Saarkalender für das Jahr 1928
Mathias Mahlsack von Fraulautern. Joh. Amann von Griesborn.
Dominikus Poſien von Differten. Heinr. Hoffmann von id.
Math. Zang von id. Nikl. Louis von id.
Nikl. Trunsler von id. Joh. Ziegler von Fahlſchied.
Jakob Alt von id. Adam Altmeyer von id.
Math. Kiefer von Roden.
Ich habe diese Namen angeführt, um es den heutigen Trägern dieser Namen zu
ermöglichen, einmal in ihrer Familiengeschichte Rückschau zu halten und sich bei den
älteſten Ortsbewohnern zu erkundigen, ob ihnen noch etwas von diesen Avswanderern
überliefert wurde und vielleicht noch alte Briefe der Ausgewanderten vorliegen. Aller
Wahrſcheinlichkeit nach haben sich die Wolgadeutschen, von denen oft in der Zeitung
die Rede iſt, aus diesen Auswanderern rekrutiert. Die deutschen Ansiedler an der Wolga
haben bis zur Stunde ihre Eigenart bewahrt und sind Träger der deutsſchen Kultur
im Osten geworden, die somit auch einen Schuß saarländischen Blutes und saarländischer
Eigenart erhalten hat. Ob ſich die heutigen Wolgadeutſchen noch ihrer alten Heimat
erinnern? Ich glaube nicht, denn wie mir ein Freund neulich erzählte, traf er in
Saarbrücken einen Deutſchruſſen, der wohl noch wußte, daß seine Ahnen hier von der
Grenze ſtammten, ſich aber zu seinem großen Bedauern nicht mehr des Ortes ihrer
L?turt etiuyerr konnte. Vielleicht war er ein Urenkel jener Auswanderer aus den
Johrern 181691817.
Anfangs stand die preußiſche Regierung der Auswanderung gleichgültig gegenüber.
Als aber immer mehr Kreiseingeſeſsſſene zum Wanderſtab griffen und ein ſchlimmer
Brotmangel eintrat, führte sie eine großangelegte Untersſtützungsaktion der notleidenden
Bevölkerung durch und ſtillte durch unentgeltliche Kornlieferung den größen Hunger.
Um die Arbeitsloſigkeit zu beheben, beauftragte sie den Feſtungskommandanten von
Saarlouis, die Renovierung und den Ausbau der veralteten Feſtungswerke sofort
in Angriff zu nehmen. Diese Maßnahme gab vielen Armen neues Brot, wie folgende
Bekanntmachung beweiſt:
. . . Ein großer Theil der durch des Königs Majestät Allergnädigste Fürsorge dieſem
Kreis zur Unterſtützung bei der jetzigen Teuerung zugedachten Früchte iſt hier angekommen;
und täglich werden noch bedeutendere Zufuhren erwartet. Bei den günstigen Aus-
sichten zu einer gesegneten Erndte haben wir jetzt von größerem Mangel nichts mehr
zu erfahren. In allen Bürgermeisſtereien wurden bedeutende Almosen an ganz arme
Arbeits-Unfähige ausgespendet. Aber nicht allein für die Unterſtützung der Bedürftigsten
iſt geſorgt, auch alle jene, welche arbeiten können und wollen, sellen an ven hiejſigen
Festungswerken Arbeit, hinlänglichen Lohn, und zugleich wohlfeiles Brod erhalten.
Solange die jetzige Theuerung anhält, soll jeder Arbeiter, welcher die ganze Woche
hindurch an den Festungs-Arbeiten geschaft hat, am Sonntage als dem Zahltage eine
Anweiſung auf zwei 6-pfündige Brod erhalten; welche ihm zu 17 Groſchen die 12 Pfund
werden angeschlagen werden; der Arbeitslohn, welcher richtig jeden Sonntag ausgegahl'
wird, iſt übrigens, so berechnet, daß in keiner Privat-Anſtalt mehr, ja nicht einmal so viel
an Tagelohn gezahlt werden kann.
Bei dieser Leichtigkeit, Nahrung und Erwerb zu finden, darf aber das so sehr
eingeriſſene Betteln nicht länger geduldet werden; die Herren Bürgermeister, Seel-
sorger, und die Wohltätigkeitsvereine werden hiermit aufgefordert, jeden arbeitsfähigen
Mann, der sich um Hilfe bei ihnen melden sollte, hier zu verweiſen, wo ihm von
dem Königlichen Ingenieur des Platzes Arbeit und Belohnung wird zugewiesen
werden.; . . „ ssw.
Saarlouis den 18ten July 1817. Der Landrat Schmelzer.
Trotzdem scheint es noch viele Arbeitsſcheue gegeben zu haben, die den angewohnten
Bettlerberuf nicht aufgeben wollten und erst durch strenge Strafen wieder zur Arbeit
zurückgesührt wurden. Ein böses Straf-. und Zwangsmittel war die große Landes-
viſitation, ähnlich einer heutigen Polizeirazzia, welche durch folgendes Dokument
belegt fst:
U. sämtliche Herren Bürgermeister. Auf Befehl des Herrn Polizer
Ministers Durchlaucht iſt für den 17ten und 20ten May eine allgemeine Landesvisilation
für sämtliche Königliche Staaten angeordnet.
Sie werden sich von dem Nutzen dieser Maßregel bei der letzten Viſitation überzeugt
haben, ganze Schaaren fremder Bettler durchſtreichen das Land, und verzehren die
zum Unterhalt unserer eigenen Armen unentbehrlichen Nahrungs-Mittel.
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