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Untersuchung der ausziehenden Wetterströme in den Steinkohlen-Bergwerken des Saarbeckens.
abhängig von der Menge der atmosphärischen Niederschläge. Die Schwankungen der Temperatur im Freien
kommen in der Grube wenig zur Geltung und werden daher das chemische Temperament derselben kaum
beeinflussen, wenn auch bei Anwendung von Wetteröfen die Wettermenge von ihnen abhängig ist. Dagegen
muss sich das chemische Temperament mit den Schwankungen des Luftdruckes verändern.
Während bei steigendem Luftdruck die wetterverschlechternden Gase in den natürlichen und künst-
lichen Hohlräumen der Kohle, welche wohl durch enge Oeffnungen mit dem Wetterstrome communiciren,
ohne dass jedoch die eingeschlossene Luft sich an der Bewegung desselben betheiligen kann, zurückgehalten
werden und sich daher dort in grösserer Menge ansammeln, werden sie bei darauffolgendem Sinken des
Barometers um so reichhaltiger ausströmen und sich dem Wetterstrome beimischen, Zu diesen Hohlräumen
gehört in erster Linie der „alte Mann“, wenn er, wie es gewöhnlich in den grubengasreicheren Gruben der
Fall ist, vermauert wurde, um ihn vom Wetterstrome auszuschliessen, während doch ein hermetischer Ver-
schluss durch die Vermauerung nicht erzielt werden konnte. Umfasst ein solcher „alter Mann“ einen Raum-
inhalt von 10000 cbm., so werden ihm für jeden Millimeter sinkender Barometersäule etwa 13 cbm. seines
grubengasschwangeren Inhaltes entströmen müssen. Nehmen wir nun an, dass die eingeschlossenen Gase
etwa 30 pCt. an Grubengas enthalten, — und sicher werden dieselben mit der Zeit weit grubengasreicher
werden, — dass ferner der Wetterstrom, dem sich die ausgeblasenen Gase beimischen, eine stündliche
Wettermenge von 10000 cbm. besitzt, so muss sich der Grubengasgehalt der Wetter für jeden Millimeter.
um welchen das Barometer in der Stunde sinkt, um etwa 0,04 pCt. vermehren,
Eine so geringe Verschlechterung des Wetterstromes würde nun freilich, selbst wenn das Barometer
um eine grössere Anzahl von Millimetern sinkt, nicht gefährlich sein. Schlimmer wäre es aber, wenn
der „alte Mann“ durch irgend welche Gesteinspalten mit schlecht ventilirten Oertern communicirt und in
Jiese seine schlagenden Wetter ausströmen lässt,
Ueberhaupt ist das Vermauern des „alten Mannes“ eine Arbeit, welche man sich nicht nur sparen
kann, sondern auch am rationellsten unterlässt. Weit richtiger wird man verfahren, wenn man dafür sorgt,
dass der Wetterstrom den „alten Mann“ überall durchstreicht, und man braucht dies um so weniger zu
beanstanden, als derselbe, stets in der höheren abgebauten Sohle liegend, erst die verbrauchten Wetter
empfängt, welche die in Bau begriffenen Sohlen schon passirt haben, also eine etwas grössere Wetterver-
schlechterung von wenig Bedeutung sein würde. Denn einerseits ist, wie vorhin bemerkt, eine hermetische
Vermauerung wohl kaum ausführbar, und es würde dieselbe daher nur zu Anfang, so lange die eingemauerte
Luft noch arm an den verschlechternden Gasen ist, eine Verbesserung der Wetter mit sich führen. Mit
der Zeit wird aber die eingeschlossene Luft sich mehr und mehr verschlechtern, bis endlich die Verschlech-
terung ein Maximum erreicht hat, und von da ab müssen genau dieselben Mengen verschlechternder Gase,
nur weit unregelmässiger, durch die Risse und Spalten der Vermauerung und des anliegenden Gesteins in
den Wetterzug ausgeblasen werden, welche derselbe beim durchsträmen des „alten Mannes“ in sich auf-
nehmen würde,
Wäre aber wirklich einmal durch die Vermauerung ein hermetischer Verschluss erzielt, so könnte
dies gerade die Veranlassung zu den schrecklichen Katastrophen werden, welche man durch dieselbe zu
vermeiden suchte. Es müsste alsdann durch die Ansammlung der sich fort und fort bildenden Zersetzungs-
producte der Kohle und des Grubenholzes die Spannung der eingeschlossenen Gase mehr und mehr sich
steigern. Wird nun später einmal, etwa durch einen Schuss, eine mit dem Inneren des „alten Mannes‘
sommunicirende Spalte geöffnet, so muss der dem Ueberdrucke entsprechende Antheil seines grubengasreichen
Inhaltes ausströmen und, die Arbeiter überraschend, in kurzer Zeit die benachbarten Strecken in grösserer
oder geringerer Ausdehnung mit schlagenden Wettern füllen. Schon häufig war man genöthigt, ähnlichen
Ursachen die schnelle Entstehung schlagender Wetter zuzuschreiben, doch pflegte man hierbei nicht an den
„alten Mann“, sondern stets nur an natürliche Hohlräume zu denken, von denen aber meines Wissens bis-
her niemals welche in der Kohle anfgefunden wurden, deren Dimensionen selbst. bei sehr hohem Drucke
der eingeschlossenen Gase eine so bedeutende Gasausströmung gestattet hätten.
Derartigen Ausnahmefällen kann nun aber bei der Ermittelung der nöthigen Wettermengen nicht