zeitraum bis
zum Abschluß der angestrebten Verträge
zu Uberbrücken, fordern die Versammel-
ten:
L Laufende Teuerungszulagen für alle
Eisenbahn-Bediensteten,
2. die Auszahlung einer Ausgleichszu-
kige für diejenigen Gruppen, des
Eisenbahnpersonals, welche im Ver-
hältnis zu den vergleichbaren Grup-
pen des Oeff entliehen Dienstes
schlechter stehen,
3. die Entlohnung des gesamten Eisen-
bahnpersonals nach Zone l
4 die Ueberoahme der Stundenlöhner
in die Monatsbesoldung,
f. die Pensionierung der Beamten über
65 Jahre,,um dem Nachwuchs^ Raum
zu geben und die Respektierung die-
ses Rechtsgrundsatzes ohne Ausnah-
me der Person,
Wiitschaitüche Neuordnung durch Mitbestimmung
Oftantliciie Gewerkschaftsversammlung in Merzig — Appell an die Lauen und Gleicht ftltigen
Nicht nur d«r Kampf um höheren und
gerechten Lohn, sondern auch das Rin-
gen um ein fortschrittliches Betriebsräte-
gesetz, m dem das Mitbestimmungsrecht
der Arbeitnehmerschaft verankert ist,
tritt mit dem Jahresbeginn 1951 in eine
neue entscheidende Phase. Diese unum-
gängliche Forderung, di« schon seit Mo-
naten durch exakte Formulierungen erho-
ben wurden, zwingt nun endgültig di9
Regierung, Parteien und den saarL Land-
tag zu einer klaren Stellungnahme und
letzteren zur Entscheidung.
Unter diesem Zeichen stand die am
Sonntag, dem 10. 12 in Merzig durch-
geführte öffentliche Versammlung der
Einheitsgewerkschaft. Sie erfüllte, trotz
des Nichterscheinens der vorgesehenen
Redner, vollauf ihren Zweck, denn die
Notwendigkeit der Mitbestimmung und
Mitverantwortung in einer Wirtschaft, die
diesbezüglich einer Neuordnung bedarf,
wurde klar herausgestelit. Unter den
Teilnehmern hatte sich die Erkenntnis
durchgesetzt, daß es hier um etwas
Großes ginge, um eine Entscheidung, die
in der Wirtschaft, im öffentlichen Leben
des ganzen Volkes eine neue geschicht-
liche Periode einleitet. Es ginge um die
soziale Neuordnung, um die Beseitigung
eines uralten Unrechts an dem arbeiten-
den Menschen. Er, det alle Werte schaffe,
•ef bisher cm seiner Arbeitsstätte nur
als «in mit meist unzureichendem Lohn
oder Gehalt crbge speisten Arbeitstier be-
trachtet worden, das widersnruchslos die
Anweisungen des Betriebsbesitzers, des
„Herrn im Hause" zu befolgen, aber
selbst nichts zu sagen hätten. Dieser
menschenunwürdgie Zustand müsse be-
seitigt werden. Der Grundsatz, daß der
Arbeitende als gleichberechtigter und
mf(bestimmender Faktor im wirtschaft-
lichen Geschehen anerkannt werde, ist
d e unabdirgbare Fordemna der Einheits-
gewerkschaft, der ganzen Arbeitnehmer-
schaft und alter dte Freiheit und Men-
schenwürde erstrebenden Kräfte.
Namentlich in der Diskussion wurde
Immer wieder herausaesteTlt, daß es zur
Erreichung der Forderungen auf das Heer
<U*t Arbeitnehmer an der Saar ankomme.
Der Widerstand der Arbeitgeber in ihren
Vereinigungen könne nur gebrochen
werden, wenn all* Arbeitnehmer sich
mit all ihrer Energie für di« Durchsetzung
ihres Mitbestimmungsrechtes einsetzen.
