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Geschichtliche Beschreibung
der
Burgen an der Saar
ßr. J. «I. Heuer,
Mitglied der Gesellschaft nützlicher Forschungen zu Trier und
des Vereins von Alterthumsfreimden im Rheinlande.
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Trier ? 1847.
Gedruckt auf Kosten des Verfasser;
mit Lintz’schen Schriften.
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Geschichtliche Beschreibung
der
Burgen an der Saar
von
Dr. J. J. Hewer,
Mitglied der Gesellschaft nützlicher Forschungen zu Trier und des
Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande.
Trier, 1847.
Gedruckt auf Kosten des Verfassers
■ult Llnti'.rhrn Meliriftcn.
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17
Seiner Majestät
dem Könige
Friedrich Wilhelm IV.
von Prcussen
unterthänigsl
gewidmet
von
«lein Verfasser.
Et pius esi patriae facta referre labor.
Vorbericht
llem allgeliebten Landesvater ist gegenwärtige
Monographie aus innigster Zuneigung gewidmet, weil
Derselbe als König auf geschichtlichem Wege den
besonnenen Fortschritt eben so liebt, wie Er als
Kronprinz durch die scherzhafte Aeusserung „die
Ruinen ruiniren Mich“' Seine Verehrung für das
Alterthum ausgesprochen hat. Ein anderer Beweg-
grund war der: dass Ahnherren Sr. Majestät aus
dem Luxemburgischen Hause hier an der Saar
Burgen begründet und heldenmüthige Thaten verübt
haben; und dass ferner Johann der Blinde, dessen
fünfhundertjährige Todtcnfeier erst vor wenigen
VI
Monaten mit dem ganzen Gefühle der Pietät be-
gangen wurde, und welcher ritterliche König im
Leben die Ruhe nicht suchen mochte, welche er
auch im Tode nicht finden konnte, — in dem na-
turfreundlichen und geschichtlich bedeutsamen Castell
beigesetzt ist, welches einstens der Schauplatz seines
thatkräftigen Wirkens war, und welches endlich
wieder von Friedrich Wilhelm IV., einem Spröss-
linge aus ferner Nachfolge, Eigenthum geworden,
wovon er selbst Besitzer gewesen ist.
Der Verfasser war bemüht, die vielfach zer-
streuten Materialien zu sammeln, zu ordnen und zu
einem Ganzen mit innerem Zusammenhänge aneinander
zu reihen. Kein vaterländisches Geschichtsbuch ist
zwar unbeachtet geblieben; es konnten indess haupt-
sächlich nur die Quellen werke benutzt werden, und
von diesen besonders Kyriander, Hontheim und Bro-
wer. Interessante, die Special-Geschichte ergänzende
und besonders Kriegs - Begebenheiten betreffende
Bruchstücke wurden auch aus Manuscripten von
Haus- und Kloster-Chroniken entnommen, und es
freute den Herausgeber, dass sich ihm die Gelegen-
heit dargeboten, sie dem Staube der Vergessenheit
entziehen und vor Verschleuderung retten zu können.
VH
Derselbe trachtete dahin, Gründlichkeit mit Kritik
und mit gleichmässig anziehender Ausführlichkeit zu
verbinden, durch pragmatische Haltung, wo es nur
immer ausführbar, Fluss und Warme in die Dar-
stellung zu bringen, und den Inhalt der lateinischen
Citate im Zusammenhänge der Erzählung kurz wie-
derzugeben, um auch jedem sprachunkundigen Lands-
manne die Schrift zugänglich zu machen.
Die schönsten, die noch am besten erhaltenen,
die mehrsten wie die merkwürdigsten Burgen an
der Saar befinden sich im Kreise Saarburg; daher
wurden vorzugsweise diese beschrieben.
„Der Mensch verwandelt sich und flieht von der
Bühne, seine Meinungen fliehen und verwandeln
sich mit ihm: die Geschichte allein bleibt unausge-
setzt auf dem Schauplatze,“ hat sehr wahr der treff-
liche Schiller gesagt. — Es zieht sich eine lange
Kette von Begebenheiten von dem gegenwärtigen
Augenblicke bis zur Entstehung der Burgen dieses
Kreises hinauf: diese in der Erinnerung festzuhalten
und späteren Zeiten zu überliefern, wenn auch
längst mit den Rittern die Burgen verschwunden
sein werden, das war die Aufgabe und das Ziel,
VIII
wonach der heimathergebene Herausgeber dieser
Blätter hingestrebt bat.
Derselbe liebt mit aufopfernd warmem Gefühle
seine Vaterstadt, daher hat er den Ertrag seiner
Arbeit für eine Verschönerung der Umgebung von
Saarburg bestimmt, und fügt er nun noch den
Wunsch hinzu: cs möchte dieselbe eben sogrossen
Beifall gewinnen, als er sie mit Freude unter-
nommen hat.
Saarburg, im Januar 1847.
J. J, Hetver
Einleitung'.
Wie der kämpf- und beutegierige Adler hoch in
den Lüften die Spitze der Berge umkreist und auf
unzugänglichem Gipfel sein Nest erbaut: so ist es
gangbare Meinung geworden, die Burgen seien
nichts anders gewesen als Raubnester, seien nur die
Ueberreste traurig vergangener Zeiten und werden
so mit Schimpf und Schand und Fluch verunglimpft.
Es kann nicht geläugnet werden, die Zeit, welche
die Burgen erstehen liess, war trüb und grausig:
sie erinnert an die schmählichen Gegensätze von
Freiheit, Uebermuth, Macht und Kampfeslust, von
willenloser Pflichtigkeit, Gehörigkeit mit Leib und
X
Gut. Freilich hat das Zeitalter, dessen wir uns zu
erfreuen haben, unvergleichliche Vorzüge: die Burgen
sind gesunken, Wälle, Mauern und Thore sind ge-
fallen und zerstört; zu friedgeselligem Fleisse ver-
einigt sich der Städter mit dem Ländler; die Macht
der Stärke ist gewichen der Macht des Wissens
und ihr huldigen mit gleicher Liebe alle Stände.
Die Freiheit, des Himmels schönste Gabe, sie ist,
erhebend und beglückend, Jedem in gleichem Maasse
zugetheilt, und vor der Herrschaft milder Gesetze
sind alle Vorrechte und Standesunterschiede ver-
schwunden. Indess darf auch nicht verkannt wer-
den, dass die Burgen die damals wehmüthigen Ver-
hältnisse nicht gerade hervorgerufen haben, sie
selbst waren vielmehr die Ausgeburt jener finsteren
und schauerlichen Weltlage; denn wo weniger die
moralische Natur des Menschen, die Persönlichkeit
und Würde sich geltend zu machen gewusst, desto
mehr musste die rohe Gewalt, der Drang zur Fehde
und zum Waidwerk, die Lust zu plündern und alle
Vorrechte sich anzueignen, das Uebergewicht er-
langen. Und mögen auch viele der Burgen, wie
bei uns Montclair, in der Absicht erbaut worden
sein, um auf Wasser- und Landstrassen den Kauf-
XI
mann zu überfallen und sich alles Dessen zu be-
mächtigen , was im ganzen Umgebiete den Burg-
herrn gelüstete: so hatte doch sicher die weit
grössere Mehrheit einen anderen und edleren Zweck
ihrer Begründung. Sie waren fast alle aufgeführt,
wo die Natur durch ihre Gaben reich, durch ihre
Schönheiten anziehend ist, in der Nähe der Flüsse,
auf hoch erhabenen Bergen in Mitte freundlicher
Landschaften. Im Vollgenuss der Macht und des
Besitzes sonderte der Ritter sich ab von dem
fremdartigen Getriebe der Menschen dort unten im
Thale, ein freier Mann im freien Gebiet schloss er
sich ab und sicherte die Habe. Mit freigebiger
Hand, mit starkem Arm hat er stets der Kirche
gedient, ist treuergeben dem fürstlichen Aufgebote
gefolgt; hat Schutz gewährt dem schüchternen
Wandersmann; im glänzenden WatTenspiel sich den
Preis der Gunst und der Liebe errungen und hat
sich jeder hochherzigen That angeschlossen, wie die
vielen Sagen und Lieder bekunden dort am Main
und am Rhein, die immer frisch ausgeschmückt,
nimmer veralten und verhallen werden.
*
'
1.
Die Burg Sidlingen.
Ejs gab einmal eine alte Burg, im Kreise Saarburg
gelegen, von der fast nichts bekannt ist als der Name
derselben und die Stelle, wo sie gestanden hat, — es
ist die Burg Sidlingen. Lange lag sie in Trümmern, die
Einsturz und Gefahr droheten, aber auch diese sind nun-
mehr verwittert und zerstört und bürgerliche Wohnungen
daraus erstanden. Dem Raume nach verschwunden, möge
die Burg nicht auch in völlige Vergessenheit versinken,
bevor die Frage erledigt ist: welche Schicksale sie er-
lebt, welche Bestimmung und Bedeutung sie gehabt
habe.
Die Burg befand sich auf einem freien Platze mitten
im Dorfe Sidlingen, das wahrscheinlich ihr wie den Na-
t
2
men so die Entstehung zu verdanken hat; denn die An-
siedelung ist um die Burg herum geschehen und die ersten
Gebäude waren sicher zuin Hofe gehörige Häuser. Das
Dorf aber liegt auf dem Gaue und zwar auf einer Ab-
dachung, die von dem eine halbe Stunde entfernten Merz-
kirch bis zur Mosel herunter sich hinzieht. Die Burg
stand frei, auf flachem Lande und von allen Seiten zu-
gänglich; war weder ansehnlich durch Umfang, noch
vorspringend durch Höhe oder Lage; war nicht fest und
von der Kunst geschützt durch Mauern und Wälle , nicht
von der Natur durch Berg und Graben und Wasser.
Daher, weil weder durch die Lage und Umgebungen, noch
durch die Construction der vorhandenen Trümmer, sich
die Bestimmung des Gebäudes augenfällig ausgesprochen,
hat man sich in allerlei Muthmassungcn erschöpft. Einige,
vielleicht verleitet durch die strategisch wichtige Hoch-
ebene von Merzkirch, in die ein Zweig des Vogesen-
gebirgs ausläuft, oder etwa durch die an demselben
Dorfe (Martini ecclesia) vorbeiführende Trier-Metzer
Strasse (die Kimm), haben es theils als Propugnaculum,
theils als Frumentarium angesehen; allein die Bauart
hatte durchaus nichts gemein mit der römischen, und dann
fanden sich nirgends Getreide-Magazine ganz abgeson-
dert und alleinstehend. Andere, ohne allen Haltpunkt,
haben es für eine Wohnung der Tempelherren gehalten,
welche Ansicht ebenfalls falsch ist, da dieser Orden hier
im Lande keine Besitzungen hatte. AuiFallen muss es,
dass man immer etwas Anderes darin erkennen wollte,
als was es in der Thal war und was derName schon aus-
3
gesprochen hat, nämlich eine Burg, ein Bollwerk, mu-
nitio, castrum, als welcher auch in alten Urkunden
Erwähnung geschieht. Die Construction der noch einzig
übrig gebliebenen Mauer, die endlich auch vor einigen
Jahren eingerissen wurde, hat ebenfalls ziemlich deutlich
verralhen, in welcher Absicht der Bau ausgeführt wurde;
denn die in gerader Linie fortgelaufene und in der Mitte
der ganzen Länge nach durch einen Spalt getrennte
Mauer hatte nur schmallange, schiessschartenförmige
Oeffnungen, stand ganz frei, hatte eine bedeutende Höhe
und eine entsprechende Dicke, wie gewöhulich die Mauern
von Burgen.
Von allen vaterländischen Historiographen gedenkt
v. Hontheim fast allein der Burg, jedoch was er darüber
sagt, ist ganz wenig und betriiFt nicht etwa einen Angriff,
eine Vertheidigung oder eine Plünderung in der Umgegend,
worauf der raubsüchtige Adel in jener Zeit sich so gerne
verlegte, sondern lediglich die Uebergabe der Burg vom
Pfalzgrafen Conrad an den Trierischen Erzbischof. Die
bezüglichen Stellen lauten also:
Im Jahre 1161 hat Erzbischof Hillinus (de Falle—
mannia, de Fallemagne 1152, j- 1169) das castrum
Sidlingen gegen ein übertragenes Lehen erhalten.
Conradus comes Palatinus ecclesia Trevirensi restituii
castrum Sidlinge cum allodio 1161. (Ilonth. hist. Trev.
dipi.)
Praeterea munitionem quandam, quod Sidlingen dici-
tur, cum ejus allodio ipse comes Palatinus eidem archi-
episcopo integraliler resignavit, ipsamque munitionem a
i *
4
comile Symone de Sareburg Palatinus comes ita sol-
vere debet atque expedire, quia Archiepiscopus et
ecclesia Trevirensis de caetero in pace munitionem ip-
sam cum ejus allodio possidebit. (Honlh. Tom. 1.
pag. 594.)
Kaiser Friedrich I., bei Schlichtung der Zwistigkeiten
zwischen dem Erzbischof Hillin und lvonrad als Schirm-
vogt von Trier, bestimmte unter Anderm: dass Pfalzgraf
Konrad diese Burg an den Erzbischof von Trier abtreten
und den Grafen Simon deshalb entschädigen sollte.
Nach Crollius war Sidlingen eine alte Saarbrück’sche
Besitzung, die theilweise dem Pfalzgrafen Konrad aus
der Erbschaft seiner Mutter Agnes, theilweise dem Grafen
Simon zugefallen war.
Die Urkunde von Hontheim hat, wie es scheint,
Saarburg mit Saarbrück verwechselt; denn im Bezirke
von Saarburg bestand weder eine Grafschaft noch eine
gräfliche Familie dieses Namens.
Sidlingen hatte ein eigenes Gericht, aus einem Maier
und sieben Schöffen bestehend. Zu diesem Gerichte ge-
hörte ausser Sidlingen auch Crutweiler, Körrig und Mün-
zingen. Alle diese Ortschaften, so wie die Sidlinger Vogtei
zu Beuren, trugen die Besitzer der Burg Sidlingen vom
Erzstifte zu Lehn. Von den Herren von der Fels kam
die Herrschaft Sidlingen an die Freiherren von Rollingen,
und wurde, als der Mannsstamm der Letzteren zu An-
fänge des achtzehnten Jahrhunderts erlosch, von dem
Erzstifte eingezogen. Bis zur französischen Revolution,
wo die zur Herrschaft gehörigen Ländereien als Domaine
versteigert, wurden die Renten stets an den domkapilular-
ischen Kellner nach Saarburg abgeliefert.
Mit dem Erlöschen des Lehens scheint auch die Burg
in Verfall gerathen zu sein. Sie mag wohl eine friedlichere
Bestimmung gehabt haben, als fast alle anderen gleich-
zeitig im Mittelaller erbauten, die gewöhnlich an Flössen
gelegen oder auf unzugänglichen Bergeshöhen, geschützt
waren durch Kunst oder Natur. Es bestätigt sich diese
Meinung dadurch, dass keine Erzählungen im Munde des
Volkes fortgehen; dass niemals Waffengeräthe aufgefun-
den wurde; dass nicht einmal von Fehden Meldung ge-
schieht, und dass endlich die Burg, schon widerstandslos
durch Bau und Umfang, noch weniger begünstigt war
durch die in jeglicher Beziehung unvorteilhafte Lage.
Fast spurlos verschwunden ist die Burg für die
nachfolgenden Generationen gleichsam als nie vorhanden
gewesen zu betrachten; denn sie hat weder zur Sicher-
heit noch zur Verschönerung der Gegend beigelragen;
es lassen sich keine Erinnerungen an mächtige und vor-
nehme Geschlechter oder an interessante Begebenheiten,
keine Gefühle des Dankes wegen hochherziger Thaten
an ihr Bestehen anknüpfen; selbst hat sie nicht einmal,
wie doch alle Burgen des Rheins, durch Volkssagen
die Phantasie ergötzt.
II.
Die Burg Freudenburg.
