Stekte aber der Büttel die offene Hand :an einer der drei Säulen auf,
ſo daß der Markt mit markten und feilſchen begann, wogte und webte eine
fröhliche Menge dahin, und des „Kirſchbaums“ daſelbſten Wirt, mit allen
ſeiner Geſ<hwei- und Geſchnurſchaft hatte nicht Hände genug, den Umſchlag zu
bannen. Des Bannbäckers Nickels Fladen aber gerieten an ſolchen Tagen,
troß ſeiner enorm großen Hände merkwürdig klein und die Würſte auf den
Fleiſch<bänken der Metzgerinſel entliehen ihre Säfte dann mehr der Pumpe
in den Meßgerküchen, denn dem Fleiſche.
Fremdes Kriegsvolk ſah das alte Rathaus durc<s Stadttor einziehen,
ſengend, brennend und mordend und der geſhändeten Frauen Wehruf ſchrie
zum Himmel! Sah des Kaiſers Karl V. erhabene Majeſtät in <riſtlicher
Demut und Beſcheidenheit nächtigend in der Herberg der Propſtei und wußte
ſich nicht Rats genug, als das neue Rathaus erſtand und der Markt nach dem
Schloßvorplaß verlegt wurde.
Und da die Mauern der Stadt fielen und ihre Türme geſtürzt wurden, da
verſiegte auch dem alten Rathaus der Born des Lebens, es wurde ſchwach und
und altersgrau, einer neuen beſſeren Zeit entgegenhoffend. Auf die auch
die Menſchen warten. Die aber nicht kommt und niht kommen kann, weil
der Men'< vergißt, daß das Beſſere von ihm ſelber kommen muß, er aber
heute ſeines Wertes mehr und mehr verluſtig geht. Unaufhaltſam! =-
Eingeklemmt wie ein alt Hutzelmännlein, das ſeine Zeit längſt überlebt,
zwiſchen jüngeren Generationen, die in ihrer robuſten Kraft es gar zu erdrücken
ſuchen, ſtehen die Reſts des alten Baues neben dem alten Wachtturm der
Stadt, deſſen Rundung man zwar noch erkennt, deſſen gewaltige Helmhaube
aber längſt den Weg alles Jrdiſchen gegangen iſt.
Bilder vom Leben am Saarbrücker Fürſtenhof.
„Morgen wieder luſtig!“
König Jörome.
NN ng
Fürſt Ludwig fährt aus. Märc<en aus Tauſendundeiner Nac<ht werden
lebendig. Vergoldete Karoſſen fahren ſechsſpännig durc<s Land, Läufer voraus
mit buntgeſtickten Samtjacken, hinten ſtehen zwei rieſige Heiducken in ihren
maſſiven Silberpanzern und den hohen Bärenmüßen, in weißen Atlaskiſſen
hinter den gläſernen Fenſtern bauſchen ſich bunte Brokatkrinolinen, nicken
weißgepuderte, mit Federn geſhmückte Köpfe. Es folgt der Hofſtaat, grün-
livrierte Jäger, ſhmuck mit goldenen Treſſen, die ſharlachroten Uniformen der
Kaufmannsgarde auf ihren Rappen, die blauen Dragoner auf Sdchimmeln,
bligend von Waffen, Mohren auf den hohen Kutſchböcken thronend, kleine
Reger in feuerroten, ſilbergeſtickten Livreen laufen neben den Galawagen her
und in dem prächtigſten Wagen der Fürſt mit ſeinem weißgepuderten Kopf,
dem feingeſchnittenen, langen Profil, den feſtverſchloſſenen, herriſchen Lippen,
den blitenden, hellen Augen, daneben die Fürſtin, Prinzeſſin Wilhelmine von
Schwarzburg-Rudolſtadt, zart, leidend und jung, mit einem müden, reſignierten
Lächeln, in Pelzen und Spitzen, von Geſchmeide funkelnd.
In den engen, ſchlechtgepflaſterten Gaſſen drängen ſich die Bürger, reißen
die Kappen von den Köpfen und die Frauen verſinken knizend tief in ihre
weitbauſchigen Röcke. Die Fürſtin ſieht man ſelten; ſeit der Geburt des Erb-
prinzen iſt ſie leidend und wohnt auf dem Halberg vor der Stadt in ihrem
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