Es ging® nicht, daß in dieser Zeit, in
der es gilt, den bisher in den Schatten
Gedrängten di« Menschenwürde zu er-
ringen, zahllose Arbeitnehmer der Ge-
werkschaft noch abseits stehen. Den
Lauen und Gleichgültigen müsse klar-
gemacht werden, daß Wichtiges auf dem
Spiele steht, daß auch sie sich für den
Beitritt zur Gewerkschaft entschließen
müßten, um das zukünftige Geschick
der Arbeitnehmer selbst schmieden zu
helfen.
In diesem Zusammenhang erwähnte ein
Kollege, daß es in manchen Betrieben
des Stadt- und Kreisgebietes anders aus-
sehen würde, wenn überall die Notwen-
digkeit der gewerkschaftlichen Organi-
sation erkannt würde. Er griff auf einen
Fall in Merzig zurück, wo Ar-
beitnehmer, die nicht organisiert seien,
bi« zu 300 Stunden arbeiten würden und
nicht einmal den Tariflohn erhielten.
Auch wandte sich «in Diskussionsspre-
cher in scharfer Form, gegen den Vor-
sitzenden der Christlichen Gewerkschaft,
i den Abschluß eines Tarifvertrages,
sowie endlich die Einführung einer
Personalordnung, welche den moder-
nen demokratischen Rechtsverhält-
nissen entspricht und dem Eisen-
bahnpersonal auf Grund seiner im
Wiederaufbau erzielten Leistungen
zusteht
Die Versammelten sind einig in dem
Willen, daß diese Forderungen gerecht
sind und erklären sich bereit, für obig»
Forderungen — wenn notwendig — zu
kämpfen I
Ferner vertritt die Versammlung die
Auffassung, den provisorischen Zustand
der Bestallung des Präsidenten des Ver-
waltungsrates, Herrn Welsch, in eine
teste Bestallung umzuändern.“
Die Kundgebung nahm einen sehr dis-
ziplinierten Verlauf. Alles ging reibungs-
los und zügig von statten, ein besonde-
res Verdienst der Organisation und d^r
ehrenamtlichen Ordner, die überall mit"-,
viel Geschick und Aufmerksamkeit ihrer
Aufgabe gerecht wurden.
Arbeit und Recht
Achtung zum Jahresende! — Auch Lohn-
ansprüche verjähren
Die Verjährungsfristen für Löhne und
Genälter betragen zwei Jahre. Gesetzge-
bung und Rechtsprechung vernein
übereinstimmend den Grundsatz, daß der
Beschäftigte auf jeden Fan in den Ge-
nuß des von ihm verdienten Arjoeiisent-
g«, tes gelangen muß. Der Anspruch hier-
auf darf ihm nicht duren kieiniiche oder
spitzfindige juristische Kiausein usw. ent-
zogen werden. Auch das rarifvertiacjs-
gesetz bestimmt ausdrücklich daß eine
Verwirkur^g tarii.icher Ansprüche grund-
sätzlich ausgeschlossen ist Nur in Ta-
rifverträgen lestge.egie Verwirkungsklau-
s«m haoen Recntskraft Die Verjährung
wird dann unterbrochen, wenn d^r Ar-
beitgeber die Forderung anerkennt, Ab-
schlagzahlungen leistet Sicherheiten
steht oder Zinsen zahlt Der Arbeitneh-
mer muß als Gläubiger selbst die erfor-
derlichen Schritte unternehmen, den Lauf
der Verjährungsfrist zu unterbrechen.
Dies kann jedoch nur durch gencht.iche
Maßnahmen geschehen, wie Erhebung
der Klage, Erlaß eines gerichtlichen Zah-
lung sbeiehles oder Anme'au
derung im Konkurs. Private Schritte des
Arbeitnehmers (Versendung
nung usw.) unterbrechen die Verjährung
nicht Die Unterbrechung hat die Wir-
kung, daß eine neue zweijährige Ver-
jährungsfrist beginnt
Die Verjährungsfrist von zwei Jahren
beginnt nicht mit dem Taoe b \
Wochen- oder Monatsende, da der
Rechtsanspruch entstanden *st,
•rst vom Schluß des Kalenderjahres an,
in das der betr. Anspruch fällt.
