Saarkalender für das Jahr 1929
graben“ angelegt. Während nun ein Mann das eine Ende der „Hol“ (Säge) von oben
führte, half ihm der Partner von unten im Laufgraben. Aus den schweren Eichenbrettern
wurde auf niederem Gerüſte die „Sohle“ des Schiffes hergestellt. Dann folgte das Ge-
rippe und darauf die Seitenwände, das Vorder- und Hinterdeck mit den starken „Rangen“.
Zu dem Hinterdeck wurde das stolz gebogene Steuer gefügt und zuletzt der schlanke Maſt
mit einem Takelwerke aufgeſtellt. Das Biegen der Bohlen für die Schiffswände geschah
auf folgende Art. Eine Bohle wurde auf zwei eiſerne Böcke gelegt und dort befestigt. An
das eine Ende wurden nun ſchwere Steine gehängt. Unter der Bohle brannte ein mäßiges
Feuer. Durch den Einfluß der Wärme erhielt die Bohle so die gewünſchte Form. Die
„Spanten“ wurden je nach ihrer Form aus Bohlen geschnitten. (Zum Schiffsgerippe.)
Originell war das Abdichten. In die Fugen wurde mit dem ,„Mooſtriewer“ Moos einge-
keilt, in das man wiederum eiserne ,„Sinter“, eine sſternartig geformte Nagelsorte, trieb.
Die Herstellung der vielen benötigten Schiffsnägel und „Sinter“ brachte ein besonderes
Handwerk auf, das heute durch die Maſchinen vollständig vertrieben und im Aussterben
begriffen und nur noch vereinzelt im Hochwald anzutreffen ist. Es iſt das wie ein Stück
alter Volkspoeſie aus romantischer Zeit anmutende Gewerbe der Nagelschmiede. Was diese
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Länge eines fertigen Schiffes betrug durchschnittlich 30~85 Meter, die Breite 3,5 Meter.
Der Preis eines solchen Schiffes waren 300003500 Taler. ;
Durch den Bau der Saarbahn in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde
mit der Schiffahrt auf der Saar auch dieser Induſtrie der Boden zur weiteren Entwick-
lung genommen. Der Gemeinderat von Fraulautern sah sich damals zu den schärfsten
Proteſsten gegen den beabsichtigten Bahnbau veranlaßt, „weil durch die Errichtung der
. Eisenbahn die daselbſt vorhandenen Schiffbauer, Halfen und Schiffkeute durch die bevor-
f )!!de Auſlöſuug der Schiffahrt auf der Saar geſchäftslos werden und bedeutenden
Tatsächlich stellten dann auch die einzelnen Meiſter mangels weiterer Aufträge nach
und nach ihren Betrieb ein. Die letzten Schiffbauer waren N ik. Fontaine und J.
Sch u l e r. Der Platz an der Saar aber hat den Namen , Schiffbauplatz“ behalten bis heute.
Wie eine alte, knorrige Weide immer wieder junge, ſsaftgrüne Gerten treibt, so er-
wuchs jedoch aus der untergegangenen Induſtrie eine neue, mächtig erstarkte ~ die Frau-
lauterner Holzbearbeitungsinduſtrie!).
3. Die Papierinduſtrie zu Dillingen un d Sch walbach.
In der Nähe der gewaltigen Hochofenanlagen in Dillingen befand sich vor Jahrzehnten
die Dillinger „Pa p i er- und Tap et en f a b r i k“. Die Geschichte dieser alten „Papier-
mühle“, wie sie heute noch genannt wird, iſt für uns deshalb bedeutungsvoll, weil hier
die e r ſt e Papiermaſchine'?) aufgestellt und nach einer anderen Ueberlieferung das
„ſ < ön st e“ Papi e r') Deutschlands hergestellt wurde.
Die Gründung der Papiermühle zu Dillingen fällt in das Jahr 1759. Nach Schmitt
(Fragmente) war der damalige Herr von Dillingen, Cous i gny de Ta ylfumyr ihr
Gründer. Neben der Papierherstellung befaßte sich dieser Herr auch mit dem Drucken von
Verken in h ebräiſch e r Schrift. 1762 finden wir als Besitzer der Papiermühle einen
Michel Leisten schneider, von dem ſie dann wahrscheinlich in den Besitz des ein-
gewanderten Papiermachers Pi e tte d e Rivag e kam. Unter diesem Beſitzer wurden
im Jahre 1817 die bereits erwähnten Papiermaſchinen, die die erſten ihrer Gattung in
_ Deutschland waren, aufgestellt. Die Maschinen waren von einer englischen Firma,
Byrian Donkin in London geliefert worden. – Um 1844 lieferte die Dillinger Pa-
pierfabrik täglich 400 Ries Papier. Der Versand ging in der Hauptsache nach Königsberg
; vergl. auch Dr. Fox, Saarl. Volkskunde, p. 392.
12) Fraulautern r. shi Szzs 1927, p. 78.
s Wochenblatt für Papierfabrikation, 1926, Nr. 17, p. 474 (Stadtbibl. Saarl.)
sgl. p. 475.
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