Obgleich Freudenburg in einer Linie liegt mit Castell,
Merzkirch und der Burg zu Sidlingen, welche in der
Quere die Saar mit der Mosel verbinden, in einem Ter-
rain also, das in strategischerBeziehung wohl von Wich-
tigkeit sein mochte : so scheint jedoch die Burg und Feste
Freudenburg zu keiner Zeit von Bedeutsamkeit gewesen
zu sein, weder als feste Burg für den raub- und fehde-
süchtigen Rittersmann, noch als sicherer Vertheidigungs-
ort bei den vielfachen, feindlichen Ueberfällen der Fran-
zosen von Ludwig’s XIV. Zeiten her.
Die Burg liegt noch nicht ganz in Trümmern, liegt
erhaben über einem reizenden Thale; sie gehörte Fürsten
zu und berühmten mächtigen Dynasten; fie wechselte oft
die Besitzer, bis sie endlich Eigenthum der reichen Abtei
Maximin geworden; und von ihr endlich hat die Burg-
grafschaft den Namen erhalten. In diesen mancherlei Be-
ziehungen gewährt sie Interesse sowohl für die Geschichte
des Trierischen Landes als für die Topographie des
Kreises, und sie verdient es daher, dass, was in Bruch-
stücken zerstreut, zu einem Ganzen zusammengestellt und
geordnet werde, auf dass mit der gänzlichen Zerstörung
der Burg nicht auch das Angedenken an dieselbe dahin-
schwinde.
Was bei antiquarischen Forschungen selten sich
trifft, auf Quelle und Ursprung zu gelangen, bei der Burg
Freudenburg gelang es, den Erbauer und die Zeit der
Erbauung aufzufinden. Es wurde nämlich Johann, Graf
zu Luxemburg, König von Badunen, 1337 zu St. Eras-
mus bei Saarburg von seinem Oheim Balduin mit dem
Hofe Usme belehnt und mit dem Gerichte, was dazu ge-
hörte. Nach dem Briefe war in dieser Belehnung auch
die Burg begriffen, die König Johann auf einem Berge
bei Usme gebaut und Freyding genannt hatte.
Nicht lange nachher, im J. 1348, verkaufte König-
Johann den Hof, die Burg und Veste Freudenburg dem
Erzbischof Balduin, jedoch mit Vorbehalt des Wieder-
kaufs und des Einlösungsrechtes.
Balduinus caslra et territoria Freudenburg legitima
emplione ecclesi* suae addidit. fKyriand.L.XV.p. 152.)
In einem Vertrage von 1357 zwischen dem Erz-
bischöfe Boemund und Wenceslaus von Boßhmen, Herzog
von Luxemburg und Bruder Kaiser Karls IV., wurde we-
8
gen erhobener Streitigkeiten in Bezug auf Einlösungs-
recht bestimmt: dass die Veste, Burg und Stadt Freu-
denburg mit allem Zubehör dem Erzstifte Trier und den
Fierzogen von Luxemburg in unzertheilter Gemeinschaft
gehören, der Luxemburgische Antheil aber ein Lehn
des Erzslifts Trier sein solle.
Elisabeth von Gocrlitz, Herzogin von Baiern und zu
Luxemburg, Gräfin von Chiny und Jakob, Erzbischof
von Trier, haben 1439 Arnold von Sirk, Herr zu Mont-
clair und Mainzburg (seinen lieben Vater) zum Erbburg-
grafen von Freudenburg eingesetzt und ihm die Stadt,
Burg und Festung, welche gemeinschaftlich waren, über-
geben. Als Grund zu dieser Uebergabe wird angegeben
die grosse Baufälligkeit der Stadt und der Burg.
Späterhin haben Oswald von Bellenhausen, Herr zu
Viltz und seine Ehefrau Anna von Sirk an die Gebrüder
Johann und Sebastian Grafen und Herren von Homburg,
Montclair und Mainzburg alle ihre Lehen und Edelgüter
zu Freudenburg, gekaufte und ererbte, auf erblich ver-
kauft für 400 Badergulden.
Datum zu Saarburg 1559.
Zuletzt im J. 1589 hat Heinrich, Graf zu Sayn, Flerr
zu Flomburg, Montclair und Mainzburg, die Erbburggraf-
schaft Freudenburg an Beinerus, Abt zu Maximin, nebst
der Vogtei Taben verkauft, um die auf anderen ererbten
Herrschaften lastenden Schulden abzulragen.
Emit Beinerus Biwer Abbas pro summa 32,000 Im-
perialium Burggraviatum Freudenburgensem, monasterio
S. Maximini perutilem a dno comite Flenrico de Sayn-
9
Homburg. Emit etiam advocatiam in Taben, hodiedum
adhuc ab Archiepiscopo Trevirensi feudalem. (Honlli.)
Abt Biwer hat mit grossen Kosten die verfallenen
Gebäude wieder herstellen lassen, wodurch also erwiesen
wird, dass in der That wenig oder gar nicht für deren
Unterhalt gesorgt wurde und daher ein solcher Besitz
wohl beschwerlich und lästig fallen mochte.
Reinerus Biwer arcem Freudenburgensem nunc ja-
centem una cum ecclesia et domo pro villico in Freuden-
burg juxta Praeposituram in Taben non paucis sumptibus
reparavit et respective de novo aedificavit.
Es war ebenfalls Abt Biwer, ein um die Abtei sehr
verdienter Mann (+ 1613), der dem Amtmanne de Mu-
siel die noch heute unter demselben Namen bekannte
Kreuzwiese vertauschte.
Reinerus Biwer Abbas permutat pratum infra Perden-
bach ad Leucam — die Kreuzwies — nomineatum cum
domino de Musiel Amtmanno nostro erga domum in der
Wächtergassen anno 1592.
Die durch ihren Reichthum ausgezeichnete Abtei
Maximin, der nebst vielen Besitzthümern auch Freuden-
burg zugehörte, hatte einst einen Vorgesetzten, aus dem-
selben Freudenburg gebürtig, der durch seine Frömmig-
keit und Bescheidenheit in höchster Achtung stand.
Dnus pater Petrus de Freudenburg, Abbas monas-
terii S. Maximini obiit. 1623 et praefuit annis duobus.
Prostat ejus effigies cum hac inscriptione: Petrus Freuden-
burgensis, Abbas S. Maximini, mitra bis repudiata illus-
tris, dum tertia suffragia veritus, sub mortuorum ossa se
10
abdit, Lude protractus auctoritate Pontificia Abbas esse
cogitur, quo in munere ea prisc® sanctitatis in se suos-
que exhibuit specimina, ut Gregorius XV. ccenobium S.
Maximini Christian® sanctimoni® domicilium appellaret.
(Honth.)
Die Burg ist noch nicht gänzlich zerstört; nach den
noch bestehenden, festen, aus Quadern aufgeführten
Giebelmauern zu urtheilen, mag sie wohl bis zum Aus-
bruch der französischen Revolution bewohnt gewesen
sein. Die Burg, deren die älteren Urkunden Erwähnung
thun, ist sicher die nicht mehr, die nun verlassen und
ebenfalls bald in Trümmer zerfallen wird. Dass diese
noch nicht alt und wahrscheinlich von der Abtei Maximin
erst vor einigen Jahrhunderten neu aufgeführt wurde,
das bekunden theils die Dokumente, wonach dieselbe
verfallen und deshalb verkauft, angekauft aber erneuert
worden sein soll; theils bestätigt dies die neuere Bauart,
die mit hohen Thürmen, überaus dicken Mauern, engen
Fensteröffnungen und anderen zum Schutz und zur Ver-
theidigung bestimmten Vorrichtungen nichts gemein hat,
welche vielmehr eine zwar geräumige, aber friedliche
Wohnung verräth. Die Ueberreste sprechen jedoch auch
nicht für die gleichzeitige Erbauung; denn die Mauern
eben so wenig als die Fenster laufen in gleicher Richtung
fort und drei Querwände haben die anstossenden Gebäude
abgesondert.
In militairischer Beziehung konnte die Burg niemals
von Bedeutung gewesen sein, dazu war sie vom Terrain
nicht begünstigt und bei all den Kriegsüberfällcn in den
letzten Jahrhunderten war niemals von ihr die Hede.
Nur einmal wurde sie belagert und zwar durch einen
geistlichen Fürsten. Kurfürst Philipp Christoph nämlich
liess die Burg während der Streitigkeiten mit der Abtei
wegen der Immediatilät besetzen. Clemens Wenceslaus
endlich machte dem seit Jahrhunderten geführten Streite
dadurch ein Ende, dass er 1786 den Abt und das Con-
vent nöthigte, in die Hände einer beauftragten Commis-
sion auf alle ferneren Ansprüche einer Reichsunmiltel-
barkeit förmlich zu verzichten.
Aber auch die alte Burg musste zur Zeit des Faust-
rechts nur von untergeordneter Wichtigkeit gewesen sein
und schwerlich eine andere Sicherheit als die durch die
Construction und die Dicke ihrer Mauern gewährt haben;
denn obgleich sie auf einem schroffen, conisch auslau-
fenden Sandsteinfels erbaut, von der Stadtseite durch
eine breite Abschrotung desselben isolirt und ringsherum
über ein tiefes Thal wie ein Vorgebirge hervorragte : so
war ihr jedoch leicht anzukommen, indem kein Wasser,
kein Graben, noch die hohe Lage der Burg den Feind
abzuwehren vermochten. In dieser Beziehung berichten
ebenfalls die Annalen nichts, wogegen die Burgen in der
Nähe, namentlich die Burg zu Montclairin älterer und die
von Saarburg in neuerer Zeit bemerkenswerlhe und selbst
ausgezeichnete Rollen gespielt haben.
-----o
III.
Die Burs Saarstein.
Als Balduin (Bruder des Grafen von Luxemburg,
des nachmaligen Kaisers Heinrich VII., Oheim des nach
mancherlei Schicksalen im Tode wie im Leben nunmehr
zu Castell ruhenden Königs von Böhmen, Johann des
Blinden), einer unserer ausgezeichnetesten Kirchenfürsten,
die Burg Montclair nach langer, eben so hartnäckiger
als höchst beschwerlicher Belagerung, wobei Er sich
in allen erdenklichen Mitteln der ofFenen Gewalt und der
List — liess Feuer anlegen, Trinkwasser ableiten, Droh-
kreuz aufrichten — erschöpft, endlich im J. 1350 erobert
hatte, schleifte Er die Burg und führte eine neue auf, auf
dem andern Ufer der Saar, die Er nach dem vorbei-
laufenden Flusse Saarstein nannte.
13
Castrum verum solo coaequavit el ex opposito in S.
Petri allodio fortius castrum aedificavit etc. Saarsteyn
appellavit. (Honth.)
Verum arcem postea, ne qua dissensionis materia
resideret, dirui ac subverti voluit, Castro novo in d. Petri
fundo e regione educto, cui a praeterfluente Saravo Sa-
rensteinii cognomentum indidit. (Brow. Annal.)
Ungeachtet dieser bestimmten und übereinstimm-
enden Angaben, dass Saarstein erbaut worden sein soll,
kann es dennoch in Zweifel und Frage gestellt werden:
ob in der That die Burg bestanden habe; denn in der
ganzen Gegend ist sie selbst dem Namen nach nicht be-
kannt, die ältesten Leute haben yoii ihr keine Ruine ge-
sehen, kein vaterländischer Geschichtschreiber hat davon
Meldung gethan, und was konnte überdies der Zweck
sein, hier eine Burg zu schleifen und dort gleich in der
Nähe eine neue aufzuführen?
Für das wirkliche, wenn gleich auch nur kurze Be-
stehen der Burg Saarstein sprechen indess der Gründe
mehrere und weit überführendere. Erstens mochte
Erzbischof Balduin den ernstlichen Entschluss gefasst
haben, den beständigen Fehden und Ueberfällen auf dem
Lande, den nimmer ruhenden Vexationen und Plünder-
ungen auf der Saar, wozu Montclair (Moncleyr, Mon-
clerium, mons clarus) durch die gestreckteste, bogen-
förmige Umschlängelung des Flusses so äussert günstig
gelegen war, auf immer ein Ende zu machen; wollte sich
nicht begnügen damit, die Burg, wie es desselben Raub-
getriebes ihrer Ritter wegen schon 1017 geschehen war,
14
abermals zu zerstören; sondern liess und zwar auf eige-
nem Gebiete, gleichsam als Wächter und Beschützer für
die sofortige Freiheit des Flusses eine neue Burg er-
richten.
Nur kurze Zeit erbaut, scheint Saarslein aber, ohne
irgend ein wichtiges Ereigniss erlebt zu haben, ebenfalls
zerstört worden zu sein; denn es währte nicht lange, dass
die Herren von Montclair vom Landesfürsten wieder in
Gunst aufgenommen wurden, und sie trachteten und
ruh’ten gewiss nicht eher, bis die Burg, ihnen ein Dorn
im Auge, beseitigt wurde. Dafür spricht eine Urkunde
vom J. 1436, welcher gemäss Erzbischof Raban an Ar-
nold von Syrk wieder alle Rechte, wie seine Vorfahren
sie genossen, verliehen, und selbst den Wiederaufbau
und die Befestigung von Montclair gestattet hat. (Die-
ser Arnold von Sirk, Herr zu Montclair und Meynsburg,
der Montclair als ein Trierisches Lehen zurückerhielt und
die Burg nachmals aufführle, war ein Bruder des Erz-
bischofs Jakob von Sirk und Sohn des Arnold von Sirk,
der mit der Burggrafschaft Freudenburg belehnt wurde.)
Ein gewichtigerer Beweisgrund jedoch ist der, wie
die bezüglichen Historiographen zu bestimmt anführen:
dass und wo die Burg Saarstein erbaut wurde. Am sich-
ersten aber bekunden das frühere Bestehen der Burg
die vielen im grossen Umfange vorhandenen, ganz über-
schütteten und vonBäumen überwachsenen Mauerüberreste
selbst, die theils aus Sandsteinquadern, thcils aus Grau-
wacke (der vorherrschenden Gebirgsart der ganzen
Gegend) bestehen und sich gerade gegenüber Montclair
15
befinden, wo das Saarlhal am engest,en sieh zusammeri-
zieht, auf’der Höhe eines rundlichen vorspringenden Berg-
abhangs, ganz in der Nähe unterhalb des sogenannten
Slickplatzes und nur wenige Minuten entfernt von der
Clef, wo eins der anziehendsten Naturgemälde (unstreitig
das grossartigste am ganzen Flussgebiete der Saar) dem
Auge sich darstellt.
Auf dem Vordergründe befindet sich der Berg Mont-
clair, der, vorne muschelförmig gestaltet, weiterhin nach
Mettlach sich abdacht. Wo der Berg die grösste Höhe
erstiegen, da erheb! sich stolz die Burg gleichen Namens,
von Bäumen und Gesträuchen wild umwachsen, rechts
und links unzugänglich durch schroffes Felsengehänge.
AmFusse des Berges schlängelt sich, als könnte nimmer
sie scheiden, in lang gestreckter Windung die Saar,
umgürtet die Burg und lehnt sich um die ganze Land-
zunge, so weit sie sich auch hinzieht. Rechts und tief
im Hintergründe durchstreift sie wie ein Silberband die
offene, freundliche, durch viele Dörfer belebte Land-
schaft von Merzig (Saargau, vulgo Sarkov), wendet
sich dann mit wilder Strömung durch ein enges Thal
und entschwindet endlich in weiter Ferne zwischen steilen,
zackigen und kahlen und schauerigen Felsenufern.
Wie die Burg Montclair durch ihre zum Kaub und
zur Plünderung äusserst günstige Lage ihre Erbauer
einstens gefunden hat, so dürfte wohl auch die herr-
liche, durch ihre Contraste so sehr anziehende Land-
schaft ihr einstens einen Gönner zuführen, der sie aus
Schutt und Trümmern neu ersteigen lässt, und die Burg,
16
die sonst das Schrecken der ganzen Gegend war, zu
deren grössten Zierde und zu einer der freundlichsten
Sommerresidenzen umschaffen wird; — denn wo die
Burgen erbaut wurden, da hat gewöhnlich auch die
Natur durch mannigfaltigen Reiz, entweder durch die
Höhe des Gebirges und den erweiterten Gesichtskreis,
oder durch die Nähe eines verkehrbelebten Flusses oder
durch sonst malerisch schöne Gestaltung des Umgebiets
dazu hingezogen.