42EE?
Di« Waschmaschine in der Tüte
W«r VA LAN’versucht. der bleibt dobeil
Kern Einweichen - kein Kochen - kein Reiben
der, anläßlich der Bürgerversammlung
Lm Merziger Saalbau, die sich mit Er-
richtung eines Arbeitshauses befaßte,
•ich erlaubte, im Namen der Christiichen-
und der Einheitsgewerkschaft eine Er-
klärung abzugeben. In der Erklärung
kündigte Balle einen eintägigen Streik
für Merzig an, sofern das Arbeitshaus
dort errichtet werden sollte. Die Ein-
heitsgewerkschaft distanziert sich von
einer solchen Erklärung, die unberech-
tigterweise von einem Manne abgegeben
wurde, der seine Kopetenzen in überheb-
licher Weise überschritten hat. Jener
Mann, der nicht einmal in der Lage
war, zur Erkämpfung eines höheren Lon-
nes bei V&B, seine Getreuen zum Warn-
streik zu bewegen.
Nach der Diskussion und dem Schluß-
wort des Kreisvorsitzenden der Einheits-
gewerkschaft, der sich besonders an
di« Unorganisierten wandte, die in die-
ser Epoche nicht länger abseits stehen
dürften, wurde die Versammlung in gu-
tem Einvernehmen geschlossen. - CD -
DcÄcmbcr 1950
Seite 5
Straßenbahner fordern Weihnachtsgratifikation
(tfiieralversaiiimlung «1fr Ortsgruppe. Saarbrücken Fresser jwnn Vor«4**enden wfotforgowililt.
Im Schulungsrauui des Srraßenbahndcpots in
der Wavndstraße führten die Saarbrücker
Straßenbahner ihre diesjätrnvgR Generalver-
Sammlung durch. Es muß zunächst lohend
lierauagestellt werden, daß die technische
Durchführung der Versammlung eine vorbild-
liche war, zumal die Ansprachen kurz und
bündig gehallen wurden. Jedem echten Gewerk-
werkschaftler mußte das Hera höher schlagen,
als er die Einmütigkeit und geschlossene Hal-
tung dieser Straßenbahner erlebte.
Kollege Fresser alb Vorsitzender der Orts-
gruppe eröffnete die gut besuchte Versammlung
und nahm zur innerbetrieblichen Gewerk-
schaftsarbeit Stellung. Dabei unterstrich er die
Erfolge, die im letzten Jähe erzielt wurden und
nur durch das geacliToseenc Organisation«Ver-
hältnis möglich wäret*. Zum Schlosse seines
Geschäftsberichtes sprach er seinen Dank all
jenen aus, die ala Gewerkschaftler, jeder an sei-
nem Platze, mm Wohlc der Mitglieder ihre
Pflicht erfüllten.
Den Kasswubeeicht gab der Kollege Hrand-
meier. Der Mitgliedernfcand, so betonte er ab-
schließend, sei von 6ö3 Mitglieder im April
auf bis heute angewachsen, das seien 85 o/Q
der Gesamtbelegschaft. Durch intensive Wer-
be- und Erlolgsarbeit könne durchaus im Lau-
fe der Zeit die restlose Organisierung aller Ka-
meraden bei der Straßenbahn erfolgen.
