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Elster fines.
S. den 14. April 1793.
Ich bin überzeugt, daß Ihr Groll über mein Stillschweigen
verschwinden wird, wenn ich ihnen die Ursache davon gemeldet
habe. Während unsere deutschen Brüder gegen die Republikaner
am Rhein fochten, kämpfte auch ich einen nicht minder gefährlichen
Kampf, nicht auf dem Schlachtfelde, aber auf meinem Bette, mit
Freund Hain in der Gestalt eitler Lungenentzündilng. Ich habe aber
redlich gesiegt, ohne nöthig zu haben mich gleich Lessings Kranken
in Traktaten mit ihm einzulassen, vielleicht auch, daß das Ver¬
sprechen in die Zunft seiner privilegirten Lieferanten zu treten
wenig bei ihm gefruchtet haben würde, da so viele Tausende
sich des edlen Handwerks Menschen ztl todten befleißigen und seine
Gestlde Ueberfluß an neuen Ankömmlingen haben müßten.
Bei ineiner Zögerung im Schreiben sollen Sie aber, meill
Bester, nichts verlieren, indem ich alle Vorfälle mit der bisherigetl
Genauigkeit nachholen werde. Ein Glück für einen Reconvales-
centen, daß ich Ihnen jetzt nur lustige Auftritte zu melden habe.
Auf den zweiten Ostertag, als eben die christliche Gemeinde im
Kirchenrückzug begriffen war, gab es plötzlich einen abscheulichetl
Lärm. Marketellder und Marketenderinnen stürzten heulend zum
Thor herein, ihnen folgten Commissairs, Feldscherer zu Fuß und
zu Pferd, lmb hintennach schwere Reiter von Roussillon, Chasseurs
à cheval und grüne Dragoner in buntem Gemisch. Der hatte
einen Hieb über die Ohren, dem fehlte die Nase, der ließ den
verwundeten Arm hängen, alle machten klägliche Gesichter, alle
noch kläglichere Erzählungen. Der Feind hatte sie in Homburg
mit unzähliger Menge überfallen, sie wurden alles Widerstandes
ohngeachtet geschlagen, et tont était peà! Dieser Auftritt machte
eine mächtige Sensation unter unserer Garnison. Die Reuter
sattelten, die Commissairs packten ein, alles, was in St. Johann lag,
war im Begriff sich über die Saar zu retiriren, da man alle
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