Es schliest sich hier an die Geschichte der Burg
Montclair, denn einmal scheidet sie nur die Saar von
dem Kreise Saarburg, und dann konnte sie nicht wohl
übergangen werden, ohne den innigen Zusammenhang
der beiden Burgen und ihr gegenseitiges Verständnis
zu verletzen: die Zerstörung von Montclair hat nämlich
die Entstehung der Burg Saarstein hervorgerufen, und
von allen war diese wohl die wichtigste und interes-
santeste Begebenheit.
RUINES DE MON CL АШЕ .
ДпЩ* iff Siu'ß /ttcutflftir.
Die Burg Montclair.
Auf einer Landzunge, in ein enges Kesselthal weit
hineingeschoben, lag auf des Berges höchster Spitze
die Burg und überragte fernhin die ganze Umgegend.
Von kahlem und schroffem Gebirge rings umgeben, war
sie von der Saar im gestrecktesten Bogen umschlängelt.
So von der Natur begünstigt und beschützt, beherrschte
sie das Umgebiet und durfte ungeahndet jeden Ueberfall
wagen und es konnte ihr keine Beute entgehen. Im
Wechsel mächtiger Geschlechter viele Jahrhunderte fort-
bestanden, oft zerstört und stets wieder aufgeführt, liegt
Montclair nun in Trümmern da, von Gehölz und Gesträuch
wild überwachsen, die stolze, die unbezwingliche Burg,
die Geissei des Landes!
18
Adelbert’s Burg, späterhin Montclair genannt, wurde
auf Erzbischofs Poppo Geheiss zerstört 1017.
Eodem paene tempore apud Saram Fluvium, quod
postea montis clari nomen obtinuit, Adelberti castrum
jussu Popponis eversum atque deletum funditus est.
Ursprung der Burg Montclair, sonst auch Schine
genannt, 118 Q._—
Wurde aufgefiihrt oder erneuert durch Arnolph
Walecourt, Vogt von der Herrschaft Merzig, und ihm
vom Erzbischof Arnold als Lehen übergeben, unter dem
Versprechen jedoch, auf jedesmaliges Begehren die
Burg räumen, keinem Feinde der Kirche sich anschliessen,
weniger noch gegen dieselbe Krieg führen, auf der
Saar keinen Zoll erheben und auf keinerlei Weise den
Verkehr belästigen zu wollen. Sie sollte Schutz gewähren
gegen feindliche Ueberfälle des Landes sowohl als
gegen Bedrückungen in der Umgegend.
Ejus etiam tempore castrum Munder dictum Schina
constructum est per Archiepiscopi Advocatum Marceti
quod ligium est ecclesiae Trevirens.
Kyriand. L. XI, pag. 88.
Origo castri Moncleyr dicti Schine, quodque sit
feudum ligium ecclesiae Trevirensis et jura in Sargau
Arnoldi archiepiscopi.
Ager Treviricus, quem Sara Fluvius interscindit,
per eosdem quoque dies 1180 crebris est praedonum
incursionibus divexatus, quae res domicilio gentis inprimis
clarae suis temporibus firmissimo dedit originem. Mon-
clerium id fuit, arx supra Saraeburgum loco nemoroso
19
edito, quo rapidus tortuoso maxime se gyrat anfractu
Saravus, ut inde Scivae an Schinae vocabulum tulisse
antiquitus regionem eam terrarum opinari hand absurdum
sit. Popponcm hujus loci munitionem ob Adelberti tyranni
insolentiam solo afflixisse meminimus. At nunc ad re-
primendos istius regionis grassatores faciem praesidii
reducere placuit. Arnolphus Walecourtius, conditor an
instaurator arcis ejus celebratur. Is quippe cum Mar-
cetanae curiae pro Arnoldo archiepiscopo cum imperio
praeesset, ob rem male gestam odium ad manifestam
praesulis indignationem subierat, quare mitigandae pon-
tificis irae et ejus demerendi causa arcein in fnndo
ecclesiae Trevirensis ea se lege excitaturum recepit, ut
eam beneficii loco possidere perpetuum agnosceret, cas-
tellanos archiepiscopo devotos obnoxiosque faceret ibique
sedem belli, quoties id usus exposceret, archiepiscopo
signaret neque ipse ex ea praesuli bellum unquam
faceret aut cladem vicinis inferret. Quodque si forte
contra Lotharingiae ducem praesuli adesse non posset,
relicto praesuli castro cum castellanis, si voluerit, ipsi
exeundum esse nullo tamen inde ad Archiepiscopum
damno manente. Porro in area castri locum sibi Arnoldus
reservari voluit immunem domicilio ad annonam conser-
vandam et oratorio exstruendis. Inde VYalecourtio tum
augendo ipsius feudo tum castri tuendi praesidio ex curia
Marcelana et villis Sargoviae villis subjectis collectarum
et mulctarum partem attribuit addita sanctione ne ministri
et qui in servitiis archiepiscoporum homines ullis exac-
2*
20
tionibus premerentur, ut nee Sarae fluvio commeantes
portorio aliove ullo incommodo onerari voluit. (Brow.)
Nach langer Ruhe entbrannte endlich ein hitziger
Kampf gegen den Burgmann Johann von Berg und
seine Anhänger im J. 1323.
Contra dominum Joannem de Berg militem et incolam
de Moncler armigerum suosque fautores acriter pugnatum
est 1323. (Honth.)
Arnolph von Walencourt, aus einem edlen lothring-
ischen Geschlechle entsprossen, hinterliess nur eine
Tochter, Namens Irmgard, welche den Senechal von
Champagne, Simon von Joinvilleund Vaucouleurs heiralhcte
und Montclair mitbrachte. Aus dieser Ehe wurde Isa-
bella gezeugt, welche sich mit Simon von Clemont
vermählte. Ein Sohn von ihm, Gyotus, Guy von Clemont
wurde vom Erzbischöfe von Trier mit dem Schlosse
Montclair und den dazu gehörigen Gütern im Saargau
belehnt. Guy nahm den Namen Montclair an, behielt
aber das väterliche Wappen bei, einen rothen Schlüssel —
clef — auf dem Berge — Mont — und wurde der
Stammvater eines neuen, ritterlichen und ausgezeichneten
Geschlechts.
In einer Urkunde vom J. 1263, worin die edlen
Herren und Ritter Arnold von Siersberg und Arnold
von Sirk als Bürgen aufgeführt werden, bezeugte Guy
von Montclair mit den Burgmannen Johann von Mettlach,
Reinhold von Montclair: dass sie sich mit dem Erzbischöfe
Heinrich von Vinslingen ausgeglichen, und er seine
2 i
Besitzungen im Saargau, wie seine Vorfahren sie em-
pfangen, vom Erzbischöfe zu Lehen genommen habe.
Einer der Nachkommen Guy’s, Jacob von Montclair,
wurde 1322 mit der Voglei Mettlach von dem Grafen
Johann von Saarbrücken, der dieselbe vom Erzstifte
Trier zu Lehen getragen, als mit einem Afterlehen
belehnt.
Jakob von Montclair iibergiebt dem Erzbischöfe
seine Gerechtsame auf Merzig, verspricht ihm Beistand
und Enthaltung von allen Vexationen auf der Saar, von
allen Beeinträchtigungen der Unterlhanen des Erzstifles.
Jacobus Dominus de Montclair dat archiepiscopo
Trevirensi omne jus, quod habet in Marcelo et pertinentiis.
luvabit ipse et haeredes perpetuo ecclesiam Trevirensem,
non recipient telonia nee mercationes impedient super
Saram, jurisdirectionem ecclesiaslicam non impedient,
stabunt jura coram Domino Trevir. nec ulla damna
facient subditis, servabunl omnes litteras sub poena feudi
et honores 1346. (Honlh. T. 2. p. 158.)
Jacob jedoch, seiner feierlichen Versprechungen
ungeachtet, schliesst gegen Erzbischof Balduin ein Biind-
niss mit der Trier’sehen Bürgerschaft 1350, verpflichtet
sich mit seinem Sohne gleichen Namens eine gewisse
Zahl WafFenmänner aufzubieten gegen Balduin und seine
Anhänger mit Ausnahme des Herzogs von Lothringen;
erbietet sich, an die Spitze des Heerzuges sich zu
stellen und die Trierer in die Vesten von Montclair
und Rheingravenstein aufzunehmen.
Sed aulor novarum turbarmi! Iacobus Moncleri
22
Dominus, quippe cui Balduinus nuper pacem summa
voluntate concedens, litteris probatissimis clientem de-
mulcens, foedus cum eo percussum stabilierat. At ipse
nova nihilominus injuria postposito foedere domesticam
quitem interpellavit pactus adversus Balduinum cum Trev.
populo societatem. Testantur documenta civitatis quibus
ipse filiusque Jacobus scabinis senatui populoque Trevir.
consilium operamque suam promittunt, recepturi eos intra
arces suas Moncleriium, Rheingravensteinium dueesque
civitatis futuri adversus Balduinum pontificem ac omnes
ejus socios praeterquam LotharingiiB principem, militaturi
populo Trevir. cum 30 militibus viris cataphractis quique
genere sint Armigeri. Quo nomine stipendium iis a civitate
decretum legesque foederis certae tabulis inscriptae et
sigillis utriusque Jacobi nec non Joann. Sirckii et Henrici
Baldringeni confirmatae ann. 1350.
Der treubrüchige Jakob wurde unter dem Vorwände
der Ausgleichung zu Balduin verlockt, im Palasle zu
Trier festgehalten, aber bald wieder durch Fürsprache
und unter Bedingungen entlassen. Aber kaum zur Freiheit
gelangt, brachte er durch Raub und Feuer und Schwerdt
grosses Verderben überall im Lande. Darauf wurde, um
die wiederholte Unbilde zu rächen, Hamm zu Wasser
überrumpelt, in der Nähe desselben ein fester Thurm,
Gryneck genannt, zum Schutze aufgeführt und die Burg
Montclair belagert. Es half kein Sturm, kein Wurfge-
schoss, hartnäckig war der Widerstand und Hartard
von Schoenecken, der Anführer der Belagerer, büsste,
23
von Slein und Pfeil verletzt, oder vielmehr von schwerer
Rüstung erdrückt, das Leben ein.
Der erneuerte Angriff war hauptsächlich auf einen
Thurm gerichtet, die Hauptwehr bei der Vertheidigung.
Die Fundamente wurden durchbrochen, Felsen ausgehöhlt,
mit Schwefel, Pech und Theer überzogene Pfähle und
Stämme eingeschlagen und angezündel und der Thurm
zum Sturz gebracht. Enger nun eingeschlossen, wurde
den Belagerten auch das Trinkwasser entzogen, das am
Fusse des Berges sich ergoss.
Mit unüberwindlicher Anstrengung wurde ein unter-
irdischer Zugang tief hinab zum Quell wieder erbrochen,
aber auch die Benutzung desselben ging abermals verloren;
denn mit unsäglicher Mühe und Gefahr erstiegen die
Belagerer von Leiter zu Leiter die steilen Felsen, be-
legten, zerstörten und erschwerten den Zugang, drängten
unter blutigen Gefechten den Feind stets zurück und
bemächtigten sich des Brunnens. Nun neben der Was-
sernoth ganz und gar erschöpft und bei Fortsetzung
des Widerstandes mit dem zu ihrem Angesicht hoch
errichteten Galgen bedroht, suchten die Belagerten Gnade
endlich und Unterhandlung. Balduin, uhter dem Vorbehalt,
dass die Burg unbeschädigt erhalten werden solle,
gestaltete ihnen zwölf Tage bis zur Uebergabe, wenn
binnen dieser Zeit auf keinerlei Weisse sie sich Hülfe
zu verschaffen wüssten, gewährte den Ankauf von Wein
und Lebensmitteln von seinem Heere zu ihrem täglichen
Bedarf; wenn aber der Termin abgelaufen, dürften sie
mitnehmen, was sie wollten, und was sie in Einemmal
24
wegbringen konnten, müssten indess dann die Burg
übergeben, was nach einer Belagerung von sieben Monaten
wirklich geschehen ist.
Ob dieses Triumphes hoch erfreut, liess Balduin
das Weihnachtsfest in der eroberten Veste feierlich
begehen, celebrirte selbst mit vieler Pracht das Amt
und bewirthete köstlich die Gäste und begriisste freundlich
den Herrn von Montclair; die Burg indess wurde zer-
stört und dem Boden gleich gemacht.
Balduinus de Jacobi defectione factus certior per
amicos eifecit, ut mutati sacramenti religione perfusum
Treviros ad se adducerent atque de injuriis ruptoque
foedere satisfacere compellerent. Jacobus vicem suam
ipse non usque adeo sollicitatus palatium Archiepis-
copi secure adiit atque ejus voluntati se se permisit;
itaque in libera ibi custodia clementer aliquamdiu ha-
bitus. At amicorum deinde precibus antiquum gratiae
locum apud archiepiscopum adeptus et literis iterum
acceptis sed adposila cantione Balduinus reconciliatus
est. Verum simul a custodia dimissus animo indulgere
suo potuit, pristinae se simultati involvit. Et inter haec
filius Jacobus sociorum stipatus manu pensi nihil ha-
buit ferro flammaque percurrere et populationibus
dioecesin crudeliter lacerare. Balduinus hominis inso-
lentiam superbiamque non ferens literis de more fe-
cialibus ad Jacobum missis inimicitias illi denunciai.
At contra mox unde quinquaginta conjurati vicissim
Balduino bellum rite indicunt. Quare cunfestim ad
ulciscendas ecclesiae suae injurias in annum sequentem
25
exercitum comparat*, simul ac hiemis asperitas in
vernum se teporem induit, ad obsidendum Monclerium
proficiscitur. Mense Aprili igitur copiis in unum ve-
nire jussis Maji mense arcem obsidione cingit. Inde
villam Hammanam navali adparalu facta impressione
occupat. Hic turrim insigni opere praesidioque com-
munitam in vicino locat, quam Grineci vocabulum ferre
voluit. Deinde bellicum arci Monclericae terrorem ad-
movens omni genere telorum oppugnare jussit. Verum,
qui insidebant impigre se terrasque ac propugnacula
defententibus, Treviri cum clade repulsi sunt. Har-
tardus Schoneci dominus armorum praefectus in ea op-
pugnatione saxorum impulsu collisus sagiltaque vul-
neratus in brachio vix ob solis aestum thorace galea-
que strictus praelium sustinebat. Tandem dominus Bal-
dewinus, exercitu commisso, confluentiam properavit.
Hinc ad exercitum reversus variis operibus oppug-
nationi Monclerii institit, callidis ad edomandos obsesso-
rum animos industriae commentis usus. Rupes erat
invia turri muroque ex parte circummunita, qua unus
militi ascensus ad expugnandam arcem aditusque pa-
tefiebat. In hanc, ut eniti quidem res non magni cer-
taminis ingenti tamen discrimine loco praecipiti atque
abrupto ad altitudinem mnenium armatis erat penetran-
dum. Quamobrem Balduinus cernens non facere vim
apertam, conductis mercede fabris alios sudes stipi—
tesque et arborem truncos pice malleolis aliisque flam-
marum fomentis illitos adparare, alios rupem minuere
et qua irruptionem parabat, saxa malleis caedere jussit,
26
ut inseri stipites adigique in rupem sicca materia posset.
