73
sich nach dem derzeit verfügbaren Material beurteilen läßt, für die französische
Zone damit zumindest als sehr begrenzt. Wenn diese Schätzungen zumindest im
Trend richtig sind, so bedeutet dies gesamtpolitisch, daß die Hauptverantwortung
für die aus dem Geldvolumen herrührenden Ursprünge der parallelen Märkte nicht
bei der Besatzungsmacht, sondern wiederum bei der deutschen Finanzpolitik bis
1945 zu suchen ist.
Die deutschen und alliierten Behörden haben dem Geldüberhang nach 1945 mit
verschiedenen, ihrerseits auch Kriegsplanungen des Reichsfinanzministeriums ent
sprechenden Maßnahmen gegenzusteuern versucht, insbesondere mit der starken
Erhöhung der Steuerlast im Verlauf des 1. Halbjahres 1946* 13 — sie machte den
deutschen Steuerzahler, im Krieg weniger als die Bürger anderer Nationen belastet,
jetzt zum am stärksten belasteten in der Welt. Im Selbstverständnis der Alliierten
sollte diese Politik deflatorische Wirkungen haben. 114 In der Tat wurde in der ameri
kanischen Zone damit erreicht, daß das gesteigerte Steueraufkommen zur Beglei
chung der öffentlichen Ausgaben ausreichte. In der britischen und französischen
Zone war dies nicht der Fall; im Südwesten lagen die Besatzungskosten, am Steuer
aufkommen gemessen, mit 52% im Durchschnitt der Jahre 1946-1949 relativ wesent
lich höher als in den anderen westlichen Zonen. 115 Die Regierungen der französi
schen Zone sahen sich daher zur Aufnahme von Krediten gezwungen, um die Besat
zungskosten - wie im II. Weltkrieg durch die Deutschen in Frankreich, 116 so jetzt
auch von den Franzosen in Deutschland, wenngleich in weit geringerer Höhe, pau
schal erhoben - zu finanzieren. Langfristig hätte dies, wie im „III. Reich“, die
Geldmenge vergrößern können, wenn das Problem nicht durch die Währungsreform
gegenstandslos geworden wäre; kurzfristig war die Wirkung zunächst die eines
weiteren Liquiditätsentzuges bei dem privaten Verbraucher.
Gesamtwirtschaftlich gesehen, ist das Ziel einer Beseitigung des Geldüberhanges mit
diesen und weiteren Maßnahmen vor der Währungsreform nicht erreicht worden.
Die sozialen Auswirkungen waren jedoch, wie an der Entwicklung des Schwarzen
Marktes zu zeigen sein wird, erheblich, und sie verstärkten andere Tendenzen, die
sich zu Ungunsten des normalen Verbrauchers in den Nachkriegsjahren auswirkten.
Einzelheiten in: Die deutsche Wirtschaft, S. 215 ff. Vor einer Überbewertung von „derarti
gem Zahlenmaterial“ warnt allerdings Läufer, Die südbadische Industrie, S. 149. Umfas
sender, auf der Grundlage einer für die Preisverwaltung des VWG erstatteten Gutachtens
1948 Jecht, Einkommensteuer-Reform, und insbesondere van Scherpenberg, S. 186 ff. u.
201 ff. zur Kontrollratspolitik.
14 Vgl. z. B. Mendershausen, Prices, passim.
Sechs Jahre Besatzungslasten, S. 8. Zur interalliierten Planungsarbeit und zur Politik in der
britischen Zone umfassend van Scherpenberg.
Zum relativen Gewicht der Besatzungskosten s. Buchheim, Die besetzten Länder.