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5. Zusammenfassung: die deutschen Entnazifizierungsgesetze 1947
Der Service Epuration in Baden-Baden stellte im April 1947 zufrieden fest, daß
durch die neuen deutschen Entnazifizierungsgesetze die Einheitlichkeit innerhalb der
französischen Zone gewahrt bleibe. Die Militärregierung habe erreicht, daß die bis
herige Entnazifizierungsarbeit nicht in Frage gestellt worden war 1 . Nur in Detailfra
gen gab es regionale Unterschiede. Die LVO in Rheinland-Pfalz sah ein verein
fachtes Verfahren für Mitläufer vor und regelte die Sühnemaßnahmen für Beamte in
einem besonderen Paragraphen. Der Landeskommissar konnte befristete Weiterbe
schäftigungen erlauben und landesfremde Entnazifizierungsbescheide anerkennen.
Im Saarland konnten die bisherigen Organe bis zum Abschluß der anhängigen Ver
fahren Weiterarbeiten. Im Vergleich zum Baden-Badener Modellgesetzesentwurf
verbesserten beide Verordnungen die rechtliche Stellung der Betroffenen 2 .
Das Gesetzgebungsverfahren war unterschiedlich verlaufen. Im Saarland hatte die
Militärregierung, in Ausführung der Direktive Laffons vom 22. November 1946, den
eigenen Entwurf den Beratungen mit der Verwaltungskommission zugrunde gelegt.
Die Wünsche der saarländischen Verwaltung und der Parteien wurden von dem ge
änderten Entwurf weitgehend berücksichtigt. Die Militärregierung in Saarbrücken
machte sich zum Fürsprecher der saarländischen Verwaltung und verteidigte den
Entwurf gegen die Änderungswünsche aus Baden-Baden. Der Verwaltungskommis
sion wurde erst am Schluß der fertige Text zur Zustimmung vorgelegt.
In Rheinland-Pfalz wurde die Militärregierung erst nach Erhalt der zweiten Direktive
Laffons vom 8. Januar 1947 tätig. Der Landesregierung wurden lediglich Instruktio
nen für den Gesetzesentwurf mitgeteilt. Der Regierungsentwurf mußte aufgrund der
Intervention aus Baden-Baden geändert werden. Die Parteien lehnten dies jedoch ab.
Baden-Baden sah die Einheitlichkeit der Zonenpolitik in Gefahr und drängte die
Koblenzer Militärregierung zu einer härteren Haltung. Da sich die Parteien kompro
mißlos zeigten, bestimmte die Militärregierung alleine den Text der LVO, wobei sie
allerdings deutsche Forderungen weitgehend berücksichtigte.
Das Gesetzgebungsverfahren hatte in Rheinland-Pfalz die fehlende Popularität der
Entnazifizierung eher verstärkt. Der Service Epuration in Baden-Baden machte sich
ein realistisches Bild von der deutschen öffentlichen Meinung:
A cet egard, il est ä remarquer combien l'aspect negatif de la democratisation de
l'Allemagne, peut-etre dufait des omissions, erreurs ou exces commis, surtout en
raison de l'insecurite prolongee dans les Zones d'Occupation voisines en retard
sur la nötre et de la crainte d'un renouveau de l'epuration chez nous, se heurte ä
1 CCFA/CAB: "Rapport sur l'Epuration", Ende April 1947; AOFAA DGAP c.233 p.52 d.2. Zu diesem
Ergebnis der Umsetzung der KR 38 bekannte sich die Militärregierung auch gegenüber den anderen
Alliierten. Die deutschen Gesetzestexte wurden nach Berlin geschickt; CCFA/CAB: "Projet de Rap
port: Denazification", 22.1.1947; AOFAA DGAPc.232 p.49.
2 Auch in Baden und Württemberg-Hohenzollem hielten sich die Verordnungen weitgehend an die Vor
gaben der Militärregierung: "Landesverordnung vom 29. März 1947 über die Befreiung vom National
sozialismus und Militarismus”; ABl-Landesverwaltung Baden Nr. 14 (15.4.1947), S. 69-76;
"Rechtsanordnung zur politischen Säuberung", 25.4.1947; ABl-Staatssekretariat Württemberg-Hohen
zollem Nr. 26 (8.5.1947), S. 639-648.