Die Wadgasser Pfarreien.
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sich der Gefahr zu erwehren. Auch der Schreiber der Annales gesteht
selbst zu, daß da, wo früher die Diener Gottes, Männer und Frauen, in
lösterlicher Zucht und Abtötung, in Stillschweigen und Gottesfurcht ihr
Fleisch durch Bußgürtel, Fasten. Nachtwachen und andere Strengheiten in
Geistesunterwürfigkeit hielten, nachher, als jene Stiftungen Schlupfwinkel
für Häretiker geworden waren, durch Ausschweifung und Laster aller Art
die Einkünfte verpraßt und ein schlechtes Leben geführt wurde. In einer
Transaction zwischen dem Propst des Hospitals und dem Magistrat, 1535,
zäählt der erstere die Ursachen der unsicheren Lage des Klosters der Reihe
nach auf. Der Geist der Reformation hatte sich gehörig merken lassen;
die aufrührischen Bewegungen, welche sie herbeiführte, hatten die Einkünfte
der Anstalt vermindert ohne Aussicht, sie zurückzuerhalten, und die noch
dorhandenen waren vollständig unzulänglich zur Unterhaltung der Religiosen.
Die Gebäude waren baufällig und konnten nicht wieder repariert werden.
Die Jahrgedächtnisse konnten nicht mehr gehalten werden aus Ursache des
Mangels an Priestern in Folge der Apostasie (Abfall) der einen und dem
Mangel von Berufungen, um die Lücken auszufüllen. Die Zahl der Pa—
rochianen betrug mehr als 1600 Seelen. In dieser Verlegenheit trat man
in Verhandlungen mit den Administratoren der Anstalt (Pfarrei) von
St. Georg; und es kam zu dem nachfolgenden Vertrag, wovon eine authen⸗
tische Copie in dem Chartular der Prämonstratenser enthalten ist.
Durch diesen Vertrag wurde die Fabrik (Kirchenverwaltung) von
St. Georg, welche selbst von einem Magistratsrat verwaltet wurde, Eigen—
tümerin von dem Kloster und den Gebänden des Hospitals, sowie auch
von der Kirche St. Nicolas. Die Gemeinde (Conventsglieder), bestehend
aus dem Propst Johann Schweitzer und den Conventualen Johann Wolf
und Jacob Hertlin, läßt übergehen und incorporiert mit Einwilligung des
Bruders Kilian, Abt des Klosters Wadgassen, ihrem Vorgesetzten, das
gloster mit all seinen Gütern, Möbeln und Immöbeln, an die obgenaunte
Anstalt von St. Georg unter den nachfolgenden Bedingungen: St. Georg
wird bezahlen die Schulden von St. Nicolas, berechnet zu 2000 fforins,
wird die gestifteten Jahrgedächtnisse halten, die Gebäude restaurieren, dem
Propst eine jährliche Pension geben von 80 florins, 80 Sack Roggen,
b Sack Hafer, 1 Fuder Wein und 6 Betten. Jedem der beiden andern
Patres wird die Fabrik von St. Georg 44 florins Pension, 14 Sack
Roggen, 1 Schwein in den ersten Jahren und 2 Betten geben. Das
Dokument erhielt die Bestätigung durch den Nuntius des heiligen Stuhles
zu Augsburg und war auch sonst mit allen canonischen Formalitäten be—
kleidet. Das approbierte Dokument enthält die Clausel, daß wenn nach
dem Tod der gegenwärtigen Religiosen der Prämoustratenserorden das
Kloster wieder zurückfordern und zur Bedienung des Hospitals neue Re—
ligiosen senden wollte, derselbe wieder in seine alten Rechte eintreten könne,
wenn er der Anstalt St. Georg alle seine Auslagen zurückerstatte und sie
entschädige für alle Lasten und Ausgaben.
Das war das Schicksal von St. Nicolas, man muß sagen traurig
genug im ersten Debut der Reformation. Die Conventualen des alten
Spitals sind noch belebt von lobenswürdigen Gesinnungen und beweinen
mit Beredsamkeit die üͤbel der Zeit, welche sie noͤtigten, ihre Zuflucht zu
dieser außergewöhnlichen Maßregel zu nehmen. Wenn sie nun auch im