His operibus celeriter perfectis, suffulta rupes pice ac
sulphure madentibus lignis, quae ut flammam concepe-
runt, illico subruta turris ac muri fundamenta ingenti
mole procubuerunt. Aditu in arcis vestibulum per muri
turrisque ruinas patefacto, collapsae munitionis rudera
Balduinus occupavit atque omnem inde obsessis aquandi
facultatem eripuit fonte, qui unicus et ea quidem parte
manabat, interrupto. Quare dum sitis intolerantia de
exitu fortunarum suarum hostis deliberat. Effluebat fons
ad imam montis radicem in fossam, quam geminae ru-
pes mediam continebant, quarum altera Balduini prae-
sidio fraenata fontis usum adimebat; quis enim ex alta
rupe in imam foveam ex adverso praesertim eam in rem
intentis custodibus impune se demitteret? Obsessi igitur
huc demum abeunt, ut vel per aversam rupem sub-
terraneo meatu ad ipsam fontis scatebram penetrent vel
ferro excisa petra aditum ad -cavernam vel os salientis
virtute patefaciant. Quod opus incredibili labore cum
perfecissent animadversum a Balduini praefectis, hostem
praerepto consilio usum recuperasse fontis et occulta
via libere jam et sine metu ad cavernam venire aqua-
tum. Reditum igitur ad machinas atque diversa belli
instrumenta, quibus prohibere juvabat aquationem et
avertere ab occultis itineribus hostem, pars scalis etiam
per directa et minacia saxa in adversam rupem enixi
ad disturbanda opera hostis et fontis aditum penitus
obturandum, atrox cum obsessis iniere certamen, quo
superiores Balduini copiae averso fonte et caverna ob-
27
slrucla attulere demum sitim ac ultimam lassitudinem.
Balduinus vero, ubi tenui quoque auxilii spe praefero-
cem hostem moras sentit inferre deditioni, cruce in
omnium oculis eminenti defixa tam vehementer demta
veniae spe exterruit, ut gratiam ejus et clementiam ex-
periri quam vim remissa pertinacia vellet. Ergo ubi
induciarum tempus exiit, salvis corporibus et quas
quisque effere potuit sarcinis liberos exire permisit,
arce in ecclesiae ditionem potestatemque redacta.
Hujus tam difficilis et diuturnae obsidionis labore
Bulduinus perfunctus Christi natalem ingenii cum laeti-
tia ibidem exegit, et quo diei istius celebritatem ma-
joris gaudii voluptate cumularet, apparatissima pompa
missarum ipse solemnia peregit, Honorifico deinde opulo
suis instructo Monclerii dominus comiter salutatus est.
Verum arcem postea, ne qua dissensionis materia re-
sideret, dirui ac subverti voluit, castro novo in d. Petri
fundo e regione educto, cui a praeterfluente Saravo
Sarensteinii cognomentum indidit. Narrant majores por-
tam hujus castri pro manubiis a Balduino in Trevir.
palatium exportatum, ubi 1526 memoriae causa adhuc
asservabatur. Caeterum quia Moncleriae gentis amplitudo
et factionis ejus secta late patuit, ea tandem sub Boe-
mundo archiepiscopo dissipata et ad pacis faciem re-
vocata est. (Brower.)
Castrum verum solo coaequavit et ex opposito in
S. Petri allodio fortius castrum aedificavit et Sarsteyn
appellavit. (Honth.)
Sclioir nach wenigen Jahren (1358) fand zwischen
28
dem Erzbischof ßoemund und dem Herrn von Monlclair
und seinen Verbündeten eine Versöhnung statt, und in
dem neuen Vertrage wurden die Bestimmungen über
Gerechtsame und Gerichtsbarkeit aufgenommen und fest-
gesetzt, dass die Burg nicht wieder aufgeführt wer-
den dürfe.
Sequenti inde anno 1358 Boemundus cum gente
Montcleria ejusdem auxiliaribus concordiae et pacis
leges ex utrorumque commodo scivit die S. Paulini.
Jis in tabulis inducta oblivione damnorum et injuriarum,
quae a Jacobo Balduino et ecclesiae illata, reslitutisque
beneficiis, quae Balduinus ademerat, conditiones certae
latae de arcis et solo novis munitionibus non occupando,
de fundis, nemoribus, aquis eorumque jure, venatu,
piscatu non immutando, de jurisdictione utraque ex aequo
et bono regenda. (Honth.)
Aber nicht lange, so traten schon wieder Feindselig-
keiten ein, aber dieses Mal zwischen der Trier’schen
Bürgerschaft und Friedrich von Montclair, und beiderseitig
brachte man sich durch Brand und Plünderung Jahre
hindurch empfindlichen Schaden. 13 64.
Inter civitatem Trevirensem etFridericum de Montclair
diuturnum bellum fuit praedis, incendiis ad invicem saevitum
1364, quod bellum a duce Lotharingiae et cunone Ar-
chiepiscopo compositum est 1366.
Der letzte vom Mannsslamme seines Geschlechts
war Jakob, Herr zu Montclair. Seine einzige, mit Jakob
von Sirk vermählte Tochter brachte ihrem Gemahle
Montclair. Von Jakob stammte Arnold von Sirk, der
29
mit der Burggrafschaft Freudenburg belehnt wurde.
N un diesem wurden gezeugt Jakob von Sirk, der Nach-
folger von Raban von Helmstadt auf dem erzbischöflichen
Stuhle zu Trier, ferner ein Sohn gleichen Namens,
Arnold von Sirk, der Montclair vom Erzbischöfe Raban
als Lehen zurückerhielt und die Burg wieder auf-
führte 1430.
Die hierauf bezügliche Urkunde bei Hontheim „Ra-
banus archiepiscopus Trevir. Arnoldum a Syrk de
Castro Monclair et aliis etc.“ lautet, wie folgt:
Ich Arnold von Syrk, Herr zu Montclair und zu
Meynsberg thun kund: als in vergangenen Jahren;
Kriege, Missein und Zweiung entstanden und gewest
sind zwischen den ehrwürdigen etwa Herren Buldewin
Erzbischof zu Trier seliger Gedächtenuss auf eine und
meinen Aeltern und Vorfahren Herren zu Montclair auf
der andern Seit, welcher Kriege und Zweiungen halber
die Burg Montclair zerstört und abgebrochen ward;
darauf auch dieselben meine Aeltern und Vorfahren
II. zu Montclair nach der Hand für sich und ihre Erben
sonderlich auf dem Berg und Schloss Montclair ver-
zichtet haben, als die Briefe darüber gegeben klärlich
ausweisen, so bekenne ich öffentlich au diesem Briefe
für mich und meine Erben, dass der ehrwürdige in
Gott Vater mein gnädiger lieber Herr, H. Raban, Erz-
bischof von Trier von seiner besonderen Gnade mir
und meinen Erben von neues zur rechten Lehn geliehen
hat seine und seines Stifts Theil und den Thurm, der
noch zu Montclair stehet und auch an dem Berge,
30
darauf die Burg Moneler gestanden hat mit dem Hamme,
wie die Saar denselben Berg und flamm umfliesst. Und
hat auch derselbe mein gnädiger Herr gegönnt, verhängt
und erlaubt mir Arnold und meinen Erben den vorge-
nannten Berg mit seinem Begriff zu befesten und mit
burglichem lluwe nach allem unseren Willen und Wohl-
gefallen zu erbauen und uns durch sich selbst oder
jemand anders daran zumal nicht zu hindern noch zu
irren in einiger Weise. Auch hat der vorgenannte
gnäd. Herr zu rechten Mannlehen geliehen mir und
meinen Erben alle nachgeschriebene Lehen und Güter
in aller Massen, wie S. Gnaden Vorfahren mir und
meinen Erben die vormals geschrieben und geliehen
gehabt haben und die Briefe darüber gegeben ausweisen.
Zum ersten solche Theil an der Herrschaft von Moneler,
so etwan Johann Herr von Moneler, mein lieber Oheim
seel. bei seinem Leben und ich nach seinem Tode von
des obgenannten meines gnäd. H. Vorfahren und Stift
von Trier zu Lehen gehabt und getragen haben, mit
sammt diesen nachgeschriebenen Vadien, Gütern und
Dörfern, nemlich die Vadien zu Rode, Niederperle, zu
Contze, zu Portze, zu Thauen (Taben) mit ihren Frei-
heiten, Herrlichkeiten, Gerichten, Rechten und anderen
Zugehörungen.
Sodann wurde derselbe Arnold von demselben
Erzbischöfe noch weiter belehnt mit dem halben Dorfe
Eigel (Ail) mit einem Burglchen zu Saarburg, zwei
Häusern daselbst, mit den Dörfern Perdenbach und S.
Erasmus (Trassem), mit der Mühle zu Rode bei Per-
31
denbach und mit dem Kirchensatze zu Lamprecht (S.
Lambert) bei Saarburg.
Arnolds einzige Tochter, Elsa oder Elisabeth, vor-
erst mit einem Grafen von Zweibrücken und Bitsch
und nach dessen Tode mit dem Grafen Gerhard von
Sayn vermählt, brachte diesem Menzburg, Freudenburg
und Montclair zu.
Jener Arnold von Sirk erhielt von Renatus II., Her-
zoge von Lothringen ebenfalls die Erlaubniss, auf Saareck
einen Thurm bauen zu dürfen. Aber wo ist Saareck gele-
gen und wo hat, wenn bestanden, der Thurm gestanden?
Graf Gerhard von Sayn verordnete in seinem im
Jahre 1491 errichteten Testamente, dass seine Söhne
Gerhard und Sebastian die Güter ihrer Mutter Elisabeth
gleichauf theilen sollten und es wurde demnach Graf
Sebastian 1494 mit Monclair belehnt.
Sebastians einziger Sohn war Johann und einer
seiner Söhne, ebenfalls Johann genannt, erhielt Schloss
Munckler mit allen seinen Herrschaften. Sein Sohn
Heinrich überliess seinem jüngeren Bruder Herrmann
durch einen Vertrag von 1571 die Grafschaft Sayn,
Munckler mit allen übrigen Besitzungen für die Summe
von 22,000 Th. Hermann starb 1587 und hinterliess
eine einzige Tochter, Anna Elisabeth, welche mit dem
Grafen von Sayn-Wittgenstein vermählt wurde.
Nach dem Ableben des Grafen Heinrich soll Kur-
fürst Lothar die Herrschaft Montclair als ein dem
Erzstifte heimgefallenes Mannlehen eingezogen und auf
seine Vettern, die von Metternich, übertragen haben.
32
In dem Vertrage Königs Ludwig XIV. mit dem
Kurfürsten Karl Kaspar vom J. 1601 wurde festgesetzt:
dass das in jener Zeit schon zum Theil verfallene
Schloss Monclair gänzlich zerstört und weder von der
einen noch der andern Seite je wieder aufgebaut werden
solle Zu diesem ßehufe beschloss Se. Majestät die
dort zur Aufsicht aufgestellten Truppen wegzuziehen.
(Honth. hist, dift.)
In der Convention vom J. 17 78 zwischen Kur-Trier
und der Krone Frankreich, einige Grenzveränderungen
an der Saar betreffend, wurde mit Bezugnahme auf
jenen Vertrag abermals der Vorbehalt gestellt: dass
die Burg Montclair unter keinem Vorbehalte jemals
wieder erbaut werden dürfe.
Wie die Burg, oft zerstört, aus den Trümmern
immer wieder neu erstanden ist, so hat auch die Herr-
schaft oft gewechselt, und sie ging vielerlei Geschlechter
hindurch, jedoch niemals anders als durch das Recht
der Erbfolge. Eine Reihe von Jahrhunderten hat sie
durchgedauert, aber in der mittleren Zeit ihres Bestehens
hat sie ihre Glanzperiode erlebt, namentlich durch die
Belagerung von Balduiu, wo die Vertheidigung so hart-
näckig, so ausdauernd und verzweifelt, als der AngrifF
kühn und gefahrvoll, und alle Kräfte, alle Mittel dazu
aufgebolen waren. Hat sie vorher nur Schrecken und
Verderben verbreitet, so hat sie nachher nur den Seg-
nungen des Friedens sich ergeben, und eine ruhige,
geordnete Verwaltung über ihre vielfachen Besitzungen
eintreten lassen.
f * * •
V.
Saarburg.
Die Saarburg mag wohl die älteste Burg an der
Saar sein, da sie vorzugsweise diesen Namen führt.
Sie ist hoch gelegen, lang gestreckt auf dem Rücken
eines Berges, der ehedem einerseits vom Thale der
Leuk, anderseits vom Thale der Saar eingeschlossen
war und beherrschte die ganze Unterstadt, die sich
am Fusse des Berges hinzieht. So lange die Burg
bestanden, gehörte sie fast ausschliesslich den geistlichen
Fürsten von Trier zu, die hier auch oft und gerne
verweilten, angezogen durch die herrliche Lage oder
durch die mancherlei ländlichen Vergnügungen der
Jagd, des Fisch- und Vogelfanges. So beliebt und
bevorzugt war dieser Sitz der Ruhe und der Erholung,
3
dass mehrere Erzbischöfe hier Geld schlagen, sich die
heil. Weihe geben liessen, Jahre lang hier wohnten
und ihre Lebenstage beschlossen. Die Burg hatte einen
grossen Umfang, wurde oft vergrössert, erweitert und
verschönert, wurde verbrannt und wieder aufgebaut,
belagert und bestürmt, und von der Zeit der Reformation
an wurde sie stets in’s Kriegstheater, so oft es in Deutsch-
land aufgeschlagen, mit hineingezogen. — Fest und
geschützt war die Burg durch die Dicke der Mauern,
durch die hohe Lage, durch die Unzugänglichkeit des
schroffen Berges und durch die tiefen Thäler, von der
Saar und der Leuk durchflossen. Saarburg hat von
der Burg den Namen erhalten, hat ihr die Entstehung
zu verdanken und sie ist daher als die Wiege der
Stadt anzusehen.
Wie Brower genau die freundliche Lage des Schlosses
beschrieben hat, eben so anziehend ist die Schilderung,
welche Hontheim iiber diesen Lieblingsaufenthalt mehrerer
Kurfürsten und besonders des Boemund von der Saar-
brück und des Johann Philipp von Walderdorf gegeben
hat.
Posita est in praealta et mincii rupe, cujus imam
crepidinem Saravus fluvius alluit. Unicus patet ex op-
pido via ad arcem nobiliumque sedem antiquam ferente
accessus, reliqua dejectis vallibus aut praecipitiis undique
abrupta praeterquam ad occidentem, qua cum dorso
rupis jugum miscetur vicini montis declivioris, sed cor-
rigit id quodcunque naturae vitium interjecta piscina
mille trecentorum fere passuum, quae montis etiam im-
minentis viciniam coercet. Locum hunc anuenissimi soli
et pontificum secessu habitationeque cultissimum nostra
memoria AlBertus Brandeburgius fax et follis Lutheranii
incendii funesta clade 1552 deformavit, ut ingridientibus
praeter nudas ipsas insignium aedificiorum parietinas et
flammae teterrimae fuliginem nilse dignum adspectu objiciat.
(Brow.)
Arx nobilis et splendida Principum domicilium et
venationibus, aucupiis, piscationibus aliisque honestis
exercitiis celebris. (Honth. T. II p. 761.)
Ursprung; der Hur*.
\
Die Entstehung der Burg von Saarburg verliert sich
zwar nicht bis zur nebelgrauen Ferne, wo Fabel und
Sage weites Feld gewinnen; indess sind doch die ge-
schichtlichen Nachrichten theils so unbestimmt, theils
so widersprechend, dass man leicht in ein labyrinthisches
Dunkel hineingeräth, woraus nur das Licht der Kritik
verhelfen kann. Es haben nämlich in der Folgezeit
die Grafen von Luxemburg und die Erzbischöfe von
Trier sich um das Besitzrecht der Burg gestritten und
so wurde von den bezüglichen Schriftstellern, meistens
von Parteigeist befangen, bald den Grafen, bald den
Bischöfen die Ehre der Begründung zugesprochen.
Brower berichtet: das Schloss zu Saarburg sei
zu Otto des Grossen Zeiten (also im lOten Jahrhundert)
im Besitze des H. Peter gewesen; sei dem Grafen
Siegfried von Luxemburg jure precario übergeben worden
und die Austrasier hätten es Curbel genannt (mithin
in dem Zeiträume von 463 bis 483, als Trier zu Austra-
sien geschlagen war).
