412
Zu einem Kontrollratsgesetz ist dieser Text nicht geworden. Soweit ersichtlich, ist er
auf den höheren Ebenen des Kontrollrats nicht mehr diskutiert, sondern in das
Scheitern der ganzen Institution hineingezogen worden. Dennoch hat er eine erheb
liche politische Wirkung entfaltet. Die Entwicklung der Kriegsopfergesetzge
bung in den Zonen, vor allem der britischen und amerikanischen Zone, wird nur vor
dem Hintergrund der Etappen der Kontrollratsplanungen verständlich. Obwohl die
Berliner Planungen den deutschen Stellen offenbar nur ansatzweise bekannt wurden
- für die Bizone wäre dies noch eingehender zu prüfen 36 -, haben sie die Maßnahmen
der Alliierten mehrfach wesentlich beeinflußt. Als der Berliner Kompromiß fertigge
stellt war, hatten sich die Franzosen in ihrer Zonenpraxis bereits am weitesten von
ihm entfernt. Für die Verhärtung der Haltung der französischen Militärregierung,
die bei der Ausarbeitung der Kriegsopfergesetze im Frühjahr 1948 zu beobachten
sein wird, bildete er aber einen wesentlichen Grund. Wie in der Sozialversicherungs
politik, bemühten die Franzosen sich hier, eine offene Kollision mit den Kontroll
ratsplanungen zu vermeiden, und leiteten den Beschluß vom Dezember 1947 bis auf
Länderebene weiter. Dort resultierten daraus erhebliche Konflikte mit den deut
schen Verwaltungen und politischen Kräften. Daß es in der französischen Zone -
und hier liegt ein entscheidender Unterschied zur Entwicklung in der Sozialversiche
rung - dennoch gelang, die Realisierung der harten Kontrollratsrichtlinien viel
weitergehend als in der Bizone zu verhindern, lag einerseits am Auseinanderbrechen
des Kontrollrates im Frühjahr 1948; es lag andererseits aber auch daran, daß die
außerparlamentarischen politischen Kräfte hier eine besonders effiziente politische
Agitation entfalteten. Dies lenkt den Blick auf die Neuorganisation der Kriegsopfer
verbände nach 1945.
36 In der Skizze von Diehl, Change, wird die Kontrollratsarbeit beispielsweise nicht erwähnt.