Der Geschäftsführer des Verbandes, Kollege
Heinz, sprach den Kollegen zunächst seine
Anerkennung für die Aktivität aus, die von
den Saarbrücker Straßenbahnern im letzten
Jahre gezeigt wurde. Die Erfolge, die erzielt
werden konnten, seien zum Teil auf die ge-
werkschaftliche Haltung der Mitglieder zurück-
zurühren, die von ihnen beim Warnstreik vor-
bildlich geübt wurde. Mit Stolz blicke er auf
den I. V. Verkehr und. Transport zurück, der
als kleine Gruppe irmerftafb der EG ein Macht-
faktor darstelle.
ln seinen Ausführungen nr Lohnpolitik de*
Verbandes betonte Heinz, daß die nach und
nach erfolgten Erhöfeungeo der Einkommen,
zuletzt T1,8 O’o ab 1. Oktober 1950, durch die
Teuerungen nicht mehr gerechtfertigt seien, kt
Geschlossenheit müsse im kommenden Jahr eine
weitere Erhöhung des Reallöhnea erkämpft wer-
den, wenn die Preise weiter skrupellos Ansteigen
würden. Un vorigen Jahr sei eine Weihnachts-
gratifikation van 1000 Prs. ausbezahlt worden.
Die Betriebsleitung sei angehalten worden, für
dieses Jahr den fleißigen Straßenbahnern eine
annehmbare Gratifikation zu gewähren, was
durchaus im Rahmen des Möglichen läge. Der
AnfsicUtwrat sei von dieser Forderung eben-
In der vorletzten Ausgabe der „Arbeit**
berichteten wir über che Mißstöänd« bei
V&B in Mer zig, die wir aufgrund zuver-
lässiger Angaben veröffentlichten. Dis
von uns angeführten Fälle, die wir als
sogenannte „Arbeitgeberpohtik“ bezeich-
netea, wurden von den maßgebenden
Funktionären der Firma bis auf einen be-
stätigt. Nicht bestätigt wurden die Aus-
führungen, wonach die Firma beabsich-
tigen würde, das bereits ausgezahlte
Ueherbrückungsgeid von den Löhnen der
Arbeitnehmer wieder einzubehaiten. Als
der Redaktion bekannt wurde, daß der
neue Direktor erklärt habe, sich dafür
einzusetzen, damit das bereits ausge-
zahlte Ueberbrückungsgeld nicht von den
Löhnen embehalten, sondern auf die
Lohnerhöhung als Ergebnis der kommen-
den Verhandlungen in Anrechnung ge-
bracht werde, haben wir diese Stellung-
nahme in der „Arbeit“ Nr. 22 23 sofort
veröffentlicht Wir sprachen damals die
Hoffnung aus, daß der Direktor einen
für alle Arbeitnehmer zu friedensfeilenden
Abschluß der Lbhnverfeandlungen im Ver-
lauf günstig beeinflussen werde.
Ob diese Verhandlungen jenen zu-
frieden s teilenden Verlauf nahmen, das
zu beurteilen, ist im Moment nicht un-
sere Au f gerbe -.jedenfalls wurde eineLohn-
fall« io Kenntnis gesetzt, der am kommenden
Freitag darüber a« sntscheiden hätte.
Unser Kampf, so betonte der Redner abschlie-
ßend, sei ein guter gewesen, galt er duch mit
der Besserstellung dar ArbebwrseliÄll bei de»
Verkehrsbetrieben. Er wirf sich noch intensi-
ver gestalten müsse«, denn u gilt worter hi»,
höhere Löhne und den fortschrittlichen Tarif-
vertrag zu erkämpfen.
Nach diesen Ausführungen wurde dem Vor-
stand Entlastung erteilt. Der neue Vorstand
wurde einstimmig gewählt; ihm gehören an*
1. Vorsitzender! Piesserj 2. Vorsitzenden
Mangold: Kassierer: ßrandineier und hifTBuzg;
, Schriftführer: Hübner und Kert; Jugendnb-
tnann: Lautorborn. — <TTV—*
erhöhung von 7 o/o erzielt, ein Ergebnis,
das nur provisorischen Charaktei trägt
Wie verlautet, soll das ausgezahite
Ueberbrückungsgeid erst dann in Abzug
gebracht werden, wann es bei dar Firma
V&B zu einer endgültigen Lohnregelung
gekommen ist Eine Verrechnung dürfte
demnach vor Weihnachten nicht mehr
erfolgen können.