Arx autem, quod perspicius tabularum veterum
testimoniis exploratum habemus, Ottone magno imperante
(936 — 971) in possessionibus S. Petri, comitatui vel
pago Bedensi numerata fuit, priscis Austrasi® populis
Curbelin vocabulo cognita et Sigifrido Luciliburgensi
comiti jure precario, dum Hadevig conjux et filius
superessent, inhabitanda concessa. (Brow. Annal.)
Hontheim dagegen, der Urkunden anführt, wo Brower
sich lediglich auf nicht näher bezeichnete Urkunden
beruft, stellt die Behauptung auf: Siegfried habe nicht
auf Anstehen und Bitte die Burg erhalten, sondern im
Austausche gegen Lenken sei ihm nur ein Berg mit
Bering vom Erzbischof Heinrich I. übergeben worden,
der, sonst Churbel genannt, nun aber (nach dem Auf-
bauen) Saarburg heisse.
Diploma.
Henricus I (956 — 964 — ein Anverwandter des
Kaisers Otto) Archiepiscopus Trev. Sigifrido comiti
Luxemburgensi pro Lucia (Lenken) Sarburgum ad vitam
concedit — 964. —
Quod ego Sygfridus (primus comes Luxemburgensis)
et dedi ad altare S. Petri ex rebus me® proprietatis
in pago Saronensi (Saargau) in villa, qu® vocatur
Odowines Lucia. (T)ass Leuken vor Saarburg bestanden
37
haben mag, kann iheils aus dieser Urkunde, iheils
aus dem grossen Umfange seines Bannes, der jenen
von Saarburg weit umschlängelt und sich sogar bis
dicht an die Unterstadt erstreckt, erwiesen werden.)
Accepi autem econtra legali traditione sub praetextu
precarie de rebus S. Petri in antediclo pago et in
supradicta Marcha in comitatu Bedensi monticulum, qui
antea vocabatur Churbelin, nunc autem Sarburg, silum
super fluvium Sarowe et cum eo sex mansos juxta
supra dictum monticulum jacentes in villa, quae nominatur
Luica cum omnibus adjacentibus illorum, cum pratis,
campis, aquis etc. etc. et mancipia utriusque sexus
quatuordecim. Post nostrorum (conjugis meae Hadwig
filiique nostri Henrici) vero decessum ad partem et ad
dominationem domini S. Petri litrumque, datum videlicet
et acceptum redeat et in ejus deinceps proprietate
maneat. (Honlh. T. I. p. 301.)
Inde, fährt Brower weiter fort, occupata ab Adalberone
Lutzelenburgio episcopatum ambiente novis tectis atque
munitionibus est exculta.
Eine Aufschrift, welche die Schlosskapelle gehabt
haben soll, giebt der Burg ein noch geringeres Alter
und lässt dieselbe gar erst durch Adalbero erbaut
werden.
Ad vero, quae in arcis sacelli ostio diruti epigrapha
venerabilis antiquitate, quia magnam historiae praesenti
fidem adversus recenliorum traditionem adstruit. hic
prorsus adscribenda, ubi prius tamen monuero, fidei
ac antiquitatis forte nimium prodigos, qui sive asserendo
38
stirpi Lutzeburgic* honori, sive minuendo Archiepiscopis
suo jure, hujus Saraeburgi ut et aliorum quorumdam
locorum Berncastelli Adalberonem haeredilarium ajunt
fuisse dominum, quodque eodem spectat, vicedorainorum
aut urbis praefectorum, qui pro Archiepiscopo Treviris
jus dixerint, nec sustinere quidem volunt nomen.
Epigrapha.
Hoc castrum a domino Adalberone vicedomino et
praeposito S. Paulini aedificatum et ab ipso ecclesiae
traditum et postea per multa tempora neglectum et
desertum, tandem a Brunone Trev. d. g. Archiepiscopo
reaedificatum est. (Brow.)
Vergleicht und prüft man alle angeführten Stellen,
so stellt sich mit aller Wahrscheinlichkeit heraus: dass
Sigfrid Leuken gegen den Berg, Churbel genannt, ver-
tauscht und die Burg erbaut habe. Zur Begründung
dieser Behauptung sprechen einmal die klaren, schrift-
lichen Dokumente, welche Hontheim anführt, dagegen
Brower sich gleichsam nur auf Sagen und Traditionen
bezieht, die sich einander widersprechen und offenbar
Parteilichkeit verrathen. Die Steinschrift verliert nämlich
alle Glaubwürdigkeit dadurch, dass weder angeführt
ist, Wer dieselbe gesehen, noch das Gebäude mehr
vorhanden war, das damit versehen gewesen sein soll.
Es konnte ferner Adalbero nicht erst die Burg erbaut
haben, wenn schon kaum nach Verlauf eines Jahrhunderts
ihres Verfalles wegen der Wiederaufbau durch Bruno
nöthig gewesen. Zudem heisst es an einer anderen
39
Steile, Adalbero habe nur die Burg vergrößert und
ausgebessert. Ein anderer Grund, der zu Gunsten
der Erbauung durch Sigfrid spricht, ist der, dass erst
die Burg, wie sie auf dem ausgetauschten Berge Churbel
erbaut war, den Namen Saarburg erhallen hat. Dieselbe
verblieb auch seinen Nachkommen bis auf Adalbero,
der sie nebst vielen anderen Hofgütern und Burgen
an Kirchen und Klöster verschenkte, welche Uebergabe
von späteren Herzogen und Kaisern aus dem Luxemburger
Hause gutgeheissen und bestätigt wurde.
Will man, abgesehen von der Glaubwürdigkeit und
dem inneren Werth der verschiedenen und sich wider-
sprechenden Angaben dennoch nach diesen Daten die
Zeit der Erbauung und das Alter der Burg bestimmen:
so ergeben sich drei Zeitabschnitte, die in ihrer grössten
Abweichung vier Jahrhunderte einschliessen.
Schreibt man den Bischöfen von Trier den ersten
Besitz zu und nimmt man die mittlere Zeit der Herr-
schaft der Franken für die Zeit der Erbauung an, so
erhält die Saarburg ein Alter von beinahe 1200 Jahren.
Nimmt man die Zeit, wo der Tausch geschehen,
für die der Erbauung an; dann war Sigfrid, Graf von
Luxemburg, Begründer der Burg und es würde dieselbe
fast neun Jahrhunderte bestanden haben.
Beruft man sich aber auf die Steinschrift und hält
ihr zufolge Adalbero für den Erbauer und das Jahr
Tausend für das Jahr der Begründung; so hätte die
Burg ein Alter von mehr als acht Jahrhunderten.
40
(««schichte der Burg; bis auf die neueste Zelt.
War Sigfrid, was wohl keinem Zweifel unterliegt,
der wirkliche Stammherr der Burg, so ist dieselbe doch
nicht auf eine lange Nachkommenschaft übergangen ;
denn schon in den Jahren 103%7 hat Adalbero, sein
Sohn, reuig geworden des Raubes und der Zerstörungen,
die er an Klöstern und Kirchen verübte, dem Erzbischöfe
Poppo dieselbe übergeben und viele Klöster mit seinen
Gütern beschenkt, Seit dieser Zeit ist die Burg, die
bald Churbel, bald Saarburg oder Kutzägel (Merian
p. 36) oder des Kurfürsten Haus (Braun) genannt
wurde, in ununterbrochenem Besitze der Trier sehen
Kirche geblieben.
Die Uebergabe - Urkunde an Erzbischof Poppo
(1016 f 1047) lautet also:
Medio tempore Adalbero Lulzelburgius, ubi Popponis
res vidit majorem in modum potentia et felicitate stabiliri,
multo quam ante humilior opique suorum diffisus, animum
flectere et spiritus, quod feroces diu gesserat, tandem
in augustum trahere coepit. Popponi itaque supplex
factus, non modo palatium ei ac occupatas ecclesiae
arces sed castella etiam, quae in ipsius antea potestate
fuerant, Circium (Sirk) Rutichium, Sarburgium atque
Berncaslellum uno eorum titulo sibi reservato cum prae-
cipuis possessionibus praeclaro voluntatis mutatae argumento
tradidit.
Is, ut praeteritae vitae omnes omnino maculas induceret,
contractasque praesertim rapinas et ambitione sordes
penitus obliteraret, distributis suis passim per vicina
monasteria praediis 7 non adhaerescentem modo nomini
suo dedecoris notam eluit, verum insignem ad posteros
redempti erroris famam consecutus est. Exlat ejus hoc
diploma:
Quoniam illas solummodo possessiones in aeternum
mansuras credo, quas pro dei quis amore feliciter
erogat; idcirco ego Adalbero d. g. Praepositus S. Paulini
Trev. dominus de Rultichio, de Serico, de Sarburg et
de Bemcastel certissima fide credens secundum scripturam,
sicut aqua extinguit ignem ita eleemosyna redimi posse
peccata, quia elc. et pro peccatis meis maximis, quibus
deum ultionum monasteria nimis graviter offendi, cortes
ipsorum destruando et depraedando bona ipsorum, aliquid
de meis proprietatibus offerre disponens, trado et tradidi
monasterio Prumiensi et fratribus villam meam Wiltingen
cum omnibus appendicibus suis excepta decima, quam
monasterio S. Mariae ad Martyr, legavi et lego. Item
villam meam Emmel cum suis omnibus appendicibus.
Ad hanc villam meam Ockfe S. Martino. Item trado,
lego et legavi villas meas Nenniche, Paltzele et Dilmere
et Helfeldt S. Euchario hoc duntaxat excepto, ut quaelibet
domus villarum dictarum uno die singulis annis unius
viri labore pro castro nostro Sarburg laborare tenebitur
et tenetur ad edictum illias, qui ipsum castrum tunc
temporis pro tempore, titulo possederit justo. Quibus
villas meas proprias adhuc addens Hempteren, Balderingen,
Lampaiden et quae eo referuntur omnia etc. etc. hoc
solum excepto, quod quaelibet domus villarum praedictarum
viduis exclusis dimidium maltrum avenae ad castrum
42
nostrum Sarburg praedictum singulis annis dare tenetur.
Ratione cujus in nostro castro praedicto nos et succes-
sores nostri easdem villas ab omnibus sibi violentiam
aut injuriam facientibus defensare tenebimur et tenemur
1038. — (Brow. et Honth. T. I. p. 372.)
Kyriander thut davon Meldung, dass Adalbero, von
edlem Stamme entsprossen, mit dem deutschen Kaiser
verwandt, an der Saar und an der Mosel reich begütert
und Herr vieler Burgen gewesen, und wie derselbe
mit allem Nachdruck versuchte, sich mit Gewalt des
Bischöflichen Stuhles zu Trier zu bemächtigen.
De Gisilberto comite Lutzenburgico, quanquam non
proditur in gestis Trevirorum, quam ob rem hostiliter
adversus Popponem egerit, obiter tamen animadvertere
convenit, fratrem eum fuisse Adelberonis episcopi, quem
Poppo depressit et quem castella sua haereditaria Saro-
burgum, Berncastellum atque Ruthias Popponi tradidisse
dictum est. Unde admodum verisimile fit ob ista castella
controversiam et bellum ortum uti etiam principatus
Luxemburgici pars in hunc usque diem manet castellum
Ruthiae cassa cessione Adelberonis, quanquam Saro-
burgum et Berncastellum Trevirensi iude ecclesiae relicta
videantur: cum etiam Berncastellum vi cepisset evertis-
setque Luxemburgico comite, qui fratris alienationem
non probabat, locum praesidio improsilo sibi asserente.
(Kyriand. T. XI. p. 73.)
Colligere licet, Saroburgum, Berncastellum et Ruthias
propria ipsius Adelberonis castra, quae tandem ille vir-
tute viribusque Popponis, qui Megingaudo in episcopatu
43
successit, deterritus ipsi tradidit, tunc temporis hand
ad episcopatum spectasse 1008. (Kyriand. T. XIII
p. 104.)
Quo tempore (1008) episcopatum invasit Adelbero,
vir nobilis ac potens de Lutzenburgo ortus, divi Paulini
Trev. prepositus et castellorum Sarburgi et Berencastelli
atque Ruthiarum dominus, frater Cunigundae Aug. Imper.
Henrici II. Claudi conjugis: cujus affinitatis fiducia
pontificatum affectans milites sacramenta sibi dicere
coegit, Treviros adiit, palatium obsedit, oppugnavit etc.
(Kyriand. pag. 70 T. XI.)
Nach dem Ableben Ludholds im J. 1008 wurde
Probst Adelbert von dem Klerus und dem Volke mehr
aus Rücksicht auf seine mächtige Familie als aus reli-
giösen Gründen einstimmig zu dessen Nachfolger erwählt.
Kaiser Heinrich II., der diese Wahl als einen Eingriff
in seine Rechte betrachten mochte und überdies Adalberten
wegen seines heftigen Characters nicht für dieses Amt
geeignet hielt, verweigerte ihm die Investitur ungeachtet
aller dringenden Fürbitten seiner Gemahlin und deren
Brüder.
Mortuo Luildolpho, capellanus ejusdem Adalbero,
frater reginiß et immaturus juvenis, plus timore regis
quam amore religionis communiter eligitur. (Dilmarus.)
Adalbero verblieb bis an sein Ende im Kloster
S. Paulin, dessen Probst er war lind starb 1036 v.
1046?
Adalbero vir potens erat ac dives, habens plura
4 1
castella, in monasterio mansit usque ad vitae fitiem-
(Honth.)
Lange Zeit vernachlässigt und verlassen, soll das
Schloss vom Erzbischof Bruno (Graf von Lauifen i 102
f 1124) im Anfänge des zwölften Jahrhunderts wieder
erbaut worden sein.
Ob zur Zeit, als Joannes Cancellarius (1190 f
1212) bei’m Uebergange des zwölften ins dreizehnte
Jahrhundert auf dem bischöflichen Stuhle sass, und
als die Schlösser, welche während der vieljährigen
Feindseligkeiten verwüstet und zerstört wurden, wieder-
herstellen liess, auch das Schloss zu Saarburg in dieser
Zahl mit einbegriffen war, diess lässt sich in dem Falle
nur unterstellen, als es ebenfalls an dem Loose der
Kriegsverheerungen Theil genommen hat; denn die
damals erneuerten Burgen sind nicht namentlich angeführt.
Joannes Cancellarius Archiepiscopus turres et castra
Archiepiscopatus reaedificavit, quae deserta et destructa
invenit propter dissensionem et discordiam, quae per
septennium in eadem ecclesia duravit, quando ipse
sedem arch. est adeptus. (Kyriand. T. XV p. 127.)
Als in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts
zwischen Arnold und Rudolph wegen der Wahl zum
bischöflichen Stuhle Feindseligkeiten entstanden, bemäch-
tigte sich Rudolph mit seinen Genossen in schlauer,
wie es scheint, und listiger Weise (castrum mirabili
ingenio obtinuere) des Schlosses, behauptete dasselbe
auch nach Beilegung des Streites durch Vertrag und
starb daselbst nicht lange nachher.
Tandem de concordia coepit agi, compositumque
negotium Rudolpho pontificatum cedente castrumque
Sarburgum ex pacto retinente, in quo brevi post obiit.
(Kyriand. T. XV.)
Rudolph war, wie die Chronisten berichten, ein
durch Thalen und Tugenden gleich ausgezeichneter Mann,
der sich auf den Beistand mächtiger Anhänger stützte.
Rudolfus, Praepositus S. Paulini Trev. de parentela de
Ponte procreatus,- vir magnorum operum et virtutum
fuit, confidens adjutorio ducis Lotharingiae comitumque
de Lutzenburg et de Seyn.
Von dem denkwürdigen Antiquarius des Saarstroms
wird angegeben: Heinrich von Finstingen, der im Jahre
1260 (f 1286) Erzbischof geworden, habe das hoch
gelegene Schloss in Saarburg, Kutzägel genannt, mit
Sälen, Kammern und anderen Gebäulichkeiten vortrefflich
erneuern lassen, und ganz dasselbe führt Kyriander
an in der T. XV p. 142.
Idem (Henricus de Finstinga) castrum Sarburg,
palatium Trev. aulis, cameris et aedificiis, Palatiolum,
Grimburg etc. et omnia castra magnis aedificiis sumptuo-
sissime renovavit.
