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(VdO) mehrfach bei Umfragen nach Grunddaten der Leistungen nur unvollständige
Antworten erhielt und Mühe hatte, die Kassen von der Notwendigkeit solcher Be
rechnungen zu überzeugen. Im Vergleich zur Bizone ist die Datenbasis zwar insofern
relativ gut, als für die französische Zone auch für 1946/47 Daten aufzufinden waren,
die für die anderen Westzonen, vor allem die amerikanische Zone, bislang fehlen.
Seit 1948 ist die Datenbasis aber für die Bizone für die meisten Fragestellungen
besser, während manche grundlegenden Vergleichsdaten für den Südwesten fehlen.
Auf dem Höhepunkt der Debatten um die Wiederzulassung der Sonderkassen hat
der Verband der Ortskrankenkassen noch einmal den Versuch einer umfassenden
Aufarbeitung vergleichender Daten zum Problem der gegliederten und der Einheits
kasse unternommen. In den Archiven verschiedener Entscheidungsebenen (AOK
Trier, Verband der Ortskrankenkassen in Lahr, Akten der Ministerien, Staatskanz
leien und Landtage) war eine Gesamtauswertung trotz systematischer Suche jedoch
nicht aufzufinden, nur eine Teilauswertung für den Raum Rheinland-Pfalz. Zu
vermuten ist, daß die volle Auswertung, nachdem die politische Entscheidung über
die Wiederzulassung der Sonderkassen gefallen war, gar nicht mehr vorgenommen
wurde. Für die theoretische Debatte um die Leistungsfähigkeit der verschiedenen
Versicherungssysteme wären diese Daten besonders interessant gewesen. Den oben
dargestellten politischen Diskussionen der Jahre 1946-1949 sind zwar zahlreiche
qualitative Informationen über die Situation der Kassen zu entnehmen; die Gesamt
daten müssen aber als verloren gelten.
Schließlich liegt eine weitere grundlegende Schwierigkeit darin, daß sozialpolitische
Daten nur im Vergleich interpretiert werden können. Der Vergleich ist aus den
skizzierten Gründen aber nicht nur interregional schwierig und teilweise nicht mög
lich. Auch die Einordnung in die langfristigen Entwicklungslinien der deutschen
Sozialpolitik ist nur sehr begrenzt möglich, weil auf das Gebiet der französischen
Zone berechnete Zahlen für die Zeit vor 1946 nicht und für die Jahre nach 1950 nur
teilweise vorliegen. Die Statistiken des Bundesarbeitsministeriums weisen Daten für
die französische Zone fast nur für die Jahre 1949/50 aus, während jüngere Daten den
Zuständigkeitsbezirken der Landesversicherungsanstalten folgen, also nur für
Rheinland-Pfalz den Grenzen der Nachkriegsjahre entsprechen. Der Vergleich mit
reichs- oder bundeseinheitlichen Zahlen, obwohl im folgenden notgedrungenerwei
se einbezogen, birgt immer die Gefahr einer Fehleinschätzung von regional beding
ten Sonderfaktoren in sich.
Obwohl die Sozialversicherungsstatistik der französischen Zone damit nicht nur die
allgemeinen methodischen Probleme der Sozialstatistik, sondern auch die spezifi
schen Begleitumstände der Nachkriegsreformen im Südwesten besonders stark wi
derspiegelt, seien unter diesen Vorbehalten wenigstens einige Hinweise skizziert.
Denn in den Teilbereichen der Beitragssätze, der Verwaltungskosten und der Mit
gliederstruktur sind einige Folgen der Reformen zumindest im Trend zu erkennen,
und einige der Fehlerquoten sind ansatzweise zu erfassen über das vorliegende
qualitative Material.