bewußtiein ſtampft an ihr vorüber Piſchtel: „Jie, ije,“ murmelt er, „Spanferkel
un Brathahnen können's mache, die Daarler, awwer ſich durch ein kräftig
Lied warmſinge, das werd' ich ihne ſcho noch beibringe!“
„Die Reiſe nach Trier“
betitelt Piſtorius einen von ihm in der „St. Johann-Saarbrücker Volkszeitung“
erſchienenen Artikel. Er ſchildert darin eine Sonntagsfahrt mit der „Flora“
nach der alten Kaiſerſtadt. Nach ſeiner gewiß guten Gewohnheit beſucht er den
in St. Johann durch die Reiſe verſäumten Gottesdienſt und ſchreibt darüber:
„Ich bin in den ev. Gottesdienſt in die Baſilika gegangen. Groß und mit ſehr
vielen frommen Bibelſprüche geziert, aber troßt dem das der Herr Pfarrer ge-
waltigt predigte, hat man aber doc nichts verſtanden. Das Lied „Wie herrlich
leuchtet der Morgenſtern“ iſt Geſungen worden, von Anfang falſch, hab dem
Cantor aber gleich den Takt und Melodie richtig angeben.
Das ſtimmt ſagte der Hufar, waren 20 in die Kirche Deführt worden, als man
ſich umſah, ſchliefen 18, als er predigte den Schlaf des Gerechten.“
Soweit der Uebeltäter ſelbſt über ſein unverantwortlich rohes Benehmen
in einer Kirche. Der Vertreter des „St. Joh. -Saarbr. Anzeigers“ war
aber auch in der Baſilika und ſchildert in ſeinem Blatte das Auftreten des
Ungehobelten u. a. wie folgt: „Nach dem Ende der Liturgie wurde ein Lied
aufgeſchlagen, o ſiehe da: „Wie ſchön leucht' uns der Morgenſtern!“ -- unſeres
Herrn Piſtorius liebſtes Lied! Eben wollte er kräftig einſeßen, als die Into-
nierung ihm viel zu hoch, mit ſeinem Kammerton nicht übereinſtimmend erſchien.
Er ſang ſein d a fis d«- wirklich, die anderen volle anderthalb Ton zu ho<h! Mehr-
mals verſuchte unſer Landsmann in die Reihe zu kommen -- es ging nicht; er
verſuchte dann ſeimen Kammerton feſtzuhalten, aber 'die Andern waren einmal
im Schwung und ließen ſich nicht beirren. Da ſchwieg er und lächelte bedeutungs-
voll, und jeder St. Johanner würde nun der Gemeinde zugerufen haben: paßt
nur auf, Euch wird von dem, der im Kirchengeſang ſo unvergleichlic) groß
daſteht, gezeigt werden, wie geſungen werden muß! Und richtig, eben wollte
man in der alten Leier die zweite Strophe beginnen, da erſcholl plötlich,
in D-Dur einſeend, eine Stimme, ſo markig, alle anderen ſo
wuchtig übertönend, daßjeder Verſuch, die bisherige Ton-
art feſtzuhalten, ein eitler war. Eine ſol<he Stimme war
in der Baſilika noch nie gehört worden, man glaubte den
Erzengel Gabriel zum jüngſten Gericht rufen zu hören.
Einige Takte hindurch ertönten die mächtigen Bruſttöne des Fremden allein,
dann aber ſchloß ſich der Chor der übrigen an, zumal der Unbekannte es auch
verſtand, das bisherige ſchnelle Tempo zu beſeitigen und durch recht lang-
gezogene Töne dem Liede eine klaſſiſche Weihe zu geben. Wie ein General
jeine Truppen, ſo führte hier Herr Piſtorius die ſingende Gemeinde an und
er war es, der den letten Ton noh lange 'anhielt und erſt ganz langſam
verhallen ließ.“
- Den Hohn, der die Scilderung durchzieht, hat der Geſangs-Kraftmeier
nicht empfunden. Er blieb dem „St. Joh.-Saarbr. Anzeiger“ freundlich geſinnt.
Piſchtel war ſtets von ſeiner Ueberlegenheit überzeugt und auch hier in dem
guten Glauben, eine gute Tat vollbracht zu haben, wenn ſie auch ſein „Freund“,
Karl Kühn, mißbilligte.
Piſtorius und der König von Preußen.
Die „St. Johanner Zeitung“ vom 9. Juni 1870 veröffentlicht ein Schreiben
des J.- P. Piſtorius, „von Urgroßvätern her ein St. Johanner
und Eigenthümer“ an Se. Majeſtät König Wilhelm. Dieſe Eingabe vom
6. Mai iſt zu drollig, zu ſpaßig in ihrer Naivität, als daß ich ſie übergehen
kann. Sie beginnt: „Mit tiefer Demuth wage ich es, an Sie zu ſchreiben und
öhnen zugleich meine Zeitungs-Annoncen über Kirche und Schule und Städtiſches
in St. Johann vorzüglich Markt-Angelegenheiten zu ſchicken.“ Dann erzählt
er kleine Streitereien über das getrennte Abhalten von Märkten, den 3ank
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