Dass ungeachtet der Uebergabe des Schlosses an
die Kirche des heil. Peter zu Trier von Zeit zu Zeit
wiederholte Ansprüche auf dasselbe entweder erhoben
wurden oder doch erhoben werden konnten, ist aus
einer Urkunde von Hontheim zu entnehmen, welcher
gemäss König Johann von Boehmen und Graf von Luxem-
— 4ti —
bürg auf alle Hechte verzichtet, die er auf Saarburg
und dessen Zugehör haben könnte.
Joannes rex Bohemiae ac Luciliburgi comes aequitavit
ecclesi® Trev. omne jus, quotl posset petere in Sarburg
et pertinentiis. (Honth. T. 2. p. 89.)
Auch Boemund von Warsberg, der sämmtliche
Schlösser der ganzen Dioecese gar sehr hat ausbessern
lassen, wird vermuthlich die Saarburg nicht übergangen
haben, wenn sie ebenfalls in Verfall geratheri war.
Munitiones et castra totius dicecesis plurimum emen-
davit Boemundus. (Kyriand. T. XV p. 145.)
Der Name Warsberg war bei der Stadt Saarburg
von jeher ein Name von gutem Klange und wurde er
immer mit verdienter Achtung ausgesprochen. Denn
die Familie wohnte Jahrhunderte lang in ihrer Mitte
und führte während dieser Zeit in fast ununterbrochener
Beihenfolge die oberste Verwaltung; sie zählte zu dem
hohen, reichsunmiltelbaren Adel und ihr gehörte ein
ganz reiches Besitzthum an Gütern zu. Die Warsberger
endlich waren es, die sich den ersten Würdeträgern
des Landes stets anreiheten. Dem Erzbischöfe von Wars-
berg aber muss die Stadt mit besonderem Danke verpflichtet
sein, denn er erwirkte für sie bei Kaiser Rudolph die
Loslassung aus der Leibeigenschaft, sie erhielt Stadt-
gerechtsame und umgab sich mit Mauern.
Erst nach Bestätigung der Wahl als Erzbischof
trat Boemund von Warsberg den geistlichen Stand an.
Von Rom zurückkehrend, brachte er Alles von dort
mit, die einfache Priesterwürde mit den höchsten Ab-
stufungen derselben: er war Erzbischof von Trier,
4 7
Primas von Gallien und Deutschland, Erzkanzler von
Gallien und dem Königreich Arelat und überdies noch
mit dem Pallium geschmückt.
Anno 1282 electio ßoemundi confirmata est a dno
papa et proxime statutis temporibus promotus ad gradus
sacerdotii et pallio nobili signaculo singulariter insignitus
et cum benedictione apostolica Boemundus Primas Galliae
et Germaniae et Metropolitanus Trev. ecclesiae, Galliae
Arelatensisque (regnum arelatense i. e. Burgundia et
ducatus Lothariensis) Archicancellarius reversus est
Roma ad patriam a populo et clero diu desideratus.
Von diesem Ehrenmanne, der durch seine Wissen-
schaft, Weisheit und Herzensgüte bei seinen Untergebenen,
bei den Grossen und Fürsten seiner Zeit als väterlicher
Verwalter, Friedensvermittler und als Rathgeber hoch-
verehrt war, hat Kyriander eine herrliche Charakter-
zeichnung entworfen. (T. XV.)
Boemundus in rebus mundanis acutissimus indagator
et consultus, discordiarum sedator, pacis reformator
et totius honestatis exemplar, jurium et consuetudinum
patriae subtilissimus et honestissimus recitator, ob mira-
bilem profundamque sapientiam principibus magnatibusque
seculi venerandus, civesque Trev. paterna solicitudine
amplectabatur.
Ein anderer Boemund steht ebenfalls bei der Stadt
Saarburg in hochgeehrtem Andenken, es ist der Erz-
bischof Boemund von Saarbrücken, der die Burg erweitert
und verschönert, daselbst lange Zeit gewohnt und auch
seine Lebenstage beschlossen hat. Boemund II. von
48
Alter und Krankheit entkräftet, verzichtete auf den
bischöflichen Stuhl zu Gunsten Cuno’s, seines Coadjutors,
und wählte sich das schön gelegene, von ihm stets
bevorzugte Schloss von Saarburg zum Wohnsitz, wo-
selbst er fünf Jahre verlebte und am 10. Febr. 1307
gestorben ist. Er Hess die nun zugeworfene Pfütze,
die bis in’s Saarbeet sich senkte, graben und mit einer
festen Mauer aus Quadern umgeben. Ihm waren zu
seinem Lebensunterhalt 200 Malter Weizen, 300 M.
Korn, 20 Fuder Rheinwein und 30 Fuder Moselwein
und 6000 Goldgulden angewiesen.
Insuper Boémundum podagra senioque gravatum
Cunoni (C. von Falkenstein 1362 f 1388) Moguntino
Canonico, quem prius coadjutorem acciverat, episcopatum
resignasse refert Anno Chr. 1362 pro sustentatione
sui oppido et arce Sarburg cum attinentiis, dum viveret,
retento. (Kyriand. T. XV p. 156.)
Boemundus praeter senectae incommoda fatali etiam
podagra laborans castrum sibi Saraburgum delegit, quod
unicum in votis habuerat, deo imposterum sibique va-
caturus. Atque ita archiepiscopus arcis ut naturali
praesidio firmissimae, sic subterlambentis tacite fluminis
et vicinorum collium amoenitate feracique proventu nobilis,
habitatione delectatus tranquille pieque consenuit. Boe-
mundus in secessu Sarburgi annis quinque praeterlapsis
mortuus est 1267 Sarburgensem arcem puteo attitudine
incredibili, rupe excelsa atque durissima ad imum usque
pertusa, necessario imprimis opere nobilitavit Boemundus,
cujus aqua subluentis crepidinem sarae fluminis alveum
49
fundo «quare creditur. Puteus hic ore capaci ex quadrato
lapide structus perlinet ad orientem, qua formidabilis
minaxque in subjectum omnem despectus, habetque sex
et triginta dodrantes in rotundum, (Brow.)
Boemundo (1354 j- 1367) postquam resignasset
archiepiscopatui, Cunone successore assignatur compe-
tentia in castris certis, praediis, reditibus etc. Actum et
datum Sarburg 1366. (Honth. T. 2. p. 237.)
Als im J. 1431 Ulrich von Manderscheid in Ver-
bindung mit anderen Rittern des Erzsliftes Trier belagerte,
wurde auch das Schloss zu Saarburg überfallen, die
Kellnerei geplündert und verwüstet.
Anno 1431 obsessa est civitas Trevirensis per
dominum Ulricum de ManderscheiL et alios nobiles
dioecesis Trev. in qua omnia, qu« venerabilis Otto de
Ziegenhayn accumulavit, fuerunt consumta et penitus
ad nihilum redacta, videlicet in Witlich et Sarburg
ac aliis cellerariis totius dioecesis Trevir.
Johann von Baden (1464 f 1503), der kaum erst
zwei und zwanzig Jahre zählte, als er schon zur Kur-
würde gelangte, schenkte Saarburg 1464 die besondere
Auszeichnung und Ehre, dass er sich auf der Burg
mit vielem Pompe von drei Suffragan-Bischöfen zum
Erzbischof weihen liess. Er hat das Schloss nicht
nur ansehnlich umgestaltet, er hat es auch vergrössert.
Joannes Sarburgensi castro a tribus episcopis suf-
fraganeis Trevirensi, Melensi et Wormatiensi exquisito
sacrorum adparatu Archiepiscopus consecratus est
— Annum «tatis non nisi XXII egit. (Brow.)
4
50
Item Joannes Badensis omnia ferme caslra et arces
ecclesise praeclaris reformavit ¡edificiis, adjectis etiam
plerisque novis, uti in Berncastel, Sarburg, Kylburg etc.
conspicitur. (Kyriand. T. XV p. 174 et 175.)
Wurde die Burg bisher stets unterhalten, erneuert
und vergrössert, so hat sie dagegen im folgenden Jahr-
hunderte feindlichem Geschicke unterliegen müssen:
vorerst wurde sie belagert und späterhin verbrannt und
zerstört. Es war zur Zeit der kirchlichen Trennung
und der damit zusammentreifenden politischen Neuerungen.
Franz von Sickingen, ein Anhänger von Luther
und ein Feind der Geistlichkeit, war ganz besonders
gegen den Kurfürsten Richard ergrimmt, von dem er
sich auch noch beleidigt glaubte. Ein blosser Edelmann
nur rückte er mit bedeutender Heeresmacht ins Trier’sche
Stift, Verwüstung und Schrecken überall im Lande
verbreitend. Nachdem St. Wendel eingenommen und
verheert war, eilte er über Grimburg nach Saarburg,
forderte keck und trotzig die Burg zur Ucbergabe auf,
die jedoch vom Commandanten Peter von Kaldenbron
mulhig und herzhaft verweigert wurde. Ohne die Er-
oberung versucht zu haben, die er wohl für eine leichtere
Aufgabe, als sie in der That war, mochte gehalten
haben, zog er im Aerger bald ab nach Conz und brachte
seinen ganzen Zorn gegen Trier.
Üelalus ad ipsum Saraeburgum vicinos late complexus
campos, arcem dedi cum oppido ferociter postulat.
Propugnandae praeerat arci 1523 Petrus* a Kaldenbron,
is conslantissime imperata se facturum negabat. Quare
51
fremens indignansque intentato quidem castro praeteriit
atque ad urbem ipsam proficisci oppugnandam non ob-
scure jactabat, qua cum ipso capite subacta victoriae
totius accessionem universos fore ditionis Treviric®
populos. Ponte Contzio, quo sara stratus paulo supra
ostia, qua in Mosellam se se exonerat, proditione
capto, recta ad urbem contendit. (Brow. T. II, p.
341.)
Bei dieser Belagerung von Trier 1522 wurde Gerlach
von Isenburg, Amtmann zu Saarburg, ein wohlbekannter
Bitter und bewährter Krieger, vom Kurfürsten berufen,
um als oberster Hauptmann die Stadt Trier zu vertheidigen.
Interea Bichardus suos nequaquam deserens Gerlacum
Isenburgum Saraeburgi tum Satrapam, virum usu armorum
egregie florentem belli totius imperatorem pronuntiat.
Es war auf dem Schlosse zu Saarburg, den 6.
Februar 1548 more trever., wo Kurfürst Johann V. (von
Isenburg) die interessante Urkunde über das Thema
von Neuerungen erlassen hat. Es ist darin von Seite
der Stadt Trier das eifersüchtige Bewahren ihrer Rechte,
aber auch die gewiss nicht unfeine Antwort des ver-
ständigen Kurfürsten zu ersehen.
Derselbe Kurfürst, eben erst von Trient zurückgekehrt,
von wo er der Ketzerunruhen wegen abgerufen ward,
begrüsste den König von Spanien, Philipp II. auf seinem
Zuge nach Luxemburg an der Saar, ob bei Conz oder
bei Saarburg, wo auf der Burg der fürstliche Gast
bewirthet werden konnte, das hat der Annalist nicht
näher bestimmt.
4*
52
Joannes Archiepiscopus propter motus et metus
haereticorum revocatus, Tridento reversus salutat Phi-
lippum regem Hispaniae ad saram dum Luxemburgum
proficiscitur 1550.
Bald nach der Belagerung durch Fr. von Sickingen
kam ein weit schlimmerer Feind, dem Schrecken voran-
ging und Verderben folgte, es war Markgraf Albrecht
von Brandenburg-Kulmbach; der Ruhestörer und überall
als Geissei gefürchtet, wo er sich zeigte, der 29 Jahre
nachher die Burg durch Brand zerstörte. Auch er
kündigte sich als Bürgerfreund und als Feind der Geist-
lichkeit an, verbündete sich gegen den Kaiser mit
Frankreichs König, der gleichzeitig Lothringen über-
schwemmte und der Bisthümer Metz, Toul und Verdün
sich bemächtigte, — und erfüllte das Reich mit erneuertem
Kriegslärm. Jodock Dailberger war der Name eines
der Anführer der Markgrafen, welcher 15 52 über das
durch seine Lage eben so schöne als feste Schloss
das grösste Verderben brachte und dasselbe fast ganz
durch Feuer verwüstete.
Jodochus autem Dailbergerus Saraeburgum praeno-
bilem situ naturaque loci arcem, obstupescentibus ad
hostis adventum incolis, teterrimo incendio, quo hodieque
squalet, deformavit. (Brow.)
Albertus Brandenburgicus saevit in Trevirenses, Fran-
cisci regis Galliae symbole: rex namque Galliae sumebat
sibi titulum protectoris Romani imperii, — postulat
liberum ingressum et egressum urbis Trevirensis, spoliat
templa, pagos, civitates Sarburgh etc. et monasteria
suburbana exurit.
53
Die Burg scheint jedoch aus ihre» Trümmern bald
neu erstanden zu sein; denn es wird bereits im J.
1588 eines Wilhelm’s von Justen Erwähnung gethan,
der Hauptmann zu Saarburg gewesen sein soll.
Auch von den Drangsalen des dreissigjährigen
Krieges blieb selbst unsere an der Grenze des deutschen
Reiches gelegene Saargegend nicht verschont. In dem
Abtei-Lagerbuche von Mettlach ist angeführt: dass im
Jahre 1634 auf 35 das Kloster geplündert worden
sei; dass lothringische, baierische, kaiserliche und
feindliche Truppen nach einander dort Fuss gefasst,
einzelne Streif-Corps Monate lang Quartier erzwungen
und dass selbst schwedische Dragoner sich eingestellt
und geplündert hätten, was die Vorgänger noch verschont
gelassen.
Kurz vor dem Ausgange desselben Krieges wurde
dasselbe Kloster, das kaum noch den ersten Besuch
und grossen Schaden verschmerzen gekonnt, schon
wieder durch Turenne’sche Truppen unter Rittmeister
Plettelberger überfallen und ausgebeutet. Sie verliessen
nämlich Deutschland, zogen über Trier nach Merzig
zu, von wo sie eine Diversion nach der Abtei Mettlach
machten 1645. — Auf diesem Zuge nahm der berühmte
Marschall einige Tage lang Quartier im Kloster zu
ßeurich, und die Annalen dieses Convents geben auf
naive Art zu erkennen, was man sich von Turenne
erwartet hatte, ungeachtet er Calvinist gewesen und
dem Kloster Schutz gewährt hatte.
54
Salvuin conductum impelrarunt fratres convenlus Beu-
ricensis a comite de Turenne, Generali locum tenente
regis Franciae in Germania, dum ipse moreretur aliquot
diebus in conventu, non quidem impediens fratres in
suo divino officio, cum ipse esset Calvinista, sed tarnen
parum emolumenti afferens conventui. (Annal. convent.
Beuricens.)
Bei den vielen Kriegen Ludwig’s XIV, alle mit
entehrenden Namen bezeichnet, wurde oft das Schloss
vom Feinde besetzt und die Stadt gerieth aus einer in
die andere Bedrängniss.
Zuerst im Kriege gegen die Republik von Holland
— Rachekrieg 1672 — wurde durch General Bissy
das Mosel- und Saarufer bis Conz besetzt und im J.
1673 die Stadt eingenommen.
Galli Sarburgum occuparunt et impetrarunt.
Interea Francorum dux Bissius, qui inter Mosellae
Saraque ripas cum milite substiterat, intercepto per
infamem quorundam ignaviam Sareburgo oppido.
Schon im J. 1674 ward der Krieg ein allgemeiner
und Holland nur mehr sein untergeordneter Schauplatz.
Der Hauptkampf zog sich an die teutschen Grenzen,
gegen den Nieder- und Oberrhein und in die spanischen
Niederlande. — Marschall von Crequi, ein entschlossener
Feldherr, nachdem er mit grossem Verluste in der
Schlacht bei Conz 1675 unterliegen musste, rettete
sich durch die Flucht nach Saarburg, wo die Franzosen
bereits zwei Jahre lang festen Fuss gefasst hatten.
