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Augenblicke den Feind vor den Thoren dieser Stadt zu erblicken
glaubte. Die Furcht vermehrte sich, als nicht nur von mehrern
Ortschaften zwischen hier und Saargemünd die Nachricht einlief,
daß debandirte Horden von Voloutairs flüchtigsten Fußes ange¬
kommen, keine Umwege nach Brücken gemacht, sondern sich voll
Schrecken in die Saar gestürzt und an das jenseitige französische
Ufer mit Lebensgefahr durchgearbeitet hätten, sie erreichte den
höchsten Grad, als von Saargemünd ein Courier die Botschaft an
den General Überbrachte, daß eine große Anzahl Flüchtiger in
Saargemünd angekommen wäre, welche eine totale Niederlage und
die Nachfolge des Feindes angekündigt hätte, weswegen der dasige
Commandant bereits vorsichtiglich die Brücke habe abdecken und
Kanonen aufpflanzen lassen.
Mit Mühe brachte der General die hiesige Garnison zum
Halten. Am folgenden Tag kamen mehrere halbe, drittel und
viertel Bataillons in starkem Schritt hier einmarschiert, und es
war lächerlich anzusehen, wie sie vorwärts eilten und Zugleich
ängstlich rückwärts schauten, als ob der Feind ihnen auf der
Ferse folgte.
Plötzlich erschien auf den Gesichtern unserer Gäste statt der
Furcht Beschümtheit; unser Fragen um nähere Nachricht von dem
Vorfall wurde entweder mit Ungestüm abgewiesen oder, je nachdem
des Befragten Gesinnung war, mit einem unverrätherischen Lachen
beantwortet. Endlich aber schwatzten unsere Freunde in Zwei¬
brücken und die öffentlichen Blätter. Sechszehen Wurmserische
Husaren hatten diesen großen Schrecken verursacht. Eine deutsche
Zeitung, die ich gelesen habe und die wahrscheinlich auch Ihnen
nicht unbekannt geblieben ist, enthält den Vorfall. Da in.solcher
aber nur davon gesprochen ist, daß die Wurmser Husaren einige
hundert Mann Kavallerie aus Homburg versprengt haben, solche
aber nichts davon meldet, daß ein Corps von fünftausend Mann
Infanterie, welches zwei Stunden entfernt bei Blieskastel campirte,
aus Schrecken auf die schimpflichste Art ausgerissen und in dem
Ihnen geschilderten lächerlichen Zustand bis nach Saarbrücken und
Saargemünd fünf und sieben Stunden weit gelaufen ist, so mögen
Sie dieses jenen Zeitungsnachrichten als zuverlässig noch beifügen.