an denfelben Pfarrer Johann Rüdinger Mef? zu leien begehrt, weicher
aber mit Fleifs fürgewandt,t er fey nicht mehr nüchtern; Me^ leien
muffe nüchtern gefchehen, und ift alfo verblieben.“ Ob der Graf den
Pfarrer nur hat verhieben wollen, oder ob er hch um den Unierfdüed
der Kirchengebräuche fo wenig bekümmerte, ftcht dahin. Es ift zu
beachten, dalj in diefer Übergangszeit nicht alle Bräudie der alten
Kirche auf einmal abgetan, fondern manches anfangs beibehaltcn
wurde, um nicht allzufehr anzufto^en. Ein anderes Mal kam es vor,
dah Graf Johann in einer evangelifchen Familie Gevatter ft eben follte.
„Hat der Pfarrer, ehe der Sonntag kommen, lieh heimlidi und unver¬
merkt ufgcmacht, zu Tag und Nacht nach Strasburg zu Herrn D. Mar-
badien fich verfügt und hdr befragt, ob er ihn (den Grafen) als pa-
piftifcher Religion zulaffen dürfte. D. Marbach und andere theologi
haben für ratfam angefehen, Ihren Gnaden darinnen zur Hand zu
gehen; diefelben möchten dannenhero defto eher zur Augsburger Konfefhon
zu gewinnen fein.“ Ein Zeugnis dafür, in welcher Weife der Gottes-
dienft abgehalten wurde, befi^en wir in einer Verordnung, welche die Räte
des Grafen Johann aus Anlal^ einer anfteckenden Krankheit am 28.
Juli 1574 ergehen liefen. Es wurde damals verordnet, „da£ in allen
Städten, Flecken, auch Dörfern, wo die höfe Luft eingeriffen oder re¬
gieren werde, bis auf Abheilung alle Kirchendiener, die uff ihrer Pfarre
filmen und wohnen, neben den Sonn- und Feteriagspredigfen und Kinder¬
lehre hinfüro in der Wochen nur eine Predigt uff Mittwochen und anftatt
der Freitagspredigten alle Werktage in der Woche, des Morgens um
fünf und des Abends um heben Uhren, ihr Früh- und Abendgebet neben
kurzer Ermahnung oder Auslegung eines Pfalmen aus dem Propheten
David ufw. halten und ein Zeichen läuten laffen, damit jeder Bürger
und fein Hausgefind fie bcfuchen möge. Und welche Pfarrherrn nit
bei ihren Kirchen filmen, die feilen uff ihren Pfarren (Filialen) alle Woch
einen Bettag verkünden und halten und die Untertanen fleißig ermahnen.
Und damit in diefen Gefchwindkrankheiten die Bu^e nit bis uff die
letzte Stunde verfpart, die Pfarrherrn auch bei der Menge der Kranken
nicht allerwegen dürften erfordert werden, niemand aber des Troftes
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