„Er is es wees Gott“, ſtammelte Tante Auguſte, der die Knie zitterten. „Awer die Depeſch' . . . das ſchrecklich Telegramm, do wo ich Kritt han!“ „Dat wird'n Faſtnachtsjux geweſen ſiin, Madamche“, ſagte ſeine Wirtin. „Laſſen ſe den nur ſchlafe, morjen früh iſt ex widder lebendig un alles in Ordnung.“ Und ſchnell und energiſch ſchloß die derbe Wirtin die Türe hinter den beiden völlig verſtörten Damen in tiefer Trauer. Dieſer Bruder Luſtig =-- Edgar habe ich ihn getauft =- wurde nah tollen Jugendſtreihen ein hochgeſchätter, ſehr humaner Landrichter und blieb der Stolz ſeiner Tante. Sie ruht auf dem alten Friedhof in Saarbrücken, wo ihr Grab ſtets gepflegt erſchien. Aus weiter Ferne trieb es ihn jährlich zur Ruheſtätte der guten Seele, um ihrer zu gedenken und ihr für alle Herzens- güte, Geduld und Liebe zu danken. 25 FEE ren, Jugenderinnerungen an den Schloßplatz. Von Marie Prieße. „Liefree“ um's Mäuerche rum! Gibt es wohl no< Saarbrücker Kinder, die „Liefrge“ ums Mäuerche rum ſpielen können? Ob das Mäuerc<he überhaupt noh ſo daſteht zwiſchen Schloß- plaß und Talſtraße mit dem Treppchen an ſeinem öſtlichen Ende? Wir Kinder vom Sc<loßplaß ſpielten an ſchönen Frühlings- und Sommertagen mit Be- geiſterung das ſchöne Spiel, deſſen ſeltſamen Namen ich übrigens nie geſchrieben geſehen habe. Was er eigentlich für einen Urſprung hatte und was Liefree heißen ſollte, war uns völlig ſchnuppe. Es war ein „Nohläf<es“ſpiel, das nur an dieſen Ort gebunden ſchien. Einer von uns ſtand am Treppen, wo idie Mauer am höchſten war, die anderen am entgegengeſeßten flachen Ende. Auf das Kommando „Liefree“ ſtürmten beide Teile, ſo flink es ging, an den Plaß des Gegners, indem die Einzelläufer oben auf der Gdloßplaß- ſeite der Mauer, die anderen auf der Talſtraßenſeite laufen mußten. Der Haupttrick war dann, daß die Gruppenläufer ſo ſchnell wie möglich zum Schluß auf das Treppchen gelangten und ſich da dukten, während. der beim flachen Ende angekommene Einzelläufer nach raſcher Wendung ſehen mußte, ob er noh einen der anderen mit den Augen erwiſchte. Wer von ihm als letter beobachtet war, ehe er aufs Treppchen gelangte, mußte dann an ſeiner Stelle Einzelläufer werden. Jh weiß noch, daß die größeren Geſchwiſter ſich einmal darüber unterhielten, ob wohl Liefree von livrer -- üÜberliefern -- herrühren könnte. Bei einem anderen Nachlaufſpiel konnte man an. vorher beſtimmten Frei- plätzen durch den Ruf: „Mein Herz iſt frei“ vor dem Angeſchlagenwerden be- wahrt bleiben. Angenehm gruſelich ſpielte ſich im Dämmern auf dem damals noch ganz freien, nur durch ſein altes Wackenpflaſter ausgezeichneten Scloß- plaß: „Ein Uhr, er kommt noch nicht!“ Dabei gingen wir, in langer Reihe untergefaßt, nebeneinander her, während uns iw einiger Entfernung ein ein- zelner Mitſpieler folgte. Im Sprechhor wurden dann alle Stunden hergebetet mit dem Refrain: „er kommt noch nicht!“ Das unheimliche dabei war, daß der ſtille Berfolger bei jeder Stundenanſage etwas näher geſchlichen kam, um bei „12 Uhr, er kommt!“ mit lautem Gebrüll über uns herzufallen. In höchſtem Grauſen liefen wir dann laut quietſchend auseinander, während der Verfolger einen von uns zu fangen ſuchte. Gelang es ihm, dann mußte der an ſeine Stelle treten und das Spiel begann von neuem. Jh wüßte nicht, daß wir fürs