Von hier wurde er von einem Einwohner Namens von
55
Maleise als lothringer Soldat gekleidet, von der Nacht
begünstigt, unter grösster Gefahr durch’s feindliche Lager
nach Trier geleitet. Dieser Herr von Maleise führte
den Vornamen Peter Ernest und gehörte dem besten
Saarburger Adel an, seine Mutter entstammte dem frei-
herrlichen Hause von der Fels (Feltz). Er scheint eben
nicht Zorn und Hass des Landesfürsten oder der Bür-
gerschaft für den schlechten Dienst, den er der guten
Sache leistete, sich zugezogen zu haben; denn er Yerliess
Saarburg nicht und ihm wurden auch noch nach der
Uebergabe der Stadt an die Verbündeten mehrere Söhne
geboren, wie aus den Geburtsregistern zu ersehen ist.
Er mochte in einer Lage sich befunden haben, wo er
handelte, nicht wie er wollte, sondern wie er musste
und unter dem Anschein eines Verräthers ist er doch
vielleicht Patriot geblieben und Ehrenmann.
Crequius Saraeburgo per nobilera sed infidelem incolain
de Maleise Trevirimsub specieLotharingi militis Caesareana
transgressus castra, magno licet discrimine et uno suorum
apud urbem a gallicis vigiliis trajecto, subierit, eo
praecipue consilio: ut fortiter hic aut moriendo aut
propugnando amissfe victoriae labern expungeret.
Während die Verbündeten das von Crequi hartnäckig
vertheidigte Trier belagerten, wurde dem Lothringischen
General Chauvet der Befehl ertheilt, mit drei Bataillonen
nach Saarburg aufzubrechen und die Burg von den
Franzosen zu räumen. Er zwang die Garnison auf die
erste Aufforderung sich auf Discretion zu ergeben, die
gemeinen Soldaten mussten ohne Gepäck und Gewehr
50
blos mit weissen Stöcken ausziehen lind wurden sie
nebst ihren Officieren nach Sierck begleitet. Um nicht
von den Bauern misshandelt zu werden, sollten sie mit
dem Stock in der Hand vorgeben, nach Compostella
zu wallfahren. Am 18. August rückte Chauvet wieder
vor Trier ins Lager.
Crequius cum tribus quatuorve, reperto Sarae vodo,
Saraeburgum tenuit Gallico adhuc firmatum praesidio,
quod brevi post dux Lotharingi® expugnatum dejecit,
militibusque pro armis baculum tradidit jussitque Com-
postellam hoc in habitu peregrinationem simulare, ut
rustici transituris parcerent. (Mettlach. Klost.-Lgrbch.)
Bei den Beunions-Unruhen wurde nochmals und
abermals bei dem dritten Raubkriege die Burg von den
Franzosen besetzt und mit kurzer Unterbrechung bis
zum Ryswiker Frieden behauptet, wo die Reunionen
vernichtet und das eroberte Erzstift zurückgegeben wurde.
Im Jahre 1684 bemächtigte sich der Feind des
Schlosses, dann wieder 1689, wo er rasch die ver-
fallenen Mauern und Baulichkeiten herstellte, um desto
grösseren Schulz zu gewinnen.
Circa medium Junii Galli a Sarloy explorantes arcem
Sarburgensem, quod communita idonea foret ad aver-
tendum Germanorum robur, occuparunt eandem cum
civitate reparantes sedulo labore muros dirutos cum
pristinis collapsis aedificiis, prout modo conspicitur. 1689.
(Annal. conv. Beuric.)
Erst am 25. April des Jahres 1698, wo d’Anrusse
Commandant war, zogen die Franzosen wieder ab. —
Schon gleich nach der Aernte dieses Jahrs kostete das
Malter Frucht 8 Th, — ein schweres Geld zu jener
Zeit. Jene Annalen führen zugleich die Namen der
Befehlshaber des Schlosses an, und wahrscheinlich von
jener Zwischenzeit, wo es wieder unter landesväterlicher
Gewalt gestanden. Es waren Philippus Schulz, Capita-
neus commendans in arce 1681 und Kilianus Schreiber,
commendans in arce 1688.
Nach wenigen Jahren schon entbrannte ein neuer
Krieg und um die Krone Spaniens ward auch unsere
Gegend in den blutigen Streit hineingezogen.
Im Jahre 1702 wurde unter dem Oberbefehl von
Tallard das Schloss ohne Widerstand von den Franzosen
eingenommen. Im J. 1703 folgten sich in der Com-
mandantur Jean Louis de Severne und de Juse.
Ann. 1702, 18. Octob. Galli urbem Trevir. Sar-
burgensem cum arce nullo resistente interceperunt. (An.
c. B.)
Unter Marlborough’s Obercommando wurde die
Burg wieder erobert. Ob die Ehre der Eroberung dem
Herzoge von Würtemberg oder dem unter Anführung
von Seckendorf stehenden Schwedischen Corps von
Preussen zuzuschreiben, darüber ertheilen die betref-
fenden Chronisten keinen befriedigenden Aufschluss.
Die Belagerung aber war von kurzer Dauer, es blieb
nur ein Mann und die Stadt kam ohne allen Schaden
davon.
Saraeburgum tum expugnatum est per legionem
Borussicam Schwerin duce Seckendorf.
58
Septima Nov. a Gallis occupatam arcem ab anno
1702 cum civitate Sarburgensi nocte et dimidia die
obsessam confoederati interceperunt captivitatis subsi-
diariis Treviros abductis. Tempore obsidionis hujus
mansit in arce unus, ex obsidentibus nullus et civitas
totaliter indemnisata.
Princeps YVirtembergensis cum summo imperio prae-
erat arcem obsidentibus. Altero die captae arcis reces-
serunt copiae Treviros et Conts, ibique manserunt adhuc
circiter 18 dies sub diu. (Ann. conv. Beur.)
Bei der Belagerung der Stadt und des Schlosses
wurden auf dem gegenüber liegenden Weinberge zwei
Batterien angelegt und das Schloss um zwei Uhr
Nachmittags den 6. Nov. beschossen. Des anderen
Tages hat sich der Commandant de Mulard ‘an den
Herzog von Würtemberg übergeben.
Marlborough, der beschlossen hatte, die von Villars
eingenommene feste Stellung bei Sierck anzugreifen,
führte in eigener Person die Kolonnen rechts im Schnell-
schritte durch die zwei Engungen von Tawern und
Onsdorf, sodann im gewöhnlichen Schritte und geschlos-
sen auf der alten Römerstrasse. Die zweite Kolonne
links marschirte im Mannebacher Thale bis Rehlingen,
umging dort den Saarburger Wald und erstieg oberhalb
Koerg ebenfalls den Bergrücken. Beide Kolonnen ge-
langten ungestört bis in die offene Gegend zwischen
Borg und Tettingen. Der Befehlshaber liess alle Truppen
bivouaquiren und nahm sein Hauptquartier in Perl.
1705 ist Herzog von Marlborough mit seiner Armee,
50
bei 80,000 Mann stark, von Trier nach Sierck marsohirt
und hat daselbst 14 Tage lang gestanden. (H. Chron.)
Der ebenfalls hoch im Ruf stehende Gegner, Mar-
schall Villars, musste sich auf Vorpostengefechte be-
schränken und machte den Versuch Saarburg einzu-
nehmen, der jedoch misslang. 1705 indess in demsel-
ben Jahre noch gelang die Burg in des Feindes Gewalt.
Als Marlborough seinen Plan, von der Mosel aus
Frankreich anzugreifen und zu besiegen, nicht realisiren
konnte, liess er bei seinem Abzüge 6000 Pfälzer und
Westphälinger unter dem pfälzischen General Aubach
zurück, um Trier und Saarburg zu beschützen. Allein
dieser verliess Saarburg, als ein kleines Corps heran-
rückte, ohne auch nur Widerstand versucht zu haben.
Jedoch liess der Commandant noch vorher die Werke
sprengen und die Magazine zerstören.
Am 25. Juni 1705 ist der holländische Commandant
Mondesir mit seiner Garnison abmarschirt, nachdem er
die Magazine anstecken liess und auch das Schloss
sprengen wollte, was ihm jedoch nicht gelungen ist.
— Nach Abzug der Verbündeten rückten am 27. Juni
die Franzosen wieder in die Burg ein. (H. Chron.)
Schloss-Coinmandant im J. 1713 war Antoine de
Roicard.
Neun Jahre lang ununterbrochen behauptete sich die
französische Besatzung und erst der Badener Frieden
1714 machte ihr ein Ende. Der Kurfürst Karl stellte
den Vorbehalt: dass die Stadt Saarburg mit dem Schlosse
in gegenwärtigem Stande und zwar mit jenen Stücken
60
überliefert werden müsse; die zur Zeit der Hinweg-
nehmung sich darin befunden hätten, und dass endlich
weder den öffentlichen noch Privatgebäuden irgend ein
Schaden dürfe beigebracht worden sein.
Es mag zu dieser Zeit, wo vor der Besitznahme
die Werke zum Theil gesprengt worden sein sollen,
oder aber bei der gleich langen Occupation der Fran-
zosen von 1689 bis 98 gewesen sein, wo die Erker
und Streben, die sich durch Frische, Genauigkeit und
Festigkeit des Baues besonders auszeichnen, aufgeführt
wurden; denn der Unterschied in der Zeit ist unbe-
deutend und eine Instandsetzung der Burg hat dieses Mal
auch wirklich stattgefunden.
In der kurzen Zwischenzeit, wo die Waffen ruheten,
kam Franz Georg (von Schönborn 1729 f 1756)
nach Saarburg um die Huldigung entgegen zu nehmen.
1730.
Denn nach Verlauf von erst zwanzig Jahren —
1734- — fanden schon wieder die Franzosen sich ein,
und haben wie immer mit leichter Mühe der Burg sich
bemächtigt, — es war in dem Kriege, den der König
gegen Kaiser Karl aus Galanterie gegen seinen Schwie-
gervater Stanislaus wegen der Polnischen Thronfolge
führte. — Der Gouverneur von Metz und Oberanführer
Comte de Belleisle erdrückte unsere Gegend mit Sol-
daten, mit Geld- und Naturalienlieferungen, und als die
Schlacht bei Clausen 1734 verloren und die Franzosen
sich eilig zurückziehen mussten, führte der Soldat die
wilde Herrschaft, alle Dörfer, welche er berührte, wurden
61
ausgeplündert. Das Kloster zu Beurich hatte um Schutz-
garde gebeten und sie erhalten, dessen ungeachtet wurde
mitten in der Nacht das Convent überfallen. Der Guardian
liess läuten und Lärmen machen, worauf der Commandant
von Saarburg Hülfe geschickt und die Beraubung des
Klosters abgewehrt hat.
Zu dieser Zeit folgten sich als Commandanten die
Herren Marquis de Boyras und de Cortes, Platzmajor
war Detouche. Nach dem Abmarsche der Franzosen
unter dem Commando des Generals d’Aubigni 1737
wurde die Burg wieder mit kurfürstl. Soldaten besetzt.
Octava Aprilis hic Treviris ejus belli dux comes
de Belleisle, Gubernator Metensis advenit cum exercitu
ad 18 vel 20 circiter millia militum. Occupavit etiam
arcem Sarburgensem et patriae horribilem indixit non
tantum contributionem sed et fouragementa etc.
Germanis ergo Gallos non insequentibus, ipsi Galli
milites in vicinis pagis circa civitatem Trev. sub titulu
fouragementi accipiendi, simul omnia hominibus diri-
puerunt in Henteren, Lampaden etc.
Es war im siebenjährigen Kriege allein, wo die
Franzosen wiederkehrlen, ohne wie früher und später
alle Bedrängnisse des Feindes mit sich zu führen. Sie
zogen 17 57 blos durch nach Westphalen, und unter
dem Befehlshaber Giermont über den Rhein zurückge-
drängt, marschierten sie ebenfalls 1761 über Trier und
Saarburg wieder zurück.
Die Invasion der Franzosen im Revolutionskriege
mochte wohl wie die letzte so auch von allen die
62
schlimmste gewesen sein; denn Contributionen jeder Art
wurden ohne Ziel und Maass ausgeschrieben, ohne
Schonung und mit Ungestüm eingetrieben. Der Soldat,
an keine Mannszucht gebunden, zerstörte, was er nicht
schon mitgenommen hatte, und nichts war ihm heilig
mehr. Kein Eigenthum war gesichert, unter Gefahr des
Lebens musste man angeben, was man halte, und her-
geben, was gefordert wurde. Jahre lang hatte sich
zwischen Saar und Mosel das Kriegstheater bei uns
aufgeschlagen, hin und her drängten sich die streitenden
Heere und unter Angst und Schrecken wurde die Gegend
erschöpft durch Kriegssteuern und Durchzüge, die kein
Ende mehr nehmen wollten.
Die französischen Patrioten unter Bournonville, Ober-
general der Moselarmee, verfolgten die aus der Champagne
sich zurückziehenden Preussen bis zum Zusammenfluss
der Saar und Mosel, ohne jedoch bis Trier Vordringen
zu können, das von den Oestreichern unter Brentano
besetzt gehalten wurde. Sie kamen am 1. Dez. 1792
und schon am 16. desselben Monats zogen sie sich
zurück.
Ueber die Behauptung von Trier und über die kleinen
Gefechte, welche hier in der Umgegend stallgefunden,
sei Folgendes aus dem Berichte des Feldzeugmeisters,
Fürsten von Hohenlohe, entnommen:
Rittmeister Egert, Commandeur der Vorposten bei
Tawern, griff den Feind in Bibelhausen an und vertrieb
ihn mit namhaftem Verlust. — Den 12. Dez. kam der
Feind in 3 Colonnen von 3 verschiedenen Seiten, 4000
63
Mann stark, gegen unsere Position zu Wawern, beschoss
dieselbe und rüstete sich zum Angriff, wurde aber mit
einem Verlust von 86 Todten nach Saarburg zurück-
gejagt. — Dem 14. schlug der Feind zwei Brücken
über die Saar bei Saarburg und liess Truppen und
Geschütz darüber defiliren. Am 16., als gleichzeitig
ßournonville zum letztenmale den Posten vor Pellingen
mit einem starken Corps und vielem Geschütz im dichten
Nebel attaquirte, griff General Landreinont mit 6000
Mann und 7 Kanonen den Verhau von Wawern an.
Eine feindliche Colonne fasste die Besatzung in den
Rücken und zwang sie zum Rückzug mit einem nicht
unbedeutenden Verluste, wodurch alle übrigen zwischen
Saar und Mosel gelegenen Posten ebenfalls zum Rückzug
genöthigt wurden, und man musste es darauf ankommen
lassen, die Conzer-Brücke aufs äusserste zu verthei-
digen. — Den 19. vertrieb Obrist Graf Nauendorf den
Feind von Tawern und jagte ihn bis Onsdorf zurück,
tödtete 37 Mann und nahm noch 26 mit 18 Pferden
gefangen.
Es bestanden damals die Besatzungen zwischen Saar
und Mosel aus den Regimentern Klebeck, den Croater-
und Wurmser Husaren.
Als am 8. August 1794 die Franzosen zum letz-
tenmale wiederkamen, kamen sie als Eroberer. Das
eroberte Land wurde auch endlich mit Frankreich einverleibt
und die fränkische Constitution 1802 eingeführt.
Wie das französische Kaiserreich nach kurzem Be-
stehen in Trümmer zerfallen, wurde das abgerissene
64
linke Rheinufer durch den Befreiungskrieg mit Deutschland
wieder vereinigt. — Die Preussen unter dem Befehle
des Grafen Hinkel von Donnersmark nahmen am 4.
Januar 1814 Trier ein; und anfänglich durch Inten-
danten der Preuss. Armee verwaltet, wurde nach Fest-
setzung der Grenze durch den Pariser Frieden den 30.