Gewiß, der Direktor hat durch sein
Verhalten ein gewisses soziales Ver-
ständnis an den Tag gelegt Bestätigt
würde dieses Verständnis durch eine
soziale Tat, die der Anerkennung aller
Betriebsangehöriger sicher wäre. Dem-
zufolge geben wir dter Erwartung Aus-
druck, und wir hätten keine größere
Freude, wenn der Direktor mit uns einig
ginge, daß auch nach der Durchführung
der endgültigen Lohnerhöhung die Ver-
rechnung des Ueberbrückungsgeldea
nicht mehr erfolgen würde. Den fleißigen
Arbeitnehmer bliebe dieses Geld als
eine Wirtschaftsbeihüie erhalten und mit
mehT Lebensfreude and Schaffenskraft
könnte das neue Jahr und neue Arbeit
beginnen. Wir möchten glauben, daß die
Funktionäre der Christlichen Gewerk-
schaft sich diesem Vorschlag anachlie'-
ften werden. — qd —
Vorschußzahlung oder Wirtschaftsbeihilfe ?
Firma V&B im Blickfeld lohn politischer Betrachtungen
^Briefkasten
F. K„ Elversberg. Im Amtsblatt Nr. 14/1950 wur-
de durch Verfügung bekaantgegehea, daß zur
Zeit nur Lohne, Gehälter und Renten aus Deutsch-
land nach dem Saarland überwiesen werden
können.
Oh, Biebach. Die Bevölkerung Spaniens be-
trug 1930 rund 23.5 Millionen, 1910 waren es be-
reits 26 Millionen. 500 000 Spanier kamen im
Bürgerkrieg 1936-1939 ama Leben. Zu Beginn des
Jahres 1950 betrug die Bevölkeruugszahl 28,6 Mil-
lionen.
H’ P. 1. Zusammenschlüsse der Verbände
der Arbeitnehmer bei den Handelsmarinen gibt
es schon seit Jahrzehnten.
2. Die Frage ist zu bejahen. Schon wieder-
holt ist das Problem, g-werkschaf fliehe oder
gewerksehaftsähnliche Vertretungen innerhalb
von militärischen Formationen, also Armeen,
Divisionen etc. zu bilden, anfgetaueftt. In der
nächsten Zeit wird dieses Problem sicher eine
erhöhte Beachtung gewinne«.
3. Soldatearirte sind in dber letzten Phase des
ersten Weltkrieges entstanden.
Mettlach. Die Obsterträgnisse in der Schweiz
haben sich im Laufe der letzten 20 Jahre ver-
doppelt. Ira Jahre 1930 betrug die Ernte an Aep-
feln 30 000 Wagen und an Birnen 15 000 Wagen.
Man rechnet im Jahre 1950 mit ‘über 50 000 Wagen
Aepfel und über 30 000 Wagen Birnen.
A. S., Völklingen. Der deutsche Anteil am
Weitaußenhandel, der 1938 um 10 Prozent herum
lag, ist 1948 auf etwa 1 Prozent gesunken. Hierbei
ist allerdings zu berücksichägen. daß sich die
letztgenannte Zahl auf die Bundesrepublik be-
zieht, während der ersten Zahl das Gebiet des
gesamten Vorkriegsdeutschknds zugrunde liegt
B. , Ludweilei. Die deziertjö bekannten Erdölre-
serven der Weit werden von amerikanischen
Fachleuten auf rund 600 Milliarden Barrels ge-
schätzt (1 Barrel = 163,56 Liter). Bei dem gegen-
wärtigen Stande des Vetbrojschs würden diese
für rund 500 Jahre ansreieheB.
Sr"
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