Mai 1814 alles Land zwischen Rhein und Mosel unter
Oestreichisch-Baierische gemeinschaftliche Landes-Ad-
ministration gesetzt. Bei der Territorial-Ausgleichung
im Wiener-Congress den 5. April 1815 wurde Trier
zu Preussen geschlagen, jedoch der von der Ivreis-
direction Trier am 28. März 1815 getrennte und mit
dem Kreisdirections-Bezirke Birkenfeld vereinigte Canton
Saarburg durch die Schluss-Akte des Wien. Congresses
erst am l.Mai 1816 dem Grossherzogthuin Niederrhein
zugetheilt und mit dem Königreich Preussen verbunden.
Schlimm ist es, der Franzosen Nachbar zu sein
und unheilvoll war daher seit den letzten Jahrhunderten
das Loos von Saarburg. Denn Frankreich von der
Natur reich ausgestatlet, durch seine Lage und seine
Bevölkerung gross und mächtig, strebte eroberungs-
süchtig immer dahin, seine Grenzen zu erweitern, und
nicht gesättigt durch Fdsass und Lothringen, die es
dem nimmer einigen Deutschland entrissen, wurde es
desto lüsterner noch auf den Rhein, als auf die Na-
turgrenze, der es von dieser Seite allein nur mehr
ermangele. — Daher die Kriegsflamme, die seit dem
dreissigjährigen Kriege so oft über die Heimath aus-
gebrochen und kaum mehr verlodern wollte, und daher
65
all die Drangsale in Angst und Noth, die unsere Vor-
fahren erdulden und verschmerzen mussten! — Aber
nicht durch Berge und Flüsse werden die Völker getrennt
und zusammengehalten, über die Naturgrenze hinaus
waltet die unsichtbare, geistige Macht, die durch Sprache,
Sitte, Abstammung, Vaterland und Geschichte eine Ge-
meinschaft begründet, die, fest verschlungen, sich nimmer-
mehr auilösen will.
Möge Eintracht herrschen und das dem Namen nach
nur verschiedene Volk Deutschlands zu einer Nation
erstarken und durch festes Zusammenhalten jene Kraft
gewinnen, deren es fähig ist, sowohl mit starker Hand
jeden Feind niederzuschmettern, als die öffentliche Wohl-
fahrt in geistiger wie materieller Beziehung zur raschen
Entwicklung zu bringen.
Mögen die Fürsten sofort Liebe schenken, um
Vertrauen dagegen und Treue zu gewinnen! Möge ein
guter Genius die Segnungen eines dauerhaften Friedens
verleihen, welche die Heimalh nur allzulange entbehrt
hat und deren ein Volk werth ist, das sich zu solcher
Stufe der Reife und Humanität emporgerungen hat!
Topographische Besehreihung der Burg
nach alten Zeichnungen.
ln den geographischen Werken von Georg Braun
und Mathias Merian aus den Jahren 1618 und 1646
5
66
befinden sich Abbildungen von der Stadt Saarburg,
wo das Schloss in seiner ganzen Ausdehnung unverletzt
erscheint.
Ein doppelter Weg führte zur Burg, der schmale
kam aus der Unterstadt und mündete in ein kleines
Thor ein. Rechts grenzte an dasselbe ein langes grosses
Wohngebäude und links ein anderes ansehnliches mit
einem Thurme versehenes Gebäude, das Commandanten-,
späterhin das Amtshaus, neben demselben lag weiterhin
fort der Amtsgarten, der heute noch Garten ist. Der
Hirschberg hatte nebst vier kleinen Gebäuden auch ein
Thürmchen, das heute noch besteht. Unten und neben
dem Hirschberg führte unter einem Bogen, wo späterhin
die französischen Lilien zu sehen waren, der Hauptweg
aus der Stadt zur Burg und nebenbei stand das Wachl-
haus. An dein entgegengesetzten Ende befand sich das
eigentliche Schloss, die Kapelle, die kurfürstlichen Wohn-
ungen, der Kern und der Hauptstock der Burg. Vor
Allem ragte hervor der noch jetzt bestehende runde
Thurm, Donjon, gemeinhin Kühzoll genannt: er war
wie eingeschachtelt mit einer viereckigen, oben zackigen
Mauer umgeben, bauchte in der Höhe aus und endigte
mit einem flach gedrückten Dache. Ausserdem war
noch das ganze innere Feld mit mancherlei Gebäuden
und Thürmen besetzt, und der weite Bering, von einer
Schiessschartenmauer umschlossen, beherrschte durch
seine hohe Lage die ganze Unterstadt.
Und nun liegt sie in Trümmern da — die Burg,
die so lange bestanden, so oft feindliche Waffen ge-
67
sehen und von manchen Vorfällen /enge gewesen ist,
die als Mittelglieder an die grossen Zeitereignisse sich
anschliessen. — Wie und wodurch mag sie nun in
Verfall gerathen sein? Nicht durch den Feind ist es
geschehen, und namentlich nicht durch die Franzosen ;
denn diese sind, wiewohl sie oft die Burg überrumpelt
und erobert haben, nach den letzten Occupationen we-
nigstens friedsam abgezogen. Kurfürst Franz Georg,
ein erklärter Feind Frankreichs, hätte wohl selbst die
zerstörende Hand anlegen können, da die Burg dem
Lande selbst keinen Schutz gewähren, wohl aber den
Franzosen als Deck- und Sammelplatz dienen konnte.
Allein die Tradition weiss davon nichts, und zudem
sollen im siebenjährigen Kriege noch die Franzosen das
Schloss benutzt haben. Es scheint also von selbst,
wie sehr gut es auch noch vor hundert Jahren erhalten
war, theils durch den Zahn der Zeit, theils durch die
Zerstörungslust der Jugend, am meisten aber durch die
rohe Hand habgieriger Menschen, welche alles Brauch-
bare sich angeeignet, zur Buine geworden zu sein.
Indess in seinen Trümmern noch erhebt das Schloss
die Stadt: von welcher Seite man sich ihr nähert, zu-
erst wird man von der Burg freundlich begrüsst, und
sie ist die Hauptzierde der Stadt, welcher diese die
Entstehung und den Namen zu verdanken hat. Zer-
rissen und durchlöchert beim Anblicke in der Nähe,
erscheint sie in einiger Entfernung nach Crutweiler hin
von der Saar aus gesehen, als eine lückenlos zusam-
menhängende, majestätisch-freundliche Pyramide, die sich
5*
68
aus dem Bette der Saar, stolz wie die Maxburg am
Rhein, bis zu bedeutender Höhe erhebt, an deren Fusse
gleichsam als am Mutterslocke die Unterstadt sich an-
lehnt, Herrenlos und ganz zum Verfall kommend, würde
die Burg mit dem Zusammensturz so zu sagen ihre
eigenen Kinder verschlingen, die Stadt würde ihres
Schmuckes, ihres Stolzes und der Erinnerung an eine
thatenreiche Vorzeit verlustigt gehen. Wer diess Alles
nicht als phantastisches Nebelgebilde betrachtet, son-
dern mit Liebe sich seinem Geburtsorte anschliesst, das
geschichtliche Leben desselben mit patriotischem Ge-
fühle erfasst, der muss bei diesen Gedanken an ihren
Verfall und Untergang, an das Erlöschen des Glanzes
und Ruhmes von Schwermuth befallen werden. Wer
aber vermag den Schaden abzuwenden, zu retten und
herzustellen, wenn nicht ein Prinz des königl. Hauses,
der, empfänglich für die Schönheiten der Natur und
begeistert von einer ereignissreichen Vergangenheit,
auch mit dem Kunstsinn und den Mitteln begabt ist,
die Ruinen der Burg in ein freundliches Schloss zu
verwandeln, mit Gärten. Gebüsch und mancherlei An-
lagen umgeben. — Und in der That verdient sie vor
allen Burgen an der Saar die Gönnerschaft eines königl.
Prinzen, denn sie hat eine anmuthig-schöne, herrliche
Lage in der Mitte eines lebhaften Strassenverkehrs zu
Wasser und zu Lande; denn sie hat vor den übrigen
das höchste Alter erreicht, die mehrslen und mannig-
faltigsten Schibksale erlebt; von ihr erblickt man das
traulich-nachbarliche, von der Abendsonne so wunder-
69
schön beleuchtete Castell, das zierliche Besilzthum des
jetzigen Königs, wo des blinden Königs Johann Ge-
beine ruhen, dessen Urahnvater, Graf Siegfried von
Luxemburg, auch die Saarburg erbaut hat. Die
Stadt endlich müsste vom innigsten Dankgefühl erfreut
werden, ihr Schloss und ihren Schmuck erneuert und
verschönert aus seinen Trümmern erstanden zu sehen
und einen fürstlichen Patron wieder, wie vordem an
den Kurfürsten, gewonnen zu haben.
Anzahl und Dauer der feindlichen Anfalle auf
die Burg und die Stadl Saarhurg.
1522.
Aufstand der unter Anführung Franz von Sickingens
verbündeten Edelleute gegen die Reichsfürsten — Lan-
dauer Confoederation des Adels.
1552.
Krieg gegen die katholischen Reichsstände —Mark-
graf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, Frankreichs
Bundesgenosse.
1632—1635.
Dreissigjähriger Krieg.
1645.
Französische Invasion — Turenne.
70
1673—1675.
Zweiter Raubkrieg Ludwigs XIV.
1678—1679.
Nymweger Frieden.
1684.
Reunions-Unruhen.
1689.
Dritter Raubkrieg Ludwigs XIV.
1697.
Ryswicker Frieden.
1702 — 1704.
Spanischer Erbfolgekrieg.
17 14.
Badener Frieden.
1734 — 4737.
Krieg Frankreichs gegen Kaiser Karl VI. wegen
der polnischen Thronfolge.
1738.
Frieden zu Wien.
1792—1794.
Revolutionskrieg.
1814.
Deutscher Befreiungskrieg.
Seit dem dreissigjährigen Kriege, von welcher Zeit
an sich Frankreich in alle Angelegenheiten Deutsch-
71
lands zu mischen pflegte, also in einem Zeiträume von
182 Jahren, hat Saarburg zehn feindliche Ueberfälle
erlitten, und immer waren es die Franzosen, welche
die Kriegesfackel auswarfen. In diesem Zeiträume hat
Saarburg 50 Jahre lang alle Schrecken, alle Drang-
sale des Krieges ertragen müssen.
Hier mag das auf den letzten Krieg Bezug habende
Dankschreiben des österreichischen Generals Melas eine
Stelle finden, das eben so sehr den guten Sinn der
Saarburger, als die menschenfreundliche Gesinnung des
Kriegers bekundet.
Der k. /*. Generalmajor Melas an den Stadtrath und die
Bürgerschaft der Stadt Saar bürg.
„Meine Herren!
„Nehmen Sie den Dank des gesummten Corps,
„welches bei Merzkirchen so wohlmeinend von Ihnen
„bedacht wurde, durch mich mit der Versicherung an,
„dass Sie sich dankbare Männer verpflichtet haben, die
„zwar ohne alle eigennützige Absicht ihre Schuldigkeit
„gethan und fernerhin thun werden, nun aber einen
„Beruf mehr zu haben glauben, ihr Aeusserstes zu thun.
„Mir, der ich diesen Dank in Aller Namen abstalte,
„wird es immer ein Andenken bleiben, was die Stadt
„Saarburg Gutes beabsichlete und wirklich Gutes that;
72
„so wie ich nochmals versichere, dass dieses Geschenk
„von guten Herzen zu dankbaren Herzen überging.
„Ich bin mit aller Hochschätzung
„Meine Herren
„Ihr ergebener Diener
„Me las.
„Hehlingen, den 24. April 1794.“
llcheralcltt der vorzüglichsten Begebenheiten
von der Burg und der Stadt Saarburg.
964.
Die Burg, zu verschiedenen Zeiten Churbel, Saar-
burg, Kutzägel, des Kurfürsten Haus benannt, wurde
vom Grafen Siegfried von Luxemburg erbaut, und ge-
gen den Berg, worauf sie gebaut, dem Erzbischof
Heinrich Leuken in Tausch gegeben.
1017.
Durch Adalbero von Luxemburg, Probst von St.
Paulin, hat sie neue Dächer und Befestigungen erhal-
ten und wurde von demselben mit blossem Vorbehalt
seiner Titel an den Erzbischof Poppo übergeben.
1116 — 1124.
Vernachlässigt und verlassen, wurde dieselbe vom
Erzbischof Bruno wieder aufgebaut (oder wahrschein-
lich nur erneuert).
73
1250.
Rudolph von Brück mit Arnold (II. von Isenburg
1242 f 1259) im Streit um den bischöflichen Stuhl,
bemächtigte sich des Schlosses zu Saarburg und starb
daselbst.
1291.
Saarburg, unter ßoemund von Warsberg von der
Leibeigenschaft befreit, wurde mit Mauern umgeben.
1367.
Das Schloss wurde fünf Jahre lang vom Erzbischof
ßoemund bewohnt, wo er auch starb.
Von ihm der weite und tiefe bis in die Saar sich
senkende, aus Quadern erbaute Ziehbrunnen.
1431.
Von Ulrich von Manderscheid wurde das Schloss
geplündert.
1464.
Auf dem Schlosse zu Saarburg wurde Johann II.
(Markgraf von Baden 1464 -f 1503) zum Trier’schen
Erzbischof geweiht.
1522.
Die Stadt und das Schloss wurden von Franz von
Sickingen zur Uebergabe aufgefordert, welche aber
vom Commandanten Peter von Kaldenbron männiglich
verweigert wurde.
1552.
Das Schloss Saarburg wurde von Jodoch Dail-
74
beiger, einem Anführer des Markgrafen Albrecht von
Brandenburg, verbrannt.
1675.
Marschall von Crequi, nachdem er sein Lager bei
Tawern aufgeschlagen und die Schlacht bei der Conzer-
Brücke verloren halte, rettete sich durch die Flucht
nach Saarburg, von wo er durch einen Bürger von
Malaise durch das feindliche Lager nach Trier ge-
bracht wurde.
1675.
Chanvet, General der Verbündeten, zwang mit
seinen drei Bataillons die französische Besatzung in
Saarburg, sich auf Discretion zu übergeben. Die ge-
meinen Soldaten mussten ohne Gewehr und Gepäck blos
mit weissen Stöcken ausziehen.
1684.
Im Reunionskriege kam Saarburg wieder in fran-
zösische Gewalt.
1688.
Ferner auch im dritten Raubkriege Ludwigs XIV.
1702.
So auch im spanischen Erbfolgekriege. — Tallard.
1704.
Und wurde unter dem Oberbefehle von Marlborough
und unter Leitung des Prinzen von Würtemberg durch
das preussische Corps Schwerin unter Anführung von
Seckendorf entsetzt.
Im Jahre 1705 machte Marschall Villars den miss-
lungenen Versuch, von Sierk aus Saarburg einzunehmen.
Saalburg, vom pfälzischen General Aubach ohne
Schwertstreich verlassen, wurde, nachdem der deutsche
Commandant (ein Holländer) Mondesir die Magazine
eingeäschert und auch die Werke, aber vergeblich,
sprengen wollte, von den Franzosen
1705
wieder besetzt und durch den Frieden von Baden
1714
wieder davon befreit.
Allein im Kriege gegen Kaiser Karl VI. haben die
Franzosen die Burg
1734
wieder eingenommen und wurde vier Jahre nach der
Schlacht von Clausen (1734) von ihnen abermals ge-
räumt.
1737.
Im siebenjährigen (dem dritten schlesischen) Kriege
sind die Franzosen blos durchgezogen und haben nur
Einquartierung gesucht.
1756.
Im französischen Revolutionskriege wurde die Stadt
zweimal überfallen (1792 und 1794) und bis zur Ein-
verleibung mit Frankreich
1802
wie eine eroberte behandelt und mit unerschwinglichen
Schatzungen beschwert.
76
Dann wurde sie im deutschen Befreiungskriege
1814
von Frankreich wieder abgerissen^ zuerst provisorisch
von Bayern und Oesterreich
1815
administrirt und endlich
1816
mit Preussen vereinigt.
Inhalt.
Seile
Vorbericht............................................v
Einleitung...........................................ix
Burg Sidlingen....................................... t
Burg Freudenburg .................................... 6
Burg Saarstein.......................................12
Burg Montclair.......................................17
Saarburg.............................................33
291 SULB
0006962047